Finanzgericht Hamburg Urteil, 18. Feb. 2014 - 3 K 257/13

bei uns veröffentlicht am18.02.2014

Tatbestand

1

A. Der Kläger begehrt erneut den Billigkeitserlass der Grundsteuer (GrSt) auf sein selbstgenutztes Hausgrundstück aus persönlichen bzw. wirtschaftlichen Billigkeitsgründen, nachdem ein vorheriger Antrag bereits bestandskräftig abgelehnt wurde.

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I. Sachstand bis Antragstellung für den Streitzeitraum

3

1. Der in 19... geborene Kläger erwarb 19... das Hausgrundstück in A mit 1.590 qm für 510.000 DM (EW-A Bl. 1). Er bebaute es 19.../19... mit einem freistehenden eingeschossigen Einfamilienhaus mit über 200 qm Gebäudefläche, rund 180 qm Wohnfläche sowie einer Doppelgarage im Keller (Einheitswert- und Grundsteuer-Akte {EW-A} Bl. 3, 6, 11 ff.; Einheitswert-Feststellungserklärung, EW-A Bl. 14 ff.; Einheitswertbescheid vom 12.11.1998 auf den 01.01.1999, EW-A Bl. 21; Google Street View EW-A Bl. ...; Geo-Online X).

4

Für das Grundstück waren bereits im Jahr 2002 zeitweilig Zwangsversteigerungs-Anordnungen des Amtsgerichts eingetragen (vgl. weiter aktuell unten III 1 a; Grundbuch-Auszug Finanzgerichts-Akte {FG-A} Bl. ..., ...). Zwangsversteigerungs-Akten liegen dem Finanzgericht (FG) nicht vor.

5

2. Im Februar 2001 beantragte der Kläger wegen angespannter finanzieller Situation für die GrSt, Hundesteuer und andere Abgaben Stundung, die ihm für die GrSt des I. Quartals gewährt wurde (EW-A Bl. 26 ff.).

6

3. Nach einem ... beim Gericht B geführten Prozess beantragte der Kläger im März 2003 den dortigen Erlass von Gerichtskosten; dazu erklärte er sich im Februar 2004 für überschuldet und bezog er sich auf Angaben des für seinen Wohnsitz zuständigen Obergerichtsvollziehers. Daraufhin wurden ihm die Gerichtskosten am 18. März 2004 erlassen (EW-A Bl. 41).

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4. Auf Säumniszuschläge für GrSt-Quartalsbeträge 2002 - 2004 beim beklagten FA wurden am ... 2004 Eigenheimzulage-Teilbeträge umgebucht. Gegen die Umbuchung wandte sich der Kläger mittels Einspruch, den er nicht begründete (EW-A Bl. 32 ff.).

8

Unter dem 24. März 2004 wies das beklagte FA auf die Aufrechnungsbefugnis nach § 240 AO hin, behandelte es den Einspruch als Antrag auf Billigkeitserlass der Säumniszuschläge und lehnte es diesen unter Hinweis auf § 240 AO ab (EW-A Bl. 38 ff.).

9

5. Am 29. März 2004 beantragte der Kläger unter Beifügung des Bescheids über den Gerichtskostenerlass in B nochmals beim FA Erlass und sofortige Auszahlung der verrechneten Säumniszuschläge. Die Familie mit zwei Kindern im Haushalt und einem weiteren minderjährigem unterhaltsberechtigten Kind sei auf die Zahlung dringend angewiesen, und zwar wegen der Zinsen und Abträge auf das Eigenheim und für neue Bekleidung der Kinder (EW-A Bl. 40 f.).

10

Im April 2004 wurden in Abstimmung mit dem Wohnsitz-FA Säumniszuschläge bis einschließlich 1. Quartal 2004 antragsgemäß erlassen und im Umfang der vorherigen Verrechnung erstattet (EW-A Bl. 42 ff.).

11

6. Am ... 2005 gab der Kläger bei dem für ihn zuständigen Obergerichtsvollzieher die eidesstattliche (Offenbarungs-)Versicherung gemäß § 807 ZPO ab (EW-A Bl. 52).

12

7. Im Dezember 2005 erhielt das FA durch die Bauprüfabteilung des Ortsamts Kenntnis von einer dem Kläger erteilten Baugenehmigung für eine zweite Wohneinheit im vorhandenen Einfamilienhaus (EW-A Bl. 48).

13

8. Im April 2006 teilte der Kläger dem FA auf Anfrage mit, dass der Abschluss der Baumaßnahme noch nicht absehbar sei (EW-A Bl. 46).

14

9. Für Dezember 2006 wurden der in 19... geborenen (damaligen) Ehefrau des Klägers 400 Euro rentenversicherungs-beitragspflichtige Einnahmen bescheinigt (EW-A Bl. 53).

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10. Für die im Februar 2007 fällig gewordene GrSt mahnte das FA den Kläger am 24. April 2007 (EW-A Bl. 50).

16

11. Für Mai 2007 wurden dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II in Höhe von 1.845 Euro für ihn, seine (damalige) Ehefrau und die in 199... und 199... geborenen Kinder bewilligt; dabei wurden monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.048 Euro berücksichtigt (EW-A Bl. 54 ff.).

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12. Am 8. Mai 2007 beantragte der Kläger den Billigkeitserlass von Hundesteuer und GrSt unter Hinweis auf den SGB-II-Bescheid. Die Unterbringung koste 1.558 Euro mit Bankzinsen, Heizung, Strom, Wasser, Müll, Straßenverrentungsgebühren. Hinzu komme der Bedarf für Lebensmittel der Familie sowie Lehrmittel und Kleidung der Kinder. Die Schuldnerberatung besuche er am 16. Mai 2007. Seine Frau schreibe jetzt ihr Abitur ...(EW-A Bl. 49).

18

Daraufhin erließ das FA dem Kläger zunächst die Hundesteuer 2006 (EW-A Bl. 51).

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Wegen des GrSt-Erlasses erbat das FA Angaben gemäß Vordruck. Darin erklärten der Kläger und seine (damalige) Ehefrau Einnahmen allein aus der Sozialleistung und aus Kindergeld. Gegen ihn bestehe ein Unterhaltstitel in einer auf ca. 14.000 Euro aufgelaufenen Höhe. Nicht sie (Kläger und Frau), ... Verwandte der im Haushalt lebenden Kinder führten die Vorsorge-Sparverträge mit Guthaben im unteren vierstelligen Bereich fort (FG-A Bl. 58 ff.).

20

Daraufhin stundete das FA die GrSt 2007 widerruflich bis zur abschließenden Entscheidung über den Erlassantrag nach Jahresablauf (EW-A Bl. 65 f., 68). Zugleich fragte das FA bei der ... Arbeitsgemeinschaft SGB II (ARGE) an, ob die GrSt durch die Leistungen für die Unterkunft abgedeckt sei. Dies wurde von dort bejaht (EW-A Bl. 68 f.). Am 11. Juni 2007 teilte das FA die Antwort dem Kläger mit, widerrief es die Stundung für dass 3. und 4. Quartal und bat es um Rücknahme des Erlassantrags (EW-A Bl. 70 ff.). Am 3. Juli 2007 nahm der Kläger den Antrag auf Erlass der GrSt 2007 zurück (EW-A Bl. 73 ff.).

21

13. Im März 2009 beantragte der Kläger den Erlass in Höhe von 423 Euro aufgelaufener säumiger GrSt-Beträge nebst Säumniszuschlägen. Die wirtschaftliche Situation sei derartig angespannt, dass nicht einmal die Klassenfahrten der schulpflichtigen Kinder bezahlt werden könnten. Der Kläger reichte eine als Gewinn- und Verlust-Rechnung ("GuV") bezeichnete Überschussrechnung aus Versicherungsmakler-Tätigkeit im 1. Quartal 2009 ein; und zwar mit einem (nach Einnahmen 5.131 Euro und Ausgaben 3.163 Euro) verbleibenden Überschuss von 1.968 Euro im Quartal bzw. durchschnittlich 656 Euro pro Monat (EW-A Bl. 76 ff.).

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Das FA lehnte den Erlass für 2008 wegen der in den Leistungen nach SGB II enthaltenen Kosten für Unterkunft einschließlich GrSt am 5. Mai 2009 ab und stundete zugleich die GrSt 2009 mit Raten bis zur Entscheidung über den Erlassantrag nach Jahresablauf (EW-A Bl. 80 ff.).

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14. Für den Erlassantrag 2009 reichte der Kläger im Januar 2009 Bescheide nach SGB II aus dem 1. Halbjahr 2009 für sich und das neben ihm - nur noch - in seinem Haushalt lebende 199... geborene Kind 2 ein; zuletzt über monatlich 750,95 Euro, und zwar vorläufig im Hinblick auf die Angaben zu den voraussichtlichen Einnahmen aus "selbständiger Tätigkeit" (EW-A Bl. 88 ff.).

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Im Vordruck des FA für 2009 zählte er in der Haushaltsgemeinschaft neben sich ebenfalls nur noch sein Kind 2 auf und bezifferte er für 2009 Einnahmen 4.908 Euro, empfangene Sozialleistungen ca. 7.000 Euro und Kindergeld für das Kind 2 1.848 Euro. Der Erwerb des Hausgrundstücks 19... sei mit 280.000 Euro und Eigenmitteln finanziert worden. Neben der "GuV" für das 1. Quartal reichte der Kläger als "Betriebsabrechnungen" Überschussrechnungen ein mit Überschüssen für das 2. Quartal über 830 Euro bzw. im Monatsdurchschnitt 226 Euro, für das 3. Quartal über 314 Euro und für das 4. Quartal über 3.107 Euro bzw. im Monatsdurchschnitt 1.035 Euro (EW-A Bl. 92 ff.).

25

Das FA lehnte am 29. Januar 2010 den GrSt-Erlass 2009 ab, und zwar für das 1. Halbjahr 2009 wegen der dafür gewährten Sozial- nebst Unterkunfts- einschließlich GrSt-Leistungen und für das 2. Halbjahr 2009 wegen des insoweit über dem "Hartz IV-Satz" liegenden Einkommens (EW-A Bl. 99 ff.).

26

Das beklagte FA erhielt inzwischen telefonisch am 26. Februar 2013 vom Wohnsitz-FA des Klägers die Auskunft über einen dort von ihm für 2009 erklärten Gewinn in Höhe von 17.000 Euro (EW-A Bl. 118).

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II. Ursprüngliche Anträge für den Streitzeitraum 2012-2013

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1. Am 8. Februar 2013 beantragte der Kläger beim FA GrSt-Erlass wegen niedriger Einkünfte von in den letzten 12 Monaten nicht über ca. 1.000 Euro.

29

Dazu bezog er sich auf eine ... 2013 durch seinen Prozessbevollmächtigten gegen das Jobcenter gefertigte Untätigkeitsklage zum Sozialgericht (SG), deren Einreichung hier nicht belegt ist (EW-A Bl. 105). Während der angekündigte SG-Klageantrag sich auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts "ab dem 01.05.2010" richtet, bezieht die SG-Klagebegründung sich auf einen "für die Zeit ab dem 01.05.2012" gestellten Leistungsantrag, auf dessen Ablehnung vom 24. Juli 2012 und den dagegen unter dem 30. Juli 2012 eingelegten Widerspruch. Er, der Kläger, habe als ... seit über einem Jahr aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können, inzwischen alle Reserven verbraucht und bislang erfolglos versucht, seine Immobilie zu verkaufen (EW-A Bl. 107 ff.).

30

Dem GrSt-Erlassantrag fügte der Kläger außerdem eine Bestätigung eines Steuerberaters vom 28. Januar 2013 bei, dass letzterer nach langjähriger Bekanntschaft ihm, dem Kläger, wegen dessen Krankheit und Mittellosigkeit im Juni und Oktober 2012 sowie Januar 2013 jeweils 5.000, insgesamt 15.000 Euro, geliehen habe (EW-A Bl. 105 f., vgl. Bl. 139).

31

2. Das FA sah den Antrag als auf persönlichen Billigkeitserlass für 2012 und Stundung für 2013 gemäß § 227 AO gerichtet an und erbat unter dem 15. und 26. Februar 2013 konkrete weitere Angaben (EW-A Bl. 114 ff., 121).

32

Das FA vermerkte am 15. Februar 2013 telefonische Auskünfte der ARGE- bzw. Jobcenter-Rechtsbehelfsstelle, dass nach Sozialleistungsbezug des Klägers bis einschließlich Mai 2009 weitere Anträge und sein letzter Eilantrag mangels ausreichender Unterlagen abgelehnt worden seien. Das Haus sei für 2 Personen zu groß und der Kläger verlange Phantasiepreise für einen Verkauf (EW-A Bl. 105, 113).

33

3. In einem Fragebogen des FA gab der Kläger am 25. Februar 2013 an, ohne Einnahmen in Haushaltsgemeinschaft mit seinem 199... geborenen studierenden Kind 1 und dem 199... geborenen schulpflichtigen Kind 2 zu leben (EW-A Bl. 117, vgl. Bl. 123, 128).

34

4. Nachdem das beklagte FA Melde- und Fahrzeugdaten sowie beim Wohnsitz-FA das Fehlen von Steuererklärungen seit 2010 ermittelt hatte (EW-A Bl. 118), räumte der Kläger mit Fax vom 4. März 2013 ein, in 2012 ohne Kinder in seinem Haushalt gelebt zu haben. Er sei seit Mitte 2012 aufgrund eines ... und weiter seit Oktober 2012 ... krank. Im April 2012 habe er sein zweites Auto (Auto-1, Bj. 1996) verkauft und den Erlös für die Haushaltsführung verbraucht. (EW-A Bl. 122).

35

Laut beigefügter Einnahme-Überschussrechnung hätten in 2012 seine gewerblichen Einkünfte 10.173,67 Euro minus Ausgaben 2.060,36 Euro betragen (das heißt 8.113,31 Euro im Jahr). Seiner inzwischen von ihm geschiedenen Frau habe er 334 Euro p. M. für das Kind 2 überwiesen, zuzüglich einer Klassenreise-Sonderzahlung von 300 Euro. Sein studierendes Kind 1 [in C, FG-A Bl. 29, 81] habe nur ausnahmsweise Zahlungen von ihm erhalten, insbesondere für eine Studiums-... 916,99 Euro (EW-A Bl. 124 f.).

36

Seit März 2013 erhalte er wieder Kindergeld in Höhe von 184 Euro monatlich. Er erziele als ... aus Selbständigkeit ca. 1.000 Euro p. M. und lebe im Übrigen - wie bescheinigt - von Freundesdarlehen. Neben GrSt und Kfz.-Steuer habe er monatliche Kosten für Krankenversicherung 152,27 Euro, Gebäudeversicherung 57,38 Euro, Haftpflicht 16,86 Euro, Telefon und Benzin 480 Euro, Heizung 98 Euro, Strom 150 Euro (EW-A Bl. 127). Bankdarlehen seien mit monatlich ca. 1.300 Euro zu bedienen, darunter bei der "Bank-1 ..." [gemeint Bank-2 ..., unten III 1 a] monatlich 800 Euro (EW-A Bl. 126).

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Gegenüber dem Vermögen, bestehend aus dem Hausgrundstück im Wert von ca. 700.000 Euro, dem Auto (Auto-2, Bj. 1999) und dem Bank-3-Konto im Wert von je ca. 1.000 Euro seien Verbindlichkeiten abzutragen gegenüber Kreditinstituten und Versicherungen rd. 180.000 Euro (darunter "Bank-1 ...", vgl. oben, 168.184 Euro), gegenüber Privatgläubigern rd. 37.000 Euro sowie gegenüber Bundes- und Justizkasse rd. 5.000 Euro (EW-A Bl. 126).

38

5. Mit Bescheid vom 21. März 2013 lehnte das FA den persönlichen Billigkeitserlass der GrSt gemäß § 227 AO für 2012 und die Stundung für 2013 ab. Die Höhe der Einnahmen aus Gewerbebetrieb 8.113,31 Euro, aus Kredit 15.000 Euro und aus Fahrzeugverkauf in unbekannter Höhe liege über einem Bezug nach "Hartz IV". Zusätzlich sei das Hausgrundstück im Wert von 700.000 Euro mit einer Restbelastung von ca. 170.000 Euro durch Kreditaufnahme oder Veräußerung verwertbar (EW-A Bl. 135).

39

III. Erstmaliges außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren 2012-2013

40

1. a) Der Kläger legte am 26. März 2013 Einspruch ("Widerspruch") ein (EW-A Bl. 136 ff.).

41

Als Anlage übersandte er eine Kopie eines Amtsgerichtsbeschlusses vom 4. Dezember 2012 802 K 58/12 über die Anordnung der Zwangsversteigerung seines Hausgrundstücks auf Antrag der Bank-2 ... (EW-A Bl. 137). Der Zwangsversteigerungsvermerk wurde am ... 2012 im Grundbuch eingetragen (GB-Auszug FG-A Bl. ..., ...).

42

Der Kläger ergänzte mit seinem Rechtsbehelf vom 26. März 2013 weiter seine bisherigen Angaben und Unterlagen betreffend Beitragsmahnung der Kfz.-Versicherung - unter Hinweis auf die Gefährdung des Versicherungsschutzes - (EW-A Bl. 138), Zahnarztmahnung (EW-A Bl. 140), Versicherungs-Abrechnungsmahnung (EW-A Bl. 142), Justizkasse-Aufrechnung (EW-A Bl. 143), Kreditkarte- und Girokonten- Negativsalden (EW-A Bl. 144 ff.), BAföG-Darlehensraten nebst Rückstandszinsen beim Bundesverwaltungsamt (EW-A Bl. 149), Bestätigung eines Schuldenstands von rd. 22.000 Euro durch weiteren Privatgläubiger vom Dezember 2004 (EW-A Bl. 141).

43

b) Nach telefonischen Angaben des Klägers vom 11. April 2013 notierte das FA (EW-A Bl. 150 f.):

44

"Zusammenfassung

1)    

1-Pers.-Haushalt, Wohnfläche ... m2 (nur EG)

        
        

Neubau 1998 bezugsfertig,

        
        

Baukosten ca.

350.000 DM

        

Baugrund

510.000 DM

        

=       

860.000 DM

        

Wert laut Aufstellung heute

700.000 €

        

./. Belastung Bank-1 ca.

170.000 €

        

= "Mehr"-Wert ca.

530.000 €.

        

Bank-1 betreibt ZV seit 04.12.12!

        

2)    

Privatschulden

        
        

seit 2004 D

22.000

        

in 2012 zahlte E*

15.000

        

sonstige

  9.000

        

Versicherung etc.

10.000

Es wird bei Versteigerung des Hauses immer noch ca. 480.000 an "Gewinn" verbleiben.

3)    

Einnahmen

        
        

lt. Übersicht

8.000 Gewerbe

        

Verkauf Kfz

? €     

        

*Kredit

15.000"

45

c) Das FA wies den Kläger bei Abgabe des Einspruchs an die Rechtsbehelfsstelle unter dem 15. April 2013 darauf hin, dass bei der bereits von anderer Seite betriebenen Grundstücks-Zwangsversteigerung eine Existenzgefährdung nicht durch das FA verursacht worden sei oder beseitigt werden könne und dass auch die vorher bekanntgewordene wirtschaftliche Lage nicht für einen Erlass spreche (EW-A Bl. 153).

46

2. Während des Verfahrens über den Einspruch vom 26. März 2013 gegen die Ablehnung von GrSt-Billigkeitserlass 2012 und -Stundung 2013 pfändete das FA u. a. nach Mahnung und Vollstreckungsankündigung vom 4. April 2013 wegen der GrSt für das 1. Vj. 2013 am ... 2013 das Bank-3-Konto des Klägers (EW-A Bl. 154, 156 f., 170; Vollstreckungsakte liegt dem FG nicht vor).

47

3. Per Fax vom 25. April 2013 beantragte der Kläger auf der Kopie der vorbezeichneten GrSt-Mahnung und unter Hinweis auf seinen eingelegten Rechtsbehelf Aussetzung der Vollziehung. Sonst sei er absolut nicht mehr liquide (EW-A Bl. 154 ff.).

48

5. Nach Abholung einer ... im Schätzwert von 500 Euro beim Kläger räumte die Vollstreckungsstelle des FA dem Kläger die Verfügungsbefugnis über sein Konto wieder ein, ermittelte das FA gemäß Abfrage vom 6. Mai 2013 die Zulassung eines weiteren Autos (Auto-3 Bj. 1995) und plante es, dem Verfahren über die Zwangsversteigerung des Grundstücks beizutreten (EW-A Bl. 163 ff.).

49

6. Den AdV-Antrag lehnte das FA mit Bescheid vom 28. Mai 2013 ab (EW-A Bl. 168).

50

Eine Aussetzung der Vollziehung sei nicht möglich, da der AdV-Antrag sich auf den Einspruch gegen die Ablehnung eines Billigkeitserlasses und damit gegen einen nicht vollziehbaren Verwaltungsakt beziehe.

51

Im Übrigen habe der Einspruch gegen die Erlassablehnung keine Erfolgsaussicht. Die GrSt falle - mit den in §§ 32, 33 GrStG geregelten Ausnahmen - unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen an. Ein persönlicher Billigkeitserlass komme nicht in Betracht, weil unter den mehreren Gläubigern das FA die Existenzgefährdung nicht verschuldet habe und ein Billigkeitserlass dem Kläger keine Befriedigung seiner anderen Gläubiger ermögliche und die Existenzgefährdung nicht beseitigen könne. Hohe Restzahlungsverpflichtungen aus dem Grundstückskauf seien kein Erlassgrund. Die Verwertung des selbstgenutzten Wohngrundstücks von rund 1.600 qm mit einer Wohnfläche von rund 180 qm sei zumutbar; es handele sich nicht um Schonvermögen bzw. nicht nur um ein kleines angemessenes Hausgrundstück i. S. v. § 12 Abs. 3 SGB II. Dementsprechend fehle die Erlassbedürftigkeit.

52

Eine allenfalls zu prüfende Stundung der GrSt sei ebenfalls nicht zu gewähren. Nach den Angaben des Klägers sei nicht zu erwarten, dass ihm die Zahlung zu einem späteren Zeitpunkt leichter möglich sei.

53

7. Mit Fax vom 3. Juni 2013 legte der Kläger "Widerspruch" gegen die AdV-Ablehnung vom 28. Mai 2013 ein. Er sei erlasswürdig als Härtefall, habe ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten und befinde sich in einem schwebenden Verfahren gegen das Jobcenter. Dem Ausgang jenes Verfahrens dürfe nicht vorgegriffen werden; bis dahin beantrage er AdV (EW-A Bl. 172).

54

8. Während der außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren wegen GrSt Billigkeitserlass 2012, Stundung 2013 und AdV beantragte das FA unter dem 13. Juni 2013 wegen GrSt-Rückständen von 1.380,50 Euro und Vollstreckungskosten von 42,19 Euro beim Amtsgericht den Beitritt zur Zwangsversteigerung des Hausgrundstücks des Klägers; der Kläger erhielt eine Ausfertigung des Antrags (FG-A 3 V 212/13 Bl. 5).

55

9. a) Mit Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2013 wies das FA die Einsprüche gegen die Ablehnung von GrSt-Billigkeitserlass 2012, Stundung 2013 und AdV sämtlich zurück (EW-A Bl. 174).

56

Ein GrSt-Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen komme nach den abschließend geregelten und hier nicht vorliegenden Voraussetzungen der §§ 32 ff. GrStG nicht in Betracht.

57

Für einen Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen und die dafür vorausgesetzte Erlassbedürftigkeit reiche eine wirtschaftliche Notlage nur dann aus, wenn sie durch die Steuerfestsetzung selbst verursacht worden sei und wenn mit dem Erlass eine Normalisierung der Verhältnisse in absehbarer Zeit erreicht werden könnte. Zum einen sei damit nach den Angaben des Klägers nicht zu rechnen, sondern käme der Erlass nur anderen Gläubigern zugute. Zum anderen sei dem Kläger die Verwertung seines Grundvermögens zumutbar; es handele sich nicht um Schonvermögen i. S. d. § 12 Abs. 3 SGB II.

58

Die Voraussetzungen für eine Stundung seien ebenfalls nicht gegeben. Weder sei ein späterer Erlass zu erwarten noch sei eine Zahlung dem Kläger später leichter möglich. Zur Sicherung der rückständigen GrSt von inzwischen 1.209,00 Euro nebst Säumniszuschlägen 97,50 Euro reiche auch die dem Vollziehungsbeamten übergebene ... mit einem Schätzwert von 500 Euro nicht aus.

59

Für eine Aussetzung der Vollziehung fehle es an der Vollziehbarkeit der angegriffenen Ablehnung einer Billigkeitsmaßnahme.

60

Dagegen seien die Festsetzungen der Grundsteuer gemäß Bescheid vom 12. Januar 2005 und Bekanntmachungen im Amtlichen Anzeiger zuletzt vom ... 2012 nicht angefochten worden und daher bestandskräftig.

61

b) Die Einspruchsentscheidung wurde dem Kläger mit Post vom 31. Juli 2013 übersandt (EW-A Bl. 179; FG-A 3 V 212/13 Bl. 1, 6) und von ihm nicht angefochten, sondern bestandskräftig.

62

IV. Erneuter Billigkeitserlass-Antrag für den Streitzeitraum 2012-2013

63

1. Nachdem der Kläger am 13. August 2013 beim Versorgungsamt der Behörde für Arbeit, Soziales usw. einen Antrag auf Feststellung einer Schwerbehinderung eingereicht hatte (EW-A Bl. 200; FG-A 3 V 212/13 Bl. 9) und nachdem das Amtsgericht dem Kläger unter dem 11. September 2013 mitgeteilt hatte, dass nunmehr noch das Zwangsversteigerungsverfahren vom FA wegen offener 1.326,99 Euro betrieben werde (FG-A 3 V 212/13 Bl. 5R), stellte der Kläger mit zwei Faxschreiben vom 25. September 2013 beim FA wegen GrSt-Schulden von 1.800 Euro neue Anträge (EW-A Bl. 187 f.).

64

Mit dem einen Fax vom 25. September 2013 an das FA beantragte der Kläger nochmals AdV der GrSt und dazu Rücknahme des vom FA beim Amtsgericht gestellten Antrags auf Beitritt zur Zwangsversteigerung des Grundstücks. Die Verhältnismäßigkeit sei nicht gewahrt. Allein schon eine Schätzung des Verkehrswerts würde Kosten von ca. 800 Euro verursachen. Weiterhin habe er dem FA am 24. September 2013 eine monatliche Ratenzahlung von 200 Euro telefonisch erfolglos angeboten (EW-A Bl. 187; FG-A 3 V 212/13 Bl. 4).

65

2. Mit dem anderen Fax vom 25. September 2013 beantragte der Kläger nochmals Erlass der GrSt und wiederum Rücknahme des Antrags auf Beitritt zur Zwangsversteigerung. Er bezog sich auf seinen Antrag auf Schwerbehindertenstatus. Wegen ... sei er krankgeschrieben und ohne feste Einkünfte (EW-A Bl. 188; FG-A 3 V 212/13 Bl. 4R).

66

3. Den erneuten AdV-Antrag vom 25. September 2013 lehnte das FA mit Schreiben vom 27. September 2013 ab. Das FA verwies auf die nach Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2013 nicht angefochtenen und bestandskräftig gewordenen Ablehnungen von Billigkeitserlass, Stundung und AdV. Mangels Änderung der Verhältnisse könne auch einem erneuten Antrag auf AdV oder auf Stundung und Ratenzahlung nicht stattgegeben werden (EW-A Bl. 189).

67

4. Am 2. Oktober 2013 legte der Kläger zur Niederschrift des FG Einspruch ein gegen die Ablehnung des FA vom 27. September 2013 betreffend seinen Antrag auf Ratenzahlung, den er jetzt als Antrag auf Vollstreckungsaufschub bezeichnete (FG-A 3 V 212/13 Bl. 2; EW-A Bl. 190 f.).

68

5. a) In derselben Niederschrift beantragte der Kläger am 2. Oktober 2013 beim FG eine einstweilige Anordnung gegen das FA auf Einstellung der Zwangsvollstreckung in Form des Beitritts zur Zwangsversteigerung des Grundstücks, und zwar auf Einstellung bis zur Entscheidung des FA über den gleichzeitigen Einspruch wegen Vollstreckungsaufschubs. Der Beitritt zur Zwangsversteigerung des Grundstücks verursache unbillig weitere Kosten in Höhe von ca. 800 Euro zur Ermittlung dessen Verkehrswerts (FG-A 3 V 212/13 Bl. 1; EW-A Bl. 192).

69

b) Das FG lehnte den Antrag mit Beschluss vom selben Tag ab, da die Antragsbegründung hinsichtlich der weiteren Kosten so nicht nachvollziehbar sei. Ohne Unterlagen sei davon auszugehen, dass diese Kosten bereits durch die anderweitig beantragte Zwangsversteigerung entstünden (FG-A 3 V 212/12 Bl. 11; EW-A Bl. 193).

70

6. Am 7. Oktober 2013 rief der Kläger beim FG an. Die anderweitig beantragte Zwangsversteigerung sei inzwischen aufgrund Umschuldung aufgehoben worden. Dies sei in der von ihm unterzeichneten Niederschrift des Anordnungsantrags nicht zum Ausdruck gekommen und in der gerichtlichen Entscheidung nicht berücksichtigt worden. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass gegen den Beschluss kein Rechtsmittel gegeben sei und eine Änderung des Beschlusses nur wegen veränderter Umstände beantragt werden könne, nicht aber wegen nicht vorgetragener Umstände (FG-A 3 V 212/13 Bl. 16).

71

7. Mit Bescheid vom 8. Oktober 2013 lehnte das FA den erneuten Antrag auf GrSt-Billigkeitserlass 2012-2013 unter Hinweis auf die bestandskräftige Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2013 und die danach unveränderten Verhältnisse ab (FG-Anl. K 1, FG-A Bl. 4=5=16=17; EW-A Bl. 196 f.).

72

V. Erneutes außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren 2012-2013

73

1. Dagegen wandte sich der Kläger mit Fax vom 14. Oktober 2013. Er beantrage "Befreiung" von der GrSt. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich seit seinem letzten Antrag noch verschlechtert, "so dass auf die" "vorliegenden Daten verwiesen" werde und das FA nach diesen entscheiden möge. Er beziehe sich auf seinen Antrag auf Schwerbehindertenstatus und sei fortlaufend wegen ... krankgeschrieben und aufgrund dessen ohne feste Einkünfte (EW-A Bl. 198 ff.). Beigefügt war ein Attest vom ... über Arbeitsunfähigkeit zunächst bis Ende 2013 wegen chronischer, ständig behandlungsbedürftiger Erkrankung (EW-A Bl. 199).

74

2. Mit Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2013 wies das FA den am 14. Oktober 2013 eingelegten Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des erneuten Antrags auf Billigkeitserlass rückständiger GrSt 2012-2013 zurück. Ein persönlicher bzw. wirtschaftlicher Billigkeitsgrund sei weiterhin nicht gegeben. Einerseits sei nach den Ausführungen des Klägers mit einer Normalisierung seiner wirtschaftlichen Lage in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Ein Billigkeitserlass käme daher nicht ihm, sondern mittelbar anderen Gläubigern zugute. Andererseits sei dem Kläger zur Schuldenbegleichung die Verwertung seines mit rund 180 qm allein bewohnten Grundvermögens zuzumuten; dieses stelle kein Schonvermögen im Sinne des § 12 Abs. 3 SGB II dar (FG-Anl. K 2, FG-A Bl. 6=18; 27; EW-A Bl. 202).

75

3. Die vom Kläger zugleich beantragte "Befreiung" von der GrSt lehnte das FA ebenfalls am 18. Oktober 2013 durch Bescheid ab. Bei der GrSt als Objektsteuer sei eine "Befreiung" über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus nicht vorgesehen (EW-A Bl. 208).

76

3. Mit Einspruchsentscheidung vom 21. November 2013 wies das FA den am 2. Oktober 2013 zur gerichtlichen Niederschrift eingelegten Einspruch gegen die am 27. September 2013 beschiedene Ablehnung von Aussetzung der Vollziehung, Stundung oder Einstellung der Vollstreckung gegen Ratenzahlung zurück. Es fehle jeweils an den gesetzlichen Voraussetzungen. Insbesondere sei die Zwangsvollstreckung nicht wegen angebotener Raten einzustellen, die weder geleistet worden seien noch nach der vom Kläger vorgetragenen Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Lage geleistet werden könnten. Nach allem sei lediglich die Vollstreckung in das Grundstück angezeigt und angemessen, das kein Schonvermögen darstelle (EW-A Bl. 213).

77

VI. Streitstand

78

Der Kläger hat gegen die GrSt-Billigkeitserlass-Ablehnung vom 8. Oktober 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2013 am 15. November 2013 Klage erhoben mit gleichzeitigem Prozesskostenhilfe-Antrag. Zur Begründung bezieht der Kläger sich auf die im vorgerichtlichen Verfahren geführte Korrespondenz und trägt er ergänzend im Wesentlichen vor (FG-A Bl. 1=12, 33, 80):

79

Das FA sei unter Abwägung des ihm eingeräumten Ermessens verpflichtet, ihm - dem Kläger - die GrSt 2012-2013 zu erlassen. Da er an ... leide wie auch seit 2012 ununterbrochen krankgeschrieben sei, könne er seinen Beruf als ... nicht mehr ausüben, habe er keinerlei Einkünfte mehr und habe er nur durch Freundes-Darlehen überlebt.

80

Die Krankheit verschlimmere sich, so dass er keine Leistung mehr zeigen und nicht mehr in seinem bisherigen Berufsfeld arbeiten könne. Auch für die Zukunft werde sich sein Gesundheitszustand nicht bessern. Über eine Krankentagegeld- oder Berufsunfähigkeitsversicherung verfüge er nicht.

81

Nachdem das Jobcenter Leistungen wegen des Immobilienbesitzes versagt habe, führe er dort ebenfalls - bisher erfolglos - diverse Verfahren.

82

Während sein Kind 1 in C wohne und studiere, nutze er das Hausgrundstück ausschließlich selbst mit seinem in 199... geborenen Kind 2 (vgl. oben II 4).

83

Der Kläger beantragt (FG-A Bl. 1=12, 81),
den Bescheid über die Ablehnung des Grundsteuer-Billigkeitserlasses vom 8. Oktober 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2013 aufzuheben und das beklagte Finanzamt zu verpflichten, dem Kläger die Grundsteuer 2012 und 2013 zu erlassen, und zwar aus persönlichen bzw. wirtschaftlichen Billigkeitsgründen.

84

Das FA beantragt (FG-A Bl. 26, 81),
die Klage abzuweisen.

85

Das FA bezieht sich auf seine Bescheide und Einspruchsentscheidungen, insbesondere auf die bestandskräftige Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2013. Danach sei eine sachliche Überprüfung mangels neuer vorgetragener Billigkeitsgründe nicht mehr erforderlich (FG-A Bl. 26).

...

...

...

...

...

Entscheidungsgründe

B.

I.

86

1. Die Klage, das FA zum GrSt-Billigkeitserlass 2012-2013 (§ 227 AO) - oder möglicherweise zumindest zu einer erneuten Ermessensentscheidung (§ 5 AO) - zu verpflichten (§§ 101, 102 FGO), ist schon aufgrund der bestandskräftigen Ablehnung in der erstmaligen Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2013 (oben A III 9 a-b) ohne erneute Sachprüfung abzuweisen.

87

a) Nach bestandskräftiger oder unanfechtbarer Vorentscheidung ist die Klage ohne weitere Sachprüfung abzuweisen (BFH, Beschluss vom 25.09.2006 VI B 130/05, BFH/NV 2007, 85; Urteile vom 20.09.1989 X R 8/86, BFHE 158, 205, BStBl II 1990, 177; Urteile FG Baden-Württemberg vom 25.06.2012 8 K 3603/11, DStRE 2013, 441; FG Hamburg vom 04.06.2002 III 16/02 III 16/02, EFG 2002, 1469 m. w. N.).

88

Im Finanzprozess kommt es nicht darauf an, ob in der angefochtenen letzten Einspruchsentscheidung (§ 367 AO) unnötig nochmals in eine Sachprüfung eingetreten wurde (BFH-Urteil vom 24. Juli 1984 VII R 122/80, BFHE 141/470, BStBl II 1984, 791) anders als u. U. im Verwaltungsprozess gemäß VwGO oder nach § 51 VwVfG (vgl. Geis in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 68 Rz. 40 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 70 Rz. 9 m. w. N.).

89

b) Die vorbeschriebenen Grundsätze gelten auch bei erneut begehrtem Billigkeitserlass einer Steuer nach bestandskräftiger Steuerfestsetzung und nach bestandskräftiger Ablehnung des Billigkeitserlasses für denselben Streitzeitraum; zumindest dann wenn der neue Antrag nur bereits im vorangegangenen Billigkeitsverfahren geltend gemachte Gründe oder entschiedene Gesichtspunkte betrifft (BFH-Urteil vom 17.03.1987 VII R 26/84, BFH/NV 1987, 620).

90

c) Dementsprechend scheidet hier eine gerichtliche Sachprüfung bereits deswegen aus, weil das erneute Billigkeitsverfahren dieselben Gründe und Gesichtspunkte wie das vorherige bestandskräftig abgeschlossene Billigkeitsverfahren betrifft; und zwar die Antragsgründe andauernde Krankheit, Auseinandersetzung mit dem Jobcenter, aussichtslos schlechte Einkommens- und Liquiditätssituation sowie dazu insbesondere die Gesichtspunkte der unzureichenden Abhilfemöglichkeit durch GrSt-Billigkeitserlass und der Zumutbarkeit der Verwertung des großen Hausgrundstücks (zum einen oben A II, III; zum anderen oben A IV, V).

91

2. Im Übrigen bleibt die Zumutbarkeit der Verwertung des rund 1600 qm Hausgrundstücks mit rund 180 qm Wohnfläche unberührt durch die wechselnden Angaben des Klägers über die Haushaltszugehörigkeit seines 199... geborenen Kindes 2 (einerseits oben A II 4, andererseits oben A VI).

92

a) Die Grenzen der Zumutbarkeit der Verwertung eines Hausgrundstücks beurteilen sich im Abgaben- oder Steuerecht nach sozialrechtlichen Maßstäben (vgl. BFH-Urteil vom 13.12.2005 XI R 5/02, DStRE 2006, 769); insbesondere bei der Entscheidung über einen Billigkeitserlass aus persönlichen oder wirtschaftlichen Billigkeitsgründen vgl. BFH-Beschluss vom 16.07.2008 X S 28/08, BFH/NV 2008, 1701 Rz. 21 i. V. m. Rz. 9, 12; FG Köln, Urteil vom 29.09.2003 5 K 4216/02, EFG 2004, 623, rechtskräftig durch BFH-Beschluss vom 19.05.2004 X B 149/03, BeckRS, Juris).

93

b) Soweit für die Zumutbarkeit des Einsatzes oder der Verwertung eines Hausgrundstücks auf das Sozialrecht zurückzugreifen ist, sind die Regelungen über das Schonvermögen in Gestalt des selbst genutzten angemessenen Hausgrundstücks wie bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende in § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II und wie bei der Sozialhilfe in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII bzw. vorher § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG maßgeblich (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26.01.2001 VI B 277/99, BFH/NV 2001, 809; vom 20.01.2000 III B 68/99, BFH/NV 2000, 862; vom 17.03.1987 VII B 152/86, BFH/NV 19897, 733).

94

Nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ist als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung.

95

Gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII (vorher § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG) darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person allein oder zusammen mit Angehörigen bewohnt wird. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf, der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes. Nach § 88 Abs. 2 Nr. 7 Satz 2 BSHG i. d. F. vor 2002 sind Familienheime und Eigentumswohnungen in der Regel nicht unangemessen groß, wenn ihre Wohnfläche die Grenzen des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 i. V. m. Abs. 2, § 82 II. WoBauG i. d. F. vor 2002 nicht überschreitet.

96

c) Übereinstimmend wird bei Anwendung dieser sozialrechtlichen Definitionen in erster Linie auf den Bedarf der Personenzahl im Verhältnis zur Wohnfläche abgestellt. Mangels einer bundesweiten Neuregelung werden nach ständiger Rechtsprechung weiter die Wohnflächengrenzen nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 3 i. V. m. Abs. 2, § 82 Abs. 3 II. WoBauG herangezogen, das heißt 130 qm Wohnfläche beim selbstgenutzten Haus - wie hier - oder 120 qm Wohnfläche in der eigengenutzten Eigentumswohnung; jeweils bei mehr als vier Personen zusätzlich pro Person 20 qm (BSG-Urteil vom 19.05.2009 B 8 SO 7/08 R, NVwZ-RR 2010, 152 Rz. 17 ff., 19).

97

Bei weniger als 4 Personen werden je Person 20 qm abgezogen (Schiedsgericht Hamburg vom 05.05.2009, SchiedsVZ 2010, 173); typisierend ist diese Reduzierung jedoch auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen zu begrenzen, das heißt bei einem Einfamilienhaus auf [130 ./. (2 x 20) = ] 90 qm (BSG, Urteile vom 12.12.2013 B 14 AS 90/12 R, BeckRS, Juris Rz. 30-32; vom 07.11.2006 B 7b AS 2/05 R, BSGE 97, 203, NZS 2007, 428 Rz. 21 f.; Beschlüsse OLG Koblenz vom 06.09.2013 13 WF 745/13, FamFR 2013, 503; LAG Sachsen-Anhalt vom 18.04.2013 L 5 AS 76/08, Juris; LAG Rheinland-Pfalz vom 03.02.2012 6 Ta 9/12, Juris; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II § 12 Rz. 208 ff., 211, 211a; Radüge in JurisPK-SGB II, 3. Aufl., § 12 Rz. 129 ff.).

98

Die dementsprechend unabhängig von der Mitbenutzung und Bedürftigkeit des Kindes 2 bis zu 90 qm angemessene Wohnfläche wird weit überschritten durch die vorhandenen rund 180 qm (oben A I 1).

99

d) In Kombination mit dem - überschrittenen - Wohnflächenbedarf können entsprechend § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII die Grundstücksgröße und der Wert des bebauten Grundstücks als weitere Kriterien herangezogen werden (Kombinationstheorie; BFH-Beschluss vom 11.04.1990 I B 75/89, MDR 1990, 955).

100

Ob dies auch unter Wirtschaftlichkeits- und Härte-Gesichtspunkten i. S. v. § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II gilt (vgl. BSG-Urteil vom 12.12.2013 B 14 AS 90/12 R, BeckRS, Juris Rz. 30-32), kann in Anbetracht der hier auch in Kombination gegebenen Unangemessenheit offenbleiben (nachstehend e-h).

101

e) Für Grundstücksgröße und -Wert sind die Verhältnisse am Wohnort maßgeblich (Huffmann in BeckOK SGB XII § 90 Rz. 32). Dabei muss sich der Wert im unteren Bereich der dort zu vergleichenden Verkehrswerte halten und scheiden Objekte in bevorzugter Wohnlage oder mit herausgehobenen Grundstückspreisen als Vergleichsobjekte aus (BVerwG-Urteil vom 17.01.1991 5 C 53/86, BVerwGE 87, 278, NJW 1991, 1968, Juris Rz. 48).

102

f) Als Grenzwert-Anhaltspunkte für die angemessene Grundstücksgröße werden 250-350 qm genannt, teils auch 500 qm für ein freistehendes Haus oder im ländlichen Bereich (SG Aachen, Urteil vom 07.03.2012 S 20 SO 55/11, Juris Rz. 21; OVG Münster, Beschluss vom 12.09.2011 12 A 199/11, Juris Rz. 11; BSG-Urteil vom 19.05.2009 B 8 SO 7/08 R, NVwZ-RR 2010, 152 Rz. 17, 20; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 90 Rz. 55; Mecke in JurisPK SGB XII, 2. Aufl., § 90 Rz. 80); teils im ländlichen Bereich auch 800 qm (Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII § 90 Rz. 74; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II § 12 Rz. 212a; Radüge in JurisPK SGB II, 3. Aufl., § 12 Rz. 133); u. U. sogar 1.500 qm ausnahmsweise in einer 300 Einwohner zählenden Gemeinde (vgl. inzwischen LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18.04.2013 L 5 AS 76/08, Juris).

103

Die davon in Betracht kommenden Grenzwerte, speziell für ein freistehendes Haus im städtischen Bereich bis zu 500 qm, werden durch die vorliegende Grundstücksgröße von 1.590 qm (oben A I 1) weit überschritten.

104

g) Desgleichen überschreitet der vom Kläger für das bebaute Grundstück in 2013 genannte Wert von 700.000 Euro bei weitem den unteren Bereich und die Mittelwerte für sämtliche Ein- und Zweifamilienhausverkäufe sowohl in X als auch im Stadtteil des Klägers sowie die gleichfalls veröffentlichten Mittelwerte für freistehende Einfamilienhäuser in X (Immobilienmarktbericht X 2013, S. 13 f.).

105

h) So bleibt es auch bei kombinierter Würdigung von Wohnfläche, Grundstücksgröße und Wert des bebauten Grundstücks unabhängig von der Wohnsituation des Kindes 2 bei der Unangemessenheit des Hausgrundstücks des Klägers, das dementsprechend kein Schonvermögen ist und zumutbar verwertbar ist, sei es durch weitere Beleihung, durch Verkauf oder durch Zwangsversteigerung.

106

3. Abgesehen von der Bestandskraft der Ablehnung des Billigkeitserlasses wäre auch sonst die Klage unbegründet, kein Rechtsfehler gemäß § 227 AO bzw. Ermessensfehler i. S. v. § 5 AO, § 102 FGO zu erkennen und der Begründung der Einspruchsentscheidung zu folgen, so dass auf letztere gemäß § 105 Abs. 4 FGO Bezug genommen werden kann.

107

4. Danach erübrigt sich auch die - nicht beantragte - Beiziehung der die Besteuerung des Klägers durch sein (Wohn-)Sitzfinanzamt betreffenden Steuerakten gemäß § 86 FGO und der Gerichtsakten des für das (Wohn-)Sitzfinanzamt zuständigen 2. Senats des FG nach § 76 FGO. Ansonsten hätten jene Akten von Amts wegen beigezogen werden können im Hinblick auf eventuelle Erkenntnisse zum Fortgang oder Abschluss des Baus der zweiten Wohneinheit oder betreffend deren Verwendung (oben A I 7).

108

Anlass zu dieser Klarstellung besteht möglicherweise aufgrund aktueller parlamentarischer Kritik an der "Arbeit der Justiz" nach der Anhörung einer Richterin durch den Untersuchungsausschuss zum Tod eines Kindes. Unverständnis wird nämlich geäußert gegenüber unzureichendem justizinternen Informations- oder Aktenaustausch bei parallel betreffend dieselben Personen oder zum selben Sachverhalt geführten Verfahren (statt aller z. B. inzwischen Hamburger Abendblatt 08.05.2014: "Abgeordnete kritisieren Arbeit der Justiz - Untersuchungsausschuss ...").

109

a) Akten können zum Zweck der Aufklärung von Amts wegen (§ 76 FGO, vgl. u. a. § 86 VwGO, § 103 SGG, § 26 FamFG, §§ 202, 221, 244 StPO) - durch Verfügung zur Information oder durch Beweisbeschluss zur streitigen Verwertung - beigezogen werden (vgl. Amtshilfe Art. 35 GG), seien es
- Akten des eigenen Spruchkörpers (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.12.2000 1 S 1557/00, NVwZ-RR 2001, 415) oder
- Akten anderer Spruchkörper desselben Gerichts (vgl. Beschlüsse BFH vom 11.09.2003 IX S 4/03, BFH/NV 2004, 75; BVerwG vom 04.09.1981 4 B 124/81, Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 15; BSG-Urteile vom 28.04.1965 9 RV 634/64, Juris; vom 15.05.1963 6 RKa 1/62, Juris; Beschlüsse Bay. VGH vom 15.10.2003 15 ZB 02.31793, Juris; OLG Karlsruhe vom 10.08.2005 14 Wx 2/05, FamRZ 2006, 102; vom 01.07.1994 18 WF 25/94, Juris; OLG Köln vom 11.11.2005 83 Ss 69/05, Strafverteidiger Forum 2006, 119; ferner OLG Stuttgart vom 03.06.1997 19 VA 6/97, Juris Rz. 14) oder
- Akten von anderen Gerichten (vgl. Beschlüsse BVerfG vom 25.05.2001 1 BvR 848/01, DStR 2001, 1857; BFH vom 05.12.2005 XI B 173/04, BFH/NV 2006, 599; vom 26.01.1989 IV R 71/87, BFH/NV 1990, 296; BSG vom 10.09.1987 9a BV 102/87, Juris; vom 05.09.1972 6 RKa 4/69, Juris; FG Baden-Württemberg vom 18.12.2001 3 KO 1/00, EFG 2002, 124, Juris; VGH Baden-Württemberg vom 20.04.1967 III 616/66, ESVGH 18, 126; KG Berlin vom 28.06.1991 5 Ws 165/91 REHA, JR 1992, 123);
- erst recht nach Antrag oder Bezugnahme eines Beteiligten wie im Zivilprozess (vgl. § 273 ZPO; Beschlüsse OLG München vom 21.10.1993 11 W 2403/93, Juris; OLG Bamberg vom 23.05.1985 3 W 70/85, JurBüro 1985, 1828, KG Berlin vom 29.06.1984 1 W 1710/84, JurBüro 1984, 1685; OLG Karlsruhe vom 20.10.1978 13 W 161/78, Juris; Greger in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 273 Rz. 7; LG Dortmund, Urteil vom 28.04.1999 21 O 208/98, Juris).

110

b) Dabei sind Steuergeheimnis bzw. Datenschutz von dem anfordernden Richter bzw. Spruchkörper zu prüfen bzw. zu beachten und dürfen die Akten nicht von der Verwaltung zurückgehalten werden (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 71. Aufl., § 273 Rz. 14 "Aktenanforderung").

111

Bei der Entscheidungszuständigkeit des die Gerichtsakten anfordernden Spruchkörpers bleibt es auch nach Einführung des in-camera-Verfahrens für den speziellen Fall der Verweigerung der Herausgabe von "Behörden" angeforderter Akten durch die "zuständige oberste Aufsichtsbehörde" gemäß § 86 FGO seit 01.04.2005 bzw. gemäß § 99 Abs. 2 VwGO seit 2002. Dieses Verfahren ist bei anderen Fallgestaltungen unanwendbar bzw. unzulässig (vgl. inzwischen BFH-Beschluss vom 25.02.2014 V B 60/12, DStRE 2014, 745).

II.

112

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

113

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich.

114

Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter nach Übertragungsbeschluss gemäß § 6 FGO (oben A VII 2).

115

C. BESCHLUSS - GRÜNDE

116

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe war gemäß § 142 FGO i. V. m. § 114 ZPO mangels Erfolgsaussicht der Klage abzulehnen, und insbesondere schon wegen bestandskräftiger Ablehnung des begehrten Billigkeitserlasses (oben B I 1).

117

Die Entscheidung ist nach § 128 Abs. 2 FGO unanfechtbar und ergeht ebenfalls durch den Einzelrichter gemäß § 6 FGO (oben A VII 2, B II).

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Gesetz über den Lastenausgleich


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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen


(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen: 1. a) die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;b) bei Parteien, die ein Einkommen

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 76


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von de

Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung


Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 103


Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen


(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind1.angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bür

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 90 Einzusetzendes Vermögen


(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen. (2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung1.eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage od

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 99


(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bu

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 26 Ermittlung von Amts wegen


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Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Er

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(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu

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Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spr

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 6


(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 142


(1) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe gelten sinngemäß. (2) Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter

Abgabenordnung - AO 1977 | § 240 Säumniszuschläge


(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten d

Abgabenordnung - AO 1977 | § 367 Entscheidung über den Einspruch


(1) Über den Einspruch entscheidet die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, durch Einspruchsentscheidung. Ist für den Steuerfall nachträglich eine andere Finanzbehörde zuständig geworden, so entscheidet diese Finanzbehörde; § 26 Satz 2

Zivilprozessordnung - ZPO | § 807 Abnahme der Vermögensauskunft nach Pfändungsversuch


(1) Hat der Gläubiger die Vornahme der Pfändung beim Schuldner beantragt und1.hat der Schuldner die Durchsuchung (§ 758) verweigert oder2.ergibt der Pfändungsversuch, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 273 Vorbereitung des Termins


(1) Das Gericht hat erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen. (2) Zur Vorbereitung jedes Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts insbesondere1.den Parteien die Ergänzung oder E

Grundsteuergesetz - GrStG 1973 | § 33 Erlass wegen wesentlicher Reinertragsminderung bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft


(1) Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft der tatsächliche Reinertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des tatsächlichen

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 35


(1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe. (2) Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kann ein Land in Fällen von besonderer Bedeutung Kräfte und Einrich

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 86


(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden und Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet, soweit nicht durch das Steuergeheimnis (§ 30 der Abgabenordnung) geschützte Verhältnisse Dritter unbefugt offenbart werden

Strafprozeßordnung - StPO | § 202 Anordnung ergänzender Beweiserhebungen


Bevor das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet, kann es zur besseren Aufklärung der Sache einzelne Beweiserhebungen anordnen. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

Grundsteuergesetz - GrStG 1973 | § 32 Erlaß für Kulturgut und Grünanlagen


(1) Die Grundsteuer ist zu erlassen 1. für Grundbesitz oder Teile von Grundbesitz, dessen Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte, Wissenschaft oder Naturschutz im öffentlichen Interesse liegt, wenn die erzielten Einnahmen und die sons

Strafprozeßordnung - StPO | § 221 Herbeischaffung von Beweismitteln von Amts wegen


Der Vorsitzende des Gerichts kann auch von Amts wegen die Herbeischaffung weiterer als Beweismittel dienender Gegenstände anordnen.

Referenzen - Urteile

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Finanzgericht Hamburg Urteil, 18. Feb. 2014 - 3 K 257/13 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 18. Apr. 2013 - L 5 AS 76/08

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 03. Feb. 2012 - 6 Ta 9/12

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten sich über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Erlasses von Nachzahlungszinsen zur Umsatzsteuer für 2004 bis 200

Finanzgericht Hamburg Urteil, 01. Sept. 2015 - 3 K 167/15

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Tatbestand 1 B. Die Beteiligten streiten um besonderes Kirchgeld für 2012. 2 Streitig ist, - ob die Klägerin rechtzeitig Einspruch eingelegt hat und - inwieweit es nach § 5 und § 5a Hamburgisches Kirchensteuergesetz in der Fassung des Streitj

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Gründe 1 Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 2 Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2004 und 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung (oben A II 8, 10, 15) sind rechtmäßig und verletzen daher die Klägerin nicht in ihren Rechten (§

Finanzgericht Hamburg Urteil, 05. Feb. 2015 - 3 K 46/14

bei uns veröffentlicht am 05.02.2015

Tatbestand 1 (Anmerkung: Nur die Entscheidungsgründe des Urteils sind zur Veröffentlichung bestimmt.) Entscheidungsgründe 2 B. Die zulässige Klage ist unbegründet mit Ausnahme der Umsatzsteuer auf die vom FA angenommene zweite Rechnung

Referenzen

(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.

(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.

(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.

(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.

(1) Hat der Gläubiger die Vornahme der Pfändung beim Schuldner beantragt und

1.
hat der Schuldner die Durchsuchung (§ 758) verweigert oder
2.
ergibt der Pfändungsversuch, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen wird,
so kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner die Vermögensauskunft auf Antrag des Gläubigers abweichend von § 802f sofort abnehmen. § 802f Abs. 5 und 6 findet Anwendung.

(2) Der Schuldner kann einer sofortigen Abnahme widersprechen. In diesem Fall verfährt der Gerichtsvollzieher nach § 802f; der Setzung einer Zahlungsfrist bedarf es nicht.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Die Grundsteuer ist zu erlassen

1.
für Grundbesitz oder Teile von Grundbesitz, dessen Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte, Wissenschaft oder Naturschutz im öffentlichen Interesse liegt, wenn die erzielten Einnahmen und die sonstigen Vorteile (Rohertrag) in der Regel unter den jährlichen Kosten liegen. Bei Park- und Gartenanlagen von geschichtlichem Wert ist der Erlaß von der weiteren Voraussetzung abhängig, daß sie in dem billigerweise zu fordernden Umfang der Öffentlichkeit zugänglich gemacht sind;
2.
für öffentliche Grünanlagen, Spiel- und Sportplätze, wenn die jährlichen Kosten in der Regel den Rohertrag übersteigen.

(2) Ist der Rohertrag für Grundbesitz, in dessen Gebäuden Gegenstände von wissenschaftlicher, künstlerischer oder geschichtlicher Bedeutung, insbesondere Sammlungen oder Bibliotheken, dem Zweck der Forschung oder Volksbildung nutzbar gemacht sind, durch die Benutzung zu den genannten Zwecken nachhaltig gemindert, so ist von der Grundsteuer der Hundertsatz zu erlassen, um den der Rohertrag gemindert ist. Das gilt nur, wenn die wissenschaftliche, künstlerische oder geschichtliche Bedeutung der untergebrachten Gegenstände durch die Landesregierung oder die von ihr beauftragte Stelle anerkannt ist.

(1) Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft der tatsächliche Reinertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des tatsächlichen Reinertrags nicht zu vertreten hat. Beträgt die vom Steuerschuldner nicht zu vertretende Minderung des tatsächlichen Reinertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer abweichend von Satz 1 in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Der tatsächliche Reinertrag eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ermittelt sich nach den Grundsätzen des § 236 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Bewertungsgesetzes für ein Wirtschaftsjahr. Er gilt als in dem Erlasszeitraum bezogen, in dem das für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft maßgebliche Wirtschaftsjahr endet.

(2) Der Erlass nach Absatz 1 wird nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Ein Erlass nach Absatz 1 ist insbesondere ausgeschlossen, wenn für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Absatz 1, § 4 Absatz 3 oder § 13a des Einkommensteuergesetzes für dasjenige Wirtschaftsjahr ein Gewinn ermittelt wurde, das im Erlasszeitraum bei der Ermittlung des tatsächlichen Reinertrags nach Absatz 1 zugrunde zu legen ist.

(3) Eine Ertragsminderung ist kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Über den Einspruch entscheidet die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, durch Einspruchsentscheidung. Ist für den Steuerfall nachträglich eine andere Finanzbehörde zuständig geworden, so entscheidet diese Finanzbehörde; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, hat die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen. Der Verwaltungsakt kann auch zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden, wenn dieser auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern. Einer Einspruchsentscheidung bedarf es nur insoweit, als die Finanzbehörde dem Einspruch nicht abhilft.

(2a) Die Finanzbehörde kann vorab über Teile des Einspruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Sie hat in dieser Entscheidung zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll.

(2b) Anhängige Einsprüche, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht abgeholfen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. Sachlich zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung ist die oberste Finanzbehörde. Die Allgemeinverfügung ist im Bundessteuerblatt und auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen zu veröffentlichen. Sie gilt am Tag nach der Herausgabe des Bundessteuerblattes, in dem sie veröffentlicht wird, als bekannt gegeben. Abweichend von § 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung endet die Klagefrist mit Ablauf eines Jahres nach dem Tag der Bekanntgabe. § 63 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung gilt auch, soweit ein Einspruch durch eine Allgemeinverfügung nach Satz 1 zurückgewiesen wurde.

(3) Richtet sich der Einspruch gegen einen Verwaltungsakt, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, so entscheidet die zuständige Finanzbehörde über den Einspruch. Auch die für die zuständige Finanzbehörde handelnde Behörde ist berechtigt, dem Einspruch abzuhelfen.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - hier: Arbeitslosengeld II (Alg II) - nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit ab 12.11.2008. Im Streit ist insbesondere die Berücksichtigung eines in ihrem Alleineigentum stehenden Hausgrundstücks.

2

Die im Jahr 1953 geborene, alleinstehende Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks in N, Gemarkung B, Flur 13, Flurstück 364, Lagebezeichnung H straße Auf dem 471 qm großen Grundstück befindet sich eine 1963 erbaute Doppelhaushälfte mit einem Zweifamilienhaus und einer Gesamtwohnfläche von 129 qm. Im Erdgeschoss und im Dachgeschoss befinden sich jeweils eigene Wohnungen, die baulich nicht voneinander abgeschlossen sind. Die Erdgeschosswohnung hat eine Wohnfläche von 70 qm und die Dachgeschosswohnung von 59 qm. Das Hausgrundstück stand ursprünglich im Eigentum der Eltern der Klägerin, die die Erdgeschosswohnung bewohnten. Die mittlerweile geschiedene Klägerin wohnte seinerzeit zusammen mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter in der Dachgeschosswohnung. Im Jahr 2001 übertrugen die Eltern der Klägerin dieser unentgeltlich und lastenfrei das Alleineigentum an dem Grundstück. Dabei war zur Bestimmung der Kosten des Grundbuchamts von einem Verkehrswert von 210 000 DM ausgegangen worden. Nunmehr - nach dem Tod ihrer Eltern - wohnt die Klägerin allein in der Dachgeschosswohnung und in der Erdgeschosswohnung wohnen in einem eigenen Haushalt die Tochter der Klägerin, ihr Ehemann und deren mittlerweile drei Kinder. Im Oktober 2008 wies das Grundstück einen Verkehrswert von 143 000 Euro und zuletzt, im Zeitpunkt der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen, einen Verkehrswert von gut 130 000 Euro auf. Auf dem Grundstück lastet eine Grundschuld über 75 000 Euro, die der Sicherung eines von der Tochter der Klägerin und ihrem Ehemann Ende 2007 aufgenommenen Darlehens in Höhe von 75 000 Euro dient. Das Darlehen wird in monatlichen Raten von 495,63 Euro getilgt. Zum 31.12.2011 bestand die Darlehensforderung noch in Höhe von 65 073,46 Euro.

3

Die Klägerin bezog vom 1.9.2008 bis zum 11.11.2008 Arbeitslosengeld. Sie beantragte am 20.10.2008 bei dem Beklagten Alg II für die Zeit ab 12.11.2008. Die ARGE V als Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters lehnte den Antrag der Klägerin ab (Bescheid vom 9.1.2009, Widerspruchsbescheid vom 15.6.2009). Die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Sie verfüge über zu berücksichtigendes Vermögen, weil das Hausgrundstück für sie allein unangemessen groß sei. Für die Angemessenheitsprüfung sei nur auf die Klägerin und nicht auch auf die Familie ihrer Tochter abzustellen, denn es bestünde keine Bedarfsgemeinschaft und auch keine Haushaltsgemeinschaft iS des SGB II. Die Möglichkeit einer darlehensweisen Hilfegewährung sei von der Klägerin abgelehnt worden.

4

Die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (Urteil vom 27.1.2012) und die Berufung der Klägerin zum LSG (Urteil vom 22.10.2012) blieben erfolglos. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, das im Alleineigentum der Klägerin stehende Hausgrundstück sei nicht vor einer Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt, denn für die Klägerin allein sei nur ein Hausgrundstück mit einer Wohnfläche bis zu 90 qm angemessen. Der Umstand, dass die Familie ihrer Tochter in einem eigenen Haushalt auch in dem Haus wohne, sei für die Frage nach dem Schonvermögen der Klägerin iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II unbeachtlich. Aus einem Vergleich mit der abweichenden Regelung in § 90 Abs 2 Nr 8 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) folge nichts anderes.

5

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Entgegen der Auffassung des LSG sei ihr Hausgrundstück als "Familienheim" und "Mehrgenerationenhaus" vor der Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt. Zudem müsse, da das mit Angehörigen bewohnte Hausgrundstück bei Anwendung des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, es vorliegend auch im Rahmen des SGB II geschützt sein.

6

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. Januar 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr vom 12. November 2008 bis zum 22. Oktober 2012 Arbeitslosengeld II als Zuschuss zu zahlen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind in der Sache die Urteile des LSG und des SG und die angefochtenen Bescheide des Beklagten sowie der Anspruch der Klägerin auf Alg II als Zuschuss für die Zeit ab 12.11.2008 (erster Tag nach Bezug von Arbeitslosengeld). Streitbefangen im Revisionsverfahren ist der Zeitraum bis zum 22.10.2012 (Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG). Mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) begehrt die Klägerin die Aufhebung der Urteile des LSG und des SG und der angefochtenen Bescheide sowie die Verurteilung des Beklagten zur zuschussweisen Zahlung von Alg II; die Leistungsklage ist insoweit auf den Erlass eines Grundurteils gerichtet (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG).

10

2. Rechtsgrundlage für das von der Klägerin begehrte Alg II ist § 19 iVm §§ 7, 9 und §§ 20, 21 und 22 SGB II in der im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über in der Vergangenheit liegende Zeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

11

Nach § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte als Alg II Leistungen, die den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfassen. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben(Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4).

12

3. Die Klägerin erfüllt nach den von den Beteiligten nicht gerügten und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II. Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Ausschlusstatbestands (§ 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.

13

4. Allerdings fehlen ausreichende Feststellungen des LSG zur Hilfebedürftigkeit der Klägerin. Hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II ist nach § 9 Abs 1 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850), wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs 4 SGB II auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde; in diesem Fall sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen. Darlehensweise Leistungen hat die Klägerin jedoch ausdrücklich nicht begehrt; sie sind nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens.

14

Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II der Klägerin ist zunächst festzustellen, ob sie mit anderen Personen eine Bedarfsgemeinschaft bildet(dazu unter a) und sind sodann ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf (dazu unter b) die zu dessen Deckung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten der Klägerin (dazu unter c) gegenüberzustellen.

15

a) Die Klägerin ist geschieden und lebt in ihrem Haushalt allein. Sie ist in Anwendung der Vorgaben des § 7 Abs 3 SGB II dazu, welche Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören, eine alleinstehende Person. Es besteht auch keine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II zwischen ihr und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter, die in einem eigenen Haushalt lebt. In den beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses wird von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt.

16

b) Nach § 19 Abs 1 Satz 3 SGB II umfasst das Alg II den Regelbedarf(§ 20 SGB II), Mehrbedarfe (§ 21 SGB II) und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II).

17

Zum Bedarf der Klägerin fehlen nähere Feststellungen des LSG. Feststellen lassen sich im Revisionsverfahren nur die für die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Höhen der Regelleistung (bis 31.12.2010) und des Regelbedarfs (ab 1.1.2011) zur Sicherung des Lebensunterhalts. Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin daneben auch Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt (§ 21 SGB II) in Betracht kommen könnten, sind nicht ersichtlich. Unbekannt ist, in welcher Höhe im streitbefangenen Zeitraum welche Bedarfe für Unterkunft und Heizung bei ihr bestehen und zu berücksichtigen sind.

18

c) Auch zum zu berücksichtigenden Einkommen iS der §§ 11 bis 11b SGB II sind die Feststellungen des LSG unvollständig. Nach diesen bezog die Klägerin seit September 2009 ein monatliches Erwerbseinkommen von im Schnitt anfänglich gut 300 Euro, mittlerweile knapp 500 Euro. Das LSG nahm hierfür auf eine Aufstellung der Klägerin Bezug, in der diese ihre monatlichen Einkünfte aufgelistet hatte. In welcher Höhe genau im streitbefangenen Zeitraum Einkommen zu berücksichtigen ist, ist damit nicht festgestellt, weil unbekannt ist, in welcher Höhe jeweils zu berücksichtigende Einkommensabsetzbeträge in den einzelnen Monaten des streitbefangenen Zeitraums die Höhe des zur Bedarfsdeckung einzusetzenden Einkommens verringern.

19

Keine Feststellungen enthält das Urteil des LSG schließlich dazu, ob bei der Klägerin Einkommen auch deshalb zu berücksichtigen ist, wenn und weil ihre Tochter und ihr Schwiegersohn für die Klägerin Tilgungsleistungen mit Blick auf das Ende 2007 von ihnen aufgenommene Darlehen übernommen haben.

20

Die Feststellungen des LSG reichen auch nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin über zu berücksichtigendes Vermögen iS des § 12 SGB II verfügte(dazu im Einzelnen unter 5.). Das (auch) von der Klägerin bewohnte Hausgrundstück hat das LSG zwar zu Recht als nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschütztes Vermögen angesehen(dazu unter 5. a). Allerdings kommt ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht(dazu unter 5. b).

21

5. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert zu berücksichtigen (§ 12 Abs 1 und 4 SGB II, deren Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist). Als ein berücksichtigungsfähiger verwertbarer Vermögensgegenstand kommt auch ein Hausgrundstück in Betracht, wie sich bereits aus der Ausnahmeregelung in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ergibt; denn danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung. Vermögensgegenstände, die einen Ausnahmetatbestand nach § 12 Abs 3 SGB II (dessen Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist) erfüllen, sind von vornherein als sog Schonvermögen nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Werts des Vermögens bleiben sie außen vor (vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 75).

22

Vorliegend scheidet zwar ein Vermögensschutz für das Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4, Satz 2 SGB II aus, weil dieses von unangemessener Größe ist(dazu unter a). Doch kommt sein Schutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht, weil hier eine besondere Härte daraus folgen kann, dass das Grundstück der Klägerin nach dem SGB XII vor Verwertung geschützt wäre(dazu unter b).

23

a) Mit dem Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II zielt das Gesetz insbesondere auf das Haus selbst und stellt maßgeblich auf dessen Wohnfläche ab(vgl Bundessozialgericht Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 24; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 55; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90).

24

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist die Klägerin Alleineigentümerin eines 471 qm großen Hausgrundstücks, das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist, in der sich zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen (Zweifamilienhaus) mit einer Gesamtwohnfläche von 129 qm befinden. Nur diese Wohnfläche ist vorliegend näher auf ihre Angemessenheit zu prüfen, während die Grundstücksgröße von 471 qm einer eigenen Angemessenheitsprüfung nicht zu unterziehen ist. Denn Grundstücksgrößen bis zu 500 qm werden schon im städtischen Bereich in aller Regel als angemessen anerkannt, im ländlichen Bereich sogar bis zu 800 qm (vgl Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 57; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 93). Da beide als Anhaltspunkte dienende Werte hier unterschritten werden, bedarf es keiner näheren Auseinandersetzung mit der Angemessenheit von Grundstücksgrößen im Rahmen des Vermögensschutzes nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II.

25

aa) Das von der Klägerin nur zum Teil selbst genutzte Hausgrundstück ist mit seiner Gesamtwohnfläche auf seine Angemessenheit zu prüfen. Zwar nutzt die Klägerin die Gesamtwohnfläche ihres Hauses nur zum Teil selbst, denn sie wohnt nur in einer der beiden Wohnungen. Doch steht die Nutzung der anderen Wohnung, in der die Tochter der Klägerin, deren Ehemann und ihre Kinder wohnen und einen eigenen Haushalt führen und in der nicht auch die Klägerin wohnt, der Anwendung der Vermögensschutzregelung des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht entgegen. Vielmehr genügt es insoweit, dass die Klägerin das Hausgrundstück selbst nutzt und keinen rechtlichen Grenzen einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung der gesamten Wohnfläche des Hauses unterliegt. Denn mit dem Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ("selbst genutztes Hausgrundstück") geht es nach dem Zweck dieser Regelung nicht um den Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 13; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 35; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 54; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90). In diesem Sinne ist eigene Wohnung auch das selbst genutzte Haus, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird.

26

In Fällen des Zusammenwohnens mit anderen Personen ist für die Prüfung des verwertbaren Vermögens die gesamte Wohnfläche eines Hauses, selbst im Falle einer vermieteten Einliegerwohnung, nicht lediglich der vom Eigentümer selbst bewohnte Anteil zu berücksichtigen (vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 16 ff). Der 4. Senat des BSG hat diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche in die Prüfung der angemessenen Größe eines Hausgrundstücks mit der Überlegung gerechtfertigt, dass der Eigentümer kraft seines Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit stehe, keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliege. Ausnahmen hat der 4. Senat für möglich gehalten bei eigentumsrechtlichen Beschränkungen durch Miteigentumsanteile. Auch der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit von der Gesamtwohnfläche des Hauses und nicht nur der vom Eigentümer bewohnten Fläche auszugehen sei, wenn dieser in seiner Stellung als Eigentümer des gesamten Hausgrundstücks zwar durch ein Wohnrecht zugunsten seiner Eltern hinsichtlich der Nutzung, nicht aber der Verwertung des Grundstücks eingeschränkt sei. Nur wenn das Eigentum der Leistungen beanspruchenden Person auf den von ihr benutzten Teil des Hauses beschränkt wäre, käme eine andere Prüfung in Betracht (Urteil des Senats vom 12.7.2012 - B 14 AS 158/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 20 RdNr 13).

27

Solange eine Teilung des Eigentums nicht vorliegt, ist ein Hausgrundstück danach in seiner Gesamtheit zu bewerten und muss für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche eines Hauses und nicht nur auf die von der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abgehoben werden (vgl so bereits zur Arbeitslosenhilfe BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 35).

28

bb) Nach dem Wortlaut des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II bezieht sich die Angemessenheit nur auf die Größe des Hausgrundstücks ("Hausgrundstück von angemessener Größe"). Auf andere die Angemessenheit bestimmende Faktoren und dabei insbesondere auf den Wert des Hausgrundstücks wird nach diesem Wortlaut - im Unterschied zu § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII - nicht abgestellt. Die durch diese isolierte Orientierung des Gesetzgebers des SGB II an der Größe der Immobilie bewirkte Privilegierung der Leistungsberechtigten nach dem SGB II gegenüber denen nach dem SGB XII, soweit Letztere Immobilien von angemessener Größe verwerten müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies fordert, hat das BSG bislang unbeanstandet gelassen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16). Auch vorliegend zählt die Klägerin, die Leistungen nach dem SGB II begehrt, zur Gruppe der privilegierten Leistungsberechtigten und ist insoweit eine Prüfung der Regelungsunterschiede zwischen § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII am Maßstab des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) hier nicht erforderlich. Auf eine möglicherweise unterschiedliche Wirkung der unterschiedlichen Regelungen im hier zu entscheidenden Fall kommt es insoweit nicht an.

29

(1) Die Gesamtwohnfläche des auch von der Klägerin bewohnten Hauses überschreitet die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II, weil im Rahmen dieser Angemessenheitsprüfung nur auf die Klägerin allein abzustellen ist.

30

Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG - in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG zur Alhi, die ihrerseits auf das Sozialhilferecht nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Bezug nahm (vgl BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 24 ff) - dahin konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf seine Gesamtwohnfläche und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG), differenziert nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 21 f; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18, RdNr 19; vgl auch BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 19; BSG Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 24/11 R, juris RdNr 29).

31

Für Familienheime mit nur einer Wohnung und bis zu vier Personen sah das II. WobauG eine Wohnflächengrenze von 130 qm vor (§ 39 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 2 Nr 1 II. WobauG). Auf diese Grenze ist auch vorliegend abzustellen. Denn zwar sah § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG für Familienheime mit zwei Wohnungen eine Wohnflächengrenze von 200 qm vor, aber nur dann, wenn die zweite Wohnung als abgeschlossene Wohnung anzusehen war (§ 39 Abs 1 Satz 3 II. WobauG). Dies setzte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) voraus, dass beide Wohnungen in der Weise durch objektive bauliche Gestaltungsmerkmale dauerhaft vollkommen voneinander getrennt sind, wie dies für Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern typisch ist (vgl BVerwG Urteil vom 20.8.1986 - 8 C 23/84, juris RdNr 7 ff). Diese Voraussetzungen einer baulichen Abgeschlossenheit sind nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG vorliegend nicht erfüllt. Es kann daher offen bleiben, ob auf § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG, anders als noch in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, für die Angemessenheitsprüfung überhaupt zurückzugreifen wäre. Die danach hier maßgebliche Wohnflächengrenze von 130 qm ist nach der eben wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG bei einer Belegung mit weniger als vier Personen um jeweils 20 qm pro Person zu reduzieren; typisierend ist diese Reduzierung jedoch auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen zu begrenzen (vgl nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22).

32

Hieraus ergibt sich für den Ein-Personen-Haushalt der Klägerin allein ein Grenzwert von 90 qm (130 qm - 2 x 20 qm = 90 qm). Dieser wird mit der vom LSG für den Senat bindend festgestellten Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm deutlich überschritten. Auf die Berücksichtigung von Besonderheiten der Flächenberechnungen von Häusern einerseits und Eigentums- und Mietwohnungen andererseits, die angesichts der im Regelfall bestehenden baulichen Besonderheiten eines Hauses eine Erhöhung der angemessenen Größe eines Hauses gegenüber einer Eigentumswohnung gerechtfertigt erscheinen lassen können (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 27), kommt es angesichts dieser deutlichen Überschreitung nicht an. Auch die Anwendung einer gewissen Toleranz, wie sie bei Überschreiten der Wohnflächengrenze um nicht mehr als zehn vom Hundert mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erwogen worden ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 23), würde vorliegend an der unangemessenen Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nichts ändern.

33

(2) Von diesen im Regelfall anzuwendenden Wohnflächengrenzwerten kann ausnahmsweise nach den besonderen Umständen des Einzelfalls abgewichen werden. Denn es muss ein Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen bestehen bleiben, die zu einer Anpassung der Grenzwerte je nach den Umständen des Einzelfalls nach oben, ggf aber auch nach unten führen können (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16).

34

Ein besonderer Umstand des Einzelfalls, der ein Abweichen von der Grenze von 90 qm rechtfertigt, ist allerdings nicht, dass das in ihrem Alleineigentum stehende Haus der Klägerin zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen aufweist und die Familie der Tochter der Klägerin in der Erdgeschosswohnung des Hauses, die Klägerin aber allein in der 59 qm großen Dachgeschosswohnung wohnt und in beiden Wohnungen ein jeweils eigener Haushalt geführt wird.

35

Zwar würde die Gesamtwohnfläche des Hauses die sich aus der Anwendung der Vorgaben des II. WobauG ergebenden Grenzwerte nicht überschreiten, wenn für die Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks nicht nur auf die Klägerin allein, sondern auf alle im Haus wohnenden Personen abzustellen wäre. Denn schon im Zeitpunkt der Antragstellung auf Alg II bestand die Familie der Tochter der Klägerin aus vier Personen (Tochter, Ehemann, zwei Kinder). Der Wohnflächengrenzwert von 130 qm für vier Personen, den die Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm ohnehin nicht überschreitet, würde mithin wegen der Belegung mit seinerzeit fünf und nunmehr sechs Personen sogar noch um jeweils 20 qm zu erhöhen sein. Indes sind maßgebliche Personen für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche eines Hauses bei der Prüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II neben den Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern iS des § 7 Abs 3 SGB II grundsätzlich nur die mit der Leistungen beanspruchenden Person für längere Zeit in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebenden weiteren Personen(vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23 f; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 92).

36

Eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II besteht - wie oben dargestellt - zwischen der Klägerin und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter indes nicht. Nach den bindenden Feststellungen des LSG ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit der Familie ihrer Tochter in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebt. Insoweit fehlt es schon am Leben in einem Haushalt. Denn die beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses sind zwar eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennt und baulich nicht voneinander abgeschlossen, aber sie sind jeweils eigene Wohnungen, in denen von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt wird.

37

Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des BSG bislang allein die Situation des Zusammenlebens von Pflegeeltern mit Pflegekindern in einem Haushalt anerkannt, die bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche eines Hauses zu einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Zwecksetzung des Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe -, die Aufnahme von Pflegekindern in Pflegefamilien zu fördern, führt (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 23). Diese oder auch nur eine wertungsmäßig vergleichbare Situation liegt hier ersichtlich nicht vor.

38

Andere normative Anknüpfungspunkte dafür, für die Frage der Angemessenheit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II des im Alleineigentum der Klägerin stehenden Hausgrundstücks darauf abzustellen, dass in dem Haus nicht nur die Klägerin lebt, sondern in einem eigenen Haushalt auch Angehörige leben, bietet das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht.

39

(3) Nichts anderes folgt entgegen dem Revisionsvorbringen insoweit aus einem Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II mit § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII(in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022, am 1.1.2005 unverändert gebliebenen Fassung). Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in § 19 Abs 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit anderen Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich hierbei nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zB behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes (§ 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII).

40

Ersichtlich unterscheidet sich der hierdurch geregelte Vermögensschutz von dem des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII kennt § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II das Kriterium des Zusammenbewohnens eines Hauses mit Angehörigen (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Der Gesetzgeber des SGB II hat sich insoweit - ebenso wie zB bei der Verwertung von Geldvermögen - nicht für eine Harmonisierung der Regelungen zur Verwertung von selbst genutzten Immobilien im Sozialhilferecht nach dem SGB XII einerseits und dem Grundsicherungsrecht nach dem SGB II andererseits entschieden (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16).

41

Dieser Unterschied zwischen beiden Leistungssystemen lässt sich nicht durch eine Berücksichtigung der so nur im Sozialhilferecht gesetzlich fixierten Angemessenheitskriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auch bei der Angemessenheitsprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einebnen(so aber Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 91; ähnlich auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2008, K § 22 RdNr 210). Dagegen spricht bereits, dass - wie oben dargestellt - § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II seinerseits für Leistungsberechtigte nach dem SGB II insoweit typischerweise privilegierend wirkt, als dort nur auf die Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks und nicht auch auf dessen Wert abgestellt wird, während nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII Hausgrundstücke von angemessener Größe verwertet werden müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies erfordert. Zudem ist zu berücksichtigen, dass nach Maßgabe der oben dargestellten Rechtsprechung auch im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II eine Differenzierung der angemessenen Gesamtwohnfläche nach der Anzahl der zu einem Haushalt gehörenden Personen erfolgt. Darüber hinaus bestimmt § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II mit Blick auf die Vermögensschutztatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II, dass für die Angemessenheit die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend sind und ermöglicht dadurch im Einzelfall eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte als nur der angemessenen Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks. Nicht zuletzt ermöglicht für Härtefälle § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II noch eine Korrektur unbilliger Ergebnisse auch im Rahmen des SGB II(siehe dazu unten b).

42

Dass darüber hinaus die Unterschiedlichkeit der Regelungen zur Verwertung von Hausgrundstücken in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zu einer benachteiligenden Andersbehandlung der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Personen führt, obwohl zwischen ihnen und den Leistungen nach dem SGB XII beanspruchenden Personen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können(vgl zu diesem Maßstab des Bundesverfassungsgerichts für eine iS des Art 3 Abs 1 GG verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung: BVerfGE 112, 368, 401; 116, 229, 238), ist nicht ersichtlich. Aus Gleichbehandlungsgründen ist eine Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rechtsbereich des SGB II nicht erforderlich. Dagegen spricht schon, dass die vor- und nachteiligen Wirkungen der unterschiedlichen Regelungen in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zur Verwertung von Hausgrundstücken nicht für alle Fallkonstellationen bereits unmittelbar aus den Regelungsunterschieden selbst folgen, sondern einzelfallspezifisch durchaus unterschiedlich ausfallen können. Typischerweise ist sogar die Regelung im SGB II privilegierend im Vergleich zum SGB XII. Wirkt sich diese Privilegierung im Einzelfall nicht aus, zwingt dies nicht aus Gleichbehandlungsgründen zur Anwendung der Regelung im SGB XII. Zudem sind auch die jeweils unterschiedlichen Entstehungshintergründe beider Leistungssysteme, die typisierte Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten für die Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sowie die konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze zu beachten (vgl dazu nur Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, Einleitung RdNr 1 f, 14 ff, 19 ff, 33 ff), an denen der Gesetzgeber seither im Wesentlichen festgehalten hat und die einer Harmonisierung beider Leistungssysteme durch die Rechtsprechung unter Vernachlässigung ihrer unterschiedlichen Normtexte Grenzen setzen (vgl zum Argument der Harmonisierung - in jeweils anderen Zusammenhängen - BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - BSGE 99, 262 = SozR 4-3500 § 82 Nr 3, RdNr 21; BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R - BSGE 106, 62 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6, RdNr 37 ff; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 20/09 R - BSGE 108, 241 = SozR 4-3500 § 82 Nr 8, RdNr 24; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R, juris RdNr 21; BSG Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R, juris RdNr 18; BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 16/07 R - BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr 7, RdNr 15; vgl allg zur Harmonisierung von SGB II und SGB XII Stölting/Greiser, SGb 2010, 631).

43

Auch eine vergleichende Betrachtung für jeden Einzelfall, ob die Anwendung des Angemessenheitsbegriffs von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II oder von § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII für die Leistungen beanspruchende Person günstiger wäre, ist nicht angezeigt. Soweit die Regelungen zur Verwertungspflicht von unangemessenen Hausgrundstücken in beiden Leistungssystemen unterschiedlich sind, sind sie in ihrer Unterschiedlichkeit im jeweiligen Leistungssystem anzuwenden, weil ihre Harmonisierung verfassungsrechtlich nicht geboten ist. Art 3 Abs 1 GG gebietet keine Identität der Rechtsfolgen in vergleichbaren Lebenslagen. Für unbillige Ergebnisse im Einzelfall sehen beide Gesetze Korrekturmöglichkeiten durch eine Härtefallregelung vor (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II, § 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII).

44

Allerdings führt vorliegend nicht bereits die Anwendung von § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II zu einem anderen, für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Denn für eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte, die mit Blick auf die Lebensumstände der Klägerin während des (begehrten) Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere im Vergleich zu dem üblichen Lebenszuschnitt anderer Leistungsberechtigter (zu dieser Gegenüberstellung vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 79), für eine Angemessenheit des Hausgrundstücks streiten könnten, ergibt sich kein Anhaltspunkt. Der von der Klägerin formulierte Wunsch, das seit 2001 in ihrem Alleineigentum stehende Hausgrundstück als Familienheim und Mehrgenerationenhaus zu erhalten, ist bei der Prüfung der Angemessenheit nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 und Satz 2 SGB II kein rechtlich maßgeblicher Gesichtspunkt. Denn eine Lebensstandardsicherung ist mit den existenzsichernden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, anders als mit der früheren Alhi, nicht bezweckt. Für das SGB II enthält danach zwar § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II eine für alle Vermögensschutztatbestände geltende nähere Konturierung des Angemessenheitsbegriffs, die sich aber von der spezifisch die Verwertung von Immobilienvermögen betreffenden Konkretisierung durch § 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII für das SGB XII unterscheidet und vorliegend nicht zugunsten der Klägerin wirkt.

45

Das stimmt auch mit dem oben bereits dargestellten Schutzzweck des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II überein. Zwar ist vom Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks das Haus als Ganzes erfasst, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird. Für die Frage der Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks - genauer: der Gesamtwohnfläche des Hauses - aber ist auf den Haushalt abzustellen, in dem die Leistungen beanspruchende Person wohnt und lebt. Denn bezogen auf die durch die Familie der Tochter der Klägerin genutzte Wohnung im Erdgeschoss, in der diese Familie einen eigenen Haushalt führt, geht es für die Klägerin nicht um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung ihres Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt. Sie wohnt und lebt allein in ihrem eigenen Haushalt in der von ihr genutzten Wohnung im Dachgeschoss.

46

Soweit die Revision aus der Entwicklung der Vorschriften und der Rechtsprechung zum Schutz von Immobilienvermögen vor Verwertung von der Alhi zur Grundsicherung für Arbeitsuchende und aus einem Vergleich mit dem Sozialhilferecht vorliegend einen weitergehenden Schutz zugunsten der Klägerin abzuleiten sucht, steht dem der normative Befund entgegen, dass § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II - wie zuvor § 1 Abs 3 Nr 5 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO), an den der Gesetzgeber des SGB II anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1516 S 53) - allein auf das selbst genutzte Hausgrundstück von angemessener Größe abstellt. Ist das Hausgrundstück - wie hier für die Klägerin als allein in ihrem Haushalt lebende Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft - von unangemessener Größe, scheidet ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II aus.

47

Soweit dagegen mit der Revision der Schutz eines angemessenen "kleinen Familienheimes" geltend gemacht wird, steht dahinter die Überlegung, das Haus der Klägerin als Ganzes für die Klägerin und die Familie ihrer Tochter zu erhalten. Der damit formulierte Schutzgedanke hat daher schon zur Voraussetzung, was im Revisionsverfahren noch im Streit war, nämlich dass die Familie der Tochter in die Angemessenheitsprüfung der Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einzubeziehen ist. Die begehrte Einbeziehung kommt jedoch aus den vorstehenden Gründen nicht in Betracht. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II stellt - anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII mit seiner Kombination mehrerer die Angemessenheit eines Hausgrundstücks bestimmender Faktoren, mit der der Gesetzgeber des SGB XII an die Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1514 S 66) - für die Angemessenheit der Größe eines Hausgrundstücks eben nicht (auch) auf die Zahl der Bewohner "unter einem Dach" ab (zum Begriff "unter einem Dach" vgl nur Geiger in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2012, § 90 RdNr 45; vgl auch BVerwG Urteil vom 17.1.1980 - 5 C 48/78 - BVerwGE 59, 294, 298: Berücksichtigung derer, um deren "Dach über dem Kopf" es geht), sondern knüpft allein an den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II, in einer Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs 5 SGB II oder zumindest - wie bei Pflegeeltern und Pflegekindern - in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Personen an. Anlass, von dieser Begrenzung abzusehen und eine Ausnahme beim Wohnen von Angehörigen in jeweils eigenen Haushalten in zwei Wohnungen eines Hauses zu formulieren, besteht nicht.

48

b) Obwohl hier, wovon auch das LSG zu Recht ausgegangen ist, ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II wegen unangemessener Größe des Hausgrundstücks ausscheidet, hält der Senat in der vorliegenden Fallkonstellation eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II für möglich. Nach dieser Vorschrift, deren Wortlaut seit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) unverändert geblieben ist, sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II kommt die Funktion eines Auffangtatbestands und einer allgemeinen Härteklausel zu, die die atypischen Fälle erfassen soll, die nicht durch die ausdrücklichen Ausnahmetatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden(vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 76, 118, mwN).

49

aa) Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 31 ff; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 25; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 28; BSG Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 100/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 19 RdNr 27). Als ein solcher Umstand kommt vorliegend in Betracht, dass ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht geschützt ist, das nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, weil dort die "unter einem Dach" wohnenden Angehörigen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung einbezogen werden, im SGB II aber (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II kann ein vergleichender Blick auf § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII eine Orientierung bieten.

50

Denn sowohl bei dem SGB II als auch bei dem SGB XII handelt es sich hinsichtlich ihrer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ungeachtet der unterschiedlichen Entstehungshintergründe, der typisierten Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten sowie der konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze um der Existenzsicherung dienende, auf Bedarfsdeckung angelegte und bedürftigkeitsabhängige Leistungssysteme, die mit ihren voneinander getrennten leistungsberechtigten Personenkreisen zwar an verschiedene Lebenslagen anknüpfen (§ 5 Abs 2 SGB II, § 21 SGB XII), aber jeweils der Verwirklichung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) dienen. Ungeachtet ihrer Unterschiede stehen beide Leistungssysteme hinsichtlich ihrer Existenzsicherungsleistungen nicht in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis, sondern gleichrangig und selbstständig nebeneinander in einem Ausschließlichkeitsverhältnis (vgl Voelzke in Hauck/ Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 234 ff; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 21 RdNr 1 ff). Dieses Nebeneinander rechtfertigt es, in vergleichbaren Fallkonstellationen die für diese einschlägigen Regelungen des SGB II und des SGB XII vergleichend in den Blick zu nehmen. Unterscheiden sich die Regelungen in ihren Wirkungen, kann hieraus im Einzelfall ein Anlass zu Harmonisierung zugunsten der Leistungen beanspruchenden Person folgen, die im jeweils anderen Leistungssystem begünstigt wäre.

51

Hierfür spricht mit Blick auf die Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen auch eine Würdigung der Rechtsentwicklung: Die Existenzsicherungsleistungen der Alhi und der Sozialhilfe standen bis zum 31.12.2004 noch in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis (vgl nur Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 46). Nur wer keinen Anspruch auf Alhi hatte oder wessen Bedarf sie nicht vollständig deckte, konnte Anspruch auf Sozialhilfe haben; dies war verbunden mit der Geltung der unterschiedlichen Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen in § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiVO und § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das SGB II und das SGB XII jeweils tradieren. Wer Sozialhilfe statt oder neben Alhi bezog, für den galt in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation die im Einzelfall günstigere Regelung des § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das Wohnen von Angehörigen "unter einem Dach" berücksichtigte. Seit 1.1.2005 stehen mit ihren leistungsberechtigten Personenkreisen und hinsichtlich ihres Umfangs die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und dem SGB XII nebeneinander. Das SGB XII ist mit seinen Leistungen insoweit kein "unterstes Netz" für die Leistungsberechtigten nach dem SGB II, vielmehr bilden beide Leistungssysteme innerhalb des sozialen Sicherungssystems das "unterste Netz" (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand VI/2011, K § 21 RdNr 9; zur Sozialhilfe als Referenzsystem für Leistungen nach dem SGB II vgl BT-Drucks 15/1514 S 52, wo in diesem Zusammenhang von der Sozialhilfe als das "unterste Netz" der sozialen Sicherung die Rede ist). Der Umstand, dass seither für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht vor Verwertung geschützt ist, das zuvor nach § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG geschützt sein konnte und nunmehr durch § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, kann Anlass für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II sein.

52

Vorliegend wäre nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG und der Aktenlage das Hausgrundstück der Klägerin im Leistungssystem des SGB XII vor seiner Verwertung geschützt. Denn in dem Haus wohnt neben der Klägerin auch die Familie ihrer Tochter, sind diese mit der Klägerin das Haus zusammen bewohnenden Angehörigen nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII in die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Größe des Hauses einzubeziehen, ist das Haus danach mit seiner Gesamtwohnfläche von 129 qm nicht unangemessen groß und überschreitet es auch im Übrigen und insbesondere hinsichtlich seines Wertes nicht die sozialhilferechtlichen Angemessenheitskriterien. Vielmehr handelt es sich um das typische geschützte "Familienheim", das über die Generationen weitergegeben werden soll (vgl zur Novellierung der Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG so bereits BT-Drucks 11/391 S 5), und dessen Schutz auch der Sinn und Zweck des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII ist(BT-Drucks 15/1514 S 66), das aber in der vorliegenden Fallkonstellation nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschützt ist.

53

bb) Für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II genügt indes nicht diese unterschiedliche Regelungswirkung unterschiedlicher Regelungen. Vielmehr sind für diese Härtefallprüfung ergänzend die konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse in den Blick zu nehmen. Die Einbeziehung auch von Angehörigen, die mit der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, aber nicht mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft oder auch nur in einem gemeinsamen Haushalt leben, liegt jedenfalls nahe, wenn diese Angehörigen ihrerseits hilfebedürftig sind. Andererseits kann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der "unter einem Dach" mitwohnenden Angehörigen zum Ausschluss einer besonderen Härte führen, weil das Haus durch ihre Einbeziehung größer und wertvoller sein darf, verglichen mit einem Abstellen allein auf die Leistungen beanspruchende Person (hier die tatsächlichen 129 qm statt der für die Klägerin allein angemessenen 90 qm). Sinn und Zweck eines Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück aus Härtefallgründen ist es nicht, wirtschaftlich leistungsfähigen Angehörigen einer Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person ein kostenfreies Mitwohnen in einem Haus, dessen Schutz vor Berücksichtigung bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit begehrt wird, zu ermöglichen. Eine besondere Härte läge danach nicht vor, wenn wirtschaftlich leistungsfähige Angehörige mit der Leistungen beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, ohne einen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Beitrag für das Wohnen zu leisten.

54

Diese modifizierte Übertragung des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auf eine vergleichbare Fallkonstellation im Rahmen der Härtefallprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II wahrt die Besonderheiten des SGB II und schützt vor missbräuchlichen Leistungsinanspruchnahmen, ohne den Gedanken einer Harmonisierung beider Leistungssysteme aus den Augen zu verlieren. Einzubeziehen in die Härtefallprüfung sind die Wertungen des SGB II, die sich ua aus dem Subsidiaritätsgedanken des § 9 Abs 1 SGB II ergeben(vgl zu Facetten des Nachranggrundsatzes Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 306 ff; Siebel-Huffmann in Berlit/Conradis/Sartorius, Handbuch Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Kap 9, RdNr 28; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 9 RdNr 9, 21), und ein Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII, der zeigt, dass der Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach dem SGB II die typischerweise privilegierende Regelung ist. Die Unbilligkeit, die daraus zu folgen vermag, dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Vermögensschutzregelung nach dem SGB XII für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person günstiger wäre, kann die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II rechtfertigen, ohne zu einer Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu zwingen, die Modifikationen nicht zulässt. Die Berücksichtigung sozialhilferechtlicher Angemessenheitskriterien nach dem SGB XII im Rahmen der grundsicherungsrechtlichen Härtefallprüfung nach dem SGB II lässt vielmehr Raum für Modifikationen, wie hier eine mit dem ergänzenden Prüfkriterium der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der mitwohnenden Angehörigen formuliert worden ist, um den Sinn und Zweck des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach dem SGB II zu wahren. Dieser besteht im Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt der Leistungen beanspruchenden Person, nicht aber im Schutz eines in getrennten Haushalten zusammen ein Haus bewohnenden Familienverbandes um jeden Preis.

55

6. Ausgehend von diesen Maßgaben wird das LSG zu prüfen haben, ob hier eine besondere Härte vorliegt. Dafür spricht, dass die Tochter und der Schwiegersohn der Klägerin ein Darlehen über 75 000 Euro aufgenommen haben und Beiträge für die Tilgung dieses Darlehens leisten, dessen Mittel zumindest teilweise zur Finanzierung von Arbeiten am und im Haus der Klägerin verwandt worden sein sollen. Die näheren Umstände von Darlehensaufnahme, -verwendung, -tilgung und -sicherung wird das LSG aufzuklären haben.

56

Daneben liegt es nahe, die jeweiligen Beiträge der Klägerin und der Familie ihrer Tochter zu den Kosten des Hausgrundstücks und den Kosten des eigenen Wohnens im Haus zu betrachten sowie diese Kostenbeiträge in ein Verhältnis zur jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu setzen.

57

Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, dass eine besondere Härte zu bejahen ist, ist das Hausgrundstück der Klägerin vor Verwertung geschützt und im Rahmen der Prüfung ihrer Hilfebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen. Das LSG wird in diesem Fall noch Feststellungen zum Bedarf der Klägerin, insbesondere zu ihren Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, und zu ihrem zu berücksichtigenden Einkommen, ggf auch aus Leistungen seitens der Tochter und ihres Ehemanns an die Klägerin, zu treffen haben. Erst auf dieser Grundlage kann für die einzelnen Monate des streitbefangenen Zeitraums abschließend entschieden werden, ob und ggf in welcher Höhe die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

58

Wenn das LSG dagegen zu der Überzeugung gelangt, dass auch nach den Maßgaben des Senats eine besondere Härte nicht vorliegt, ist das wirtschaftlich verwertbare, bislang nicht verwertete Hausgrundstück der Klägerin mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen und schließt dies ihre Hilfebedürftigkeit und damit den geltend gemachten Anspruch auf Alg II im streitbefangenen Zeitraum aus. Dies hat das LSG in seinem angefochtenen Urteil, ausgehend von seiner rechtlichen Wertung des Nichtvorliegens einer besonderen Härte, bereits festgestellt und zutreffend begründet.

59

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

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Tenor

Die Gehörsrüge der Antragstellerin gegen den Senatsbeschluss vom 14.08.2013 wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Es kann dahinstehen, ob ein Gehörsverstoß auch dann vorliegt, wenn ein um Verfahrenskostenhilfe Nachsuchender die Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht so tätigt, dass Missverständnisse nicht auftreten können.

2

Denn selbst wenn angesichts der - aus den seinerzeit eingereichten Unterlagen so nicht ersichtlichen - bereits erfolgten Verbuchung des Auszahlungsbetrags der Lebensversicherung auf dem Konto der Antragstellerin dieser Betrag vom Familiengericht und vom Senat im Ergebnis unzutreffend doppelt angesetzt wurde, wäre dies letztlich nicht allein ursächlich für Versagung der begehrten Verfahrenskostenhilfe.

3

Zwar würde die Antragstellerin dann über kein die Schonvermögensgrenze in ausreichendem Umfang übersteigendes Geldvermögen mehr verfügen. Allerdings bewohnt die Antragstellerin - wohl mit ihren beiden volljährigen Kindern - eine in ihrem Alleineigentum stehende 128qm große Eigentumswohnung. Mit Notarvertrag vom 18.12.2012 hat die Antragstellerin dabei den hälftigen Miteigentumsanteil des Antragsgegners gegen dessen (weitgehende) Haftungsfreistellung im Innenverhältnis übernommen.

4

Diese Eigentumswohnung zählt nicht mehr zu den nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützten Vermögenswerten. Denn sie ist nicht angemessen im sozialhilferechtlichen Sinne. Jedenfalls nach Ablauf des Trennungsjahres am 04.11.2012 wäre sie somit zum Zwecke der Prozessfinanzierung zu beleihen oder notfalls auch zu verwerten gewesen.

5

Die Angemessenheit bestimmt sich unter anderem nach der Zahl der Bewohner und der Größe, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Wohnobjekts. Das wichtigste objektivierbare Kriterium stellt dabei die Größe dar, wobei unter der Geltung des außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (§ 39 Abs. 2) der Grenzwert für ein "Familienheim" zur Unterbringung eines Vierpersonenhaushalts bei 130 qm lag und nach der obergerichtlichen Rechtsprechung bei einer geringeren Personenzahl eine Reduzierung um jeweils 20 qm pro Person vorzunehmen war (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 236 und OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 1159). Demgegenüber enthält zwar das nach dem Außerkrafttreten des Zweiten Wohnbaugesetzes nunmehr geltende Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) vom 13. September 2001 (BGBl. I 2376) keine eigenen Bestimmungen über Grenzwerte, sondern die Bundesländer werden in § 10 Abs. 1 WoFG verpflichtet hat, eigene Ausführungsbestimmungen über die Grenzen für Wohnungsgrößen zu treffen. Dennoch kann weiterhin eine Anlehnung an die zum Zweiten Wohnungsbaugesetz entwickelte Rechtsprechung erfolgen. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit besteht kein Anlass, von diesen herausgearbeiteten Grenzwerten und dem in der Rechtsprechung eingebürgerten Wert von 20 qm abzuweichen (vgl. OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 1159; OLG Brandenburg, Beschluss vom 22.11.2006 - 9 W 13/06 - juris; BSG, NZS 2007, 428). Hiernach wäre für die Antragstellerin und ihre beiden Söhne allenfalls eine Objektgröße von 110 qm angemessen.

6

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass auf der Eigentumswohnung, deren Wert die Antragstellerin mit 94.000 € angibt, ein am 16.11.2012 aufgenommenes Darlehen in eben diese Höhe lastet, welches nach Angaben der Antragstellerin für den "Kauf eines Eigenheimes“, also offensichtlich für die im Notarvertrag näher niedergelegte Umschuldung im Zuge der Miteigentumsanteilsübertragung, aufgenommen wurde.

7

Zum einen valutierten die Hauslasten ausweislich des Notarvertrags vom 18.12.2012 damals wie folgt:

8

- Darlehen bei der …[A]:

rd. 58.000 €

- abzgl. Sicherung dieser durch Lebensversicherungen im Gesamtwert von    

rd. 24.000 €

   (17.334,21 € + 17.851,62 € - 3.243,00 € - 7.875,00 €)

        

- verbleiben:

rd. 34.000 €

- Darlehen…[B]:

rd. 6.000 €

- ergibt:

rd. 40.000 €

9

Das Darlehen …[B] war dabei noch zusätzlich mit einem Bausparvertrag in nicht angegebener Höhe abgesichert.

10

Des Weiteren hatte die Antragstellerin noch vereinbarungsgemäß 23.000 € aus einem Darlehensvertrag bei der ...[C] Bank abzulösen, so dass sich die im Zuge der Vermögensauseinandersetzung aktuell von ihr zu bedienenden Schulden wohl auf rd. 63.000 € beliefen. Damit bestand eine freie Differenz zum Verkehrswert der Eigentumswohnung in Höhe von rund 30.000 €.

11

Hätte die Antragstellerin die Eigentumswohnung damit nicht zu Alleineigentum übernommen, sondern verwertet, hätte sie mit dem verbleibenden Erlös die Kosten der Prozessführung begleichen können. Nach Ablauf des Trennungsjahres und nach beurkundeter Scheidungsfolgenvereinbarung war das bevorstehende Scheidungsverfahren auch erkennbar. Alternativ hätte sie die zu erwartenden Prozesskosten kreditfinanzieren können.

12

Die Verpflichtung zur Kreditfinanzierung der Prozesskosten gilt dabei auch unabhängig von den vorgenannten Ausführungen, also selbst dann, falls die vorstehend ermittelte Differenz zum Verkehrswert nicht zutreffend sein sollte. Denn die Antragstellerin hat ohnehin am 16.11.2012 einen neuen Kredit auf die Eigentumswohnung aufgenommen. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser insbesondere angesichts des guten Einkommens der Antragstellerin nicht noch um den hier für die Verfahrensfinanzierung benötigten geringfügigen Betrag hätte erhöht werden können (vgl. BGH FamRZ 2008, 250).

13

Nach alledem kann die Gehörsrüge keinen Erfolg haben.

14

Eine Kostenentscheidung ist gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 321a ZPO i.V.m. Nr. 1700 KV GKG entbehrlich.

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 22. Februar 2005 in der Fassung in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2005 und der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 30. April 2008 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern Leistungen nach dem SGB II für August 2005 in Höhe von je 791 EUR, für Dezember 2005 in Höhe von je 64 EUR, für Februar 2006 in Höhe von je 741 EUR sowie für August 2006 in Höhe von je 94 EUR zu zahlen.

Im Übrigen werden die Klage und die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger für beide Rechtszüge zu 1/5 zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) für die Zeit vom 22. Februar 2005 bis 6. Oktober 2006. Die am. 1960 geborene Klägerin bewohnt mit ihrem Ehemann, dem am 1956 geborenen Kläger, ein ihnen gehörendes 100 qm großes Eigenheim, auf einem 1.500 qm großen Grundstück. Die Warmwasserbereitung erfolgte zentral über die Heizungsanlage. Zur Finanzierung des Eigenheims hatten die Kläger Bausparverträge bei der B ... Deutsche B.sparkasse abgeschlossen. Das Bauspardarlehen mit der Nr ... wurde seit 30. Juni 2004 getilgt mit einer Tilgungsrate von 103,80 EUR/Monat. Hinzu kamen im Jahr 2005 Zinsen in Höhe von 452,51 EUR und im Jahr 2006 in Höhe von 417,10 EUR, die jeweils im Dezember des jeweiligen Jahres dem Konto belastet wurde. Die Darlehenssumme betrug 17.167,85 EUR, wobei sie Ende 2005 nach auf 9.496,60 EUR und Ende 2006 noch auf 8.748,46 EUR valutierte. Die Kläger zahlten zudem auf ein Vorausdarlehen (Nr. ) in Jahren 2005 und 2006 Zinsen in Höhe von 72,60 EUR/Monat. Das Darlehen diente der Zwischenfinanzierung bis der Zuteilungsreife des Bausparvertrages in Höhe von 17.600 EUR. Die Zuteilung erfolgte am 15. März 2011. Für das Eigenheim hatten die Kläger mithin im streitgegenständlichen Zeitraum folgende Aufwendungen (Beträge in Euro):

2

(nachfolgender Absatz im Original als Tabelle dargestellt )

3

2005
Jan      Feb      Mrz      Apr      Mai      Jun      Jul      Aug      Sep      Okt      Nov      Dez
Grundsteuer      35,82      35,82      35,82      35,82
Schuldzinsen      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      525,11
Tilgung      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80
Wasser      131,73      29,00      29,00      29,00
Abwasser      86,25      50,00      50,00      50,00
Abfall      30,91      12,96
Schornsteinf.       49,72
Geb. vers.       201,44
Heiz.wart. 117,00
Heizöl      1.590,64
Brennstoffe       173,40
Summe      176,40      430,20      226,12      176,40      291,22      207,31      189,36      2.083,30      349,80      293,40      291,22      628,91

2006
Jan      Feb      Mrz      Apr      Mai       Jun      Jul      Aug      Sep       Okt
Grundsteuer      35,82      35,82      13,86      42,75
Schuldzinsen      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60
Tilgung      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80
Wasser      108,18      29,00      29,00
Abwasser      55,29      48,00      48,00
Abfall      55,81
Schornsteinf.       49,72
Geb.vers.       119,38
Heizöl       1.569,48
Brennstoffe       64,20      64,20      170,00
Summe      176,40      2.009,37      290,32      176,40      289,22      190,26      1.295,78      469,15      176,40      232,21

4

Die Beträge für Wasser und Abwasser ergeben sich rechnerisch aus den Abrechnungen des Wasserver- bzw. -entsorgers.

5

Für das Jahr 2005 hatten die Kläger ausweislich der Abrechnung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes "E -E ...-J ..." (WAZV) vom 23. Januar 2004 bis 3. Januar 2005 einen Verbrauch von Wasser in Höhe von 110,78 EUR. Darauf hatten sie 2004 keine Abschläge bezahlt. Unter Abzug der 2004 fälligen Abschläge in Höhe von 87 EUR (29 EUR x 3) ergab sich eine Nachforderung des WAZV in Höhe von 23,78 EUR. Zu den 23,78 EUR addiert sich die Mindestgebühr in Höhe von 107,95 EUR. Die Kosten der Abwasserentsorgung lagen für den Zeitraum vom 23. Januar 2004 bis 3. Januar 2005 ausweislich der Abrechnung des WAZV bei 294,25 EUR. Im Jahr 2004 hatten die Kläger statt der fälligen Abschläge in Höhe von 208 EUR (52 EUR x 4) nur 52 EUR gezahlt. Nach den o.g. Grundsätzen ergab sich eine bedarfserhöhende Nachforderung in Höhe von 86,25 EUR.

6

Im Jahr 2006 lagen die Verbrauchskosten der Kläger für den Bezug von Wasser für den Zeitraum vom 4. Januar 2005 bis 11. Januar 2006 bei 119,40 EUR. 2005 hatten die Kläger keine Abschläge geleistet, obgleich solche in Höhe von 87 EUR fällig gewesen waren. Es ergab sich mithin eine tatsächliche Nachzahlung in Höhe von 32,40 EUR. Hinzu zu addieren ist die Mindestgebühr in Höhe von 75,76 EUR, sodass sich ein Gesamtbedarf in Höhe von 108,18 EUR ergab. Die Kosten für das Abwasser beliefen sich für den o.g. Zeitraum auf 205,29 EUR. Im Jahr 2005 fällige Abschläge in Höhe von 150 EUR hatten die Kläger wiederum nicht gezahlt. Es ergab sich ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 55,29 EUR.

7

Die Klägerin bezog bis 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Dem Kläger, der bis 25. Juli 2004 Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch des Sozialgesetzbuches (Arbeitsförderung – SGB III) in Höhe von 25,26 EUR/Tag bezog, wurde im streitgegenständlichen Zeitraum Krankengeld in Höhe von 34,59 EUR täglich, mithin monatlich 1.037,70 EUR gezahlt. Für den außerhalb des Haushalts lebenden Sohn der Klägerin war nach ihren Angaben im Wege der Abzweigung das Kindergeld direkt an ihn ausgezahlt worden. Die Zahlung wurde mit Bescheid vom Februar 2005 (genaues Datum ist nicht erkennbar) ab Januar 2005 aufgehoben. Im Jahr 2006 erhielten die Kläger nach eigenen Angaben Zahlungen aus der Flutopferhilfe. Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 3. März 2007 von der D. R ...versicherung M ab 1. Februar 2005 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt. Der Nachzahlungsbetrag der Rente floss ihm im Jahr 2007 zu. Ab 7. Oktober 2006 erhielt er wieder Arbeitslosengeld in Höhe von 26,11 EUR/Tag.

8

Der Kläger unterhielt einen Skoda Octavia (Baujahr 2002), den er im März 2003 für 16.500 EUR erworben hatte. Den Kauf finanzierte er durch einen Kredit in Höhe von 15.009,12 EUR, auf den er monatliche Zahlungen von 208,46 EUR zu leisten hatte. Die Kfz-Haftpflichtversicherung betrug von Januar bis Juli 2005 14,69 EUR/Monat, von Juli bis Dezember 2005 26,03 EUR/Monat, und von Juli bis Dezember 2006 22,34 EUR/Monat. Für die Zeit vom Januar bis Juni 2006 haben die Kläger trotz Aufforderung keine Unterlagen vorgelegt. Den PKW hatte er Vollkasko versichert. Ferner hatte der Kläger Kosten für eine erweiterte Haushaltsversicherung in Höhe von 12,67 EUR/Monat und für eine Unfallversicherung für sich und seine Ehefrau in Höhe von 11,23 EUR/Monat zu tragen.

9

Die Kläger stellten am 17. Januar 2005 beim Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 22. Februar 2005 lehnte er eine Leistungsgewährung ab. Die Kläger seien nicht hilfebedürftig.

10

Dagegen erhoben die Kläger Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung, die Regelsätze seien verfassungswidrig. Den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) seien die Kosten für Instandhaltungs- und Werterhaltungsmaßnahmen hinzuzurechnen. Weiterhin seien die Kosten für eine Wohnung in J nicht berücksichtigt. Diese sei angemietet worden, um einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen zu können. Aufgrund bestehender Kündigungsfristen müsse diese noch bis 31. März 2005 finanziert werden. Der Heizkostenbedarf betrage im Übrigen 5.500 bis 6.000 EUR/Jahr.

11

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2005 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Neben der Regelleistung seien monatliche KdU in Höhe von 69,92 EUR zuzüglich der nach den Vorgaben des Landkreises zu berücksichtigenden Heizkosten in Höhe von 65,44 EUR/Monat als Bedarf zugrunde zu legen. Die Kosten der Zweitwohnung in J seien nicht in die Bedarfsberechnung einzubeziehen. Diese stünden nicht im Zusammenhang mit der Erzielung eines Einkommens. Dem Gesamtbedarf in Höhe von 877,91 EUR stünde ein Einkommen in Höhe von 1.037,70 EUR in Form des Krankengeldes gegenüber, das - um gesetzlichen Abzüge bereinigt - 978,32 EUR betrage. Zusammen mit dem Kindergeld, das an den Sohn weitergeleitet worden sei und nicht der Abzweigung unterlegen habe, könnten die Kläger ihren Bedarf decken.

12

Mit der am 12. Dezember 2005 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau eingelegten Klage haben die Kläger ihr Begehren auf Leistungsgewährung ab 22. Februar 2005 weiterverfolgt. Die KdU seien ebenso wenig in vollem Umfang berücksichtigt wie die Ausgaben für Versicherungen in Höhe von 110,24 EUR/Monat. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30. April 2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, den Bedarf in Höhe von 954,66 EUR/Monat könnten die Kläger durch das zu berücksichtigende Einkommen von mindestens 978,32 EUR/Monat decken. Zum Bedarf gehörten neben der Regelleistung monatliche KdU in Höhe von maximal 358,66 EUR. Ohne Berücksichtigung der Heizkosten seien ihnen durchschnittlich 122,99 EUR an KdU entstanden. Hinsichtlich der Heizkosten hat es einen monatlichen Durchschnittsverbrauch von 322 l, mithin eine monatliche Kostenbelastung in Höhe von 133,73 EUR errechnet. Davon seien die Kosten der Warmwasserbereitung in Abzug zu bringen. Als Einkommen hat das Sozialgericht das vom Kläger bezogene Krankengeld in Höhe von 1037,70 EUR/Monat zu Grunde gelegt. Hiervon seien nur die Versicherungspauschale in Höhe von 30 EUR und die Kosten der Kfz-Haftpflichtversicherung in Abzug zu bringen.

13

Gegen den ihnen am 6. Mai 2008 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 2. Juni 2008 Berufung eingelegt. Im Wesentlichen haben sie zur Begründung ausgeführt, die Kosten der von ihnen unterhaltenen Versicherungen müssten vom Einkommen in Abzug gebracht, die Tilgungsleistungen bei den KdU berücksichtigt werden.

14

Die Kläger sollten beantragen, den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 30. April 2008 und des Bescheides vom 22. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2005 vom 22. Februar 2005 bis 6. Oktober 2006 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

15

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Es bestünden Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung. Im Übrigen sei die erstinstanzliche Entscheidung nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtskate und die Verwaltungsakten Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

16

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) der Kläger ist nach § 144 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der ab 1. April 2008 gültigen Fassung statthaft. Der Berufungswert liegt über 750 EUR. Die Kläger begehren Leistungen für den Zeitraum vom 22. Februar 2005 bis 6. Oktober 2006 in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung der tatsächlichen KdU und der tatsächlichen Ausgaben für private Versicherungen. Allein im Monat August 2005 ergibt sich ein Anspruch, der über dem Berufungswert von 750 EUR liegt.

17

Streitgegenstand ist das Begehren der Kläger, vom Beklagten Leistungen nach dem SGB II für den o.g. Zeitraum zu erhalten. Zwar hatten die Kläger bereits am 17. Januar 2005 einen Antrag auf Leistungen gestellt. Sie haben in der Klage vom 9. Dezember 2005 den Leistungsanspruch jedoch auf die Zeit ab 22. Februar 2005 begrenzt. Ab 7. Oktober 2006 hat der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II bewilligt. Die Berufung ist für die Monate August und Dezember 2005 sowie Februar und August 2006 teilweise begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

18

Die Kläger sind zur Überzeugung des Senats dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung.

19

Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten, sind nach § 7 Abs. 1 SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

20

Die Kläger sind im streitigen Zeitraum im passenden Alter sowie erwerbsfähig gewesen, und sie haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt. Der Hilfebedürftigkeit der Kläger steht insbesondere nicht das in ihrem Eigentum stehende Einfamilienhaus entgegen. Dieses unterfällt nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II dem Schonvermögen. Danach ist als Vermögen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nicht zu berücksichtigen. Zur Bestimmung der Angemessenheit ist auf das II. Wohnungsbaugesetz (II. WoBauG) zurückzugreifen. So hat das Bundessozialgericht (BSG) für Eigentumswohnungen in Anlehnung an § 39 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 II. WoBauG bei einer Belegung der Wohnung mit zwei Personen typisierend die Grenze auf 80 qm festgesetzt, bei einer Belegung mit vier Personen auf 120 qm, mithin auf 20 qm pro Person mehr (BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 2/05 R, R. 22, Juris). Dieser Grenzwert ist für Eigenheime auf etwa 90 qm bzw. 130 qm zu erhöhen, da Häuser i.d.R. aufgrund größerer Flure und Treppenhäuser mehr Fläche aufweisen (BSG, Urteil vom 15. April 2008, B 14/7b AS 34/06 R, Rn. 26,27, Juris). Das Eigenheim, das die Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum zu zweit bewohnten, liegt in einer zu J. gehörenden, ca. 300 Einwohner zählenden ländlichen Gemeinde. Die Wohnfläche des Hauses überschreitet zwar die Angemessenheitsgrenze. In Anbetracht der Lage des Hauses ist aber nach den Erkenntnissen des Senats nicht davon auszugehen, dass sich das Grundstück in absehbarer Zeit (bezogen auf die hier streitgegenständliche Bewilligungsabschnitte) veräußern ließ.

21

Auch die Grundstücksgröße hindert nicht die Annahme eines angemessen großen Grundstücks. Es ist in einem insgesamt ländlich geprägten Raum gelegen. Die Größe des Grundstücks ist dort ortsüblich. Sonstige - den Leistungsanspruch ausschließende - Vermögenswerte sind nicht vorhanden. So stellt der PKW kein verwertbares Vermögen dar. Im Jahr 2005 war das Auto bereits zweieinhalb Jahre alt. Die Kläger hatten im Januar 2005 erst 4.586,12 EUR des zum Erwerb des PKW aufgenommenen Kredits in Höhe von 15.009,12 EUR abgezahlt. Es war zu diesem Zeitpunkt mithin noch mit 10.423 EUR belastet. Selbst unter außer Acht lassen des Wertverlustes überschritt der Wert nicht die Angemessenheitsgrenze von 7.500 EUR. Die Höhe der den Klägern im streitigen Zeitraum zustehenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts ergibt sich aus § 20 SGB II. Die Kläger bildeten als Ehepaar nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II eine solche Bedarfsgemeinschaft. Nach § 20 Abs. 3 SGB II beträgt die monatliche Regelleistung für Personen einer Bedarfsgemeinschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, jeweils 90 vom Hundert der Regelleistung nach Absatz 2 (§ 20 SGB 2 in der Fassung vom 30. Juli 2004), mithin 297,90 EUR. Ab 1. Juli 2006 hat sich die Regelleistung auf 310,50 EUR/Person erhöht. Entgegen der klägerischen Ansicht scheidet eine höhere als die vom Beklagten entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen ausgewiesene Regelleistung aus. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09) waren zwar die Vorschriften des § 20 Abs. 2 und 3 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung verfassungswidrig, jedoch weiter anwendbar. Eine Verfassungsbeschwerde mit dem Ziel der rückwirkenden Bewilligung höherer Leistungen vor Verkündung des Urteils hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (Nichtannahmebeschluss vom 14. März 2010,1 BvR 395/09). Dem hat der Senat nichts hinzuzufügen. Zum Regelbedarf sind die KdU hinzuzurechnen.

22

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit ist anhand der Wohnraumgröße und des Wohnraumstandards zu ermitteln (vgl. grundlegend BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 18/08 R, Rn. 16 ff.). Ob die kalten Betriebskosten für das Eigenheim angemessen sind, kann vorliegend dahinstehen. Zwar ist der Grundsicherungsträger nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nur verpflichtet, die tatsächlichen KdU zu übernehmen, soweit diese angemessen sind. Waren diese Kosten unangemessen hoch, so sind sie nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II als Bedarf des Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen, wie es ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Auf die Unangemessenheit hat der Leistungsträger den Hilfebedürftigen hinzuweisen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 10/06 R, Juris, Rn. 29). Eine solche Kostensenkungsaufforderung hat der Beklagte den Klägern vorliegend nicht erteilt. Der Senat geht daher von den tatsächlich monatlich angefallenen KdU aus. Diese setzen sich aus den für das Eigenheim aufzubringenden Kosten wie Grundsteuer, Wasserver- und -entsorgung, Abfallgebühren, Gebühren für den Schornsteinfeger, die Kosten der Heizungswartung und der Gebäudeversicherung sowie den Heizkosten zusammen.

23

Außer in den Monaten August und Dezember 2005 sowie Februar und August 2006 (s. unten) ergibt sich kein Leistungsanspruch der Kläger.

24

Im Jahr 2005 ist exemplarisch für die übrigen Monate des Jahres der Monat Februar 2005 für die Berechnung heranzuziehen, da in diesem Monat die tatsächlichen KdU am höchsten sind (430,20 EUR). Die KdU sind lediglich in Höhe von 364,11 EUR als Bedarf zu berücksichtigen. Zu den KdU gehören die von den Klägern zur Finanzierung des Eigenheims aufzuwendenden Schuldzinsen. Die Kläger zahlen 72,60 EUR/Monat an die B. B.sparkasse zur Abgeltung der auf ein Vorausdarlehen fälligen Zinsen.

25

Einen weitergehenden Anspruch auch auf Übernahme der Tilgungsleistungen haben die Kläger nicht. Zwar ist nach der Rechtsprechung des BSG die Übernahme von Tilgungsleistungen durch den Grundsicherungsträger im Ausnahmefall möglich. Die Mehrung des Vermögens des Hilfebedürftigen sei bei Abwägung der widerstreitenden Zielvorgaben (Sicherung der Wohnung – keine Vermögensmehrung durch den Grundsicherungsträger) jedenfalls dann hinzunehmen, wenn ohne Übernahme der Tilgungsleistungen durch den Grundsicherungsträger der Verlust des selbstgenutzten Wohneigentums droht und der Kredit bereits weitgehend abgezahlt worden ist. Ist die Erbringung von Tilgungsleistungen notwendig, um die Wohnung weiter nutzen zu können und wäre ohne Fortführung der Tilgung eine Aufgabe der Wohnung unvermeidlich, hat bei wertender Betrachtung der Gesichtspunkt der Vermögensbildung zurückzutreten (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/11b AS 67/0AS 67/06 R, Rn. 27. Juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Finanzierung des Wohneigentums war im streitgegenständlichen Zeitraum nicht weitgehend abgeschlossen. Die Kreditsumme belief sich auf insgesamt 34.167,85 EUR, Ende 2005 noch auf 27.096,60 EUR und Ende 2006 noch auf 26.348,46 EUR. Insoweit brauchte der Senat nicht weiter zu ermitteln, ob die Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum oder kurz zuvor versucht hatten, die Tilgungsraten auszusetzen. Nur die im Februar 2005 entstandenen Aufwendungen für die Wasserver- und entsorgung in Höhe von 217,98 EUR sind im Rahmen der KdU in die Bedarfsberechnung einzubeziehen. Die im Jahr 2004 nicht gezahlten Abschläge stellen sich im Jahr 2005 als Schulden dar, die nach § 22 Abs. 5 SGB II a.F. vom Beklagten nur dann zu übernehmen gewesen wären, wenn der Verlust der Unterkunft gedroht hätte. Einen entsprechenden Antrag haben die Kläger jedoch nicht gestellt.

26

Die Kosten der Wassererwärmung sind in Abzug zu bringen. Bei einheitlicher Bereitstellung von Warmwasser und Heizenergie besteht ein Anspruch nach § 22 SGB II in voller Höhe, von dem aber zur Vermeidung von Doppelleistungen die im Regelsatz enthaltenen Anteile abzuziehen sind (BSG, 6. April 2011, B 4 AS 16/10 R, Rn. 13, Juris). Nur wenn der Energieverbrauch für die Wassererwärmung durch gesonderte und exakte Messung erfasst wird, können die dafür anfallenden Abschläge abgesetzt werden. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Da in der Regelleistung bereits ein Anteil für die Kosten der Warmwasserbereitung in Höhe von 5,37 EUR/Monat/Person enthalten war, ist mithin ein entsprechender Abzug in Höhe von 10,74 EUR bei den KdU vorzunehmen.

27

Im Februar 2005 ist ferner die fällige Grundsteuer In Höhe von 35,82 EUR vom Beklagten zu übernehmen. Die Kosten der Zweitwohnung sind als KdU nicht zu berücksichtigen, denn diese wurde im streitgegenständlichen Zeitraum nicht bewohnt. Die tatsächliche Nutzung einer Wohnung ist Voraussetzung für die Leistungsgewährung (vgl. Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 1. Juli 2010, L 11 AS 442/09, Rn. 14, Juris).

28

Es ergibt sich mithin für Februar 2005 ein Gesamtbedarf von 949,17 EUR.

29

Dem Bedarf ist das Einkommen gegenüberzustellen. Nach § 11 Abs.1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigten mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

30

Im Februar 2005 hatte der Kläger als Einkommen das Krankengeld in Höhe von 1.037,70 EUR. Von diesem Einkommen sind die Versicherungspauschale in Höhe von 30 EUR nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 3 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld - Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) in den vom 1. Januar 2005 bis 30. September 2005 gültigen Fassung und die monatlichen Beiträge zur Kfz-Versicherung in Höhe von 26,03 EUR in Abzug zu bringen. Auch bei der Einkommensbereinigung sind die Kosten der Zweitwohnung nicht zu berücksichtigen. Es sind keine notwendigen Aufwendungen, die im streitgegenständlichen Zeitraum der Erzielung des Einkommens dienen (§ 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II).

31

Ebenso wenig sind die Kosten der übrigen von den Klägern geltend gemachten Versicherungen in Abzug zu bringen. So fallen die Kosten für die Haushaltsversicherung und die Unfallversicherung bereits der Summe nach unter die Versicherungspauschale. Die Kosten einer Vollkaskoversicherung sind nicht gesetzlich vorgeschrieben und daher nicht zu berücksichtigen (vgl. auch BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, B 14/7b AS 32/06 R, Rn. 52, Juris).

32

Es ergibt sich folglich ein anzurechnendes Einkommen in Höhe von 981,67 EUR, das den Bedarf der Kläger im Februar 2005 übersteigt.

33

Im August 2005 ergibt sich ein Leistungsanspruch für die Kläger in Höhe von je 791 EUR. Neben der Regelleistung in Höhe von insgesamt 595,80 EUR sind als Bedarf die KdU in Form der Grundsteuer (35,82 EUR), die Kosten für Trinkwasser (29 EUR) und Abwasser (50 EUR), der Jahresbeitrag zur Wohngebäudeversicherung (201,44 EUR) und die Schuldzinsen (72,60 EUR) zu berücksichtigen. Die Kläger haben zudem in diesem Monat Heizöl bezogen und dafür 1.590,64 EUR bezahlt. Die Kosten sind in voller Höhe zu übernehmen, da die Kläger auf eine etwaig vorliegende Unangemessenheit der Heizkosten vom Beklagten für den streitgegenständlichen Monat nicht hingewiesen worden waren. Erst mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2005 wies sie der Beklagte darauf hin, dass die "Obergrenze" für Heizkosten bei zwei Personen 65,44 EUR/Monat betrage. Die Kosten der Warmwasserbereitung in Höhe von 10,74 EUR sind in Abzug zu bringen.

34

Dem Gesamtbedarf in Höhe von 2.564 EUR steht ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 981,67 EUR gegenüber, so dass sich unter Anwendung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II ein Anspruch in Höhe von gerundet (§ 41 Abs. 2 SGB II) 791 EUR/Person ergibt.

35

Im Dezember 2005 ergibt sich ein Leistungsanspruch der Kläger in Höhe von je 64 EUR. Der Gesamtbedarf in Höhe von 1.110,17 EUR setzt sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von 595,80 EUR und den zu berücksichtigenden KdU in Höhe von 525,11 EUR. Dies sind die Schuldzinsen, die die Kläger jeweils in diesem Monat für ihren Bausparkredit zu zahlen hatten. Das anzurechnende Einkommen beträgt wiederum 981,67 EUR, sodass sich der o.g. Anspruch der beiden Kläger ergibt (§§ 9 Abs. 2 Satz 3, 41 Abs. 2 SGB II).

36

Im Jahr 2006 flossen den Klägern Gelder aus der Flutopferhilfe zu. Der Senat musste keine näheren Ermittlungen anstellen, in welchem Monat und in welcher Höhe die Kläger aus diesem Fond finanzielle Mittel erhielten. Nach Art. 1 der Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Beseitigung von Schäden an vom Hochwasser der Elbe sowie ihrer Zuflüsse betroffenen Wohngebäuden in Sachsen-Anhalt (Richtlinien LSA Hochwasserschäden Wohngebäude 2002, Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt 2002, S. 1079) ist die Leistung zweckgebunden für die Instandsetzung von vom Hochwasser betroffener Häuser, mithin nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen.

37

Im Februar 2006 ergibt sich ein Leistungsanspruch der Kläger in Höhe von je 741 EUR. Der Gesamtbedarf setzt sich zusammen aus den Regelleistungen in Höhe von 595,80 EUR und den in diesem Monat anfallenden KdU in Höhe von insgesamt 1.894,80 EUR (Grundsteuer: 35,82 EUR, Trinkwasser: 108,18 EUR, Abwasser: 55,29 EUR, Schuldzinsen: 72,60 EUR, Heizkosten: 1.633,65 EUR abzüglich der Kosten der Warmwasserbereitung: 10,74 EUR). Die KdU sind einschließlich der Heizkosten in voller Höhe vom Beklagten zu übernehmen. Sein Hinweis im Widerspruchsbescheid vom 11. November 2005 auf die "Obergrenze" der Heizkosten erfüllt nicht den Tatbestand einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung. Diese ist ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, Rn. 40). Zwar wurden die Kläger über die angemessenen Heizkosten aufgeklärt. Es fehlte allerdings der Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Überschreitung dieser Angemessenheitsgrenze.

38

Diesem Gesamtbedarf war das Einkommen des Klägers in Höhe von 1.037,70 EUR, bereinigt um die Versicherungspauschale gegenüberzustellen. Kfz-Versicherungsbeiträge waren nicht in Abzug zu bringen, da keine Nachweise über deren Höhe zu den Akten gereicht wurden. Es ergibt sich der o.g. Leistungsanspruch.

39

Für den Monat August 2006 ergibt sich ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II für die Kläger in Höhe von je 94 EUR. Die zum 1. Juli 2006 erhöhten Regelleistungen betrugen für beide Kläger 621 EUR. Unter Hinzurechnung der KdU in Höhe von insgesamt 552,59 EUR (Grundsteuer: 42,75 EUR, Trinkwasser: 29 EUR, Abwasser: 48 EUR, Wohngebäudeversicherung: 201,44 EUR, Schuldzinsen: 72,60 EUR, Heizkosten: 170 EUR abzüglich der Kosten der Warmwasserbereitung: 11,20 EUR) ergibt sich ein Gesamtbedarf in Höhe von 1.173,59 EUR. Diesem ist das um die Versicherungspauschale und die Beiträge zur Kfz-Versicherung in Höhe von 22,34 EUR bereinigte Einkommen des Klägers in Höhe von 985,36 EUR gegenüberzustellen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da die Kläger gemessen an ihrem Begehren der Leistungsbewilligung für 20 Monate teilweise obsiegt haben, waren die Kosten zu quoteln (§ 92 ZPO). Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.


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Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 05.12.2011 - 8 Ca 1315/11 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe mit der wesentlichen Begründung, die Annahme des Arbeitsgerichts zum einzusetzenden Vermögen nach §§ 114, 115 ZPO sei unzutreffend.

2

Das Arbeitsgericht hat in dem die beantragte Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschluss vom 30.11.2011 die Auffassung vertreten, dass das vom Kläger allein bewohnte Wohnhaus mit einer Wohnfläche von 145 qm nicht als im Rahmen der beantragten Bewilligung von Prozesskostenhilfe berücksichtigungsfähiges Schonvermögen anzusehen sei und sich - so in der Nichtabhilfeentscheidung vom 06.01.2012 - auch kein berücksichtigungsfähiger erhöhter Wohnbedarf für die einen eigenen Wohnsitz unterhaltenen Mutter ergäbe, weil eine Pflegebedürftigkeit durch das vorgelegte ärztliche Attest nicht feststellbar sei.

3

In der gegen den am 12.12.2011 zugestellten Beschluss erhobenen sofortigen Beschwerde vom 23.12.2011 meint der Beschwerdeführer, dass sich aufgrund der nur entsprechend vorgesehenen Anwendbarkeit von § 90 SGB XII in § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO eine kleinliche Berechnung auf einzelne Quadratmeter erübrige. Das Landgericht Koblenz habe entschieden, dass ein Haus dann nicht mehr angemessen im Sinne der vorgenannten Vorschrift anzusehen und folglich schutzwürdig sei, wenn es mit mehr als 160 qm lediglich von zwei Personen genutzt würde. Da sich seine Mutter bei ihm - dem Beschwerdeführer - zur Pflege befände, sei gemäß § 61 SGB XII die grundsätzliche Wohnungsgröße um jeweils 20 Prozent zu erhöhen.

4

Die beteiligte Bezirksrevisorin hat sich der Auffassung des Arbeitsgerichts angeschlossen (Bl. 52 und 53 Aktenbeiheft).

5

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 23.12.2011 (Bl. 45 bis 47 der Beiakte) und das vorgelegte ärztlichen Attest vom 12.09.2011 (Bl. 39 c des Beiheftes) Bezug genommen.

6

Zugleich wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

II.

7

Die zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

8

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 19.07.2011 und dessen Erstreckung vom 29.07.2011 zu Recht zurückgewiesen, da beim Beschwerdeführer die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 115 Abs. 3 in Verbindung mit § 90 des XII. Buches Sozialgesetzbuch nicht vorliegen.

9

Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nach den vorstehenden Bestimmungen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vom Einsatz oder der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstückes abhängig gemacht werden dürfe, soweit es von der bedürftigen Person oder einer anderen der in § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII genannten Personen allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt würde. Die Angemessenheit bestimme sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf, der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes. Die Beschwerdekammer folgt der ebenfalls vom Arbeitsgericht zitierten Entscheidung des OLG Koblenz (Beschluss vom 23.07.1999, 11 WF 442/99 - LSK 2000, 340355), in welcher angenommen wurde, dass eine über 130 qm hinausgehende Wohnung beispielsweise bei weitem den notwendigen Wohnbedarf für eine Person mit Kind übersteige.

10

Nach der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bewohnt der Beschwerdeführer ein Eigenheim in einer Größe von 145 qm Wohnfläche. Wenn zu dessen Gunsten berücksichtigt wird, dass seine an multiplen Erkrankungen leidende Mutter regelmäßig mehrtägig von ihm in seinem Eigenheim aufgenommen wird, überschreitet die Hausgröße deutlich den angemessenen Bedarf und kann nicht als Schonvermögen angesehen werden. Unter Orientierung am früheren § 39 Nr. 4 des 2. WoBauG wären für zwei Personen 90 qm angemessen. Diesen Maßstab hält die Beschwerdekammer für zutreffend. Hierbei wirkt sich nicht aus, ob durch das zur Gerichtsakte gereichte ärztliche Attest eine ausreichende Pflegebedürftigkeit der Mutter und einen damit verbundenen erhöhten Wohnbedarf feststellen lässt.

11

Die Angriffe der Beschwerde erweisen sich nicht als durchschlagend, soweit die Auffassung vertreten wird, dass sich wegen der entsprechenden Anwendung § 90 SGB XII in § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO eine kleinliche Berechnung auf einzelne Quadratmeter verböte. Auch die angeführte Entscheidung des Landgerichts Koblenz vom 8.11.2002 - 2 T 521/02 = NJW-RR 2003, 662 verhilft zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn man für die häusliche Pflege der Mutter die Wohnbedarfsgrenze um bis zu 20 % erhöhen würde (vgl. Zöller, Zivilprozessordnung, 27.Auflage, § 115 ZPO, Rz. 53), würden sich rechnerisch Werte ergeben, die ausgehend von der zitierten und für zutreffend gehaltenen Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 20.12.1999, 2 WF 105/99, die von 90 qm ausgeht, nicht die vom Beschwerdeführer bewohnte Fläche von 145 qm ergeben. Insoweit erweist sich die angenommene Berechnung des Beschwerdeführers in der Beschwerdeschrift als unzutreffend. Hierauf hat die Bezirksrevisorin auch zutreffend hingewiesen.

12

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - hier: Arbeitslosengeld II (Alg II) - nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit ab 12.11.2008. Im Streit ist insbesondere die Berücksichtigung eines in ihrem Alleineigentum stehenden Hausgrundstücks.

2

Die im Jahr 1953 geborene, alleinstehende Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks in N, Gemarkung B, Flur 13, Flurstück 364, Lagebezeichnung H straße Auf dem 471 qm großen Grundstück befindet sich eine 1963 erbaute Doppelhaushälfte mit einem Zweifamilienhaus und einer Gesamtwohnfläche von 129 qm. Im Erdgeschoss und im Dachgeschoss befinden sich jeweils eigene Wohnungen, die baulich nicht voneinander abgeschlossen sind. Die Erdgeschosswohnung hat eine Wohnfläche von 70 qm und die Dachgeschosswohnung von 59 qm. Das Hausgrundstück stand ursprünglich im Eigentum der Eltern der Klägerin, die die Erdgeschosswohnung bewohnten. Die mittlerweile geschiedene Klägerin wohnte seinerzeit zusammen mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter in der Dachgeschosswohnung. Im Jahr 2001 übertrugen die Eltern der Klägerin dieser unentgeltlich und lastenfrei das Alleineigentum an dem Grundstück. Dabei war zur Bestimmung der Kosten des Grundbuchamts von einem Verkehrswert von 210 000 DM ausgegangen worden. Nunmehr - nach dem Tod ihrer Eltern - wohnt die Klägerin allein in der Dachgeschosswohnung und in der Erdgeschosswohnung wohnen in einem eigenen Haushalt die Tochter der Klägerin, ihr Ehemann und deren mittlerweile drei Kinder. Im Oktober 2008 wies das Grundstück einen Verkehrswert von 143 000 Euro und zuletzt, im Zeitpunkt der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen, einen Verkehrswert von gut 130 000 Euro auf. Auf dem Grundstück lastet eine Grundschuld über 75 000 Euro, die der Sicherung eines von der Tochter der Klägerin und ihrem Ehemann Ende 2007 aufgenommenen Darlehens in Höhe von 75 000 Euro dient. Das Darlehen wird in monatlichen Raten von 495,63 Euro getilgt. Zum 31.12.2011 bestand die Darlehensforderung noch in Höhe von 65 073,46 Euro.

3

Die Klägerin bezog vom 1.9.2008 bis zum 11.11.2008 Arbeitslosengeld. Sie beantragte am 20.10.2008 bei dem Beklagten Alg II für die Zeit ab 12.11.2008. Die ARGE V als Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters lehnte den Antrag der Klägerin ab (Bescheid vom 9.1.2009, Widerspruchsbescheid vom 15.6.2009). Die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Sie verfüge über zu berücksichtigendes Vermögen, weil das Hausgrundstück für sie allein unangemessen groß sei. Für die Angemessenheitsprüfung sei nur auf die Klägerin und nicht auch auf die Familie ihrer Tochter abzustellen, denn es bestünde keine Bedarfsgemeinschaft und auch keine Haushaltsgemeinschaft iS des SGB II. Die Möglichkeit einer darlehensweisen Hilfegewährung sei von der Klägerin abgelehnt worden.

4

Die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (Urteil vom 27.1.2012) und die Berufung der Klägerin zum LSG (Urteil vom 22.10.2012) blieben erfolglos. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, das im Alleineigentum der Klägerin stehende Hausgrundstück sei nicht vor einer Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt, denn für die Klägerin allein sei nur ein Hausgrundstück mit einer Wohnfläche bis zu 90 qm angemessen. Der Umstand, dass die Familie ihrer Tochter in einem eigenen Haushalt auch in dem Haus wohne, sei für die Frage nach dem Schonvermögen der Klägerin iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II unbeachtlich. Aus einem Vergleich mit der abweichenden Regelung in § 90 Abs 2 Nr 8 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) folge nichts anderes.

5

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Entgegen der Auffassung des LSG sei ihr Hausgrundstück als "Familienheim" und "Mehrgenerationenhaus" vor der Berücksichtigung als zu verwertendes Vermögen geschützt. Zudem müsse, da das mit Angehörigen bewohnte Hausgrundstück bei Anwendung des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, es vorliegend auch im Rahmen des SGB II geschützt sein.

6

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2012 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. Januar 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr vom 12. November 2008 bis zum 22. Oktober 2012 Arbeitslosengeld II als Zuschuss zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind in der Sache die Urteile des LSG und des SG und die angefochtenen Bescheide des Beklagten sowie der Anspruch der Klägerin auf Alg II als Zuschuss für die Zeit ab 12.11.2008 (erster Tag nach Bezug von Arbeitslosengeld). Streitbefangen im Revisionsverfahren ist der Zeitraum bis zum 22.10.2012 (Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG). Mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) begehrt die Klägerin die Aufhebung der Urteile des LSG und des SG und der angefochtenen Bescheide sowie die Verurteilung des Beklagten zur zuschussweisen Zahlung von Alg II; die Leistungsklage ist insoweit auf den Erlass eines Grundurteils gerichtet (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG).

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2. Rechtsgrundlage für das von der Klägerin begehrte Alg II ist § 19 iVm §§ 7, 9 und §§ 20, 21 und 22 SGB II in der im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über in der Vergangenheit liegende Zeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

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Nach § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte als Alg II Leistungen, die den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfassen. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben(Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4).

12

3. Die Klägerin erfüllt nach den von den Beteiligten nicht gerügten und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II. Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Ausschlusstatbestands (§ 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.

13

4. Allerdings fehlen ausreichende Feststellungen des LSG zur Hilfebedürftigkeit der Klägerin. Hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II ist nach § 9 Abs 1 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850), wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs 4 SGB II auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde; in diesem Fall sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen. Darlehensweise Leistungen hat die Klägerin jedoch ausdrücklich nicht begehrt; sie sind nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens.

14

Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II der Klägerin ist zunächst festzustellen, ob sie mit anderen Personen eine Bedarfsgemeinschaft bildet(dazu unter a) und sind sodann ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf (dazu unter b) die zu dessen Deckung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten der Klägerin (dazu unter c) gegenüberzustellen.

15

a) Die Klägerin ist geschieden und lebt in ihrem Haushalt allein. Sie ist in Anwendung der Vorgaben des § 7 Abs 3 SGB II dazu, welche Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören, eine alleinstehende Person. Es besteht auch keine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II zwischen ihr und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter, die in einem eigenen Haushalt lebt. In den beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses wird von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt.

16

b) Nach § 19 Abs 1 Satz 3 SGB II umfasst das Alg II den Regelbedarf(§ 20 SGB II), Mehrbedarfe (§ 21 SGB II) und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II).

17

Zum Bedarf der Klägerin fehlen nähere Feststellungen des LSG. Feststellen lassen sich im Revisionsverfahren nur die für die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum jeweils geltenden Höhen der Regelleistung (bis 31.12.2010) und des Regelbedarfs (ab 1.1.2011) zur Sicherung des Lebensunterhalts. Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin daneben auch Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt (§ 21 SGB II) in Betracht kommen könnten, sind nicht ersichtlich. Unbekannt ist, in welcher Höhe im streitbefangenen Zeitraum welche Bedarfe für Unterkunft und Heizung bei ihr bestehen und zu berücksichtigen sind.

18

c) Auch zum zu berücksichtigenden Einkommen iS der §§ 11 bis 11b SGB II sind die Feststellungen des LSG unvollständig. Nach diesen bezog die Klägerin seit September 2009 ein monatliches Erwerbseinkommen von im Schnitt anfänglich gut 300 Euro, mittlerweile knapp 500 Euro. Das LSG nahm hierfür auf eine Aufstellung der Klägerin Bezug, in der diese ihre monatlichen Einkünfte aufgelistet hatte. In welcher Höhe genau im streitbefangenen Zeitraum Einkommen zu berücksichtigen ist, ist damit nicht festgestellt, weil unbekannt ist, in welcher Höhe jeweils zu berücksichtigende Einkommensabsetzbeträge in den einzelnen Monaten des streitbefangenen Zeitraums die Höhe des zur Bedarfsdeckung einzusetzenden Einkommens verringern.

19

Keine Feststellungen enthält das Urteil des LSG schließlich dazu, ob bei der Klägerin Einkommen auch deshalb zu berücksichtigen ist, wenn und weil ihre Tochter und ihr Schwiegersohn für die Klägerin Tilgungsleistungen mit Blick auf das Ende 2007 von ihnen aufgenommene Darlehen übernommen haben.

20

Die Feststellungen des LSG reichen auch nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin über zu berücksichtigendes Vermögen iS des § 12 SGB II verfügte(dazu im Einzelnen unter 5.). Das (auch) von der Klägerin bewohnte Hausgrundstück hat das LSG zwar zu Recht als nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschütztes Vermögen angesehen(dazu unter 5. a). Allerdings kommt ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht(dazu unter 5. b).

21

5. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert zu berücksichtigen (§ 12 Abs 1 und 4 SGB II, deren Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist). Als ein berücksichtigungsfähiger verwertbarer Vermögensgegenstand kommt auch ein Hausgrundstück in Betracht, wie sich bereits aus der Ausnahmeregelung in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ergibt; denn danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung. Vermögensgegenstände, die einen Ausnahmetatbestand nach § 12 Abs 3 SGB II (dessen Wortlaut seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, am 1.1.2005 unverändert geblieben ist) erfüllen, sind von vornherein als sog Schonvermögen nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Werts des Vermögens bleiben sie außen vor (vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 75).

22

Vorliegend scheidet zwar ein Vermögensschutz für das Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4, Satz 2 SGB II aus, weil dieses von unangemessener Größe ist(dazu unter a). Doch kommt sein Schutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II in Betracht, weil hier eine besondere Härte daraus folgen kann, dass das Grundstück der Klägerin nach dem SGB XII vor Verwertung geschützt wäre(dazu unter b).

23

a) Mit dem Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II zielt das Gesetz insbesondere auf das Haus selbst und stellt maßgeblich auf dessen Wohnfläche ab(vgl Bundessozialgericht Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 24; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 55; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90).

24

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist die Klägerin Alleineigentümerin eines 471 qm großen Hausgrundstücks, das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist, in der sich zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen (Zweifamilienhaus) mit einer Gesamtwohnfläche von 129 qm befinden. Nur diese Wohnfläche ist vorliegend näher auf ihre Angemessenheit zu prüfen, während die Grundstücksgröße von 471 qm einer eigenen Angemessenheitsprüfung nicht zu unterziehen ist. Denn Grundstücksgrößen bis zu 500 qm werden schon im städtischen Bereich in aller Regel als angemessen anerkannt, im ländlichen Bereich sogar bis zu 800 qm (vgl Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 57; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 93). Da beide als Anhaltspunkte dienende Werte hier unterschritten werden, bedarf es keiner näheren Auseinandersetzung mit der Angemessenheit von Grundstücksgrößen im Rahmen des Vermögensschutzes nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II.

25

aa) Das von der Klägerin nur zum Teil selbst genutzte Hausgrundstück ist mit seiner Gesamtwohnfläche auf seine Angemessenheit zu prüfen. Zwar nutzt die Klägerin die Gesamtwohnfläche ihres Hauses nur zum Teil selbst, denn sie wohnt nur in einer der beiden Wohnungen. Doch steht die Nutzung der anderen Wohnung, in der die Tochter der Klägerin, deren Ehemann und ihre Kinder wohnen und einen eigenen Haushalt führen und in der nicht auch die Klägerin wohnt, der Anwendung der Vermögensschutzregelung des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht entgegen. Vielmehr genügt es insoweit, dass die Klägerin das Hausgrundstück selbst nutzt und keinen rechtlichen Grenzen einer uneingeschränkten tatsächlichen Nutzung der gesamten Wohnfläche des Hauses unterliegt. Denn mit dem Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ("selbst genutztes Hausgrundstück") geht es nach dem Zweck dieser Regelung nicht um den Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 13; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 35; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 54; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 90). In diesem Sinne ist eigene Wohnung auch das selbst genutzte Haus, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird.

26

In Fällen des Zusammenwohnens mit anderen Personen ist für die Prüfung des verwertbaren Vermögens die gesamte Wohnfläche eines Hauses, selbst im Falle einer vermieteten Einliegerwohnung, nicht lediglich der vom Eigentümer selbst bewohnte Anteil zu berücksichtigen (vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 16 ff). Der 4. Senat des BSG hat diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche in die Prüfung der angemessenen Größe eines Hausgrundstücks mit der Überlegung gerechtfertigt, dass der Eigentümer kraft seines Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit stehe, keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliege. Ausnahmen hat der 4. Senat für möglich gehalten bei eigentumsrechtlichen Beschränkungen durch Miteigentumsanteile. Auch der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit von der Gesamtwohnfläche des Hauses und nicht nur der vom Eigentümer bewohnten Fläche auszugehen sei, wenn dieser in seiner Stellung als Eigentümer des gesamten Hausgrundstücks zwar durch ein Wohnrecht zugunsten seiner Eltern hinsichtlich der Nutzung, nicht aber der Verwertung des Grundstücks eingeschränkt sei. Nur wenn das Eigentum der Leistungen beanspruchenden Person auf den von ihr benutzten Teil des Hauses beschränkt wäre, käme eine andere Prüfung in Betracht (Urteil des Senats vom 12.7.2012 - B 14 AS 158/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 20 RdNr 13).

27

Solange eine Teilung des Eigentums nicht vorliegt, ist ein Hausgrundstück danach in seiner Gesamtheit zu bewerten und muss für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche eines Hauses und nicht nur auf die von der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abgehoben werden (vgl so bereits zur Arbeitslosenhilfe BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 35).

28

bb) Nach dem Wortlaut des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II bezieht sich die Angemessenheit nur auf die Größe des Hausgrundstücks ("Hausgrundstück von angemessener Größe"). Auf andere die Angemessenheit bestimmende Faktoren und dabei insbesondere auf den Wert des Hausgrundstücks wird nach diesem Wortlaut - im Unterschied zu § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII - nicht abgestellt. Die durch diese isolierte Orientierung des Gesetzgebers des SGB II an der Größe der Immobilie bewirkte Privilegierung der Leistungsberechtigten nach dem SGB II gegenüber denen nach dem SGB XII, soweit Letztere Immobilien von angemessener Größe verwerten müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies fordert, hat das BSG bislang unbeanstandet gelassen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16). Auch vorliegend zählt die Klägerin, die Leistungen nach dem SGB II begehrt, zur Gruppe der privilegierten Leistungsberechtigten und ist insoweit eine Prüfung der Regelungsunterschiede zwischen § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII am Maßstab des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) hier nicht erforderlich. Auf eine möglicherweise unterschiedliche Wirkung der unterschiedlichen Regelungen im hier zu entscheidenden Fall kommt es insoweit nicht an.

29

(1) Die Gesamtwohnfläche des auch von der Klägerin bewohnten Hauses überschreitet die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II, weil im Rahmen dieser Angemessenheitsprüfung nur auf die Klägerin allein abzustellen ist.

30

Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG - in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG zur Alhi, die ihrerseits auf das Sozialhilferecht nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Bezug nahm (vgl BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R, juris RdNr 24 ff) - dahin konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf seine Gesamtwohnfläche und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG), differenziert nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 21 f; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18, RdNr 19; vgl auch BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 19; BSG Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 24/11 R, juris RdNr 29).

31

Für Familienheime mit nur einer Wohnung und bis zu vier Personen sah das II. WobauG eine Wohnflächengrenze von 130 qm vor (§ 39 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 2 Nr 1 II. WobauG). Auf diese Grenze ist auch vorliegend abzustellen. Denn zwar sah § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG für Familienheime mit zwei Wohnungen eine Wohnflächengrenze von 200 qm vor, aber nur dann, wenn die zweite Wohnung als abgeschlossene Wohnung anzusehen war (§ 39 Abs 1 Satz 3 II. WobauG). Dies setzte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) voraus, dass beide Wohnungen in der Weise durch objektive bauliche Gestaltungsmerkmale dauerhaft vollkommen voneinander getrennt sind, wie dies für Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern typisch ist (vgl BVerwG Urteil vom 20.8.1986 - 8 C 23/84, juris RdNr 7 ff). Diese Voraussetzungen einer baulichen Abgeschlossenheit sind nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG vorliegend nicht erfüllt. Es kann daher offen bleiben, ob auf § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 2 II. WobauG, anders als noch in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, für die Angemessenheitsprüfung überhaupt zurückzugreifen wäre. Die danach hier maßgebliche Wohnflächengrenze von 130 qm ist nach der eben wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG bei einer Belegung mit weniger als vier Personen um jeweils 20 qm pro Person zu reduzieren; typisierend ist diese Reduzierung jedoch auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen zu begrenzen (vgl nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22).

32

Hieraus ergibt sich für den Ein-Personen-Haushalt der Klägerin allein ein Grenzwert von 90 qm (130 qm - 2 x 20 qm = 90 qm). Dieser wird mit der vom LSG für den Senat bindend festgestellten Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm deutlich überschritten. Auf die Berücksichtigung von Besonderheiten der Flächenberechnungen von Häusern einerseits und Eigentums- und Mietwohnungen andererseits, die angesichts der im Regelfall bestehenden baulichen Besonderheiten eines Hauses eine Erhöhung der angemessenen Größe eines Hauses gegenüber einer Eigentumswohnung gerechtfertigt erscheinen lassen können (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 27), kommt es angesichts dieser deutlichen Überschreitung nicht an. Auch die Anwendung einer gewissen Toleranz, wie sie bei Überschreiten der Wohnflächengrenze um nicht mehr als zehn vom Hundert mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erwogen worden ist (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 23), würde vorliegend an der unangemessenen Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nichts ändern.

33

(2) Von diesen im Regelfall anzuwendenden Wohnflächengrenzwerten kann ausnahmsweise nach den besonderen Umständen des Einzelfalls abgewichen werden. Denn es muss ein Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen bestehen bleiben, die zu einer Anpassung der Grenzwerte je nach den Umständen des Einzelfalls nach oben, ggf aber auch nach unten führen können (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R, juris RdNr 16).

34

Ein besonderer Umstand des Einzelfalls, der ein Abweichen von der Grenze von 90 qm rechtfertigt, ist allerdings nicht, dass das in ihrem Alleineigentum stehende Haus der Klägerin zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte und baulich nicht voneinander abgeschlossene Wohnungen aufweist und die Familie der Tochter der Klägerin in der Erdgeschosswohnung des Hauses, die Klägerin aber allein in der 59 qm großen Dachgeschosswohnung wohnt und in beiden Wohnungen ein jeweils eigener Haushalt geführt wird.

35

Zwar würde die Gesamtwohnfläche des Hauses die sich aus der Anwendung der Vorgaben des II. WobauG ergebenden Grenzwerte nicht überschreiten, wenn für die Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks nicht nur auf die Klägerin allein, sondern auf alle im Haus wohnenden Personen abzustellen wäre. Denn schon im Zeitpunkt der Antragstellung auf Alg II bestand die Familie der Tochter der Klägerin aus vier Personen (Tochter, Ehemann, zwei Kinder). Der Wohnflächengrenzwert von 130 qm für vier Personen, den die Gesamtwohnfläche des Hauses von 129 qm ohnehin nicht überschreitet, würde mithin wegen der Belegung mit seinerzeit fünf und nunmehr sechs Personen sogar noch um jeweils 20 qm zu erhöhen sein. Indes sind maßgebliche Personen für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche eines Hauses bei der Prüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II neben den Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern iS des § 7 Abs 3 SGB II grundsätzlich nur die mit der Leistungen beanspruchenden Person für längere Zeit in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebenden weiteren Personen(vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 23 f; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 92).

36

Eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II besteht - wie oben dargestellt - zwischen der Klägerin und den Mitgliedern der Familie ihrer Tochter indes nicht. Nach den bindenden Feststellungen des LSG ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit der Familie ihrer Tochter in einer Haushaltsgemeinschaft iS des § 9 Abs 5 SGB II lebt. Insoweit fehlt es schon am Leben in einem Haushalt. Denn die beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses sind zwar eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennt und baulich nicht voneinander abgeschlossen, aber sie sind jeweils eigene Wohnungen, in denen von der Klägerin in ihrer Wohnung und von der Familie ihrer Tochter in deren Wohnung jeweils ein eigener Haushalt geführt wird.

37

Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des BSG bislang allein die Situation des Zusammenlebens von Pflegeeltern mit Pflegekindern in einem Haushalt anerkannt, die bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche eines Hauses zu einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Zwecksetzung des Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe -, die Aufnahme von Pflegekindern in Pflegefamilien zu fördern, führt (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 23). Diese oder auch nur eine wertungsmäßig vergleichbare Situation liegt hier ersichtlich nicht vor.

38

Andere normative Anknüpfungspunkte dafür, für die Frage der Angemessenheit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II des im Alleineigentum der Klägerin stehenden Hausgrundstücks darauf abzustellen, dass in dem Haus nicht nur die Klägerin lebt, sondern in einem eigenen Haushalt auch Angehörige leben, bietet das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht.

39

(3) Nichts anderes folgt entgegen dem Revisionsvorbringen insoweit aus einem Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II mit § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII(in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022, am 1.1.2005 unverändert gebliebenen Fassung). Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in § 19 Abs 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit anderen Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich hierbei nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zB behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes (§ 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII).

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Ersichtlich unterscheidet sich der hierdurch geregelte Vermögensschutz von dem des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII kennt § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II das Kriterium des Zusammenbewohnens eines Hauses mit Angehörigen (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Der Gesetzgeber des SGB II hat sich insoweit - ebenso wie zB bei der Verwertung von Geldvermögen - nicht für eine Harmonisierung der Regelungen zur Verwertung von selbst genutzten Immobilien im Sozialhilferecht nach dem SGB XII einerseits und dem Grundsicherungsrecht nach dem SGB II andererseits entschieden (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 16).

41

Dieser Unterschied zwischen beiden Leistungssystemen lässt sich nicht durch eine Berücksichtigung der so nur im Sozialhilferecht gesetzlich fixierten Angemessenheitskriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auch bei der Angemessenheitsprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einebnen(so aber Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 91; ähnlich auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2008, K § 22 RdNr 210). Dagegen spricht bereits, dass - wie oben dargestellt - § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II seinerseits für Leistungsberechtigte nach dem SGB II insoweit typischerweise privilegierend wirkt, als dort nur auf die Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks und nicht auch auf dessen Wert abgestellt wird, während nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII Hausgrundstücke von angemessener Größe verwertet werden müssen, wenn deren wirtschaftlicher Wert dies erfordert. Zudem ist zu berücksichtigen, dass nach Maßgabe der oben dargestellten Rechtsprechung auch im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II eine Differenzierung der angemessenen Gesamtwohnfläche nach der Anzahl der zu einem Haushalt gehörenden Personen erfolgt. Darüber hinaus bestimmt § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II mit Blick auf die Vermögensschutztatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II, dass für die Angemessenheit die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend sind und ermöglicht dadurch im Einzelfall eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte als nur der angemessenen Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks. Nicht zuletzt ermöglicht für Härtefälle § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II noch eine Korrektur unbilliger Ergebnisse auch im Rahmen des SGB II(siehe dazu unten b).

42

Dass darüber hinaus die Unterschiedlichkeit der Regelungen zur Verwertung von Hausgrundstücken in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zu einer benachteiligenden Andersbehandlung der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Personen führt, obwohl zwischen ihnen und den Leistungen nach dem SGB XII beanspruchenden Personen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können(vgl zu diesem Maßstab des Bundesverfassungsgerichts für eine iS des Art 3 Abs 1 GG verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung: BVerfGE 112, 368, 401; 116, 229, 238), ist nicht ersichtlich. Aus Gleichbehandlungsgründen ist eine Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rechtsbereich des SGB II nicht erforderlich. Dagegen spricht schon, dass die vor- und nachteiligen Wirkungen der unterschiedlichen Regelungen in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII zur Verwertung von Hausgrundstücken nicht für alle Fallkonstellationen bereits unmittelbar aus den Regelungsunterschieden selbst folgen, sondern einzelfallspezifisch durchaus unterschiedlich ausfallen können. Typischerweise ist sogar die Regelung im SGB II privilegierend im Vergleich zum SGB XII. Wirkt sich diese Privilegierung im Einzelfall nicht aus, zwingt dies nicht aus Gleichbehandlungsgründen zur Anwendung der Regelung im SGB XII. Zudem sind auch die jeweils unterschiedlichen Entstehungshintergründe beider Leistungssysteme, die typisierte Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten für die Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sowie die konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze zu beachten (vgl dazu nur Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, Einleitung RdNr 1 f, 14 ff, 19 ff, 33 ff), an denen der Gesetzgeber seither im Wesentlichen festgehalten hat und die einer Harmonisierung beider Leistungssysteme durch die Rechtsprechung unter Vernachlässigung ihrer unterschiedlichen Normtexte Grenzen setzen (vgl zum Argument der Harmonisierung - in jeweils anderen Zusammenhängen - BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - BSGE 99, 262 = SozR 4-3500 § 82 Nr 3, RdNr 21; BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R - BSGE 106, 62 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6, RdNr 37 ff; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 20/09 R - BSGE 108, 241 = SozR 4-3500 § 82 Nr 8, RdNr 24; BSG Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R, juris RdNr 21; BSG Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R, juris RdNr 18; BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 16/07 R - BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr 7, RdNr 15; vgl allg zur Harmonisierung von SGB II und SGB XII Stölting/Greiser, SGb 2010, 631).

43

Auch eine vergleichende Betrachtung für jeden Einzelfall, ob die Anwendung des Angemessenheitsbegriffs von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II oder von § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII für die Leistungen beanspruchende Person günstiger wäre, ist nicht angezeigt. Soweit die Regelungen zur Verwertungspflicht von unangemessenen Hausgrundstücken in beiden Leistungssystemen unterschiedlich sind, sind sie in ihrer Unterschiedlichkeit im jeweiligen Leistungssystem anzuwenden, weil ihre Harmonisierung verfassungsrechtlich nicht geboten ist. Art 3 Abs 1 GG gebietet keine Identität der Rechtsfolgen in vergleichbaren Lebenslagen. Für unbillige Ergebnisse im Einzelfall sehen beide Gesetze Korrekturmöglichkeiten durch eine Härtefallregelung vor (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II, § 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII).

44

Allerdings führt vorliegend nicht bereits die Anwendung von § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II zu einem anderen, für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Denn für eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte, die mit Blick auf die Lebensumstände der Klägerin während des (begehrten) Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere im Vergleich zu dem üblichen Lebenszuschnitt anderer Leistungsberechtigter (zu dieser Gegenüberstellung vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 79), für eine Angemessenheit des Hausgrundstücks streiten könnten, ergibt sich kein Anhaltspunkt. Der von der Klägerin formulierte Wunsch, das seit 2001 in ihrem Alleineigentum stehende Hausgrundstück als Familienheim und Mehrgenerationenhaus zu erhalten, ist bei der Prüfung der Angemessenheit nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 und Satz 2 SGB II kein rechtlich maßgeblicher Gesichtspunkt. Denn eine Lebensstandardsicherung ist mit den existenzsichernden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, anders als mit der früheren Alhi, nicht bezweckt. Für das SGB II enthält danach zwar § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II eine für alle Vermögensschutztatbestände geltende nähere Konturierung des Angemessenheitsbegriffs, die sich aber von der spezifisch die Verwertung von Immobilienvermögen betreffenden Konkretisierung durch § 90 Abs 2 Nr 8 Satz 2 SGB XII für das SGB XII unterscheidet und vorliegend nicht zugunsten der Klägerin wirkt.

45

Das stimmt auch mit dem oben bereits dargestellten Schutzzweck des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II überein. Zwar ist vom Tatbestandsmerkmal der Selbstnutzung des Hausgrundstücks das Haus als Ganzes erfasst, das von der Leistungen beanspruchenden Person allein oder zusammen mit anderen Personen bewohnt wird. Für die Frage der Angemessenheit der Größe des Hausgrundstücks - genauer: der Gesamtwohnfläche des Hauses - aber ist auf den Haushalt abzustellen, in dem die Leistungen beanspruchende Person wohnt und lebt. Denn bezogen auf die durch die Familie der Tochter der Klägerin genutzte Wohnung im Erdgeschoss, in der diese Familie einen eigenen Haushalt führt, geht es für die Klägerin nicht um den Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung ihres Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt. Sie wohnt und lebt allein in ihrem eigenen Haushalt in der von ihr genutzten Wohnung im Dachgeschoss.

46

Soweit die Revision aus der Entwicklung der Vorschriften und der Rechtsprechung zum Schutz von Immobilienvermögen vor Verwertung von der Alhi zur Grundsicherung für Arbeitsuchende und aus einem Vergleich mit dem Sozialhilferecht vorliegend einen weitergehenden Schutz zugunsten der Klägerin abzuleiten sucht, steht dem der normative Befund entgegen, dass § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II - wie zuvor § 1 Abs 3 Nr 5 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO), an den der Gesetzgeber des SGB II anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1516 S 53) - allein auf das selbst genutzte Hausgrundstück von angemessener Größe abstellt. Ist das Hausgrundstück - wie hier für die Klägerin als allein in ihrem Haushalt lebende Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft - von unangemessener Größe, scheidet ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II aus.

47

Soweit dagegen mit der Revision der Schutz eines angemessenen "kleinen Familienheimes" geltend gemacht wird, steht dahinter die Überlegung, das Haus der Klägerin als Ganzes für die Klägerin und die Familie ihrer Tochter zu erhalten. Der damit formulierte Schutzgedanke hat daher schon zur Voraussetzung, was im Revisionsverfahren noch im Streit war, nämlich dass die Familie der Tochter in die Angemessenheitsprüfung der Größe des Hausgrundstücks der Klägerin nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II einzubeziehen ist. Die begehrte Einbeziehung kommt jedoch aus den vorstehenden Gründen nicht in Betracht. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II stellt - anders als § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII mit seiner Kombination mehrerer die Angemessenheit eines Hausgrundstücks bestimmender Faktoren, mit der der Gesetzgeber des SGB XII an die Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG anknüpfte(vgl BT-Drucks 15/1514 S 66) - für die Angemessenheit der Größe eines Hausgrundstücks eben nicht (auch) auf die Zahl der Bewohner "unter einem Dach" ab (zum Begriff "unter einem Dach" vgl nur Geiger in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2012, § 90 RdNr 45; vgl auch BVerwG Urteil vom 17.1.1980 - 5 C 48/78 - BVerwGE 59, 294, 298: Berücksichtigung derer, um deren "Dach über dem Kopf" es geht), sondern knüpft allein an den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II, in einer Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs 5 SGB II oder zumindest - wie bei Pflegeeltern und Pflegekindern - in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Personen an. Anlass, von dieser Begrenzung abzusehen und eine Ausnahme beim Wohnen von Angehörigen in jeweils eigenen Haushalten in zwei Wohnungen eines Hauses zu formulieren, besteht nicht.

48

b) Obwohl hier, wovon auch das LSG zu Recht ausgegangen ist, ein Vermögensschutz nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II wegen unangemessener Größe des Hausgrundstücks ausscheidet, hält der Senat in der vorliegenden Fallkonstellation eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II für möglich. Nach dieser Vorschrift, deren Wortlaut seit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) unverändert geblieben ist, sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II kommt die Funktion eines Auffangtatbestands und einer allgemeinen Härteklausel zu, die die atypischen Fälle erfassen soll, die nicht durch die ausdrücklichen Ausnahmetatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden(vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 76, 118, mwN).

49

aa) Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 31 ff; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 25; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 28; BSG Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 100/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 19 RdNr 27). Als ein solcher Umstand kommt vorliegend in Betracht, dass ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht geschützt ist, das nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, weil dort die "unter einem Dach" wohnenden Angehörigen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung einbezogen werden, im SGB II aber (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II kann ein vergleichender Blick auf § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII eine Orientierung bieten.

50

Denn sowohl bei dem SGB II als auch bei dem SGB XII handelt es sich hinsichtlich ihrer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ungeachtet der unterschiedlichen Entstehungshintergründe, der typisierten Unterschiedlichkeit der Anspruchsberechtigten sowie der konzeptionellen Unterschiede beider Gesetze um der Existenzsicherung dienende, auf Bedarfsdeckung angelegte und bedürftigkeitsabhängige Leistungssysteme, die mit ihren voneinander getrennten leistungsberechtigten Personenkreisen zwar an verschiedene Lebenslagen anknüpfen (§ 5 Abs 2 SGB II, § 21 SGB XII), aber jeweils der Verwirklichung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) dienen. Ungeachtet ihrer Unterschiede stehen beide Leistungssysteme hinsichtlich ihrer Existenzsicherungsleistungen nicht in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis, sondern gleichrangig und selbstständig nebeneinander in einem Ausschließlichkeitsverhältnis (vgl Voelzke in Hauck/ Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 234 ff; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 21 RdNr 1 ff). Dieses Nebeneinander rechtfertigt es, in vergleichbaren Fallkonstellationen die für diese einschlägigen Regelungen des SGB II und des SGB XII vergleichend in den Blick zu nehmen. Unterscheiden sich die Regelungen in ihren Wirkungen, kann hieraus im Einzelfall ein Anlass zu Harmonisierung zugunsten der Leistungen beanspruchenden Person folgen, die im jeweils anderen Leistungssystem begünstigt wäre.

51

Hierfür spricht mit Blick auf die Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen auch eine Würdigung der Rechtsentwicklung: Die Existenzsicherungsleistungen der Alhi und der Sozialhilfe standen bis zum 31.12.2004 noch in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis (vgl nur Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 46). Nur wer keinen Anspruch auf Alhi hatte oder wessen Bedarf sie nicht vollständig deckte, konnte Anspruch auf Sozialhilfe haben; dies war verbunden mit der Geltung der unterschiedlichen Regelungen zur Verwertung von Immobilienvermögen in § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiVO und § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das SGB II und das SGB XII jeweils tradieren. Wer Sozialhilfe statt oder neben Alhi bezog, für den galt in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation die im Einzelfall günstigere Regelung des § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG, die das Wohnen von Angehörigen "unter einem Dach" berücksichtigte. Seit 1.1.2005 stehen mit ihren leistungsberechtigten Personenkreisen und hinsichtlich ihres Umfangs die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und dem SGB XII nebeneinander. Das SGB XII ist mit seinen Leistungen insoweit kein "unterstes Netz" für die Leistungsberechtigten nach dem SGB II, vielmehr bilden beide Leistungssysteme innerhalb des sozialen Sicherungssystems das "unterste Netz" (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand VI/2011, K § 21 RdNr 9; zur Sozialhilfe als Referenzsystem für Leistungen nach dem SGB II vgl BT-Drucks 15/1514 S 52, wo in diesem Zusammenhang von der Sozialhilfe als das "unterste Netz" der sozialen Sicherung die Rede ist). Der Umstand, dass seither für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation ein Hausgrundstück nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht vor Verwertung geschützt ist, das zuvor nach § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG geschützt sein konnte und nunmehr durch § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII geschützt wäre, kann Anlass für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II sein.

52

Vorliegend wäre nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG und der Aktenlage das Hausgrundstück der Klägerin im Leistungssystem des SGB XII vor seiner Verwertung geschützt. Denn in dem Haus wohnt neben der Klägerin auch die Familie ihrer Tochter, sind diese mit der Klägerin das Haus zusammen bewohnenden Angehörigen nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII in die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Größe des Hauses einzubeziehen, ist das Haus danach mit seiner Gesamtwohnfläche von 129 qm nicht unangemessen groß und überschreitet es auch im Übrigen und insbesondere hinsichtlich seines Wertes nicht die sozialhilferechtlichen Angemessenheitskriterien. Vielmehr handelt es sich um das typische geschützte "Familienheim", das über die Generationen weitergegeben werden soll (vgl zur Novellierung der Vorgängerregelung in § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG so bereits BT-Drucks 11/391 S 5), und dessen Schutz auch der Sinn und Zweck des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII ist(BT-Drucks 15/1514 S 66), das aber in der vorliegenden Fallkonstellation nicht durch § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschützt ist.

53

bb) Für die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II genügt indes nicht diese unterschiedliche Regelungswirkung unterschiedlicher Regelungen. Vielmehr sind für diese Härtefallprüfung ergänzend die konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse in den Blick zu nehmen. Die Einbeziehung auch von Angehörigen, die mit der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, aber nicht mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft oder auch nur in einem gemeinsamen Haushalt leben, liegt jedenfalls nahe, wenn diese Angehörigen ihrerseits hilfebedürftig sind. Andererseits kann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der "unter einem Dach" mitwohnenden Angehörigen zum Ausschluss einer besonderen Härte führen, weil das Haus durch ihre Einbeziehung größer und wertvoller sein darf, verglichen mit einem Abstellen allein auf die Leistungen beanspruchende Person (hier die tatsächlichen 129 qm statt der für die Klägerin allein angemessenen 90 qm). Sinn und Zweck eines Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück aus Härtefallgründen ist es nicht, wirtschaftlich leistungsfähigen Angehörigen einer Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person ein kostenfreies Mitwohnen in einem Haus, dessen Schutz vor Berücksichtigung bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit begehrt wird, zu ermöglichen. Eine besondere Härte läge danach nicht vor, wenn wirtschaftlich leistungsfähige Angehörige mit der Leistungen beanspruchenden Person "unter einem Dach" wohnen, ohne einen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Beitrag für das Wohnen zu leisten.

54

Diese modifizierte Übertragung des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII auf eine vergleichbare Fallkonstellation im Rahmen der Härtefallprüfung nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II wahrt die Besonderheiten des SGB II und schützt vor missbräuchlichen Leistungsinanspruchnahmen, ohne den Gedanken einer Harmonisierung beider Leistungssysteme aus den Augen zu verlieren. Einzubeziehen in die Härtefallprüfung sind die Wertungen des SGB II, die sich ua aus dem Subsidiaritätsgedanken des § 9 Abs 1 SGB II ergeben(vgl zu Facetten des Nachranggrundsatzes Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2013, Einleitung RdNr 306 ff; Siebel-Huffmann in Berlit/Conradis/Sartorius, Handbuch Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Kap 9, RdNr 28; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 9 RdNr 9, 21), und ein Vergleich von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II und § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII, der zeigt, dass der Vermögensschutz für ein Hausgrundstück nach dem SGB II die typischerweise privilegierende Regelung ist. Die Unbilligkeit, die daraus zu folgen vermag, dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Vermögensschutzregelung nach dem SGB XII für eine Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person günstiger wäre, kann die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II rechtfertigen, ohne zu einer Anwendung der Kriterien des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu zwingen, die Modifikationen nicht zulässt. Die Berücksichtigung sozialhilferechtlicher Angemessenheitskriterien nach dem SGB XII im Rahmen der grundsicherungsrechtlichen Härtefallprüfung nach dem SGB II lässt vielmehr Raum für Modifikationen, wie hier eine mit dem ergänzenden Prüfkriterium der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der mitwohnenden Angehörigen formuliert worden ist, um den Sinn und Zweck des Vermögensschutzes für ein Hausgrundstück nach dem SGB II zu wahren. Dieser besteht im Schutz der eigenen Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens und als räumlicher Lebensmittelpunkt der Leistungen beanspruchenden Person, nicht aber im Schutz eines in getrennten Haushalten zusammen ein Haus bewohnenden Familienverbandes um jeden Preis.

55

6. Ausgehend von diesen Maßgaben wird das LSG zu prüfen haben, ob hier eine besondere Härte vorliegt. Dafür spricht, dass die Tochter und der Schwiegersohn der Klägerin ein Darlehen über 75 000 Euro aufgenommen haben und Beiträge für die Tilgung dieses Darlehens leisten, dessen Mittel zumindest teilweise zur Finanzierung von Arbeiten am und im Haus der Klägerin verwandt worden sein sollen. Die näheren Umstände von Darlehensaufnahme, -verwendung, -tilgung und -sicherung wird das LSG aufzuklären haben.

56

Daneben liegt es nahe, die jeweiligen Beiträge der Klägerin und der Familie ihrer Tochter zu den Kosten des Hausgrundstücks und den Kosten des eigenen Wohnens im Haus zu betrachten sowie diese Kostenbeiträge in ein Verhältnis zur jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu setzen.

57

Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, dass eine besondere Härte zu bejahen ist, ist das Hausgrundstück der Klägerin vor Verwertung geschützt und im Rahmen der Prüfung ihrer Hilfebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen. Das LSG wird in diesem Fall noch Feststellungen zum Bedarf der Klägerin, insbesondere zu ihren Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, und zu ihrem zu berücksichtigenden Einkommen, ggf auch aus Leistungen seitens der Tochter und ihres Ehemanns an die Klägerin, zu treffen haben. Erst auf dieser Grundlage kann für die einzelnen Monate des streitbefangenen Zeitraums abschließend entschieden werden, ob und ggf in welcher Höhe die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

58

Wenn das LSG dagegen zu der Überzeugung gelangt, dass auch nach den Maßgaben des Senats eine besondere Härte nicht vorliegt, ist das wirtschaftlich verwertbare, bislang nicht verwertete Hausgrundstück der Klägerin mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen und schließt dies ihre Hilfebedürftigkeit und damit den geltend gemachten Anspruch auf Alg II im streitbefangenen Zeitraum aus. Dies hat das LSG in seinem angefochtenen Urteil, ausgehend von seiner rechtlichen Wertung des Nichtvorliegens einer besonderen Härte, bereits festgestellt und zutreffend begründet.

59

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 22. Februar 2005 in der Fassung in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2005 und der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 30. April 2008 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern Leistungen nach dem SGB II für August 2005 in Höhe von je 791 EUR, für Dezember 2005 in Höhe von je 64 EUR, für Februar 2006 in Höhe von je 741 EUR sowie für August 2006 in Höhe von je 94 EUR zu zahlen.

Im Übrigen werden die Klage und die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger für beide Rechtszüge zu 1/5 zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) für die Zeit vom 22. Februar 2005 bis 6. Oktober 2006. Die am. 1960 geborene Klägerin bewohnt mit ihrem Ehemann, dem am 1956 geborenen Kläger, ein ihnen gehörendes 100 qm großes Eigenheim, auf einem 1.500 qm großen Grundstück. Die Warmwasserbereitung erfolgte zentral über die Heizungsanlage. Zur Finanzierung des Eigenheims hatten die Kläger Bausparverträge bei der B ... Deutsche B.sparkasse abgeschlossen. Das Bauspardarlehen mit der Nr ... wurde seit 30. Juni 2004 getilgt mit einer Tilgungsrate von 103,80 EUR/Monat. Hinzu kamen im Jahr 2005 Zinsen in Höhe von 452,51 EUR und im Jahr 2006 in Höhe von 417,10 EUR, die jeweils im Dezember des jeweiligen Jahres dem Konto belastet wurde. Die Darlehenssumme betrug 17.167,85 EUR, wobei sie Ende 2005 nach auf 9.496,60 EUR und Ende 2006 noch auf 8.748,46 EUR valutierte. Die Kläger zahlten zudem auf ein Vorausdarlehen (Nr. ) in Jahren 2005 und 2006 Zinsen in Höhe von 72,60 EUR/Monat. Das Darlehen diente der Zwischenfinanzierung bis der Zuteilungsreife des Bausparvertrages in Höhe von 17.600 EUR. Die Zuteilung erfolgte am 15. März 2011. Für das Eigenheim hatten die Kläger mithin im streitgegenständlichen Zeitraum folgende Aufwendungen (Beträge in Euro):

2

(nachfolgender Absatz im Original als Tabelle dargestellt )

3

2005
Jan      Feb      Mrz      Apr      Mai      Jun      Jul      Aug      Sep      Okt      Nov      Dez
Grundsteuer      35,82      35,82      35,82      35,82
Schuldzinsen      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      525,11
Tilgung      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80
Wasser      131,73      29,00      29,00      29,00
Abwasser      86,25      50,00      50,00      50,00
Abfall      30,91      12,96
Schornsteinf.       49,72
Geb. vers.       201,44
Heiz.wart. 117,00
Heizöl      1.590,64
Brennstoffe       173,40
Summe      176,40      430,20      226,12      176,40      291,22      207,31      189,36      2.083,30      349,80      293,40      291,22      628,91

2006
Jan      Feb      Mrz      Apr      Mai       Jun      Jul      Aug      Sep       Okt
Grundsteuer      35,82      35,82      13,86      42,75
Schuldzinsen      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60      72,60
Tilgung      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80      103,80
Wasser      108,18      29,00      29,00
Abwasser      55,29      48,00      48,00
Abfall      55,81
Schornsteinf.       49,72
Geb.vers.       119,38
Heizöl       1.569,48
Brennstoffe       64,20      64,20      170,00
Summe      176,40      2.009,37      290,32      176,40      289,22      190,26      1.295,78      469,15      176,40      232,21

4

Die Beträge für Wasser und Abwasser ergeben sich rechnerisch aus den Abrechnungen des Wasserver- bzw. -entsorgers.

5

Für das Jahr 2005 hatten die Kläger ausweislich der Abrechnung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes "E -E ...-J ..." (WAZV) vom 23. Januar 2004 bis 3. Januar 2005 einen Verbrauch von Wasser in Höhe von 110,78 EUR. Darauf hatten sie 2004 keine Abschläge bezahlt. Unter Abzug der 2004 fälligen Abschläge in Höhe von 87 EUR (29 EUR x 3) ergab sich eine Nachforderung des WAZV in Höhe von 23,78 EUR. Zu den 23,78 EUR addiert sich die Mindestgebühr in Höhe von 107,95 EUR. Die Kosten der Abwasserentsorgung lagen für den Zeitraum vom 23. Januar 2004 bis 3. Januar 2005 ausweislich der Abrechnung des WAZV bei 294,25 EUR. Im Jahr 2004 hatten die Kläger statt der fälligen Abschläge in Höhe von 208 EUR (52 EUR x 4) nur 52 EUR gezahlt. Nach den o.g. Grundsätzen ergab sich eine bedarfserhöhende Nachforderung in Höhe von 86,25 EUR.

6

Im Jahr 2006 lagen die Verbrauchskosten der Kläger für den Bezug von Wasser für den Zeitraum vom 4. Januar 2005 bis 11. Januar 2006 bei 119,40 EUR. 2005 hatten die Kläger keine Abschläge geleistet, obgleich solche in Höhe von 87 EUR fällig gewesen waren. Es ergab sich mithin eine tatsächliche Nachzahlung in Höhe von 32,40 EUR. Hinzu zu addieren ist die Mindestgebühr in Höhe von 75,76 EUR, sodass sich ein Gesamtbedarf in Höhe von 108,18 EUR ergab. Die Kosten für das Abwasser beliefen sich für den o.g. Zeitraum auf 205,29 EUR. Im Jahr 2005 fällige Abschläge in Höhe von 150 EUR hatten die Kläger wiederum nicht gezahlt. Es ergab sich ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 55,29 EUR.

7

Die Klägerin bezog bis 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Dem Kläger, der bis 25. Juli 2004 Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch des Sozialgesetzbuches (Arbeitsförderung – SGB III) in Höhe von 25,26 EUR/Tag bezog, wurde im streitgegenständlichen Zeitraum Krankengeld in Höhe von 34,59 EUR täglich, mithin monatlich 1.037,70 EUR gezahlt. Für den außerhalb des Haushalts lebenden Sohn der Klägerin war nach ihren Angaben im Wege der Abzweigung das Kindergeld direkt an ihn ausgezahlt worden. Die Zahlung wurde mit Bescheid vom Februar 2005 (genaues Datum ist nicht erkennbar) ab Januar 2005 aufgehoben. Im Jahr 2006 erhielten die Kläger nach eigenen Angaben Zahlungen aus der Flutopferhilfe. Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 3. März 2007 von der D. R ...versicherung M ab 1. Februar 2005 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt. Der Nachzahlungsbetrag der Rente floss ihm im Jahr 2007 zu. Ab 7. Oktober 2006 erhielt er wieder Arbeitslosengeld in Höhe von 26,11 EUR/Tag.

8

Der Kläger unterhielt einen Skoda Octavia (Baujahr 2002), den er im März 2003 für 16.500 EUR erworben hatte. Den Kauf finanzierte er durch einen Kredit in Höhe von 15.009,12 EUR, auf den er monatliche Zahlungen von 208,46 EUR zu leisten hatte. Die Kfz-Haftpflichtversicherung betrug von Januar bis Juli 2005 14,69 EUR/Monat, von Juli bis Dezember 2005 26,03 EUR/Monat, und von Juli bis Dezember 2006 22,34 EUR/Monat. Für die Zeit vom Januar bis Juni 2006 haben die Kläger trotz Aufforderung keine Unterlagen vorgelegt. Den PKW hatte er Vollkasko versichert. Ferner hatte der Kläger Kosten für eine erweiterte Haushaltsversicherung in Höhe von 12,67 EUR/Monat und für eine Unfallversicherung für sich und seine Ehefrau in Höhe von 11,23 EUR/Monat zu tragen.

9

Die Kläger stellten am 17. Januar 2005 beim Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 22. Februar 2005 lehnte er eine Leistungsgewährung ab. Die Kläger seien nicht hilfebedürftig.

10

Dagegen erhoben die Kläger Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung, die Regelsätze seien verfassungswidrig. Den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) seien die Kosten für Instandhaltungs- und Werterhaltungsmaßnahmen hinzuzurechnen. Weiterhin seien die Kosten für eine Wohnung in J nicht berücksichtigt. Diese sei angemietet worden, um einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen zu können. Aufgrund bestehender Kündigungsfristen müsse diese noch bis 31. März 2005 finanziert werden. Der Heizkostenbedarf betrage im Übrigen 5.500 bis 6.000 EUR/Jahr.

11

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2005 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Neben der Regelleistung seien monatliche KdU in Höhe von 69,92 EUR zuzüglich der nach den Vorgaben des Landkreises zu berücksichtigenden Heizkosten in Höhe von 65,44 EUR/Monat als Bedarf zugrunde zu legen. Die Kosten der Zweitwohnung in J seien nicht in die Bedarfsberechnung einzubeziehen. Diese stünden nicht im Zusammenhang mit der Erzielung eines Einkommens. Dem Gesamtbedarf in Höhe von 877,91 EUR stünde ein Einkommen in Höhe von 1.037,70 EUR in Form des Krankengeldes gegenüber, das - um gesetzlichen Abzüge bereinigt - 978,32 EUR betrage. Zusammen mit dem Kindergeld, das an den Sohn weitergeleitet worden sei und nicht der Abzweigung unterlegen habe, könnten die Kläger ihren Bedarf decken.

12

Mit der am 12. Dezember 2005 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau eingelegten Klage haben die Kläger ihr Begehren auf Leistungsgewährung ab 22. Februar 2005 weiterverfolgt. Die KdU seien ebenso wenig in vollem Umfang berücksichtigt wie die Ausgaben für Versicherungen in Höhe von 110,24 EUR/Monat. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30. April 2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, den Bedarf in Höhe von 954,66 EUR/Monat könnten die Kläger durch das zu berücksichtigende Einkommen von mindestens 978,32 EUR/Monat decken. Zum Bedarf gehörten neben der Regelleistung monatliche KdU in Höhe von maximal 358,66 EUR. Ohne Berücksichtigung der Heizkosten seien ihnen durchschnittlich 122,99 EUR an KdU entstanden. Hinsichtlich der Heizkosten hat es einen monatlichen Durchschnittsverbrauch von 322 l, mithin eine monatliche Kostenbelastung in Höhe von 133,73 EUR errechnet. Davon seien die Kosten der Warmwasserbereitung in Abzug zu bringen. Als Einkommen hat das Sozialgericht das vom Kläger bezogene Krankengeld in Höhe von 1037,70 EUR/Monat zu Grunde gelegt. Hiervon seien nur die Versicherungspauschale in Höhe von 30 EUR und die Kosten der Kfz-Haftpflichtversicherung in Abzug zu bringen.

13

Gegen den ihnen am 6. Mai 2008 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 2. Juni 2008 Berufung eingelegt. Im Wesentlichen haben sie zur Begründung ausgeführt, die Kosten der von ihnen unterhaltenen Versicherungen müssten vom Einkommen in Abzug gebracht, die Tilgungsleistungen bei den KdU berücksichtigt werden.

14

Die Kläger sollten beantragen, den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 30. April 2008 und des Bescheides vom 22. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2005 vom 22. Februar 2005 bis 6. Oktober 2006 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

15

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Es bestünden Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung. Im Übrigen sei die erstinstanzliche Entscheidung nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtskate und die Verwaltungsakten Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

16

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) der Kläger ist nach § 144 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der ab 1. April 2008 gültigen Fassung statthaft. Der Berufungswert liegt über 750 EUR. Die Kläger begehren Leistungen für den Zeitraum vom 22. Februar 2005 bis 6. Oktober 2006 in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung der tatsächlichen KdU und der tatsächlichen Ausgaben für private Versicherungen. Allein im Monat August 2005 ergibt sich ein Anspruch, der über dem Berufungswert von 750 EUR liegt.

17

Streitgegenstand ist das Begehren der Kläger, vom Beklagten Leistungen nach dem SGB II für den o.g. Zeitraum zu erhalten. Zwar hatten die Kläger bereits am 17. Januar 2005 einen Antrag auf Leistungen gestellt. Sie haben in der Klage vom 9. Dezember 2005 den Leistungsanspruch jedoch auf die Zeit ab 22. Februar 2005 begrenzt. Ab 7. Oktober 2006 hat der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II bewilligt. Die Berufung ist für die Monate August und Dezember 2005 sowie Februar und August 2006 teilweise begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

18

Die Kläger sind zur Überzeugung des Senats dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung.

19

Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten, sind nach § 7 Abs. 1 SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

20

Die Kläger sind im streitigen Zeitraum im passenden Alter sowie erwerbsfähig gewesen, und sie haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt. Der Hilfebedürftigkeit der Kläger steht insbesondere nicht das in ihrem Eigentum stehende Einfamilienhaus entgegen. Dieses unterfällt nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II dem Schonvermögen. Danach ist als Vermögen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nicht zu berücksichtigen. Zur Bestimmung der Angemessenheit ist auf das II. Wohnungsbaugesetz (II. WoBauG) zurückzugreifen. So hat das Bundessozialgericht (BSG) für Eigentumswohnungen in Anlehnung an § 39 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 II. WoBauG bei einer Belegung der Wohnung mit zwei Personen typisierend die Grenze auf 80 qm festgesetzt, bei einer Belegung mit vier Personen auf 120 qm, mithin auf 20 qm pro Person mehr (BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 2/05 R, R. 22, Juris). Dieser Grenzwert ist für Eigenheime auf etwa 90 qm bzw. 130 qm zu erhöhen, da Häuser i.d.R. aufgrund größerer Flure und Treppenhäuser mehr Fläche aufweisen (BSG, Urteil vom 15. April 2008, B 14/7b AS 34/06 R, Rn. 26,27, Juris). Das Eigenheim, das die Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum zu zweit bewohnten, liegt in einer zu J. gehörenden, ca. 300 Einwohner zählenden ländlichen Gemeinde. Die Wohnfläche des Hauses überschreitet zwar die Angemessenheitsgrenze. In Anbetracht der Lage des Hauses ist aber nach den Erkenntnissen des Senats nicht davon auszugehen, dass sich das Grundstück in absehbarer Zeit (bezogen auf die hier streitgegenständliche Bewilligungsabschnitte) veräußern ließ.

21

Auch die Grundstücksgröße hindert nicht die Annahme eines angemessen großen Grundstücks. Es ist in einem insgesamt ländlich geprägten Raum gelegen. Die Größe des Grundstücks ist dort ortsüblich. Sonstige - den Leistungsanspruch ausschließende - Vermögenswerte sind nicht vorhanden. So stellt der PKW kein verwertbares Vermögen dar. Im Jahr 2005 war das Auto bereits zweieinhalb Jahre alt. Die Kläger hatten im Januar 2005 erst 4.586,12 EUR des zum Erwerb des PKW aufgenommenen Kredits in Höhe von 15.009,12 EUR abgezahlt. Es war zu diesem Zeitpunkt mithin noch mit 10.423 EUR belastet. Selbst unter außer Acht lassen des Wertverlustes überschritt der Wert nicht die Angemessenheitsgrenze von 7.500 EUR. Die Höhe der den Klägern im streitigen Zeitraum zustehenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts ergibt sich aus § 20 SGB II. Die Kläger bildeten als Ehepaar nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II eine solche Bedarfsgemeinschaft. Nach § 20 Abs. 3 SGB II beträgt die monatliche Regelleistung für Personen einer Bedarfsgemeinschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, jeweils 90 vom Hundert der Regelleistung nach Absatz 2 (§ 20 SGB 2 in der Fassung vom 30. Juli 2004), mithin 297,90 EUR. Ab 1. Juli 2006 hat sich die Regelleistung auf 310,50 EUR/Person erhöht. Entgegen der klägerischen Ansicht scheidet eine höhere als die vom Beklagten entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen ausgewiesene Regelleistung aus. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09) waren zwar die Vorschriften des § 20 Abs. 2 und 3 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung verfassungswidrig, jedoch weiter anwendbar. Eine Verfassungsbeschwerde mit dem Ziel der rückwirkenden Bewilligung höherer Leistungen vor Verkündung des Urteils hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (Nichtannahmebeschluss vom 14. März 2010,1 BvR 395/09). Dem hat der Senat nichts hinzuzufügen. Zum Regelbedarf sind die KdU hinzuzurechnen.

22

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit ist anhand der Wohnraumgröße und des Wohnraumstandards zu ermitteln (vgl. grundlegend BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 18/08 R, Rn. 16 ff.). Ob die kalten Betriebskosten für das Eigenheim angemessen sind, kann vorliegend dahinstehen. Zwar ist der Grundsicherungsträger nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nur verpflichtet, die tatsächlichen KdU zu übernehmen, soweit diese angemessen sind. Waren diese Kosten unangemessen hoch, so sind sie nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II als Bedarf des Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen, wie es ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Auf die Unangemessenheit hat der Leistungsträger den Hilfebedürftigen hinzuweisen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 10/06 R, Juris, Rn. 29). Eine solche Kostensenkungsaufforderung hat der Beklagte den Klägern vorliegend nicht erteilt. Der Senat geht daher von den tatsächlich monatlich angefallenen KdU aus. Diese setzen sich aus den für das Eigenheim aufzubringenden Kosten wie Grundsteuer, Wasserver- und -entsorgung, Abfallgebühren, Gebühren für den Schornsteinfeger, die Kosten der Heizungswartung und der Gebäudeversicherung sowie den Heizkosten zusammen.

23

Außer in den Monaten August und Dezember 2005 sowie Februar und August 2006 (s. unten) ergibt sich kein Leistungsanspruch der Kläger.

24

Im Jahr 2005 ist exemplarisch für die übrigen Monate des Jahres der Monat Februar 2005 für die Berechnung heranzuziehen, da in diesem Monat die tatsächlichen KdU am höchsten sind (430,20 EUR). Die KdU sind lediglich in Höhe von 364,11 EUR als Bedarf zu berücksichtigen. Zu den KdU gehören die von den Klägern zur Finanzierung des Eigenheims aufzuwendenden Schuldzinsen. Die Kläger zahlen 72,60 EUR/Monat an die B. B.sparkasse zur Abgeltung der auf ein Vorausdarlehen fälligen Zinsen.

25

Einen weitergehenden Anspruch auch auf Übernahme der Tilgungsleistungen haben die Kläger nicht. Zwar ist nach der Rechtsprechung des BSG die Übernahme von Tilgungsleistungen durch den Grundsicherungsträger im Ausnahmefall möglich. Die Mehrung des Vermögens des Hilfebedürftigen sei bei Abwägung der widerstreitenden Zielvorgaben (Sicherung der Wohnung – keine Vermögensmehrung durch den Grundsicherungsträger) jedenfalls dann hinzunehmen, wenn ohne Übernahme der Tilgungsleistungen durch den Grundsicherungsträger der Verlust des selbstgenutzten Wohneigentums droht und der Kredit bereits weitgehend abgezahlt worden ist. Ist die Erbringung von Tilgungsleistungen notwendig, um die Wohnung weiter nutzen zu können und wäre ohne Fortführung der Tilgung eine Aufgabe der Wohnung unvermeidlich, hat bei wertender Betrachtung der Gesichtspunkt der Vermögensbildung zurückzutreten (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/11b AS 67/0AS 67/06 R, Rn. 27. Juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Finanzierung des Wohneigentums war im streitgegenständlichen Zeitraum nicht weitgehend abgeschlossen. Die Kreditsumme belief sich auf insgesamt 34.167,85 EUR, Ende 2005 noch auf 27.096,60 EUR und Ende 2006 noch auf 26.348,46 EUR. Insoweit brauchte der Senat nicht weiter zu ermitteln, ob die Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum oder kurz zuvor versucht hatten, die Tilgungsraten auszusetzen. Nur die im Februar 2005 entstandenen Aufwendungen für die Wasserver- und entsorgung in Höhe von 217,98 EUR sind im Rahmen der KdU in die Bedarfsberechnung einzubeziehen. Die im Jahr 2004 nicht gezahlten Abschläge stellen sich im Jahr 2005 als Schulden dar, die nach § 22 Abs. 5 SGB II a.F. vom Beklagten nur dann zu übernehmen gewesen wären, wenn der Verlust der Unterkunft gedroht hätte. Einen entsprechenden Antrag haben die Kläger jedoch nicht gestellt.

26

Die Kosten der Wassererwärmung sind in Abzug zu bringen. Bei einheitlicher Bereitstellung von Warmwasser und Heizenergie besteht ein Anspruch nach § 22 SGB II in voller Höhe, von dem aber zur Vermeidung von Doppelleistungen die im Regelsatz enthaltenen Anteile abzuziehen sind (BSG, 6. April 2011, B 4 AS 16/10 R, Rn. 13, Juris). Nur wenn der Energieverbrauch für die Wassererwärmung durch gesonderte und exakte Messung erfasst wird, können die dafür anfallenden Abschläge abgesetzt werden. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Da in der Regelleistung bereits ein Anteil für die Kosten der Warmwasserbereitung in Höhe von 5,37 EUR/Monat/Person enthalten war, ist mithin ein entsprechender Abzug in Höhe von 10,74 EUR bei den KdU vorzunehmen.

27

Im Februar 2005 ist ferner die fällige Grundsteuer In Höhe von 35,82 EUR vom Beklagten zu übernehmen. Die Kosten der Zweitwohnung sind als KdU nicht zu berücksichtigen, denn diese wurde im streitgegenständlichen Zeitraum nicht bewohnt. Die tatsächliche Nutzung einer Wohnung ist Voraussetzung für die Leistungsgewährung (vgl. Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 1. Juli 2010, L 11 AS 442/09, Rn. 14, Juris).

28

Es ergibt sich mithin für Februar 2005 ein Gesamtbedarf von 949,17 EUR.

29

Dem Bedarf ist das Einkommen gegenüberzustellen. Nach § 11 Abs.1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigten mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

30

Im Februar 2005 hatte der Kläger als Einkommen das Krankengeld in Höhe von 1.037,70 EUR. Von diesem Einkommen sind die Versicherungspauschale in Höhe von 30 EUR nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 3 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld - Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) in den vom 1. Januar 2005 bis 30. September 2005 gültigen Fassung und die monatlichen Beiträge zur Kfz-Versicherung in Höhe von 26,03 EUR in Abzug zu bringen. Auch bei der Einkommensbereinigung sind die Kosten der Zweitwohnung nicht zu berücksichtigen. Es sind keine notwendigen Aufwendungen, die im streitgegenständlichen Zeitraum der Erzielung des Einkommens dienen (§ 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II).

31

Ebenso wenig sind die Kosten der übrigen von den Klägern geltend gemachten Versicherungen in Abzug zu bringen. So fallen die Kosten für die Haushaltsversicherung und die Unfallversicherung bereits der Summe nach unter die Versicherungspauschale. Die Kosten einer Vollkaskoversicherung sind nicht gesetzlich vorgeschrieben und daher nicht zu berücksichtigen (vgl. auch BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, B 14/7b AS 32/06 R, Rn. 52, Juris).

32

Es ergibt sich folglich ein anzurechnendes Einkommen in Höhe von 981,67 EUR, das den Bedarf der Kläger im Februar 2005 übersteigt.

33

Im August 2005 ergibt sich ein Leistungsanspruch für die Kläger in Höhe von je 791 EUR. Neben der Regelleistung in Höhe von insgesamt 595,80 EUR sind als Bedarf die KdU in Form der Grundsteuer (35,82 EUR), die Kosten für Trinkwasser (29 EUR) und Abwasser (50 EUR), der Jahresbeitrag zur Wohngebäudeversicherung (201,44 EUR) und die Schuldzinsen (72,60 EUR) zu berücksichtigen. Die Kläger haben zudem in diesem Monat Heizöl bezogen und dafür 1.590,64 EUR bezahlt. Die Kosten sind in voller Höhe zu übernehmen, da die Kläger auf eine etwaig vorliegende Unangemessenheit der Heizkosten vom Beklagten für den streitgegenständlichen Monat nicht hingewiesen worden waren. Erst mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2005 wies sie der Beklagte darauf hin, dass die "Obergrenze" für Heizkosten bei zwei Personen 65,44 EUR/Monat betrage. Die Kosten der Warmwasserbereitung in Höhe von 10,74 EUR sind in Abzug zu bringen.

34

Dem Gesamtbedarf in Höhe von 2.564 EUR steht ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 981,67 EUR gegenüber, so dass sich unter Anwendung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II ein Anspruch in Höhe von gerundet (§ 41 Abs. 2 SGB II) 791 EUR/Person ergibt.

35

Im Dezember 2005 ergibt sich ein Leistungsanspruch der Kläger in Höhe von je 64 EUR. Der Gesamtbedarf in Höhe von 1.110,17 EUR setzt sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von 595,80 EUR und den zu berücksichtigenden KdU in Höhe von 525,11 EUR. Dies sind die Schuldzinsen, die die Kläger jeweils in diesem Monat für ihren Bausparkredit zu zahlen hatten. Das anzurechnende Einkommen beträgt wiederum 981,67 EUR, sodass sich der o.g. Anspruch der beiden Kläger ergibt (§§ 9 Abs. 2 Satz 3, 41 Abs. 2 SGB II).

36

Im Jahr 2006 flossen den Klägern Gelder aus der Flutopferhilfe zu. Der Senat musste keine näheren Ermittlungen anstellen, in welchem Monat und in welcher Höhe die Kläger aus diesem Fond finanzielle Mittel erhielten. Nach Art. 1 der Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Beseitigung von Schäden an vom Hochwasser der Elbe sowie ihrer Zuflüsse betroffenen Wohngebäuden in Sachsen-Anhalt (Richtlinien LSA Hochwasserschäden Wohngebäude 2002, Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt 2002, S. 1079) ist die Leistung zweckgebunden für die Instandsetzung von vom Hochwasser betroffener Häuser, mithin nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen.

37

Im Februar 2006 ergibt sich ein Leistungsanspruch der Kläger in Höhe von je 741 EUR. Der Gesamtbedarf setzt sich zusammen aus den Regelleistungen in Höhe von 595,80 EUR und den in diesem Monat anfallenden KdU in Höhe von insgesamt 1.894,80 EUR (Grundsteuer: 35,82 EUR, Trinkwasser: 108,18 EUR, Abwasser: 55,29 EUR, Schuldzinsen: 72,60 EUR, Heizkosten: 1.633,65 EUR abzüglich der Kosten der Warmwasserbereitung: 10,74 EUR). Die KdU sind einschließlich der Heizkosten in voller Höhe vom Beklagten zu übernehmen. Sein Hinweis im Widerspruchsbescheid vom 11. November 2005 auf die "Obergrenze" der Heizkosten erfüllt nicht den Tatbestand einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung. Diese ist ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, Rn. 40). Zwar wurden die Kläger über die angemessenen Heizkosten aufgeklärt. Es fehlte allerdings der Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Überschreitung dieser Angemessenheitsgrenze.

38

Diesem Gesamtbedarf war das Einkommen des Klägers in Höhe von 1.037,70 EUR, bereinigt um die Versicherungspauschale gegenüberzustellen. Kfz-Versicherungsbeiträge waren nicht in Abzug zu bringen, da keine Nachweise über deren Höhe zu den Akten gereicht wurden. Es ergibt sich der o.g. Leistungsanspruch.

39

Für den Monat August 2006 ergibt sich ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II für die Kläger in Höhe von je 94 EUR. Die zum 1. Juli 2006 erhöhten Regelleistungen betrugen für beide Kläger 621 EUR. Unter Hinzurechnung der KdU in Höhe von insgesamt 552,59 EUR (Grundsteuer: 42,75 EUR, Trinkwasser: 29 EUR, Abwasser: 48 EUR, Wohngebäudeversicherung: 201,44 EUR, Schuldzinsen: 72,60 EUR, Heizkosten: 170 EUR abzüglich der Kosten der Warmwasserbereitung: 11,20 EUR) ergibt sich ein Gesamtbedarf in Höhe von 1.173,59 EUR. Diesem ist das um die Versicherungspauschale und die Beiträge zur Kfz-Versicherung in Höhe von 22,34 EUR bereinigte Einkommen des Klägers in Höhe von 985,36 EUR gegenüberzustellen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da die Kläger gemessen an ihrem Begehren der Leistungsbewilligung für 20 Monate teilweise obsiegt haben, waren die Kosten zu quoteln (§ 92 ZPO). Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.


Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefasst war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln. Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Fall des § 104 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden und Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet, soweit nicht durch das Steuergeheimnis (§ 30 der Abgabenordnung) geschützte Verhältnisse Dritter unbefugt offenbart werden.

(2) Wenn das Bekanntwerden von Urkunden, elektronischer Dokumente oder Akten oder von Auskünften dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge aus anderen Gründen als nach Absatz 1 nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheimgehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung elektronischer Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern. Satz 1 gilt in den Fällen des § 88 Absatz 3 Satz 3 und Absatz 5 Satz 4 sowie des § 156 Absatz 2 Satz 3 der Abgabenordnung entsprechend.

(3) Auf Antrag eines Beteiligten stellt der Bundesfinanzhof in den Fällen der Absätze 1 und 2 ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung elektronischer Dokumente oder die Verweigerung der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Auf Aufforderung des Bundesfinanzhofs hat die oberste Aufsichtsbehörde die verweigerten Dokumente oder Akten vorzulegen oder zu übermitteln oder ihm die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige oberste Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes einer Übergabe oder Übermittlung der Dokumente oder der Akten an den Bundesfinanzhof entgegenstehen, wird die Vorlage nach Satz 3 dadurch bewirkt, dass die Dokumente oder Akten dem Bundesfinanzhof in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 3 vorgelegten oder übermittelten Dokumente oder Akten und für die gemäß Satz 6 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 78 nicht. Die Mitglieder des Bundesfinanzhofs sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Dokumente oder Akten und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

Bevor das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet, kann es zur besseren Aufklärung der Sache einzelne Beweiserhebungen anordnen. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

Der Vorsitzende des Gerichts kann auch von Amts wegen die Herbeischaffung weiterer als Beweismittel dienender Gegenstände anordnen.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.

(2) Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kann ein Land in Fällen von besonderer Bedeutung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung seiner Polizei anfordern, wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte. Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern.

(3) Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizeikräfte einsetzen. Maßnahmen der Bundesregierung nach Satz 1 sind jederzeit auf Verlangen des Bundesrates, im übrigen unverzüglich nach Beseitigung der Gefahr aufzuheben.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

Tenor

1. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten Nr. 2 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg vom 30.11.2004 - 4 T 145/04 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht Freiburg zurückverwiesen.

2. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 27.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
1. Die im Jahr 1909 geborene Erblasserin ist am 05.08.1994 ledig und kinderlos verstorben. Bis zu ihrem Tod lebte sie mit ihrer ebenfalls ledigen und kinderlosen Schwester, der im Jahr 1921 geborenen Beteiligten Nr. 1, zusammen. Der Beteiligte Nr. 2 war seit Ende 1985 oder Anfang 1986 der Hausarzt zunächst der Erblasserin, dann auch - seit 1986 - der Beteiligten Nr. 1. Als weitere Verwandte der Erblasserin und der Beteiligten Nr. 1 sind lediglich die Söhne ihrer beiden vorverstorbenen Geschwister bekannt.
Die Erblasserin hat zwei eigenhändig geschriebene und unterschriebene Testamente hinterlassen.
Im ersten Testament vom 11.11.1971 hat sie folgendes bestimmt:
„Mein letzter Wille -Testament.
Für den Fall, daß mir irgendetwas passiert, setze ich meine Schwester
H. D., geb. 20.7.21 in B.
wh Freiburg, H-str. 30
als alleinigen Erben für meinen ganzen Besitz ein.
Freiburg, den 11.11.71
10 
E. D.“.
11 
Dieses Testament hat die Erblasserin durch das zweite Testament vom 15.10.1987 wie folgt ergänzt:
12 
„Zusatz zu meinem Testament vom 11.11.71
13 
Wie schon geschrieben, setze ich meine Schwester, H. D., geb. 20.7.21 in B. zu meinem alleinigen Erben für meinen ganzen Besitz ein. Nachdem ich jahrelang auf eine Verständigung mit meinem Neffen P. K., geb. am ... in..., wh. in ... gewartet habe und dieser trotz aller Bemühungen unsererseits sich nicht geneigt zeigte, ein einigermaßen gutes Verhältnis mit uns herbeizuführen, sehe ich mich veranlaßt, mein gesamtes Eigentum nach dem Tod meiner Schwester H. D. Herrn Dr. R. R., Arzt, Praxis in: ... zu vermachen. - Auch die gesamte Familie meines Neffen P. K., sowie meines Neffen W. D. samt Familie schließe ich von dem mir zu vererbenden Besitz aus.
E. D.
14 
..., den 15. Oktober 1987“.
15 
2. Unter Verwendung eines Antragsformulars hat die Beteiligte Nr. 1 mit Schriftsätzen ihres damaligen Verfahrensbevollmächtigten, Rechtsanwalt Werner H., vom 07.12.1994 und vom 22.12.1994 beim Nachlassgericht beantragt, ihr einen Erbschein dahin zu erteilen, dass die Erblasserin von ihr allein beerbt und mit dem Tod der Vorerbin eintretende Nacherbfolge angeordnet worden sei; Nacherbe sei der Beteiligte Nr. 2. In dem ansonsten maschinenschriftlich ausgefüllten Antragsformular war in Spalte 12. b) durch mit der Hand erfolgtes Ankreuzen des Wortes „nicht“ angegeben, dass Befreiung von den gesetzlichen Beschränkungen nicht angeordnet sei.
16 
Unter dem 29.12.1994 hat Rechtsanwalt H. dem Nachlassgericht die Beendigung seines Mandates angezeigt. Mit Schriftsatz vom 10.01.1995 haben die nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten Nr. 1 deren Vertretung angezeigt und den von ihr gestellten Erbscheinsantrag zurückgenommen.
17 
Mit Anwaltsschriftsatz vom 22.01.2004 hat die Beteiligte Nr. 1 Erteilung eines Erbscheins dahin beantragt, dass sie von Verfügungsbeschränkungen befreite alleinige Vorerbin der Erblasserin sei. Sie hat die Auffassung vertreten, die Erblasserin habe eine Befreiung von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen gewollt; die Befreiung sei im Testament durch die Formulierung angedeutet, die Beteiligte Nr. 1 sei „alleinige Erbin meines gesamten Besitzes“. Diesem Antrag ist der Beteiligte Nr. 2 mit Anwaltsschriftsatz vom 20.02.2004 insoweit entgegengetreten, als die Vorerbin danach als von den gesetzlichen Beschränkungen befreit bezeichnet werden soll.
18 
3. Mit Beschluss vom 05.05.2004 hat das Nachlassgericht angekündigt, einen dem Antrag der Beteiligten Nr. 1 entsprechenden Erbschein zu erteilen.
19 
Hiergegen hat der Beteiligte Nr. 2 mit Anwaltsschriftsatz vom 27.05.2004 Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, das Nachlassgericht zur Erteilung eines Erbscheins anzuweisen, in dem die Beteiligte Nr. 1 als nicht befreite Vorerbin mit dem Beteiligten Nr. 2 als Nacherben bezeichnet ist. Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
20 
Mit Beschluss vom 30.11.2004 hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die mit Anwaltsschriftsatz vom 05.01.2005 eingelegte weitere Beschwerde des Beteiligten Nr. 2, mit der er seinen im Erstbeschwerdeverfahren gestellten Antrag weiterverfolgt.
II.
21 
Die weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 FGG) und auch begründet.
22 
Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
23 
1. Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt, mit ihrem ergänzenden Testament vom 15.10.1987 habe die Erblasserin verfügt, dass die Beteiligte Nr. 1 von den gesetzlichen Beschränkungen befreite Vorerbin und der Beteiligte Nr. 2 Nacherbe sein sollen. Die Befreiung der Vorerbin sei im Testament zwar nicht ausdrücklich angeordnet. Dies sei aber auch nicht erforderlich. Es genüge, wenn der entsprechende Wille des Erblassers im Testament - wenn auch nur andeutungsweise oder versteckt - zum Ausdruck komme. Dann könnten auch außerhalb des Testaments liegende Umstände zu seiner Auslegung herangezogen werden. Dass die Beteiligte Nr. 1 von Verfügungsbeschränkungen befreit sei, ergebe sich bei einer Zusammenschau der in ihrer Gesamtheit die Erklärung des Erblasserwillens bildenden Testamente vom 11.11.1971 und vom 15.10.1987. In beiden zeitlich weit auseinander liegenden Testamentsurkunden habe die Erblasserin die Beteiligte Nr. 1 zur alleinigen Erbin eingesetzt. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass die Erblasserin dem Begriff „alleinige Erbin“ im Testament vom 15.10.1987 eine wesentlich andere Bedeutung hätte beilegen wollen als im ursprünglichen Testament vom 11.11.1971, nach dem die Beteiligte Nr. 1 in jeder Hinsicht in der Verfügung über den Nachlass frei gewesen wäre. Dass hieran im Zusammenhang mit der Einsetzung des Beklagten Nr. 2 als Nacherbe etwas hätte geändert werden sollen, sei nicht erkennbar. Die weitere Auslegung des ergänzenden Testaments vom 15.10.1987 ergebe vielmehr, dass für die Anordnung der Nacherbschaft weniger der Aspekt der Zuwendung von Vermögen an den Beteiligten Nr. 2 als der Gesichtspunkt ausschlaggebend gewesen sei, die beiden Neffen samt deren Familien vom Erbe auszuschließen. Die Annahme einer befreiten Vorerbschaft werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Beteiligte Nr. 2 in der Zeit bis zur Errichtung des Testaments vom 15.10.1987 ein enges und vertrautes Verhältnis zur Erblasserin gehabt und diese ihn möglicherweise als „Ersatz“ für ihren Neffen Peter gesehen habe. Aus der Formulierung, dass dem Nacherben das „gesamte Eigentum“ vermacht werde, ließen sich hinreichende Anhaltspunkte für eine Beschränkung der Erbenstellung der Vorerbin nicht gewinnen. Für die Annahme einer befreiten Vorerbschaft spreche zudem, dass es sich beim Beteiligten Nr. 2 zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung zwar um eine der Erblasserin vertraute Person gehandelt haben möge, andererseits aber nicht ersichtlich sei, dass und aus welchen Gründen sie sich für sein materielles Wohl und seine Vermögensverhältnisse hätte verantwortlich fühlen sollen. Darauf, ob die in dem von Rechtsanwalt H. für die Beteiligte Nr. 1 eingereichten Erbscheinsantrag von Dezember 1994 enthaltene Bemerkung zur fehlenden Befreiung von den gesetzlichen Beschränkungen wie behauptet zwischen der Beteiligten Nr. 1 und Rechtsanwalt H. im einzelnen besprochen gewesen sei, komme es nicht an. Dies ergebe sich daraus, dass für die Annahme einer befreiten Vorerbschaft nicht die Auffassung der Beteiligten Nr. 1 oder ihres früheren Verfahrensbevollmächtigten von der richtigen Auslegung des Testaments, sondern der in ihren letztwilligen Verfügungen seinen Ausdruck findende Wille der Erblasserin maßgeblich sei.
24 
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 FGG, § 546 ZPO) im Ergebnis nicht stand.
25 
a) Zutreffend ist freilich der Ausgangspunkt des Landgerichts, wonach die beiden Testamente vom 11.11.1971 und vom 15.10.1987 in ihrer Gesamtheit die Erklärung des Erblasserwillens bilden: Nach dem ausdrücklichen Willen der Erblasserin sollte ihre frühere Verfügung durch die spätere ergänzt, also nicht aufgehoben oder widerrufen werden (vgl. BayObLGZ 1997, S. 59 ff., 64; Staudinger/Otte, BGB, 2003, Rdn. 68 vor § 2064). Damit wollte sie das früher Erklärte insoweit fortgelten lassen, als es nicht im Widerspruch zu dem im letzten Testament Verfügten steht. Ob und inwieweit ein solcher Widerspruch besteht, ist dann im Rahmen der Auslegung der als Einheit zu sehenden Verfügung zu überprüfen.
26 
b) Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht die letztwillige Verfügung in Bezug auf die Frage, ob die Beteiligte Nr. 1 befreite oder nicht befreite Vorerbin ist, als auslegungsbedürftig angesehen. Indessen hat es nahe liegende Möglichkeiten zur Ermittlung des Willens der Erblasserin nicht ausgeschöpft und damit den maßgeblichen Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Die angefochtene Entscheidung kann daher nicht bestehen bleiben, auch wenn es sich bei der vom Landgericht durchgeführten Ermittlung des Erblasserwillens um vom Rechtsbeschwerdegericht nur in beschränktem Umfang nachprüfbare Tatsachenfeststellungen handelt (vgl. BGHZ 121, 357 ff., 363; Meyer-Holz, in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl. 2003, Rdn. 49 zu § 27 m.w.N.).
27 
aa) Die Erblasserin hat eine Befreiung der Vorerbin jedenfalls nicht ausdrücklich angeordnet. Dies ist zwar - wie das Landgericht richtig ausgeführt hat - auch nicht erforderlich, vielmehr genügt es, wenn der Befreiungswille im Testament selbst irgendwie, wenn auch nur andeutungsweise oder versteckt, zum Ausdruck kommt (BGH, FamRZ 1970, S. 192 ff., 193; BayObLG, FamRZ 2005, S. 65 ff., 67 m.w.N.). Lässt indessen der für die Auslegung der letztwilligen Verfügung maßgebliche Wortlaut Zweifel offen, so ist das Nachlassgericht bzw. das an seine Stelle getretene Beschwerdegericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 2358 Abs. 1 BGB, §12 FGG) gehalten, den Erblasserwillen unter Berücksichtigung aller ihm zugänglicher - auch außerhalb des Testaments liegender (vgl. BGH, NJW 1993, S. 256 f.; Otte, in: Staudinger, BGB, 2003, Rdn. 75 vor § 2064) - Umstände, insbesondere auch durch Erhebung der von den Beteiligten angegebenen Beweise, zu ermitteln. Von einer weiteren Sachaufklärung darf nur dann abgesehen werden, wenn von ihr ein sachdienliches Ergebnis nicht zu erwarten ist (BGHZ 40, S. 54 ff., 57; BayObLGZ 2001, S. 203 ff., 207; BayObLG, NJW-RR 1997, S. 7 ff., 8; allgemein zum Umfang der Ermittlungspflicht etwa Schmidt, in: Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., Rdn. 71 und 118 ff. zu § 12). Ob der Ermittlungspflicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist, ist eine im Rechtsbeschwerdeverfahren zu überprüfende Rechtsfrage.
28 
bb) Als entscheidend für seine Auffassung, die Beteiligte Nr. 1 sei als Vorerbin von den gesetzlichen Beschränkungen befreit, hat das Landgericht den Umstand angesehen, dass sie sowohl im ersten als auch im zweiten Testament als „alleiniger Erbe“ bezeichnet wurde. Dabei verkennt es nicht, dass die Einsetzung als alleiniger Erbe für sich allein nicht ausreicht, einen Anhaltspunkt für einen Befreiungswillen zu geben (vgl. RGZ 134, S. 277 ff., 280; BGH, FamRZ 1970, S. 192 ff., 193; Avenarius, Anm. zu OLG Düsseldorf, FamRZ 1998, S. 389 f., 390; ders., in: Staudinger, BGB, 2003, Rdn. 18 zu § 2136). Entgegen der Auffassung des Landgerichts reicht aber auch der Umstand, dass die Beteiligte Nr. 1 mit dem ersten und später ergänzten Testament zur Vollerbin eingesetzt worden war, für sich allein nicht aus, eine Befreiung der Vorerbin anzudeuten. Die vom Landgericht herangezogene Begründung, es ergäben sich „keine Anhaltspunkte dafür, dass die Erblasserin der Verwendung der Worte "alleinige Erbin" im ergänzenden Testament vom 15.10.1987 eine wesentlich andere Bedeutung hätte beilegen wollen als im ursprünglichen Testament vom 11.11.1971“ (BLG S. 7), erscheint schon deshalb als nicht stichhaltig, weil sich durch die Wiederholung nichts daran ändert, dass die Begriffe „Alleinerbe“ und „nicht befreiter Vorerbe“ unterschiedlichen Kategorien angehören und kein Gegensatzpaar bilden. Dafür, dass die Erblasserin im zweiten Testament anders als im ersten Testament der Bezeichnung „alleiniger Erbe“ - jedenfalls: auch - eine die Verwaltungsbefugnis der Vorerbin betreffende Bedeutung beilegen wollte, wären Anhaltspunkte erforderlich. Als solche hat das Landgericht lediglich herangezogen, dass die Erblasserin mit Anordnung der Nacherbfolge ihre beiden Neffen mit Familien vom Erbe ausschließen wollte, und dass sie mit der Beteiligten Nr. 1 bis zur Testamentserrichtung zusammengelebt habe und nicht ersichtlich sei, weshalb sie sich für das materielle Wohl und die Vermögensverhältnisse des Beteiligten Nr. 2 - den sie allenfalls ca. 22 Monate vor Testamentserrichtung kennen gelernt habe - hätte verantwortlich fühlen sollen. Diesen Umständen kommt zwar im Rahmen der Ermittlung des Erblasserwillens ein gewisses Gewicht zu. Dieses ist aber nicht so stark, dass weitere nahe liegende Erkenntnismöglichkeiten nicht zu nutzen wären.
29 
cc) Zu diesen zu nutzenden Erkenntnismöglichkeiten gehören die Anhörung beider Beteiligter sowie - was vom Beteiligten Nr. 2 jeweils auch beantragt war - Vernehmung des früheren Anwalts der Beteiligten Nr. 1 und die Beiziehung der die zwischen den Beteiligten bereits geführten streitigen Verfahren betreffenden Gerichtsakten. Es kann erwartet werden, dass sich hieraus Aufschlüsse über das von der Erblasserin bei der Testamentserrichtung Gewollte ergeben. Dabei ist es - entgegen der Auffassung des Landgerichts - durchaus von Bedeutung, weshalb die Beteiligte Nr. 1 zunächst durch ihren damaligen Anwalt einen sie als nicht befreite Vorerbin ausweisenden Erbschein beantragt hat. Es liegt nämlich keineswegs fern, dass die beiden Schwestern ihr Testierverhalten miteinander und aufeinander abgestimmt haben, so dass der Beteiligten Nr. 1 das von der Erblasserin Gewollte bekannt geworden sein könnte. Der frühere Anwalt der Beteiligten Nr. 1 wäre dazu zu befragen, ob dem ursprünglichen Erbscheinsantrag entsprechende Äußerungen seiner Mandantin zugrunde lagen. Sollte die Beteiligte Nr. 1 - wie bisher - ihren früheren Anwalt nicht von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden (vgl. §§ 383 Abs. 1 Nr. 6; 385 Abs. 2 ZPO), so läge darin eine Beweisvereitelung, die zum Nachteil der die Feststellungslast tragenden (vgl. Grunsky, in: Münchener Kommentar BGB, 4. Aufl. 2004, Rdn. 2 zu § 2136; Avenarius, in: Staudinger, BGB, 2003, Rdn. 13 zu § 2136) Beteiligten Nr. 1 berücksichtigt werden könnte (Schmidt, in: Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., Rdn. 216 zu § 12 m.w.N. in Fn. 1313; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. 2005, Rdn. 13 zu § 385 und Rdn. 14 zu § 286). Die namens der Beteiligten Nr. 1 von ihrem jetzigen Verfahrensbevollmächtigten für die Verweigerung der Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht genannte Begründung - ihr früherer Anwalt sei zwar nach außen formal als Vertreter der Beteiligten Nr. 1 aufgetreten, habe ihren Interessen aber nicht nahe gestanden (AS 167); es bestehe Anlass zu der Vermutung, er werde bei einer Aussage gezielt versuchen, den Interessen der Beteiligten Nr. 1 zu schaden (AS 169) - läuft darauf hinaus, die Glaubwürdigkeit des Zeugen und die Glaubhaftigkeit einer von ihm zu erwartenden Aussage zu bestreiten. Die Bewertung einer Zeugenaussage ist aber ureigenste Aufgabe des Gerichts, an deren Erfüllung es die Verfahrensbeteiligten nicht hindern können, ohne damit das Risiko einer ihnen nachteiligen Würdigung einzugehen. Eine Verweigerung der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht könnte auch nicht mit der vom Nachlassgericht gegebenen Begründung als von geringem Gewicht angesehen werden, es sei davon auszugehen, dass der Zeuge aufgrund des langen Zeitablaufs auf seine allgemein korrekte Arbeitsweise und seine Rechtskenntnisse verweisen werde, ein Fehler ihm kaum erinnerlich sein und er „sich hierzu schwerlich bekennen wollen“ werde. Denn darin läge die unzulässige Vorwegnahme der Würdigung eines noch nicht erhobenen Beweises (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., Rdn. 12 zu § 286 m.w.N.).
30 
Auf die persönliche Anhörung der Beteiligten zur Sachaufklärung kann im vorliegenden Fall nicht deshalb verzichtet werden, weil von ihnen schriftsätzlich Stellung genommen worden ist (vgl. BayObLGZ 1997, S. 59 ff.; 64). Nach dem Vortrag des Beteiligten Nr. 2 ist die Beteiligte Nr. 1 leicht beeinflussbar und unterliegt auch im vorliegenden Verfahren fremden Einflüssen. Zur Beurteilung, inwieweit dies zutrifft - ob sie insbesondere bei der ersten Erbscheinsbeantragung Einflüssen des Beteiligten Nr. 2 oder ihres damaligen Anwalts unterlag und ob sie bei Rücknahme des ersten und der Stellung des zweiten Antrags sowie im vorliegenden Verfahren fremdbestimmt war oder ist -, bedarf es des persönlichen Eindrucks von den Beteiligten.
31 
3. Nach allem kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Er war daher aufzuheben. Da die Sache nicht entscheidungsreif ist, war sie an das Landgericht zurückzuverweisen. Dieses wird das Testament unter Heranziehung aller Umstände erneut auszulegen und auch über die Kosten der weiteren Beschwerde zu entscheiden haben.
III.
32 
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Über die Kosten, auch über die des Rechtsbeschwerdeverfahrens, wird vielmehr das Landgericht zu entscheiden haben.
33 
Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 30 Abs. 2 KostO.

(1) Das Gericht hat erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen.

(2) Zur Vorbereitung jedes Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts insbesondere

1.
den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen;
2.
Behörden oder Träger eines öffentlichen Amtes um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung amtlicher Auskünfte ersuchen;
3.
das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen;
4.
Zeugen, auf die sich eine Partei bezogen hat, und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden sowie eine Anordnung nach § 378 treffen;
5.
Anordnungen nach den §§ 142, 144 treffen.

(3) Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 und, soweit die Anordnungen nicht gegenüber einer Partei zu treffen sind, 5 sollen nur ergehen, wenn der Beklagte dem Klageanspruch bereits widersprochen hat. Für die Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 gilt § 379 entsprechend.

(4) Die Parteien sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen. Wird das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet, so gelten die Vorschriften des § 141 Abs. 2, 3.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden und Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet, soweit nicht durch das Steuergeheimnis (§ 30 der Abgabenordnung) geschützte Verhältnisse Dritter unbefugt offenbart werden.

(2) Wenn das Bekanntwerden von Urkunden, elektronischer Dokumente oder Akten oder von Auskünften dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge aus anderen Gründen als nach Absatz 1 nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheimgehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung elektronischer Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern. Satz 1 gilt in den Fällen des § 88 Absatz 3 Satz 3 und Absatz 5 Satz 4 sowie des § 156 Absatz 2 Satz 3 der Abgabenordnung entsprechend.

(3) Auf Antrag eines Beteiligten stellt der Bundesfinanzhof in den Fällen der Absätze 1 und 2 ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung elektronischer Dokumente oder die Verweigerung der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Auf Aufforderung des Bundesfinanzhofs hat die oberste Aufsichtsbehörde die verweigerten Dokumente oder Akten vorzulegen oder zu übermitteln oder ihm die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige oberste Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes einer Übergabe oder Übermittlung der Dokumente oder der Akten an den Bundesfinanzhof entgegenstehen, wird die Vorlage nach Satz 3 dadurch bewirkt, dass die Dokumente oder Akten dem Bundesfinanzhof in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 3 vorgelegten oder übermittelten Dokumente oder Akten und für die gemäß Satz 6 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 78 nicht. Die Mitglieder des Bundesfinanzhofs sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Dokumente oder Akten und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

Tatbestand

1

I. Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2012 beantragte der Kläger und Antragsteller (Antragsteller) in dem seine Geschäftsführerhaftung wegen Umsatzsteuer 2002 und 2003 betreffenden Klageverfahren beim Finanzgericht (FG) gemäß § 86 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Feststellung durch den Bundesfinanzhof (BFH), dass die Weigerung der Vorlage des vollständigen Berichts zum Umsatzsteuerbetrug der Firmengruppe B des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D und des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung K vom 15. September 2011 durch den Beklagten und Antragsgegner (Finanzamt --FA--) rechtswidrig ist.

2

Dieser Bericht, den das FG nicht angefordert hatte, war dem FG zusammen mit vom FG angeforderten Handakten der Umsatzsteuerprüfung versehentlich übermittelt und vom FG auf entsprechenden Hinweis an das FA zurückgesandt worden. Dies erfolgte zugleich mit dem Hinweis an die Beteiligten, dieser Bericht sei nicht Bestandteil der Akten, die das Gericht der Entscheidungsfindung zugrunde legen werde.

3

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass § 86 FGO nicht nur dann anwendbar sei, wenn das FA Aktenteile nach Aufforderung durch das FG nicht übersendet, sondern auch dann, wenn dem FG vorliegende Aktenteile vom FA erfolgreich zurückgefordert werden, so dass sie dem FG nicht mehr vorliegen.

Entscheidungsgründe

4

II. Der Antrag ist unzulässig.

5

1. Nach § 86 Abs. 1 FGO sind Behörden grundsätzlich zur Vorlage von Urkunden und Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Nach Abs. 2 der Vorschrift kann die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung elektronischer Dokumente und die Erteilung von Auskünften verweigert werden, wenn die Vorgänge aus bestimmten Gründen geheim gehalten werden müssen. Nach Abs. 3 der Vorschrift stellt der BFH auf Antrag eines Beteiligten in den Fällen der Abs. 1 und 2 ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, die Übermittlung elektronischer Dokumente oder die Verweigerung der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen.

6

2. § 86 Abs. 3 FGO setzt voraus, dass das FG im finanzgerichtlichen Verfahren die Vorlage der betreffenden Unterlagen oder die Erteilung von Auskünften angeordnet hatte und die ersuchte Behörde sich daraufhin geweigert hat, dieser Aufforderung nachzukommen (BFH-Beschluss vom 18. Juli 2006 X B 65/06, BFH/NV 2006, 1699). Voraussetzung einer Feststellung i.S. von § 86 Abs. 3 Satz 1 FGO ist daher, dass das FG, wenn es im Rahmen eines bei ihm anhängigen Verfahrens Steuerakten vom FA anfordert und diese nicht vollständig vorgelegt werden, weiterhin, d.h. auch noch zum Zeitpunkt der erstrebten Entscheidung des BFH, auf der lückenlosen Vorlage besteht.

7

An einer derartigen Aufforderung durch das FG fehlt es im Streitfall, so dass die Voraussetzungen für ein Feststellungsverfahren nach § 86 Abs. 3 FGO nicht vorliegen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kommt die Anwendung dieser Vorschrift auf andere Fallgestaltungen, bei denen eine gerichtliche Anordnung zur Aktenvorlage fehlt, nicht in Betracht. Insbesondere reicht eine Rückforderung von dem FG vorliegenden Aktenteilen durch das FA nicht aus.

8

3. Einer Beiladung der obersten Aufsichtsbehörde nach § 86 Abs. 3 Satz 4 FGO bedarf es nicht, wenn --wie hier-- der Antrag nach § 86 Abs. 3 FGO unzulässig ist und die Interessen der obersten Aufsichtsbehörde daher nicht betroffen sein können.

9

4. Bei dem Verfahren nach § 86 Abs. 3 FGO handelt es sich um ein unselbständiges Zwischenverfahren, so dass es keiner eigenständigen Kostenentscheidung bedarf (BFH-Beschlüsse vom 16. Januar 2013 III S 38/11, BFH/NV 2013, 701; vom 14. November 2006 IX B 156/06, BFH/NV 2007, 473). Der I. und der X. Senat des BFH haben auf Anfrage mitgeteilt, dass sie an ihrer gegenteiligen Auffassung in den Beschlüssen vom 17. September 2007 I B 93/07 (BFH/NV 2008, 387) und vom 15. Oktober 2009 X S 9/09 (BFH/NV 2010, 54) nicht festhalten (BFH-Beschlüsse vom 7. November 2013 X ER-S 3/13 und vom 13. November 2013 I ER-S 1/13). Soweit der I. Senat des BFH dies auf den Fall beschränkt hat, dass der Antrag nach § 86 Abs. 3 FGO erfolglos geblieben ist und/oder die im Rahmen des § 86 Abs. 3 FGO in Anspruch genommene Behörde Beteiligte auch des Hauptsacheverfahrens ist, sind diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:

1.
a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;
b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
2.
a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen;
4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch;
5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
Maßgeblich sind die Beträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gelten. Soweit am Wohnsitz der Partei aufgrund einer Neufestsetzung oder Fortschreibung nach § 29 Absatz 2 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch höhere Regelsätze gelten, sind diese heranzuziehen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt bei jeder Neufestsetzung oder jeder Fortschreibung die maßgebenden Beträge nach Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 und nach Satz 5 im Bundesgesetzblatt bekannt. Diese Beträge sind, soweit sie nicht volle Euro ergeben, bis zu 0,49 Euro abzurunden und von 0,50 Euro an aufzurunden. Die Unterhaltsfreibeträge nach Satz 3 Nr. 2 vermindern sich um eigenes Einkommen der unterhaltsberechtigten Person. Wird eine Geldrente gezahlt, so ist sie an Stelle des Freibetrages abzusetzen, soweit dies angemessen ist.

(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.

(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.

(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor dem Senat mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann die Revision nicht gestützt werden.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe gelten sinngemäß.

(2) Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(3) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(4) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(5) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 3 und 4 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(6) § 79a Absatz 4 gilt entsprechend.

(7) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 3 und 4 ist die Erinnerung an das Gericht gegeben. Die Frist für die Einlegung der Erinnerung beträgt zwei Wochen. Über die Erinnerung entscheidet das Gericht durch Beschluss.

(8) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 3 bis 7 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor dem Senat mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann die Revision nicht gestützt werden.