Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 21. Juli 2017 - 1 S 1240/16

bei uns veröffentlicht am21.07.2017

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. Mai 2016 - 4 K 2062/14 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen die Gültigkeit der Gemeinderatswahl der Stadt Heidelberg am 25.05.2014, insbesondere weil sie die Teilnahme der 16 und 17 Jahre alten Jugendlichen an der Wahl für rechtswidrig halten. Die Kläger sind Einwohner der Stadt Heidelberg und waren wahlberechtigt. Die Stadt Heidelberg gab das Ergebnis der Gemeinderatswahl am 04.06.2014 öffentlich bekannt, in korrigierter Form am 02.07.2014.
Mit Schreiben vom 10.06.2014 erhoben die Kläger Einspruch gegen die Wahl. Diesem waren 119 Wahlberechtigte beigetreten. Zur Begründung trugen sie vor, es liege ein ergebniserheblicher Wahlfehler vor, weil das in § 12 GemO verankerte Wahl- und Stimmrecht der 16 und 17 Jahre alten Minderjährigen gegen Art. 25 Abs. 1 und 2, Art. 26 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1, Art. 64 Abs. 1 Satz 2 LV verstoße. Die Verfassung definiere den Begriff des „Volkes“ einheitlich im Sinne eines baden-württembergischen Staatsvolks, von dem alle Staatsgewalt ausgehen müsse. Das Landesstaatsvolk umfasse daher nur die Gruppe der volljährigen Deutschen, die in Baden-Württemberg wohnten oder sich sonst gewöhnlich aufhielten. Minderjährige, Staatenlose, Personen, denen das Wahlrecht kraft Richterspruchs entzogen worden sei, seien nicht Teil des Staatsvolks. Dies müsse auch für die kommunale Ebene gelten. Eine andere Lesart widerspreche der Einheitlichkeit der Legitimationsgrundlagen von Wahlen nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG. Zudem könnten Doppelabstimmungen von EU-Bürgern vorgekommen sein.
Mit gesonderten Bescheiden vom 04.07.2014 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die Wahleinsprüche der Kläger zurück. Der Wahleinspruch sei zulässig, jedoch unbegründet. Nach § 14 Abs. 1 GemO seien Bürger im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt und hätten ein Stimmrecht in sonstigen Gemeindeangelegenheiten. Wer Bürger sei, bestimme § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO. Die Kommunalwahlen seien in Art. 72 LV geregelt. Dabei habe sich der Verfassungsgeber in den Absätzen 1 und 2 auf die Bestimmung von Grundzügen beschränkt und die Einzelheiten in Absatz 3 dem einfachen Gesetzgeber überlassen. Von der Ermächtigung in Art. 72 Abs. 3 LV habe der Gesetzgeber in einwandfreier Form durch Art. 1 Nr. 1 lit. a) des Gesetzes vom 16.04.2013 Gebrauch gemacht. An der Verfassungsmäßigkeit der getroffenen Bestimmungen bestünden keine Zweifel. Gegen Art. 25 Abs. 1 und 2, 72 Abs. 1, 64 Abs. 1 Satz 2 LV, Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 2, 79 Abs. 3 GG könne die Festlegung des Wahlalters schon deshalb nicht verstoßen, weil die genannten Bestimmungen dieses nicht regelten. Rechtsirrig sei, das Wahlalter in die Begriffe des „Volkes“ bzw. „Staatsvolkes“ hineinzulesen. Der thematisch nicht einschlägige Art. 29 GG treffe keine Bestimmung über das Wahlalter. Dies treffe auch für den nur für die Wahl zum Deutschen Bundestag geltenden Art. 38 Abs. 2 GG zu. Das Verhältnis von Art. 72 LV zu Art. 26 LV sei durch den 1995 angefügten Art. 26 Abs. 8 LV abschließend geklärt. Hiernach gehe Art. 72 LV den Bestimmungen in Art. 26 Abs. 1 bis 7 LV als lex specialis umfassend vor. Art. 72 Abs. 3 LV eröffne dem einfachen Gesetzgeber auch die Festlegung des Wahlalters. Das Vorbringen zu Doppelabstimmungen von EU-Bürgern sei nicht nachvollziehbar.
Am 16.07.2014 erhoben die Kläger ihre auf Ungültigerklärung und Wiederholung der Wahl gerichtete Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe und machten geltend, das neue Minderjährigenwahlrecht sei als grundgesetz- und landesverfassungswidrig einzustufen. Es sei insgesamt verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber in der GemO (§ 12 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 2 GemO) - gleichheitswidrig - nicht auch für Minderjährige eine Vorschrift eingefügt habe, wonach die minderjährigen Wähler vom Wahlrecht ausgeschlossen seien, wenn bei diesen die Voraussetzungen für eine Betreuung im Sinne von §§ 1896 ff. BGB, abgesehen von der Voraussetzung der Volljährigkeit, vorlägen. Sowohl das Grundgesetz als auch die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts gingen davon aus, dass es mehrere Volksbegriffe in der Verfassung gebe. Je nach Sinnzusammenhang gebe es das sogenannte Bundes- bzw. Landesaktivstaatsvolk (die Summe der auf Bundes- bzw. Landesebene wahl- und stimmberechtigten Bürger) oder aber das Volk im soziologisch-ethnologisch-politischen Sinne (die Gesamtheit der deutschen Bürger, unabhängig von ihrer Wahlberechtigung), d. h. unter Einschluss auch derjenigen deutschen Staatsangehörigen, die z.B. aufgrund einer gerichtlich angeordneten Betreuung, aufgrund rechtskräftig ausgesprochenen Verlusts des Wahl- und Stimmrechts und/oder aufgrund Nichterreichens des Wahlalters nicht wählen und somit nicht Ausgangspunkt der Staatsgewalt sein könnten. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23.10.1951 (- 2 BvG 1/51 - juris Rn. 133) sei das „Landesvolk“ die nach Art. 118 Satz 2 GG entscheidungsberechtigte Bevölkerung, die sich nur auf Volljährige beziehe. Die Abstimmungen des Volkes im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG seien nur die Fälle des Art. 29 GG, weshalb nur Art. 29 GG Aufschluss darüber gebe, wer das Volk im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG sei, welches die Staatsgewalt auch durch Abstimmungen ausübe. Wenn 16- und 17-jährige Deutsche (bzw. wegen des Art. 71 Abs. 3 LV und Art. 28 Abs. 3 Satz 3 GG auch EU-Ausländer) Teil des Volkes im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG bzw. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 LV wären, dann wären die Art. 26 Abs. 1 LV und Art. 38 Abs. 2 GG verfassungswidriges Verfassungsrecht, da Art. 20 GG und Art. 25 Abs. 1 Satz 1 LV Teil der Ewigkeitsklausel der Art. 79 Abs. 3 GG und Art. 64 Abs. 1 LV seien. Die Auffassung des Regierungspräsidiums habe zur Folge, dass sowohl Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG als auch Art. 25 Abs. 2 Satz 1 LV selbst geisteskranken Deutschen und deutschen Kleinkindern objektiv-rechtlich verbürge, dass (auch) von diesen die Staatsgewalt ausgehen müsse. Dies sei abwegig; auch grammatikalisch würde eine solche Differenzierung keinen Sinn ergeben, da die Volksbegriffe in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG (Art. 25 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 LV) ersichtlich das gleiche Volk, das Aktivvolk, meinten und identisch seien. Nur in diesem Sinne sei es möglich, den Volksbegriff in der Präambel, in Art. 146 GG und in Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 2 GG identisch auszulegen, wie es das Bundesverfassungsgericht im Lissabon-Urteil getan habe. Hier sei klargestellt, dass unter Volk im Sinne von Art. 146 GG nur die Wahlberechtigten, das heißt das Aktivvolk zu verstehen sei. Somit bestehe das Volk im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2, 28 Abs. 1 Satz 2 GG nur aus den volljährigen Deutschen. Das Grundgesetz sehe keine „Öffnungsklausel“ für den auf Landes- und Kommunalebene identischen Volksbegriff vor, soweit „nur“ Landtags- oder Gemeinderatswahlen betroffen seien. Dies ermögliche auch Art 72 Abs. 3 LV nicht. Keinesfalls könne aus Art. 26 Abs. 8 LV eine Sperrwirkung für alle Absätze des Art. 26 LV für die kommunale Ebene hergeleitet werden. Sinn und Zweck des Art. 26 Abs. 8 LV sei es, den Leser der Verfassung darauf hinzuweisen, dass die grundsätzlich allgemeinen Bestimmungen der vorangegangenen Absätze dieses Verfassungsartikels durch Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV modifiziert würden. Durch Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV werde das - bundesverfassungsrechtlich vorgegebene - Kriterium „Deutscher“ im Sinne von Art. 26 Abs. 1 LV den Staatsbürgerschaften der EU gleichgestellt, weshalb für die EU-Ausländer natürlich dann auch die Altersgrenze des Art. 26 Abs. 1 LV gelte. Die Auffassung des Beklagten führe zu dem abwegigen Ergebnis, dass es dem einfachen Gesetzgeber für die kommunale Ebene verwehrt wäre zu verlangen, dass der Wahlberechtigte eine bestimmte Aufenthaltsdauer im Land bzw. der jeweiligen Kommune oder eine Hauptwohnung in der Gemeinde vorweisen müsse. Denn Art. 26 Abs. 7 LV gelte - nach der Auffassung des Beklagten - nicht für die kommunale Ebene und Art. 72 Abs. 3 LV gebe dem einfachen Gesetzgeber nur das Recht, das Nähere zu den in Art. 72 Abs. 1, 2 LV dargelegten Grundsätzen zu regeln. Wenn der verfassungsändernde Gesetzgeber im Einklang mit der Auffassung des Beklagten Art. 26 Abs. 1 bis 8 LV von der kommunalen Ebene hätte abkoppeln wollen, so würde er zumindest teilweise gegen die Ewigkeitsklausel und gegen Bundesrecht (Art. 79 Abs. 3 GG bzw. Art. 64 Abs. 1 LV) verstoßen. Das in Art. 26 Abs. 1 LV vorgesehene Wahlalter von 18 Jahren sei bundesrechtlich vorgegeben. Selbst wenn Art. 26 Abs. 8 LV eine Sperrwirkung gegenüber der kommunalen Ebene beinhalten sollte, würde eine Sperrwirkung nur gegenüber Art. 26 Abs. 4 LV ausreichen. Selbst dann hätte Art. 26 Abs. 8 LV einen eigenständigen Anwendungsbereich.
Der Beklagte trat der Klage entgegen und machte ergänzend geltend, die Bestimmungen der Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 2, 79 Abs. 3 GG und Art. 25 Abs. 1, 64 Abs. 1, 72 Abs. 1 LV regelten das Wahlalter nicht. Die Auffassung der Kläger, wonach die Volksbegriffe in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG bzw. Art. 25 Abs. 1 LV identisch seien, bedürfe nicht der Erörterung, da einerseits die Auffassung der Kläger, das Volk im Sinne von Art. 20 Abs. 2 GG sei einheitlich nur das Aktivvolk, erkennbar unzutreffend sei und andererseits auch eine zum Teil vorgenommene Differenzierung zwischen den Volksbegriffen in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG nicht den Schluss zu tragen vermöge, dass die §§ 12, 14 GemO verfassungswidrig seien. Denn unter dem Gesichtspunkt demokratischer Legitimation komme es - von der unabdingbaren Grundlage des Deutschen Volkes ausgehend - auf die Wahlberechtigung im Legitimationsakt an. Auch ein Verstoß gegen Art. 26 LV scheide aus. Die Absätze 1 bis 7 des Art. 26 LV seien nicht anwendbar für Kommunalwahlen. Die Bestimmung einer Mindestwohndauer als Voraussetzung des Wahlrechts zum Gemeinderat für den einfachen Gesetzgeber folge aus Art. 72 Abs. 3 LV. Der Maßstab des Art. 25 Abs. 1 LV werde durch Art. 26 Abs. 8 LV nicht derogiert. Art. 26 Abs. 8 LV verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht, weil die Vorschrift das Staatsvolk als Legitimationssubjekt nicht berühre. Unrichtig sei, dass der (einfache) Gesetzgeber auf der Grundlage der Rechtsauffassung des beklagten Landes Deutschen oder EU-Ausländern ohne Wohnsitz in einer baden-württembergischen Kommune am Wahltag das Kommunalwahlrecht einräumen könne. Dem stünden Art. 72 Abs. 1, 71 Abs. 1 LV entgegen. Die §§ 12, 14 GemO seien auch ansonsten mit höherrangigem Recht vereinbar.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab (Urteil vom 11.05.2016 - 4 K 2062/14 - juris). § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 sei mit dem Grundgesetz, sonstigem Bundesrecht und der Landesverfassung für Baden-Württemberg vereinbar. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 2, Art. 38, Art. 29, Art. 28 Abs. 1 GG stünden der Einführung des aktiven Wahlrechts durch den Landesgesetzgeber für Kommunalwahlen für 16- bis 18-Jährige nicht entgegen. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG bestimme selbst, wer das Volk sei, das in Wahlen, Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Staatsgewalt ausübe: Es sei das Staatsvolk der Bundesrepublik. Das Volk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgehe, werde nach dem Grundgesetz von den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen gebildet. Die Zugehörigkeit zum Staatsvolk der Bundesrepublik werde also grundsätzlich durch die Staatsangehörigkeit vermittelt. Auch andere Regelungen des Grundgesetzes, die einen Bezug zum Volk aufwiesen, die Präambel, Art. 33 Abs. 1 und 2, Art. 56, Art. 64 Abs. 2,Art. 146 und Art. 116 GG ließen keinen Zweifel daran, dass Staatsvolk das deutsche Volk sei. "Volk" im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG seien wie im Rahmen von Art. 20 Abs. 2 GG nur die (im jeweiligen Wahlgebiet ansässigen) deutschen Staatsangehörigen und die ihnen gleichgestellten Personen im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG. Denn das in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltene Gebot, dass die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des demokratischen Staates im Sinne des Grundgesetzes entsprechen müsse, werde in den Sätzen 2 bis 4 näher konkretisiert. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG ergänze Satz 1, indem er die Einrichtung einer Vertretung des Volkes in den Ländern, Kreisen und Gemeinden vorschreibe und zugleich Wahlgrundsätze bestimme, die bei deren Wahl zu beachten seien. Volk im Sinne dieser Verfassungsnormen und damit Legitimationssubjekt sei das jeweilige Bundes- oder Landesstaatsvolk. Nur in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG entfalle die Beschränkung auf das deutsche Volk für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU. Entgegen der Ansicht der Kläger sei der Volksbegriff des Art. 20 Abs. 2 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht auf ein bestimmtes Wahlalter beschränkt. Die Zugehörigkeit zum Volk im Sinne des Art. 20 Abs. 1 GG bestimme sich vielmehr allein nach der deutschen Staatsangehörigkeit und nach Art. 116 Abs. 1 GG. Soweit das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 30.07.1958 zum hamburgischen und bremischen Gesetz betreffend die Volksbefragung über Atomwaffen den Begriff „Aktivbürger“ verwende, folge daraus nichts für das Mindestalter der Wahlberechtigten. Art. 38 Abs. 1 und 2 GG verbiete die Herabsetzung des Wahlalters bei Kommunalwahlen ebenfalls nicht. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG regele die allgemeinen Wahlgrundsätze für die Wahl des Deutschen Bundestages. Von einem Mindestalter sei in diesem Satz nicht die Rede. Das in Art. 38 Abs. 2 GG festgesetzte Wahlalter von 18 Jahren gelte nach dem eindeutigen Wortlaut sowie seinem systematischen Zusammenhang nur für Bundestagswahlen. Auch ergebe sich aus Art. 29 GG keine Begrenzung für den Landesgesetzgeber, das Wahlalter abzusenken. Schließlich verbiete Art. 28 Abs. 1 GG dem Landesgesetzgeber die Absenkung des Wahlalters für Kommunalwahlen nicht. In Art. 28 Abs. 1 GG finde sich kein Verweis auf Art. 38 Abs. 1 und 2 GG. Vielmehr schreibe Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG die so genannten Wahlrechtsgrundsätze auch für Gemeinderatswahlen verbindlich vor. Bund und Länder hätten gemäß Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG im jeweils eigenen Verfassungsraum Vertretungen des Volkes zu schaffen, die aus Wahlen hervorgegangen seien. Dabei hätten Bund und Länder jeweils für die Einhaltung der Grundsätze allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahlen Sorge zu tragen. Diese Regelung erkläre sich aus dem bundesstaatlichen Prinzip. In den Grenzen föderativer Bindungen gewährleiste das Grundgesetz Bund und Ländern eigenständige Verfassungsbereiche. Die Länder genössen im Rahmen ihrer Bindung an die Grundsätze des Art. 28 Abs. 1 GG im staatsorganisatorischen Bereich Autonomie. In diesem Rahmen regelten sie das Wahlsystem und Wahlrecht zu ihren Parlamenten und den kommunalen Vertretungen des Volkes; sie gestalteten und organisierten das Wahlprüfungsverfahren. Das Grundgesetz binde die Länder hierbei an die fünf Wahlrechtsgrundsätze. Da nur die Wahlrechtsgrundsätze vorgegeben seien und Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG keine schematische Übernahme des Bundeswahlrechts auf Landes- und Gemeindeebene verlange, gebe es einen Ausgestaltungsspielraum der Länder (nur) in den Grenzen des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG. Grenzen ergäben sich aus den betroffenen Wahlrechtsgrundsätzen, dem Aufgabenkreis des zu wählenden Repräsentativorgans und daraus, auf welcher Stufe des Wahlverfahrens der Gesetzgeber mit welcher Intensität eingreife. Gemessen daran verstießen § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 GemO i.d.F. vom 16.04.2013 mit der Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre nicht gegen verfassungsrechtliche Maßstäbe, insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahlen. Die Herabsetzung des Wahlalters betreffe den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl und damit auch den der Gleichheit. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl untersage den unberechtigten Ausschluss von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl überhaupt. Er verbiete dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen. Begrenzungen der Allgemeinheit der Wahl seien verfassungsrechtlich zulässig, sofern für sie ein „zwingender Grund“ bestehe. Die §§ 12, 14 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 würden diesen Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Wahlrecht gerecht. Die Gesetzesbegründung zur Einführung des Wahlrechts für 16- bis 18-Jährige lasse erkennen, dass der Gesetzgeber des Landes Baden-Württemberg sachgerechte Überlegungen bei der Herabsetzung des Wahlalters angestellt habe. Diese Überlegungen des Landesgesetzgebers orientierten sich an der in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG für Kommunen geforderten demokratischen Willensbildung, in die Jugendliche ab 16 Jahren frühzeitig eingebunden werden sollten, sowie am Aufgabenkreis der bürgerschaftlichen Verwaltung der Gemeinde. Die diesen Erwägungen zugrunde liegende Annahme der Wahlmündigkeit von Jugendlichen ab 16 Jahren bei Kommunalwahlen gehe nicht von einer fehlerhaften Tatsachengrundlage aus. Die Wahlmündigkeit setze intellektuelle Qualitäten sowie Verantwortungsbewusstsein und Reife voraus, bezogen auf den Aufgabenkreis des zu wählenden Repräsentativorgans. Die Wahlmündigkeit für Kommunalwahlen sei mit Blick auf die potentiell von der Gemeindevertretung, dem Gemeinderat und Bürgermeister (§§ 24 Abs. 1, 42 GemO) zu beschließenden Aufgaben zu entscheiden. Dabei gehe es um „Angelegenheiten der Gemeinde“ (§ 24 Abs. 1 GemO), z.B. um öffentliche Einrichtungen wie Sportstätten und Schulen sowie Bebauungspläne mit weitreichenden Folgen für die Wohnsituation, Ansiedlung von Industrie und Gewerbe und damit um die Entwicklung der Gemeinde und ihrer Bürger. Solche Aufgaben seien mit finanziellen Entscheidungen verbunden, die zwar wirksam nicht von 16 bis 18 Jahre alten Jugendlichen geregelt werden könnten, weil sie hierfür nicht handlungsfähig seien (§§ 2, 107 BGB). Ihnen könne deshalb aber gleichwohl die Reife und Fähigkeit zugesprochen werden, den Sinn, die Notwendigkeit sowie die Reichweite solcher auf eine konkrete Gemeinde bezogenen Entscheidungen beurteilen und ihre Interessen vertretende Personen auswählen zu können. Denn als Bürger der Gemeinde könne Jugendlichen ab 16 Jahren ein Interesse an solchen, ihre Zukunft in der konkreten Gemeinde betreffenden Entscheidungen nicht abgesprochen werden und es sei nicht lebensfremd, dass sie sich über Pro und Contra örtlicher Angelegenheiten informieren, eine Meinung darüber bilden sowie sich eine ihre Position vertretende wählbare Person oder Personengruppe aussuchen könnten.Weitere Indizien dafür, dass der Landesgesetzgeber mit der Annahme der Wahlmündigkeit für Jugendliche ab 16 Jahren nicht lebensfremd und nicht willkürlich gehandelt habe, seien gesetzliche Regelungen, die den nicht volljährigen, 16 bis 18 Jahre alten Jugendlichen an deren Reife und Verantwortungsbewusstsein anknüpfende Rechte einräumten und sie z. B. im Arbeitsleben, schulischen Angelegenheiten sowie in gesellschaftlichen Bereichen schützten, so die Regelungen der §§ 106 ff. BGB über die beschränkte Geschäftsfähigkeit, des § 10 FeV, des § 60 BetrVG, des Jugendschutzgesetzes und des Jugendarbeitsschutzgesetzes sowie des § 63 Abs. 3 Satz 1 LHG. Aus den Erkenntnissen zum inhaltlichen Wahlverhalten der 16- bis 18-Jährigen in anderen Bundesländern, sofern dies überhaupt zuverlässig ermittelbar und auf andere Bundesländer uneingeschränkt übertragbar sei, lasse sich nicht auf deren Wahlunmündigkeit schließen. Das durch § 12 GemO geschaffene Wahlrecht für 16- bis 18-Jährige bei Kommunalwahlen verstoße schließlich nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die von den Klägern geltend gemachte Ungleichbehandlung der von § 14 Abs. 2 Nr. 2 GemO erfassten Volljährigen, für die zur Besorgung ihrer Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt sei (s. auch § 13 BWahlG i.d.F. v. 23.07.1993), mit den Minderjährigen, für die aus rechtlichen Gründen keine Betreuung angeordnet werden könne (§ 1896 Abs. 1 BGB), verletze nicht den Grundsatz der Gleichheit der Wahl. Der Grundsatz der Chancengleichheit unterliege zwar keinem absoluten Differenzierungsverbot, wegen der strikten und formalen Gleichheit habe der Gesetzgeber aber nur einen eng bemessenen Spielraum für Differenzierungen. Diesen Grundsatz habe der Gesetzgeber nicht verletzt, obwohl für 16- bis 18-Jährige eine mit § 14 Abs. 2 Nr. 2 GemO vergleichbare Regelung fehle. Eine Betreuung könne für Volljährige auf Grund psychischer Krankheit oder wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung angeordnet werden (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei Minderjährigen sei eine Betreuung entbehrlich, weil sie gemäß § 1626 BGB der elterlichen Personen- und Vermögensfürsorge unterstünden. Deshalb sehe Bundesrecht eine Betreuung für Minderjährige nicht vor und dem Landesgesetzgeber fehle für eine dahingehende allgemeine Regelung die Gesetzeskompetenz. Auch eine Verletzung sonstigen Bundesrechts sei mit der Herabsetzung des Wahlalters durch § 12 GemO nicht verbunden. Die Vorschrift sei mit dem elterlichen Sorgerecht (§ 1626 BGB) vereinbar. § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 GemO verstoße auch nicht gegen Landesverfassungsrecht. Die Vorschrift habe, soweit es um das Wahlrecht für 16- bis 18-Jährige bei Kommunalwahlen gehe, ihre Ermächtigungsgrundlage in Art. 72 LV in der Fassung vom 15.02.1995. Auf Art. 72 Abs. 3 LV verweise die im I. Abschnitt stehende Bestimmung des Art. 26 Abs. 8 LV. Der Wortlaut, der systematische Zusammenhang der Art. 26 und 72 LV sowie die Entstehungsgeschichte des Art. 26 Abs. 8 LV sprächen dafür, Art. 72 Abs. 3 LV als mit höherrangigem Recht vereinbare Ermächtigungsgrundlage des Landesgesetzgebers für Bestimmungen hinsichtlich des Wahlalters bei Gemeinderatswahlen zu qualifizieren.
Gegen das ihnen am 20.06.2016 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts haben die Kläger am 23.06.2016 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. In der bis zum 20.09.2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist haben die Kläger ihre Berufung begründet und geltend gemacht, es lägen die „Berufungsgründe“ der ernstlichen Zweifel, der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten, der grundsätzlichen Bedeutung, der Divergenz und des Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 - 5 VwGO vor. Sie tragen vor, der Begriff des Volkes in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG und der in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG seien identisch. Nach dem Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 89, 155) könne Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG nicht das Volk im Sinne aller Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit meinen. Denn das Gericht habe unter Bezugnahme auf Art. 38 Abs. 1 und 2 GG formuliert, dass im Wahlakt die Staatsgewalt vom Volk ausgehe. Folglich gehe von dem, der nicht am Wahlakt nach Art. 38 Abs. 1 GG teilnehmen dürfe, keine Staatsgewalt aus; somit gehöre er auch nicht zum Volk i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Im OMT-Urteil (NJW 2016, 2473) habe das Gericht deutlich ausgesprochen, dass der Grundsatz der Volkssouveränität darin bestehe, dass jede in Deutschland ausgeübte öffentliche Gewalt einer auf die Wählerinnen und Wähler zurückführbaren Legitimation bedürfe; es habe gerade nicht auf die Legitimation durch die deutschen Staatsangehörigen abgestellt. Jede in Deutschland ausgeübte öffentliche Gewalt müsse daher auf das Aktivstaatsvolk zurückführbar sein. Die Ausführungen im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum kommunalen Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein (BVerfGE 83, 37) - dass das Staatsvolk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgehe, nach dem Grundgesetz von den Deutschen, also den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen, gebildet werde - könnten im Lichte der klarstellenden OMT-Entscheidung gerade nicht so verstanden werden, dass allein die deutsche Staatsangehörigkeit ausreiche, damit von einer Person Staatsgewalt i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG ausgehe. Die deutsche Staatsangehörigkeit sei danach eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung, um zum Volk i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG zu gehören. Denn im OMT-Urteil stelle das Gericht eindeutig einen Zusammenhang zwischen der Ausübung der Staatsgewalt i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG und dem Wahlrecht her. Daher könnten Personen, die minderjährig seien, die geistesgestört seien und unter rechtlicher Betreuung stünden und denen das Wahl- und Stimmrecht aufgrund strafrechtlicher Verurteilung entzogen worden sei, nicht Teil des Volkes i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG sein. Zudem müsse nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Umfang der Frage- und Informationsrechte des Deutschen Bundestags in Bezug auf Unterstützungseinsätze der Bundespolizei (BVerfGE 139, 194) das „Ausgehen der Staatsgewalt" vom Volk für das Volk wie auch für die Staatsorgane jeweils konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein. Für Minderjährige sei dies nicht möglich. Schon im Beschluss zum hamburgischen und bremischen Gesetz betreffend die Volksbefragung über Atomwaffen (BVerfGE 8, 104) sei deutlich ausgesprochen, dass die wahlberechtigten Bürger das Staatsvolk seien. Das gelte nach dem Lissabon-Urteil (BVerfGE 123, 267) auch für den Begriff des Volks in Art. 146 GG. Das Staatsvolk und das Volk im soziologisch-ethnologisch-politische Sinne seien, wie sich aus dem Südweststaat-Urteil (BVerfGE 1, 14) ergebe, nicht identisch. Auch das Bundesverwaltungsgericht (NVwZ 1999, 870) gehe davon aus, dass das Volk, auf das die Legitimation der Ausübung von Staatsgewalt zurückgehen müsse, die Gesamtheit der Staatsbürger sei. Mit diesen Entscheidungen habe sich das Verwaltungsgericht nicht hinreichend auseinander gesetzt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts könne nicht erklären, warum Minderjährige, Geisteskranke und Personen, denen das Wahlrecht aberkannt sei, wenn sie Teil des Volks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG darstellten, zuzumuten sei, sich Akten der öffentlichen Gewalt ausgesetzt zu sehen, die sie nicht legitimieren und beeinflussen könnten. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleiste eine einheitliche Legitimationsgrundlage in allen Gebietskörperschaften. Auf Bundes- und Landesebene sei ein 16-jähriger Jugendlicher von jeglicher Legitimierung von Staatsgewalt ausgeschlossen; er könne daher nicht Teil einer bundesweit einheitlichen Legitimationsgrundlage sein. Auf die vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob Art. 38 GG nur Bundestagswahlen regele und auf Wahlen und Abstimmungen in den Ländern nicht analog angewendet werden könne, komme es nicht allein an. Art. 38 GG sei im Zusammenhang mit Art. 20 Abs. 2 Satz 1, 2, Art. 29 Abs. 4, 6 und Art. 146 GG zu betrachten. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den bayerischen Kommunalwahlen (BVerfGE 99,1) besage zu dem engen Zusammenhang zwischen Wahlrecht und Ausgehen der Staatsgewalt i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG nichts, sondern betreffe nur die Frage der mit der Verfassungsbeschwerde rügefähigen subjektiven Rechtsposition.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegne rechtlichen Bedenken selbst dann, wenn man annehme, dass Staatsgewalt im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auch von allen 0 bis 17 Jahre alten deutschen Personen ausgehe. Denn dann sei zu klären, welchen Beurteilungsspielraum der Gesetzgeber bei der Festlegung des kommunalen Wahlalters habe und aufgrund welcher konkret ermittelten Tatsachen und wissenschaftlichen Erkenntnissen eine solche gesetzliche Ermessensentscheidung getroffen werden könne. Dem Landesgesetzgeber komme hier, wenn überhaupt, nur ein enger Ermessensspielraum zu. Der Gesetzgeber habe nicht hinreichend bedacht, dass mit der Absenkung des kommunalen Wahlalters 16 Jahre alte Jugendliche auch Bürgermeister sowie Landräte als untere Verwaltungsbehörde des Landes wählen könnten und nach § 1 Abs. 3 GemO die Pflicht hätten, verantwortlich an der bürgerschaftlichen Verwaltung teilzunehmen einschließlich der Teilnahme an Gemeindeversammlungen und Einwohnerversammlungen, dass das elterliche Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Wahltag, für Bürger- und Einwohnerversammlungen und für die Zeiträume der Unterschriftensammlung für Bürgerbegehren eingeschränkt werde und dass Jugendliche nicht nur Bürgerbegehren und Einwohneranträge unterzeichnen und initiieren dürften, sondern sogar gegen den Willen der Eltern Vertrauenspersonen von Bürgerbegehren, Ratsbegehren, Einwohneranträgen und Anträgen auf Durchführung von Einwohnerversammlungen werden könnten. Der Landesgesetzgeber traue einem 16 Jahre alten Jugendlichen sogar zu, dass er bei einem von ihm initiierten und unterzeichneten Bürgerbegehren ein Widerspruchsverfahren mit dem Regierungspräsidium führen und im Anschluss daran nach § 41 Abs. 2 KomWG Verpflichtungs- oder Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht erheben könne. Letzteres verstoße evident gegen die bundesrechtliche Regelung des § 62 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 104 Nr. 2 BGB und führe gemäß Art. 31 GG zur Nichtigkeit der gesamten landesrechtlichen Regelung. Ein Bescheid über ein von einem Jugendlichen initiiertes Bürgerbegehren könne nach § 6 Abs. 1 LVwZG auch nur seinen Eltern zugestellt werden. Im Zusammenhang mit Einwohner- und Bürgerbegehren könnten enorme Haftungsrisiken entstehen, die das übliche Taschengeld gemäß § 110 BGB eklatant überstiegen. Dabei habe das Bundesverfassungsgericht bereits 1986 entschieden, dass es mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht von Minderjährigen unvereinbar sei, wenn Eltern sie kraft ihrer Vertretungsmacht finanziell unbegrenzt verpflichten könnten. Zudem gehe der Landesgesetzgeber offenbar davon aus, dass das Initiieren von Bürgerbegehren auch für geisteskranke, medizinisch betreuungsbedürftige Jugendliche kein Problem sei, während er dies Volljährigen, die geisteskrank und medizinisch betreuungsbedürftig seien, nicht mehr zutraue. Mit diesen Fragen hätten sich der Gesetzgeber und das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt.
Die Gesetzesbegründung für die Absenkung des Wahlalters, dass Entscheidungen in den kommunalen Gremien weitreichende Konsequenzen für die nächste Generation haben könnten, sei ein falscher verfassungswidriger Ansatzpunkt. Sie verkenne, dass das Demokratieprinzip die Möglichkeit, eine reflektierte Wahlentscheidung zu treffen, als unabdingbar einstufe. Der einzig denkbare Begründungsansatz sei der Verweis auf die sechs Bundesländer, die das Minderjährigenwahlrecht bereits kennten. Dieser sei aber bereits deswegen kein plausibles Argument, weil die Schul- und Bildungspolitik in den einzelnen Bundesländern sehr verschieden sei. Zudem sei der Hinweis auf die anderen sechs Bundesländer in der Gesetzesbegründung falsch, weil es - anders als in der Begründung angegeben - in den anderen Bundesländern sehr wohl erhebliche Probleme gegeben habe. Das Land Hessen habe das kommunale und regionale Minderjährigenwahlrecht wieder rückgängig gemacht. Die Neuwählermotivationskampagnen zeigten, dass das Interesse der Neuwähler an der Kommunalpolitik gering sei. Die Einführung des Minderjährigenwahlrechts habe nicht zu einem wachsenden kommunalpolitischen Interesse der Jugendlichen geführt. Bei der Hamburgischen Bürgerschaftswahl habe das Minderjährigenwahlrecht zu einem Rückgang der Wahlbeteiligung geführt. Die äußerst geringen Teilnahmezahlen der minderjährigen Wähler in anderen Bundesländern entlarvten die Gesetzesbegründung als falsch. Dieser Gesichtspunkt sei zwingend zu berücksichtigen, da in der Gesetzesbegründung darauf abgestellt werde. Es gebe keine einzige Studie, dass die Mehrheit der Jugendlichen selber für das eigene Wahlrecht plädiere. Die Wahlauszählung in Bremerhaven 2015 habe gezeigt, dass die auszählenden Minderjährigen ohne Aufsicht mit der Auszählung der Stimmen deutlich überfordert seien. In Niedersachen habe es in den letzten ca. 20 Jahren rund 329 Bürgerbegehren gegeben, in Schleswig-Holstein in den letzten ca. 27 Jahren 489. Keines sei von einem Jugendlichen initiiert worden. Dies belege, dass Jugendliche Null kommunal- und regionalpolitisches Interesse hätten. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, den minderjährigen Jugendlichen könne die Reife und Fähigkeit zugesprochen werden, den Sinn, die Notwendigkeit und die Reichweite gemeindebezogener Entscheidungen zu beurteilen, seien nicht belegt. Der Ansatz des Verwaltungsgerichts sei zudem unvollständig, da er die Folgen der Gesetzesänderung im Zusammenhang mit Einwohneranträgen, Bürgerbegehren und der gerichtlichen Vertretung nach § 41 Abs. 2 KomWG nicht berücksichtige. Die Verschränkung der Aufgabenkreise von Gemeinden mit staatlichen Auftrags- und Weisungsaufgaben führe dazu, dass ein 16-jähriger Erstwähler, um die Seriosität von Programmaussagen auch nur einigermaßen beurteilen zu können, ein ganz erhebliches juristisches sowie bundes- und europapolitisches Fachwissen haben müsse. Die deutliche Mehrzahl der kommunalpolitischen Entscheidungen betreffe nicht jugendtypische Themen. Minderjährige Neuwähler hätten jedoch Lebenserfahrung, politisches Fachwissen, juristisches Fachwissen sowie Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Allgemeinheit nicht in ausreichendem Maße. Mit dem 16. Geburtstag sei die Entwicklung und Vollendung des menschlichen Gehirns noch nicht abgeschlossen. Ausgeprägte kognitive Schwächen bei 18-jährigen Abiturienten seien nachgewiesen, so dass die biologische Hirnreifung bei unter 18-Jährigen nicht hinreichend fortgeschritten sein könne. Die politische und allgemeine Lebenserfahrung nehme mit dem Lebensalter zu. Um die Ermessensgrundlagen der gesetzgeberischen Entscheidung zu untersuchen, hätte es einer Anhörung von Jugendpsychiatern und Jugendpsychologen als Sachverständige bedurft. Denn es gehe vorliegend bei dieser gesetzgeberischen Ermessensentscheidung nicht um eine Rechtsfrage, sondern um hirnorganische Reifungsprozesse, die ein subtileres Fachwissen erforderten, als es die interdisziplinären Erziehungswissenschaften vorweisen könnten. Diese Fragen seien einem Sachverständigenbeweis zugänglich. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die notwendige Reife sei gegeben, sei eine These ins Blaue hinein. Der Gesetzgeber habe zur Frage der ausreichenden Stimmrechtsmündigkeit Jugendlicher - anders als andere Länder - keine Sachverständigenanhörung durchgeführt und keine sachgerechten, wissenschaftlich fundierten Überlegungen angestellt. Eine Übernahme von Ergebnissen der in anderen Ländern durchgeführten Anhörungen, auf die der Senat hingewiesen habe, sei unzulässig, da diese zum Teil vor etwa 20 Jahren erfolgt seien, zwischen Stadtstaaten und Flächenländern Unterschiede bestünden und die Bildungspolitiken verschieden seien. Auch sei unklar, ob die in anderen Ländern angehörten wenigen Soziologen für die „Wissenschaft“ der Soziologie repräsentativ seien. In den dortigen Anhörungen sei es kaum jemals um die verfassungsrechtliche Frage der Wahlrechtsmündigkeit gegangen. Der Sachverständige ... habe sich dort mit dem Begriff der Wahlrechtsmündigkeit nicht auseinandergesetzt. Dessen Thesen in der Anhörung in Schleswig-Holstein, dass Jugendliche heute selbständiger als früher und früh für sich selbst verantwortlich seien, seien bestenfalls abenteuerlich und absurd. Die Tatsache, dass hormonelle und körperliche Entwicklungen bei Jugendlichen heute früher einsetzten, habe mit der notwendigen Verstandesreife für kommunalpolitische Fragen nichts zu tun. Ohne Erlaubnis der Eltern könnten Jugendliche viele wichtige Entscheidungen nicht treffen. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen hätten die meisten 13 Jahre alten Jugendlichen in Baden-Württemberg kein eigenes Bankkonto und lebten fast alle 16 Jahre alten Jugendlichen noch bei und von ihren Eltern. Der Sachverständige habe immerhin eingeräumt, dass Jugendliche in ihrer persönlichen Entwicklung noch nicht so gefestigt seien wie Erwachsene. Hingegen belege die Stellungnahme der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Anhörung in Schleswig-Holstein mehrere Studien und Umfragen, die das geringe Interesse von Jugendlichen an Politik nachweislich dokumentierten. Es sei widersprüchlich, Jugendlichen die Kompetenz für die Beurteilung von Vorgängen in der Gemeinde zuzusprechen, während das BGB davon ausgehe, dass sie als Private die Folgen vergleichbarer Entscheidungen für das eigene Leben noch nicht ausreichend abschätzen könnten. Es bestehe auch ein Widerspruch zum Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern. Eltern könnten mit ihrem Aufenthaltsbestimmungsrecht Jugendliche daran hindern, frei zu wählen. Das Minderjährigenwahlrecht verletze daher den Grundsatz der Freiheit der Wahl. Im Hinblick auf die Freiheit der Wahl sei der Gesetzgeber auch verpflichtet gewesen, für Jugendliche die Möglichkeit der Briefwahl zu streichen. Denn die Jugendlichen befänden sich in einem permanenten Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Eltern. Daher sei es lebensfremd anzunehmen, sie könnten ihre Wahlfreiheit tatsächlich gegen ihre eigenen Eltern durchsetzen. Erst recht gelte dies für geisteskranke Jugendliche. Auch das Ziel, die Jugend an die Kommunalpolitik heranzuführen, leuchte nicht ein, da bereits ein Jugendgemeinderat nach § 41a GemO existiere. Schließlich sei die im Rahmen einer Ermessensentscheidung erfolgte Absenkung des kommunalen Wahlalters bedenklich im Hinblick auf die Wahlperioden der Bürgermeister, Oberbürgermeister und Gemeinderäte. Insbesondere wenn ein Bürgermeister zum zweiten Mal zur Wahl antrete, diene die Wahl der Abrechnung oder Bestätigung der Arbeit in der gesamten vergangenen Legislaturperiode, reiche bei einem 16-Jährigen also in sein Alter von acht Jahren zurück. Gegen den Ansatz des Verwaltungsgerichts, die Gesetzesänderung sei nicht lebensfremd und nicht willkürlich, bestünden grundlegende Bedenken. Die Prüfung des wahlrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes begnüge sich nicht mit einer bloßen Willkürprüfung.
10 
Der Grundfehler des Verwaltungsgerichts bestehe vor allem darin, dass es das für die Wahlmündigkeit erforderliche Verantwortungsbewusstsein des Wählers anhand von rein gesellschaftlich und gesellschaftspolitisch wirkenden Vorschriften bestimmen wolle. Kommunale Wahlentscheidungen seien aber keine gesellschaftspolitischen Bereiche. Die Abstimmungsmündigkeit setze die Fähigkeit voraus, reflektierte Wahlentscheidungen zu treffen. Dies sei für die Wahlteilnahme, wie das Bundesverfassungsgericht entschieden habe (BVerfGE 132, 39), unabdingbar. Diese Fähigkeit sei eine andere als die in § 10 FeV vorausgesetzte. Aus § 10 FeV möge man entnehmen können, dass der Bundesgesetzgeber einem 16 Jahre alten Jugendlichen ein - geringes - technisches Verständnis zubillige. Die eingeräumten Möglichkeiten seien aber gering. Entscheidend sei zudem, dass der Jugendliche die Fahrerlaubnisklassen nach § 10 FeV nicht ohne Zustimmung seiner Eltern erwerben könne und geistesgestörte Jugendliche nach § 11 FeV keine Fahrerlaubnis erwerben könnten. Auch der Verweis des Verwaltungsgerichts auf § 107 BGB trage nicht. Denn das Demokratieprinzip verlange die Streichung der unmündigen Personen aus dem Wählerverzeichnis. Die sinngemäße Behauptung des Verwaltungsgerichts, der Minderjährige könne durch die Wahl- und Abstimmungsteilnahme keinen rechtlichen Nachteil erlangen, treffe nicht zu, wie die Folgen einer Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens als Vertrauensperson zeigten. Auch der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf § 110 BGB sei abwegig. Von der engen Ausnahmevorschrift des § 110 BGB, deren Auswirkungen minimalst seien, könne nicht auf die Verantwortungsfähigkeit für kommunalpolitische Entscheidungen geschlossen werden, insbesondere bei geisteskranken Jugendlichen. Auch auf § 1303 BGB berufe sich das Verwaltungsgericht zu Unrecht. Die Vorschrift habe nicht die Eigenverantwortung des Jugendlichen im Blick, sondern diene der staatlichen Kontrolle eines Wunsches eines Minderjährigen, die Ehe einzugehen. Ebenso sei § 60 BetrVG hier unergiebig. Die Vorschrift gewährleiste in einem ganz eng begrenzten Rahmen die Möglichkeit, dass minderjährige Arbeitnehmer Jugend- und Auszubildendenvertretungen wählen dürften. Sie setze voraus, dass die Eltern einem Arbeitsverhältnis bereits zugestimmt hätten. Die Vorschrift werde vom Bundesarbeitsgericht restriktiv ausgelegt. Das Bundesverfassungsgericht betone den Unterschied zu Wahlen nach Art. 28 GG. Der Umstand, dass Jugendlichen ab 16 Jahren die Anwesenheit bei Tanzveranstaltungen bis 24 Uhr gestattet sei, lasse keinerlei Rückschluss auf die notwendige Reife für kommunalpolitische Entscheidungen zu. Zudem stehe die Anwesenheit Minderjähriger bei Tanzveranstaltungen bis 24 Uhr unter dem Vorbehalt des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Eltern. Gleiches gelte für die Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes, zu welchen Zeiten Jugendliche beschäftigt werden dürften. Auch § 63 Abs. 3 Satz 1 LHG zur Hochschulzugangsberechtigung Minderjähriger besage nichts über deren kommunalpolitische Reife. Die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, dass diese minderjährige Personengruppe ein hohes Maß an Eigenverantwortung trage, könne nur die Verantwortung für sich selbst, aber nicht die Verantwortung für die Allgemeinheit meinen. § 3 Satz 1 JGG schränke das Ermessen des Landesgesetzgebers, das Wahlalter abzusenken, ein. Denn nach dieser Vorschrift sei ein Jugendlicher nur strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug sei, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Es sei allgemein anerkannt, dass es daran fehle, wenn der Jugendliche Straftatbestände erfülle, die staatspolitische oder wirtschaftsrechtliche Kenntnisse der Gesellschaftsordnung voraussetzten. Solche Kenntnisse seien für ein reflektiertes Wahl- und Abstimmungsverhalten im kommunalen Bereich jedoch unabdingbar. Das Verwaltungsgericht habe zudem die bundesgesetzlichen Wertungen der §§ 45, 92a, 101, 102, 108c, 108e, 109i StGB und des § 6 JGG komplett ignoriert. Ein 16 Jahre alter Wahlfälscher müsse aufgrund des § 6 Abs. 2 JGG keinen Verlust des Wahl- oder Stimmrechts befürchten, ein volljähriger Wahlfälscher sehr wohl. Diese Ungleichbehandlung sei sachlich nicht gerechtfertigt. Insoweit liege auch ein Verstoß gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung vor.
11 
Ein solcher Verstoß gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung bestehe auch im Verhältnis zu den abschließenden Regelungen der §§ 1896 ff. BGB. Damit habe der Gesetzgeber betreuungsbedürftige Personen von wichtigen persönlichen Angelegenheiten ausschließen wollen. Dem widerspreche es, dass geistesgestörte Jugendliche kommunalpolitische Entscheidungen treffen dürften. Somit fehle es dem Gesetzgeber entweder an der Gesetzgebungskompetenz für die Wahlalterabsenkung oder der Ermessensspielraum des Landesgesetzgebers sei insoweit auf Null reduziert. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Wahlrecht geisteskranker Jugendlicher seien mit den engen Voraussetzungen des Bundesverfassungsgerichts zu Ungleichbehandlungen verschiedener Wählergruppen unvereinbar. Die Argumentation, die Gruppe der betroffenen Jugendlichen sei vergleichsweise klein, sei nicht belegt; durch die Absenkung des Wahlalters gebe es im Land 200.000 neue Jungwähler; zudem gebe es in Baden-Württemberg - anders als in Thüringen, für das der Beklagte behauptet habe, dass gemäß einer amtlichen Äußerung die Zahl der geisteskranken Jugendlichen dort gering sei - prozentual viele kleine Gemeinden, in denen sich auch die Teilnahme einer geringen Zahl geisteskranker Jugendlicher auswirken könne. Diese Argumentation lasse auch offen, worauf sich dieser Vergleich beziehe, und berücksichtige nicht, dass in kleinen Gemeinden mit wenigen Stimmberechtigten auch die Teilnahme einer kleinen Anzahl von geisteskranken Minderjährigen erhebliche Auswirkungen auf den Wahlausgang haben könne. Dazu trage insbesondere bei, dass es bei Kommunalwahlen keine 5 %-Hürde gebe und aufgrund der Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens Wahllisten keine so starke Bedeutung hätten wie bei anderen Wahlen. Für eine „Bagatellklausel“ sei daher kein Platz. Die Behauptung des Beklagten, dass die Zahl der geisteskranken Jugendlichen gering sei, verkenne, dass Krisenfälle und Verhaltensstörungen in Schulen drastisch zunähmen und bei sehr vielen Jugendlichen auch Scheidungen der Eltern, psychische Erkrankungen, Drogenmissbrauch, Beziehungsprobleme zu den Eltern und zu anderen Bezugspersonen und Kindesmissbrauch hinzukämen. Aufgrund der für Heidelberg belegten Zahlen von Jugendlichen, die sich in verschiedenen Einrichtungen der Erziehungshilfe zur medizinischen Betreuung befänden, und der bestehenden Wartezeiten für solche Einrichtungen müsse sich die Zahl der betroffenen kranken Jugendlichen in Heidelberg auf mindestens 200 belaufen. Nach seriösen Studien betrage der Anteil der medizinisch betreuungsbedürftigen Jugendlichen in allen Alters- und Schulklassen im statistischen Durchschnitt zwischen 3 und 10 %. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Eltern solcher Jugendlicher diese nicht wählen ließen. Die ausnahmslose Einbeziehung auch geistesgestörter, psychisch kranker Jugendlicher in die Regelungen zur Absenkung des Wahlalters sei mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Stimmrechtsmündigkeit unvereinbar und verstoße gegen die Sperrwirkung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Betreuungsrecht als Teil des bürgerlichen Rechts nach Art. 74 Nr. 1 GG.
12 
Auch die Ausführungen zum Landesverfassungsrecht überzeugten nicht. Der Wortlaut des Art. 26 Abs. 1 LV habe einen höheren Rang als die vom Verwaltungsgericht bemühte Entstehungsgeschichte. Art. 72 Abs. 3 LV berechtige nicht zur Abweichung von den in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG aufgestellten Wahlgrundsätzen. Das erstinstanzliche Urteil begegne auch deswegen Bedenken, weil es nicht ansatzweise die im Wahleinspruch gerügte Doppelteilnahme von EU-Ausländern thematisiere. Schließlich lägen die Berufungsgründe der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten und des Verfahrensmangels vor.
13 
Die Kläger beantragen,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11.05.2016 - 4 K 2062/14 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 04.07.2014 zu verpflichten, die Heidelberger Gemeinderatswahlen für ungültig zu erklären,
15 
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Wahleinspruchsverfahren für notwendig zu erklären.
16 
Der Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Zutreffend sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Begriff des Volkes i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG sämtliche Deutschen und die ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen umfasse. Dies folge aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum kommunalen Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein. Diese Entscheidung habe nach wie vor Bestand. Das Verwaltungsgericht weiche mit seinem Urteil nicht von den von den Klägern angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ab. Die zitierten Entscheidungen belegten nicht, dass das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht den Begriff des Volkes i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG in der Weise verstünden, dass es sich hierbei nur um die deutschen, nach Art. 38 Abs. 2 GG wahlberechtigten Bürger, d.h. die volljährigen wahlberechtigten Deutschen i.S.v. von Art. 116 Abs. 1 GG handele. Die Entscheidungen belegten vielmehr, dass es sich bei dem Begriff des Volkes im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG um das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland handele und dass dieses Volk von den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen gebildet werde und dass der Volksbegriff in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG ein anderer sei. In Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG gehe es um die Ausübung der Staatsgewalt in Wahlen zum Deutschen Bundestag, was durch die wahlberechtigten Deutschen geschehe. Die Wahlberechtigung indes ergebe sich nicht aus Art. 20 Abs. 2 GG, sondern aus Art. 38 Abs. 2 GG. Nach dieser Vorschrift seien nur die volljährigen Deutschen zum Bundestag wahlberechtigt. Es gehe um den Modus, in welchem die dem Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG zugeordnete Staatsgewalt ausgeübt werde. Bei dieser tatsächlichen Ausübung der Staatsgewalt meine das Grundgesetz den engeren Kreis der wahl- und stimmberechtigten Staatsangehörigen. Wenn das Bundesverfassungsgericht im Maastricht-Urteil ausführe, dass im Wahlakt die Staatsgewalt vom Volk ausgehe, so stelle dies den Bezug zu Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG her, wonach die tatsächliche Ausübung der Staatsgewalt vom Volke in Wahlen geschehe. Das Bundesverfassungsgericht bleibe auch in dieser Entscheidung bei den unterschiedlichen Volksbegriffen des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum parlamentarischen Informationsrecht stütze die Auffassung der Kläger nicht. Die Ausführungen, dass das Ausgehen der Staatsgewalt vom Volk für dieses und für die Staatsorgane konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein müsse, bedeuteten nicht, dass mit Volk im Sinne des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG nur die wahlberechtigten Deutschen gemeint sein könnten. Vielmehr werde auch hier der Zusammenhang zwischen dem Volk als Träger der Staatsgewalt und der realen Ausübung derselben durch einen Teil des Volks in Wahlen betont. Aus dem OMT-Urteil folge nichts anderes. Indem das Bundesverfassungsgericht ausführe, dass Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG den Zusammenhang zwischen Wahlrecht und Ausübung der Staatsgewalt herstelle und dass jede in Deutschland ausgeübte öffentliche Gewalt auf den Bürger zurückführbar sein müsse, bestätige es die verschiedenen Volksbegriffe des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG. Wiederum werde deutlich, dass das Volk als Träger der Staatsgewalt handeln können müsse, was - wie Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG bestimme - unter anderem durch Wahlen geschehe, bei denen auf Bundesebene nur ein Teil des Staatsvolks wahlberechtigt sei. Das Volk im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG seien wie im Rahmen von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG die Deutschen und die nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen. Art. 38 Abs. 1 und 2 GG stehe der Herabsetzung des Wahlalters bei Kommunalwahlen nicht entgegen. Das Wahlalter von 18 Jahren in Art. 38 Abs. 2 GG gelte für die Wahl zum Bundestag. Gegen die Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichheit der Wahl werde durch die Absenkung des Wahlalters nicht verstoßen. Dass 16- und 17-jährige Bürger Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens im Sinne von § 20 Abs. 3 Satz 7 GemO sein könnten, sei eher theoretischer Natur. Die vom Verwaltungsgericht angeführten Regelungen aus anderen Bereichen belegten, dass der Gesetzgeber Jugendlichen in bestimmten Bereichen des Lebens die erforderliche Reife zuspreche. In der Gesamtschau sei damit belegt, dass Jugendlichen ab 16 Jahren rechtliche Möglichkeiten zum selbstständigen Handeln eingeräumt würden und diese hierzu auch in der Lage seien. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet gewesen, zur Frage der Verstandesreife von Jugendlichen eine Sachverständigenanhörung durchzuführen. Er könne sich mit Mehrheitsentscheidung trotz von Sachverständigen geäußerten Bedenken für eine Absenkung des Wahlalters entscheiden. Die Absenkung des Wahlalters sei auch mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern nach § 1626 BGB gegenüber Minderjährigen vereinbar. Sicher sei es denkbar, dass 16- und 17-Jährige aufgrund ihrer Abhängigkeit von den Eltern an der Möglichkeit gehindert würden, frei zu wählen. Der Grundsatz der Freiheit der Wahl solle den Bürger vor obrigkeitlicher Beeinflussung schützen. Eine Verhinderung jeglicher Einflussnahme durch Mitmenschen sei jedoch nicht bezweckt. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Landesverfassung seien zutreffend. Die Kläger könnten keine Argumente darlegen, die die Auffassung des Verwaltungsgerichts entkräfteten. Art. 26 Abs. 8 LV, der auf Art. 72 LV verweise, sei eindeutig. Für den kommunalen Bereich sei Art. 72 LV eine Spezialregelung zu Art. 26 LV. Die Absenkung des Wahlalters sei auch nicht mit §§ 1896 ff. BGB unvereinbar. Die von den Klägern geltend gemachte Ungleichbehandlung der von der Regelung des § 14 Abs. 2 Nr. 2 GemO erfassten Volljährigen, für die zur Besorgung ihrer Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt sei, gegenüber den 16- und 17-Jährigen, für die keine Betreuung angeordnet werden könne, liege nicht vor. Der Beklagte teile die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Anzahl der 16- und 17-Jährigen, die psychisch erkrankt seien und als Volljährige eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB bedürften, aber dennoch tatsächlich von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, als gering betrachtet werden könne. Dies bestätigten die Zahlen zur Bundestagswahl 2013, bei der der Ausschluss vom Wahlrecht 0,14 % der Menschen, die bei der letzten Bundestagswahl wahlberechtigt gewesen seien, und 0,83 % der Menschen mit amtlich anerkannter Behinderung betroffen habe. Die von den Klägern dargestellten Fälle seien theoretischer Natur. Indem das Verwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten zur biologischen Hirnreife von 16- und 17-Jährigen nicht eingeholt und auch keinen Beweis über die Wahlbeteiligung von Minderjährigen in anderen Bundesländern erhoben habe, habe es weder Art. 103 Abs. 1 GG noch § 86 Abs. 1 VwGO verletzt. Die Feststellung der Wahlmündigkeit von 16- und 17-Jährigen sei eine Wertungsfrage, die unter anderem aufgrund des Reifezustands dieser Altersgruppe getroffen werde und einem Sachverständigengutachten nicht zugänglich sei. Für die politische Urteilsfähigkeit junger Menschen müsse zudem zwischen Erfahrung und biologischer Hirnreifung unterschieden werden. Die Wahlbeteiligung minderjähriger Wähler in anderen Bundesländern sei hier nicht relevant. Die Wahlbeteiligung erlaube keine Rückschlüsse auf die Wahlmündigkeit.
19 
Der Senat hat am 01.06.2017 mündlich verhandelt. In der Verhandlung haben die Beteiligten ein ergänzendes Schriftsatzrecht bis zum 30.06.2017 erhalten und auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungsakten, die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die Berufung ist zurückzuweisen. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
I.
22 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Zwar haben die Kläger mit ihrem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 20.09.2016 Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt, obwohl bereits das Verwaltungsgericht die Berufung gegen sein Urteil zugelassen hatte. Der Schriftsatz vom 20.09.2016 genügt jedoch den Anforderungen für eine Berufungsbegründung. Die Begründung der Berufung nach § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO muss erkennen lassen, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen dieses Urteil nach Ansicht der Berufungskläger unrichtig sein soll und geändert werden muss. Hierfür müssen die Berufungskläger zumindest eine bestimmte tatsächliche Feststellung, eine rechtliche Sachverhaltswürdigung oder eine allgemeine Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die dessen Urteil tragen, angreifen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 17.12.2015 - 6 B 24/15 - juris). Die Ausführungen zu den Zulassungsgründen des § 124 Abs. 2 VwGO lassen zwar nicht immer erkennen, aus welchen Gründen das Urteil des Verwaltungsgerichts i.S.d. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO zu ändern sein soll. Jedoch ist jedenfalls mit den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung hinreichend dargelegt, warum aus Sicht der Kläger das angegriffene Urteil unrichtig und in der Sache anders zu entscheiden sein soll.
II.
23 
Die Berufung ist nicht begründet, denn die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Bescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.07.2014 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Mit diesen Bescheiden hat das Regierungspräsidium zutreffend die Wahleinsprüche der Kläger zurückgewiesen. Die von den Klägern behaupteten Wahlfehler bestehen nicht.
25 
1. Die Tatsache, dass an der Wahl auch 16- und 17-jährige Jugendliche teilnehmen konnten, begründet keinen Wahlfehler.
26 
Nach § 14 Abs. 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 sind die Bürger im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt und haben das Stimmrecht in sonstigen Gemeindeangelegenheiten. Ausgeschlossen vom Wahlrecht und vom Stimmrecht sind nach Absatz 2 dieser Vorschrift Bürger, die infolge Richterspruchs in der Bundesrepublik Deutschland das Wahlrecht oder Stimmrecht nicht besitzen (Nr. 1), sowie diejenigen Bürger, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 BGB bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst (Nr. 2). Bürger der Gemeinde im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 ist, wer Deutscher im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt (Unionsbürger), das 16. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt.
27 
Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 mit Bundesrecht (a) und der Landesverfassung für Baden-Württemberg (b) vereinbar.
28 
a) aa) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen verstößt nicht gegen das Demokratieprinzip der Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG und Art. 28 Abs. 1 GG. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu unter 1.1 bis 1.3 der Urteilsgründe (UA, S. 10 - 15) nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist zu ergänzen:
29 
Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG enthält den Grundsatz der Volkssouveränität und bestimmt, wer das Volk ist, das in Wahlen, Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Staatsgewalt ausübt: Es ist das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland.Das Volk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgeht, wird nach dem Grundgesetz von den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen gebildet. Die Zugehörigkeit zum Staatsvolk der Bundesrepublik wird also grundsätzlich durch die Staatsangehörigkeit vermittelt (BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 - 2 BvF 2/89 u.a. - BVerfGE 83, 37, juris Rn. 53 ff.; ebenso, statt vieler: StGH Bremen, Urt. v. 31.01.2014 - St 1/13 - juris Rn. 54, m.w.N.; Dreier-Dreier, GG, 3. Aufl., Art. 20 [Demokratie] Rn. 90 sowie Präambel Rn. 67; HStR-Grawert, 3. Aufl., § 16 Rn. 20; Sachs-Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 20 Rn. 72a; HStR-Böckenförde, 3. Aufl., § 24 Rn. 26). Die Staatsangehörigkeit bzw. die Stellung nach Art. 116 Abs. 1 GG ist die einzige Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Staatsvolk i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG (Maunz/Dürig-Grzeszik, GG, Art. 20 II Rn. 79 [Stand: Jan. 2010]). Die Bestimmungen des Art. 28 Abs. Sätze 1 und 2 GG gehen von demselben Begriff des Staatsvolks aus wie Art. 20 Abs. 2 GG (BVerfG, Urt. v. 31.10.1990, a.a.O., Rn. 57 ff.; Kammerbeschl. v. 31.03.2016 - 2 BvR 1576/13 - juris Rn. 58, 60; ebenso: Maunz/Dürig-Mehde, GG, Art. 28 Abs. 1 Rn. 88 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, GG, Art. 28 Rn. 68 [Stand: April 2016]; von Münch/Kunig-Löwer, GG, 6. Aufl., Art. 28 Rn. 26; a.A. Epping/Hillgruber-Huster/Rux, GG, 2. Aufl., Art. 20 Rn. 13).
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Die Auffassung der Kläger, zum Staatsvolk i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gehörten nur die volljährigen Deutschen, die nicht unter rechtlicher Betreuung stünden und denen das Wahlrecht nicht aufgrund strafrechtlicher Verurteilung entzogen worden sei, und folglich sei das Wahlrecht für Jugendliche wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip verfassungswidrig, trifft daher nicht zu. Die dargelegte Auslegung des Begriffs des Volks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG durch das Bundesverfassungsgericht im Urteil zum kommunalen Wahlrecht für Ausländer in Schleswig-Holstein hat nach wie vor Bestand. Dem entspricht es, dass das Bundesverfassungsgericht es als aus zwingenden Gründen mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen hat, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird (BVerfG, Beschl. v. 23.10.1973 - 2 BvC 3/73 - BVerfGE 36, 139; Beschl. v. 21.09.1976 - 2 BvR 350/75 - BVerfGE 42, 312; Beschl. v. 09.10.2000 - 2 BvC 2/99 - NVwZ 2002, 69), mithin in der Altersgrenze des Art. 38 Abs. 2 Halbs. 1 GG eine Durchbrechung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl sieht (ebenso: Jarass/Pieroth-Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 38 Rn. 18; Schreiber, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 251 [Stand: August 2013]; Dreier-Morlok, GG, 3. Aufl., Art. 38 Rn. 72; Sachs-Magiera, GG, 7. Aufl., Art. 38 Rn. 81; jedoch ist die Altersgrenze des Art. 38 Abs. 2 Halbs. 1 GG nicht an den Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 38 Abs. 1 GG zu messen, da die Regelungen auf gleicher Rangebene stehen, vgl.: BVerfG, Beschl. v. 15.01.2009 - 2 BvC 4/04 - BVerfGE 122, 304, 309; Beschl. v. 31.01.2012 - 2 BvC 11/11 - juris Rn. 4). Träfe die Auffassung der Kläger zu, dass die deutsche Staatsangehörigkeit nur die notwendige, aber nicht eine hinreichende Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Staatsvolk ist und dass 16- und 17-Jährige bereits nicht zum Volk i.S.v. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gehören, wäre hingegen der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl von vornherein durch die Mindestaltersgrenze von 18 Jahren in Art. 38 Abs. 2 GG in keinster Weise betroffen und nicht zu prüfen.
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Aus den von den Klägern in Anspruch genommenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Ob das bereits daraus folgt, dass - wie der Beklagte geltend macht - das Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG die deutschen Staatsangehörigen und die ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen meine und das Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG die Aktivbürger (vgl. dazu: Sachs-Sachs, a.a.O., Art. 20 Rn. 27a, 28; Dreier-Dreier, a.a.O., Art. 20 [Demokratie] Rn. 90, 93 mit Fn. 361;Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1345; a.A. Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498, m.w.N.) und die von den Klägern herangezogenen Entscheidungen im Wesentlichen Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG beträfen, kann hier offen bleiben. Denn in keiner der Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht die Auslegung aus dem Urteil zum Kommunalwahlrecht für Ausländer in Schleswig-Holstein aufgegeben. Soweit im Urteil zu Frage- und Informationsrechten des Bundestags ausgeführt ist, dass das "Ausgehen der Staatsgewalt" vom Volk für das Volk wie auch für die Staatsorgane jeweils konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein müsse (BVerfG, Urt. v. 02.06.2015 - 2 BvE 7/11 - BVerfGE 139, 194, juris Rn. 106), dient dies lediglich der Begründung, warum die Kontrollfunktion des Parlaments Ausdruck des Demokratieprinzips ist und der Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft auch durch den parlamentarischen Einfluss auf die Politik der Regierung hergestellt wird. Aus den Urteilen zum Maastricht-Vertrag, zum Lissabon-Vertrag und zum OMT-Programm folgt keine Begrenzung des Staatsvolks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auf die wahlberechtigten Deutschen. Soweit in diesen Entscheidungen auch im Zusammenhang mit dem Demokratieprinzip von der Rückführung der Ausübung öffentlichen Gewalt auf die Wähler bzw. den Wahlakt gesprochen wird (BVerfG, Urt. v. 30.06.2009 - 2 BvE 2/08 - BVerfGE 123, 267, juris Rn. 179; Urt. v. 12.10.1993 - 2 BvR 2134/92 u.a. - BVerfGE 89, 155, juris Rn. 61; Urt. v. 21.06.2016 - 2 BvE 13/13 u.a. - NJW 2016, 2473, juris Rn. 82), hat dies seinen Grund darin, dass als im Rahmen der Verfassungsbeschwerde rügefähiges Recht, um eine nationale verfassungsgerichtliche Kontrolle der Aufgabenübertragung an die Europäische Union und der Aufgabenwahrnehmung von Organen der Europäischen Union im Hinblick auf ultra vires-Akte zu erreichen, ernsthaft nur Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit einer „Subjektivierung des Demokratieprinzips“ (vgl. dazu kritisch Dreier-Dreier, a.a.O., Art. 20 [Demokratie] Rn. 80 f.) in Betracht kommt. Die Passage im Beschluss zur Wahlberechtigung Auslandsdeutscher, dass die Möglichkeit, eine reflektierte Wahlentscheidung zu treffen, für die Wahlteilnahme unabdingbar ist (BVerfG, Beschl. v. 04.07.2012 - 2 BvC 1/11 -, BVerfGE 132, 39, juris Rn. 41), erlaubt keine Rückschlüsse auf die von den Klägern postulierte Auslegung des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht im Südweststaat-Urteil zwischen dem Staatsvolk und dem Volk im soziologisch-ethnologisch-politischen Sinn unterschieden hat (BVerfG, Urt. v. 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 - BVerfGE 1, 14, juris Rn. 133), besagt nichts für die Frage, wie der Begriff des Volks in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auszulegen ist. Auch die Entscheidung zur Volksbefragung über Atomwaffen ist hier unergiebig: Soweit das Bundesverfassungsgericht dort von den wahlberechtigten Bürgern als dem Staatsvolk spricht (BVerfG, Beschl. v. 30.07.1958 - 2 BvF 3/58 - BVerfGE 8, 104, juris Rn. 33), geht es um die Qualifikation der Volksbefragung als Mitwirkung an der Staatswillensbildung in Abgrenzung zur Willensbildung des Volkes; an einer begrifflichen Fassung des Begriffs des Staatsvolkes war dem Gericht hier nicht gelegen; es sah sich daher durch diesen Beschluss auch nicht gehindert, im Urteil zum kommunalen Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein den Begriff des Staatsvolkes als nicht auf die Wahlberechtigten beschränkt anzusehen.
32 
Auch folgt aus dem Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts zum Lippeverband nichts zum Begriff des Staatsvolks i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Soweit das Gericht dort das Volk im demokratischen Sinn in Beziehung zur Aktivbürgerschaft gesetzt hat (BVerwG, Beschl. v. 17.12.1997 - 6 C 1/97 - NVwZ 1999, 870, juris Rn. 52), geht es allein darum, dass die hinreichende demokratische Legitimation der Organe und Amtswalter des Lippeverbands durch das Volk erfolgen müsse, eine Legitimation durch die Mitglieder des Verbands hingegen nicht ausreiche.
33 
bb) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17-Jährige bei Kommunalwahlen verstößt auch nicht gegen Art. 38 Abs. 2 GG. Aus dieser Norm folgen keine unmittelbaren Vorgaben für die Festsetzung eines Mindestalters für das aktive Wahlrecht bei Landtags- und Kommunalwahlen durch den Landesgesetzgeber. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht unter 1.2 seiner Urteilsgründe insoweit ausgeführt, dass Art. 38 Abs. 2 GG nur eine Regelung für Bundestagswahlen trifft. Auch aus dem Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG folgt nichts anderes, es verweist nicht auf Art. 38 Abs. 2 GG (Maunz/Dürig-Klein, GG, Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]; Schroeder, JZ 2003, 917, 921, Fn. 50; Schmidt-de Caluwe, NVwZ 2001, 270, 274; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498). Die Länder sind bei der Ausgestaltung des Wahlsystems für Landtags- und Kommunalwahlen gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG an die allgemeinen Wahlrechtsgrundsätze der Freiheit, Gleichheit, Allgemeinheit, Geheimheit und Unmittelbarkeit gebunden, bei Beachtung dieser Grundsätze in der Ausgestaltung des Wahlsystems jedoch frei (BVerfG, Urt. v. 11.08.1954 - 2 BvK 2/54 - BVerfGE 4, 31, juris Rn. 55; Beschl. v. 16.07.1998 - 2 BvR 1953/95 - BVerfGE 99, 1, juris Rn. 30, 45 f.; Epping/Hillgruber-Hellermann, GG, 2. Aufl., Art. 28 Rn. 15; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, GG, 13. Aufl., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, GG, 6. Aufl., Art. 28 Rn. 85, 92, 97).
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cc) Das aktive Wahlrecht für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verletzt keinen der in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG genannten Wahlrechtsgrundsätze.
35 
aaa) Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist durch die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre nicht verletzt. Dieser untersagt den unberechtigten Ausschluss von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl überhaupt. Er verbietet dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen. Begrenzungen der Allgemeinheit der Wahl sind verfassungsrechtlich zulässig, sofern für sie ein zwingender Grund besteht. So ist es von jeher aus zwingenden Gründen als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen worden, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird. Ebenso galt es immer als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl vereinbar, dass vom Wahlrecht ausgeschlossen blieb, wer entmündigt war, wer unter vorläufiger Vormundschaft oder wegen geistigen Gebrechens unter Pflegschaft stand oder wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besaß (BVerfG, Beschl. v. 23.10.1973, Beschl. v. 21.09.1976, Beschl. v. 09.10.2000, je a.a.O.).
36 
Zwar wird der Kreis der Wahlberechtigten mit der Absenkung des Wahlalters erweitert und die in einer Altersgrenze liegende Beschränkung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl folglich abgemildert. Gleichwohl ist hier der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl zu prüfen (a.A. Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Oebbecke, JZ 2003, 987, 988). Denn der Gesetzgeber ist bei der Festlegung einer abgesenkten Wahlaltersgrenze nicht frei. Er hat den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz zu beachten, dass das aktive Wahlrecht ein Mindestmaß an Reife und Urteilskraft und daher ein entsprechendes Mindestalter voraussetzt. Voraussetzung für die Gewährung der Wahlberechtigung ist ein gewisser Grad an politischer Einsichtsfähigkeit (VG Stuttgart, Urt. v. 14.12.2015 - 7 K 3140/15 - juris Rn. 42; VG Saarland, Urt. v. 04.11.2016 - 3 K 921/15 - juris Rn. 27; Mußgnug, FS Roellecke, 1995, 165, 173, 175; von Münch, NJW 1995, 3165, 3166; Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1344; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Holste, DÖV 2005, 110, 111; Rolfsen, DÖV 2009, 348, 355; a.A. Oebbecke, JZ 2004, 987, 989 f.: Einsichtsfähigkeit nicht notwendig für Innehabung des Wahlrechts, sondern nur für Ausübung). Dabei besteht bei der Festlegung des Wahlalters ein Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (Breuer, NVwZ 2002, 43, 45; Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1344; Schmidt-de Caluwe, NVwZ 2001, 270, 274). Die Länder können daher im Rahmen der grundgesetzlichen Vorgaben das Wahlalter abweichend von Art. 38 Abs. 2 GG regeln (Maunz/Dürig-Mehde, a.a.O., Art. 28 Abs. 1 Rn. 90 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, a.a.O., Art. 28 Rn. 72 [Stand: April 2016]; Epping/Hillgruber-Hellermann, a.a.O., Art. 28 Rn. 15.1; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, a.a.O., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, a.a.O., Art. 28 Rn. 93; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; ähnlich Maunz/Dürig-Klein, a.a.O., Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]: Absenkung des Wahlalters für Landtage wohl kein Verstoß gegen Bundesverfassungsrecht). In diesem Rahmen ist dem Gesetzgeber eine generalisierende Regelung gestattet, da die Wahlmündigkeit im Einzelfall nicht geprüft werden kann (Schroeder, JZ 2003, 917, 921).Neben der hinreichenden Einsichtsfähigkeit der 16- und 17-Jährigen sind deren kommunalpolitisches Interesse und ein zahlreiches Gebrauchmachen vom Wahlrecht hingegen kein verfassungsrechtliches Erfordernis.
37 
Für die Entscheidung des Landesgesetzgebers, die Mindestaltersgrenze für das aktive Wahlrecht bei Landtags- und Kommunalwahlen zu regeln, kommt der Festlegung der verfassungsgebenden Gewalt im Bund, dass nach Art. 38 Abs. 2 GG wahlberechtigt ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat, auch keine maßstabsbildende Funktion zu. Eine solche Funktion nimmt indessen Schreiber an: In Bezug auf das Wahlberechtigungsalter komme der Entscheidung des Grundgesetzes – trotz ihrer unmittelbaren Geltung allein für Bundestagswahlen – unter verfassungspolitischen, soziologischen, pädagogischen und entwicklungspsychologischen Erwägungen eine gesamtstaatliche Relevanz für Parlamentswahlen zu (gesamtstaatliche Einschätzungsprärogative des Bundesverfassungsgebers). Die an Art. 28 Abs. 1 und Art. 20 GG gebundenen Landesgesetzgeber hätten sich deshalb hinsichtlich des Wahlberechtigungsalters bei Wahlen zu den Landesparlamenten an der Bundesregelung zu orientieren. Hinsichtlich des Wählbarkeitsalters sei nicht von einer entsprechenden gesamtstaatlichen Bedeutung und Tragweite der Entscheidung des Bundesverfassungsgebers auszugehen. Bezogen auf Kommunalwahlen bestehe verfassungsrechtlich kein „Homogenitätsgebot“, doch spreche insbesondere unter sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen über die politische Reife und Bildung vieles dafür, eine Einheitlichkeit der Regelung auf allen Wahlebenen zu wahren (Schreiber, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 254 [Stand: August 2013]). Verfassungspolitisch mag ein einheitliches Wahlalter für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen wünschenswert sein. Eine rechtliche Bindung bei der Ausübung des Gestaltungsspielraums des jeweiligen Gesetzgebers besteht jedoch nicht. Das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG erfasst allein die fünf dort aufgeführten Wahlrechtsgrundsätze, von denen hier keiner verletzt ist. Für eine Begrenzung der Einschätzungsprärogative des Landesgesetzgebers fehlt daher eine normative Grundlage. Dies zeigen auch die Überlegungen Schreibers selbst. Die Tatsache, dass er Differenzierungen hinsichtlich aktivem und passivem Wahlalter sowie zwischen Landtags- und Kommunalwahlen vornimmt, zeigt, dass es sich lediglich um Fragen der politischen Opportunität handelt, nicht hingegen um normative Bindungen.
38 
Von diesem Maßstab ausgehend, ist die Entscheidung des Gesetzgebers, das Mindestalter für die Ausübung des aktiven Wahlrechts bei Kommunalwahlen in Baden auf 16 Jahre abzusenken, nicht zu beanstanden und von dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt (ebenso für eine Absenkung auf 16 Jahre bei Kommunal- oder Landtagswahlen: Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498;Rolfsen, DÖV 2009, 348, 355;Epping/Hillgruber-Huster/Rux, a.a.O., Art. 20 Rn. 71.1; allgemein für eine Zulässigkeit einer Absenkung durch die Länder: Maunz/Dürig-Mehde, a.a.O., Art. 28 Abs. 1 Rn. 90 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, a.a.O., Art. 28 Rn. 72 [Stand: April 2016]; Epping/Hillgruber-Hellermann, a.a.O., Art. 28 Rn. 15.1; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, a.a.O., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, a.a.O., Art. 28 Rn. 93; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Maunz/Dürig-Klein, a.a.O., Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]). Expertenanhörungen in Gesetzgebungsverfahren anderer Länder, die das Wahlalter für Landtags- oder Kommunalwahlen auf 16 Jahre gesenkt haben, zeigen, dass gute Gründe für die Annahme sprechen, dass Jugendliche ab 16 Jahre typsicherweise die notwendige Reife besitzen, um an Kommunalwahlen teilnehmen zu können. So hat Prof. Dr. ... vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für innere Verwaltung des Niedersächsischen Landtags vom 31.10.1995 ausgeführt, dass es im Augenblick kein wissenschaftlich gestütztes seriöses Argument gebe, das Wahlalter im Kommunalwahlrecht, möglicherweise auch für Landtags- und Bundestagswahlen, nicht auf 16 Jahre herabzusetzen. Man könne in der ganzen Jugendentwicklung eine deutliche Verschiebung in den Wertorientierungen im Laufe der letzten zwei oder drei Dekaden feststellen. Dies werde von allen Jugenduntersuchungen, egal unter welchen methodischen Differenzen sie durchgeführt worden seien, bestätigt. Im Hinblick auf die Urteilsfähigkeit werde man im Einzelfall nicht ausschließen können, dass gerade für diese Gruppe noch eine sehr starke Beeinflussung von Seiten der Eltern vorhanden sei. Dies betreffe – so Prof. Dr. ... sinngemäß – jedoch auch jede andere Altersgruppe. Von der Reife her gebe es daher kein Argument, 16- und 17-jährige nicht wählen zu lassen (Niedersächsischer Landtag, Niederschrift über die 50. - öffentliche - Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung am 31. Oktober 1995, S. 16 f., 21 f.). In der Anhörung des Innen- und Rechtsausschusses des schleswig-holsteinischen Landtags hat Prof. Dr. ... in seiner schriftlichen Stellungnahme ausgeführt, die Festlegung eines „Sperralters“ von 18 Jahren sei unter den heutigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und entwicklungspsychologischen Bedingungen nicht mehr haltbar. Jugendliche seien heute selbstständiger als früher. Die Pubertät mit ihren Entwicklungsschüben setze im Durchschnitt schon mit zwölf Jahren ein. Jugendliche seien entsprechend früh für sich selbst verantwortlich. Vor allem ihre Bildungsentscheidungen und -erfolge seien heute von großer biografischer Bedeutung. Die kognitive Entwicklungsforschung zeige, dass in der Altersspanne zwischen 12 und 14 Jahren bei fast allen Jugendlichen ein intellektueller Entwicklungsschub stattfinde, der sie dazu befähige, abstrakt, hypothetisch und logisch zu denken. Parallel hierzu steige in dieser Altersspanne auch die Fähigkeit an, sozial, moralisch und politisch zu denken und entsprechende Urteile abzugeben. Wolle man von einer „Reife“ der Urteilsfähigkeit - nicht der gesamten Persönlichkeit - sprechen, dann sei diese gegeben (Stellungnahme vom 26.09.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/163; in der Sache ebenso in der Anhörung des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses der Bremischen Bürgerschaft am 14.01.2000 [Protokoll, S. 40, 41]). Prof. Dr. ... hat in dieser Anhörung schriftlich ausgeführt, neben einer Veränderung der Lebenssituation Jugendlicher dienten den Befürwortern einer Absenkung des Wahlalters auf das 16. Lebensjahr vor allem entwicklungspsychologische Studien als Begründung. Diese zeigten, dass Kinder und Jugendliche ab einem Alter von ungefähr 14 Jahren sozial und moralisch urteilsfähig seien (Stellungnahme vom 04.03.2013, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/870).
39 
Zwar haben sich andere Experten zurückhaltend und skeptisch zur Urteilsfähigkeit der Jugendlichen geäußert, so z.B. Dr. ... vom Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung, Abteilung Familie, Jugend und soziale Dienste in der Anhörung im niedersächsischen Landtag (Niedersächsischer Landtag, Niederschrift über die 50. - öffentliche - Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung am 31. Oktober 1995, S. 10 ff.) und Prof. Dr. ... in der Anhörung des Landtags Schleswig-Holstein (Stellungnahme vom 16.10.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/238). In anderen Anhörungen sind entwicklungspsychologische oder vergleichbare Sachverständige nicht gehört worden (so in den Anhörungen des Europa- und Rechtsausschusses des Landtags Mecklenburg-Vorpommern vom 13.03.2013 [Protokoll Nr. 36], des Innenausschusses des Landtags Mecklenburg-Vorpommern vom 07.10.2010 [Protokoll Nr. 104], des Verfassungs- und Bezirksausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft vom 28.10.2011 [Drs. Nr. 20/6], des Ausschusses für Kommunalpolitik des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 21.01.1998 [Ausschussprotokoll 12/774], des Innen- und Kommunalausschusses des Thüringer Landtags vom 22.09.2015 [Ergebnisprotokoll sowie Wortprotokoll zur Stellungnahme der Jusos Thüringen (zugleich Beschlussprotokoll)], des Ausschusses für Inneres des Landtags Brandenburg vom 31.03.2011 [Ausschussprotoll Teil 1: P-AI 5/16-1]).
40 
Maßgeblich ist jedoch: Die gesetzgeberische Entscheidung kann sich auf nachvollziehbare, nicht nur vereinzelte fachliche Auffassungen zur Urteilsfähigkeit Jugendlicher stützen. Der Gesetzgeber hat somit von seiner Einschätzungsprärogative rechtmäßig Gebrauch gemacht, zumal in den genannten Anhörungen kein entwicklungspsychologischer oder vergleichbarer Sachverständiger - auch wenn er oder sie sich skeptisch und abratend zu einer Absenkung des Wahlalters geäußert hat - die Auffassung vertreten hat, die Jugendlichen hätten die notwendige Urteilskraft nicht. Soweit in der Literatur davon ausgegangen wird, die notwendige Reife setze erst mit 18 Jahren ein, werden hierfür wissenschaftliche Nachweise nicht angeführt (so z.B. bei Mußgnug, FS Roellecke, 1995, 165, 178 ff.) oder offen eingeräumt, dass solche nicht vorliegen (Schreiber-Strelen, BWahlG, 9. Aufl., § 12 Rn. 9).
41 
Stellungnahmen in den Anhörungen zum Umfang des Politikinteresses Jugendlicher und zu ihrer Wahlbeteiligung - so z.B. die von Dr. ... in der Anhörung im Schleswig-Holsteinischen Landtag, auf die die Kläger sich berufen (Stellungnahme vom 15.10.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/233, sowie Stellungnahme vom 01.03.2013, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/860 [neu]) - sind hier nicht von Belang, da Politikinteresse und Gebrauchmachen vom Wahlrecht keine verfassungrechtlichen Voraussetzungen für die Bestimmung der Wahlaltersgrenze sind.
42 
Der Landesgesetzgeber musste keine Anhörung von Sachverständigen durchführen, bevor er 2013 das aktive Wahlrecht für 16- und 17-Jährige bei Kommunalwahlen einführte. Für eine verfassungsgemäße Ausübung seines bestehenden Einschätzungsspielraums reicht es aus, dass er sich auf nachvollziehbare fachliche Erwägungen stützen kann, dass eine für die Wahlentscheidung bei Kommunalwahlen ausreichende Einsichtsfähigkeit der 16- und 17-Jährigen gegeben ist. Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur biologischen Hirnreifung, zum kommunalpolitischen Interesse von Jugendlichen, zur Wahlbeteiligung von Jugendlichen, zur Bürgerschaftswahl in Bremen, zu kommunalpolitischen Themen, zur Anzahl der Bankkonten Jugendlicher, ihren Wohnverhältnissen und den damit zusammenhängenden Aspekten sowie die hierzu schriftsätzlich gemachten Beweisangebote (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 41 - 51, 59; Schriftsatz vom 31.05.2017, S. 16 - 27, 36 - 45; Schriftsatz vom 30.06.2017, S. 18 f.) und die in Bezug genommenen erstinstanzlichen Beweisangebote (Schriftsatz vom 29.06.2016, S. 95 - 102) kommt es daher nicht an.
43 
Aufgrund der bestehenden Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und des Vorliegens ausreichender Gründe für die gesetzgeberische Entscheidung, das Wahlalter abzusenken, ist auch keine gerichtliche Nachprüfung der einzelnen Erwägungen in der Gesetzesbegründung in der Landtagsdrucksache 15/3119 veranlasst. Es handelt sich insoweit - anders als die Kläger anzunehmen scheinen - nicht um eine Überprüfung vergleichbar derjenigen, wie sie für behördliche Ermessenentscheidungen nach dem Maßstab des § 114 VwGO vorzunehmen ist. Liegen ausreichende Gründe für die erfolgte Ausübung des gesetzgeberischen Einschätzungsspielraums vor, ist verfassungsrechtlich unerheblich, ob sich alle in der Gesetzesbegründung angeführten Überlegungen in der Praxis bewahrheitet haben (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 16.06.2011 - 1 BvR 2394/10 - WM 2011, 1948).
44 
Eine verfassungsrechtliche Pflicht, eine Sachverständigenanhörung durchzuführen, ergibt sich auch nicht aus den von den Klägern angeführten Umständen, dass die Anhörung in Niedersachsen bereits 1995 erfolgte und zwischen den Ländern erhebliche Unterscheide bestehen könnten. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Frage der ausreichenden Einsichtsfähigkeit 16- und 17-Jähriger im Bundesgebiet unterschiedlich beurteilt und dass die Stellungnahmen in der Anhörung in Niedersachsen 1995, die in den Anhörungen in Bremen im Jahr 2000 und in Schleswig-Holstein im Jahr 2013 bestätigt wurden, überholt sind. Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Bildungspolitik der Länder und die damit zusammenhängenden Gesichtspunkte sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 31.05.2017, S. 30) kommt es daher nicht an.
45 
bbb) Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist nicht verletzt, soweit der Gesetzgeber 16- und 17-Jährige, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht besorgen können, vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen hat. Auch insoweit ist trotz der insoweit fehlenden Begrenzung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl dieser Grundsatz zu prüfen. Denn der Gesetzgeber muss - wie bei der Festlegung der Wahlaltersgrenze - bei der Ausgestaltung des Wahlrechts den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz berücksichtigen, dass das Wahlrecht die Fähigkeit, eine bewusste Wahlentscheidung treffen zu können, voraussetzt.
46 
Auch insoweit ist dem Gesetzgeber die Befugnis zu einer typisierenden Regelung eingeräumt (BayVerfGH, Entsch. v. 09.07.2002 - Vf. 9-VII-01 - BayVBl. 2003, 44, zum Wahlrechtsausschluss wegen Anordnung einer Betreuung im bayerischen Landesrecht entsprechend § 13 Nr. 2 BWahlG). Diese Befugnis rechtfertigt eine Regelung, die bewusst nur Bürger, für die vom Vormundschaftsgericht ein Betreuer für alle Angelegenheiten bestellt ist, vom Wahlrecht ausschließt, somit vom Wahlrecht nur einen sehr kleinen Kreis von Betroffenen ausnimmt und sehenden Auges die Fälle einer aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung bestehenden unzureichenden Einsichts- und Wahlfähigkeit nicht umfassend abdeckt. Im Hinblick auf die Bedeutung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl darf der Gesetzgeber den Kreis derjenigen, die vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, möglichst klein halten und das Ziel verfolgen, niemanden von der Wahl auszuschließen, bei dem die fehlende Einsicht nicht sicher feststeht (BayVerfGH, Entsch. v. 09.07.2002, a.a.O., juris Rn. 40 ff., 53 ff.). So war einfachrechtlich auch für den früheren § 13 Nr. 2 BWahlG - nach dem vom Wahlrecht ausgeschlossen war, wer entmündigt war - anerkannt, dass nicht alle, denen aufgrund einer psychischen Krankheit die notwendige Einsichtsfähigkeit für die Wahlhandlung fehlte, vom Wahlrecht ausgeschlossen waren, sondern Geisteskranke und Geistesschwache, die weder entmündigt waren noch unter Pflegschaft standen, wahlberechtigt waren (Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 3. Aufl. 1986, § 13 Rn. 8). Ebenso wird für den geltenden § 13 Nr. 1 BWahlG - nach der vom Wahlrecht derjenige ausgeschlossen ist, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist - einfachrechtlich davon ausgegangen, dass damit nur ein sehr kleiner Kreis von Betroffenen ausgeschlossen ist, da nach der Konzeption des Betreuungsrechts die Betreuerbestellung für alle Angelegenheiten die Ausnahme ist (Schreiber-Strelen, a.a.O., 9. Aufl., § 13 Rn. 12).
47 
Nach diesem Maßstab ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, eine Regelung zum Ausschluss derjenigen Jugendlichen vom Wahlrecht zu treffen, die - entsprechend der Regelung des § 1896 Abs. 1 BGB - auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht besorgen können. Aufgrund der fehlenden Möglichkeit, nach dem BGB für Minderjährige einen Betreuer zu bestellen, steht für den Gesetzgeber keine praktikable und zugleich rechtssichere Anknüpfungsmöglichkeit für eine Ausschlussregelung zur Verfügung. Hierauf, insbesondere auf das Fehlen einer rechtssicheren Anknüpfungsmöglichkeit für eine Ausschlussregelung Bedacht zu nehmen, ist angesichts der Bedeutung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl zulässig.
48 
Der Gesetzgeber hat damit auch nicht den Grundsatz der Gleichheit der Wahl verletzt.Dieser gebietet, dass alle Wahlberechtigten das aktive und passive Wahlrecht möglichst in formal gleicher Weise ausüben können und ist im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit zu verstehen. Aus dem Grundsatz der Wahlgleichheit folgt, dass die Stimme eines jeden Wahlberechtigten grundsätzlich den gleichen Zählwert und die gleiche rechtliche Erfolgschance haben muss. Er gestattet dem Gesetzgeber nur einen eng bemessenen Spielraum für Differenzierungen (BVerfG, Beschl. v. 22.05.1979 – 2 BvR 193/79 u.a. – BVerfGE 51, 222, juris Rn 52; Urt. v. 10.04.1997 - 2 BvC 3/96 - BVerfGE 95, 408, juris Rn. 45). Dieser Spielraum ist hier nicht überschritten. Das Fehlen der Möglichkeit, für Minderjährige eine Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB durch das Gericht anordnen zu lassen, ist ein zulässiges Differenzierungskriterium. Der Gesetzgeber des BGB hat für Minderjährige die Anordnung einer Betreuung nach den §§ 1896 ff. BGB aufgrund des Personensorgerechts der Erziehungsberechtigten für entbehrlich gehalten. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Einwänden, dass der Landesgesetzgeber an eine sachgerechte Regelung der Betreuung in den §§ 1896 ff. BGB angeknüpft und daher darauf verzichtet hat, in der Gemeindeordnung für wahlberechtigte Jugendliche eine eigene Regelung zum Ausschluss vom Wahlrecht aus vergleichbaren Gründen zu treffen.
49 
Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Anzahl von Neuwählern und geisteskranken Jugendlichen, zur Größe von Gemeinden in Baden-Württemberg und damit zusammenhängende Gesichtspunkte sowie die hierzu schriftsätzlich gemachten Beweisangebote (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 86 - 90; Schriftsatz vom 30.06.2017, S. 4 - 15) kommt es daher nicht an.
50 
Insoweit fehlt es auch an dem behaupteten Verstoß gegen Art. 74 Nr. 1 GG. Denn der Landesgesetzgeber hat keine Regelung zum Betreuungsrecht als Teil des bundesrechtlich abschließend geregelten Bürgerlichen Rechts getroffen.
51 
ccc) Auch gegen die anderen Wahlrechtsgrundsätze wird nicht verstoßen. Der Umstand, dass die Eltern der jugendlichen Wahlberechtigten für diese das Aufenthaltsbestimmungsrecht haben und diese daher an der Ausübung des Wahlrechts am Wahltag hindern könnten, verletzt die Freiheit der Wahl nicht. Zum einen schützt die Freiheit der Wahl nur vor Beeinträchtigungen durch die öffentliche Gewalt. Zudem haben die Jugendlichen die Möglichkeit der Briefwahl. Schließlich haben die Eltern ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht im Rahmen der Rechtsordnung auszuüben, zu der das Wahlrecht der Jugendlichen gehört, mit der Folge, dass jedenfalls eine faktische grundlose Hinderung an der Wahlteilnahme vom Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern kaum gedeckt sein dürfte.
52 
dd) Die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre im kommunalen Bereich ist auch nicht deswegen verfassungswidrig, weil 16 und 17-Jährige nun auch Bürgermeister und Landräte wählen, an Gemeindeversammlungen und Einwohnerversammlungen teilnehmen sowie Vertrauenspersonen von Bürgerbegehren, Ratsbegehren, Einwohneranträgen und Anträgen auf Durchführung von Einwohnerversammlungen werden können. Eine verletzte Verfassungsnorm ist nicht ersichtlich und wird von den Klägern auch nicht benannt. Der Gesetzgeber durfte, wie dargelegt, von einer ausreichenden Verstandesreife 16- und 17-Jähriger ausgehen. Aus welchen Gründen für die genannten Befugnisse insoweit anderes als für das Wahlrecht für die Gemeinderatswahl gelten sollte, ist nicht erkennbar. Auch der Umstand, dass aus dem Bürgerstatus für 16- und 17-Jährige Pflichten folgen können, verletzt keine Verfassungsnorm. Ein allenfalls denkbarer Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Jugendlichen nach Art. 2 Abs. 1 GG und das elterliche Erziehungsrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG wäre auf jeden Fall verhältnismäßig.
53 
Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Unterschriftensammlung für Bürgerbegehren und die damit zusammenhängenden Gesichtspunkte sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 37) kommt es daher nicht an.
54 
ee) Das aktive Wahlrecht für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verstößt nicht gegen einfaches Bundesrecht und verletzt daher auch nicht den Grundsatz der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung.
55 
Für die vom Kläger behauptete Unvereinbarkeit von Jugendlichenwahlrecht und Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern wird auf die obigen Ausführungen zur Freiheit der Wahl verwiesen.
56 
Die Tatsache, dass nach dem BGB die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahrs eintritt, hindert den Landesgesetzgeber nicht, das Wahlalter abweichend hiervon zu regeln. Wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, besteht eine Vielzahl von Regelungen, die Rechte und Verantwortlichkeiten von jungen Menschen ab einem geringeren Alter als 18 Jahre vorsehen. In diesen Bereichen besteht keine Pflicht des Gesetzgebers, stets an das Alter der Volljährigkeit anzuknüpfen. Ebenso wenig besteht ein Rechtssatz, der gebietet, das Wahlrecht erst mit der Volljährigkeit entstehen zu lassen. Unerheblich sind insoweit die detaillierten Ausführungen der Kläger zum genauen Regelungsgehalt der vom Verwaltungsgericht insoweit erörterten Vorschriften. Maßgeblich ist allein, dass die deutsche Rechtsordnung eine Vielzahl von Regelungen enthält, die Rechte und Pflichten von Jugendlichen unter 18 Jahren vorsehen, und daher die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre im kommunalen Bereich nicht gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verstößt. Daher kommt es auch auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Anwendung des § 1303 BGB sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 65) nicht an.
57 
Auch wenn man mit den Klägern davon ausgehen sollte, dass die Regelung des § 41 Abs. 2 KomWG, dass gegen die Zurückweisung eines Antrags auf eine Einwohnerversammlung, eines Einwohnerantrags und eines Bürgerbegehrens jeder Unterzeichner Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erheben kann, im Hinblick auf minderjährige Unterzeichner gegen § 61 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 104 Nr. BGB verstößt, kann das allenfalls einen Verstoß von § 41 Abs. 2 KomWG, nicht jedoch von § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 GemO gegen Bundesrecht begründen.
58 
Auch der behauptete Verstoß gegen das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung im Hinblick auf die Wertungen der §§ 45, 92a, 101, 102, 108c, 108e, 109i StGB und des § 6 JGG liegt nicht vor. Es ist in keiner Weise ersichtlich, warum die von den Klägern angeführten unterschiedlichen Rechtsfolgen einer strafbaren Wahlfälschung für Jugendliche und Volljährige nicht ebenso vor Art. 3 Abs. 1 GG Bestand haben sollen wie sonstige Ungleichbehandlungen von Jugendlichen, Heranwachsenden und Erwachsenen im Strafrecht.
59 
Auch im Hinblick auf §§ 1896 ff. BGB fehlt es an einer Unvereinbarkeit mit Bundesrecht. Auf die obigen Ausführungen zum Wahlrechtausschluss wird verwiesen.
60 
b) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verstößt auch nicht gegen höherrangiges Landesrecht. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, betrifft die Festlegung der Wahlberechtigung auf 18 Jahre in Art. 26 Abs. 1 LV nur die Wahlen zum Landtag. Für Kommunalwahlen kann der Gesetzgeber aufgrund von Art. 26 Abs. 6, Art. 72 Abs. 3 LV eine abweichende Regelung vornehmen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu unter Nr. 3 seiner Urteilsgründe nimmt der Senat Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
61 
2. Auch der geltend gemachte Wahlfehler, dass an der Gemeinderatswahl in Heidelberg Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit doppelt abgestimmt haben könnten, besteht nicht. Zutreffend hat der Beklagte in seinen Bescheiden ausgeführt, dass eine mehrfache Eintragung von Bürgern in das Wählerverzeichnis nicht vorgesehen ist und dass die Bestimmungen des Kommunalwahlrechts (§§ 19 KomWG, 29 KomWO) eine mehrfache Wahlteilnahme eines Wählers an der Kommunalwahl ausschließen. Die von den Klägern im Wahleinspruch aufgestellte Behauptung, es sei lebensfremd und unwahrscheinlich, dass bei der Heidelberger Gemeinderatswahl keine Doppelabstimmungen von EU-Bürgern erfolgt seien, ist vollkommen ins Blaue hinein aufgestellt. Es ist auch nicht ansatzweise erkennbar, wie sich der von den Klägern in Bezug genommene Fall, dass eine Person mit deutscher und italienischer Staatsangehörigkeit bei der Wahl zum Europaparlament im italienischen Konsulat und in einem deutschen Wahlbüro und damit zweimal abgestimmt hat, bei der Heidelberger Gemeinderatswahl in vergleichbarer Art wiederholt haben sollte. Daher hatte der Beklagte auch keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen in diese Richtung.
III.
62 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist zuzulassen, da die Frage, ob die Absenkung des Wahlalters gegen Bestimmungen des Grundgesetzes verstößt, grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat.
63 
Beschluss vom 21. Juli 2017
64 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
21 
Die Berufung ist zurückzuweisen. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
I.
22 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Zwar haben die Kläger mit ihrem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 20.09.2016 Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt, obwohl bereits das Verwaltungsgericht die Berufung gegen sein Urteil zugelassen hatte. Der Schriftsatz vom 20.09.2016 genügt jedoch den Anforderungen für eine Berufungsbegründung. Die Begründung der Berufung nach § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO muss erkennen lassen, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen dieses Urteil nach Ansicht der Berufungskläger unrichtig sein soll und geändert werden muss. Hierfür müssen die Berufungskläger zumindest eine bestimmte tatsächliche Feststellung, eine rechtliche Sachverhaltswürdigung oder eine allgemeine Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die dessen Urteil tragen, angreifen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 17.12.2015 - 6 B 24/15 - juris). Die Ausführungen zu den Zulassungsgründen des § 124 Abs. 2 VwGO lassen zwar nicht immer erkennen, aus welchen Gründen das Urteil des Verwaltungsgerichts i.S.d. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO zu ändern sein soll. Jedoch ist jedenfalls mit den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung hinreichend dargelegt, warum aus Sicht der Kläger das angegriffene Urteil unrichtig und in der Sache anders zu entscheiden sein soll.
II.
23 
Die Berufung ist nicht begründet, denn die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Bescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.07.2014 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Mit diesen Bescheiden hat das Regierungspräsidium zutreffend die Wahleinsprüche der Kläger zurückgewiesen. Die von den Klägern behaupteten Wahlfehler bestehen nicht.
25 
1. Die Tatsache, dass an der Wahl auch 16- und 17-jährige Jugendliche teilnehmen konnten, begründet keinen Wahlfehler.
26 
Nach § 14 Abs. 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 sind die Bürger im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt und haben das Stimmrecht in sonstigen Gemeindeangelegenheiten. Ausgeschlossen vom Wahlrecht und vom Stimmrecht sind nach Absatz 2 dieser Vorschrift Bürger, die infolge Richterspruchs in der Bundesrepublik Deutschland das Wahlrecht oder Stimmrecht nicht besitzen (Nr. 1), sowie diejenigen Bürger, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 BGB bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst (Nr. 2). Bürger der Gemeinde im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 ist, wer Deutscher im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt (Unionsbürger), das 16. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt.
27 
Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 mit Bundesrecht (a) und der Landesverfassung für Baden-Württemberg (b) vereinbar.
28 
a) aa) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen verstößt nicht gegen das Demokratieprinzip der Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG und Art. 28 Abs. 1 GG. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu unter 1.1 bis 1.3 der Urteilsgründe (UA, S. 10 - 15) nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist zu ergänzen:
29 
Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG enthält den Grundsatz der Volkssouveränität und bestimmt, wer das Volk ist, das in Wahlen, Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Staatsgewalt ausübt: Es ist das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland.Das Volk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgeht, wird nach dem Grundgesetz von den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen gebildet. Die Zugehörigkeit zum Staatsvolk der Bundesrepublik wird also grundsätzlich durch die Staatsangehörigkeit vermittelt (BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 - 2 BvF 2/89 u.a. - BVerfGE 83, 37, juris Rn. 53 ff.; ebenso, statt vieler: StGH Bremen, Urt. v. 31.01.2014 - St 1/13 - juris Rn. 54, m.w.N.; Dreier-Dreier, GG, 3. Aufl., Art. 20 [Demokratie] Rn. 90 sowie Präambel Rn. 67; HStR-Grawert, 3. Aufl., § 16 Rn. 20; Sachs-Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 20 Rn. 72a; HStR-Böckenförde, 3. Aufl., § 24 Rn. 26). Die Staatsangehörigkeit bzw. die Stellung nach Art. 116 Abs. 1 GG ist die einzige Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Staatsvolk i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG (Maunz/Dürig-Grzeszik, GG, Art. 20 II Rn. 79 [Stand: Jan. 2010]). Die Bestimmungen des Art. 28 Abs. Sätze 1 und 2 GG gehen von demselben Begriff des Staatsvolks aus wie Art. 20 Abs. 2 GG (BVerfG, Urt. v. 31.10.1990, a.a.O., Rn. 57 ff.; Kammerbeschl. v. 31.03.2016 - 2 BvR 1576/13 - juris Rn. 58, 60; ebenso: Maunz/Dürig-Mehde, GG, Art. 28 Abs. 1 Rn. 88 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, GG, Art. 28 Rn. 68 [Stand: April 2016]; von Münch/Kunig-Löwer, GG, 6. Aufl., Art. 28 Rn. 26; a.A. Epping/Hillgruber-Huster/Rux, GG, 2. Aufl., Art. 20 Rn. 13).
30 
Die Auffassung der Kläger, zum Staatsvolk i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gehörten nur die volljährigen Deutschen, die nicht unter rechtlicher Betreuung stünden und denen das Wahlrecht nicht aufgrund strafrechtlicher Verurteilung entzogen worden sei, und folglich sei das Wahlrecht für Jugendliche wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip verfassungswidrig, trifft daher nicht zu. Die dargelegte Auslegung des Begriffs des Volks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG durch das Bundesverfassungsgericht im Urteil zum kommunalen Wahlrecht für Ausländer in Schleswig-Holstein hat nach wie vor Bestand. Dem entspricht es, dass das Bundesverfassungsgericht es als aus zwingenden Gründen mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen hat, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird (BVerfG, Beschl. v. 23.10.1973 - 2 BvC 3/73 - BVerfGE 36, 139; Beschl. v. 21.09.1976 - 2 BvR 350/75 - BVerfGE 42, 312; Beschl. v. 09.10.2000 - 2 BvC 2/99 - NVwZ 2002, 69), mithin in der Altersgrenze des Art. 38 Abs. 2 Halbs. 1 GG eine Durchbrechung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl sieht (ebenso: Jarass/Pieroth-Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 38 Rn. 18; Schreiber, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 251 [Stand: August 2013]; Dreier-Morlok, GG, 3. Aufl., Art. 38 Rn. 72; Sachs-Magiera, GG, 7. Aufl., Art. 38 Rn. 81; jedoch ist die Altersgrenze des Art. 38 Abs. 2 Halbs. 1 GG nicht an den Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 38 Abs. 1 GG zu messen, da die Regelungen auf gleicher Rangebene stehen, vgl.: BVerfG, Beschl. v. 15.01.2009 - 2 BvC 4/04 - BVerfGE 122, 304, 309; Beschl. v. 31.01.2012 - 2 BvC 11/11 - juris Rn. 4). Träfe die Auffassung der Kläger zu, dass die deutsche Staatsangehörigkeit nur die notwendige, aber nicht eine hinreichende Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Staatsvolk ist und dass 16- und 17-Jährige bereits nicht zum Volk i.S.v. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gehören, wäre hingegen der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl von vornherein durch die Mindestaltersgrenze von 18 Jahren in Art. 38 Abs. 2 GG in keinster Weise betroffen und nicht zu prüfen.
31 
Aus den von den Klägern in Anspruch genommenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Ob das bereits daraus folgt, dass - wie der Beklagte geltend macht - das Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG die deutschen Staatsangehörigen und die ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen meine und das Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG die Aktivbürger (vgl. dazu: Sachs-Sachs, a.a.O., Art. 20 Rn. 27a, 28; Dreier-Dreier, a.a.O., Art. 20 [Demokratie] Rn. 90, 93 mit Fn. 361;Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1345; a.A. Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498, m.w.N.) und die von den Klägern herangezogenen Entscheidungen im Wesentlichen Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG beträfen, kann hier offen bleiben. Denn in keiner der Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht die Auslegung aus dem Urteil zum Kommunalwahlrecht für Ausländer in Schleswig-Holstein aufgegeben. Soweit im Urteil zu Frage- und Informationsrechten des Bundestags ausgeführt ist, dass das "Ausgehen der Staatsgewalt" vom Volk für das Volk wie auch für die Staatsorgane jeweils konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein müsse (BVerfG, Urt. v. 02.06.2015 - 2 BvE 7/11 - BVerfGE 139, 194, juris Rn. 106), dient dies lediglich der Begründung, warum die Kontrollfunktion des Parlaments Ausdruck des Demokratieprinzips ist und der Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft auch durch den parlamentarischen Einfluss auf die Politik der Regierung hergestellt wird. Aus den Urteilen zum Maastricht-Vertrag, zum Lissabon-Vertrag und zum OMT-Programm folgt keine Begrenzung des Staatsvolks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auf die wahlberechtigten Deutschen. Soweit in diesen Entscheidungen auch im Zusammenhang mit dem Demokratieprinzip von der Rückführung der Ausübung öffentlichen Gewalt auf die Wähler bzw. den Wahlakt gesprochen wird (BVerfG, Urt. v. 30.06.2009 - 2 BvE 2/08 - BVerfGE 123, 267, juris Rn. 179; Urt. v. 12.10.1993 - 2 BvR 2134/92 u.a. - BVerfGE 89, 155, juris Rn. 61; Urt. v. 21.06.2016 - 2 BvE 13/13 u.a. - NJW 2016, 2473, juris Rn. 82), hat dies seinen Grund darin, dass als im Rahmen der Verfassungsbeschwerde rügefähiges Recht, um eine nationale verfassungsgerichtliche Kontrolle der Aufgabenübertragung an die Europäische Union und der Aufgabenwahrnehmung von Organen der Europäischen Union im Hinblick auf ultra vires-Akte zu erreichen, ernsthaft nur Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit einer „Subjektivierung des Demokratieprinzips“ (vgl. dazu kritisch Dreier-Dreier, a.a.O., Art. 20 [Demokratie] Rn. 80 f.) in Betracht kommt. Die Passage im Beschluss zur Wahlberechtigung Auslandsdeutscher, dass die Möglichkeit, eine reflektierte Wahlentscheidung zu treffen, für die Wahlteilnahme unabdingbar ist (BVerfG, Beschl. v. 04.07.2012 - 2 BvC 1/11 -, BVerfGE 132, 39, juris Rn. 41), erlaubt keine Rückschlüsse auf die von den Klägern postulierte Auslegung des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht im Südweststaat-Urteil zwischen dem Staatsvolk und dem Volk im soziologisch-ethnologisch-politischen Sinn unterschieden hat (BVerfG, Urt. v. 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 - BVerfGE 1, 14, juris Rn. 133), besagt nichts für die Frage, wie der Begriff des Volks in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auszulegen ist. Auch die Entscheidung zur Volksbefragung über Atomwaffen ist hier unergiebig: Soweit das Bundesverfassungsgericht dort von den wahlberechtigten Bürgern als dem Staatsvolk spricht (BVerfG, Beschl. v. 30.07.1958 - 2 BvF 3/58 - BVerfGE 8, 104, juris Rn. 33), geht es um die Qualifikation der Volksbefragung als Mitwirkung an der Staatswillensbildung in Abgrenzung zur Willensbildung des Volkes; an einer begrifflichen Fassung des Begriffs des Staatsvolkes war dem Gericht hier nicht gelegen; es sah sich daher durch diesen Beschluss auch nicht gehindert, im Urteil zum kommunalen Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein den Begriff des Staatsvolkes als nicht auf die Wahlberechtigten beschränkt anzusehen.
32 
Auch folgt aus dem Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts zum Lippeverband nichts zum Begriff des Staatsvolks i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Soweit das Gericht dort das Volk im demokratischen Sinn in Beziehung zur Aktivbürgerschaft gesetzt hat (BVerwG, Beschl. v. 17.12.1997 - 6 C 1/97 - NVwZ 1999, 870, juris Rn. 52), geht es allein darum, dass die hinreichende demokratische Legitimation der Organe und Amtswalter des Lippeverbands durch das Volk erfolgen müsse, eine Legitimation durch die Mitglieder des Verbands hingegen nicht ausreiche.
33 
bb) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17-Jährige bei Kommunalwahlen verstößt auch nicht gegen Art. 38 Abs. 2 GG. Aus dieser Norm folgen keine unmittelbaren Vorgaben für die Festsetzung eines Mindestalters für das aktive Wahlrecht bei Landtags- und Kommunalwahlen durch den Landesgesetzgeber. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht unter 1.2 seiner Urteilsgründe insoweit ausgeführt, dass Art. 38 Abs. 2 GG nur eine Regelung für Bundestagswahlen trifft. Auch aus dem Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG folgt nichts anderes, es verweist nicht auf Art. 38 Abs. 2 GG (Maunz/Dürig-Klein, GG, Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]; Schroeder, JZ 2003, 917, 921, Fn. 50; Schmidt-de Caluwe, NVwZ 2001, 270, 274; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498). Die Länder sind bei der Ausgestaltung des Wahlsystems für Landtags- und Kommunalwahlen gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG an die allgemeinen Wahlrechtsgrundsätze der Freiheit, Gleichheit, Allgemeinheit, Geheimheit und Unmittelbarkeit gebunden, bei Beachtung dieser Grundsätze in der Ausgestaltung des Wahlsystems jedoch frei (BVerfG, Urt. v. 11.08.1954 - 2 BvK 2/54 - BVerfGE 4, 31, juris Rn. 55; Beschl. v. 16.07.1998 - 2 BvR 1953/95 - BVerfGE 99, 1, juris Rn. 30, 45 f.; Epping/Hillgruber-Hellermann, GG, 2. Aufl., Art. 28 Rn. 15; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, GG, 13. Aufl., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, GG, 6. Aufl., Art. 28 Rn. 85, 92, 97).
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cc) Das aktive Wahlrecht für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verletzt keinen der in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG genannten Wahlrechtsgrundsätze.
35 
aaa) Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist durch die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre nicht verletzt. Dieser untersagt den unberechtigten Ausschluss von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl überhaupt. Er verbietet dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen. Begrenzungen der Allgemeinheit der Wahl sind verfassungsrechtlich zulässig, sofern für sie ein zwingender Grund besteht. So ist es von jeher aus zwingenden Gründen als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen worden, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird. Ebenso galt es immer als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl vereinbar, dass vom Wahlrecht ausgeschlossen blieb, wer entmündigt war, wer unter vorläufiger Vormundschaft oder wegen geistigen Gebrechens unter Pflegschaft stand oder wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besaß (BVerfG, Beschl. v. 23.10.1973, Beschl. v. 21.09.1976, Beschl. v. 09.10.2000, je a.a.O.).
36 
Zwar wird der Kreis der Wahlberechtigten mit der Absenkung des Wahlalters erweitert und die in einer Altersgrenze liegende Beschränkung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl folglich abgemildert. Gleichwohl ist hier der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl zu prüfen (a.A. Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Oebbecke, JZ 2003, 987, 988). Denn der Gesetzgeber ist bei der Festlegung einer abgesenkten Wahlaltersgrenze nicht frei. Er hat den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz zu beachten, dass das aktive Wahlrecht ein Mindestmaß an Reife und Urteilskraft und daher ein entsprechendes Mindestalter voraussetzt. Voraussetzung für die Gewährung der Wahlberechtigung ist ein gewisser Grad an politischer Einsichtsfähigkeit (VG Stuttgart, Urt. v. 14.12.2015 - 7 K 3140/15 - juris Rn. 42; VG Saarland, Urt. v. 04.11.2016 - 3 K 921/15 - juris Rn. 27; Mußgnug, FS Roellecke, 1995, 165, 173, 175; von Münch, NJW 1995, 3165, 3166; Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1344; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Holste, DÖV 2005, 110, 111; Rolfsen, DÖV 2009, 348, 355; a.A. Oebbecke, JZ 2004, 987, 989 f.: Einsichtsfähigkeit nicht notwendig für Innehabung des Wahlrechts, sondern nur für Ausübung). Dabei besteht bei der Festlegung des Wahlalters ein Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (Breuer, NVwZ 2002, 43, 45; Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1344; Schmidt-de Caluwe, NVwZ 2001, 270, 274). Die Länder können daher im Rahmen der grundgesetzlichen Vorgaben das Wahlalter abweichend von Art. 38 Abs. 2 GG regeln (Maunz/Dürig-Mehde, a.a.O., Art. 28 Abs. 1 Rn. 90 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, a.a.O., Art. 28 Rn. 72 [Stand: April 2016]; Epping/Hillgruber-Hellermann, a.a.O., Art. 28 Rn. 15.1; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, a.a.O., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, a.a.O., Art. 28 Rn. 93; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; ähnlich Maunz/Dürig-Klein, a.a.O., Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]: Absenkung des Wahlalters für Landtage wohl kein Verstoß gegen Bundesverfassungsrecht). In diesem Rahmen ist dem Gesetzgeber eine generalisierende Regelung gestattet, da die Wahlmündigkeit im Einzelfall nicht geprüft werden kann (Schroeder, JZ 2003, 917, 921).Neben der hinreichenden Einsichtsfähigkeit der 16- und 17-Jährigen sind deren kommunalpolitisches Interesse und ein zahlreiches Gebrauchmachen vom Wahlrecht hingegen kein verfassungsrechtliches Erfordernis.
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Für die Entscheidung des Landesgesetzgebers, die Mindestaltersgrenze für das aktive Wahlrecht bei Landtags- und Kommunalwahlen zu regeln, kommt der Festlegung der verfassungsgebenden Gewalt im Bund, dass nach Art. 38 Abs. 2 GG wahlberechtigt ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat, auch keine maßstabsbildende Funktion zu. Eine solche Funktion nimmt indessen Schreiber an: In Bezug auf das Wahlberechtigungsalter komme der Entscheidung des Grundgesetzes – trotz ihrer unmittelbaren Geltung allein für Bundestagswahlen – unter verfassungspolitischen, soziologischen, pädagogischen und entwicklungspsychologischen Erwägungen eine gesamtstaatliche Relevanz für Parlamentswahlen zu (gesamtstaatliche Einschätzungsprärogative des Bundesverfassungsgebers). Die an Art. 28 Abs. 1 und Art. 20 GG gebundenen Landesgesetzgeber hätten sich deshalb hinsichtlich des Wahlberechtigungsalters bei Wahlen zu den Landesparlamenten an der Bundesregelung zu orientieren. Hinsichtlich des Wählbarkeitsalters sei nicht von einer entsprechenden gesamtstaatlichen Bedeutung und Tragweite der Entscheidung des Bundesverfassungsgebers auszugehen. Bezogen auf Kommunalwahlen bestehe verfassungsrechtlich kein „Homogenitätsgebot“, doch spreche insbesondere unter sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen über die politische Reife und Bildung vieles dafür, eine Einheitlichkeit der Regelung auf allen Wahlebenen zu wahren (Schreiber, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 254 [Stand: August 2013]). Verfassungspolitisch mag ein einheitliches Wahlalter für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen wünschenswert sein. Eine rechtliche Bindung bei der Ausübung des Gestaltungsspielraums des jeweiligen Gesetzgebers besteht jedoch nicht. Das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG erfasst allein die fünf dort aufgeführten Wahlrechtsgrundsätze, von denen hier keiner verletzt ist. Für eine Begrenzung der Einschätzungsprärogative des Landesgesetzgebers fehlt daher eine normative Grundlage. Dies zeigen auch die Überlegungen Schreibers selbst. Die Tatsache, dass er Differenzierungen hinsichtlich aktivem und passivem Wahlalter sowie zwischen Landtags- und Kommunalwahlen vornimmt, zeigt, dass es sich lediglich um Fragen der politischen Opportunität handelt, nicht hingegen um normative Bindungen.
38 
Von diesem Maßstab ausgehend, ist die Entscheidung des Gesetzgebers, das Mindestalter für die Ausübung des aktiven Wahlrechts bei Kommunalwahlen in Baden auf 16 Jahre abzusenken, nicht zu beanstanden und von dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt (ebenso für eine Absenkung auf 16 Jahre bei Kommunal- oder Landtagswahlen: Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498;Rolfsen, DÖV 2009, 348, 355;Epping/Hillgruber-Huster/Rux, a.a.O., Art. 20 Rn. 71.1; allgemein für eine Zulässigkeit einer Absenkung durch die Länder: Maunz/Dürig-Mehde, a.a.O., Art. 28 Abs. 1 Rn. 90 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, a.a.O., Art. 28 Rn. 72 [Stand: April 2016]; Epping/Hillgruber-Hellermann, a.a.O., Art. 28 Rn. 15.1; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, a.a.O., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, a.a.O., Art. 28 Rn. 93; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Maunz/Dürig-Klein, a.a.O., Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]). Expertenanhörungen in Gesetzgebungsverfahren anderer Länder, die das Wahlalter für Landtags- oder Kommunalwahlen auf 16 Jahre gesenkt haben, zeigen, dass gute Gründe für die Annahme sprechen, dass Jugendliche ab 16 Jahre typsicherweise die notwendige Reife besitzen, um an Kommunalwahlen teilnehmen zu können. So hat Prof. Dr. ... vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für innere Verwaltung des Niedersächsischen Landtags vom 31.10.1995 ausgeführt, dass es im Augenblick kein wissenschaftlich gestütztes seriöses Argument gebe, das Wahlalter im Kommunalwahlrecht, möglicherweise auch für Landtags- und Bundestagswahlen, nicht auf 16 Jahre herabzusetzen. Man könne in der ganzen Jugendentwicklung eine deutliche Verschiebung in den Wertorientierungen im Laufe der letzten zwei oder drei Dekaden feststellen. Dies werde von allen Jugenduntersuchungen, egal unter welchen methodischen Differenzen sie durchgeführt worden seien, bestätigt. Im Hinblick auf die Urteilsfähigkeit werde man im Einzelfall nicht ausschließen können, dass gerade für diese Gruppe noch eine sehr starke Beeinflussung von Seiten der Eltern vorhanden sei. Dies betreffe – so Prof. Dr. ... sinngemäß – jedoch auch jede andere Altersgruppe. Von der Reife her gebe es daher kein Argument, 16- und 17-jährige nicht wählen zu lassen (Niedersächsischer Landtag, Niederschrift über die 50. - öffentliche - Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung am 31. Oktober 1995, S. 16 f., 21 f.). In der Anhörung des Innen- und Rechtsausschusses des schleswig-holsteinischen Landtags hat Prof. Dr. ... in seiner schriftlichen Stellungnahme ausgeführt, die Festlegung eines „Sperralters“ von 18 Jahren sei unter den heutigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und entwicklungspsychologischen Bedingungen nicht mehr haltbar. Jugendliche seien heute selbstständiger als früher. Die Pubertät mit ihren Entwicklungsschüben setze im Durchschnitt schon mit zwölf Jahren ein. Jugendliche seien entsprechend früh für sich selbst verantwortlich. Vor allem ihre Bildungsentscheidungen und -erfolge seien heute von großer biografischer Bedeutung. Die kognitive Entwicklungsforschung zeige, dass in der Altersspanne zwischen 12 und 14 Jahren bei fast allen Jugendlichen ein intellektueller Entwicklungsschub stattfinde, der sie dazu befähige, abstrakt, hypothetisch und logisch zu denken. Parallel hierzu steige in dieser Altersspanne auch die Fähigkeit an, sozial, moralisch und politisch zu denken und entsprechende Urteile abzugeben. Wolle man von einer „Reife“ der Urteilsfähigkeit - nicht der gesamten Persönlichkeit - sprechen, dann sei diese gegeben (Stellungnahme vom 26.09.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/163; in der Sache ebenso in der Anhörung des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses der Bremischen Bürgerschaft am 14.01.2000 [Protokoll, S. 40, 41]). Prof. Dr. ... hat in dieser Anhörung schriftlich ausgeführt, neben einer Veränderung der Lebenssituation Jugendlicher dienten den Befürwortern einer Absenkung des Wahlalters auf das 16. Lebensjahr vor allem entwicklungspsychologische Studien als Begründung. Diese zeigten, dass Kinder und Jugendliche ab einem Alter von ungefähr 14 Jahren sozial und moralisch urteilsfähig seien (Stellungnahme vom 04.03.2013, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/870).
39 
Zwar haben sich andere Experten zurückhaltend und skeptisch zur Urteilsfähigkeit der Jugendlichen geäußert, so z.B. Dr. ... vom Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung, Abteilung Familie, Jugend und soziale Dienste in der Anhörung im niedersächsischen Landtag (Niedersächsischer Landtag, Niederschrift über die 50. - öffentliche - Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung am 31. Oktober 1995, S. 10 ff.) und Prof. Dr. ... in der Anhörung des Landtags Schleswig-Holstein (Stellungnahme vom 16.10.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/238). In anderen Anhörungen sind entwicklungspsychologische oder vergleichbare Sachverständige nicht gehört worden (so in den Anhörungen des Europa- und Rechtsausschusses des Landtags Mecklenburg-Vorpommern vom 13.03.2013 [Protokoll Nr. 36], des Innenausschusses des Landtags Mecklenburg-Vorpommern vom 07.10.2010 [Protokoll Nr. 104], des Verfassungs- und Bezirksausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft vom 28.10.2011 [Drs. Nr. 20/6], des Ausschusses für Kommunalpolitik des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 21.01.1998 [Ausschussprotokoll 12/774], des Innen- und Kommunalausschusses des Thüringer Landtags vom 22.09.2015 [Ergebnisprotokoll sowie Wortprotokoll zur Stellungnahme der Jusos Thüringen (zugleich Beschlussprotokoll)], des Ausschusses für Inneres des Landtags Brandenburg vom 31.03.2011 [Ausschussprotoll Teil 1: P-AI 5/16-1]).
40 
Maßgeblich ist jedoch: Die gesetzgeberische Entscheidung kann sich auf nachvollziehbare, nicht nur vereinzelte fachliche Auffassungen zur Urteilsfähigkeit Jugendlicher stützen. Der Gesetzgeber hat somit von seiner Einschätzungsprärogative rechtmäßig Gebrauch gemacht, zumal in den genannten Anhörungen kein entwicklungspsychologischer oder vergleichbarer Sachverständiger - auch wenn er oder sie sich skeptisch und abratend zu einer Absenkung des Wahlalters geäußert hat - die Auffassung vertreten hat, die Jugendlichen hätten die notwendige Urteilskraft nicht. Soweit in der Literatur davon ausgegangen wird, die notwendige Reife setze erst mit 18 Jahren ein, werden hierfür wissenschaftliche Nachweise nicht angeführt (so z.B. bei Mußgnug, FS Roellecke, 1995, 165, 178 ff.) oder offen eingeräumt, dass solche nicht vorliegen (Schreiber-Strelen, BWahlG, 9. Aufl., § 12 Rn. 9).
41 
Stellungnahmen in den Anhörungen zum Umfang des Politikinteresses Jugendlicher und zu ihrer Wahlbeteiligung - so z.B. die von Dr. ... in der Anhörung im Schleswig-Holsteinischen Landtag, auf die die Kläger sich berufen (Stellungnahme vom 15.10.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/233, sowie Stellungnahme vom 01.03.2013, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/860 [neu]) - sind hier nicht von Belang, da Politikinteresse und Gebrauchmachen vom Wahlrecht keine verfassungrechtlichen Voraussetzungen für die Bestimmung der Wahlaltersgrenze sind.
42 
Der Landesgesetzgeber musste keine Anhörung von Sachverständigen durchführen, bevor er 2013 das aktive Wahlrecht für 16- und 17-Jährige bei Kommunalwahlen einführte. Für eine verfassungsgemäße Ausübung seines bestehenden Einschätzungsspielraums reicht es aus, dass er sich auf nachvollziehbare fachliche Erwägungen stützen kann, dass eine für die Wahlentscheidung bei Kommunalwahlen ausreichende Einsichtsfähigkeit der 16- und 17-Jährigen gegeben ist. Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur biologischen Hirnreifung, zum kommunalpolitischen Interesse von Jugendlichen, zur Wahlbeteiligung von Jugendlichen, zur Bürgerschaftswahl in Bremen, zu kommunalpolitischen Themen, zur Anzahl der Bankkonten Jugendlicher, ihren Wohnverhältnissen und den damit zusammenhängenden Aspekten sowie die hierzu schriftsätzlich gemachten Beweisangebote (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 41 - 51, 59; Schriftsatz vom 31.05.2017, S. 16 - 27, 36 - 45; Schriftsatz vom 30.06.2017, S. 18 f.) und die in Bezug genommenen erstinstanzlichen Beweisangebote (Schriftsatz vom 29.06.2016, S. 95 - 102) kommt es daher nicht an.
43 
Aufgrund der bestehenden Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und des Vorliegens ausreichender Gründe für die gesetzgeberische Entscheidung, das Wahlalter abzusenken, ist auch keine gerichtliche Nachprüfung der einzelnen Erwägungen in der Gesetzesbegründung in der Landtagsdrucksache 15/3119 veranlasst. Es handelt sich insoweit - anders als die Kläger anzunehmen scheinen - nicht um eine Überprüfung vergleichbar derjenigen, wie sie für behördliche Ermessenentscheidungen nach dem Maßstab des § 114 VwGO vorzunehmen ist. Liegen ausreichende Gründe für die erfolgte Ausübung des gesetzgeberischen Einschätzungsspielraums vor, ist verfassungsrechtlich unerheblich, ob sich alle in der Gesetzesbegründung angeführten Überlegungen in der Praxis bewahrheitet haben (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 16.06.2011 - 1 BvR 2394/10 - WM 2011, 1948).
44 
Eine verfassungsrechtliche Pflicht, eine Sachverständigenanhörung durchzuführen, ergibt sich auch nicht aus den von den Klägern angeführten Umständen, dass die Anhörung in Niedersachsen bereits 1995 erfolgte und zwischen den Ländern erhebliche Unterscheide bestehen könnten. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Frage der ausreichenden Einsichtsfähigkeit 16- und 17-Jähriger im Bundesgebiet unterschiedlich beurteilt und dass die Stellungnahmen in der Anhörung in Niedersachsen 1995, die in den Anhörungen in Bremen im Jahr 2000 und in Schleswig-Holstein im Jahr 2013 bestätigt wurden, überholt sind. Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Bildungspolitik der Länder und die damit zusammenhängenden Gesichtspunkte sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 31.05.2017, S. 30) kommt es daher nicht an.
45 
bbb) Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist nicht verletzt, soweit der Gesetzgeber 16- und 17-Jährige, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht besorgen können, vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen hat. Auch insoweit ist trotz der insoweit fehlenden Begrenzung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl dieser Grundsatz zu prüfen. Denn der Gesetzgeber muss - wie bei der Festlegung der Wahlaltersgrenze - bei der Ausgestaltung des Wahlrechts den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz berücksichtigen, dass das Wahlrecht die Fähigkeit, eine bewusste Wahlentscheidung treffen zu können, voraussetzt.
46 
Auch insoweit ist dem Gesetzgeber die Befugnis zu einer typisierenden Regelung eingeräumt (BayVerfGH, Entsch. v. 09.07.2002 - Vf. 9-VII-01 - BayVBl. 2003, 44, zum Wahlrechtsausschluss wegen Anordnung einer Betreuung im bayerischen Landesrecht entsprechend § 13 Nr. 2 BWahlG). Diese Befugnis rechtfertigt eine Regelung, die bewusst nur Bürger, für die vom Vormundschaftsgericht ein Betreuer für alle Angelegenheiten bestellt ist, vom Wahlrecht ausschließt, somit vom Wahlrecht nur einen sehr kleinen Kreis von Betroffenen ausnimmt und sehenden Auges die Fälle einer aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung bestehenden unzureichenden Einsichts- und Wahlfähigkeit nicht umfassend abdeckt. Im Hinblick auf die Bedeutung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl darf der Gesetzgeber den Kreis derjenigen, die vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, möglichst klein halten und das Ziel verfolgen, niemanden von der Wahl auszuschließen, bei dem die fehlende Einsicht nicht sicher feststeht (BayVerfGH, Entsch. v. 09.07.2002, a.a.O., juris Rn. 40 ff., 53 ff.). So war einfachrechtlich auch für den früheren § 13 Nr. 2 BWahlG - nach dem vom Wahlrecht ausgeschlossen war, wer entmündigt war - anerkannt, dass nicht alle, denen aufgrund einer psychischen Krankheit die notwendige Einsichtsfähigkeit für die Wahlhandlung fehlte, vom Wahlrecht ausgeschlossen waren, sondern Geisteskranke und Geistesschwache, die weder entmündigt waren noch unter Pflegschaft standen, wahlberechtigt waren (Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 3. Aufl. 1986, § 13 Rn. 8). Ebenso wird für den geltenden § 13 Nr. 1 BWahlG - nach der vom Wahlrecht derjenige ausgeschlossen ist, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist - einfachrechtlich davon ausgegangen, dass damit nur ein sehr kleiner Kreis von Betroffenen ausgeschlossen ist, da nach der Konzeption des Betreuungsrechts die Betreuerbestellung für alle Angelegenheiten die Ausnahme ist (Schreiber-Strelen, a.a.O., 9. Aufl., § 13 Rn. 12).
47 
Nach diesem Maßstab ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, eine Regelung zum Ausschluss derjenigen Jugendlichen vom Wahlrecht zu treffen, die - entsprechend der Regelung des § 1896 Abs. 1 BGB - auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht besorgen können. Aufgrund der fehlenden Möglichkeit, nach dem BGB für Minderjährige einen Betreuer zu bestellen, steht für den Gesetzgeber keine praktikable und zugleich rechtssichere Anknüpfungsmöglichkeit für eine Ausschlussregelung zur Verfügung. Hierauf, insbesondere auf das Fehlen einer rechtssicheren Anknüpfungsmöglichkeit für eine Ausschlussregelung Bedacht zu nehmen, ist angesichts der Bedeutung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl zulässig.
48 
Der Gesetzgeber hat damit auch nicht den Grundsatz der Gleichheit der Wahl verletzt.Dieser gebietet, dass alle Wahlberechtigten das aktive und passive Wahlrecht möglichst in formal gleicher Weise ausüben können und ist im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit zu verstehen. Aus dem Grundsatz der Wahlgleichheit folgt, dass die Stimme eines jeden Wahlberechtigten grundsätzlich den gleichen Zählwert und die gleiche rechtliche Erfolgschance haben muss. Er gestattet dem Gesetzgeber nur einen eng bemessenen Spielraum für Differenzierungen (BVerfG, Beschl. v. 22.05.1979 – 2 BvR 193/79 u.a. – BVerfGE 51, 222, juris Rn 52; Urt. v. 10.04.1997 - 2 BvC 3/96 - BVerfGE 95, 408, juris Rn. 45). Dieser Spielraum ist hier nicht überschritten. Das Fehlen der Möglichkeit, für Minderjährige eine Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB durch das Gericht anordnen zu lassen, ist ein zulässiges Differenzierungskriterium. Der Gesetzgeber des BGB hat für Minderjährige die Anordnung einer Betreuung nach den §§ 1896 ff. BGB aufgrund des Personensorgerechts der Erziehungsberechtigten für entbehrlich gehalten. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Einwänden, dass der Landesgesetzgeber an eine sachgerechte Regelung der Betreuung in den §§ 1896 ff. BGB angeknüpft und daher darauf verzichtet hat, in der Gemeindeordnung für wahlberechtigte Jugendliche eine eigene Regelung zum Ausschluss vom Wahlrecht aus vergleichbaren Gründen zu treffen.
49 
Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Anzahl von Neuwählern und geisteskranken Jugendlichen, zur Größe von Gemeinden in Baden-Württemberg und damit zusammenhängende Gesichtspunkte sowie die hierzu schriftsätzlich gemachten Beweisangebote (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 86 - 90; Schriftsatz vom 30.06.2017, S. 4 - 15) kommt es daher nicht an.
50 
Insoweit fehlt es auch an dem behaupteten Verstoß gegen Art. 74 Nr. 1 GG. Denn der Landesgesetzgeber hat keine Regelung zum Betreuungsrecht als Teil des bundesrechtlich abschließend geregelten Bürgerlichen Rechts getroffen.
51 
ccc) Auch gegen die anderen Wahlrechtsgrundsätze wird nicht verstoßen. Der Umstand, dass die Eltern der jugendlichen Wahlberechtigten für diese das Aufenthaltsbestimmungsrecht haben und diese daher an der Ausübung des Wahlrechts am Wahltag hindern könnten, verletzt die Freiheit der Wahl nicht. Zum einen schützt die Freiheit der Wahl nur vor Beeinträchtigungen durch die öffentliche Gewalt. Zudem haben die Jugendlichen die Möglichkeit der Briefwahl. Schließlich haben die Eltern ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht im Rahmen der Rechtsordnung auszuüben, zu der das Wahlrecht der Jugendlichen gehört, mit der Folge, dass jedenfalls eine faktische grundlose Hinderung an der Wahlteilnahme vom Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern kaum gedeckt sein dürfte.
52 
dd) Die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre im kommunalen Bereich ist auch nicht deswegen verfassungswidrig, weil 16 und 17-Jährige nun auch Bürgermeister und Landräte wählen, an Gemeindeversammlungen und Einwohnerversammlungen teilnehmen sowie Vertrauenspersonen von Bürgerbegehren, Ratsbegehren, Einwohneranträgen und Anträgen auf Durchführung von Einwohnerversammlungen werden können. Eine verletzte Verfassungsnorm ist nicht ersichtlich und wird von den Klägern auch nicht benannt. Der Gesetzgeber durfte, wie dargelegt, von einer ausreichenden Verstandesreife 16- und 17-Jähriger ausgehen. Aus welchen Gründen für die genannten Befugnisse insoweit anderes als für das Wahlrecht für die Gemeinderatswahl gelten sollte, ist nicht erkennbar. Auch der Umstand, dass aus dem Bürgerstatus für 16- und 17-Jährige Pflichten folgen können, verletzt keine Verfassungsnorm. Ein allenfalls denkbarer Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Jugendlichen nach Art. 2 Abs. 1 GG und das elterliche Erziehungsrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG wäre auf jeden Fall verhältnismäßig.
53 
Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Unterschriftensammlung für Bürgerbegehren und die damit zusammenhängenden Gesichtspunkte sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 37) kommt es daher nicht an.
54 
ee) Das aktive Wahlrecht für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verstößt nicht gegen einfaches Bundesrecht und verletzt daher auch nicht den Grundsatz der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung.
55 
Für die vom Kläger behauptete Unvereinbarkeit von Jugendlichenwahlrecht und Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern wird auf die obigen Ausführungen zur Freiheit der Wahl verwiesen.
56 
Die Tatsache, dass nach dem BGB die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahrs eintritt, hindert den Landesgesetzgeber nicht, das Wahlalter abweichend hiervon zu regeln. Wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, besteht eine Vielzahl von Regelungen, die Rechte und Verantwortlichkeiten von jungen Menschen ab einem geringeren Alter als 18 Jahre vorsehen. In diesen Bereichen besteht keine Pflicht des Gesetzgebers, stets an das Alter der Volljährigkeit anzuknüpfen. Ebenso wenig besteht ein Rechtssatz, der gebietet, das Wahlrecht erst mit der Volljährigkeit entstehen zu lassen. Unerheblich sind insoweit die detaillierten Ausführungen der Kläger zum genauen Regelungsgehalt der vom Verwaltungsgericht insoweit erörterten Vorschriften. Maßgeblich ist allein, dass die deutsche Rechtsordnung eine Vielzahl von Regelungen enthält, die Rechte und Pflichten von Jugendlichen unter 18 Jahren vorsehen, und daher die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre im kommunalen Bereich nicht gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verstößt. Daher kommt es auch auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Anwendung des § 1303 BGB sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 65) nicht an.
57 
Auch wenn man mit den Klägern davon ausgehen sollte, dass die Regelung des § 41 Abs. 2 KomWG, dass gegen die Zurückweisung eines Antrags auf eine Einwohnerversammlung, eines Einwohnerantrags und eines Bürgerbegehrens jeder Unterzeichner Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erheben kann, im Hinblick auf minderjährige Unterzeichner gegen § 61 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 104 Nr. BGB verstößt, kann das allenfalls einen Verstoß von § 41 Abs. 2 KomWG, nicht jedoch von § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 GemO gegen Bundesrecht begründen.
58 
Auch der behauptete Verstoß gegen das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung im Hinblick auf die Wertungen der §§ 45, 92a, 101, 102, 108c, 108e, 109i StGB und des § 6 JGG liegt nicht vor. Es ist in keiner Weise ersichtlich, warum die von den Klägern angeführten unterschiedlichen Rechtsfolgen einer strafbaren Wahlfälschung für Jugendliche und Volljährige nicht ebenso vor Art. 3 Abs. 1 GG Bestand haben sollen wie sonstige Ungleichbehandlungen von Jugendlichen, Heranwachsenden und Erwachsenen im Strafrecht.
59 
Auch im Hinblick auf §§ 1896 ff. BGB fehlt es an einer Unvereinbarkeit mit Bundesrecht. Auf die obigen Ausführungen zum Wahlrechtausschluss wird verwiesen.
60 
b) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verstößt auch nicht gegen höherrangiges Landesrecht. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, betrifft die Festlegung der Wahlberechtigung auf 18 Jahre in Art. 26 Abs. 1 LV nur die Wahlen zum Landtag. Für Kommunalwahlen kann der Gesetzgeber aufgrund von Art. 26 Abs. 6, Art. 72 Abs. 3 LV eine abweichende Regelung vornehmen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu unter Nr. 3 seiner Urteilsgründe nimmt der Senat Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
61 
2. Auch der geltend gemachte Wahlfehler, dass an der Gemeinderatswahl in Heidelberg Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit doppelt abgestimmt haben könnten, besteht nicht. Zutreffend hat der Beklagte in seinen Bescheiden ausgeführt, dass eine mehrfache Eintragung von Bürgern in das Wählerverzeichnis nicht vorgesehen ist und dass die Bestimmungen des Kommunalwahlrechts (§§ 19 KomWG, 29 KomWO) eine mehrfache Wahlteilnahme eines Wählers an der Kommunalwahl ausschließen. Die von den Klägern im Wahleinspruch aufgestellte Behauptung, es sei lebensfremd und unwahrscheinlich, dass bei der Heidelberger Gemeinderatswahl keine Doppelabstimmungen von EU-Bürgern erfolgt seien, ist vollkommen ins Blaue hinein aufgestellt. Es ist auch nicht ansatzweise erkennbar, wie sich der von den Klägern in Bezug genommene Fall, dass eine Person mit deutscher und italienischer Staatsangehörigkeit bei der Wahl zum Europaparlament im italienischen Konsulat und in einem deutschen Wahlbüro und damit zweimal abgestimmt hat, bei der Heidelberger Gemeinderatswahl in vergleichbarer Art wiederholt haben sollte. Daher hatte der Beklagte auch keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen in diese Richtung.
III.
62 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist zuzulassen, da die Frage, ob die Absenkung des Wahlalters gegen Bestimmungen des Grundgesetzes verstößt, grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat.
63 
Beschluss vom 21. Juli 2017
64 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 11 Eignung


(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Ei

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 122


(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 74


(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete: 1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 61


Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind 1. natürliche und juristische Personen,2. Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,3. Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1626 Elterliche Sorge, Grundsätze


(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge). (2) Bei der Pf

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 38


(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. (2) W

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 104 Geschäftsunfähigkeit


Geschäftsunfähig ist:1.wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,2.wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorüberge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 25


Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2 Eintritt der Volljährigkeit


Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 79


(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau ein

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 116


(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmlin

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 62


(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind1.die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen,2.die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den G

Gesetz zum Schutze der arbeitenden Jugend


Jugendarbeitsschutzgesetz - JArbSchG

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 3 Verantwortlichkeit


Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Zur Erziehung eines Jugendlichen, der ma

Strafgesetzbuch - StGB | § 45 Verlust der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit und des Stimmrechts


(1) Wer wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, verliert für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen. (2) Das Gericht kann d

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 107 Einwilligung des gesetzlichen Vertreters


Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 10 Mindestalter


(1) Das für die Erteilung einer Fahrerlaubnis maßgebliche Mindestalter bestimmt sich nach der folgenden Tabelle: lfd Nr.KlasseMindestalterAuflagen 1AM15 JahreBis zur Vollendung des 16. Lebensjahres ist die Fahrerlaubnis mit der Auflage zu versehen, d

Strafgesetzbuch - StGB | § 108e Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern


(1) Wer als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine

Bundeswahlgesetz - BWahlG | § 13 Ausschluss vom Wahlrecht


Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist, wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1303 Ehemündigkeit


Eine Ehe darf nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden. Mit einer Person, die das 16. Lebensjahr nicht vollendet hat, kann eine Ehe nicht wirksam eingegangen werden.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 118


Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung nicht zusta

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 60 Errichtung und Aufgabe


(1) In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf Arbeitnehmern, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (jugendliche Arbeitnehmer) oder die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, werden Jugend- und Auszubildendenvertretungen gewählt.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 29


(1) Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewährleisten, daß die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können. Dabei sind die landsmannschaftliche Verbundenheit, die geschichtlichen und

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 6 Nebenfolgen


(1) Auf Unfähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen oder in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, darf nicht erkannt werden. Die Bekanntgabe der Verurteilung darf nicht angeordnet werden.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 64


(1) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen. (2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister leisten bei der Amtsübernahme vor dem Bundestage den in Artikel 56 vorgesehenen Eid.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 146


Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlo

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(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewährleisten, daß die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können. Dabei sind die landsmannschaftliche Verbundenheit, die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sowie die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung zu berücksichtigen.

(2) Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebietes ergehen durch Bundesgesetz, das der Bestätigung durch Volksentscheid bedarf. Die betroffenen Länder sind zu hören.

(3) Der Volksentscheid findet in den Ländern statt, aus deren Gebieten oder Gebietsteilen ein neues oder neu umgrenztes Land gebildet werden soll (betroffene Länder). Abzustimmen ist über die Frage, ob die betroffenen Länder wie bisher bestehenbleiben sollen oder ob das neue oder neu umgrenzte Land gebildet werden soll. Der Volksentscheid für die Bildung eines neuen oder neu umgrenzten Landes kommt zustande, wenn in dessen künftigem Gebiet und insgesamt in den Gebieten oder Gebietsteilen eines betroffenen Landes, deren Landeszugehörigkeit im gleichen Sinne geändert werden soll, jeweils eine Mehrheit der Änderung zustimmt. Er kommt nicht zustande, wenn im Gebiet eines der betroffenen Länder eine Mehrheit die Änderung ablehnt; die Ablehnung ist jedoch unbeachtlich, wenn in einem Gebietsteil, dessen Zugehörigkeit zu dem betroffenen Land geändert werden soll, eine Mehrheit von zwei Dritteln der Änderung zustimmt, es sei denn, daß im Gesamtgebiet des betroffenen Landes eine Mehrheit von zwei Dritteln die Änderung ablehnt.

(4) Wird in einem zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs- und Wirtschaftsraum, dessen Teile in mehreren Ländern liegen und der mindestens eine Million Einwohner hat, von einem Zehntel der in ihm zum Bundestag Wahlberechtigten durch Volksbegehren gefordert, daß für diesen Raum eine einheitliche Landeszugehörigkeit herbeigeführt werde, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren entweder zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird, oder daß in den betroffenen Ländern eine Volksbefragung stattfindet.

(5) Die Volksbefragung ist darauf gerichtet festzustellen, ob eine in dem Gesetz vorzuschlagende Änderung der Landeszugehörigkeit Zustimmung findet. Das Gesetz kann verschiedene, jedoch nicht mehr als zwei Vorschläge der Volksbefragung vorlegen. Stimmt eine Mehrheit einer vorgeschlagenen Änderung der Landeszugehörigkeit zu, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird. Findet ein der Volksbefragung vorgelegter Vorschlag eine den Maßgaben des Absatzes 3 Satz 3 und 4 entsprechende Zustimmung, so ist innerhalb von zwei Jahren nach der Durchführung der Volksbefragung ein Bundesgesetz zur Bildung des vorgeschlagenen Landes zu erlassen, das der Bestätigung durch Volksentscheid nicht mehr bedarf.

(6) Mehrheit im Volksentscheid und in der Volksbefragung ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt. Im übrigen wird das Nähere über Volksentscheid, Volksbegehren und Volksbefragung durch ein Bundesgesetz geregelt; dieses kann auch vorsehen, daß Volksbegehren innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren nicht wiederholt werden können.

(7) Sonstige Änderungen des Gebietsbestandes der Länder können durch Staatsverträge der beteiligten Länder oder durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen, wenn das Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, nicht mehr als 50.000 Einwohner hat. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages bedarf. Es muß die Anhörung der betroffenen Gemeinden und Kreise vorsehen.

(8) Die Länder können eine Neugliederung für das jeweils von ihnen umfaßte Gebiet oder für Teilgebiete abweichend von den Vorschriften der Absätze 2 bis 7 durch Staatsvertrag regeln. Die betroffenen Gemeinden und Kreise sind zu hören. Der Staatsvertrag bedarf der Bestätigung durch Volksentscheid in jedem beteiligten Land. Betrifft der Staatsvertrag Teilgebiete der Länder, kann die Bestätigung auf Volksentscheide in diesen Teilgebieten beschränkt werden; Satz 5 zweiter Halbsatz findet keine Anwendung. Bei einem Volksentscheid entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt; das Nähere regelt ein Bundesgesetz. Der Staatsvertrag bedarf der Zustimmung des Bundestages.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, so wird die Neugliederung durch Bundesgesetz geregelt, das eine Volksbefragung vorsehen muß.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewährleisten, daß die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können. Dabei sind die landsmannschaftliche Verbundenheit, die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sowie die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung zu berücksichtigen.

(2) Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebietes ergehen durch Bundesgesetz, das der Bestätigung durch Volksentscheid bedarf. Die betroffenen Länder sind zu hören.

(3) Der Volksentscheid findet in den Ländern statt, aus deren Gebieten oder Gebietsteilen ein neues oder neu umgrenztes Land gebildet werden soll (betroffene Länder). Abzustimmen ist über die Frage, ob die betroffenen Länder wie bisher bestehenbleiben sollen oder ob das neue oder neu umgrenzte Land gebildet werden soll. Der Volksentscheid für die Bildung eines neuen oder neu umgrenzten Landes kommt zustande, wenn in dessen künftigem Gebiet und insgesamt in den Gebieten oder Gebietsteilen eines betroffenen Landes, deren Landeszugehörigkeit im gleichen Sinne geändert werden soll, jeweils eine Mehrheit der Änderung zustimmt. Er kommt nicht zustande, wenn im Gebiet eines der betroffenen Länder eine Mehrheit die Änderung ablehnt; die Ablehnung ist jedoch unbeachtlich, wenn in einem Gebietsteil, dessen Zugehörigkeit zu dem betroffenen Land geändert werden soll, eine Mehrheit von zwei Dritteln der Änderung zustimmt, es sei denn, daß im Gesamtgebiet des betroffenen Landes eine Mehrheit von zwei Dritteln die Änderung ablehnt.

(4) Wird in einem zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs- und Wirtschaftsraum, dessen Teile in mehreren Ländern liegen und der mindestens eine Million Einwohner hat, von einem Zehntel der in ihm zum Bundestag Wahlberechtigten durch Volksbegehren gefordert, daß für diesen Raum eine einheitliche Landeszugehörigkeit herbeigeführt werde, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren entweder zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird, oder daß in den betroffenen Ländern eine Volksbefragung stattfindet.

(5) Die Volksbefragung ist darauf gerichtet festzustellen, ob eine in dem Gesetz vorzuschlagende Änderung der Landeszugehörigkeit Zustimmung findet. Das Gesetz kann verschiedene, jedoch nicht mehr als zwei Vorschläge der Volksbefragung vorlegen. Stimmt eine Mehrheit einer vorgeschlagenen Änderung der Landeszugehörigkeit zu, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird. Findet ein der Volksbefragung vorgelegter Vorschlag eine den Maßgaben des Absatzes 3 Satz 3 und 4 entsprechende Zustimmung, so ist innerhalb von zwei Jahren nach der Durchführung der Volksbefragung ein Bundesgesetz zur Bildung des vorgeschlagenen Landes zu erlassen, das der Bestätigung durch Volksentscheid nicht mehr bedarf.

(6) Mehrheit im Volksentscheid und in der Volksbefragung ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt. Im übrigen wird das Nähere über Volksentscheid, Volksbegehren und Volksbefragung durch ein Bundesgesetz geregelt; dieses kann auch vorsehen, daß Volksbegehren innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren nicht wiederholt werden können.

(7) Sonstige Änderungen des Gebietsbestandes der Länder können durch Staatsverträge der beteiligten Länder oder durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen, wenn das Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, nicht mehr als 50.000 Einwohner hat. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages bedarf. Es muß die Anhörung der betroffenen Gemeinden und Kreise vorsehen.

(8) Die Länder können eine Neugliederung für das jeweils von ihnen umfaßte Gebiet oder für Teilgebiete abweichend von den Vorschriften der Absätze 2 bis 7 durch Staatsvertrag regeln. Die betroffenen Gemeinden und Kreise sind zu hören. Der Staatsvertrag bedarf der Bestätigung durch Volksentscheid in jedem beteiligten Land. Betrifft der Staatsvertrag Teilgebiete der Länder, kann die Bestätigung auf Volksentscheide in diesen Teilgebieten beschränkt werden; Satz 5 zweiter Halbsatz findet keine Anwendung. Bei einem Volksentscheid entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt; das Nähere regelt ein Bundesgesetz. Der Staatsvertrag bedarf der Zustimmung des Bundestages.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.

(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.

(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

(1) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen.

(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister leisten bei der Amtsübernahme vor dem Bundestage den in Artikel 56 vorgesehenen Eid.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

(1) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen.

(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister leisten bei der Amtsübernahme vor dem Bundestage den in Artikel 56 vorgesehenen Eid.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewährleisten, daß die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können. Dabei sind die landsmannschaftliche Verbundenheit, die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sowie die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung zu berücksichtigen.

(2) Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebietes ergehen durch Bundesgesetz, das der Bestätigung durch Volksentscheid bedarf. Die betroffenen Länder sind zu hören.

(3) Der Volksentscheid findet in den Ländern statt, aus deren Gebieten oder Gebietsteilen ein neues oder neu umgrenztes Land gebildet werden soll (betroffene Länder). Abzustimmen ist über die Frage, ob die betroffenen Länder wie bisher bestehenbleiben sollen oder ob das neue oder neu umgrenzte Land gebildet werden soll. Der Volksentscheid für die Bildung eines neuen oder neu umgrenzten Landes kommt zustande, wenn in dessen künftigem Gebiet und insgesamt in den Gebieten oder Gebietsteilen eines betroffenen Landes, deren Landeszugehörigkeit im gleichen Sinne geändert werden soll, jeweils eine Mehrheit der Änderung zustimmt. Er kommt nicht zustande, wenn im Gebiet eines der betroffenen Länder eine Mehrheit die Änderung ablehnt; die Ablehnung ist jedoch unbeachtlich, wenn in einem Gebietsteil, dessen Zugehörigkeit zu dem betroffenen Land geändert werden soll, eine Mehrheit von zwei Dritteln der Änderung zustimmt, es sei denn, daß im Gesamtgebiet des betroffenen Landes eine Mehrheit von zwei Dritteln die Änderung ablehnt.

(4) Wird in einem zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs- und Wirtschaftsraum, dessen Teile in mehreren Ländern liegen und der mindestens eine Million Einwohner hat, von einem Zehntel der in ihm zum Bundestag Wahlberechtigten durch Volksbegehren gefordert, daß für diesen Raum eine einheitliche Landeszugehörigkeit herbeigeführt werde, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren entweder zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird, oder daß in den betroffenen Ländern eine Volksbefragung stattfindet.

(5) Die Volksbefragung ist darauf gerichtet festzustellen, ob eine in dem Gesetz vorzuschlagende Änderung der Landeszugehörigkeit Zustimmung findet. Das Gesetz kann verschiedene, jedoch nicht mehr als zwei Vorschläge der Volksbefragung vorlegen. Stimmt eine Mehrheit einer vorgeschlagenen Änderung der Landeszugehörigkeit zu, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird. Findet ein der Volksbefragung vorgelegter Vorschlag eine den Maßgaben des Absatzes 3 Satz 3 und 4 entsprechende Zustimmung, so ist innerhalb von zwei Jahren nach der Durchführung der Volksbefragung ein Bundesgesetz zur Bildung des vorgeschlagenen Landes zu erlassen, das der Bestätigung durch Volksentscheid nicht mehr bedarf.

(6) Mehrheit im Volksentscheid und in der Volksbefragung ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt. Im übrigen wird das Nähere über Volksentscheid, Volksbegehren und Volksbefragung durch ein Bundesgesetz geregelt; dieses kann auch vorsehen, daß Volksbegehren innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren nicht wiederholt werden können.

(7) Sonstige Änderungen des Gebietsbestandes der Länder können durch Staatsverträge der beteiligten Länder oder durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen, wenn das Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, nicht mehr als 50.000 Einwohner hat. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages bedarf. Es muß die Anhörung der betroffenen Gemeinden und Kreise vorsehen.

(8) Die Länder können eine Neugliederung für das jeweils von ihnen umfaßte Gebiet oder für Teilgebiete abweichend von den Vorschriften der Absätze 2 bis 7 durch Staatsvertrag regeln. Die betroffenen Gemeinden und Kreise sind zu hören. Der Staatsvertrag bedarf der Bestätigung durch Volksentscheid in jedem beteiligten Land. Betrifft der Staatsvertrag Teilgebiete der Länder, kann die Bestätigung auf Volksentscheide in diesen Teilgebieten beschränkt werden; Satz 5 zweiter Halbsatz findet keine Anwendung. Bei einem Volksentscheid entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt; das Nähere regelt ein Bundesgesetz. Der Staatsvertrag bedarf der Zustimmung des Bundestages.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewährleisten, daß die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können. Dabei sind die landsmannschaftliche Verbundenheit, die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sowie die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung zu berücksichtigen.

(2) Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebietes ergehen durch Bundesgesetz, das der Bestätigung durch Volksentscheid bedarf. Die betroffenen Länder sind zu hören.

(3) Der Volksentscheid findet in den Ländern statt, aus deren Gebieten oder Gebietsteilen ein neues oder neu umgrenztes Land gebildet werden soll (betroffene Länder). Abzustimmen ist über die Frage, ob die betroffenen Länder wie bisher bestehenbleiben sollen oder ob das neue oder neu umgrenzte Land gebildet werden soll. Der Volksentscheid für die Bildung eines neuen oder neu umgrenzten Landes kommt zustande, wenn in dessen künftigem Gebiet und insgesamt in den Gebieten oder Gebietsteilen eines betroffenen Landes, deren Landeszugehörigkeit im gleichen Sinne geändert werden soll, jeweils eine Mehrheit der Änderung zustimmt. Er kommt nicht zustande, wenn im Gebiet eines der betroffenen Länder eine Mehrheit die Änderung ablehnt; die Ablehnung ist jedoch unbeachtlich, wenn in einem Gebietsteil, dessen Zugehörigkeit zu dem betroffenen Land geändert werden soll, eine Mehrheit von zwei Dritteln der Änderung zustimmt, es sei denn, daß im Gesamtgebiet des betroffenen Landes eine Mehrheit von zwei Dritteln die Änderung ablehnt.

(4) Wird in einem zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs- und Wirtschaftsraum, dessen Teile in mehreren Ländern liegen und der mindestens eine Million Einwohner hat, von einem Zehntel der in ihm zum Bundestag Wahlberechtigten durch Volksbegehren gefordert, daß für diesen Raum eine einheitliche Landeszugehörigkeit herbeigeführt werde, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren entweder zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird, oder daß in den betroffenen Ländern eine Volksbefragung stattfindet.

(5) Die Volksbefragung ist darauf gerichtet festzustellen, ob eine in dem Gesetz vorzuschlagende Änderung der Landeszugehörigkeit Zustimmung findet. Das Gesetz kann verschiedene, jedoch nicht mehr als zwei Vorschläge der Volksbefragung vorlegen. Stimmt eine Mehrheit einer vorgeschlagenen Änderung der Landeszugehörigkeit zu, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird. Findet ein der Volksbefragung vorgelegter Vorschlag eine den Maßgaben des Absatzes 3 Satz 3 und 4 entsprechende Zustimmung, so ist innerhalb von zwei Jahren nach der Durchführung der Volksbefragung ein Bundesgesetz zur Bildung des vorgeschlagenen Landes zu erlassen, das der Bestätigung durch Volksentscheid nicht mehr bedarf.

(6) Mehrheit im Volksentscheid und in der Volksbefragung ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt. Im übrigen wird das Nähere über Volksentscheid, Volksbegehren und Volksbefragung durch ein Bundesgesetz geregelt; dieses kann auch vorsehen, daß Volksbegehren innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren nicht wiederholt werden können.

(7) Sonstige Änderungen des Gebietsbestandes der Länder können durch Staatsverträge der beteiligten Länder oder durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen, wenn das Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, nicht mehr als 50.000 Einwohner hat. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages bedarf. Es muß die Anhörung der betroffenen Gemeinden und Kreise vorsehen.

(8) Die Länder können eine Neugliederung für das jeweils von ihnen umfaßte Gebiet oder für Teilgebiete abweichend von den Vorschriften der Absätze 2 bis 7 durch Staatsvertrag regeln. Die betroffenen Gemeinden und Kreise sind zu hören. Der Staatsvertrag bedarf der Bestätigung durch Volksentscheid in jedem beteiligten Land. Betrifft der Staatsvertrag Teilgebiete der Länder, kann die Bestätigung auf Volksentscheide in diesen Teilgebieten beschränkt werden; Satz 5 zweiter Halbsatz findet keine Anwendung. Bei einem Volksentscheid entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt; das Nähere regelt ein Bundesgesetz. Der Staatsvertrag bedarf der Zustimmung des Bundestages.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein.

Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.

(1) Das für die Erteilung einer Fahrerlaubnis maßgebliche Mindestalter bestimmt sich nach der folgenden Tabelle:

lfd
Nr.
KlasseMindestalterAuflagen
1AM15 JahreBis zur Vollendung des 16. Lebensjahres ist die Fahrerlaubnis mit der Auflage zu versehen, dass von ihr nur bei Fahrten im Inland Gebrauch gemacht werden darf. Die Auflage entfällt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber das 16. Lebensjahr vollendet hat.
2A116 Jahre
3A218 Jahre
4A
a)
24 Jahre für Krafträder bei direktem Zugang,
b)
21 Jahre für dreirädrige Kraftfahrzeuge mit einer Leistung von mehr als 15 kW oder
c)
20 Jahre für Krafträder bei einem Vorbesitz der Klasse A2 von mindestens zwei Jahren.
5B, BE
a)
18 Jahre,
b)
17 Jahre
aa)
bei der Teilnahme am Begleiteten Fahren ab 17 nach § 48a,
bb)
bei Erteilung der Fahrerlaubnis während oder nach Abschluss einer Berufsausbildung in
aaa)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Berufskraftfahrer / Berufskraftfahrerin“,
bbb)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Fachkraft im Fahrbetrieb“ oder
ccc)
einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden.
Bis zum Erreichen des nach Buchstabe a vorgeschriebenen Mindestalters ist die Fahrerlaubnis mit den Auflagen zu versehen, dass von ihr nur bei Fahrten im Inland und im Fall des Buchstaben b Doppelbuchstabe bb darüber hinaus nur im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses Gebrauch gemacht werden darf. Die Auflagen entfallen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber das Mindestalter nach Buchstabe a erreicht hat.
6C1, C1E18 Jahre
7C, CE
a)
21 Jahre,
b)
18 Jahre nach
aa)
erfolgter Grundqualifikation nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes vom 26. November 2020 (BGBl. I S. 2575) in der jeweils geltenden Fassung,
bb)
für Personen während oder nach Abschluss einer Berufsausbildung nach
aaa)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Berufskraftfahrer / Berufskraftfahrerin“,
bbb)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Fachkraft im Fahrbetrieb“ oder
ccc)
einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden.
Im Falle des Buchstaben b Doppelbuchstabe bb ist die Fahrerlaubnis mit den Auflagen zu versehen, dass von ihr nur bei Fahrten im Inland und im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses Gebrauch gemacht werden darf. Die Auflagen entfallen, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis das 21. Lebensjahr vollendet oder die Berufsausbildung nach Buchstabe b Doppelbuchstabe bb vor Vollendung des 21. Lebensjahres erfolgreich abgeschlossen hat.
8D1, D1E
a)
21 Jahre,
b)
18 Jahre für Personen während oder nach Abschluss einer Berufsausbildung nach
aa)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Berufskraftfahrer/Berufskraftfahrerin“,
bb)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Fachkraft im Fahrbetrieb“ oder
cc)
einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zur Durchführung von Fahrten mit Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden.
Bis zum Erreichen des nach Buchstabe a vorgeschriebenen Mindestalters ist die Fahrerlaubnis mit den Auflagen zu versehen, dass von ihr nur
1.
bei Fahrten im Inland und
2.
im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses
Gebrauch gemacht werden darf. Die Auflage nach Nummer 1 entfällt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber das Mindestalter nach Buchstabe a erreicht hat. Die Auflage nach Nummer 2 entfällt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber das Mindestalter nach Buchstabe a erreicht oder die Ausbildung nach Buchstabe b abgeschlossen hat.
9D, DE
a)
24 Jahre,
b)
23 Jahre nach beschleunigter Grundqualifikation durch Ausbildung und Prüfung nach § 2 Absatz 2 des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes,
c)
21 Jahre
aa)
nach erfolgter Grundqualifikation nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes oder
bb)
nach beschleunigter Grundqualifikation durch Ausbildung und Prüfung nach § 2 Absatz 2 des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes im Linienverkehr bis 50 km,
d)
20 Jahre für Personen während oder nach Abschluss einer Berufsausbildung nach
aa)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Berufskraftfahrer/Berufskraftfahrerin“,
bb)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Fachkraft im Fahrbetrieb“ oder
cc)
einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zur Durchführung von Fahrten mit Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden,
e)
18 Jahre für Personen während oder nach Abschluss einer Berufsausbildung nach Buchstabe d im Linienverkehr bis 50 km,
f)
18 Jahre für Personen während oder nach Abschluss einer Berufsausbildung nach Buchstabe d bei Fahrten ohne Fahrgäste.
1.
Im Falle des Buchstaben c Doppelbuchstabe bb ist die Fahrerlaubnis mit der Auflage zu versehen, dass von ihr nur bei Fahrten zur Personenbeförderung im Linienverkehr im Sinne der §§ 42, 43 und 44 des Personenbeförderungsgesetzes Gebrauch gemacht werden darf, sofern die Länge der jeweiligen Linie nicht mehr als 50 Kilometer beträgt. Die Auflage entfällt, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis das 23. Lebensjahr vollendet hat.
2.
In den Fällen der Buchstaben d bis f ist die Fahrerlaubnis mit den Auflagen zu versehen, dass von ihr nur
2.1
bei Fahrten im Inland,
2.2
im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses und
2.3
bei Fahrten zur Personenbeförderung im Sinne der §§ 42, 43 und 44 des Personenbeförderungsgesetzes, soweit die Länge der jeweiligen Linie nicht mehr als 50 Kilometer beträgt oder bei Fahrten ohne Fahrgäste,
Gebrauch gemacht werden darf. Die Auflage nach Nummer 2.1 entfällt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber entweder das 24. Lebensjahr vollendet oder die Berufsausbildung abgeschlossen und das 21. Lebensjahr vollendet hat. Die Auflage nach Nummer 2.2 entfällt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber entweder das 24. Lebensjahr vollendet oder die Berufsausbildung abgeschlossen hat. Die Auflage nach Nummer 2.3 entfällt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber das 20. Lebensjahr vollendet hat.
10T16 Jahre
11L16 Jahre


Abweichend von den Nummern 7 und 9 der Tabelle in Satz 1 beträgt im Inland das Mindestalter für das Führen von Fahrzeugen der Klasse C 18 Jahre und der Klasse D 21 Jahre im Falle
1.
von Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr, der Polizei, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes, sofern diese Fahrzeuge für Einsatzfahrten oder vom Vorgesetzten angeordnete Übungsfahrten sowie Schulungsfahrten eingesetzt werden, und
2.
von Fahrzeugen, die zu Reparatur- oder Wartungszwecken in gewerbliche Fahrzeugwerkstätten verbracht und dort auf Anweisung eines Vorgesetzten Prüfungen auf der Straße unterzogen werden.

(2) Die erforderliche körperliche und geistige Eignung ist vor erstmaliger Erteilung einer Fahrerlaubnis, die nach Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb, Nummer 7 Buchstabe b, Nummer 8 Buchstabe b, Nummer 9 Buchstabe b, c, d, e oder f, auch in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 erworben wird, durch Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nachzuweisen.

(3) Das Mindestalter für das Führen eines Kraftfahrzeugs, für das eine Fahrerlaubnis nicht erforderlich ist, beträgt 15 Jahre. Dies gilt nicht für das Führen

a)
eines Elektrokleinstfahrzeugs nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1a,
b)
eines motorisierten Krankenfahrstuhls nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 10 km/h durch behinderte Menschen.

(4) Wird ein Kind unter sieben Jahren auf einem Mofa nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder auf einem Kleinkraftrad nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1b mitgenommen, muss der Fahrzeugführer mindestens 16 Jahre alt sein.

(1) In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf Arbeitnehmern, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (jugendliche Arbeitnehmer) oder die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, werden Jugend- und Auszubildendenvertretungen gewählt.

(2) Die Jugend- und Auszubildendenvertretung nimmt nach Maßgabe der folgenden Vorschriften die besonderen Belange der in Absatz 1 genannten Arbeitnehmer wahr.

Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist, wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt.

(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.

(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewährleisten, daß die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können. Dabei sind die landsmannschaftliche Verbundenheit, die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sowie die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung zu berücksichtigen.

(2) Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebietes ergehen durch Bundesgesetz, das der Bestätigung durch Volksentscheid bedarf. Die betroffenen Länder sind zu hören.

(3) Der Volksentscheid findet in den Ländern statt, aus deren Gebieten oder Gebietsteilen ein neues oder neu umgrenztes Land gebildet werden soll (betroffene Länder). Abzustimmen ist über die Frage, ob die betroffenen Länder wie bisher bestehenbleiben sollen oder ob das neue oder neu umgrenzte Land gebildet werden soll. Der Volksentscheid für die Bildung eines neuen oder neu umgrenzten Landes kommt zustande, wenn in dessen künftigem Gebiet und insgesamt in den Gebieten oder Gebietsteilen eines betroffenen Landes, deren Landeszugehörigkeit im gleichen Sinne geändert werden soll, jeweils eine Mehrheit der Änderung zustimmt. Er kommt nicht zustande, wenn im Gebiet eines der betroffenen Länder eine Mehrheit die Änderung ablehnt; die Ablehnung ist jedoch unbeachtlich, wenn in einem Gebietsteil, dessen Zugehörigkeit zu dem betroffenen Land geändert werden soll, eine Mehrheit von zwei Dritteln der Änderung zustimmt, es sei denn, daß im Gesamtgebiet des betroffenen Landes eine Mehrheit von zwei Dritteln die Änderung ablehnt.

(4) Wird in einem zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs- und Wirtschaftsraum, dessen Teile in mehreren Ländern liegen und der mindestens eine Million Einwohner hat, von einem Zehntel der in ihm zum Bundestag Wahlberechtigten durch Volksbegehren gefordert, daß für diesen Raum eine einheitliche Landeszugehörigkeit herbeigeführt werde, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren entweder zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird, oder daß in den betroffenen Ländern eine Volksbefragung stattfindet.

(5) Die Volksbefragung ist darauf gerichtet festzustellen, ob eine in dem Gesetz vorzuschlagende Änderung der Landeszugehörigkeit Zustimmung findet. Das Gesetz kann verschiedene, jedoch nicht mehr als zwei Vorschläge der Volksbefragung vorlegen. Stimmt eine Mehrheit einer vorgeschlagenen Änderung der Landeszugehörigkeit zu, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird. Findet ein der Volksbefragung vorgelegter Vorschlag eine den Maßgaben des Absatzes 3 Satz 3 und 4 entsprechende Zustimmung, so ist innerhalb von zwei Jahren nach der Durchführung der Volksbefragung ein Bundesgesetz zur Bildung des vorgeschlagenen Landes zu erlassen, das der Bestätigung durch Volksentscheid nicht mehr bedarf.

(6) Mehrheit im Volksentscheid und in der Volksbefragung ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt. Im übrigen wird das Nähere über Volksentscheid, Volksbegehren und Volksbefragung durch ein Bundesgesetz geregelt; dieses kann auch vorsehen, daß Volksbegehren innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren nicht wiederholt werden können.

(7) Sonstige Änderungen des Gebietsbestandes der Länder können durch Staatsverträge der beteiligten Länder oder durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen, wenn das Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, nicht mehr als 50.000 Einwohner hat. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages bedarf. Es muß die Anhörung der betroffenen Gemeinden und Kreise vorsehen.

(8) Die Länder können eine Neugliederung für das jeweils von ihnen umfaßte Gebiet oder für Teilgebiete abweichend von den Vorschriften der Absätze 2 bis 7 durch Staatsvertrag regeln. Die betroffenen Gemeinden und Kreise sind zu hören. Der Staatsvertrag bedarf der Bestätigung durch Volksentscheid in jedem beteiligten Land. Betrifft der Staatsvertrag Teilgebiete der Länder, kann die Bestätigung auf Volksentscheide in diesen Teilgebieten beschränkt werden; Satz 5 zweiter Halbsatz findet keine Anwendung. Bei einem Volksentscheid entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt; das Nähere regelt ein Bundesgesetz. Der Staatsvertrag bedarf der Zustimmung des Bundestages.

Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind

1.
die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen,
2.
die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind.

(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.

(3) Für Vereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.

(4) §§ 53 bis 58 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

Geschäftsunfähig ist:

1.
wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
2.
wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

(1) Das für die Erteilung einer Fahrerlaubnis maßgebliche Mindestalter bestimmt sich nach der folgenden Tabelle:

lfd
Nr.
KlasseMindestalterAuflagen
1AM15 JahreBis zur Vollendung des 16. Lebensjahres ist die Fahrerlaubnis mit der Auflage zu versehen, dass von ihr nur bei Fahrten im Inland Gebrauch gemacht werden darf. Die Auflage entfällt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber das 16. Lebensjahr vollendet hat.
2A116 Jahre
3A218 Jahre
4A
a)
24 Jahre für Krafträder bei direktem Zugang,
b)
21 Jahre für dreirädrige Kraftfahrzeuge mit einer Leistung von mehr als 15 kW oder
c)
20 Jahre für Krafträder bei einem Vorbesitz der Klasse A2 von mindestens zwei Jahren.
5B, BE
a)
18 Jahre,
b)
17 Jahre
aa)
bei der Teilnahme am Begleiteten Fahren ab 17 nach § 48a,
bb)
bei Erteilung der Fahrerlaubnis während oder nach Abschluss einer Berufsausbildung in
aaa)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Berufskraftfahrer / Berufskraftfahrerin“,
bbb)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Fachkraft im Fahrbetrieb“ oder
ccc)
einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden.
Bis zum Erreichen des nach Buchstabe a vorgeschriebenen Mindestalters ist die Fahrerlaubnis mit den Auflagen zu versehen, dass von ihr nur bei Fahrten im Inland und im Fall des Buchstaben b Doppelbuchstabe bb darüber hinaus nur im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses Gebrauch gemacht werden darf. Die Auflagen entfallen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber das Mindestalter nach Buchstabe a erreicht hat.
6C1, C1E18 Jahre
7C, CE
a)
21 Jahre,
b)
18 Jahre nach
aa)
erfolgter Grundqualifikation nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes vom 26. November 2020 (BGBl. I S. 2575) in der jeweils geltenden Fassung,
bb)
für Personen während oder nach Abschluss einer Berufsausbildung nach
aaa)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Berufskraftfahrer / Berufskraftfahrerin“,
bbb)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Fachkraft im Fahrbetrieb“ oder
ccc)
einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden.
Im Falle des Buchstaben b Doppelbuchstabe bb ist die Fahrerlaubnis mit den Auflagen zu versehen, dass von ihr nur bei Fahrten im Inland und im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses Gebrauch gemacht werden darf. Die Auflagen entfallen, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis das 21. Lebensjahr vollendet oder die Berufsausbildung nach Buchstabe b Doppelbuchstabe bb vor Vollendung des 21. Lebensjahres erfolgreich abgeschlossen hat.
8D1, D1E
a)
21 Jahre,
b)
18 Jahre für Personen während oder nach Abschluss einer Berufsausbildung nach
aa)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Berufskraftfahrer/Berufskraftfahrerin“,
bb)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Fachkraft im Fahrbetrieb“ oder
cc)
einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zur Durchführung von Fahrten mit Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden.
Bis zum Erreichen des nach Buchstabe a vorgeschriebenen Mindestalters ist die Fahrerlaubnis mit den Auflagen zu versehen, dass von ihr nur
1.
bei Fahrten im Inland und
2.
im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses
Gebrauch gemacht werden darf. Die Auflage nach Nummer 1 entfällt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber das Mindestalter nach Buchstabe a erreicht hat. Die Auflage nach Nummer 2 entfällt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber das Mindestalter nach Buchstabe a erreicht oder die Ausbildung nach Buchstabe b abgeschlossen hat.
9D, DE
a)
24 Jahre,
b)
23 Jahre nach beschleunigter Grundqualifikation durch Ausbildung und Prüfung nach § 2 Absatz 2 des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes,
c)
21 Jahre
aa)
nach erfolgter Grundqualifikation nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes oder
bb)
nach beschleunigter Grundqualifikation durch Ausbildung und Prüfung nach § 2 Absatz 2 des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes im Linienverkehr bis 50 km,
d)
20 Jahre für Personen während oder nach Abschluss einer Berufsausbildung nach
aa)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Berufskraftfahrer/Berufskraftfahrerin“,
bb)
dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Fachkraft im Fahrbetrieb“ oder
cc)
einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zur Durchführung von Fahrten mit Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden,
e)
18 Jahre für Personen während oder nach Abschluss einer Berufsausbildung nach Buchstabe d im Linienverkehr bis 50 km,
f)
18 Jahre für Personen während oder nach Abschluss einer Berufsausbildung nach Buchstabe d bei Fahrten ohne Fahrgäste.
1.
Im Falle des Buchstaben c Doppelbuchstabe bb ist die Fahrerlaubnis mit der Auflage zu versehen, dass von ihr nur bei Fahrten zur Personenbeförderung im Linienverkehr im Sinne der §§ 42, 43 und 44 des Personenbeförderungsgesetzes Gebrauch gemacht werden darf, sofern die Länge der jeweiligen Linie nicht mehr als 50 Kilometer beträgt. Die Auflage entfällt, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis das 23. Lebensjahr vollendet hat.
2.
In den Fällen der Buchstaben d bis f ist die Fahrerlaubnis mit den Auflagen zu versehen, dass von ihr nur
2.1
bei Fahrten im Inland,
2.2
im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses und
2.3
bei Fahrten zur Personenbeförderung im Sinne der §§ 42, 43 und 44 des Personenbeförderungsgesetzes, soweit die Länge der jeweiligen Linie nicht mehr als 50 Kilometer beträgt oder bei Fahrten ohne Fahrgäste,
Gebrauch gemacht werden darf. Die Auflage nach Nummer 2.1 entfällt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber entweder das 24. Lebensjahr vollendet oder die Berufsausbildung abgeschlossen und das 21. Lebensjahr vollendet hat. Die Auflage nach Nummer 2.2 entfällt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber entweder das 24. Lebensjahr vollendet oder die Berufsausbildung abgeschlossen hat. Die Auflage nach Nummer 2.3 entfällt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber das 20. Lebensjahr vollendet hat.
10T16 Jahre
11L16 Jahre


Abweichend von den Nummern 7 und 9 der Tabelle in Satz 1 beträgt im Inland das Mindestalter für das Führen von Fahrzeugen der Klasse C 18 Jahre und der Klasse D 21 Jahre im Falle
1.
von Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr, der Polizei, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes, sofern diese Fahrzeuge für Einsatzfahrten oder vom Vorgesetzten angeordnete Übungsfahrten sowie Schulungsfahrten eingesetzt werden, und
2.
von Fahrzeugen, die zu Reparatur- oder Wartungszwecken in gewerbliche Fahrzeugwerkstätten verbracht und dort auf Anweisung eines Vorgesetzten Prüfungen auf der Straße unterzogen werden.

(2) Die erforderliche körperliche und geistige Eignung ist vor erstmaliger Erteilung einer Fahrerlaubnis, die nach Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb, Nummer 7 Buchstabe b, Nummer 8 Buchstabe b, Nummer 9 Buchstabe b, c, d, e oder f, auch in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 erworben wird, durch Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nachzuweisen.

(3) Das Mindestalter für das Führen eines Kraftfahrzeugs, für das eine Fahrerlaubnis nicht erforderlich ist, beträgt 15 Jahre. Dies gilt nicht für das Führen

a)
eines Elektrokleinstfahrzeugs nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1a,
b)
eines motorisierten Krankenfahrstuhls nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 10 km/h durch behinderte Menschen.

(4) Wird ein Kind unter sieben Jahren auf einem Mofa nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder auf einem Kleinkraftrad nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1b mitgenommen, muss der Fahrzeugführer mindestens 16 Jahre alt sein.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.

Eine Ehe darf nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden. Mit einer Person, die das 16. Lebensjahr nicht vollendet hat, kann eine Ehe nicht wirksam eingegangen werden.

(1) In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf Arbeitnehmern, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (jugendliche Arbeitnehmer) oder die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, werden Jugend- und Auszubildendenvertretungen gewählt.

(2) Die Jugend- und Auszubildendenvertretung nimmt nach Maßgabe der folgenden Vorschriften die besonderen Belange der in Absatz 1 genannten Arbeitnehmer wahr.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Zur Erziehung eines Jugendlichen, der mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist, kann der Richter dieselben Maßnahmen anordnen wie das Familiengericht.

(1) Wer wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, verliert für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen.

(2) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren die in Absatz 1 bezeichneten Fähigkeiten aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.

(3) Mit dem Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat.

(4) Mit dem Verlust der Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt.

(5) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.

(1) Wer als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für dieses Mitglied oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass es bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse.

(3) Den in den Absätzen 1 und 2 genannten Mitgliedern gleich stehen Mitglieder

1.
einer Volksvertretung einer kommunalen Gebietskörperschaft,
2.
eines in unmittelbarer und allgemeiner Wahl gewählten Gremiums einer für ein Teilgebiet eines Landes oder einer kommunalen Gebietskörperschaft gebildeten Verwaltungseinheit,
3.
der Bundesversammlung,
4.
des Europäischen Parlaments,
5.
einer parlamentarischen Versammlung einer internationalen Organisation und
6.
eines Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates.

(4) Ein ungerechtfertigter Vorteil liegt insbesondere nicht vor, wenn die Annahme des Vorteils im Einklang mit den für die Rechtsstellung des Mitglieds maßgeblichen Vorschriften steht. Keinen ungerechtfertigten Vorteil stellen dar

1.
ein politisches Mandat oder eine politische Funktion sowie
2.
eine nach dem Parteiengesetz oder entsprechenden Gesetzen zulässige Spende.

(5) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen.

(1) Auf Unfähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen oder in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, darf nicht erkannt werden. Die Bekanntgabe der Verurteilung darf nicht angeordnet werden.

(2) Der Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen (§ 45 Abs. 1 des Strafgesetzbuches), tritt nicht ein.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.

(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführer wandten sich mit einer Popularklage gemäß Art. 98 Satz 4 der Verfassung des Freistaates Bayern (im Folgenden: BV) gegen Art. 15 Abs. 2, Art. 18a der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung, im Folgenden: GO) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der Gemeinderäte, der Bürgermeister, der Kreistage und der Landräte (Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz, im Folgenden: GLKrWG) und Art. 11 Abs. 2, Art. 12a der Landkreisordnung für den Freistaat Bayern (Landkreisordnung, im Folgenden: LKrO) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GLKrWG.

2

1. Der am 7. Februar 1992 in Maastricht unterzeichnete Vertrag über die Europäische Union sieht das aktive und passive Wahlrecht von Unionsbürgerinnen und -bürgern bei den Kommunalwahlen in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, zu denselben Bedingungen wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaates vor (Art. 8b Abs. 1 EGV beziehungsweise Art. 19 Abs. 1 EGV, nunmehr Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe b, Art. 22 Abs. 1 AEUV).

3

Um die innerstaatliche Verfassungsrechtslage an diese Vertragsänderung anzupassen (vgl. BTDrucks 12/3338, S. 5), wurde mit Änderungsgesetz vom 21. Dezember 1992 in Art. 28 Abs. 1 GG folgender neuer Satz 3 eingefügt (BGBl I S. 2086):

Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar.

4

Die Richtlinie 94/80/EG des Rates vom 19. Dezember 1994 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen (ABl EG Nr. L 368 vom 31. Dezember 1994, S. 38 ff.), legt die Einzelheiten fest (vgl. Art. 22 Abs. 1 Satz 1 AEUV), nach denen Unionsbürger in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, das aktive und passive Wahlrecht bei den Kommunalwahlen ausüben können (vgl. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 94/80/EG des Rates vom 19. Dezember 1994 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen). Als Kommunalwahlen definiert die Richtlinie die allgemeinen, unmittelbaren Wahlen, die darauf abzielen, die Mitglieder der Vertretungskörperschaft und gegebenenfalls gemäß den Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaates den Leiter und die Mitglieder des Exekutivorgans einer lokalen Gebietskörperschaft der Grundstufe zu bestimmen (Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 94/80/EG des Rates vom 19. Dezember 1994 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen).

5

Zur Umsetzung dieser Richtlinie wurde in Bayern mit Gesetz vom 26. Juli 1995 (GVBl S. 371) das Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz geändert. Art. 1 Abs. 1 GLKrWG lautete sodann:

Art. 1 Voraussetzungen des Wahlrechts

(1) Wahlberechtigt bei Gemeinde- und Landkreiswahlen sind alle Deutschen im Sinn des Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie alle Staatsangehörigen der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger), die am Wahltag

1. das 18. Lebensjahr vollendet haben,

2. sich seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde, bei Landkreiswahlen im Landkreis, mit dem Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen aufhalten. Dieser Aufenthalt wird dort vermutet, wo die Person gemeldet ist. Ist eine Person in mehreren Gemeinden gemeldet, wird der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen dort vermutet, wo sie mit der Hauptwohnung gemeldet ist,

3. nicht nach Art. 2 vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.

6

In der derzeitigen Fassung bestimmt Art. 1 GLKrWG Folgendes:

Art. 1 Wahlrecht

(1) Wahlberechtigt bei Gemeinde- und Landkreiswahlen sind alle Personen, die am Wahltag

1. Unionsbürger sind,

2. das 18. Lebensjahr vollendet haben,

3. sich seit mindestens zwei Monaten im Wahlkreis mit dem Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen aufhalten,

4. nicht nach Art. 2 vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.

(2) Unionsbürger sind alle Deutschen im Sinn des Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie die Staatsangehörigen der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

[…]

7

Durch einen Volksentscheid vom 1. Oktober 1995 wurden in Bayern auf Gemeinde- und Landkreisebene Bürgerbegehren und Bürgerentscheide eingeführt (Gesetz vom 27. Oktober 1995, GVBl S. 730). Art. 7 BV erhielt durch die Änderung seines Absatzes 2 folgende Fassung:

(1) Staatsbürger ist ohne Unterschied der Geburt, der Rasse, des Geschlechts, des Glaubens und des Berufs jeder Staatsangehörige, der das 18. Lebensjahr vollendet hat.

(2) Der Staatsbürger übt seine Rechte aus durch Teilnahme an Wahlen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden sowie Volksbegehren und Volksentscheiden.

(3) Die Ausübung dieser Rechte kann von der Dauer eines Aufenthalts bis zu einem Jahr abhängig gemacht werden.

8

Art. 12 BV wurde um folgenden Absatz 3 ergänzt:

(3) Die Staatsbürger haben das Recht, Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden und Landkreise durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheid zu regeln. Das Nähere regelt ein Gesetz.

9

Zudem wurden durch den Volksentscheid Regelungen zum Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in die Gemeinde- (Art. 18a GO) und Landkreisordnung (Art. 12a LKrO) aufgenommen. Danach steht die Teilnahme an Bürgerbegehren und -entscheiden, die auf Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises beschränkt sind, allen Gemeinde- (vgl. Art. 18a Abs. 1, 5, 6 und 10 Satz 3 GO) beziehungsweise Kreisbürgern (Art. 12a Abs. 1, 5 Satz 1 und 2, Abs. 6, 7 Satz 1 und 2 und Abs. 10 Satz 3 LKrO) offen. Gemeinde- beziehungsweise Kreisbürger sind gemäß Art. 15 Abs. 2 GO beziehungsweise Art. 11 Abs. 2 LKrO alle Gemeinde- beziehungsweise Kreisangehörigen, die bei den jeweiligen Kommunalwahlen wahlberechtigt sind. Daher sind in Bayern auch Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten zur Teilnahme an Bürgerbegehren und -entscheiden berechtigt. Gemäß Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO beziehungsweise Art. 12a Abs. 12 Satz 1 LKrO hat ein Bürgerentscheid die Wirkung eines Beschlusses des Gemeinderats beziehungsweise Kreistags.

10

2. Mit ihrer Popularklage rügten die Beschwerdeführer, dass die Mitwirkung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Bürgerbegehren und -entscheiden gegen Art. 2, Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 und Art. 101 BV verstoße.

11

Mit Beschluss vom 12. Juni 2013 (Vf. 11-VII-11) hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass die landesgesetzlichen Regelungen, die Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten das Recht zur Teilnahme an kommunalen Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden einräumen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind.

12

a) Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) unter dem Gesichtspunkt der Verletzung bundesrechtlicher Vorschriften, hier des Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG, sei nicht gegeben. Prüfungsmaßstab im Popularklageverfahren sei allein die Bayerische Verfassung. Verstoße eine Vorschrift des Landesrechts gegen Bundesrecht, könne dies im Popularklageverfahren nur insoweit entscheidungserheblich werden, als darin zugleich ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV liege. Das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung erstrecke seine Schutzwirkung aber nicht in den Bereich des Bundesrechts mit der Folge, dass jeder formelle oder inhaltliche Verstoß einer landesrechtlichen Vorschrift gegen Bundesrecht zugleich eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips der Bayerischen Verfassung darstellte. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV sei vielmehr erst dann verletzt, wenn der Widerspruch des bayerischen Landesrechts zum Bundesrecht offen zutage trete und darüber hinaus auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender, besonders krasser Eingriff in die Rechtsordnung zu werten sei. Unter Beachtung dieser Prüfungsschranken könne ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip nicht festgestellt werden. Zwar würden von den in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG in Bezug genommenen Regelungen des Unionsrechts nach nahezu einhelliger Ansicht in der Literatur nur Wahlen erfasst, nicht auch Abstimmungen über Sachfragen, so dass sich die Regelung im Grundgesetz allein auf die Teilnahme an Kommunalwahlen beziehe. Hieraus werde in der Literatur teilweise gefolgert, dass landesrechtliche Regelungen, die Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten auch die Teilnahme an kommunalen Sachentscheidungen eröffneten, gegen das Grundgesetz verstießen. Nach der in der Literatur ebenfalls vertretenen Gegenmeinung jedoch zwinge die Tatsache, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber die kommunalen Abstimmungen in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG nicht geregelt habe, nicht zu dem Schluss, dass er die Teilnahme von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen habe ausschließen wollen. Auch ohne ausdrückliche Einbeziehung in das Grundgesetz und das Unionsrecht bestehe auf Landesebene ausreichender Spielraum, nichtdeutschen Unionsbürgern über das kommunale Wahlrecht hinaus ein Recht zur Teilnahme an kommunalen (Sach-)Abstimmungen einzuräumen. Durch die Aufnahme der in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG enthaltenen Öffnungsklausel könne der Gemeinderat nunmehr von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten mitgewählt werden und sogar aus solchen bestehen. Die Einbeziehung derselben Unionsbürger in das aktive Stimmrecht bei Gemeinderatsbeschlüssen gleichstehenden Bürgerentscheiden und bei Bürgerbegehren stelle keinen Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG dar, da die demokratische Legitimationsgrundlage bei Wahlen und Abstimmungen einheitlich zu beurteilen sei. Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG sei dementsprechend systematisch-teleologisch erweiternd zu interpretieren. Aufgrund dieses Meinungsstands bestehe jedenfalls kein offen zutage tretender Widerspruch der vorliegend angegriffenen Regelungen zu Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV könne daher nicht festgestellt werden.

13

Auch das Unionsrecht sei im Popularklageverfahren nicht unmittelbarer Prüfungsmaßstab. Die Frage, ob das Unionsrecht wie Bundesrecht über Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV mittelbar Bedeutung erlangen könne, habe der Verfassungsgerichtshof bisher offen gelassen. Diese Frage könne auch weiterhin offen bleiben. Vorliegend sei ein Widerspruch zu den maßgeblichen Regelungen des primären und sekundären Unionsrechts schon ansatzweise nicht erkennbar, da diese die Möglichkeit zur Teilnahme von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen weder verlangten noch verböten.

14

b) Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV seien ebenfalls nicht verletzt. Staatsbürger im Sinne der Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 Satz 1 BV seien nach den maßgeblichen Verfassungsbestimmungen zunächst alle in Bayern wohnhaften deutschen Staatsangehörigen. Die hieraus abgeleitete Auffassung, dass die Bayerische Verfassung allein eine Teilhabe deutscher Staatsangehöriger an der Staatsgewalt zulasse, bedürfe jedoch angesichts der im konkreten Fall zugrunde liegenden Rechtsentwicklung der Modifikation. Eine Bewertung der Verfassungsänderung, mit der Bürgerbegehren und -entscheide verfassungsrechtlich verankert worden seien, anhand ihrer Entstehungsgeschichte ergebe, dass Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 Satz 1 BV der Teilnahme nichtdeutscher Unionsbürger an kommunalen Abstimmungen nicht entgegenstünden.

15

aa) Die Verfassungsinterpretation diene der Beseitigung von Unklarheiten, die verfassungsrechtlichen Vorschriften anhafteten, mit dem Ziel, das zur Geltung zu bringen, was die Norm eigentlich ausdrücken solle. Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs sei es, im Wege der Verfassungsinterpretation die anzuwendende Verfassungsnorm in ein dem objektivierten Willen des Verfassungsgebers zu entnehmendes Begriffs- und Wertsystem einzuordnen und so ihren Sinngehalt zu ermitteln. Dabei stünden dem Verfassungsgerichtshof die üblichen Auslegungsmethoden zur Verfügung. An dem Wortlaut einer Norm müsse bei deren Auslegung nicht unbedingt festgehalten werden. Diese sogenannte grammatikalische Auslegung sei nur eine von mehreren sich gegenseitig ergänzenden Methoden. Daneben träten besonders die Auslegung der Norm aus ihrem Zusammenhang und die Auslegung nach ihrem Zweck. Die Auslegung der Norm müsse auf die realen Gegebenheiten Bedacht nehmen, aus denen sie erwachse und auf die sie bezogen sei; sie dürfe an den konkreten Lebensverhältnissen nicht vorübergehen. Auch die Entstehungsgeschichte einer Verfassungsnorm könne bei der Auslegung Berücksichtigung finden und Anhaltspunkte geben.

16

bb) Der Entstehungsgeschichte der Verfassungsänderung, mit der Bürgerbegehren und -entscheide verankert worden seien, komme vorliegend aus folgenden Gründen maßgebliche Bedeutung zu:

17

Kommunale Bürgerbegehren und -entscheide seien durch Volksentscheid vom 1. Oktober 1995 eingeführt worden. Art. 1 des dem Volksentscheid zugrunde liegenden Gesetzes enthalte Änderungen des Art. 7 Abs. 2 und des Art. 12 BV. Durch Art. 2 und 3 des Gesetzes seien Regelungen zum Bürgerbegehren und -entscheid in die Gemeinde- und die Landkreisordnung aufgenommen worden. Dem Volksentscheid vorgeschaltet gewesen sei das Volksbegehren "Mehr Demokratie in Bayern: Bürgerentscheide in Gemeinden und Kreisen", das zusammen mit den erforderlichen Unterschriften im Oktober 1994 beim Bayerischen Staatsministerium des Innern eingereicht worden sei.

18

Die durch den Volksentscheid vorgenommenen Rechtsänderungen hätten zum einen zur Folge gehabt, dass in Art. 7 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 3 BV ein Recht der Staatsbürger auf Teilnahme an Bürgerbegehren und -entscheiden verankert worden sei. Zum anderen sei durch die einfachgesetzlichen Änderungen der Gemeinde- und Landkreisordnung bewirkt worden, dass sich auch Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen beteiligen könnten. Diese Konsequenz des dem Volksentscheid zugrunde liegenden Gesetzes sei beim Erreichen des vorgeschalteten Volksbegehrens nicht absehbar gewesen, da zu diesem Zeitpunkt nichtdeutsche Unionsbürger noch nicht berechtigt gewesen seien, auf Gemeinde- und Kreisebene an Kommunalwahlen teilzunehmen. Sie habe sich erst während des Volksgesetzgebungsverfahrens als Folge der Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes vom 26. Juli 1995 ergeben.

19

cc) Vor dem Hintergrund dieser Entstehungsgeschichte ließen die Regelungen der Art. 7 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 3 BV die Beteiligung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen zu.

20

Im Rahmen des Volksgesetzgebungsverfahrens, das in den Volksentscheid vom 1. Oktober 1995 gemündet sei, sei eine Reaktion auf die sich gleichzeitig ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen zur Teilhabe nichtdeutscher Unionsbürger auf der Ebene der Gemeinden und Landkreise nicht möglich gewesen. Die Beteiligung des Volkes an der Gesetzgebung könne in aller Regel nur auf eine Ja- oder Nein-Entscheidung hinauslaufen. Das Volk habe keine Mitwirkungsmöglichkeit bei der Erarbeitung des Gesetzestextes. Anders als im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren fehle die Möglichkeit der stetigen Verbesserung und Anpassung an geänderte tatsächliche oder rechtliche Rahmenbedingungen. Nach der Begründung des dem Volksentscheid vom 1. Oktober 1995 zugrunde liegenden Volksbegehrens sei es Ziel der Initiatoren gewesen, mehr Demokratie in Bayern dadurch zu erreichen, dass die Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde sowie eines Landkreises über bestimmte Angelegenheiten selbst entscheiden könnten (vgl. LTDrucks 13/1252, S. 1). Die Schaffung einer in sich widersprüchlichen Regelung, die einerseits - durch Änderung der Verfassung (Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 BV) - die Teilnahme an kommunalen Abstimmungen auf deutsche Staatsangehörige beschränke und andererseits - durch Einführung entsprechender einfachrechtlicher Regelungen in der Gemeinde- und Landkreisordnung - eben diese Teilhabe auf nichtdeutsche Unionsbürger erstrecke, habe dem verfassungsändernden Volksgesetzgeber fern gelegen. Es sei daher im Wege der Auslegung sicherzustellen, dass dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, der allen Gemeinde- und Landkreisbürgern ein Mehr an direktdemokratischer Beteiligung habe eröffnen wollen, möglichst weitgehend Geltung verschafft werde. Dafür, dass der Volksgesetzgeber diese Teilhabe gegebenenfalls auf deutsche Staatsangehörige habe beschränken wollen, seien keine Anhaltspunkte ersichtlich.

21

dd) Für die Auffassung, dass Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV die Teilnahme von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen zuließen, spreche auch der Gedanke der Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit.

22

Aufgrund unionsrechtlicher Regelungen sei der nationale Gesetzgeber verpflichtet, eine Berechtigung nichtdeutscher Unionsbürger zur Teilnahme an den Kommunalwahlen einzuführen. Der Freistaat Bayern sei dieser Verpflichtung durch Ergänzung von Art. 1 GLKrWG nachgekommen. Die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben habe damit zur Folge, dass Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten den Gemeinderat und den Kreistag mitwählen und diesen Gremien auch angehören könnten. Sie seien gegebenenfalls an Beschlüssen des Gemeinderats und des Kreistags beteiligt und hätten gemäß Art. 18a Abs. 8 Satz 1 GO, Art. 12a Abs. 8 Satz 1 LKrO sogar über die Zulässigkeit von Bürgerbegehren mitzuentscheiden. Es liege auf der Hand, dass eine Regelung, die denselben Bürgern die Mitwirkung an der Entscheidung einer einzelnen Sachfrage durch - gemäß Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO, Art. 12a Abs. 12 Satz 1 LKrO einem Gemeinderats- beziehungsweise Kreistagsbeschluss gleichstehenden - Bürgerentscheid verwehre, systematische Brüche aufweise.

23

Auch sei es nicht nachvollziehbar, inwiefern für Wahlen und Abstimmungen auf derselben (kommunalen) Ebene verschiedene Teilnehmerkreise und damit unterschiedliche Legitimationssubjekte maßgeblich sein sollten. Es erscheine inkonsequent, eine Aufspaltung der kommunalen demokratischen Legitimationsgrundlage anzunehmen, je nachdem, ob die von den Bürgern herzuleitenden Entscheidungen einerseits von den gewählten Vertretungen beziehungsweise Bürgermeistern oder Landräten und ihren Verwaltungen oder andererseits von den Bürgern selbst getroffen würden. Wenn bei einem Bürgerentscheid die Bürger eine Sachfrage selbst entschieden, dann wechsle lediglich die Form, in der Staatsgewalt auf kommunaler Ebene ausgeübt werde. Das Legitimationssubjekt könne durch diesen Formenwechsel bei Ausübung derselben Staatsgewalt nicht von Verfassungs wegen zwingend anders geworden sein, nämlich ein auf die Deutschen im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG beschränkter Kreis.

24

ee) Dieser Beurteilung stehe nicht entgegen, dass nach Art. 75 Abs. 1 Satz 2 BV Änderungen der Verfassung, die den demokratischen Grundgedanken der Verfassung widersprächen, unzulässig seien. Zwar bedeute die Grundentscheidung der Bayerischen Verfassung für ein demokratisches Staatswesen (Art. 2 Abs. 1, Art. 4, 5 Abs. 1 BV), dass staatliche Herrschaft grundsätzlich durch das Volk, das heißt die deutschen Staatsangehörigen, legitimiert sein müsse. Dies schließe jedoch nicht aus, dass auf kommunaler Ebene Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten die Möglichkeit der Teilhabe sowohl an Wahlen als auch an Abstimmungen eingeräumt werde. Für die Teilnahme an Kommunalwahlen ergebe sich eine entsprechende Klarstellung im Hinblick auf die vergleichbare bundesstaatliche Regelung des Art. 79 Abs. 3 GG aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Oktober 1990 (BVerfGE 83, 37 <59>). Dafür, dass die Beteiligung an kommunalen Abstimmungen nicht abweichend beurteilt werden könne, sprächen die bereits dargelegten Erwägungen.

25

ff) Ebenso wenig stehe das Homogenitätsgebot des Grundgesetzes der Auslegung entgegen, dass Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 Satz 1 BV die Teilnahme von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen zuließen. Gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG müsse die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern unter anderem den Grundsätzen des demokratischen Rechtsstaats im Sinne des Grundgesetzes entsprechen. Danach bestehe eine Bindung hinsichtlich der demokratischen Organisation und Legitimation von Staatsgewalt. Art. 28 Abs. 1 GG wolle dasjenige Maß an struktureller Homogenität zwischen Gesamtstaat und Gliedstaat gewährleisten, das für das Funktionieren eines Bundesstaates unerlässlich sei. Er wolle aber nicht für Uniformität sorgen. Das Grundgesetz gehe im Gegenteil von der grundsätzlichen Verfassungsautonomie der Länder aus. Es fordere nur ein Mindestmaß an Homogenität, das auf die in Art. 28 Abs. 1 GG genannten Staatsstruktur- und Staatszielbestimmungen und innerhalb dieser wiederum auf deren Grundsätze beschränkt sei. Zu diesen auch von den Ländern zu beachtenden demokratischen Grundprinzipien gehöre, dass die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen als Ausübung von Staatsgewalt grundsätzlich die Eigenschaft als Deutscher voraussetze. Allerdings enthalte das Grundgesetz selbst in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG eine Ausnahme für Wahlen in Kreisen und Gemeinden, bei denen nach Maßgabe des Unionsrechts auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union besäßen, wahlberechtigt und wählbar seien. Art. 28 Abs. 1 GG akzeptiere im Hinblick auf die genannten Wahlen somit auch Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten als demokratisch legitimationsbefähigt. Aufgrund dieser Ausweitung der demokratischen Legitimationsgrundlage auf kommunaler Ebene könne es dem Landesgesetzgeber nicht verwehrt sein, solche Legitimationskraft auch der eng damit verbundenen plebiszitären Beteiligung nichtdeutscher Unionsbürger zuzuerkennen.

26

c) Aus der Staatsfundamentalnorm des Art. 2 BV, die durch weitere einschlägige Verfassungsnormen, wie die bereits als Prüfungsmaßstab herangezogenen Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV, näher ausgestaltet werde, ergebe sich keine andere Bewertung.

27

d) Ein Verstoß gegen Art. 101 BV sei ebenfalls nicht gegeben. Die von den Beschwerdeführern gehegten Befürchtungen, es werde zu Bürgerentscheiden kommen, die ihrerseits freiheitsbeschränkenden Charakter hätten, könnten nicht begründen, dass die Rechtsgrundlagen für die Teilnahme von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Bürgerbegehren und -entscheiden gegen Art. 101 BV verstießen. Es handele sich insoweit lediglich um mittelbare Auswirkungen der angegriffenen Rechtsnormen, wie sie sich grundsätzlich auch aus Entscheidungen der gewählten Organe der Gemeinden oder des Landkreises ergeben könnten.

28

Die Entscheidung wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführer am 17. Juni 2013 zugestellt.

29

3. Mit Schreiben vom 29. Juni 2013 erhoben die Beschwerdeführer eine Anhörungsrüge.

30

Mit Schreiben vom 3. Juli 2013 teilte der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs den Beschwerdeführern mit, dass eine Anhörungsrüge gegen die Entscheidung vom 12. Juni 2013 nicht statthaft sei. Die Vorschriften über die Anhörungsrüge, die für fachgerichtliche Entscheidungen konzipiert seien, fänden auf Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs keine entsprechende Anwendung. Habe der Bayerische Verfassungsgerichtshof die Verfassungsmäßigkeit einer landesrechtlichen Rechtsvorschrift festgestellt, so sei die Rechtslage geklärt und es müsse dabei grundsätzlich sein Bewenden haben. Es sei daher auch nicht beabsichtigt, die Spruchgruppe, die am 12. Juni 2013 entschieden habe, erneut mit der Angelegenheit zu befassen.

31

Mit Schriftsatz vom 17. Juli 2013, eingegangen am selben Tag, erhoben die Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde.

II.

32

Gerügt wird eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG durch die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 12. Juni 2013 sowie darüber hinaus eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG und dem allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch durch das Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 3. Juli 2013.

1. Entscheidung vom 12. Juni 2013

33

a) Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichte die Gerichte, Ausführungen der Prozessbeteiligten zu ermöglichen, diese zur Kenntnis zu nehmen und in ihre Erwägung mit einzubeziehen. Eng damit zusammen hänge das ebenfalls aus Art. 103 Abs. 1 GG folgende Verbot von Überraschungsentscheidungen.

34

Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs sei vorliegend vollkommen überraschend, da sie in ihrer maßgeblichen Argumentation zur Frage, ob der Begriff des Staatsbürgers in Art. 7 Abs. 1, 2 BV im Hinblick auf Bürgerbegehren und -entscheide auch EU-Ausländer mitumfasse, jedenfalls ganz überwiegend auf die Entstehungsgeschichte der Verfassungsänderung abstelle, mit der Bürgerbegehren und -entscheide verfassungsrechtlich verankert worden seien. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Rang und zur Bedeutung der entstehungsgeschichtlichen Auslegung hinzuweisen, die der Bayerische Verfassungsgerichtshof unter anderem in seiner Entscheidung vom 30. Oktober 1958 (188 IV 57) übernommen habe. Hiernach sei für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergebe, maßgebend. Nicht entscheidend sei dagegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung. Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift komme für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen erhaltenen Auslegung bestätige oder Zweifel behebe, die auf dem angegebenen Weg allein noch nicht hätten ausgeräumt werden können. Vorliegend habe der Bayerische Verfassungsgerichtshof jedoch ausgeführt, dass der Entstehungsgeschichte der Verfassungsänderung "maßgebliche Bedeutung" zukomme. Der Verfassungsgerichtshof hätte die Beschwerdeführer daher auf diese von ihm beabsichtigte maßgebliche Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte hinweisen müssen. Dann hätten sie Gelegenheit zu weiteren Sach- und Rechtsausführungen gehabt und möglicherweise eine für sie günstige Entscheidung erreichen können. Schon die anfängliche Annahme des Verfassungsgerichtshofs, wonach die Berechtigung von Unionsbürgern zur Teilnahme an Bürgerbegehren und -entscheiden beim Einreichen des Volksbegehrens nicht absehbar gewesen sei, sei abwegig und überraschend, da die einschlägige Grundgesetzänderung bereits am 21. Dezember 1992 erfolgt sei. Bei dem Volksbegehren, das 1994 Unterschriften gesammelt habe und im Oktober 1994 beim Bayerischen Staatsministerium des Innern eingereicht worden sei, habe nicht ernsthaft unklar gewesen sein können, dass seit Ende 1992 auch EU-Ausländer bei Gemeinde- und Landkreiswahlen das aktive und passive Wahlrecht hätten. Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG beziehe sich ausschließlich auf Wahlen. Auch das Unionsrecht erfordere keine zwingende Beteiligung von Unionsbürgern an Bürgerbegehren und -entscheiden. Dann aber habe das Volksbegehren vom Oktober 1994, da es sich unstreitig auch an Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG habe messen lassen müssen, nicht bereits mitumfasst, dass auch nichtdeutsche Unionsbürger zur Teilnahme an Bürgerbegehren und -entscheiden berechtigt würden. Die hierzu von den Beschwerdeführern gemachten Ausführungen seien nicht angemessen gewürdigt worden. Es hätte zumindest eines Hinweises bedurft, weshalb diese Aspekte, insbesondere die Entstehungsgeschichte von Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG, der zufolge Abstimmungen bewusst nicht in diese Vorschrift aufgenommen worden seien, letztlich ohne maßgebliche Bedeutung seien. Auch auf die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Strukturunterschiede zwischen Wahlen und Abstimmungen sei der Bayerische Verfassungsgerichtshof nicht eingegangen.

35

b) Art. 3 Abs. 1 GG enthalte ein Verbot objektiver Willkür. Es sei anerkannt, dass eine objektive Widersprüchlichkeit in der Argumentation des Gerichts ein klares Indiz für einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstelle. Weiche ein Fachgericht bei der Anwendung einer Norm des einfachen Rechts von der Auslegung ab, die die höchstrichterliche Rechtsprechung der Vorschrift bislang gegeben habe, widerspreche dies Art. 3 Abs. 1 GG, falls sich eine Rechtfertigung hierfür weder aus den Entscheidungsgründen noch aus den übrigen Umständen des Falles entnehmen lasse. Die Begründung des Gerichts müsse dann zumindest erkennen lassen, dass es sich mit der Rechtslage eingehend auseinandergesetzt habe. Im vorliegenden Fall bestünden gravierende Widersprüche in der Argumentation des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. Das Gericht weiche zudem von seiner eigenen Rechtsprechung und derjenigen des Bundesverfassungsgerichts betreffend den Rang der entstehungsgeschichtlichen Argumentation ab, ohne dies fundiert und widerspruchsfrei zu begründen. Unlogisch sei auch die Annahme, dass die Konsequenzen des Volksentscheids nicht absehbar gewesen seien. Die Ausführungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs seien auch insofern widersprüchlich, als er die Verfassung, das heißt den Begriff des Staatsbürgers in Art. 7 Abs. 2 BV, im Licht des einfachen Gesetzesrechts auslege, anstatt das einfache Recht der Gemeinde- und Landkreisordnung im Lichte der Verfassung auszulegen. Dass er noch nicht einmal prüfe, ob die von ihm postulierte Widersprüchlichkeit des Volksentscheidungsgesetzes auch auf andere Weise und im Einklang mit den bisherigen Auslegungsmethoden aufgelöst werden könne, spreche Bände. Eine Auslegung dahingehend, dass der Volksgesetzgeber die Problematik trotz der bereits 1992 erfolgten Grundgesetzänderung schlicht nicht gesehen beziehungsweise übersehen haben könnte, sei alles andere als fernliegend. Unhaltbar sei auch die These, wonach keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass der Volksgesetzgeber die Teilhabe auf deutsche Staatsangehörige habe beschränken wollen. Dieser Ansatz sei schon deshalb falsch, weil ein solcher Anhaltspunkt darin bestehe, dass der Volksgesetzgeber gerade nicht den in der Verfassung seit jeher vorhandenen Begriff des Staatsbürgers geändert habe. Schließlich stehe auch die These vom "erkennbaren Willen des Volksgesetzgebers" im Widerspruch zu der Annahme, nach der die Konsequenzen von Volksbegehren und Volksentscheid angeblich nicht absehbar gewesen seien. Der Verfassungsgerichtshof sei von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Auslegung von Gesetzen abgewichen, wonach der Entstehungsgeschichte einer Norm für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zukomme, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätige oder Zweifel behebe, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden könnten, und die Materialien nicht dazu verleiten dürften, die subjektiven Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen dem objektiven Sinngehalt gleichzusetzen. Eine Begründung hierfür gebe er nicht; sie sei auch nicht erkennbar. Es müsse davon ausgegangen werden, dass er sich der Abweichung nicht bewusst gewesen sei.

36

c) Die Rechtsschutzmöglichkeiten derjenigen, die eine zulässige Popularklage einreichten, seien massiv eingeschränkt, wenn der Bayerische Verfassungsgerichtshof im Rahmen der Prüfung, ob eine Verletzung des Grundgesetzes im Sinne von Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG vorliege, nur auf krasse und evidente Fehler beschränkt sei. Diese Reduzierung des Prüfungsumfangs auf de facto Null - seit 1946 habe der Verfassungsgerichtshof noch nie einen solch evidenten Verstoß gegen Bundesrecht bejaht - stelle eine massive Einschränkung des landesverfassungsrechtlich und einfachgesetzlich gewährleisteten Rechts dar, einen Popularklageantrag einzureichen. Eine Rechtfertigung für diese Reduzierung des Prüfungsumfangs sei nicht ersichtlich.

2. Schreiben des Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 3. Juli 2013

37

a) Das Bundesverfassungsgericht habe am 30. April 2003 (1 PBvU 1/02) entschieden, dass es gegen das Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG verstoße, wenn eine Verfahrensordnung keine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit für den Fall vorsehe, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe. Vorliegend sei durch die Entscheidung vom 3. Juli 2013 keine Abhilfe erfolgt; vielmehr habe der Verfassungsgerichtshof den Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 ignoriert und durch diese krasse Form der Rechtsschutzverweigerung die Gehörsverletzung vom 12. Juni 2013 wiederholt und intensiviert. Sämtliche Argumente und Gründe aus dem Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 ließen sich problemlos und erst recht auf landesverfassungsgerichtliche Verfahren übertragen. Gehörsverstöße durch Landesverfassungsgerichte, die wie jedes andere Gericht nach Art. 1 Abs. 3 GG an die Grundrechte des Grundgesetzes gebunden seien, seien im Zweifel noch gravierender als Verstöße von Zivil- oder Verwaltungsgerichten gegen Art. 103 Abs. 1 GG, jedenfalls aber nicht weniger gravierend. Auch handele es sich vorliegend um eine erstmalige Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch ein Gericht, weshalb eine Anhörungsrüge - ungeachtet der noch fehlenden landesrechtlichen Kodifizierung im Verfassungsgerichtshofgesetz - statthaft sein müsse.

38

b) Hinzu komme, dass weder die Bayerische Verfassung noch das Gesetz über den Verfassungsgerichtshof noch der Geschäftsverteilungsplan des Verfassungsgerichtshofs eine "Einzelzuständigkeit" des Präsidenten für Anhörungsrügen vorsähen. Ob die Art. 91, 3 Abs. 1 BV beziehungsweise Art. 103 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG so auszulegen seien, dass auch das Gesetz über den Verfassungsgerichtshof eine Abhilfemöglichkeit für erstmalig von einer Spruchkammer begangene Gehörsverletzungen vorsehen müsse, dürfe kein Einzelrichter entscheiden; darüber müsse die betroffene Spruchkammer als Ganzes befinden.

III.

39

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch ist ihre Annahme nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.

40

1. Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 12. Juni 2013 sowie das Schreiben des Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 3. Juli 2013 sind taugliche Gegenstände einer Verfassungsbeschwerde. Die Beschwerdeführer sind jedoch nur teilweise beschwerdebefugt.

41

a) Unter dem Grundgesetz verfügen die Länder über eine weitgehende Verfassungsautonomie. Das Grundgesetz enthält in Art. 28 Abs. 1 GG nur wenige Vorgaben für die Verfassungen der Länder. Im Übrigen können sie, soweit das Grundgesetz nicht besondere Anforderungen statuiert, ihr Verfassungsrecht und auch ihre Verfassungsgerichtsbarkeit nach eigenem Ermessen ordnen (vgl. BVerfGE 4, 178 <189>; 36, 342 <361>; 60, 175 <207 f.>; 96, 345 <368 f.>). Daher muss der Bereich der Verfassungsgerichtsbarkeit der Länder vom Bundesverfassungsgericht möglichst unangetastet bleiben; auch darf die Landesverfassungsgerichtsbarkeit nicht in größere Abhängigkeit von der Bundesverfassungsgerichtsbarkeit gebracht werden, als es nach dem Grundgesetz unvermeidbar ist (vgl. BVerfGE 36, 342 <357>; 41, 88 <119>; 60, 175 <209>; 96, 231 <242>; 107, 1 <10>).

42

Nach den Regelungen des Grundgesetzes ist gegen Entscheidungen der Landesverfassungsgerichte allerdings eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht statthaft (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG), weil Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG auch die Landesverfassungsgerichte an die Grundrechte und grundrechtsgleichen Gewährleistungen des Grundgesetzes binden, zu deren Schutz das Bundesverfassungsgericht im Wege der Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a, § 90 Abs. 1 BVerfGG angerufen werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind daher Entscheidungen der Landesverfassungsgerichte Akte "öffentlicher Gewalt", die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden können (vgl. BVerfGE 6, 445 <447>; 13, 132 <140>; 42, 312 <325>; 85, 148 <157>; 96, 231 <242>; BVerfGK 8, 169 <171>; 17, 131 <131>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juli 1990 - 1 BvR 1438/89 -, juris, Rn. 1; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 19. April 1993 - 1 BvR 744/91 -, NVwZ 1994, S. 59 <60>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Januar 1996 - 2 BvR 2604/95 -, juris, Rn. 5; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Oktober 1997 - 1 BvR 1604/97 u.a. -, NJW 1999, S. 1020 <1020>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. März 2004 - 2 BvR 596/01 -, NVwZ 2004, S. 980; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Juli 2008 - 2 BvR 1223/08 -, juris, Rn. 3). Dies gilt nur insoweit nicht, als die Landesverfassungsgerichte Streitigkeiten in der Sache abschließend entscheiden. Denn das Grundgesetz erkennt ausweislich von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG a.E. an, dass ein Land bestimmte Streitigkeiten ohne jede bundesverfassungsgerichtliche Einwirkung in der Sache selbst entscheiden kann (vgl. BVerfGE 96, 231 <242 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Januar 1998 - 2 BvR 2306/96 -, NVwZ 1998, S. 387 <388>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. März 2004 - 2 BvR 596/01 -, NVwZ 2004, S. 980; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Juli 2008 - 2 BvR 1223/08 -, juris, Rn. 3). Popularklageverfahren im Sinne von Art. 98 Satz 4 BV gehören dazu nicht (vgl. BVerfGE 96, 231 <243>).

43

b) Jedoch sind die Beschwerdeführer nur teilweise beschwerdebefugt.

44

aa) Soweit sie mit der nur eingeschränkten Überprüfung der Vereinbarkeit eines Landesgesetzes mit dem Grundgesetz im Rahmen der Popularklage eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG rügen, erscheint diese von vornherein ausgeschlossen. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet effektiven Rechtsschutz, wenn jemand behauptet, durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. BVerfGE 13, 132 <151>; 27, 297 <305>). Ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG setzt eine im Interesse des Einzelnen bestehende Rechtsposition voraus (vgl. BVerfGE 27, 297 <305>; 83, 182 <194>), gewährleistet aber nicht selbst Bestand oder Inhalt des als verletzt gerügten Rechts (vgl. BVerfGE 61, 82 <110>). Da die Beschwerdeführer im Popularklageverfahren vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof jedoch nicht die Verletzung eigener Rechte geltend gemacht haben und eine solche auch nicht ersichtlich ist, scheidet eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG durch die angegriffene Entscheidung vom 3. Juli 2013 von vornherein aus (vgl. BVerfGE 13, 132 <151>).

45

bb) Nicht von vornherein ausgeschlossen ist allerdings die Möglichkeit einer Verletzung von verfassungsbeschwerdefähigen Rechten der Beschwerdeführer durch die angegriffene Entscheidung und das angegriffene Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs insoweit, als sie rügen, dass im Verfahren vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof das Recht auf rechtliches Gehör und der Anspruch auf den gesetzlichen Richter verletzt worden seien. Auch im (Popularklage-)Verfahren vor den Landesverfassungsgerichten gelten die Prozessgrundrechte des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 13, 132 <140 ff.>; 60, 175 <210 ff.>; 69, 112 <120 ff.>; 96, 231 <243 f.>; vgl. auch BVerfGK 17, 131 <132>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juli 1990 - 1 BvR 1438/89 -, juris, Rn. 1 ff.; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 19. April 1993 - 1 BvR 744/91 -, NVwZ 1994, S. 59 <60>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Oktober 1997 - 1 BvR 1604/97 u.a. -, NJW 1999, S. 1020 <1020>). Dasselbe gilt, soweit die Verfassungsbeschwerde eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG beziehungsweise des Rechtsstaatsprinzips in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG darin erblickt, dass die Beschwerdeführer im Rahmen des Popularklageverfahrens beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof keine Anhörungsrüge gegen die geltend gemachte Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör erheben konnten.

46

cc) Ebenfalls beschwerdebefugt sind die Beschwerdeführer, soweit sie eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch die vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof vorgenommene Auslegung von Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV und die auf dieser Grundlage angenommene Vereinbarkeit von Art. 18a GO und Art. 12a LKrO mit der Bayerischen Verfassung rügen.

47

Zwar sind im Rahmen der Popularklage im Sinne von Art. 98 Satz 4 BV Prüfungsmaßstab allein Vorschriften der bayerischen Verfassung. Die Länder sind, abgesehen von Art. 28 Abs. 1 GG, der nur ein gewisses Maß an Homogenität der Bundesverfassung und der Landesverfassungen (im materiellen Sinn) fordert, zudem frei in der Ausgestaltung ihrer Verfassung, soweit das Grundgesetz nichts anderes vorschreibt (vgl. BVerfGE 36, 342 <361>). Dies bedeutet auch, dass sie - abgesehen vom Falle des Art. 99 GG - auch durch eine eigene Verfassungsgerichtsbarkeit über die Vereinbarkeit von Landesgesetzen mit der Landesverfassung entscheiden und diese in den oben beschriebenen Grenzen grundsätzlich ohne (inhaltliche) Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht auslegen können (vgl. BVerfGE 41, 88 <119>; 97, 298 <314>). Die von diesen getroffenen Feststellungen prüft das Bundesverfassungsgericht nicht vollumfänglich nach. Es ist keine zweite Instanz über den Landesverfassungsgerichten (vgl. BVerfGE 6, 445 <449>; 41, 88 <118 f.>; 60, 175 <208 f.>; BVerfGK 8, 169 <171 f.>; 17, 131 <131 f.>), sondern an die Auslegung einer Norm der Landesverfassung durch ein Landesverfassungsgericht grundsätzlich gebunden (vgl. BVerfGE 42, 312 <325>; 97, 298 <314>).

48

Grenzen der Entscheidungsgewalt der Landesverfassungsgerichte ergeben sich jedoch aus den Grundrechten und den anderen für den Landesverfassungsgeber unmittelbar bindenden Bestimmungen des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 3, Art. 1 Abs. 3 GG), so dass Auslegung und Anwendung der Landesverfassungen diesen Vorgaben nicht widersprechen dürfen (vgl. BVerfGE 6, 445 <449>; 42, 312 <325>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1282/11 -, NVwZ 2015, S. 1434 <1434 ff., 1439 f.>). Daher überprüft das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung eines Landesverfassungsgerichts über die Vereinbarkeit einer Norm des Landesrechts mit der Landesverfassung und die dabei vorgenommene Auslegung - wie die Entscheidungen der Fachgerichte - auch auf ihre Vereinbarkeit mit dem in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Willkürverbot (vgl. BVerfGE 60, 175 <209, 214>).

49

2. Der Prüfungsmaßstab für die vorliegende Verfassungsbeschwerde ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 (a), Art. 103 Abs. 1 (b), Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 19 Abs. 4 GG (c) sowie aus Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (d). Nicht darunter fällt das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG und die es konkretisierenden Regelungen in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 bis 4 GG. Diese legen den Ländern Pflichten gegenüber dem Bund auf und beziehen sich insoweit nur auf das bundesstaatliche Rechtsverhältnis zwischen Bund und Ländern. Als Homogenitätsgebot gilt Art. 28 Abs. 1 GG für die Länder, nicht in ihnen (vgl. BVerfGE 1, 208 <236 f.>; 6, 104 <111>). Er vermittelt den Beschwerdeführern kein subjektives Recht, dessen Verletzung im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde festgestellt werden könnte (vgl. BVerfGE 1, 208 <236>; 6, 376 <383 f.>; 99, 1 <8>; BVerfGK 15, 186 <190>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 26. August 2013 - 2 BvR 441/13 -, NVwZ 2013, S. 1540 <1541>).

50

a) Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 12. Juni 2013 verstößt nicht gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Willkürverbot.

51

aa) Ein solcher Verstoß liegt nur vor, wenn eine fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 4, 1 <7>; 42, 64 <72 ff.>; 54, 117 <125>; 55, 72 <89 f.>; 58, 163 <167 f.>; 59, 128 <160 f.>; 62, 189 <192>; 70, 93 <97>; 80, 48 <51>; 81, 132 <137>). Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen (vgl. BVerfGE 42, 64 <73>; 58, 163 <167 f.>; 70, 93 <97>; 87, 273 <279>; 96, 189 <203>). Willkür liegt vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet wird. Von einer dermaßen willkürlichen Missdeutung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 87, 273 <279>; 89, 1 <14>; 96, 189 <203>). Die Auslegung eines Gesetzes ist willkürlich, wenn sie das gesetzgeberische Anliegen grundlegend verfehlt, indem dem Gesetz ein Sinn unterlegt wird, den der Gesetzgeber offensichtlich nicht hat verwirklichen wollen, den er nicht ausgedrückt hat und den das Gesetz auch nicht im Verlauf einer Rechtsentwicklung aufgrund gewandelter Anschauungen erhalten hat (vgl. BVerfGE 86, 59 <64>).

52

bb) Die Auslegung von Art. 28 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV und Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV, dass diese einer Teilnahme von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen nicht entgegenstehen, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

53

(1) Bei der Auslegung von Art. 28 Abs. 1 GG ist eine Verletzung des Willkürverbots nicht feststellbar.

54

(a) Zwar ist zweifelhaft, ob die Annahme, dass Verstöße von bayerischem Landesrecht gegen Bundesrecht nur dann als Verstoß gegen die Bayerische Verfassung anzusehen sind, wenn der Widerspruch offen zutage tritt und als schwerwiegender, besonders krasser Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (vgl. auch BayVerfGH, Entscheidung vom 20. Juni 2008 - Vf. 14-VII/00 -, NJW-RR 2008, S. 1403 <1405>; BayVerfGH, Entscheidung vom 23. Oktober 2008 - Vf. 10-VII-07 -, NVwZ 2009, S. 716 <716>; BayVerfGH, Entscheidung vom 24. Mai 2012 - Vf. 1-VII-10 -, NVwZ-RR 2012, S. 665 <667>), auch im Hinblick auf die Bestimmungen des Grundgesetzes vertretbar ist, die die Verfassungsautonomie der Länder begrenzen, das heißt im Hinblick auf das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 GG, die Grundrechte des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 42, 312 <325>; 97, 298 <314 f.>) sowie die in die Landesverfassungen hineinwirkenden Elemente des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 1, 208 <232 f.>; 27, 44 <55>; 103, 332 <352 f.>). Gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG sind auch Landesverfassungsgerichte zur Vorlage von Landesrecht an das Bundesverfassungsgericht verpflichtet, wenn sie von der Verletzung des Grundgesetzes durch Landesrecht überzeugt sind (vgl. BVerfGE 36, 342 <356>; 69, 112 <117 f.>). Diese Überzeugung setzt voraus, dass die Landesverfassungsgerichte Landesrecht auch tatsächlich an den für sie verbindlichen Vorgaben des Grundgesetzes überprüfen und daher das Grundgesetz auch anwenden und erforderlichenfalls auslegen. Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG ist keine Beschränkung auf offensichtliche und schwerwiegende Verstöße gegen das Grundgesetz zu entnehmen. Schließlich verpflichtet Art. 100 Abs. 3 GG zu einer sogenannten Divergenzvorlage, wenn ein Landesverfassungsgericht bei der Auslegung des Grundgesetzes von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder eines anderen Landesverfassungsgerichts abweichen will. Auch dies impliziert, dass die Landesverfassungsgerichte das Grundgesetz tatsächlich auslegen; andernfalls wäre ein Landesverfassungsgericht niemals zu einer Divergenzvorlage verpflichtet. Dem trägt die vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung praktizierte eingeschränkte Kontrolle von Landesrecht am Maßstab der auch für sie verbindlichen Regelungen des Grundgesetzes nicht hinreichend Rechnung.

55

Das kann im vorliegenden Fall jedoch dahinstehen, da die Auslegung von Art. 28 Abs. 1 GG durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof in der Sache nicht zu beanstanden ist. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof bejaht weder einen Verstoß einer bayerischen Landesvorschrift gegen Art. 28 Abs. 1 GG, was ihn zu einer Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG verpflichtet hätte, noch weicht er von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts oder anderer Landesverfassungsgerichte zu dieser Bestimmung des Grundgesetzes ab, was zu einer Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 3 GG hätte führen müssen. Denn einschlägige verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG, das heißt zu der Frage, ob diese Bestimmung einer Abstimmungsberechtigung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten entgegensteht, gibt es nicht. Unter diesen Voraussetzungen war der Bayerische Verfassungsgerichtshof berechtigt, Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG selbständig auszulegen, ohne die Rechte der Beschwerdeführer aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zu verletzen. Ob die Auslegung zutreffend ist, kann hier dahinstehen, da die Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht insoweit auf eine Willkürkontrolle beschränkt ist.

56

(b) Die Annahme, dass Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG eine Abstimmungsberechtigung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten bei kommunalen Bürgerbegehren und -entscheiden nicht verbietet, ist jedenfalls nicht willkürlich.

57

(aa) Das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 GG fordert ein Mindestmaß an verfassungsstruktureller und materieller Homogenität der Landesverfassungen mit dem Grundgesetz, ohne das der Bundesstaat nicht funktionieren könnte (vgl. BVerfGE 36, 342 <361>; 90, 60 <84>). Es gebietet jedoch keine Uniformität (vgl. BVerfGE 9, 268 <279>). Das Grundgesetz geht, im Gegenteil, von der Verfassungsautonomie der Länder aus (vgl. BVerfGE 36, 342 <361>; 90, 60 <84 f.>). Die Direktionskraft von Art. 28 Abs. 1 GG ist auf die dort genannten Staatsstrukturprinzipien beschränkt, und - soweit nicht Art. 28 Abs. 1 Satz 2 bis 4 GG etwas anderes anordnen - auch nur auf deren Grundsätze, nicht auf die konkrete Ausgestaltung, die sie im Grundgesetz erfahren haben (vgl. BVerfGE 90, 60 <84 f.>). Das gilt namentlich für die Grundentscheidung des Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG für Demokratie und Volkssouveränität sowie die daraus abzuleitenden Grundsätze der demokratischen Organisation und Legitimation der Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 9, 268 <281>; 47, 253 <272>; 83, 60 <71>; 93, 37 <66>). Einer im Vergleich zur Bundesebene stärkeren Ausgestaltung von plebiszitären Verfahren auf der Ebene der Länder steht Art. 28 Abs. 1 GG nicht entgegen (vgl. Barley, Das Kommunalwahlrecht für Ausländer nach der Neuordnung des Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG, 1999, S. 68; Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 28 Abs. 1 Rn. 64 ff. ; Tettinger/Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Abs. 1 Rn. 47).

58

Das in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltene Gebot, dass die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des demokratischen Staates im Sinne des Grundgesetzes entsprechen müsse, wird in den Sätzen 2 bis 4 näher konkretisiert. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG ergänzt Satz 1 (vgl. BVerfGE 83, 37 <58>), indem er die Einrichtung einer Vertretung des Volkes in den Ländern, Kreisen und Gemeinden vorschreibt und zugleich Wahlgrundsätze bestimmt, die bei deren Wahl zu beachten sind. "Volk" im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG sind dabei wie im Rahmen von Art. 20 Abs. 2 GG nur die (im jeweiligen Wahlgebiet ansässigen) deutschen Staatsangehörigen und die ihnen gleichgestellten Personen im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 83, 37 <53>; 83, 60 <71>; StGH Bremen, Urteil vom 31. Januar 2014 - St 1/13 -, NordÖR 2014, 262 <263 ff.>).

59

Der mit Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S. 2086) eingefügte heutige Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG bestimmt, dass bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar sind. Diese dynamische Verweisung (vgl. Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 28 Abs. 1 Rn. 123 ) soll einen Widerspruch zwischen deutschem und unionalem Recht vermeiden, das in der Richtlinie 94/80/EG des Rates vom 19. Dezember 1994 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen (ABl EG Nr. L 368 vom 31. Dezember 1994, S. 38 ff.) (vgl. Art. 22 Abs. 1 Satz 2 AEUV), die Einzelheiten festlegt. Danach können Unionsbürger, die ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, dort das aktive und das passive Wahlrecht bei den Kommunalwahlen ausüben (Art. 1 Abs. 1 Richtlinie 94/80/EG). Als "Kommunalwahlen" bezeichnet die Richtlinie die allgemeinen, unmittelbaren Wahlen, die darauf abzielen, die Mitglieder der Vertretungskörperschaft und gegebenenfalls gemäß den Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaates den Leiter und die Mitglieder des Exekutivorgans einer lokalen Gebietskörperschaft der Grundstufe zu bestimmen (Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie). Laut Anhang der Richtlinie gelten als lokale Gebietskörperschaften der Grundstufe in Deutschland die kreisfreien Städte beziehungsweise Stadtkreise, Kreise, Gemeinden und Bezirke in der Freien und Hansestadt Hamburg und im Land Berlin. Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG verpflichtet die Länder folglich, für Kommunalwahlen über Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG hinaus ein Wahlrecht für Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten vorzusehen (vgl. Barley, Das Kommunalwahlrecht für Ausländer nach der Neuordnung des Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG, 1999, S. 72; Tettinger/Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Abs. 1 Rn. 118). Abstimmungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG, das heißt Entscheidungen über Sachfragen, werden weder in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG noch im europäischen Primärrecht oder in der Richtlinie 94/80/EG des Rates erwähnt.

60

(bb) Die Auslegung von Art. 28 Abs. 1 GG durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof ist zwar durch den Wortlaut der Norm nicht erfasst, entbehrt aber nicht sachlicher Gründe und ist daher nicht willkürlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG. Art. 28 Abs. 1 GG enthält keine ausdrückliche Regelung über die Mitwirkung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Bürgerbegehren und -entscheiden; die Ausnahmeregelung in Satz 3 sieht lediglich eine Wahlberechtigung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden vor. Daraus könnte man, gerade weil das auch in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG verankerte Prinzip der Volkssouveränität allein das deutsche Volk zum Legitimationssubjekt aller staatlichen Gewalt bestimmt und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG die Ausübung von Staatsgewalt in der Form der Abstimmung ebenfalls dem Staatsvolk vorbehält, schließen, dass Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG eine Abstimmungsberechtigung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten in den Ländern generell verbietet (so z.B. Tettinger/Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Abs. 1 Rn. 121).

61

Zwingend ist dies jedoch nicht. Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG ordnet an, dass Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten bei der Wahl der Volksvertretungen auf kommunaler Ebene wahlberechtigt sind. Damit können sie die personelle Zusammensetzung kommunaler Volksvertretungen unmittelbar mitbestimmen und dadurch mittelbar an den dort zu treffenden Entscheidungen mitwirken. Soweit sie als Inhaber des passiven Wahlrechts zum Mitglied einer Volksvertretung gewählt sind, wirken sie auch unmittelbar an den zu treffenden Sachentscheidungen mit. Vor diesem Hintergrund erscheint es jedenfalls nicht willkürlich, Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG auch so auszulegen, dass er einer Erstreckung der Mitwirkungsrechte bei kommunalen Bürgerbegehren und -entscheiden auf Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten nicht entgegensteht (vgl. Engelken, NVwZ 1995, S. 432 <434>; Mehde, in: Maunz/Dürig, Art. 28 Abs. 1 Rn. 124 ).

62

(2) Die Auslegung von Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV lässt einen Verstoß gegen das Willkürverbot ebenfalls nicht erkennen.

63

(a) Von jeher geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass es für die Auslegung einer Norm auf den in dieser zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers ankommt, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Nicht entscheidend ist dagegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder (vgl. BVerfGE 1, 299 <312>; 10, 234 <244>; 35, 263 <278>; 105, 135 <157>; 133, 168 <205 Rn. 66>). Der Entstehungsgeschichte kommt für die Auslegung zwar grundsätzlich nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden können (vgl. BVerfGE 1, 299 <312>; 11, 126 <130 f.>; 59, 128 <153>; 119, 96 <179> im Rahmen eines Sondervotums; 119, 247 <290>). Vorarbeiten für ein Gesetz können daher in der Regel bloß unterstützend verwertet, die in den Gesetzgebungsmaterialien dokumentierten Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen nicht mit dem objektiven Gesetzesinhalt gleichgesetzt werden (vgl. BVerfGE 11, 126 <130>; 62, 1 <45>). Für die Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers sind vielmehr alle anerkannten Auslegungsmethoden heranzuziehen, das heißt die grammatikalische, systematische, teleologische und historische Auslegung. Diese Methoden ergänzen sich gegenseitig (vgl. BVerfGE 11, 126 <130>; 133, 168 <205 Rn. 66>), wobei keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen hat (vgl. BVerfGE 105, 135 <157>; 133, 168 <205 Rn. 66>).

64

(b) Die Auslegung von Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof lässt Defizite insoweit nicht erkennen. Vom Wortlaut ausgehend hat er insbesondere auf den Zusammenhang der Änderung von Art. 7 Abs. 2 BV und der Einfügung von Art. 12 Abs. 3 BV mit der gleichzeitigen Einführung von Art. 18a GO und Art. 12a LKrO abgestellt. Dabei hat er an Umstände und Gegebenheiten angeknüpft, aus denen die Änderung von Art. 7 Abs. 2 BV und die Einfügung des Absatzes 3 in Art. 12 BV erwachsen und auf die sie bezogen sind. Dazu gehört, dass die in Rede stehenden Bestimmungen die gleichzeitig erlassenen einfachgesetzlichen Regelungen der Art. 18a GO und Art. 12a LKrO (landes-)verfassungsrechtlich absichern sollten (vgl. LTDrucks 13/1252, S. 5), so dass es der teleologischen Auslegung entspricht, den Regelungsgehalt von Art. 18a GO und Art. 12a LKrO bei der Auslegung der gleichzeitig erlassenen Verfassungsnormen zu berücksichtigen. Angesichts der Gleichzeitigkeit von Erlass und Änderung im Rahmen ein und desselben Volksbegehrens sowie der Tatsache, dass mit der Änderung von Art. 7 Abs. 2 BV und der Einfügung von Absatz 3 in Art. 12 BV die Regelungen in Art. 18a GO und Art. 12a LKrO verfassungsrechtlich abgesichert werden sollten (vgl. LTDrucks 13/1252, S. 5), war die Berücksichtigung von Art. 18a GO und Art. 12a LKrO bei der Auslegung von Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 BV naheliegend und zur Ermittlung des gesetzgeberischen Willens sogar geboten.

65

Zwar dürfte die Annahme, dass die Abstimmungsberechtigung von Unionsbürgern im Rahmen von Bürgerbegehren und -entscheiden gemäß Art. 18a GO in Verbindung mit Art. 15 Abs. 2 GO, Art. 1 GLKrWG beziehungsweise Art. 12a LKrO in Verbindung mit Art. 11 Abs. 2 LKrO, Art. 1 GLKrWG zum Zeitpunkt der Einreichung des Volksbegehrens im Oktober 1994 nicht vorhersehbar gewesen sei, angesichts der bereits im Jahre 1992 erfolgten Anpassung des Grundgesetzes an die unionsrechtliche Rechtslage nach dem Vertrag von Maastricht nicht zutreffen; diese Annahme führt jedoch nicht dazu, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof Art. 7 und Art. 12 BV einen Sinn untergelegt hätte, den der (Volks-)Gesetzgeber offensichtlich nicht hat verwirklichen wollen oder dass er die in Rede stehenden Normen in krasser Weise missdeutet hätte.

66

Es sind - wie der Verfassungsgerichtshof festgestellt hat - keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der (Volks-)Gesetzgeber die Abstimmungsberechtigung von Unionsbürgern hat ausschließen wollen. Anliegen des Volksentscheids, der Art. 18a GO und Art. 12a LKrO im Jahre 1994 eingeführt, Art. 7 Abs. 2 BV geändert und Art. 12 BV ergänzt hat, war die Ermöglichung von mehr direkter Demokratie auf kommunaler Ebene (vgl. LTDrucks 13/1252, S. 1). Einschränkungen im Hinblick auf die Wahlberechtigten wurden nicht thematisiert. Auch wenn man davon ausginge, dass der (Volks-)Gesetzgeber die Rolle von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten im Rahmen des Volksbegehrens nicht bedacht hat, ist zu berücksichtigen, dass der (Volks-)Gesetzgeber mit Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV und Art. 18a GO, Art. 12a LKrO ganz offensichtlich in sich widerspruchsfreie Regelungen treffen wollte. Die Änderungen von Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 BV sollten der verfassungsrechtlichen Absicherung von Art. 18a GO und Art. 12a LKrO dienen (vgl. LTDrucks 13/1252, S. 5), was - zumindest im Hinblick auf Bürgerbegehren und -entscheide - einen Gleichlauf des Verständnisses der Begriffe des "Gemeinde- oder Landkreisbürgers" im Sinne von Art. 18a GO und Art. 12a LKrO und des "Staatsbürgers" im Sinne von Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV voraussetzt. Es ist daher keinesfalls willkürlich, wenn der Bayerische Verfassungsgerichtshof aufgrund des engen Zusammenhangs von Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV mit Art. 18a, 15 Abs. 2 GO und Art. 12a, 11 Abs. 2 LKrO und der jeweils an Art. 1 GLKrWG anknüpfenden Abstimmungsberechtigung angenommen hat, dass Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV der Teilnahme von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen nicht entgegenstehen.

67

b) Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 12. Juni 2013 verletzt die Beschwerdeführer auch nicht in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG.

68

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährt Art. 103 Abs. 1 GG den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf, im Verfahren zu Wort zu kommen, Anträge zu stellen und Ausführungen zu dem in Rede stehenden Sachverhalt, den Beweisergebnissen sowie zur Rechtslage zu machen (vgl. BVerfGE 6, 19 <20>; 15, 303 <307>; 36, 85 <87>; 60, 175 <210>; 64, 135 <143 f.>; 65, 227 <234>; 83, 24 <35>; 86, 133 <144>; stRspr). Diesem Recht der Beteiligten auf Äußerung entspricht die Pflicht des Gerichts, Anträge und Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 11, 218 <220>; 14, 320 <323>; 42, 364 <367 f.>; 60, 250 <252>; 83, 24 <35>; 96, 205 <216>; stRspr), soweit das Vorbringen nicht aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt gelassen werden darf (vgl. BVerfGE 18, 380 <383>; 21, 191 <194>; 69, 145 <148 f.>; 70, 288 <294>; 96, 205 <216>; stRspr). Die Gerichte sind jedoch nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerfGE 5, 22 <24>; 13, 132 <149>; 22, 267 <274>; 88, 366 <375>; 96, 205 <216 f.>; stRspr). Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Ein Gehörsverstoß kann deshalb nur festgestellt werden, wenn er sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt (vgl. BVerfGE 22, 267 <274>; 88, 366 <375 f.>; 96, 205 <217>; stRspr). Eine gerichtliche Entscheidung kann zudem nur dann wegen eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG aufgehoben werden, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Anhörung der Beteiligten zu einer anderen, ihnen günstigeren Entscheidung geführt hätte (vgl. BVerfGE 7, 239 <241>; 7, 275 <281>; 9, 261 <267>; 10, 177 <184>; 13, 132 <145>). Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte allerdings nicht, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen (vgl. BVerfGE 64, 1 <12>; 80, 269 <286>; 87, 1 <33>).

69

Art. 103 Abs. 1 GG verbietet auch sogenannte Überraschungsentscheidungen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410> unter Verweis auf BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; vgl. auch BVerfGK 14, 455 <456>). Da die Beteiligten gemäß Art. 103 Abs. 1 GG Gelegenheit erhalten sollen, sich zu dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt, den Beweisergebnissen und den Rechtsauffassungen vor Erlass der Entscheidung zu äußern, setzt eine den verfassungsrechtlichen Ansprüchen genügende Gewährung rechtlichen Gehörs voraus, dass die Verfahrensbeteiligten bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermögen, auf welchen Vortrag es für die Entscheidung ankommen kann (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. September 2012 - 1 BvR 1633/09 -, juris, Rn. 11; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2015 - 1 BvR 2314/12 -, NJW 2015, S. 1867 <1868 f.>). Es kann daher der Verhinderung eines Vortrags zur Rechtslage gleichkommen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt abstellt. Dabei ist allerdings zu beachten, dass das Gericht grundsätzlich weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet ist (vgl. BVerfGE 74, 1 <6>; 84, 188 <190>; 86, 133 <145>; 98, 218 <263>; BVerfGK 14, 455 <456>); Art. 103 Abs. 1 GG statuiert keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters (vgl. BVerfGE 66, 116 <147>; 84, 188 <190>). Ein Verfahrensbeteiligter muss daher, auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einstellen (vgl. BVerfGE 86, 133 <145>; 98, 218 <263>). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist nur dann anzunehmen, wenn ein Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit dem beziehungsweise mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; 98, 218 <263>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. Oktober 2009 - 1 BvR 3474/08 -, juris, Rn. 64; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Oktober 2010 - 2 BvR 409/09 -, juris, Rn. 20; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. April 2012 - 2 BvR 2126/11 -, NJW 2012, S. 2262 <2262>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2015 - 1 BvR 2314/12 -, NJW 2015, S. 1867 <1869>).

70

bb) Gemessen hieran ist eine Verletzung der Rechte der Beschwerdeführer aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht erkennbar.

71

(1) Soweit die Verfassungsbeschwerde eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG darin erblickt, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof von der aus Sicht der Beschwerdeführer abwegigen und überraschenden Annahme ausgegangen ist, dass die Berechtigung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten zur Teilnahme an Bürgerbegehren und -entscheiden bei Einreichung des Volksbegehrens nicht absehbar gewesen sei, ist eine solche nicht erkennbar. Die Behauptung, eine richterliche Tatsachenfeststellung sei falsch, berührt nicht das von Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Recht, sich im Verfahren äußern zu können und gehört zu werden, und vermag daher einen Vorstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht zu begründen (vgl. BVerfGE 22, 267 <273>). Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf eine "richtige" Entscheidung.

72

(2) Soweit die Verfassungsbeschwerde zur Begründung eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG vorträgt, dass die Ausführungen der Beschwerdeführer zu Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG nicht angemessen gewürdigt worden seien, ist eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ebenfalls nicht ersichtlich. Dasselbe gilt, soweit vorgetragen wird, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof zumindest darauf hätte hinweisen müssen, dass die Ausführungen der Beschwerdeführer zu Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG, insbesondere zu seiner Entstehungsgeschichte, für ihn ohne maßgebliche Bedeutung seien.

73

(a) Der Verfassungsgerichtshof hat sich in der angegriffenen Entscheidung mit der Auslegung von Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG auseinandergesetzt und dabei auch die von den Beschwerdeführern vertretene Ansicht berücksichtigt, dass Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG eine eng auszulegende Ausnahmeregelung sei. Er hat diese Rechtsansicht seiner Prüfung von Art. 18a GO und Art. 12a LKrO am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV zugrunde gelegt und insofern in Erwägung gezogen. Der Gesichtspunkt, dass Abstimmungen bewusst nicht in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG aufgenommen worden seien, spielte in diesem Zusammenhang für den Bayerischen Verfassungsgerichtshof aufgrund des zurückgenommenen Prüfungsmaßstabs bei Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV keine entscheidende Rolle. Das war aufgrund seiner ständigen Rechtsprechung auch vorhersehbar. Vor diesem Hintergrund war es folgerichtig, dass er nicht auf alle für die Interpretation des Bundesrechts relevanten Gesichtspunkte eingegangen ist.

74

(b) Der Verfassungsgerichtshof ist zudem - anders als die Verfassungsbeschwerde annimmt - keineswegs davon ausgegangen, dass die durch das Volksbegehren 1994 eingeführten Regelungen des Art. 18a GO und Art. 12a LKrO sowie die gleichzeitig beschlossenen Änderungen von Art. 7 und Art. 12 BV Vorgaben des Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG nachvollzogen hätten. Er hat lediglich festgestellt, dass diese Grundgesetzbestimmung - ungeachtet ihres auf Wahlen beschränkten Wortlauts - einer Abstimmungsberechtigung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten nicht (generell) entgegenstehe.

75

(3) Die Verfassungsbeschwerde ist auch insoweit unbegründet, als sie rügt, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof auf die Strukturunterschiede zwischen Wahlen und Abstimmungen nicht eingegangen sei. Der Verfassungsgerichtshof hat das Verhältnis von Beschlüssen gewählter kommunaler Vertretungsorgane und Bürgerentscheiden auf kommunaler Ebene ausdrücklich behandelt und sich insoweit mit den - für die Popularklage relevanten - Unterschieden zwischen Kommunalwahlen und Bürgerentscheiden befasst. Er hat dargelegt, aus welchen Gründen er Beschlüsse kommunaler Vertretungsorgane und Bürgerentscheide für vergleichbar hält und weshalb es aus seiner Sicht insofern systemkonform ist, dieselben Personen als wahl- beziehungsweise abstimmungsberechtigt anzusehen. Er hat damit zu erkennen gegeben, dass er den gegenteiligen Gedanken der Beschwerdeführer nicht folgt.

76

(4) Schließlich verletzt die angegriffene Entscheidung vom 12. Juni 2013 den Anspruch der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör auch nicht dadurch, dass der Verfassungsgerichtshof vor seiner Entscheidung nicht darauf hingewiesen hat, dass er der Entstehungsgeschichte des geänderten Art. 7 Abs. 2 BV und des neu eingefügten Art. 12 Abs. 3 BV maßgebliche Bedeutung für deren Auslegung zukommen lassen wollte. Wie dargelegt ist die vom Verfassungsgerichtshof vorgenommene Auslegung von Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV methodisch nicht zu beanstanden und liegt für einen gewissenhaften und kundigen Prozessbeteiligten auch nicht außerhalb des Erkennbaren.

77

cc) Soweit die Beschwerdeführer behaupten, durch die fehlende Möglichkeit, beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eine Anhörungsrüge erheben zu können, in ihren Rechten aus Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG beziehungsweise Art. 19 Abs. 4 GG verletzt zu sein, ist die Verfassungsbeschwerde ebenfalls nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Frage, ob der Bayerische Verfassungsgerichtshof in Übertragung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. April 2003 verpflichtet gewesen wäre, das Popularklageverfahren aufgrund der Anhörungsrüge der Beschwerdeführer fortzusetzen (vgl. BVerfGE 107, 395 <418>), bedarf vorliegend mangels Verletzung des Rechts der Beschwerdeführer aus Art. 103 Abs. 1 GG und wegen der daraus folgenden Erfolglosigkeit eines Gehörsrügeverfahrens keiner Entscheidung.

78

c) Die unterbliebene Weiterleitung der Anhörungsrüge an die Spruchgruppe des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs verletzt die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

79

aa) Das Gebot des gesetzlichen Richters in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bedeutet, dass kein anderer als der Richter tätig werden und entscheiden soll, der in den allgemeinen Normen der Gesetze und der Geschäftsverteilungspläne der Gerichte dafür vorgesehen ist (vgl. BVerfGE 21, 139 <145>; 48, 246 <254>). Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt insofern einen Anspruch auf den sich aus dem Gerichtsverfassungsgesetz, den Prozessordnungen sowie den Geschäftsverteilungs- und Besetzungsregelungen des Gerichts ergebenden Richter (vgl. BVerfGE 89, 28 <36>; 133, 168 <202 f. Rn. 62>). Er setzt daher einen Bestand von Rechtssätzen voraus, die für jeden denkbaren Streitfall im Voraus den Richter bezeichnen, der für die Entscheidung zuständig ist (vgl. BVerfGE 2, 307 <319 f.>; 19, 52 <60>) und verpflichtet dazu, Regelungen zu treffen, aus denen sich der gesetzliche Richter ergibt (vgl. BVerfGE 19, 52 <60>; 95, 322 <328>). Gesetzlicher Richter im Sinne dieser Vorschrift ist dabei nicht nur das Gericht als organisatorische Einheit oder das erkennende Gericht als Spruchkörper, vor dem verhandelt und von dem die einzelne Sache entschieden wird, sondern auch der zur Entscheidung im Einzelfall berufene konkrete Richter (vgl. BVerfGE 17, 294 <298 f.>; 95, 322 <329>). Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt jedoch kein Recht auf einen Prozess und damit auch kein Recht auf einen bestimmten Rechtsbehelf oder ein bestimmtes Rechtsmittel. Er setzt den Zugang zu Gericht vielmehr voraus. Ob ein solcher bestehen muss, ist eine an Art. 19 Abs. 4 GG beziehungsweise dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG zu messende Frage (vgl. BVerfGE 107, 395 <401 ff., 409>; Classen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 101 Abs. 1 Rn. 9, 44).

80

bb) Durch die unterbliebene Befassung der Spruchgruppe des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs mit ihrer Anhörungsrüge sind die Beschwerdeführer nicht in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt worden. Das Gesetz über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof sieht - anders als die Verfahrensordnungen für fachgerichtliche Verfahren (z.B. § 321a ZPO, § 152a VwGO oder § 33a StPO) - keinen Rechtsbehelf gegen eine verfassungsgerichtliche Entscheidung vor, auch keinen, im Rahmen dessen die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den Verfassungsgerichtshof gerügt werden könnte. Die Annahme, dass die für fachgerichtliche Verfahren konzipierten Regelungen über die Anhörungsrüge nicht auf das Verfahren vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof anwendbar sind und eine Anhörungsrüge insofern nicht statthaft ist, ist verfassungsrechtlich - insbesondere unter Berücksichtigung des Gebots der Rechtsmittelklarheit (vgl. BVerfGE 107, 395 <416 f.>) - nicht zu beanstanden. Wenn aber schon kein Rechtsbehelf gegeben ist, wurden die Beschwerdeführer durch das diese Rechtslage erklärende Schreiben des Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs und die unterbliebene Befassung und Entscheidung der Spruchgruppe des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs auch nicht ihrem gesetzlichen Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG entzogen.

81

d) Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs verstößt schließlich auch nicht gegen den aus Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG verankerten Anspruch der Beschwerdeführer auf Demokratie (vgl. BVerfGE 135, 317 <386 Rn. 125>). Obwohl das Demokratieprinzip durch eine unzulässige Ausdehnung der Wahlberechtigten durchaus verletzt werden kann (vgl. BVerfGE 83, 37 <50 ff.>; 83, 60 <71 ff.>), wird der durch den Anspruch auf Demokratie gemäß Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 und Art. 79 Abs. 3 GG geschützte Menschenwürdegehalt politischer Selbstbestimmung in der Regel nicht allein dadurch berührt, dass dieses Recht zu Unrecht auch Dritten eingeräumt wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Januar 1997 - 2 BvR 2862/95 -, NVwZ 1998, S. 52 <53>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Februar 1997 - 2 BvR 2621/95 -, NVwZ 1998, S. 52).

82

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

Gründe

A.

1

Der Beschwerdeführer hat die Gültigkeit der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag mit der Begründung angefochten, das gesamte Wahlrecht sei verfassungswidrig, weil seine wesentlichen Teile nicht in der Verfassung selbst geregelt seien. Zudem verletzten die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht (Art. 38 Abs. 2 Halbsatz 1 GG), die Aufstellung "starrer" Landeslisten (§ 27 Abs. 1 BWahlG) und die Fünf-Prozent-Sperrklausel (§ 6 Abs. 6 Satz 1 BWahlG) die Wahlrechtsgrundsätze. Die "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (DIE PARTEI)" sei vom Bundeswahlausschuss rechtsfehlerhaft nicht als Partei zur Bundestagswahl zugelassen, die Landesliste der Freien Union rechtswidrig vom Landeswahlausschuss des Landes Bayern zurückgewiesen worden. Der Bundesgesetzgeber habe es weiterhin verfassungswidrig unterlassen, eine Neuregelung zu den so genannten Überhangmandaten bereits vor der Bundestagswahl 2009 vorzunehmen. Die Wahlprüfungsgremien seien verfassungs- und europarechtswidrig zusammengesetzt gewesen. Ferner sei es im Vorfeld der Wahlen zum 17. Deutschen Bundestag durch ein Täuschungsverhalten von Regierungsmitgliedern zu erheblichen Einflussnahmen auf die Wähler gekommen und habe die Kandidatenaufstellung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Schließlich seien die Wahl des Bundestagsabgeordneten Lammert wegen Wählertäuschung und die Wahl des Bundespräsidenten mangels demokratischer Legitimation unwirksam.

B.

2

Die Wahlprüfungsbeschwerde ist überwiegend unzulässig (I.). Im Übrigen ist sie jedenfalls offensichtlich unbegründet (II.).

I.

3

Zum überwiegenden Teil sind die vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen unzulässig, weil sie den Begründungsanforderungen (vgl. BVerfGE 122, 304 <308 f.>) nicht genügen.

4

1. Soweit der Beschwerdeführer die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht als verfassungswidrig rügt, hat das Bundesverfassungsgericht bereits auf seine Wahlprüfungsbeschwerde gegen den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 6. November 2003 (BVerfGE 122, 304) ausgeführt, dass die Altersgrenze an den Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 38 Abs. 1 GG nicht zu messen ist, weil sie in Art. 38 Abs. 2 Halbsatz 1 GG auf gleicher Rangebene wie diese geregelt ist (BVerfGE 122, 304<309>). Soweit der Beschwerdeführer dem entgegentritt, handelt es sich - ungeachtet der Bezugnahme auf Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Art. 79 Abs. 3 GG - ausschließlich um verfassungspolitische Erwägungen.

5

2. Die gegen die Entscheidungen des Bundeswahlausschusses, die "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (DIE PARTEI)" nicht als Partei zur Wahl des 17. Deutschen Bundestages zuzulassen, und des Landeswahlausschusses des Freistaates Bayern, die Landesliste der Freien Union zurückzuweisen, gerichteten Rügen sind bereits deshalb unzulässig, weil sie im Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Bundestag in unzureichender Weise vorgebracht worden sind. Aus dem Charakter der Wahlprüfungsbeschwerde als Rechtsmittel gegen einen Beschluss des Deutschen Bundestages folgt, dass nur solche Rügen berücksichtigt werden können, die schon Gegen-stand des Wahlprüfungsverfahrens vor dem Deutschen Bundestag gewesen (vgl. BVerfGE 89, 243 <265>) und dort in unmissverständlicher und substantiierter Weise zur Begründung des Wahleinspruchs vorgetragen worden sind (vgl. BVerfGE 79, 50). Eine diesen Anforderungen genügende Begründung hat der Beschwerdeführer seinem Wahleinspruch nicht zugrunde gelegt (vgl. BTDrucks 17/6300, S. 125 - Anlage 38 zu II.2). Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer binnen der Beschwerdebegründungsfrist des § 48 Abs. 1 Halbsatz 2 BVerfGG auch gegenüber dem Bundesverfassungsgericht nicht ausreichend vorgetragen; insbesondere hat er keine Unterlagen vorgelegt, die eine verfassungsgerichtliche Überprüfung des behaupteten Wahlfehlers zuließen.

6

3. Soweit der Beschwerdeführer meint, der Bundesgesetzgeber hätte den Regelungskomplex um die Bestimmungen der § 6 Abs. 4 und 5 und § 7 Abs. 3 Satz 2 BWahlG vor der Bundestagswahl 2009 neu gestalten müssen, fehlt es an der Darlegung von Gesichtspunkten, die Anlass geben könnten, von der im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2008 (BVerfGE 121, 266) ausgesprochenen Neuregelungsfrist abzurücken.

7

4. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zur vermeintlich verfassungs- und europarechtswidrigen Zusammensetzung der Wahlprüfungsgremien enthält schon keine hinreichend substantiierte und aus sich heraus verständliche Darlegung eines Wahlfehlers, der Einfluss auf die Mandatsverteilung haben kann (vgl. BVerfGE 58, 175 <175 f.>).

8

5. Soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Kandidatenaufstellung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wendet, fehlt es ebenfalls bereits an einem hinreichend konkreten und überprüfbaren Sachvortrag sowie einer Subsumtion unter die Regelungen im Bundeswahlgesetz über die Kandidatenaufstellung (vgl. dazu BVerfGE 89, 243 <252 f.>).

9

6. Die Rügen, die Wahl des Bundestagsabgeordneten Lammert und diejenige des Bundespräsidenten seien unwirksam, waren, weil sie erst nach Ablauf der Einspruchsfrist vorgetragen worden waren, nicht Gegenstand des Wahlprüfungsverfahrens vor dem Deutschen Bundestag und sind schon deshalb unzulässig.

10

7. Schließlich hat der Beschwerdeführer auch einen Wahlfehler durch ein Täuschungsverhalten der Bundesregierung nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Aus seinem Vortrag ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine unzulässige Beeinflussung der Wahl (zu den insoweit anzulegenden Maßstäben vgl. BVerfGE 103, 111 <130 ff.>).

II.

11

Die verbleibenden Rügen des Beschwerdeführers betreffen Wahlrechtsnormen, deren Verfassungsmäßigkeit das Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt, und wahlrechtliche Zweifelsfragen, die das Bundesverfassungsgericht schon entschieden hat. Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich keine Gesichtspunkte vorgetragen, die Anlass zu einer anderweitigen Beurteilung geben könnten.

12

1. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt festgestellt, dass die im Bundeswahlgesetz vorgesehene Verhältniswahl nach "starren" Listen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und insbesondere mit den Grundsätzen der Unmittelbarkeit und der Freiheit der Wahl vereinbar ist (vgl. BVerfGE 3, 45 <50 f.>; 7, 63 <67 ff.>; 21, 355 <355 f.>; 47, 253 <283>; 122, 304 <314>).

13

2. Auch das als verfassungswidrig gerügte, in § 6 Abs. 6 Satz 1 Alternative 1 BWahlG vorgesehene Quorum von 5 vom Hundert der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen, das eine Partei erreichen muss, um bei der Verteilung der Sitze auf die Landeslisten berücksichtigt zu werden, hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt als verfassungskonform beurteilt (vgl. BVerfGE 1, 208 <247 ff.>; 4, 31 <39 ff.>; 6, 84 <92 ff.>; 51, 222 <235 ff.>; 82, 322 <337 ff.>; 95, 335 <366>; 95, 408 <417 ff.>; 120, 82 <109 ff.>; BVerfG, Urteil vom 9. November 2011 - 2 BvC 4/10 u.a. -, juris Rn. 94).

14

3. Schließlich greift auch der Einwand des Beschwerdeführers, das gesamte Wahlrecht sei verfassungswidrig, weil seine wesentlichen Teile nicht in der Verfassung selbst geregelt seien, nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht durch (vgl. zuletzt BVerfGE 122, 304 <314>).

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

1. Die Antragsgegnerin hat durch ihre Antworten (Bundestagsdrucksache 17/6022) auf die Fragen 10. e) und g) der Kleinen Anfrage vom 16. Mai 2011 (Bundestagsdrucksache 17/5847) die Antragstellerin in ihren Rechten aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 und Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes verletzt.

2. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Gründe

A.

1

Gegenstand des Organstreitverfahrens sind Antworten der Bundesregierung auf Kleine Anfragen der Antragstellerin, einer Fraktion des Deutschen Bundestages, zu Unterstützungseinsätzen der Bundespolizei für mehrere Länder.

I.

2

1. Grundlage für Unterstützungseinsätze der Bundespolizei ist § 11 des Gesetzes über die Bundespolizei (BPolG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bundespolizeigesetzes und anderer Gesetze vom 26. Februar 2008 (BGBl I S. 215). Der im vorliegenden Verfahren relevante § 11 Abs. 1 Nr. 1 BPolG entspricht Art. 35 Abs. 2 Satz 1 GG, wonach zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ein Land in Fällen von besonderer Bedeutung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes - der heutigen Bundespolizei - zur Unterstützung seiner Polizei anfordern kann, wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte.

3

Formelle Voraussetzung eines Unterstützungseinsatzes ist in diesen Fällen nach § 11 Abs. 4 BPolG die Anforderung der Bundespolizei durch ein Land. Die Anforderung, für die das Gesetz keine Form vorschreibt, soll nach § 11 Abs. 4 Satz 2 BPolG alle für die Entscheidung wesentlichen Merkmale des Einsatzauftrags enthalten. Die Entscheidung über die Verwendung der Bundespolizei zur Unterstützung eines Landes aufgrund einer Anforderung gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 BPolG trifft nach § 11 Abs. 3 Satz 1 BPolG das Bundesministerium des Innern. Dieses hat seine Entscheidungsbefugnis gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 BPolG durch eine Verwaltungsvorschrift auf das Bundespolizeipräsidium übertragen (Verwaltungsvorschrift "Einsätze der Bundespolizei zur Unterstützung der Länder - Übertragung der Entscheidungsbefugnis in bestimmten Fällen auf das Bundespolizeipräsidium" vom 22. Februar 2008, GMBl 2008, S. 267). Nach Ziffer 1.2 dieser Verwaltungsvorschrift prüft das Bundespolizeipräsidium die Verfügbarkeit geeigneter Bundespolizeikräfte. Auf dieser Grundlage sowie anhand des Gesamtunterstützungsbedarfs und gegebenenfalls überbehördlicher Bindungen trifft es die Entscheidung und übermittelt ein konkretes Kräfteangebot an das jeweils ersuchende Land oder die ersuchenden Länder. Nach der Annahme dieses Angebots durch das anfordernde Land weist das Bundespolizeipräsidium die Unterstützung an. Die Unterstützung eines Landes durch die Bundespolizei richtet sich gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BPolG nach dem für das anfordernde Land geltenden Recht, also nach dem jeweiligen Landesrecht und dem sachlich einschlägigen Bundesrecht, etwa dem Versammlungs-, Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht (Drewes/ Malmberg/Walter, BPolG, 4. Aufl. 2010, § 11 Rn. 51). Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BPolG unterliegt die Bundespolizei bei Unterstützungseinsätzen den fachlichen Weisungen des Landes, während die Weisungsbefugnis im Hinblick auf Organisation und Dienstrecht beim Bund verbleibt (Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 11 Rn. 54 m.w.N.).

4

2. Die Vorschrift des § 11 BPolG lautet:

"§ 11 Verwendung zur Unterstützung eines Landes

(1) Die Bundespolizei kann zur Unterstützung eines Landes verwendet werden

1. zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in Fällen von besonderer Bedeutung nach Artikel 35 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes,

2. zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall nach Artikel 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 des Grundgesetzes,

3. zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes nach Artikel 91 Abs. 1 des Grundgesetzes,

soweit das Land ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen kann.

(2) 1Die Unterstützung eines Landes durch die Bundespolizei nach Absatz 1 richtet sich nach dem für das Land geltenden Recht. 2Vorbehaltlich des Artikels 35 Abs. 3 des Grundgesetzes unterliegt die Bundespolizei dabei den fachlichen Weisungen des Landes.

(3) 1Die Entscheidung über eine Verwendung der Bundespolizei nach Absatz 1 trifft im Fall des Artikels 35 Abs. 3 des Grundgesetzes die Bundesregierung, im übrigen das Bundesministerium des Innern auf Anforderung des Landes. 2Das Bundesministerium des Innern kann seine Entscheidungsbefugnis in bestimmten Fällen durch Verwaltungsvorschrift auf eine Bundespolizeibehörde übertragen.

(4) 1Einer Anforderung der Bundespolizei ist zu entsprechen, soweit nicht eine Verwendung der Bundespolizei für Bundesaufgaben dringender ist als die Unterstützung des Landes. 2Die Anforderung soll alle für die Entscheidung wesentlichen Merkmale des Einsatzauftrages enthalten. 3Die durch eine Unterstützung eines Landes nach Absatz 1 entstehenden Mehrkosten trägt das Land, sofern nicht im Einzelfall aus besonderen Gründen in einer Verwaltungsvereinbarung etwas anderes bestimmt wird.

(5) Die Verpflichtung zur Amtshilfe bleibt unberührt."

II.

5

Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

6

1. Am 19. Februar 2011 fand in Dresden anlässlich des Jahrestages der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg ein Aufmarsch von Anhängern des rechtsradikalen Spektrums statt. Es gab eine Gegendemonstration, an der nach Angaben des Veranstalters etwa 20.000 Personen teilnahmen. Am Polizeieinsatz an jenem Tage waren neben der Landespolizei des Freistaates Sachsen Polizeibeamte anderer Länder und der Bundespolizei beteiligt.

7

2. Hinsichtlich dieses Polizeieinsatzes richteten die Antragstellerin sowie verschiedene Mitglieder des Bundestages am 1. März 2011 eine Kleine Anfrage mit dem Titel "Gewaltsames Vorgehen der Polizei gegen Antifaschistinnen und Antifaschisten am 19. Februar 2011 in Dresden" an die Antragsgegnerin (BTDrucks 17/4992). Diese Kleine Anfrage bezog sich zum einen auf den Bereich der originären Aufgabenwahrnehmung durch die Bundespolizei, dabei vor allem auf die Erfüllung bahnpolizeilicher Aufgaben, zum anderen auf die Unterstützung der Sächsischen Landespolizei durch Beamte der Bundespolizei gemäß § 11 BPolG. In der Vorbemerkung zu dieser Kleinen Anfrage heißt es unter anderem:

"Rund 20 000 Antifaschistinnen und Antifaschisten haben am 19. Februar 2011 in Dresden der Neonaziszene eine klare Niederlage bereitet. Der geplante Aufmarsch der extremen Rechten wurde durch das entschlossene Handeln der antifaschistischen Demonstrantinnen und Demonstranten vereitelt, die damit ihren Erfolg aus dem Vorjahr, als sie den Naziaufmarsch ebenfalls verhindern konnten, noch übertrafen.

Das Einsatzkonzept der sächsischen Polizei - die von Einheiten der Bundespolizei unterstützt wurde - sah aber die rigorose Abschottung der Gegendemonstranten vor. Dabei kam es mitunter zu äußerst gewaltsamem und eskalierendem Vorgehen, wie durch zahlreiche Videos im Internet und Augenzeugenberichte dokumentiert. Insbesondere über massiven und ohne Vorwarnung erfolgten Einsatz von Pfefferspray bzw. Pepperball sowie von Wasserwerfern wird berichtet (www.youtube.com/watch?v=EdXsLFLY_fs, Pfeffersprayeinsatz gegen abziehende Personengruppe; www.youtube.com/watch?v =9bAVcACehOc&feature=player_embedded, Pfeffersprayeinsatz auf gewaltfreien Demonstranten, möglicherweise einen Journalisten). Um einen besonders eklatanten Fall von Polizeigewalt handelt es sich beim anlasslosen Angriff eines Wasserwerfers auf eine Menschenmenge, die sich friedlich über eine Kreuzung bewegte (www.youtube.com/watch?v=N1vYuHpGKlI&feature= player_embedded).

[…]

Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Dr. h. c. Wolfgang Thierse, kommentierte die Ereignisse in der Presse folgendermaßen: 'Die Polizei ist eben vollauf damit beschäftigt, die Neonazis zu schützen (…). Das ist sächsische Demokratie.'

Es muss aufgeklärt werden, inwiefern Einheiten der Bundespolizei zu dieser Art der Demokratiedurchsetzung beigetragen haben. Wenn eine Landespolizei brutal gegen Antifaschisten vorgeht, um Nazis zu schützen, sollte die Bundespolizei dies nicht auch noch unterstützen."

8

In der Vorbemerkung der Antwort auf diese Kleine Anfrage (BTDrucks 17/5270, S. 2, Anlage Ast. 2) stellte die Antragsgegnerin fest:

"Polizeiliche Einsatzlagen im Zusammenhang mit Demonstrationen und Versammlungen fallen in die Zuständigkeit der Länder. Die Bundesregierung nimmt zu polizeilichen Einsätzen, soweit sie im Verantwortungsbereich eines Landes liegen - hier des Freistaates Sachsen - keine Stellung und bewertet diese nicht."

9

Folgende Fragen und Antworten sind streitgegenständlich:

10

Frage: "3. c) Wie ist der Einsatz in der Praxis durchgeführt worden und wer hat ihn geführt, von wem hat die Bundespolizei Weisungen erhalten, und wie ist die Koordination ihres Einsatzes im Rahmen des Gesamteinsatzes sichergestellt worden?"

11

Antwort: "Im originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei erfolgte der Einsatz eigenverantwortlich durch eine eingerichtete 'Besondere Aufbauorganisation' unter Führung der Bundespolizeidirektion Pirna."

12

Frage: "4. Wie sah das Einsatzkonzept aus, und wie bewertet die Bundesregierung dessen Umsetzung?"

13

Antwort: "Soweit die Frage auf das Einsatzkonzept der sächsischen Polizei zielt, wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

14

Frage: "5. Wie bewertet die Bundesregierung den von zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Proteste sowie auf Videos dokumentierten großflächigen Einsatz von Pfefferspray?"

15

Antwort: "Es wird auf die Antwort zu Frage 6a verwiesen."

16

Frage: "6. Haben Angehörige der Bundespolizei Pfefferspray oder andere Reizmittel verwendet, und wenn ja,

a) wann und wo genau,"

17

Antwort: "Ein Einsatz von Pfefferspray oder anderer Reizmittel im originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei wird ausgeschlossen. Hinsichtlich der Frage des Einsatzes von Pfefferspray oder anderer Reizmittel im Aufgabenbereich des Freistaates Sachsen wird auf die dortige einsatzführende Zuständigkeit und auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

18

Frage: "b) wie viele Sprühdosen wurden verbraucht bzw. welcher Ersatzbedarf wurde angezeigt (bitte jeweils die Füllmenge angeben)?"

19

Antwort: "Hinsichtlich der Frage des Verbrauchs von Sprühdosen und zum entsprechenden Ersatzbedarf im Aufgabenbereich des Freistaates Sachsen wird auf die dortige einsatzführende Zuständigkeit verwiesen."

20

Frage: "7. Hat die Bundespolizei Wasserwerfer eingesetzt, und wenn ja

a) wann und wo genau, und inwiefern waren dem Wasser Reizstoffe beigemischt?

b) Inwiefern wurden die Opfer des Einsatzes vorgewarnt, bzw. in welchen Fällen ist dies unterblieben (bitte begründen)?

c) Inwiefern war die Bundespolizei am Wasserwerfereinsatz, wie er auf youtube (www.youtube.com) dokumentiert ist, beteiligt?"

21

Antwort: "Die im originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei eingesetzten Wasserwerfer haben kein Wasser während des Einsatzes abgegeben. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

22

Frage: "9. Wie bewertet die Bundesregierung die Durchsuchung des Pressebüros des Bündnisses 'Dresden Nazifrei', bei der auch Räume der Partei DIE LINKE. durchsucht und Computer sowie Mobiltelefone beschlagnahmt wurden?

Welche rechtliche Grundlage gab es für diese Aktion, und inwiefern waren Bundespolizisten daran beteiligt?"

23

Antwort: "Die Bundespolizei war an den Durchsuchungsmaßnahmen des Pressebüros des Bündnisses 'Dresden Nazifrei' nicht beteiligt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

24

Frage: "11. Waren Bundespolizisten während der Angriffe von Nazis auf das linke Hausprojekt 'Praxis' zugegen, und wie erklärt sich die Bundesregierung, dass die anwesende Polizei diesen Überfall nur beobachtete und es den Nazis möglich war, sich an diesem Tag unter den Augen der Polizei diesem Gebäude zu nähern?"

25

Antwort: "Angehörige der Bundespolizei waren bei dem geschilderten Ereignis nicht zugegen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

26

Frage: "12. Ist in der Vorbereitung des Polizeieinsatzes auf eine besondere Gefährdung von Gebäuden, die linke Projekte oder Parteien beherbergen, hingewiesen worden, und welche Planungen wurden für den Fall eines Naziangriffs vorgenommen?"

27

Antwort: "Die benannten Objekte befinden sich nicht auf Bahnanlagen und damit nicht im originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

28

Frage: "13. Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung Anweisungen, Abgeordnete der Partei DIE LINKE. nicht durch Polizeisperren zu lassen und sie gezielt anders zu behandeln, als Abgeordnete anderer Parteien?"

29

Antwort: "Entsprechende Anweisungen im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei gab es nicht. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

30

Frage: "14. a) Wer leitet die Sonderkommission, und wer gehört ihr außerdem noch an?

b) Wird der Überfall auf das 'Haus der Begegnung' am Abend des 19. Februar 2011 ebenfalls Untersuchungsgegenstand der Sonderkommission sein?

c) Welche Vorkommnisse sind aus Sicht der Bundesregierung vorrangig zu prüfen, und welche Verdachtsfälle unverhältnismäßiger Polizeigewalt gehören hierzu?"

31

Antwort: "Die Leitung der Sonderkommission obliegt der Polizeidirektion Dresden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

32

Frage: "18. Wie bewertet die Bundesregierung den politischen Schaden, der entsteht, wenn eine Landespolizei mit Unterstützung der Bundespolizei, wie am 19. Februar 2011 in Dresden, ihre Kraft vorrangig darauf konzentriert, den Naziaufmarsch zu schützen, und dafür ganze Stadtteile frei von Antifaschisten zu halten?"

33

Antwort: "Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

34

Frage: "19. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Erfahrungen von Dresden im Rahmen der Innenministerkonferenz zu thematisieren und Konsequenzen für künftige Polizeieinsätze anlässlich von Naziaufmärschen zu ziehen, und wenn ja, welche Konsequenzen erwägt sie?"

35

Antwort: "Eine Behandlung der Thematik auf der ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder ist seitens der Bundesregierung nicht geplant. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

36

3. Zum selben Sachverhalt richteten die Antragstellerin sowie mehrere Abgeordnete am 20. April 2011 eine weitere Kleine Anfrage an die Antragsgegnerin (BTDrucks 17/5639). In einer "Vorbemerkung" drückten die Fragesteller ihr Missfallen über die Antworten der Bundesregierung auf die oben angeführte Kleine Anfrage aus. Sie sahen darin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG und führten dies in der Vorbemerkung weiter aus.

37

Auf die in dieser Kleinen Anfrage gestellten Fragen antwortete die Antragsgegnerin (BTDrucks 17/5737) unter anderem wie folgt:

38

Frage: "4. Wie sah das Einsatzkonzept der sächsischen Polizei aus, von dem die Bundespolizei im Rahmen der Abstimmung der Einsatzkonzepte sowie der Tätigkeit der Verbindungsbeamten Kenntnis erhalten hat, welche Elemente hat die Bundespolizei bei der Abstimmung als besonders wichtig eingebracht, und wie bewertet die Bundesregierung die Umsetzung des abgestimmten Einsatzkonzeptes?"

39

Antwort: "Nach Kenntnis der Bundesregierung sah das Einsatzkonzept die Gewährleistung friedlicher Versammlungen und Kundgebungen sowie den Schutz deren Teilnehmer vor. An der Erstellung des Einsatzkonzeptes der Polizei des Freistaates Sachsen hat die Bundespolizei nicht mitgewirkt. Die den Einsatz der Bundespolizei führende Bundespolizeidirektion Pirna hat im Rahmen der Einsatzvorbereitung über einzelne Teilabschnitte des Einsatzkonzeptes Kenntnis erhalten, bei denen Schnittstellen zum Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei betroffen waren. Dabei hat die Bundespolizei ihr eigenes Einsatzkonzept thematisiert.

Die Bewertung des Polizeieinsatzes in der Zuständigkeit und der Verantwortung der Polizei des Freistaates Sachsen obliegt den dort zuständigen Stellen. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 17/5270 verwiesen."

40

Frage: "6. Wie bewertet die Bundesregierung die Durchsuchung des Pressebüros des Bündnisses 'Dresden Nazifrei', bei der auch Räume der Partei DIE LINKE. durchsucht und Computer sowie Mobiltelefone beschlagnahmt wurden?

Welche rechtliche Grundlage gab es nach Kenntnis der Bundesregierung für diese Aktion?"

41

Antwort: "Die Bundespolizei war an der Durchsuchung des Pressebüros des in der Frage genannten Bündnisses nicht beteiligt. Insofern liegen der Bundesregierung hierzu keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen obliegt die Bewertung den hierfür zuständigen Stellen des Freistaates Sachsen."

42

Fragen: "8. Haben Angehörige der Bundespolizei, die dem Freistaat Sachsen unterstellt worden waren, Pfefferspray oder andere Reizmittel verwendet, und wenn ja,

a) wann und wo genau,

b) wie viele Sprühdosen wurden verbraucht, bzw. welcher Ersatzbedarf wurde angezeigt (bitte jeweils die Füllmenge angeben)?

9. Haben die drei Wasserwerfer der Bundespolizei, die dem Freistaat unterstellt worden sind, während des Einsatzes Wasser abgegeben, und wenn ja,

a) wann und wo genau, und inwiefern waren dem Wasser Reizstoffe beigemischt,

b) inwiefern wurden die Opfer des Einsatzes vorgewarnt, bzw. in welchen Fällen ist dies unterblieben (bitte begründen),

c) inwiefern war die Bundespolizei am Wasserwerfereinsatz, wie er auf www.youtube.com/ dokumentiert ist, beteiligt, und falls sie beteiligt war, wie schätzt die Bundesregierung die rechtliche Zulässigkeit dieses Einsatzes ein?"

43

Antwort: "Soweit Angehörige der Bundespolizei gemäß § 11 BPolG zur Unterstützung des Landes eingesetzt waren, obliegt die Zuständigkeit und Verantwortung für die Durchführung des Einsatzes dem Freistaat Sachsen. Aussagen und Bewertungen zu diesem Einsatz im Zuständigkeitsbereich des Freistaates Sachsen sind durch die dort zuständigen Stellen zu treffen."

44

4. Am 1. Mai 2011 kam es zu einem Einsatz der Bundespolizei in Berlin, Heilbronn und an anderen Orten, der Gegenstand einer weiteren Kleinen Anfrage (BTDrucks 17/5847, Antwort: BTDrucks 17/6022) der Antragstellerin und mehrerer Bundestagsabgeordneter war. In der Vorbemerkung zu dieser Kleinen Anfrage heißt es unter anderem:

"Während Zeitungen wie die 'BZ' bereits Wochen vor dem 1. Mai 2011 Krawalle in Berlin prophezeiten, zeigte sich der Senator für Inneres und Sport von Berlin, Dr. Ehrhart Körting, am 2. Mai 2011 'hochzufrieden' mit dem Verlauf des 1. Mai 2011 und der Walpurgisnacht am 30. April 2011. Es habe deutlich weniger Festnahmen und weniger 'Krawall' gegeben, als in den Vorjahren.

Umso mehr Gewalt ging dafür offenbar von Seiten der Polizei aus. Insbesondere am Kottbusser Tor, wo vornehmlich Angehörige der Bundespolizei eingesetzt waren, hat es einen umfassenden Einsatz von Pfefferspray gegeben. Es seien 'immer wieder Trupps von rund 20 Polizisten im Zickzack durch die bis dahin friedliche Menschenmenge' gezogen, berichtete die 'tageszeitung' ('taz') am 3. Mai 2011. Sie hätten dabei 'wahllos Umstehende mit Fäusten traktiert und immer wieder Pfefferspray eingesetzt.'

Dass diese Ausführungen zutreffend sind, legt die Tatsache nahe, dass Polizisten, die in Zivil eingesetzt waren, selbst Opfer ihrer uniformierten Kollegen geworden sind. Mindestens zwei Zivilfahnder seien 'plötzlich von Pfefferspray getroffen und zudem durch Faustschläge im Gesicht verletzt worden. Die beiden Polizisten hätten anschließend aufgrund von Augenreizungen und Prellungen vom Dienst abtreten müssen. Zudem sollen nach Polizeiangaben in diesem Zusammenhang weitere sechs Beamte durch Reizgaseinwirkungen verletzt worden sein', heißt es in der 'taz' weiter. Sanitäter sprachen von über 200 durch Pfefferspray verletzten Personen, die sie zu versorgen hatten.

Die Fraktion DIE LINKE. sieht sich durch solche Berichte in ihrer Annahme bestätigt, dass Pfefferspray von der Polizei, auch der Bundespolizei, häufig unverhältnismäßig eingesetzt wird.

[…]

Die Fraktion DIE LINKE. will nun erfahren, welche Einsätze von der Bundespolizei am 1. Mai 2011 bundesweit durchgeführt worden sind."

45

In der Kleinen Anfrage wurden unter anderem die nachfolgenden Fragen gestellt:

Frage: " 3. b) Wie viele Wasserwerfer hatte die Bundespolizei am Maiwochenende im Einsatz (bitte nach einzelnen Städten angeben)?

c) Aus wie vielen dieser Wasserwerfer wurde Wasser abgegeben (bitte nach einzelnen Städten und mit genauen Orten und Zeiten angeben)?

d) In welchen Fällen waren dem Wasser Reizstoffe beigemischt?"

46

Antwort: "Im originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei wurden keine Wasserwerfer eingesetzt. Zur Unterstützung der Länder gemäß § 11 BPolG wurde das Land Berlin mit drei und das Land Hamburg mit zwei Wasserwerfern unterstützt. Die Zuständigkeit und Verantwortung für die Durchführung dieser Einsätze obliegt den jeweiligen Ländern. Aussagen zu den Einsätzen im Zuständigkeitsbereich eines Landes sind durch die dort zuständigen Stellen zu treffen."

47

Frage: "4. Wie viele Bundespolizistinnen und Bundespolizisten waren mit Reizmittelsprühgeräten ausgestattet, und wie viele von ihnen haben diese auch eingesetzt?

a) Welche Reizmittel sind dabei verwendet worden? (bitte nach Typ und Fabrikat aufschlüsseln)

b) Wann und wo genau sind diese Geräte benutzt worden?

48

Antwort: "Die Polizeibeamten der Bundespolizei sind mit Reizstoff-Sprühgeräten (RSG 3) ausgestattet. Einsatzeinheiten der Bundespolizei werden zusätzlich mit dem Reizstoff-Sprühgerät RSG 4 ausgestattet. Die Reizstoff-Sprühgeräte der Bundespolizei enthalten den synthetischen Wirkstoff PAVA (Pelargonsäurevanillylamid) des Herstellers Carl Hoernecke GmbH & Co. KG und IDC SYSTEM AG in den Füllmengen 63ml und 30ml (RSG 3) sowie 400ml (RSG 4).

Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die Bundespolizei im originären Zuständigkeitsbereich am 30. April 2011 am Bahnhof Bremen-Neustadt fünfmal das Reizstoff-Sprühgerät (RSG 3) eingesetzt.

Soweit Angehörige der Bundespolizei im Rahmen eines Einsatzes gemäß § 11 BPolG eingesetzt waren, obliegt die Zuständigkeit und Verantwortung für die Durchführung des Einsatzes dem jeweiligen Land. Aussagen und Bewertungen zu den Einsätzen im Zuständigkeitsbereich eines Landes sind durch die dort zuständigen Stellen zu treffen."

49

Frage: "6. Wie viele freiheitsentziehende Maßnahmen und Platzverweise sind von der Bundespolizei am Maiwochenende vorgenommen bzw. ausgesprochen worden (bitte mit Begründungen, nach Maßnahmen und Orten bzw. Zeitpunkt aufgliedern)?"

50

Antwort: "Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die Bundespolizei im Rahmen der originären bahnpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei (Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes) zur Gefahrenabwehr insgesamt 1195 Platzverweise [es folgen detaillierte, nach Orten aufgeschlüsselte numerische Angaben] und 30 freiheitsentziehende Maßnahmen auf Grundlage der Strafprozessordnung ausgesprochen [es folgen detaillierte, nach Orten aufgeschlüsselte numerische Angaben].

Soweit Angehörige der Bundespolizei im Rahmen eines Einsatzes gemäß § 11 BPolG eingesetzt waren, obliegt die Zuständigkeit und Verantwortung für die Durchführung des Einsatzes dem jeweiligen Land. Aussagen und Bewertungen zu den Einsätzen im Zuständigkeitsbereich eines Landes sind durch die dort zuständigen Stellen zu treffen."

51

Frage: "7. Wie ist der Einsatz von Bundespolizisten im Zusammenhang mit dem Maiwochenende konkret geregelt worden?

a) Welche Gremien und Stäbe sind eingerichtet worden, in denen die Bundespolizei vertreten war (bitte Anzahl der Vertreter, die entsendenden Behörden unter Angabe der jeweiligen Abteilung, die Gesamtzusammensetzung der Gremien und jeweilige Aufgaben nennen und für jedes Land bzw. jede Stadt einzeln angeben)?

b) Inwiefern ist die Bundespolizei in die jeweilige Einsatzstrategie und -taktik eingeweiht worden, bzw. inwiefern hat sie diese mitgestaltet?

c) Wer hat die Einsätze geführt, von wem hat die Bundespolizei Weisungen erhalten, wie ist die Koordination des Einsatzes im Rahmen des Gesamteinsatzes jeweils sichergestellt worden, und wie sind die Einsätze in der Praxis durchgeführt worden?"

52

Antwort: "Im originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei wurde die Einsatzlage durch die einsatzführenden, regional zuständigen Bundespolizeidirektionen eigenverantwortlich geführt. Die Bundespolizeidirektionen Bad Bramstedt, Berlin und Stuttgart haben hierzu eigenständige Einsatzstäbe eingerichtet.

Die Bundespolizei hat in den Führungsstab der Polizei des Landes Mecklenburg-Vorpommern einen Polizeibeamten und in den Führungsstab der Polizei des Landes Berlin drei Polizeibeamte als Verbindungsbeamte entsandt. Zwischen der Polizeidirektion Heilbronn und der Bundespolizeidirektion Stuttgart wurden wechselseitig Verbindungsbeamte ausgetauscht.

Die Verbindungsbeamten stellen im Einsatz die Kommunikation zwischen den Führungsstäben der Polizeien des Landes und der Bundespolizei sicher. Der Austausch von Verbindungsbeamten zwischen benachbarten Polizeibehörden im Einsatz ist übliche Praxis und hat sich bewährt.

Die Zuständigkeit und Verantwortung für Polizeieinsätze in den Ländern obliegt den jeweiligen dort zuständigen Behörden."

53

Frage: "9. Inwieweit waren Beamte der Bundespolizei während der 'Revolutionären 1. Mai Demonstration' in Berlin im Einsatz?

a) Wer leitete diesen Einsatz?

b) Wie lautete der Auftrag der hier eingesetzten Bundespolizeibeamten?

c) Inwieweit kam es hier zu freiheitsentziehenden Maßnahmen durch Beamte der Bundespolizei?

d) Inwieweit setzten Beamte der Bundespolizei hier Pfefferspray ein?"

54

Antwort: "Die Bundespolizei hat am 1. Mai 2011 das Land Berlin mit insgesamt 982 Polizeibeamten unterstützt (am 30. April 2011 mit 852 Polizeibeamten). Die polizeiliche Einsatzlage im Zusammenhang mit der in Frage 9 aufgeführten Demonstration lag im Verantwortungsbereich und Zuständigkeit des Landes Berlin. Aussagen und Bewertungen zu diesem Einsatz obliegen den dort zuständigen Stellen.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 und 2 verwiesen."

55

Frage: "10. Inwieweit waren Beamte der Bundespolizei im Anschluss an die Berliner 'Revolutionäre 1. Mai Demonstration' in den Abend- und Nachtstunden am Kottbusser Tor im Einsatz?

a) Wie viele Bundespolizistinnen und Bundespolizisten waren an diesem Ort im Einsatz?

b) Wer leitete diesen Einsatz?

c) Wie lautete der Auftrag der hier eingesetzten Bundespolizeibeamten?

d) Inwieweit kam es hier zu freiheitsentziehenden Maßnahmen durch Beamte der Bundespolizei?

e) Inwieweit setzten Beamte der Bundespolizei hier Pfefferspray ein?

f) Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in den Abend- und Nachtstunden des 1. Mai 2011 am Kottbusser Tor eine polizeiliche Aufforderung, den Platz zu verlassen, und wenn ja, zu welcher Zeit?

g) Inwieweit bewertet die Bundesregierung den Polizeieinsatz und insbesondere den exzessiven Gebrauch von Pfefferspray in den Abend- und Nachtstunden des 1. Mai 2011 am Kottbusser Tor in Berlin als verhältnismäßig?"

56

Antwort: "Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen."

57

Frage: "11. Wie sah das Einsatzkonzept in Heilbronn aus, und wie bewertet die Bundesregierung dessen Umsetzung?"

58

Antwort: "Das Einsatzkonzept der Bundespolizei im originären Zuständigkeitsbereich sah die Bildung einer besonderen Aufbauorganisation vor. Ziel des Einsatzkonzeptes war es, die anreisenden Demonstrationsteilnehmer aus dem Hauptbahnhof Heilbronn in den Zuständigkeitsbereich der Landespolizei Baden-Württemberg zu begleiten und unbeteiligte Reisende sowie die Bahnanlagen zu schützen. Nach Kenntnis der Bundesregierung konnte die bundespolizeiliche Einsatzlage mit diesem Einsatzkonzept bewältigt werden.

Die Verantwortung für den Polizeieinsatz im Stadtgebiet Heilbronn lag bei der Polizei des Landes Baden-Württemberg. Insofern obliegen Aussagen hierzu den dort zuständigen Stellen."

59

Frage: "12. Wie bewertet die Bundesregierung die stundenlangen Einkesselungen mehrerer Hundert Menschen in Heilbronn, wobei die Betroffenen lange Zeit weder mit Wasser versorgt wurden noch Zugang zu Toiletten erhielten?"

60

Antwort: "Die Bundespolizei war an dem in der Frage beschriebenen Sachverhalt nicht beteiligt. Die Verantwortung für den Polizeieinsatz im Stadtgebiet Heilbronn lag bei der Polizei des Landes Baden-Württemberg. Insofern obliegen Aussagen hierzu den dort zuständigen Stellen.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen."

III.

61

Die Antragstellerin sieht sich dadurch in ihren Rechten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt, dass die Antragsgegnerin in ihren Antworten auf die oben wiedergegebenen Kleinen Anfragen die Auskunft über Unterstützungseinsätze der Bundespolizei nach § 11 BPolG teilweise zu Unrecht verweigert habe.

62

1. Die Kleine Anfrage bezüglich des Einsatzes der Bundespolizei am 19. Februar 2011 in Dresden habe darauf abgezielt, Aufklärung darüber zu erlangen, inwiefern und in welcher Weise Einheiten der Bundespolizei gegen Teilnehmer der Gegendemonstration vorgegangen waren. Die Antragsgegnerin habe mit ihrer Vorbemerkung, wonach zu polizeilichen Einsätzen im Verantwortungsbereich eines Landes nicht Stellung genommen werde, die Marschroute für die Einzelfragen vorgegeben. Diese seien bezüglich des Einsatzes der Bundespolizei nach § 11 BPolG nicht beantwortet worden.

63

Auch nach ausdrücklichem Hinweis auf das Fragerecht der Antragstellerin in der weiteren Kleinen Anfrage bezüglich des Einsatzes der Bundespolizei am 19. Februar 2011 in Dresdenhabe die Antragsgegnerin Antworten zum Unterstützungseinsatz der Bundespolizei verweigert.

64

Anlass der Kleinen Anfrage bezüglich des Einsatzes der Bundespolizei am 1. Mai 2011 in Berlin, Heilbronn und an anderen Ortensei "ein sehr hartes Vorgehen gerade von Bundespolizisten gegen Demonstranten bzw. Menschenansammlungen" auch "unter Einsatz von Pfefferspray und körperlicher Gewalt" gewesen, wodurch eine nicht unerhebliche Anzahl an Menschen verletzt worden sein solle. Im Rahmen des Einsatzes in Heilbronn, an dem offenbar Bundespolizisten beteiligt gewesen seien, solle es zu einem mehrstündigen Einkesseln von Demonstranten, zu körperlicher Gewalt und möglicherweise willkürlichen Festnahmen gekommen sein. Ziel der Kleinen Anfrage sei die Feststellung gewesen, welche Einsätze von der Bundespolizei vorgenommen worden seien und wie deren Angehörige dabei vorgegangen seien.

65

2. Die Antragstellerin hält ihren Antrag im Organstreitverfahren für zulässig. Auf Anfragen in den Landtagen müsse sie sich nicht verweisen lassen. In Baden-Württemberg existiere schon keine Fraktion der Linkspartei. Im Übrigen habe die Antragstellerin kein Durchgriffsrecht auf ihr politisch gleichgeordnete Landtagsfraktionen, welche die Kosten und Mühen für eine etwaige verfassungsgerichtliche Durchsetzung des Informationsanspruchs durchaus scheuen könnten. Kenntnisse der Antragsgegnerin, wie sie das Ziel der Fragen der Antragstellerin gewesen seien, könnten über die Landesregierungen ohnehin nicht erlangt werden.

66

3. Die Antragsgegnerin sei verpflichtet gewesen, Angaben zu den streitgegenständlichen Unterstützungseinsätzen zu machen.

67

a) Eine Antwortpflicht der Bundesregierung bestehe für alle Fragen zu Vorgängen aus ihrem Verantwortungsbereich. Dieser sei weiter als die Gegenstände der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes und umfasse alle Bereiche, in denen sich die Bundesregierung finanziell engagiere, sowie alles, worauf sie direkt oder indirekt Einfluss nehmen könne, etwa durch mögliche legislative Konsequenzen auf Bundesebene oder durch Maßnahmen der Bundesaufsicht. Im Zweifel sei der Verantwortungsbereich eröffnet.

68

Unterstützungseinsätze der Bundespolizei gehörten zum Verantwortungsbereich der Bundesregierung. Es gehe um die Tätigkeit einer der Antragsgegnerin nachgeordneten Behörde. Auch könne die Antragsgegnerin bei der Prüfung einer Anfrage gemäß § 11 Abs. 4 Satz 2 BPolG die Einsätze beeinflussen oder gar die Verwendung der Bundespolizei verweigern. Im Dresdener Fall sei die Bundespolizei nach den Angaben der Antragsgegnerin mit zwei Verbindungsbeamten im Führungsstab und mit einem Mitarbeiter im Vorbereitungsstab der Polizeidirektion Dresden vertreten gewesen, wodurch sie konkret Einfluss genommen habe, etwa bei der Abstimmung der Einsatzkonzepte und bei den fortwährenden Einsatzbesprechungen. Ohnehin verbleibe jedem Führer einer Einsatzhundertschaft innerhalb des Einsatzkonzepts ein gewisser Entscheidungsspielraum. Die Aktivität der Antragsgegnerin gehe über eine finanzielle Beteiligung hinaus, könne zu Grundrechtsbeeinträchtigungen von Bürgern führen und Amtshaftungsansprüche gegen den Bund auslösen. Gleichzeitig obliege der Antragsgegnerin eine Fürsorgepflicht für die am Einsatz beteiligten Bundespolizisten. Schließlich habe die Antragsgegnerin die Möglichkeit, legislative Konsequenzen aus einem Einsatz zu ziehen und etwa eine Änderung von § 11 BPolG zu initiieren.

69

Für den Verfassungsschutz habe das Bundesverfassungsgericht den Verantwortungsbereich schon wegen der Möglichkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Daten der Landesverfassungsschutzbehörden zu nutzen, sowie wegen der gegenseitigen Unterrichtung der Verfassungsschutzämter als betroffen angesehen (BVerfGE 124, 161 <196>). Die Antragsgegnerin sei verpflichtet, sich durch Befragung der eingesetzten Bundesbeamten oder durch Einsicht in deren verfasste Einsatzberichte Kenntnisse zu verschaffen.

70

b) Auch wenn man die Unterstützungseinsätze als Organleihe qualifizieren wollte, schlösse dies die Auskunftspflicht nicht aus. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehe unter bestimmten Voraussetzungen eine Untersuchungsbefugnis des Bundestages im Verhältnis zu den Ländern (BVerfGE 77, 1 <5>). Diese Voraussetzungen lägen hier vor: Die verfahrensgegenständlichen Einsätze hätten in zehn Ländern stattgefunden und eine Vielzahl von Menschen im gesamten Bundesgebiet betroffen; ein Gewalteinsatz gegen Demonstranten verstoße möglicherweise auch gegen Bundesrecht, etwa gegen Strafvorschriften wie § 340 StGB.

71

c) Fragen nach der Koordination zwischen Bundespolizei und Landespolizeien, nach der Erteilung von Weisungen an die Bundespolizei, nach dem Einsatzkonzept und nach der zwischen Bundespolizei und jeweiligem Land im Vorfeld abgestimmten und im Nachgang besprochenen Einsatzorganisation beträfen nicht erst die konkrete Durchführung eines Einsatzes. Auch Fragen zur Vertretung der Bundespolizei in Gremien und Stäben sowie nach ihrer Einweihung in die Einsatzstrategie und deren Mitgestaltung gingen über die bloße Einsatzdurchführung hinaus. Fragen nach der Ausrüstung der Bundespolizei berührten schon aus Fürsorgegründen Aufgaben der Antragsgegnerin.

72

d) Die anerkannten Grenzen des parlamentarischen Informationsrechts seien nicht einschlägig. Weder liege die Sachmaterie völlig und absolut außerhalb des Verantwortungsbereichs der Antragsgegnerin noch seien der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung hinsichtlich laufender Vorgänge betroffen oder die Funktionsfähigkeit der Regierung beeinträchtigt. Eine Geheimhaltungsbedürftigkeit sei nicht erkennbar, auch die Antragsgegnerin lege eine solche nicht begründet dar. Gegen einen Geheimhaltungsbedarf spreche zudem, dass die Einsätze in der Öffentlichkeit stattgefunden hätten.

73

Auch Fragen nach bestimmten Bewertungen durch die Regierung seien zu beantworten. Abgeordnete seien auf Kenntnisse über die politische Bewertung von Vorgängen durch die Regierung angewiesen, um der Bewertung gegebenenfalls, etwa durch Gesetzesinitiativen, entgegenwirken zu können. Öffentliche Debatten mit Argument und Gegenargument lebten nicht von Tatsacheninformationen allein, weswegen das Fragerecht auch die Erkundung von Bewertungen beinhalte. Dass sie sich zu den Vorgängen bislang keine Meinung gebildet habe, habe die Antragsgegnerin in ihren Antworten nicht geltend gemacht. Es sei auch wenig glaubhaft, dass im Bundesministerium des Innern keine Bewertung der Einsätze stattgefunden habe, welche als Grundlage für neue Entscheidungen über Unterstützungseinsätze der Bundespolizei dienen könne.

74

e) Die Antragsgegnerin habe die Rechte der Antragstellerin auch dadurch verletzt, dass sie ihre Antwortverweigerung nicht ausreichend begründet habe. Ein pauschaler Hinweis auf die Zuständigkeit des Landes könne die erforderliche einzelfallbezogene Argumentation nicht ersetzen. Die Begründungsanforderungen seien in Fällen, in denen die Bundesregierung ihren Verantwortungsbereich für nicht eröffnet halte, nicht auf bloße Plausibilisierungspflichten reduziert.

75

4. Zu den Fragen 3. c) und 4. in BTDrucks 17/5270 trägt die Antragstellerin vor, diese bezögen sich nicht auf den konkreten Ablauf des Einsatzes, sondern auf die Koordination zwischen Bundespolizei und Landespolizei, auf die erteilten Weisungen und das im Rahmen der Anforderung besprochene Einsatzkonzept. Die Frage 12. betreffe ebenfalls die Vorbereitung des Einsatzes, soweit die Antragsgegnerin vor ihrer Entscheidung über die Anforderung davon Kenntnis erhalten habe. Auch Frage 14. zur "Sonderkommission" betreffe die Einsatzorganisation und dabei das Verhältnis zwischen Bund und Land.

76

Hinsichtlich der Fragen in BTDrucks 17/5847 führt die Antragstellerin ergänzend aus, Fragen nach der Ausrüstung der Bundespolizeibeamten gehörten aus Gründen der Fürsorge zum Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin. Die Mitwirkung der Bundespolizei in Gremien und Stäben ziele ebenfalls auf die Zusammenarbeit von Bund und Ländern, insbesondere auf die Einflussnahme durch die Bundespolizei. Fragen nach dem Auftrag beträfen auch den Gesichtspunkt, ob das anfordernde Land gemäß § 11 Abs. 1 BPolG für den Auftrag nicht genügend eigene Kräfte gehabt habe, was bei der Entscheidung über die Anforderung habe geprüft werden müssen.

IV.

77

1. Die Antragsgegnerin verweist einleitend darauf, dass alle Fragen zum Einsatz der Bundespolizei im Bereich des Bahnschutzes beantwortet worden seien. Gleiches gelte für die Fragen zu Anzahl und Ausrüstung der den Ländern zur Verfügung gestellten Bundesbeamten. Lediglich Fragen zu den Einsatzmodalitäten habe sie aus Rechtsgründen nicht beantwortet. Alle relevanten Kenntnisse, auch solche aus gemeinsamen Einsatzvorbesprechungen, habe sie offengelegt.

78

2. Die Antragsgegnerin hält den Antrag für unzulässig. Die gerügten Maßnahmen oder Unterlassungen seien nicht hinreichend genau bezeichnet. Die Antragstellerin liste nicht im Einzelnen auf, welche Antworten auf welche Fragen konkret ihr Fragerecht verletzten, und setze sich nicht substantiiert mit den erteilten Antworten auf ihre Fragen auseinander. Auch fehle der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis, da sie anderweitig leichter an die begehrten Informationen gelangen könne. Über das Fragerecht der ihr politisch gleichgerichteten Fraktionen in allen betroffenen Landtagen könnten die Fragen direkt an die zuständigen Landesregierungen gerichtet werden.

79

3. Zumindest sei der Antrag unbegründet. Der Informationsanspruch des Bundestages umfasse wegen der Eigenstaatlichkeit der Länder allein den Verantwortungsbereich der Bundesregierung, während für Unterstützungseinsätze nach § 11 BPolG die jeweils anfordernde Landesregierung verantwortlich sei. Vorhandene Kenntnisse habe die Antragsgegnerin offengelegt. Zur Vornahme von Bewertungen sei sie nicht verpflichtet. Ihre Antwortverweigerung habe sie hinlänglich begründet.

80

a) Der parlamentarische Informationsanspruch reiche nur so weit wie die - mindestens mittelbare - Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin für einen Sachverhalt. Grenzen ergäben sich insbesondere aus der föderalen Struktur der Bundesrepublik. Wie bei einem Untersuchungsausschuss sei das Auskunftsrecht an die Grenzen der Informations- und Kontrollaufgaben des Parlaments gebunden. In den Wirkungsbereich der Länder dürfe der Bund nur insoweit eingreifen, als ihm nach dem Grundgesetz Aufsichts- und Kontrollrechte zukämen. Maßnahmen der Landesexekutive seien dementsprechend nicht Gegenstand der parlamentarischen Kontrolle auf Bundesebene.

81

b) Während die Antragsgegnerin die vorhandenen Kenntnisse mitgeteilt habe, habe sie sich zu Recht nicht darum bemüht, an weitere Kenntnisse über einen Polizeieinsatz zu gelangen, in dessen Rahmen die Bundespolizei in Organleihe für das anfordernde Land - also nach dessen Recht und auf dessen Weisung - tätig geworden sei. Im Wege der Organleihe nehme die Bundespolizei funktional Länderaufgaben wahr. Wissen, welches Beamte der Bundespolizei im Rahmen eines Unterstützungseinsatzes erwürben, sei Länderwissen und unterstehe nicht der Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin.

82

c) Die Fürsorgepflicht des Bundes für seine Beamten spiele lediglich im Rahmen der Entscheidung über eine Anforderung, bei der Wahl der Ausrüstung und bei auf Hinweis des Landes nachträglich geführten Disziplinarverfahren eine Rolle. § 11 Abs. 4 Satz 2 BPolG erweitere die Verantwortlichkeit des Bundes nicht auf die Durchführung des Einsatzes, sondern solle der Bundesregierung nur die Entscheidung über eine Anforderung ermöglichen. Keineswegs müsse bei einer Anforderung ein konkretes Einsatzkonzept mitgeteilt werden.

83

d) Diese Abgrenzung der Verantwortungsbereiche im föderalen System decke sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Untersuchungsausschuss "Neue Heimat" (BVerfGE 77, 1). Die dort genannten - bereits großzügigen - Kriterien für eine Verantwortlichkeit des Bundes, nämlich mögliche Verstöße gegen Bundesrecht, die Betroffenheit von Haushaltsmitteln des Bundes in beträchtlichem Umfang und von einer Vielzahl an Personen im gesamten Bundesgebiet, seien vorliegend nicht erfüllt. Sachspezifisches Bundesrecht sei nicht berührt, Haushaltsmittel des Bundes in beträchtlichem Umfang seien angesichts der Kostentragung durch die Länder nicht einzusetzen, und die Maßnahmen der Bundespolizei hätten - wenn man nicht unzulässigerweise unabhängige Einsätze gemeinsam betrachte - auch keine Vielzahl von Personen im gesamten Bundesgebiet betroffen.

84

Aus einer Berechtigung zu staatlicher Informationspolitik folge nicht zugleich eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Informationserteilung. Einen Fall legitimationsbedürftigen Verwaltungshandelns des Bundes stelle der Unterstützungseinsatz in Organleihe nicht dar, es handele sich vielmehr um ein rein exekutivisches Länderhandeln. Diesem könne die Antragsgegnerin von vornherein keine demokratische Legitimation verschaffen. An der ausschließlichen Verantwortung des anfordernden Landes ändere auch der erhöhte Grundrechtsbezug nichts. Wie § 11 Abs. 2 Satz 1 BPolG verdeutliche, habe allein das Land die Wahrung der Grundrechte sicherzustellen. Auch sei es allein etwaigen Amtshaftungsansprüchen ausgesetzt.

85

Die Möglichkeit legislativer Konsequenzen auf Bundesebene könne für sich genommen kein Informationsrecht begründen, da sonst das Informationsrecht grenzenlos würde. Art. 76 Abs. 1 GG sei kein tauglicher Anknüpfungspunkt, zumal die Norm auch für Verfassungsänderungen gelte. Für eine mögliche gesetzgeberische Änderung von § 11 BPolG bedürfe es zudem keiner Informationen über Einsätze vor Ort.

86

Der den Bundespolizisten im Einsatz verbleibende Spielraum sei nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BPolG stets nach dem für das Land geltenden Recht auszufüllen. Insoweit bestehe keine Verantwortung der Antragsgegnerin. Tatsachenkenntnisse der eingesetzten Bundespolizisten begründeten eine solche Verantwortung ebenso wenig, da die Beamten funktional Länderaufgaben wahrgenommen hätten. Aufgabe der "im Rahmen der bewährten Praxis" in Dresden eingesetzten Verbindungsbeamten der Bundespolizei sei lediglich der rasche Informationsaustausch gewesen. Relevante Einblicke in die Einsatzplanung des Landes hätten die Beamten nicht erhalten. Erlangte Kenntnisse seien übermittelt worden, so der Umstand, dass bei den Einsatzvorbesprechungen "eine Gefährdung des […] Hausprojekts nicht angesprochen worden" sei (Antwort auf Frage 7 in BTDrucks 17/5737, S. 5).

87

e) Eine Regelung, nach der der Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin im Zweifel weit auszulegen sei, möge für die Zuordnung von Einzelfällen zum Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin greifen, setzte aber dessen sachgerechte Bestimmung voraus.

88

f) Selbst innerhalb ihres Verantwortungsbereichs sei die Antragsgegnerin nicht zur Bewertung von Sachverhalten verpflichtet. Grund des parlamentarischen Fragerechts sei - wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts klar ergebe - die Informationsdominanz der Antragsgegnerin. Auch der Thüringer Verfassungsgerichtshof unterscheide zu Recht zwischen tatsachenbezogenen und "tendenziellen" Anfragen, die auf "meinungsmäßige Stellungnahme" bezogen seien. Bei letzteren bestehe nur die Pflicht, ein bereits existierendes Meinungsbild mitzuteilen, aber keine Pflicht zur Bildung einer Meinung. Hinsichtlich der Frage, ob sie in einen Prozess des Meinungsaustauschs eintreten wolle, verfüge die Regierung über einen Entscheidungsspielraum, in dessen Rahmen sie das öffentliche Interesse an der Meinungsbildung berücksichtigen müsse. Zur Debattenteilnahme gezwungen werden könne die Antragsgegnerin nicht.

89

Eine Pflicht zur Bewertung ergebe sich auch nicht aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung oder aus dem Gleichheitsgrundsatz. Insbesondere setze eine aus dem Aspekt der Dienstordnungsmäßigkeit von Verhaltensweisen von Bundesbeamten resultierende Pflicht zur Meinungsbildung voraus, dass diese in Erfüllung von Bundesaufgaben handelten. Dies sei hier nicht der Fall.

90

g) Ihren Begründungspflichten habe die Antragsgegnerin genügt. In dem hier vorliegenden Fall fehlender Verantwortlichkeit müsse die Nichtbeantwortung nicht vergleichbar ausführlich begründet werden wie etwa eine Antwortverweigerung aus Geheimhaltungsgründen. Die Begründungsanforderungen seien umso niedriger, je deutlicher die Unzuständigkeit der Bundesregierung sei.

91

4. Hinsichtlich der von der Antragstellerin gegebenen Erläuterungen zu einzelnen Fragen ist die Antragsgegnerin der Ansicht, diese stellten lediglich einen Versuch dar, im Wege der Interpretation neue Fragen zu formulieren, die nicht Gegenstand des Verfahrens seien. In Wahrheit seien die Fragen teils erkennbar auf die konkrete Einsatzdurchführung gerichtet, teils bereits beantwortet worden.

V.

92

Der Landtag von Rheinland-Pfalz hat zum Verfahren Stellung genommen. Er ist der Ansicht, dass soweit wie das fachliche Weisungsrecht eines Landes bezüglich eines Einsatzes reiche, keine Informationspflicht der Antragsgegnerin bestehe. Das gelte auch für die Beantwortung von Dreiecksfragen zur Bewertung eines Einsatzes. Fragen zur Organisation der Bundespolizei, zur Dienstaufsicht über die eingesetzten Bundesbeamten und zu faktischen Einflussnahmen der Bundespolizei auf den Einsatzverlauf seien dagegen zu beantworten. Auch könnten Unterstützungseinsätze mittelbarer Gegenstand des Fragerechts sein, wenn Bundesrecht - wie das Versammlungsgesetz des Bundes - angewendet werde, allerdings lediglich insoweit, wie die Ausübung oder Nichtausübung der Aufsichtsbefugnisse nach Art. 84 Abs. 3 Satz 1 GG betroffen sei. Ein uneingeschränktes Fragerecht bestehe hinsichtlich des Anforderungsverfahrens, also bezogen auf das Anforderungsgesuch, die der Entscheidung der Bundesregierung zugrunde liegenden Erwägungen und den Umfang der gewährten Unterstützung.

VI.

93

In der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2015 haben die Beteiligten ihren Vortrag vertieft und ergänzt. Als sachkundige Dritte gemäß § 27a BVerfGG hat das Bundesverfassungsgericht den Präsidenten der Deutschen Hochschule der Polizei sowie Einsatzleiter der Bereitschaftspolizeien der Länder Hessen, Niedersachsen und Sachsen und einen Einsatzleiter der Bundespolizei angehört.

B.

94

Der Antrag ist zulässig.

I.

95

1. Die Antragstellerin ist als Fraktion, die bei Antragstellung im 17. Deutschen Bundestag vertreten war und auch im derzeitigen 18. Deutschen Bundestag vertreten ist, nach § 63 BVerfGG in Organstreitigkeiten parteifähig (§ 13 Nr. 5, § 63 BVerfGG) und berechtigt, sowohl eigene Rechte als auch Rechte des Deutschen Bundestages im Wege der Prozessstandschaft geltend zu machen (vgl. BVerfGE 2, 143 <165>; 67, 100 <125>; 131, 152 <190>; stRspr). Dies ist Ausdruck der Kontrollfunktion des Parlaments und zugleich ein Instrument des Minderheitenschutzes (vgl. BVerfGE 45, 1 <29 f.>; 60, 319 <325 f.>; 68, 1 <77 f.>; 121, 135 <151>; 131, 152 <190>). Die Bundesregierung ist nach § 63 BVerfGG taugliche Antragsgegnerin.

96

2. Die Antragstellerin hat die Maßnahmen beziehungsweise Unterlassungen im Sinne von § 64 Abs. 1 BVerfGG hinreichend konkret bezeichnet, durch die die Antragsgegnerin sie und den Deutschen Bundestag in ihrem Frage- und Informationsrecht verletzt haben soll. Bei der Bestimmung des prozessualen Begehrens ist das Bundesverfassungsgericht nicht an die wörtliche Fassung des Antrages gebunden, insbesondere kann es bei dessen Auslegung die Antragsbegründung berücksichtigen (vgl. BVerfGE 1, 14 <39>; 68, 1 <68>; 103, 242 <257>). Die Antragstellerin hat in der Antragsbegründung die Fragen und Antworten im Wortlaut aufgeführt und das gerügte Antwortverhalten spezifiziert. Angegriffen wird danach die teilweise Nichtbeantwortung der Fragen zu Unterstützungseinsätzen der Bundespolizei nach § 11 BPolG unter Verweis auf die Verantwortlichkeit des jeweiligen Landes. Der Gegenstand des Organstreitverfahrens wird damit hinreichend deutlich. Die Antragstellerin hat zudem gemäß § 64 Abs. 2 BVerfGG die Bestimmungen des Grundgesetzes bezeichnet, gegen die die beanstandeten Maßnahmen ihrer Ansicht nach verstoßen.

97

3. Der - fristgerecht eingereichte - Antrag bezieht sich auf taugliche Antragsgegenstände. Nach § 64 Abs. 1 BVerfGG kann Antragsgegenstand im Organstreitverfahren sowohl eine Maßnahme als auch ein Unterlassen sein. Es kommt somit nicht darauf an, ob es sich bei den gerügten Antworten der Antragsgegnerin jeweils um eine Maßnahme in Form der Verweigerung einer hinreichenden Antwort oder um ein Unterlassen in Form einer pflichtwidrigen Nichtbeantwortung oder einer nicht hinreichenden Beantwortung der jeweiligen Anfrage handelt. Die teilweise Verweigerung von Antworten auf Fragen der Antragstellerin kann die Antragstellerin und den Deutschen Bundestag in ihrem aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG abzuleitenden Auskunftsrecht ebenso verletzen wie die Nichtbeantwortung oder die nicht hinreichende Beantwortung der Anfragen. Somit sind die Maßnahmen oder Unterlassungen auch rechtserheblich (vgl. BVerfGE 96, 264 <277>; 103, 81 <86>; 104, 310 <324>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 106).

II.

98

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Ein die Antragstellerin und den Deutschen Bundestag einerseits und die Antragsgegnerin andererseits umschließendes Verfassungsrechtsverhältnis (vgl. etwa BVerfGE 1, 208 <221>; 84, 290 <297>; 124, 161 <185>) liegt vor. Die Antragstellerin beanstandet Antworten der Antragsgegnerin auf an diese gerichtete parlamentarische Anfragen. Der Organstreit betrifft damit die Reichweite des verfassungsrechtlich verankerten, in der Geschäftsordnung des Bundestags näher ausgestalteten Fragerechts sowie die grundsätzliche Verpflichtung der Bundesregierung, auf Fragen im Parlament Rede und Antwort zu stehen (vgl. BVerfGE 124, 161 <185>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 108). Das betreffende Recht auf Information stellt sowohl ein eigenes Recht der Fraktionen aus dem innerparlamentarischen Raum (vgl. BVerfGE 91, 246 <250 f.>; 100, 266 <270>) dar, das der Bundesregierung gegenüber geltend gemacht werden kann (vgl. BVerfGE 124, 161 <187>), als auch ein Recht des Deutschen Bundestages aus Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG, auf welches die Antragstellerin sich im Wege der Prozessstandschaft berufen kann (vgl. BVerfGE 124, 161 <187>).

99

Es kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass das beanstandete Verhalten der Antragsgegnerin Rechte des Bundestages und eigene Rechte der Antragstellerin, die aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten erwachsen, verletzt (vgl. BVerfGE 94, 351 <362 f.>; 112, 363 <365>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 108). Vielmehr erscheint es möglich, dass die Antragsgegnerin durch ihre Antworten einen Informationsanspruch der Antragstellerin und des Deutschen Bundestages aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG in unzulässiger Weise verkürzt hat. Die Antragstellerin hat hinreichend dargelegt, dass sie und der Deutsche Bundestag durch das angegriffene Verhalten der Antragsgegnerin in Rechten verletzt sein können, die ihnen durch das Grundgesetz übertragen worden sind.Sie macht die Möglichkeit einer Verletzung des parlamentarischen Fragerechts durch konkrete Antworten der Antragsgegnerin geltend. Aus der Antragsbegründung geht hervor, dass sie die Antworten auf die darin hervorgehobenen Fragen jeweils nur hinsichtlich der Unterstützungseinsätze der Bundespolizei, nicht aber hinsichtlich deren originärer Aufgabenerfüllung rügt. Bezüglich der Unterstützungseinsätze wurden Fragen teilweise nicht beantwortet, ohne dass offensichtlich wäre, dass ein Auskunftsrecht der Antragstellerin und des Deutschen Bundestages nicht bestanden hätte.

III.

100

1. Dem Begehren der Antragstellerin fehlt nicht deswegen das Rechtsschutzbedürfnis, weil sie im Wege der Kooperation mit ihr politisch gleichgerichteten Fraktionen der Landesparlamente leichter an die begehrten Informationen gelangen könnte. Ungeachtet der Frage, ob die Antragstellerin tatsächlich über geeignete Beziehungen zu Fraktionen in allen einschlägigen Landesparlamenten verfügt, muss sie sich auf diese Alternative nicht verweisen lassen. Denn sie stellt schon deshalb keinen gleichwertigen verfassungsrechtlichen Weg zur Verfolgung ihres Prozessziels dar, weil Informationen über Kenntnisse und Bewertungen gerade der Antragsgegnerin auf diese Weise nicht zu erlangen sind.

101

2. Der zwischenzeitliche Ablauf der Legislaturperiode lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Die Antragstellerin ist weiterhin als Fraktion im Deutschen Bundestag vertreten und die begehrte Entscheidung bezieht sich nicht auf eine Fallgestaltung, die maßgeblich durch die besonderen und deshalb nicht wiederholbaren Verhältnisse der abgelaufenen Wahlperiode geprägt wird.

C.

102

Der Antrag ist teilweise begründet.

I.

103

1. Aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG folgt ein Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung, an dem die einzelnen Abgeordneten und die Fraktionen als Zusammenschlüsse von Abgeordneten nach Maßgabe der Ausgestaltung in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages teilhaben und dem grundsätzlich eine Antwortpflicht der Bundesregierung korrespondiert (vgl. BVerfGE 124, 161 <188>; stRspr). Aus dem Frage- und Interpellationsrecht des Parlaments folgt für die Mitglieder der Bundesregierung die verfassungsrechtliche Verpflichtung, auf Fragen Rede und Antwort zu stehen. Die Antworten der Bundesregierung auf schriftliche Anfragen und auf Fragen in der Fragestunde des Deutschen Bundestages sollen dazu dienen, dem Bundestag und den einzelnen Abgeordneten die für ihre Tätigkeit nötigen Informationen auf rasche und zuverlässige Weise zu verschaffen. Die Bundesregierung schafft so mit ihren Antworten auf parlamentarische Anfragen die Voraussetzungen für eine sachgerechte Arbeit innerhalb des Parlaments (vgl. zum Ganzen BVerfGE 13, 123 <125>; 57, 1 <5>; 105, 252 <270>; 105, 279 <306>; 124, 161 <187 ff.>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 130).

104

Das parlamentarische Regierungssystem wird auch durch die Kontrollfunktion des Parlaments geprägt. Die parlamentarische Kontrolle von Regierung und Verwaltung verwirklicht den Grundsatz der Gewaltenteilung, der für das Grundgesetz ein tragendes Funktions- und Organisationsprinzip darstellt. Der Gewaltenteilungsgrundsatz zielt dabei nicht auf eine vollständige Trennung der Funktionen der Staatsgewalt, sondern auf die politische Machtverteilung, das Ineinandergreifen der drei Gewalten und die daraus resultierende gegenseitige Kontrolle und Begrenzung mit der Folge der Mäßigung der Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 3, 225 <247>; 7, 183 <188>; 9, 268 <279>; 22, 106 <111>; 34, 52 <59>; 95, 1 <15>). Er gebietet gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung, zumal wegen mangelnder Eingriffsmöglichkeiten des Parlaments in den der Exekutive zukommenden Bereich unmittelbarer Handlungsinitiative und Gesetzesanwendung, eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass parlamentarische Kontrolle auch tatsächlich wirksam werden kann. Ohne Beteiligung am Wissen der Regierung kann das Parlament sein Kontrollrecht gegenüber der Regierung nicht ausüben. Daher kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse besonders hohes Gewicht zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb von Regierung und Verwaltung geht (vgl. BVerfGE 67, 100 <130>; 110, 199 <219, 222>; 124, 78 <121>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 131).

105

Die Kontrollfunktion ist zugleich Ausdruck der aus dem Demokratieprinzip folgenden Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG gestaltet den Grundsatz der Volkssouveränität aus. Er legt fest, dass das Volk die Staatsgewalt, deren Träger es ist, außer durch Wahlen und Abstimmungen durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausübt. Das setzt voraus, dass das Volk einen effektiven Einfluss auf die Ausübung der Staatsgewalt durch diese Organe hat. Deren Akte müssen sich auf den Willen des Volkes zurückführen lassen und ihm gegenüber verantwortet werden (vgl. BVerfGE 83, 60 <72>; 93, 37 <66>; 130, 76 <123>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 132).

106

Dieser Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft wird außer durch die Wahl des Parlaments, die vom Parlament beschlossenen Gesetze als Maßstab der vollziehenden Gewalt und die grundsätzliche Weisungsgebundenheit der Verwaltung gegenüber der Regierung auch durch den parlamentarischen Einfluss auf die Politik der Regierung hergestellt. Das "Ausgehen der Staatsgewalt" vom Volk muss für das Volk wie auch für die Staatsorgane jeweils konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein. Es muss ein hinreichender Gehalt an demokratischer Legitimation erreicht werden, ein bestimmtes Legitimationsniveau (vgl. BVerfGE 83, 60 <72>; 93, 37 <67>; 107, 59 <87>; 130, 76 <124>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 132). Nur das vom Volk gewählte Parlament kann den Organ- und Funktionsträgern der Verwaltung auf allen ihren Ebenen demokratische Legitimation vermitteln. Im Fall der nicht durch unmittelbare Volkswahl legitimierten Amtswalter und Organe setzt die demokratische Legitimation der Ausübung von Staatsgewalt regelmäßig voraus, dass sich die Bestellung der Amtsträger auf das Staatsvolk zurückführen lässt und ihr Handeln eine ausreichende sachlich-inhaltliche Legitimation erfährt. In personeller Hinsicht ist eine hoheitliche Entscheidung demokratisch legitimiert, wenn sich die Bestellung desjenigen, der sie trifft, durch eine ununterbrochene Legitimationskette auf das Staatsvolk zurückführen lässt. Die sachlich-inhaltliche Legitimation wird durch Gesetzesbindung und Bindung an Aufträge und Weisungen der Regierung vermittelt. Letztere entfaltet Legitimationswirkung aufgrund der Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung (BVerfGE 93, 37 <67 f.>; 107, 59 <87 f.>; 130, 76 <124>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 132). Hieraus folgt, dass sich der Informationsanspruch des Bundestages und der einzelnen Abgeordneten von vornherein nicht auf Angelegenheiten beziehen kann, die nicht in die Zuständigkeit der Bundesregierung fallen, da es insoweit an einer Verantwortlichkeit der Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag fehlt (vgl. BVerfGE 124, 161 <189, 196>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 135).

107

2. Im föderal verfassten Staat des Grundgesetzes kann demokratische Legitimation grundsätzlich nur durch das Bundes- oder Landesvolk für seinen jeweiligen Bereich vermittelt werden (BVerfGE 119, 331 <366>). Staatliche Aufgaben müssen daher durch Organe und Amtswalter unter Bedingungen wahrgenommen werden, die eine klare Verantwortungszuordnung ermöglichen. Der Bürger muss wissen können, wen er wofür verantwortlich machen kann (BVerfGE 119, 331 <366>). Die Kompetenzaufteilung nach Art. 30 und Art. 83 ff. GG ist somit zum einen wichtige Ausformung des bundesstaatlichen Prinzips im Grundgesetz, die dazu dient, die Länder vor einem Eindringen des Bundes in den ihnen vorbehaltenen Bereich der Verwaltung zu schützen. Zum anderen wird durch die organisatorische und funktionelle Trennung der Verwaltung des Bundes und der Verwaltung der Länder im Sinne von in sich geschlossenen Einheiten (vgl. hierzu BVerfGE 108, 169 <181 f.>; 119, 331 <364>) die Zuordnung von Verantwortung ermöglicht, die Voraussetzung für eine effektive parlamentarische Kontrolle durch den Deutschen Bundestag und die Volksvertretungen der Länder ist und über die staatliches Handeln auf das Volk als Souverän des Bundes und des jeweiligen Landes rückgeführt werden kann (BVerfG, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 2 BvR 1641/11 -, juris, Rn. 81).

108

Die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern sind in den Art. 83 ff. GG erschöpfend geregelt und grundsätzlich nicht abdingbares Recht (vgl. BVerfGE 32, 145 <156>; 41, 291 <311>; 63, 1 <39>; 119, 331 <364>). Es gilt der allgemeine Verfassungssatz, dass weder der Bund noch die Länder über ihre im Grundgesetz festgelegten Kompetenzen verfügen können (vgl. BVerfGE 4, 115 <139>); Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern sind selbst mit Zustimmung der Beteiligten nicht zulässig (vgl. BVerfGE 32, 145 <156>). Aus dem Normgefüge der Art. 83 ff. GG folgt, dass Mitplanungs-, Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse gleich welcher Art im Aufgabenbereich der Länder, wenn die Verfassung dem Bund entsprechende Sachkompetenzen nicht übertragen hat, durch das Grundgesetz ausgeschlossen sind (vgl. BVerfGE 32, 145 <156>; 108, 169 <182>; 119, 331 <365>). Das Grundgesetz schließt, von begrenzten Ausnahmen abgesehen, auch eine sogenannte Mischverwaltung aus (vgl. BVerfGE 63, 1 <38 ff.>; 108, 169 <182>; 119, 331 <365>; BVerfG, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 2 BvR 1641/11 -, juris, Rn. 80 ff.).

109

3. Vor diesem Hintergrund ist der Einsatz von Kräften der Bundespolizei zur Wahrnehmung von Aufgaben eines Landes nur aufgrund ausdrücklicher verfassungsrechtlicher Ermächtigung zulässig, wie sie das Grundgesetz in Art. 35 Abs. 2 Satz 1 für Fälle von besonderer Bedeutung unter engen Voraussetzungen vorsieht. Ein darüber hinausgehender regelmäßiger Einsatz von Kräften der Bundespolizei zur Wahrnehmung von Aufgaben der Länder wäre ebenso wenig zulässig wie der Ausbau der mit begrenzten Aufgaben betrauten Bundespolizei zu einer allgemeinen, mit der Polizei der Länder konkurrierenden Polizei des Bundes (vgl. BVerfGE 97, 198 <217 f.>). Zudem hat der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Verwaltungszuständigkeiten die rechtsstaatlichen Grundsätze der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit zu beachten, um die Länder vor einem Eindringen des Bundes in den ihnen vorbehaltenen Bereich der Verwaltung zu schützen und eine Aushöhlung des Grundsatzes des Art. 30 GG zu verhindern (vgl. BVerfGE 108, 169 <181 f.>; 119, 331 <366>). Die einfachrechtlichen Regelungen über die Zuständigkeiten bei Unterstützungseinsätzen der Bundespolizei für die Länder sind daher so auszugestalten, dass sie eine klare und widerspruchsfreie Zuordnung der Kompetenzen und der Verantwortung des Bundes und des jeweiligen Landes ermöglichen.

II.

110

1. Das Frage- und Auskunftsrecht des Deutschen Bundestages, seiner Abgeordneten und Fraktionen gegenüber der Bundesregierung kann sich hinsichtlich der Unterstützungseinsätze nach Art. 35 Abs. 2 Satz 1 GG danach nur auf Umstände beziehen, die nach der im Grundgesetz angelegten und im Gesetz über die Bundespolizei näher geregelten Verteilung der Zuständigkeiten in den Verantwortungsbereich des Bundes fallen.

111

a) Die Bundesregierung hat daher zunächst auf parlamentarische Fragen zu der Entscheidung über das Ersuchen eines Landes um Unterstützung durch die Bundespolizei zu antworten. Dies gilt unabhängig davon, ob die Entscheidung wie üblich durch das Bundespolizeipräsidium getroffen wurde oder durch das Bundesministerium des Innern aufgrund seines Entscheidungsvorbehalts gemäß Ziffer 2 der Verwaltungsvorschrift "Einsätze der Bundespolizei zur Unterstützung der Länder - Übertragung der Entscheidungsbefugnis in bestimmten Fällen auf das Bundespolizeipräsidium" vom 22. Februar 2008 (GMBl 2008, S. 267). Dabei sind gegebenenfalls auch Tatsachen mitzuteilen, die zwar aus dem Bereich des anfragenden Landes stammen, aber die Grundlage für die Entscheidung über das Ersuchen bildeten, also etwa die in der Anforderung angegebenen wesentlichen Merkmale des Einsatzauftrages (vgl. § 11 Abs. 4 Satz 2 BPolG), der Umfang der angefragten Kräfte oder spezielle Anforderungen an die Art der zu entsendenden Unterstützungskräfte oder deren Ausrüstung.

112

b) Weiter sind Fragen zu beantworten, die sich auf Begleitumstände eines Unterstützungseinsatzes beziehen, für die eine Behörde des Bundes aufgrund ihrer Eigenschaft als Dienstherr der eingesetzten Beamten die Verantwortung trägt. Dies ist etwa der Fall bei Fragen zur Ausbildung und Ausrüstung der eingesetzten Bundespolizistinnen und -polizisten oder zu Disziplinarverfahren, die nach einem Unterstützungseinsatz gegen einzelne Beamte aufgrund ihres Verhaltens während des Einsatzes eingeleitet wurden. Mitzuteilen wären dabei auch etwaige, dem Dienstherrn bekannt gewordene Strafverfahren, die die Justizbehörden der Länder aufgrund eines solchen Verhaltens gegen Bundesbeamte eingeleitet haben (zu den diesbezüglichen Mitteilungspflichten siehe Nr. 15 der "Anordnung über die Mitteilungen in Strafsachen" in der Fassung vom 19. Mai 2008, BAnz Nr. 126a vom 21. August 2008).

113

c) Entsprechendes gilt für sonstige Aspekte des Unterstützungseinsatzes, die in den Verantwortungsbereich des Bundes fallen, wie etwa Fragen zu den einsatzbedingten Mehrkosten. Auch wenn diese letztlich nach § 11 Abs. 4 Satz 3 BPolG vom Land zu tragen sind, ist die Berechnung der Kosten, die der Bund von dem unterstützten Land erstattet verlangt, ein Vorgang, der in die alleinige Zuständigkeit und Verantwortung des Bundes fällt.

114

d) Die Bundesregierung ist hingegen grundsätzlich nicht verpflichtet, sich zu dem Konzept des in die Verantwortung der Landespolizei fallenden Gesamteinsatzes sowie zu dessen Vorbereitung, Planung und Durchführung zu äußern. Die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch polizeiliche Maßnahmen abzuwehren, liegt nach Art. 30, 70, 83 GG in der Zuständigkeit und Verantwortung der Länder (vgl. BVerfGE 97, 198 <214 ff.>). Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass im Fall des Art. 35 Abs. 2 Satz 1 GG schon nach dem Wortlaut der Norm die Bundespolizei das jeweilige Land bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Aufgabe unterstützt. Dadurch, dass der Bund dem Land Einheiten seiner Bereitschaftspolizei zur Verfügung stellt, übernimmt er weder faktisch noch rechtlich die Verantwortung für die Leitung des Gesamteinsatzes. Auf die Frage, ob die Unterstützungsleistung rechtlich als Organleihe oder als Amtshilfe zu qualifizieren ist, kommt es für die Bestimmung der Zuständigkeiten, der Verantwortlichkeiten und der demokratischen Legitimation des Handelns der am Einsatz beteiligten Beamten des Bundes nicht an (zum Meinungsstreit vgl. Peilert, in: Heesen/Hönle/ders./Martens, Bundespolizeigesetz, 5. Aufl. 2012, § 11 Rn. 4 ff.).

115

Nach § 11 Abs. 2 BPolG richtet sich die Unterstützung eines Landes durch die Bundespolizei in den hier relevanten Fällen nach dem für das Land geltenden Recht; die Bundespolizei unterliegt dabei den fachlichen Weisungen des Landes. Hieraus folgt, dass das Land für das auf Weisung seiner Beamten erfolgende Handeln der Beamten der Bundespolizei die Verantwortung trägt. Da sich die Landesregierung für dieses Handeln gegebenenfalls gegenüber der Volksvertretung des jeweiligen Landes rechtfertigen muss, entsteht auch keine Lücke im Bereich der demokratischen Legitimation und der parlamentarischen Kontrolle staatlichen Handelns. Dass die Partei DIE LINKE nicht in allen Landesparlamenten durch Fraktionen vertreten ist und eine Bundestagsfraktion vorhandene Fraktionen in den Landesparlamenten nicht zwingen kann, ein bestimmtes Verhalten von Beamten der Bundespolizei bei Unterstützungseinsätzen für Länder durch parlamentarische Anfragen gegenüber der jeweiligen Landesregierung zu überprüfen, stellt keine Legitimations- oder Kontrolllücke dar, sondern ist Folge des föderalen Staatsaufbaus. Dem staatlichen Handeln wird in diesen Fällen demokratische Legitimation durch die Verantwortlichkeit der Landesregierung gegenüber der Volksvertretung des Landes verliehen. Auf deren konkrete Zusammensetzung kommt es dabei nicht an. Ebenso wenig ist für das Maß demokratischer Legitimation relevant, ob die in den Landesparlamenten vertretenen Fraktionen und Abgeordneten das staatliche Handeln zum Gegenstand parlamentarischer Anfragen machen oder nicht. Die Legitimation wird dem Handeln durch die Möglichkeit der parlamentarischen Kontrolle verliehen, nicht durch ihre tatsächliche Ausübung.

116

Der Bund trägt allerdings - ungeachtet der Weisungsbefugnis des Landes - die dienstrechtliche Verantwortung für etwaiges rechtswidriges Verhalten seiner eingesetzten Beamten, denn diese sind gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden. Parlamentarische Anfragen zu rechtswidrigem, disziplinarrechtlich relevantem Verhalten einzelner Bundespolizisten im Rahmen von Unterstützungseinsätzen sind daher zu beantworten. Die Fragen müssen aber hinreichend klar erkennen lassen, dass und aufgrund welcher Tatsachen der begründete Verdacht eines rechtswidrigen Verhaltens von Bundespolizisten besteht. In einem solchen Fall ist die Bundesregierung zur Mitteilung verpflichtet, welche Weisungslage bestand, ob sich die betreffenden Beamten der Bundespolizei an diese Weisungen gehalten haben und, für den Fall der Abweichung, welche Gründe für eine solche vorlagen sowie welche Konsequenzen nach Beendigung des Einsatzes gezogen wurden. Nur diese Angaben ermöglichen die Aufdeckung etwaiger Dienstpflichtverletzungen, bei denen dem parlamentarischen Informationsinteresse besonders hohes Gewicht zukommt (vgl. BVerfGE 67, 100 <130>; 110, 199 <219, 222>; 124, 78 <123>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 131).

117

e) Die Bundesregierung ist nicht verpflichtet, sich zu Vorgängen aus dem Verantwortungsbereich eines Landes eine Meinung zu bilden und diese auf eine parlamentarische Anfrage hin mitzuteilen. Hat allerdings innerhalb der Bundesregierung eine derartige Meinungsbildung tatsächlich stattgefunden, so ist deren Ergebnis auf Verlangen offenzulegen. Dies gilt auch für die Bewertung eines Einsatzes durch das Bundesministerium des Innern oder das ihm nachgeordnete Bundespolizeipräsidium.

118

Die Verantwortlichkeit der Bundesregierung gegenüber dem Parlament besteht auch dann, wenn Abgeordnete und Fraktionen Fragen zu Vorgängen an die Bundesregierung richten, die in die Zuständigkeit eines Ressorts fallen und durch dieses ohne Befassung des Kabinetts abschließend behandelt werden. Die Bundesregierung darf in diesem Fall eine Antwort nicht durch Verweis auf das Ressortprinzip verweigern (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 213). Bereitet ein Ressort hingegen durch eine interne Stellungnahme die Meinungsbildung im Kabinett lediglich vor und ist diese noch nicht abgeschlossen, so darf die Bundesregierung unter Umständen mit entsprechender Begründung die Antwort auf die Anfrage unter Berufung auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung als Ausprägung des Gewaltenteilungsgrundsatzes verweigern (zu den Voraussetzungen siehe BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 136 ff.).

119

Nehmen der Bund und das den Einsatz leitende Land oder die an dem Einsatz beteiligten Länder eine gemeinsame Auswertung des Einsatzes vor, so ist diese - etwa in Form eines gemeinsamen Abschlussberichts - auf Anfrage zu übermitteln, wenn nicht Geheimhaltungsgründe vorliegen. Nehmen Beamte des Bundes hingegen lediglich an einem durch das Land eingerichteten Gremium teil, das eine solche Aus- und Bewertung für das Land in dessen alleiniger Federführung vornimmt, so ist der Verantwortungsbereich der Bundesregierung und der ihr nachgeordneten Verwaltung des Bundes nicht betroffen und es besteht keine Antwortpflicht.

120

2. Aus der verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages grundsätzlich zu erfüllen, folgt, dass sie im Falle einer Weigerung der Auskunfterteilung die Gründe darlegen muss, aus denen sie die erbetenen Auskünfte verweigert. Denn der Bundestag kann seine Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle des Regierungshandelns nur dann effektiv wahrnehmen, wenn er anhand einer der jeweiligen Problemlage angemessen ausführlichen Begründung beurteilen und entscheiden kann, ob er die Verweigerung der Antwort akzeptiert oder welche weiteren Schritte er unternimmt, sein Auskunftsverlangen ganz oder zumindest teilweise durchzusetzen. Hierzu muss er Abwägungen betroffener Belange, die zur Versagung von Auskünften geführt haben, auf ihre Plausibilität und Nachvollziehbarkeit überprüfen können. Eine Begründung der Antwortverweigerung ist daher nur dann entbehrlich, wenn die Geheimhaltungsbedürftigkeit evident ist (vgl. zum Ganzen BVerfGE 124, 161 <193>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 157).

121

Verweigert die Bundesregierung die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage zu einem Unterstützungseinsatz der Bundespolizei für die Polizei eines Landes aufgrund fehlender eigener Verantwortlichkeit, so genügt zur Begründung der Verweis auf die Zuständigkeit des Landes. Diese Angabe versetzt den Fragesteller in die Lage, für die jeweilige Frage zu prüfen, ob die Umstände in den Verantwortlichkeitsbereich des Landes oder des Bundes fallen.

122

Einer ausführlicheren Begründung bedarf es, wenn die Bundesregierung Auskünfte zu Umständen aus ihrem Verantwortungsbereich verweigern will, etwa weil es sich um einen Vorgang aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung handelt oder weil in seltenen Ausnahmefällen Gründe des Staatswohls der Auskunfterteilung entgegenstehen (vgl. zu diesen Antwortverweigerungsgründen BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 134 ff.). In diesen Fällen bedarf der Fragesteller näherer Angaben, um die Abwägung zwischen dem parlamentarischen Informationsrecht einerseits und den betroffenen Belangen, die zur Versagung der Auskünfte geführt haben, andererseits auf ihre Plausibilität hin überprüfen zu können.

III.

123

Nach diesen Maßstäben hat die Antragsgegnerin mit den Antworten auf die streitgegenständlichen Kleinen Anfragen der Antragstellerin deren Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG teilweise verletzt.

124

1. Die Antworten der Antragsgegnerin vom 23. März 2011 (BTDrucks 17/5270 vom 25. März 2011) auf die Kleine Anfrage der Antragstellerin vom 1. März 2011 (BTDrucks 17/4992 vom 4. März 2011) sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die den Antworten auf die einzelnen Fragen der Antragstellerin zu Grunde liegende Vorbemerkung der Antragsgegnerin (BTDrucks 17/5270, S. 2), wonach polizeiliche Einsatzlagen im Zusammenhang mit Demonstrationen und Versammlungen in die Zuständigkeit der Länder fallen, lässt erkennen, dass sie sich bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage verpflichtet sah, auf Fragen zu Vorgängen aus ihrem eigenen Verantwortungsbereich, aber auch nur auf diese, zu antworten. In ihren jeweiligen Antworten hat die Bundesregierung die Verantwortungsbereiche des Bundes und des jeweiligen Landes, hier des Freistaates Sachsen, zutreffend abgegrenzt.

125

a) Die mit der Frage 3. c) angesprochene Koordination des Einsatzes der Unterstützungskräfte der Bundespolizei und die diesen erteilten Weisungen fallen grundsätzlich in den Verantwortungsbereich der Polizei des unterstützten Landes, soweit nicht der originäre Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei betroffen war. Dadurch, dass die Antragsgegnerin in ihrer Antwort lediglich Angaben zu dem Einsatz der Bundespolizei in deren originärem Zuständigkeitsbereich machte, hat sie daher keine Rechte der Antragstellerin verletzt. Angesichts der Vorbemerkung zur Verantwortlichkeit des Landes für derartige polizeiliche Einsätze bedurfte es auch keiner weiteren Begründung der Antwortverweigerung.

126

Eine Antwortpflicht der Bundesregierung wurde auch nicht dadurch begründet, dass die Antragstellerin in ihrer Vorbemerkung zu der Kleinen Anfrage ausgeführt hat, es sei zu gewaltsamem und eskalierendem Vorgehen der Polizei gekommen, insbesondere zu massivem und ohne Vorwarnung erfolgtem Einsatz von Pfefferspray beziehungsweise Pepperball sowie von Wasserwerfern; einen besonders eklatanten Fall von Polizeigewalt stelle der anlasslose Angriff eines Wasserwerfers auf eine Menschenmenge dar, die sich friedlich über eine Kreuzung bewegt habe (BTDrucks 17/4992, S. 1). Soweit der Einsatz von Pepperball-Systemen gerügt wird, ergibt sich aus der Antwort der Antragsgegnerin auf Frage 6. c), dass die Bundespolizei über solche Systeme nicht verfügt. Im Übrigen ist nicht hinreichend klar erkennbar, dass sich der Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens konkret gegen Beamte der Bundespolizei richtet und nicht gegen Beamte der Polizei des Freistaates Sachsen oder anderer, am Einsatz mit Unterstützungskräften beteiligter Länder. Eine solche Zuordnung im Rahmen der Fragestellung wäre aber erforderlich gewesen, da nur hierdurch ein Bezug zum Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin hergestellt wird. Der Senat verkennt nicht, dass es für die Fragesteller im Einzelfall schwierig sein kann, festzustellen, ob ein aus ihrer Sicht beanstandungswürdiges Verhalten von Beamten der Bundespolizei ausging oder von Beamten eines einsatzbeteiligten Landes. Diese Schwierigkeiten können aber nicht dazu führen, dass in Zweifelsfällen die Bundesregierung verpflichtet wäre, zu ermitteln und in ihrer Antwort darzulegen, ob eine Maßnahme in den Verantwortungsbereich der Bundespolizei fällt oder nicht. Mit einer derart weit gefassten Antwortpflicht würde der Grundsatz, dass sich die Bundesregierung nur zu Umständen aus dem eigenen Verantwortungsbereich äußern muss, im Ergebnis aufgehoben.

127

b) Auch für das Einsatzkonzept, auf das Frage 4. abzielt, trägt die Polizei des Freistaates Sachsen die Verantwortung. Soweit nach einer Bewertung der Umsetzung des Konzeptes durch die Bundesregierung gefragt wurde, muss die Antwort der Antragsgegnerin so verstanden werden, dass eine Meinungsbildung hierzu zum Zeitpunkt der Fragestellung nicht stattgefunden hatte. Eine Verpflichtung, sich eine solche Meinung zu bilden, traf die Antragsgegnerin nicht.

128

c) Entsprechendes gilt für die Fragen 5., 6., 6. a) und b) sowie 7. Die Weisungsbefugnis und damit auch die Verantwortung für den etwaigen Einsatz von Pfefferspray und Wasserwerfern lagen bei der Einsatzleitung des Landes. Konkrete Anhaltspunkte für ein rechtswidriges Handeln gerade von Beamten der Bundespolizei wurden auch in diesen Fragen nicht vorgebracht. Zu einer diesbezüglichen Meinungsbildung und zur Bewertung dieser Maßnahmen war die Antragsgegnerin nicht verpflichtet. Ihre Antwort ist so zu verstehen, dass eine dahingehende Meinungsbildung der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Fragestellung nicht stattgefunden hatte.

129

d) Die Frage 9. zur Durchsuchung des Pressebüros des Bündnisses "Dresden Nazifrei" ist mit der Angabe der Antragsgegnerin, die Bundespolizei sei an den Durchsuchungsmaßnahmen nicht beteiligt gewesen, hinreichend beantwortet worden. Zu der erbetenen Bewertung der Maßnahme war die Antragsgegnerin nicht verpflichtet. Ihre Antwort ist so zu verstehen, dass eine dahingehende Meinungsbildung der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Fragestellung nicht stattgefunden hatte. Entsprechendes gilt für die Antwort auf Frage 11.

130

e) Die mit der Frage 12. angesprochene Vorbereitung und Planung des Polizeieinsatzes fällt einschließlich der Einschätzung der Gefährdung von Gebäuden in die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit des Landes. Die Antragsgegnerin durfte sich daher darauf beschränken, auf die Vorbemerkung Bezug zu nehmen.

131

f) Auch etwaige Anweisungen hinsichtlich der Polizeisperren unterfielen dem Weisungsrecht der Landespolizei, so dass auch bei der Antwort auf Frage 13. eine Bezugnahme auf die Vorbemerkung der Antragsgegnerin genügte. Einen konkreten Vorwurf, Beamte der Bundespolizei hätten Abgeordnete der Partei DIE LINKE dabei anders behandelt als Abgeordnete anderer Parteien, enthielt die Frage nicht. Es kann daher dahinstehen, ob allein dieser Umstand den Verdacht eines diskriminierenden und damit rechtswidrigen Verhaltens begründen würde.

132

g) Die Frage 14. bezog sich insgesamt auf eine Sonderkommission, die gemäß der Antwort der Antragsgegnerin durch die Polizeidirektion Dresden geleitet wurde. Die Antragsgegnerin durfte sich daher mit einem Hinweis auf die Vorbemerkung zu den Verantwortungsbereichen von Bund und Land begnügen.

133

h) Zu der mit Frage 18. erbetenen Bewertung eines von der Antragstellerin unterstellten politischen Schadens durch das Einsatzkonzept des Landes und seine Umsetzung war die Antragsgegnerin nicht verpflichtet. Ihre Antwort ist so zu verstehen, dass eine dahingehende Meinungsbildung der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Fragestellung nicht stattgefunden hatte.

134

i) Aus der Antwort auf Frage 19., wonach eine Behandlung des Einsatzes auf der ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder seitens der Antragsgegnerin nicht geplant sei, geht aufgrund der Bezugnahme auf die Vorbemerkung wiederum hinreichend deutlich hervor, dass eine Bewertung des Einsatzes durch die Bundesregierung angesichts der Zuständigkeit und Verantwortlichkeit des Landes nicht beabsichtigt war.

135

2. Auch durch die Antworten der Antragsgegnerin vom 5. Mai 2011 (BTDrucks 17/5737 vom 6. Mai 2011) auf die weitere Kleine Anfrage der Antragstellerin vom 20. April 2011 (BTDrucks 17/5639 vom 20. April 2011) wurden deren Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG nicht verletzt.

136

a) Die Frage 4. betraf das Einsatzkonzept der sächsischen Polizei, das in deren alleinige Verantwortung fiel und an dessen Erstellung die Bundespolizei nach Angaben der Antragsgegnerin nicht mitgewirkt hatte. Weitere Ausführungen hierzu waren daher nicht erforderlich. Soweit die Antragsgegnerin um eine Bewertung der Umsetzung des Einsatzkonzeptes gebeten wurde, war sie hierzu nicht verpflichtet. Ihre Antwort ist so zu verstehen, dass eine dahingehende Meinungsbildung der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Fragestellung nicht stattgefunden hatte. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Antwort auf Frage 6., mit der ebenfalls um eine Bewertung gebeten wurde.

137

b) Die Fragen 8. und 9. betrafen erneut den Einsatz von Pfefferspray und Wasserwerfern. Insofern wird auf die Ausführungen oben unter 1. a) und c) verwiesen (Rn. 125 f. und 128).

138

3. Die Antworten der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2011 (BTDrucks 17/6022 vom 31. Mai 2011) auf die Kleine Anfrage der Antragstellerin vom 16. Mai 2011 (BTDrucks 17/5847 vom 16. Mai 2011) zu dem Einsatz der Bundespolizei in Berlin, Heilbronn und an anderen Orten stellen hingegen teilweise eine Verkürzung des Fragerechts der Antragstellerin und damit eine Verletzung der Antwortpflicht der Antragsgegnerin dar.

139

a) Die Fragen 3. b), c), d) und 4. betrafen den Einsatz von Wasserwerfern und Reizstoffsprühgeräten. Sie wurden ausreichend beantwortet, soweit sie den originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei und die in die Verantwortung der Antragsgegnerin fallende Ausrüstung der Beamten der Bundespolizei betrafen. Im Übrigen wird auf die Ausführungen oben unter 1. a) und c) verwiesen (Rn. 125 f. und 128).

140

b) Die Frage 6. zu freiheitsentziehenden Maßnahmen und Platzverweisen hat die Antragsgegnerin hinsichtlich der originären bahnpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei beantwortet. Im Übrigen durfte sie auf die Zuständigkeit und Verantwortung des jeweiligen Landes für die Durchführung des Einsatzes verweisen.

141

c) Die Fragen 7. und 7. a) hat die Antragsgegnerin hinsichtlich der von den Bundespolizeidirektionen eingerichteten Einsatzstäbe und der von der Bundespolizei in die Führungsstäbe der Länder entsandten Verbindungsbeamten beantwortet. Die weitere Zusammensetzung der Gremien der Polizei der jeweiligen Länder fällt nicht in ihren Verantwortungsbereich. Dies gilt auch für die Einsatzstrategie und -taktik des jeweiligen Landes (Frage 7. b), selbst wenn Beamte der Bundespolizei diese mitgestaltet haben sollten. Hinsichtlich der Koordination des Einsatzes der Unterstützungskräfte der Bundespolizei und der diesen erteilten Weisungen (Frage 7. c) wird auf die Ausführungen unter 1. a) (Rn. 125) verwiesen.

142

d) Die Frage 9. wurde hinsichtlich der Anzahl eingesetzter Beamter der Bundespolizei beantwortet. Die Teilfragen 9. a), b), c) und d) zur Einsatzleitung, zum Auftrag der eingesetzten Bundespolizeibeamten und zu freiheitsentziehenden Maßnahmen betrafen den Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich der bei der Einsatzdurchführung weisungsbefugten Landespolizei, so dass sich die Antragsgegnerin insoweit auf einen entsprechenden Hinweis beschränken durfte. Entsprechendes gilt für die Beantwortung der Fragen 10. a), b), c), d) und f).

143

Die Antragsgegnerin wäre jedoch verpflichtet gewesen, auf die Fragen 10. e) und g) dieser Kleinen Anfrage zu antworten. In der Vorbemerkung zu der Kleinen Anfrage hat die Antragstellerin ausgeführt, laut Presseberichten habe es insbesondere am Kottbusser Tor in Berlin, wo vornehmlich Angehörige der Bundespolizei eingesetzt gewesen seien, einen umfassenden und nach Einschätzung der Antragstellerin unverhältnismäßigen Einsatz von Pfefferspray und Reizgas gegeben. Damit hat die Antragstellerin Tatsachen vorgebracht, die den konkreten Verdacht disziplinarrechtlich relevanten Verhaltens von Bundespolizisten begründeten. Die Antragsgegnerin wäre daher verpflichtet gewesen, über ihr nachgeordnete Behörden aufzuklären, ob es tatsächlich zu einem solchen Verhalten von Beamten der Bundespolizei kam. Das Ergebnis dieser Prüfung hätte sie in ihrer Antwort mitteilen müssen. Für den Fall, dass es sich um Maßnahmen der Bundespolizei gehandelt haben sollte, hätte sie darüber hinaus angeben müssen, ob diese auf einer Weisung der Einsatzleitung des Landes beruhten und, falls dies nicht der Fall gewesen sein sollte, weshalb die Maßnahmen ohne eine solche Weisung ergriffen wurden.

144

Soweit mit Frage 10. g) um eine Bewertung des beanstandeten Einsatzes von Pfefferspray gebeten wurde, war die Antragsgegnerin zu einer solchen zwar grundsätzlich nicht verpflichtet und ist ihre Antwort so zu verstehen, dass eine dahingehende Meinungsbildung der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Fragestellung nicht stattgefunden hatte. Die Frage ist aber im Kontext des Vorwurfs rechtswidrigen Verhaltens von Bundespolizisten zu sehen. Für den Fall, dass die Maßnahmen von der Bundespolizei getroffen worden sein sollten, hätte seitens der jeweiligen Disziplinarvorgesetzten ohnehin eine Bewertung erfolgen müssen. Die Antragsgegnerin war deshalb gehalten, sich zu dem in der Frage erhobenen Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens von Bundespolizisten zu äußern.

145

e) Die Frage 11. betraf das Einsatzkonzept in Heilbronn. Sie wurde hinsichtlich des originären Zuständigkeitsbereichs der Bundespolizei beantwortet. Soweit sie auch das Einsatzkonzept der Polizei des Landes Baden-Württemberg betraf, wird auf die Ausführungen unter 1. b) (Rn. 127) verwiesen.

146

f) Die Frage 12. zu den "stundenlangen Einkesselungen mehrerer Hundert Menschen in Heilbronn" wurde dahingehend beantwortet, dass die Bundespolizei an dem in der Frage beschriebenen Sachverhalt nicht beteiligt gewesen sei. Zu der erbetenen Bewertung des in die Verantwortung der Polizei des Landes Baden-Württemberg fallenden Einsatzes war die Antragsgegnerin nicht verpflichtet. Ihre Antwort ist so zu verstehen, dass eine dahingehende Meinungsbildung der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Fragestellung nicht stattgefunden hatte.

IV.

147

Besondere Billigkeitsgründe, die die Anordnung einer Auslagenerstattung nach § 34a Abs. 3 BVerfGG ausnahmsweise angezeigt erscheinen lassen (vgl. BVerfGE 96, 66 <67>), liegen nicht vor.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Tatbestand

 
Der Kläger zu 1 und seine am ... 1999 geborene Tochter, die Klägerin zu 2, wenden sich gegen die Gültigkeit der Bürgermeisterwahl in Korntal-Münchingen.
Die Bürgermeisterwahl in Korntal-Münchingen fand am 26.4.2015 statt. Zum Bürgermeister wurde nach der amtlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses vom 13.5.2015 mit 3870 von 4316 gültigen Stimmen der Beigeladene zu 1 gewählt.
Mit Schreiben vom 26.4.2015, 2.5.2015 und 16.5.2015 legte der Kläger zu 1 – auch als (mit)sorgeberechtigter Vertreter der Klägerin zu 2 – Einspruch gegen die Bürgermeisterwahl wegen Altersdiskriminierung der 0-15-jährigen Bundesbürgerinnen und Bundesbürger der Stadt Korntal-Münchingen und daraus resultierende Verfassungswidrigkeit der Wahl ein. Zur Begründung trug der Kläger zu 1 zusammengefasst vor, die 0-16/18-jährigen seien mit ihrer Stimme bei den Wahlen politisch nicht repräsentiert. Sie müssten die Auswirkungen der Politik ohne Einflussmöglichkeit einfach ertragen und hinnehmen. Damit seien ca. 20 % aller Bürger Europas und der Bundesrepublik Deutschland von der Stimmabgabe ausgeschlossen. Auch die sorgeberechtigten/sorgepflichtigen Eltern und rechtliche Vertreter hätten keine Stimme für die Minderjährigen. Es handele sich um eine verfassungswidrige Diskriminierung. Die Herstellung der Verfassungsmäßigkeit für Jugendliche sei leicht möglich durch die Ermöglichung der Stimmabgabe für minderjährige Kinder durch die gesetzlichen/rechtlichen Vertreter, in der Regel die Eltern. Diese könnten pro Kind einen zusätzlichen Stimmzettel erhalten, eventuell mit einer halben Stimme. Wenn es keine halben Stimmen geben solle, so könne jeder Wahlberechtigte zwei Stimmen erhalten, wobei jeweils eine Stimme für die 0-16/18-jährigen pro Sorgerechts-Elternteil abgegeben werden könne. Als Familienvater und Sorgeberechtigter/Sorgeverpflichteter seiner minderjährigen Tochter sei er von der Rechtsverletzung direkt betroffen. Da er die direkte Verletzung eigener Rechte und die direkte Verletzung der Grundrechte seiner Tochter geltend mache, sei es nicht notwendig, dass weitere Wahlberechtigte dem Einspruch beiträten. In der Einschränkung, dass nur „Wahlberechtigte“ und „Bewerber“ Einspruch gegen die Wahl einlegen dürften, liege eine weitere grundrechtswidrige Einschränkung des Kreises der Einspruchsberechtigten einer Wahl. Um eine Diskriminierung auszuschließen, müssten uneingeschränkt alle Bundesbürgerinnen und Bundesbürger das Recht haben, gegen Wahlen Einspruch einzulegen.
Schließlich mache er von ihm beim Bundesverfassungsgericht eingereichte Beschwerden zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens:
– Allgemeine Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht zum Wahl recht (AR 6784/2013),
– Wahlprüfungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht nach Einspruch gegen die Wahl des 18. Bundestages (WP 6/13).
Mit Bescheid vom 22.5.2015, zugestellt am 27.5.2015, wies der Beklagte den Einspruch gegen die Bürgermeisterwahl zurück und führte zur Begründung Folgendes aus: Der Einspruch sei bereits unzulässig. Gemäß § 31 KomWG müsse der Einspruch eines Wahlberechtigten, der nicht die Verletzung seiner Rechte geltend mache, von 1 von Hundert der Wahlberechtigten, bei mehr als 10.000 Wahlberechtigten von mindestens 100 Wahlberechtigten, unterstützt werden. Der Kläger zu 1 habe als Wahlberechtigter einen Wahleinspruch eingelegt. Eine Verletzung seiner Rechte, die ihn als wahlberechtigten Bürger beträfen, werde jedoch nicht vorgetragen. Der Kläger zu 1 sei in seinem Wahlrechte nicht eingeschränkt gewesen. Er habe als Sorgeberechtigter seiner Tochter deren Wahlrechtsverletzung vorgetragen, da sie aufgrund ihres Alters nach dem geltenden Recht noch nicht wahlberechtigt sei. Da der Kläger zu 1 nicht die Verletzung eigener Rechte geltend mache, hätten seinem Einspruch mindestens 100 Wahlberechtigte beitreten müssen. Innerhalb der Einspruchsfrist seien dem Wahleinspruch aber keine Unterstützungsunterschriften beigefügt worden.
Der Einspruch sei auch unbegründet. Die Einführung eines Wahlrechts für die Bundestagswahl für minderjährige Kinder, welches durch die Eltern als gesetzliche Vertreter ausgeübt oder ihnen als zusätzliches, originäres Familien -bzw. Elternwahlrecht ausgeübt werde, sei vom Bundestag am 2.6.2005 abgelehnt worden (BT-Drs. 15/1544). Planungen der Landesregierung für ein solches Wahlrecht bestünden ebenfalls nicht. Wegen der in Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG für die Volksvertretungen in den Gemeinden und Kreisen festgelegten Wahlrechtsgrundsätze, die den Wahlrechtsgrundsätzen für die Bundestagswahl nach Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG entsprächen und die auch in Art. 72 Abs. 1 S. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg enthalten seien, wäre auch die Einführung eines Familienwahlrechts bei Kommunalwahlen mit erheblichen verfassungsrechtlichen Risiken behaftet. Die Beschränkung des Einspruchsrechts gegen die Wahl auf Wahlberechtigte und Bewerber gemäß § 31 KomWG begegne unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Wahlprüfungsverfahrens keinen Bedenken. Ziel dieses Verfahrens sei der Schutz des objektiven Wahlrechts; es sei dazu bestimmt, das richtige Wahlergebnis der jeweiligen Wahl zu gewährleisten. Gegenstand der Wahlprüfung sei dagegen nicht die Verletzung subjektiver Rechte. Der objektiv-rechtliche Zweck der Wahlprüfung lasse es daher zu, die Einspruchsberechtigung auf die in § 31 KomWG Genannten zu beschränken.
Dagegen haben die Kläger am 26.6.2015 Klage eingereicht. Zur Begründung wiederholt und vertieft der Kläger zu 1 – zugleich in Vertretung der Klägerin zu 2 – seine bisherigen Argumente und trägt ergänzend vor: Das amtliche Wahlergebnis sei an mindestens zwei verschiedenen Tagen veröffentlicht worden, zudem mit verschiedenen Auszählungsergebnissen. Somit sei nicht klar, wann die eigentliche Einspruchsfrist beginne und ende. Die Einspruchsbegründung unterschlage, dass der Kläger zu 1 auch für sich selbst als Wahlberechtigter und als sorgeberechtigter/sorgeverpflichteter Vater durch das verfassungswidrige Ergebnis der Wahl direkt benachteiligter Bürger Einspruch erhoben habe. Die Unterstützung von anderen 100 Wahlberechtigten sei daher nicht notwendig, so dass die Einsprüche zulässig seien. Die Begründung, die geforderte Verfassungsänderung sei mit einem nicht unerheblichen verfassungsrechtlichen Risiko behaftet, sei nicht zielführend, sondern verlange regelrecht nach einer verfassungsrechtlich höchstrichterlichen Entscheidung. Die Einsprüche gegen Wahlen müssten für alle Einsprechenden kostenneutral und barrierefrei sein. Dies gelte erst recht, wenn verfassungswidrige Vorgänge zu prüfen seien.
Mit Schriftsatz vom 7.8.2015 haben die Kläger eine Liste mit 41 Unterstützungsunterschriften im Hinblick auf „Einsprüche und Beschwerden gegen alle Wahlen und Gesetze und auch Verfassungsbeschwerden“… „die die 0-16/18-jährigen Bundesbürgerinnen und Bundesbürger oder andere aufgrund ihres Alters von Wahlen ausgeschlossenen Menschen durch die Verweigerung einer gleichwertigen zählbaren Stimme bei Wahlen von den Wahlen ausschließen.“
10 
Die Kläger haben schriftsätzlich beantragt,
11 
die „Zurückweisung des Einspruchs gegen die Wahl“ bis zur höchstrichterlichen Entscheidung des Sachverhalts durch das Bundesverfassungsgericht aufzuheben und das Ergebnis der Bürgermeisterwahl unter Vorbehalt der Verfassungsmäßigkeit als vorläufig zu erklären,
12 
die im Einspruchsbescheid des Beklagten vom 22.5.2015 festgesetzte Gebühr von 50 EUR aufzuheben und
13 
den Beklagten zu verpflichten, die Aufwendungen der Kläger zu erstatten.
14 
Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt. In seiner Klagebegründung wiederholt der Beklagte die Begründung seiner Einspruchsentscheidung vom 22.5.2015 und trägt ergänzend vor, die Entscheidung über eine ggf. anhängige Verfassungsbeschwerde sei allein Angelegenheit des Bundesverfassungsgerichts. Ein Wahleinspruch gegen die Wahl des 18. Deutschen Bundestages mit gleicher Begründung wie der Einspruch gegen die streitgegenständliche Bürgermeisterwahl sei nach Kenntnis des Beklagten zurückgewiesen worden. Ein Elternwahlrecht sehe das Gesetz nicht vor, so dass der Wahleinspruch unbegründet sei. Die von den Klägern vorgelegte Unterschriftenliste sei nicht relevant, da sie nach Ablauf der Einspruchsfrist zur Wahl des Bürgermeisters vorgelegt worden sei. Die Frage, ob es sich bei den Unterzeichnern um Wahlberechtigte handele, sei daher nicht weiter zu klären. Die Kostenentscheidung sei aufgrund von § 73 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 1 LVwVfG erfolgt. Die Gebühr i.H.v. 50 EUR werde aufgrund von § 1 Abs. 1 des Landesgebührengesetzes i.V.m. der Rechtsverordnung des Landratsamts Ludwigsburg über die Erhebung von Gebühren für die Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich der Kommunalaufsicht vom 1.1.2015 i.V.m. dem Gebührenverzeichnis Nr. 11.31.05.1 erhoben und basiere auf der aktuellen Gebührenkalkulation. Die Gebühr sei mit 50 EUR gering angesetzt, um den Wahleinspruch nicht zu erschweren, und liege in ihrer Höhe unter der kalkuliertem Mindestgebühr des Landkreises für die Arbeit der Rechtsaufsichtsbehörde i.H.v. 132 EUR. Ein Tatbestand zur Gebührenbefreiung sei nicht gegeben.
15 
Der Beigeladene zu 1 hat ebenfalls keinen Antrag gestellt und zur Sache vorgetragen, die Bürgermeisterwahl am 26.4.2015 sei strikt nach den Vorgaben der Gemeindeordnung, des Kommunalwahlgesetzes und der Kommunalwahlordnung für Baden-Württemberg erfolgt. Auf diese Vorgaben, insbesondere auf die Festsetzung der Altersgrenze beim aktiven Wahlrecht, habe die Gemeinde keinerlei Einfluss. Das Ergebnis der Bürgermeisterwahl sei durch den Gemeindewahlausschuss unter Vorsitz des technischen Beigeordneten festgestellt und deren Gültigkeit durch die Kommunalaufsicht mit Schreiben vom 27.5.2015 bestätigt worden. Der gegen die Wahl erhobene Einspruch sei durch das Landratsamt zurückgewiesen worden. Der Begründung des Bescheides vom 22.5.2015 sei nichts hinzuzufügen.
16 
Die Beigeladene zu 2 hat gleichfalls keinen Antrag gestellt und in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die Bürgermeisterwahl unter Anwendung und Einhaltung der geltenden gesetzlichen Vorgaben der Gemeindeordnung, des Kommunalwahlgesetzes und der Kommunalwahlordnung für Baden-Württemberg durchgeführt worden sei. Im Bereich der Kommunalwahlen sei ein Wahlrecht für Personen, die jünger als 16 Jahre alt seien, gesetzlich nicht geregelt und habe daher bei der Bürgermeisterwahl keine Anwendung finden können.
17 
Mit gerichtlicher Verfügung vom 30.6.2015 wurden die Kläger gebeten, Name und Anschrift des mitsorgeberechtigten Elternteils der Klägerin zu 2 sowie eine Erklärung über dessen Einverständnis mit der Klageerhebung vorzulegen. Die Kläger teilten dazu mit Schriftsatz vom 7.8.2015 mit, da die Klage für das minderjährige Kind nur rechtliche Vorteile und keine finanziellen Nachteile bringe, gingen sie davon aus, dass eine Zustimmung zur Klage durch den anderen sorgeberechtigten Elternteil entbehrlich sei.
18 
Mit Beschluss vom 1.10.2015 hat die Kammer den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Mit Schriftsatz vom 9.11.2015 haben die Kläger dagegen „Widerspruch“ eingelegt und wegen der grundsätzlichen Bedeutung der gerichtlichen Entscheidung für Deutschland die „Rückübertragung auf das 3er- Richter-Gremium“ beantragt. Ferner haben die Kläger beantragt, die Beiladung des Beigeladenen zu 1 aufzuheben. Dieser sei aufgrund der Klage noch nicht offiziell in das Amt des Bürgermeisters eingeführt und als Privatperson vom Gericht geladen worden. Die Stellungnahme des Beigeladenen zu 1 sei wegen des subjektiven Charakters vor Gericht nicht zu verwerten. Der Beigeladene zu 1 habe ein vorrangiges persönliches Interesse, die Klage scheitern zu lassen, da beim Erfolg der Klage Neuwahlen anstünden. Schließlich haben die Kläger zur Überprüfung der Rechtslage durch die nächste Instanz um „Zulassung zur Revision“ gebeten.
19 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der Gerichtsakte des Verfahrens 7 K 3576/14 (Anfechtung der Wahl der Regionalversammlung und des Kreistags) sowie der beigezogenen Akte des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
21 
Zur Entscheidung berufen ist die Einzelrichterin, nachdem die Kammer ihr mit Beschluss vom 1.10.2015 den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragen hat. Dieser Beschluss ist gemäß § 6 Abs. 4 VwGO unanfechtbar. Gründe für eine Rückübertragung des Rechtsstreits auf die Kammer gemäß § 6 Abs. 3 VwGO liegen nicht vor.
22 
Die Beiladung des Beigeladenen zu 1 ist gemäß § 65 Abs. 4 S. 3 VwGO ebenfalls unanfechtbar. Davon abgesehen liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beiladung vor. Gemäß § 65 Abs. 1 VwGO kann das Gericht von Amts wegen andere Personen, deren rechtliche Interessen - wie im vorliegenden Fall - durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie gemäß § 65 Abs. 2 VwGO notwendig beizuladen. Im vorliegenden Fall dürfte es sich sogar um eine notwendige Beiladung handeln, da die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Bürgermeisterwahl gegenüber den Klägern und dem Beigeladenen zu 1 als Wahlsieger nur einheitlich ergehen kann.
23 
1. Die Klage des Klägers zu 1 ist zulässig, die Klage der Klägerin zu 2 ist dagegen bereits unzulässig.
24 
Bei sachdienlicher Auslegung des Klageantrages begehren die Kläger, den Einspruchsbescheid des Beklagten vom 22.5.2015 aufzuheben und die Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 für ungültig zu erklären, hilfsweise das Verfahren bis zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit der Wahl durch das Bundesverfassungsgericht auszusetzen. Nach der Begründung des Wahleinspruchs und der Klage ist im Hinblick auf die Klägerin zu 2 das Bestehen eines eigenen (kommunalrechtlichen) Wahlrechts für unter 16-jährige, welches durch die Sorgeberechtigten als gesetzliche Vertreter ausgeübt werden soll, im Streit. Im Hinblick auf den Kläger zu 1 ist Streitpunkt das Bestehen eines „Familienwahlrechts“, bei dem die Sorgeberechtigten zu ihren eigenen Stimmen noch eine der Zahl der nichtwahlberechtigten Kindern entsprechende Zahl von Stimmen zusätzlich erhalten (vgl. zu den Begriffen und zur Diskussion etwa Hattenhauer, JZ 1996,9 ff.; von Münch, NJW 1995, 3165 ff.). Ohne das Bestehen eines Wahlrechts für 0 bis 16-jährige oder das Bestehen eines „Familienwahlrechts“ halten die Kläger die Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 wegen Altersdiskriminierung für verfassungswidrig
25 
a) Soweit Gegenstand der Klage ein „Familienwahlrecht“ des Klägers zu 1 ist, geht die Einzelrichterin zu Gunsten des Klägers von der Zulässigkeit der Klage aus. Die Klage ist fristgerecht eingelegt. Der Kläger zu 1 ist in Korntal-Münchingen wahlberechtigt. Er ist Adressat eines belastenden Verwaltungsakts und macht eine mögliche Verletzung in eigenen Rechten geltend. Gemäß § 31 Abs. 3 KomWG kann der Wahlberechtigte, der Einspruch erhoben hat, gegen die Entscheidung über den Einspruch unmittelbar (d.h. ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens) Anfechtungsklage erheben.
26 
b) Die Klage der Klägerin zu 2 ist mangels Prozessfähigkeit und wirksamer Vertretung durch ihre beiden sorgeberechtigten Elternteile dagegen unzulässig. Die am … 1999 geborene Klägerin zu 2 ist weder prozessfähig noch kann sie durch den Kläger allein wirksam vertreten werden.
27 
Wie der Kläger zu 1 mit Schriftsatz vom 28.8.2014 im Verfahren 7 K 3576/14 mitgeteilt hat, ist er alleinerziehend, und die Klägerin zu 2 wohnt bei ihm. Das Sorgerecht steht allerdings ihm und der Mutter der Klägerin zu 2 gemeinsam zu. Die Mutter der Klägerin zu 2 hat sich an dem Klageverfahren nicht beteiligt. Die Kläger haben auch auf die gerichtliche Verfügung vom 30.6.2015 eine Erklärung der mitsorgeberechtigten Mutter über deren Einverständnis mit der Klageerhebung nicht vorgelegt.
28 
Im Verwaltungsprozess sind gemäß § 62 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 VwGO prozessfähig - die nach bürgerlichem Recht voll Geschäftsfähigen, d.h. Volljährige, sowie - die nach bürgerlichem Recht beschränkt Geschäftsfähigen (nach Vollendung des 7. Lebensjahres), soweit sie durch gesetzliche Vorschriften für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind (z.B. Minderjährige über 14 Jahre bzgl. der Teilnahme am Religionsunterricht). Darüber hinaus wird teilweise in der Rechtsprechung bei entsprechender Einsichtsfähigkeit die Prozessfähigkeit in Fällen bejaht, in denen im Verfassungsrecht die Grundrechtsmündigkeit und als Folge davon die Legitimation zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde anerkannt wird (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 26.8.1975 - V B 22.73 - zum Petitionsrecht; VG Köln, Beschluss vom 11.9.1984 - 14 K 5982/83 - zum Kriegsdienstverweigerungsrecht; jeweils juris). Ein vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor.
29 
Für prozessunfähige Minderjährige handeln gemäß § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB beide Eltern gemeinsam, es sei denn, ein Elternteil übt die elterliche Sorge allein aus oder ihm ist - bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern - die Entscheidung gemäß § 1628 BGB vom Familiengericht übertragen worden.
30 
Nach diesen Maßgaben liegt im Hinblick auf die Klage der Klägerin zu 2 weder deren Prozessfähigkeit noch ein Alleinvertretungsrecht des Klägers zu 1 vor. Die Einzelrichterin sieht keine Veranlassung, das Klageverfahren auszusetzen und dem Kläger zu 1 Gelegenheit zu geben, beim Familiengericht gemäß § 1628 BGB eine gerichtliche Entscheidung über ein Alleinvertretungsrecht für das Klageverfahren herbeizuführen, denn die Klage ist jedenfalls auch unbegründet (vgl. unter 2.).
31 
2. Die Klage sowohl des Klägers zu 1 als auch der Klägerin zu 2 sind unbegründet.
32 
Für die Geltendmachung eines „Familienwahlrechts“ fehlt dem Kläger zu 1 bereits die Aktivlegitimation, denn er macht ein Recht geltend, welches – wenn es bestünde – den Sorgeberechtigten gemeinsam zustehen würde.
33 
Darauf kommt es jedoch im Ergebnis nicht an. Der Beklagte hat die Einsprüche der Kläger gegen die Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid vom 22.5.2015 ist nicht zu beanstanden.
34 
Gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 - 3 KomWG kann gegen die Wahl binnen einer Woche nach der öffentlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses von jedem Wahlberechtigten und von jedem Bewerber Einspruch bei der Rechtsaufsichtsbehörde erhoben werden. Nach Ablauf der Einspruchsfrist können weitere Einspruchsgründe nicht mehr geltend gemacht werden. Der Einspruch eines Wahlberechtigten und eines Bewerbers, der nicht die Verletzung seiner Rechte geltend macht, ist nur zulässig, wenn ihm 1 vom 100 der Wahlberechtigten, mindestens jedoch 5 Wahlberechtigte, bei mehr als 10.000 Wahlberechtigten mindestens 100 Wahlberechtigte beitreten. Gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG ist die Wahl für ungültig zu erklären, wenn ihr Ergebnis dadurch beeinflusst werden konnte, dass wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung oder über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses unbeachtet geblieben sind.
35 
a) Der Einspruch der Klägerin zu 2 wurde schon deshalb vom Beklagten zu Recht abgewiesen, weil diese bei der Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 nicht wahlberechtigt und damit nicht einspruchsberechtigt i.S.d. § 31 KomWG war.
36 
Gemäß § 14 GemO Baden-Württemberg (GemO BW) sind „die Bürger“ im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt. Auch der Bürgermeister wird gemäß § 45 Abs. 1 GemO BW von „den Bürgern“ gewählt. Nach § 12 GemO BW ist Bürger der Gemeinde, wer Deutscher im Sinne von Art. 116 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt (Unionsbürger), das 16. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt.
37 
Die am … 1999 geborene Klägerin zu 2 war am Wahltag noch nicht 16 Jahre alt und dementsprechend nicht wahlberechtigt. Sie war daher zu Recht auch nicht in das Wahlverzeichnis des Beigeladenen zu 2 eingetragen, was förmliche Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts ist (vgl. § 5 Abs. 1 KomWG).
38 
Die Festsetzung des Mindestalters für die Ausübung des Wahlrechts auf 16 Jahre ist auch unter Berücksichtigung allgemeiner Wahlgrundsätze, insbesondere verfassungsrechtlicher Grundsätze, nicht zu beanstanden.
39 
Nach § 45 Abs. 1 S. 1 GemO BW wird der Bürgermeister von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Die Wahl des Bürgermeisters ist vom Gesetzgeber als Volkswahl ausgestaltet, obwohl nach Art. 72 Abs. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg (LV Bad.-Württ.) nur für die Volksvertretungen auf kommunaler Ebene (wie Gemeinderat und Kreistag) die Volkswahl zwingend vorgeschrieben ist.
40 
Es kann offenbleiben, ob die in § 45 Abs. 1 GemO BW für die Wahl des Bürgermeisters aufgeführten allgemeinen Wahlgrundsätze Verfassungsrang haben. Art. 72 Abs. 1 LV Bad.-Württ. schreibt nur vor, dass die kommunalen Volksvertretungen aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen sein müssen. Art. 38 GG, wonach die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden, ist auf Wahlen in den Ländern nicht, auch nicht analog, anwendbar (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschlüsse vom 16.3.2005 - 2 BvR 315/05 - und vom 9.3.2009 - 2 BvR 120/09 -; jeweils juris; zum Einfluss des Verfassungsrechts auf das einfachgesetzliche Kommunalverfassungsrecht, etwa durch die Verpflichtung auf die repräsentative Demokratie durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, vgl. etwa BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 16.3.2005, a.a.O.).
41 
Ein Verstoß gegen allgemeine Wahlgrundsätze, insbesondere ein Verstoß gegen den hier in Betracht kommenden Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl, liegt jedenfalls nicht vor.
42 
Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl untersagt den unberechtigten Ausschluss von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl. Er verbietet dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist - ebenso wie der Grundsatz der Gleichheit der Wahl - ein Anwendungsfall des Art. 3 GG. Er unterscheidet sich von dem allgemeinen Gleichheitssatz durch seinen formalen Charakter und fordert, dass jeder sein staatsbürgerliches Recht zum Wählen in formal möglichst gleicher Weise ausüben kann. Diese Formalisierung im Bereich des Wahlrechts ist allerdings nicht mit einem Verbot jeglicher Differenzierung verbunden. Begrenzungen der Allgemeinheit der Wahl sind verfassungsrechtlich zulässig, bedürfen aber eines besonderen rechtfertigenden Grundes. So ist es etwa von jeher als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen worden, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.10.1973 - 2 BvC 3/73 -, m.w.N.; juris). Wer von einer Wahlberechtigung Gebrauch macht, übernimmt damit politische Verantwortung, und zwar nicht nur für sich selbst, sondern für die Allgemeinheit. Voraussetzung für die Gewährung der Wahlberechtigung ist deshalb ein gewisser Grad an politischer Einsichtsfähigkeit. Der Ausübung des Wahlrechts durch den gesetzlichen Vertreter steht entgegen, dass das Wahlrecht ein höchst persönliches Recht ist. Die inhaltliche Wahlentscheidung lässt eine Vertretung grundsätzlich nicht zu (vgl. dazu etwa von Münch, NJW 1995, 3165 ff.).
43 
b) Der Einspruch des Klägers zu 1 wurde vom Beklagten ebenfalls zu Recht zurückgewiesen.
44 
Der Kläger zu 1 war bei der Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 als Bürger der Stadtkorntal-München zwar wahlberechtigt und damit gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 KomWG grundsätzlich einspruchsbefugt. Im Hinblick auf die Ausübung seines eigenen aktiven Wahlrechts sind Verstöße im Sinne des § 32 Abs. 1 KomWG aber nicht ersichtlich. Soweit der Kläger zu 1 rügt, das amtliche Wahlergebnis sei an zwei verschiedenen Tagen mit unterschiedlichen Auszählungsergebnissen veröffentlicht worden, hat er dies nicht bereits im Einspruchsverfahren, sondern erst im Klageverfahren und damit verspätet geltend gemacht (vgl. § 31 Abs. 1 S. 2 KomWG). Zudem sind diesem Einspruch keine weiteren Wahlberechtigten gemäß § 31 Abs. 1 S. 3 KomWG beigetreten. Die im Klageverfahren vorgelegte Unterschriftenliste führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Dies schon deshalb nicht, weil das Quorum als Zulässigkeitsvoraussetzung für den Einspruch im Zeitpunkt des Ablaufs der Einspruchsfrist erfüllt sein muss (vgl. Quecke/Gackenholz/Bock, Das Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 31 Rn. 41); darüber hinaus betrifft die Unterschriftenliste ein anderes Begehren. Das Quorum stellt auch keine unzulässige Einschränkung des Kreises der Einspruchsberechtigten einer Wahl dar. Das Quorum soll die Zahl der Wahleinsprüche einschränken und damit die Erlangung endgültiger Klarheit über das Schicksal der Wahl beschleunigen. Es soll verhindert werden, dass ein einzelner Wahlberechtigter durch die Geltendmachung von Wahlfehlern, die ihn in seiner eigenen Rechtsstellung nicht betreffen, den Vollzug einer demokratischen Mehrheitsentscheidung zeitlich hinauszögern kann (vgl. Quecke/Gackenholz/Bock, a.a.O., § 31 Rn. 40). Es ist darüber hinaus nicht ersichtlich, dass durch Fehler bei der Bekanntmachung das Ergebnis der Wahl i.S.d. § 32 Abs. 1 KomWG beeinflusst werden konnte. Schließlich gilt für die rechnerische Feststellung des Wahlergebnisses durch den Wahlausschuss § 32 Abs. 3 KomWG, d.h. es kann nur die Verpflichtung, das Wahlergebnis neu festzustellen, begehrt werden.
45 
Im Hinblick auf die vom Kläger zu 1 begehrte Ausübung eines „Familienwahlrechts“ liegen Rechtsverstöße, insbesondere Verstöße gegen höherrangiges Recht, ebenfalls nicht vor. Der Kläger zu 1 trägt vor, er sei insoweit in eigenen Rechten als Familienvater betroffen. Das Gericht lässt offen, ob dem Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist weitere Wahlberechtigte gemäß § 31 Abs. 1 S. 3 KomWG beizutreten hatten. Der Einspruch ist jedenfalls nicht begründet.
46 
Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg sieht für Kommunalwahlen - in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Regelungen für Wahlen auf Landes- oder Bundesebene – ein „Familienwahlrecht“, bei dem die Sorgeberechtigten zu ihren eigenen Stimmen für jedes nicht wahlberechtigte Kind eine zusätzliche Stimme erhalten, nicht vor. Es handelt sich um eine Form des sog. Pluralwahlrechts, bei dem bestimmte Personengruppen eine oder mehrere Zusatzstimmen erhalten. Ein solches „Familienwahlrecht “ ist mit dem Grundsatz der Gleichheit der Wahl unvereinbar. Das Bundesverfassungsgericht hat schon in einer seiner ersten Entscheidungen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl dahingehend ausgelegt, „dass es angesichts der in der demokratischen Grundordnung verankerten unbedingten Gleichheit aller Staatsbürger bei der Teilnahme an der Staatswillensbildung keine Wertungen geben kann, die es zulassen würden, beim Zählwert der Stimmen zu differenzieren“ (BVerfG, Urteil vom 05.04.1952 - 2 BvH 1/52 -, Rdnr. 124 ., juris; s. auch von Münch, NJW 1995, 3165 ff.).
47 
Nach alledem besteht keine Veranlassung, die Einspruchsentscheidung „bis zur höchstrichterlichen Entscheidung des Sachverhalts durch das Bundesverfassungsgericht“ aufzuheben oder „das Ergebnis der Bürgermeisterwahl unter Vorbehalt der Verfassungsmäßigkeit als vorläufig zu erklären“. Eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der Wahl kommt ebenfalls nicht in Betracht, da vom Bundesverfassungsgericht eine anderslautende Entscheidung nicht zu erwarten ist. Die Kläger haben im Verfahren auch nicht mitgeteilt, wie die von ihnen eingelegte „allgemeine Verfassungsbeschwerde zum Wahlrecht“, die offensichtlich ein Aktenzeichen aus dem sog. Allgemeinen Register trägt, vom Bundesverfassungsgericht beschieden wurde.
48 
Die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr für die Einspruchsentscheidung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Bezüglich der Rechtsgrundlage für die Gebühr wird auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen. Die Höhe der - mit 50,-- EUR gering angesetzten - Gebühr ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
49 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladenen haben keinen eigenen Sachantrag gestellt und sind daher kein Kostenrisiko eingegangen (vgl. § 154 Abs. 3 VwG0), so dass es nicht der Billigkeit entspricht, die Kläger mit ihren außergerichtlichen Kosten zu belasten.
50 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

Gründe

 
20 
Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
21 
Zur Entscheidung berufen ist die Einzelrichterin, nachdem die Kammer ihr mit Beschluss vom 1.10.2015 den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragen hat. Dieser Beschluss ist gemäß § 6 Abs. 4 VwGO unanfechtbar. Gründe für eine Rückübertragung des Rechtsstreits auf die Kammer gemäß § 6 Abs. 3 VwGO liegen nicht vor.
22 
Die Beiladung des Beigeladenen zu 1 ist gemäß § 65 Abs. 4 S. 3 VwGO ebenfalls unanfechtbar. Davon abgesehen liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beiladung vor. Gemäß § 65 Abs. 1 VwGO kann das Gericht von Amts wegen andere Personen, deren rechtliche Interessen - wie im vorliegenden Fall - durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie gemäß § 65 Abs. 2 VwGO notwendig beizuladen. Im vorliegenden Fall dürfte es sich sogar um eine notwendige Beiladung handeln, da die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Bürgermeisterwahl gegenüber den Klägern und dem Beigeladenen zu 1 als Wahlsieger nur einheitlich ergehen kann.
23 
1. Die Klage des Klägers zu 1 ist zulässig, die Klage der Klägerin zu 2 ist dagegen bereits unzulässig.
24 
Bei sachdienlicher Auslegung des Klageantrages begehren die Kläger, den Einspruchsbescheid des Beklagten vom 22.5.2015 aufzuheben und die Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 für ungültig zu erklären, hilfsweise das Verfahren bis zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit der Wahl durch das Bundesverfassungsgericht auszusetzen. Nach der Begründung des Wahleinspruchs und der Klage ist im Hinblick auf die Klägerin zu 2 das Bestehen eines eigenen (kommunalrechtlichen) Wahlrechts für unter 16-jährige, welches durch die Sorgeberechtigten als gesetzliche Vertreter ausgeübt werden soll, im Streit. Im Hinblick auf den Kläger zu 1 ist Streitpunkt das Bestehen eines „Familienwahlrechts“, bei dem die Sorgeberechtigten zu ihren eigenen Stimmen noch eine der Zahl der nichtwahlberechtigten Kindern entsprechende Zahl von Stimmen zusätzlich erhalten (vgl. zu den Begriffen und zur Diskussion etwa Hattenhauer, JZ 1996,9 ff.; von Münch, NJW 1995, 3165 ff.). Ohne das Bestehen eines Wahlrechts für 0 bis 16-jährige oder das Bestehen eines „Familienwahlrechts“ halten die Kläger die Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 wegen Altersdiskriminierung für verfassungswidrig
25 
a) Soweit Gegenstand der Klage ein „Familienwahlrecht“ des Klägers zu 1 ist, geht die Einzelrichterin zu Gunsten des Klägers von der Zulässigkeit der Klage aus. Die Klage ist fristgerecht eingelegt. Der Kläger zu 1 ist in Korntal-Münchingen wahlberechtigt. Er ist Adressat eines belastenden Verwaltungsakts und macht eine mögliche Verletzung in eigenen Rechten geltend. Gemäß § 31 Abs. 3 KomWG kann der Wahlberechtigte, der Einspruch erhoben hat, gegen die Entscheidung über den Einspruch unmittelbar (d.h. ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens) Anfechtungsklage erheben.
26 
b) Die Klage der Klägerin zu 2 ist mangels Prozessfähigkeit und wirksamer Vertretung durch ihre beiden sorgeberechtigten Elternteile dagegen unzulässig. Die am … 1999 geborene Klägerin zu 2 ist weder prozessfähig noch kann sie durch den Kläger allein wirksam vertreten werden.
27 
Wie der Kläger zu 1 mit Schriftsatz vom 28.8.2014 im Verfahren 7 K 3576/14 mitgeteilt hat, ist er alleinerziehend, und die Klägerin zu 2 wohnt bei ihm. Das Sorgerecht steht allerdings ihm und der Mutter der Klägerin zu 2 gemeinsam zu. Die Mutter der Klägerin zu 2 hat sich an dem Klageverfahren nicht beteiligt. Die Kläger haben auch auf die gerichtliche Verfügung vom 30.6.2015 eine Erklärung der mitsorgeberechtigten Mutter über deren Einverständnis mit der Klageerhebung nicht vorgelegt.
28 
Im Verwaltungsprozess sind gemäß § 62 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 VwGO prozessfähig - die nach bürgerlichem Recht voll Geschäftsfähigen, d.h. Volljährige, sowie - die nach bürgerlichem Recht beschränkt Geschäftsfähigen (nach Vollendung des 7. Lebensjahres), soweit sie durch gesetzliche Vorschriften für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind (z.B. Minderjährige über 14 Jahre bzgl. der Teilnahme am Religionsunterricht). Darüber hinaus wird teilweise in der Rechtsprechung bei entsprechender Einsichtsfähigkeit die Prozessfähigkeit in Fällen bejaht, in denen im Verfassungsrecht die Grundrechtsmündigkeit und als Folge davon die Legitimation zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde anerkannt wird (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 26.8.1975 - V B 22.73 - zum Petitionsrecht; VG Köln, Beschluss vom 11.9.1984 - 14 K 5982/83 - zum Kriegsdienstverweigerungsrecht; jeweils juris). Ein vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor.
29 
Für prozessunfähige Minderjährige handeln gemäß § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB beide Eltern gemeinsam, es sei denn, ein Elternteil übt die elterliche Sorge allein aus oder ihm ist - bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern - die Entscheidung gemäß § 1628 BGB vom Familiengericht übertragen worden.
30 
Nach diesen Maßgaben liegt im Hinblick auf die Klage der Klägerin zu 2 weder deren Prozessfähigkeit noch ein Alleinvertretungsrecht des Klägers zu 1 vor. Die Einzelrichterin sieht keine Veranlassung, das Klageverfahren auszusetzen und dem Kläger zu 1 Gelegenheit zu geben, beim Familiengericht gemäß § 1628 BGB eine gerichtliche Entscheidung über ein Alleinvertretungsrecht für das Klageverfahren herbeizuführen, denn die Klage ist jedenfalls auch unbegründet (vgl. unter 2.).
31 
2. Die Klage sowohl des Klägers zu 1 als auch der Klägerin zu 2 sind unbegründet.
32 
Für die Geltendmachung eines „Familienwahlrechts“ fehlt dem Kläger zu 1 bereits die Aktivlegitimation, denn er macht ein Recht geltend, welches – wenn es bestünde – den Sorgeberechtigten gemeinsam zustehen würde.
33 
Darauf kommt es jedoch im Ergebnis nicht an. Der Beklagte hat die Einsprüche der Kläger gegen die Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid vom 22.5.2015 ist nicht zu beanstanden.
34 
Gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 - 3 KomWG kann gegen die Wahl binnen einer Woche nach der öffentlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses von jedem Wahlberechtigten und von jedem Bewerber Einspruch bei der Rechtsaufsichtsbehörde erhoben werden. Nach Ablauf der Einspruchsfrist können weitere Einspruchsgründe nicht mehr geltend gemacht werden. Der Einspruch eines Wahlberechtigten und eines Bewerbers, der nicht die Verletzung seiner Rechte geltend macht, ist nur zulässig, wenn ihm 1 vom 100 der Wahlberechtigten, mindestens jedoch 5 Wahlberechtigte, bei mehr als 10.000 Wahlberechtigten mindestens 100 Wahlberechtigte beitreten. Gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG ist die Wahl für ungültig zu erklären, wenn ihr Ergebnis dadurch beeinflusst werden konnte, dass wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung oder über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses unbeachtet geblieben sind.
35 
a) Der Einspruch der Klägerin zu 2 wurde schon deshalb vom Beklagten zu Recht abgewiesen, weil diese bei der Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 nicht wahlberechtigt und damit nicht einspruchsberechtigt i.S.d. § 31 KomWG war.
36 
Gemäß § 14 GemO Baden-Württemberg (GemO BW) sind „die Bürger“ im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt. Auch der Bürgermeister wird gemäß § 45 Abs. 1 GemO BW von „den Bürgern“ gewählt. Nach § 12 GemO BW ist Bürger der Gemeinde, wer Deutscher im Sinne von Art. 116 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt (Unionsbürger), das 16. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt.
37 
Die am … 1999 geborene Klägerin zu 2 war am Wahltag noch nicht 16 Jahre alt und dementsprechend nicht wahlberechtigt. Sie war daher zu Recht auch nicht in das Wahlverzeichnis des Beigeladenen zu 2 eingetragen, was förmliche Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts ist (vgl. § 5 Abs. 1 KomWG).
38 
Die Festsetzung des Mindestalters für die Ausübung des Wahlrechts auf 16 Jahre ist auch unter Berücksichtigung allgemeiner Wahlgrundsätze, insbesondere verfassungsrechtlicher Grundsätze, nicht zu beanstanden.
39 
Nach § 45 Abs. 1 S. 1 GemO BW wird der Bürgermeister von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Die Wahl des Bürgermeisters ist vom Gesetzgeber als Volkswahl ausgestaltet, obwohl nach Art. 72 Abs. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg (LV Bad.-Württ.) nur für die Volksvertretungen auf kommunaler Ebene (wie Gemeinderat und Kreistag) die Volkswahl zwingend vorgeschrieben ist.
40 
Es kann offenbleiben, ob die in § 45 Abs. 1 GemO BW für die Wahl des Bürgermeisters aufgeführten allgemeinen Wahlgrundsätze Verfassungsrang haben. Art. 72 Abs. 1 LV Bad.-Württ. schreibt nur vor, dass die kommunalen Volksvertretungen aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen sein müssen. Art. 38 GG, wonach die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden, ist auf Wahlen in den Ländern nicht, auch nicht analog, anwendbar (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschlüsse vom 16.3.2005 - 2 BvR 315/05 - und vom 9.3.2009 - 2 BvR 120/09 -; jeweils juris; zum Einfluss des Verfassungsrechts auf das einfachgesetzliche Kommunalverfassungsrecht, etwa durch die Verpflichtung auf die repräsentative Demokratie durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, vgl. etwa BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 16.3.2005, a.a.O.).
41 
Ein Verstoß gegen allgemeine Wahlgrundsätze, insbesondere ein Verstoß gegen den hier in Betracht kommenden Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl, liegt jedenfalls nicht vor.
42 
Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl untersagt den unberechtigten Ausschluss von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl. Er verbietet dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist - ebenso wie der Grundsatz der Gleichheit der Wahl - ein Anwendungsfall des Art. 3 GG. Er unterscheidet sich von dem allgemeinen Gleichheitssatz durch seinen formalen Charakter und fordert, dass jeder sein staatsbürgerliches Recht zum Wählen in formal möglichst gleicher Weise ausüben kann. Diese Formalisierung im Bereich des Wahlrechts ist allerdings nicht mit einem Verbot jeglicher Differenzierung verbunden. Begrenzungen der Allgemeinheit der Wahl sind verfassungsrechtlich zulässig, bedürfen aber eines besonderen rechtfertigenden Grundes. So ist es etwa von jeher als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen worden, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.10.1973 - 2 BvC 3/73 -, m.w.N.; juris). Wer von einer Wahlberechtigung Gebrauch macht, übernimmt damit politische Verantwortung, und zwar nicht nur für sich selbst, sondern für die Allgemeinheit. Voraussetzung für die Gewährung der Wahlberechtigung ist deshalb ein gewisser Grad an politischer Einsichtsfähigkeit. Der Ausübung des Wahlrechts durch den gesetzlichen Vertreter steht entgegen, dass das Wahlrecht ein höchst persönliches Recht ist. Die inhaltliche Wahlentscheidung lässt eine Vertretung grundsätzlich nicht zu (vgl. dazu etwa von Münch, NJW 1995, 3165 ff.).
43 
b) Der Einspruch des Klägers zu 1 wurde vom Beklagten ebenfalls zu Recht zurückgewiesen.
44 
Der Kläger zu 1 war bei der Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 als Bürger der Stadtkorntal-München zwar wahlberechtigt und damit gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 KomWG grundsätzlich einspruchsbefugt. Im Hinblick auf die Ausübung seines eigenen aktiven Wahlrechts sind Verstöße im Sinne des § 32 Abs. 1 KomWG aber nicht ersichtlich. Soweit der Kläger zu 1 rügt, das amtliche Wahlergebnis sei an zwei verschiedenen Tagen mit unterschiedlichen Auszählungsergebnissen veröffentlicht worden, hat er dies nicht bereits im Einspruchsverfahren, sondern erst im Klageverfahren und damit verspätet geltend gemacht (vgl. § 31 Abs. 1 S. 2 KomWG). Zudem sind diesem Einspruch keine weiteren Wahlberechtigten gemäß § 31 Abs. 1 S. 3 KomWG beigetreten. Die im Klageverfahren vorgelegte Unterschriftenliste führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Dies schon deshalb nicht, weil das Quorum als Zulässigkeitsvoraussetzung für den Einspruch im Zeitpunkt des Ablaufs der Einspruchsfrist erfüllt sein muss (vgl. Quecke/Gackenholz/Bock, Das Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 31 Rn. 41); darüber hinaus betrifft die Unterschriftenliste ein anderes Begehren. Das Quorum stellt auch keine unzulässige Einschränkung des Kreises der Einspruchsberechtigten einer Wahl dar. Das Quorum soll die Zahl der Wahleinsprüche einschränken und damit die Erlangung endgültiger Klarheit über das Schicksal der Wahl beschleunigen. Es soll verhindert werden, dass ein einzelner Wahlberechtigter durch die Geltendmachung von Wahlfehlern, die ihn in seiner eigenen Rechtsstellung nicht betreffen, den Vollzug einer demokratischen Mehrheitsentscheidung zeitlich hinauszögern kann (vgl. Quecke/Gackenholz/Bock, a.a.O., § 31 Rn. 40). Es ist darüber hinaus nicht ersichtlich, dass durch Fehler bei der Bekanntmachung das Ergebnis der Wahl i.S.d. § 32 Abs. 1 KomWG beeinflusst werden konnte. Schließlich gilt für die rechnerische Feststellung des Wahlergebnisses durch den Wahlausschuss § 32 Abs. 3 KomWG, d.h. es kann nur die Verpflichtung, das Wahlergebnis neu festzustellen, begehrt werden.
45 
Im Hinblick auf die vom Kläger zu 1 begehrte Ausübung eines „Familienwahlrechts“ liegen Rechtsverstöße, insbesondere Verstöße gegen höherrangiges Recht, ebenfalls nicht vor. Der Kläger zu 1 trägt vor, er sei insoweit in eigenen Rechten als Familienvater betroffen. Das Gericht lässt offen, ob dem Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist weitere Wahlberechtigte gemäß § 31 Abs. 1 S. 3 KomWG beizutreten hatten. Der Einspruch ist jedenfalls nicht begründet.
46 
Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg sieht für Kommunalwahlen - in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Regelungen für Wahlen auf Landes- oder Bundesebene – ein „Familienwahlrecht“, bei dem die Sorgeberechtigten zu ihren eigenen Stimmen für jedes nicht wahlberechtigte Kind eine zusätzliche Stimme erhalten, nicht vor. Es handelt sich um eine Form des sog. Pluralwahlrechts, bei dem bestimmte Personengruppen eine oder mehrere Zusatzstimmen erhalten. Ein solches „Familienwahlrecht “ ist mit dem Grundsatz der Gleichheit der Wahl unvereinbar. Das Bundesverfassungsgericht hat schon in einer seiner ersten Entscheidungen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl dahingehend ausgelegt, „dass es angesichts der in der demokratischen Grundordnung verankerten unbedingten Gleichheit aller Staatsbürger bei der Teilnahme an der Staatswillensbildung keine Wertungen geben kann, die es zulassen würden, beim Zählwert der Stimmen zu differenzieren“ (BVerfG, Urteil vom 05.04.1952 - 2 BvH 1/52 -, Rdnr. 124 ., juris; s. auch von Münch, NJW 1995, 3165 ff.).
47 
Nach alledem besteht keine Veranlassung, die Einspruchsentscheidung „bis zur höchstrichterlichen Entscheidung des Sachverhalts durch das Bundesverfassungsgericht“ aufzuheben oder „das Ergebnis der Bürgermeisterwahl unter Vorbehalt der Verfassungsmäßigkeit als vorläufig zu erklären“. Eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der Wahl kommt ebenfalls nicht in Betracht, da vom Bundesverfassungsgericht eine anderslautende Entscheidung nicht zu erwarten ist. Die Kläger haben im Verfahren auch nicht mitgeteilt, wie die von ihnen eingelegte „allgemeine Verfassungsbeschwerde zum Wahlrecht“, die offensichtlich ein Aktenzeichen aus dem sog. Allgemeinen Register trägt, vom Bundesverfassungsgericht beschieden wurde.
48 
Die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr für die Einspruchsentscheidung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Bezüglich der Rechtsgrundlage für die Gebühr wird auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen. Die Höhe der - mit 50,-- EUR gering angesetzten - Gebühr ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
49 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladenen haben keinen eigenen Sachantrag gestellt und sind daher kein Kostenrisiko eingegangen (vgl. § 154 Abs. 3 VwG0), so dass es nicht der Billigkeit entspricht, die Kläger mit ihren außergerichtlichen Kosten zu belasten.
50 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft das in Art. 10 § 3 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen vom 4. November 1971 (BGBl I S. 1745; im Folgenden: MRVG) geregelte Verbot, Grundstückskaufverträge mit Ingenieur- oder Architektenverträgen zu koppeln.

2

1. Der Beschwerdeführer ist freier Architekt. Im Ausgangsrechtsstreit begehrte er aus abgetretenem Recht einer Gesellschaft, für die er tätig geworden war, nach vorzeitiger Beendigung eines Architektenvertrags Vergütung für erbrachte Leistungen nach den Leistungsphasen 1 bis 4 gemäß § 15 Abs. 2 der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen in der bis zum 17. August 2009 geltenden Fassung sowie für nicht erbrachte Leistungen nach den Leistungsphasen 5 bis 9.

3

Das Landgericht wies seine Klage ab, weil es den zugrunde liegenden Architektenvertrag wegen Verstoßes gegen das Koppelungsverbot aus Art. 10 § 3 MRVG für nichtig hielt. Auch das Oberlandesgericht hielt den Vertrag für nichtig, gab der Klage aber in geringem Umfang statt, weil der Beschwerdeführer insoweit einen Anspruch aus Bereicherungsrecht habe. Auf die Revision des Beschwerdeführers hob der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil mit Urteil vom 25. September 2008 (veröffentlicht in BGHZ 178, 130) auf und verwies die Sache zurück an das Oberlandesgericht. In Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung führte der Bundesgerichtshof aus, dass Art. 10 § 3 MRVG nicht anzuwenden sei, wenn der Erwerber eines Grundstücks den Architekten selbst veranlasst habe, ihm dieses zu vermitteln, und gleichzeitig die Beauftragung mit der Architektenleistung in Aussicht gestellt habe. Ob dies hier der Fall gewesen sei, lasse sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen. Daraufhin verurteilte das Oberlandesgericht den Beklagten zur Zahlung einer Vergütung hinsichtlich der Leistungsphasen 1 bis 4. Insoweit könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte dem Beschwerdeführer bereits zu Beginn der Zusammenarbeit in Aussicht gestellt habe, ihn beziehungsweise die Gesellschaft, für die er tätig war, zu beauftragen. Hinsichtlich der Leistungsphasen 5 bis 9 sei der Architektenvertrag dagegen wegen Verstoßes gegen das Koppelungsverbot nichtig. Es stehe fest, dass der Beklagte dem Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt vor Abschluss des Architektenvertrags in Aussicht gestellt habe, ihn mit diesen Leistungsphasen zu beauftragen.

4

Die Revision des Beschwerdeführers gegen dieses Urteil wies der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 22. Juli 2010 (veröffentlicht in BGHZ 186, 314) zurück, wobei er insbesondere ausführte, dass das Koppelungsverbot nicht gegen das Grundgesetz verstoße.

5

2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG. Es fehle schon an einem Gemeinwohlbelang, der den Eingriff in seine Berufsausübungsfreiheit rechtfertigen könnte. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich seit Inkrafttreten des Art. 10 § 3 MRVG im Jahr 1971 geändert. Die zahlenmäßige Bedeutung von Bauland habe sich seitdem stark verringert. Wo überhaupt noch Bauland erschlossen werden könne oder zur Verfügung stehe, sei dieses in der Regel im Einflussbereich von Bauträgern, die dem Koppelungsverbot nicht unterlägen. Damit gebe es für die gesetzliche Regelung keinen über Einzelfälle hinausreichenden Anwendungsbereich mehr. Soweit das Koppelungsverbot auch dazu dienen solle, Mieter vor einer Verteuerung auf dem Wohnungsmarkt zu schützen, sei zudem zumindest heute nicht zu erkennen, dass es einen Zusammenhang zwischen Architektenbindung und Miethöhe gebe. Jedenfalls sei die Regelung nicht erforderlich. § 138 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) biete einen hinreichenden Schutz. Außerdem führe das Koppelungsverbot zu einer unangemessenen Belastung. Da die Regelung unverhältnismäßig sei, verstoße sie auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

II.

6

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte des Beschwerdeführers angezeigt.

7

1. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) rügt, ist die Verfassungsbeschwerde mangels hinreichend substantiierter Begründung unzulässig (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Insoweit reicht es nicht aus, lediglich auf die bei der Rüge einer Verletzung der Berufsfreiheit behauptete Unverhältnismäßigkeit zu verweisen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz kann zwar je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen durchaus eine strenge Bindung des Gesetzgebers an Verhältnismäßigkeitserfordernisse folgen (vgl. BVerfGE 124, 199 <219> m.w.N.), so dass es zu einer wechselseitigen Verschränkung von Gleichheits- und Freiheitsschutz kommen kann (vgl. beispielsweise BVerfGE 109, 96 <123>; 111, 10 <48, 54>; 118, 1 <27 f.>; vgl. auch Osterloh, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 3 Rn. 18 ff.). Anknüpfungspunkt für die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Zusammenhang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz muss aber gerade der Differenzierungsgrund sein (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>; 126, 29 <47 f.>). Dem wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht. Der Beschwerdeführer setzt sich auch weder mit sachlichen Gründen für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung noch mit den Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung auseinander.

8

2. Eine Verletzung der Berufsfreiheit des Beschwerdeführers ist nicht zu erkennen.

9

a) Das von den Gerichten angewandte Koppelungsverbot greift in die Freiheit der Berufsausübung des Beschwerdeführers ein, nicht jedoch in die Freiheit der Berufswahl. Es beeinträchtigt nicht den Zugang zum Beruf des Architekten, sondern betrifft lediglich die Berufsausübung. Selbst wenn ein Architekt in Erweiterung seines Berufs regelmäßig auch die Vermittlung von Grundstücken und damit verbunden das Erbringen von Architektenleistungen betreiben wollte, würde er damit nicht den Zugang zu einem anderen Beruf als dem des Architekten anstreben. Bei Tätigkeiten, die nur als Bestandteil eines umfassenderen Berufs oder als Erweiterung eines anderen Berufs ausgeübt werden und deren Regelung die eigentliche Berufstätigkeit als Grundlage der Lebensführung unberührt lässt, kann von einem selbständigen Beruf keine Rede sein (vgl. BVerfGE 68, 272 <281>; zum Beruf des Architekten vgl. auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. April 1993 - 1 BvR 738/88 -, NVwZ-RR 1994, S. 153). Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass eine sinnvolle Ausübung des Architektenberufs durch die mit dem Koppelungsverbot verbundenen Einschränkungen und wirtschaftlichen Folgen in einer Weise beeinträchtigt würde, die einer Beschränkung der Berufswahlfreiheit nahe käme (vgl. dazu BVerfGE 123, 186 <239 ff.>). Der Beschwerdeführer macht selbst geltend, dass vom Koppelungsverbot nur wenige Fälle erfasst würden.

10

b) Der Eingriff ist gerechtfertigt. Er findet in Art. 10 § 3 MRVG die nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG erforderliche gesetzliche Grundlage. Das gesetzliche Koppelungsverbot und seine Anwendung im vorliegenden Fall genügen auch materiell den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG.

11

Das Verbot dient vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls (zu diesem Maßstab vgl. BVerfGE 7, 377 <405 ff.>; 85, 248 <259>). Es soll das freie Wahlrecht eines bauwilligen Grundstückserwerbers hinsichtlich des zu beauftragenden Ingenieurs oder Architekten sichern (vgl. BTDrucks VI/1549, S. 14 f.). Der Bauwillige soll in der Lage sein, sich seinen Vertragspartner allein aufgrund der fachlichen Eignung auszusuchen. Der Wettbewerb unter den verschiedenen Ingenieuren und Architekten soll nicht dadurch "manipuliert" werden, dass ein Wettbewerber "sich einer berufsfremden Tätigkeit, die der des Maklers ähnlich ist", widmet (BTDrucks VI/1549, S. 15; vgl. auch BTDrucks VI/2421, S. 6). Hierdurch wollte der Gesetzgeber zudem mittelbar einen Schutz von Mietern vor einem Anstieg der Mietpreise aufgrund steigender Baukosten erreichen (vgl. BTDrucks VI/1549, S. 6).

12

Es kann dahinstehen, ob sich das Koppelungsverbot heute tatsächlich merkbar auf die Bau- und damit möglicherweise auch die Mietpreise auswirkt und damit geeignet ist, zu einer Begrenzung des Mietpreisanstiegs beizutragen. Jedenfalls ist es geeignet, die Auswahl eines Architekten nach fach- und leistungsbezogenen Kriterien sowie den fachlichen Wettbewerb zwischen den Architekten zu fördern. Dabei handelt es sich erkennbar um eigenständige Ziele der gesetzlichen Regelung und nicht nur um Mittel zur Begrenzung der Bau- und Mietpreise (vgl. allerdings Hesse, BauR 1985, S. 30 <33>). Die Gesetzesbegründung stellt zwar einen Zusammenhang zwischen dem Wettbewerb unter Architekten und der Höhe der Mietpreise her, begründet das Koppelungsverbot aber gleichwohl eigenständig mit Blick auf die Auswahlmöglichkeit des Bauherrn und den Wettbewerb unter den Architekten.

13

Das Koppelungsverbot ist zur Erreichung dieses Zwecks geeignet. Ein Mittel ist bereits dann geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (stRspr; vgl. BVerfGE 103, 293 <307>; 121, 317 <354>). Insoweit kommt dem Gesetzgeber ebenso wie bei der Beurteilung der Erforderlichkeit des gewählten Mittels ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 90, 145 <173>; 117, 163 <189>). Es liegt auf der Hand, dass die Freiheit eines Bauherrn, zwischen verschiedenen Ingenieuren oder Architekten nach fachlichen Kriterien zu wählen, gestärkt wird, wenn er nicht schon durch den Erwerb eines Grundstücks an einen bestimmten Vertragspartner gebunden ist.

14

Gegen die Eignung lässt sich auch nicht erfolgreich einwenden, die Regelung sei letztlich kontraproduktiv, weil sie die Wettbewerbsfähigkeit der Architekten und Ingenieure schwäche und eine Monopolstellung von Bauträgern, Generalunternehmern und Generalübernehmern bewirke (vgl. dazu Vygen, BauR 2008, S. 730 <731>). Der Gesetzgeber hat das Koppelungsverbot bewusst auf Architekten und Ingenieure beschränkt und sich dagegen entschieden, auch "Unternehmer" in den Anwendungsbereich der Norm einzubeziehen (vgl. BTDrucks VI/2421, S. 6). Deshalb versteht der Bundesgerichtshof die Vorschrift auch als "nicht leistungs-, sondern berufsstandsbezogen" (BGHZ 89, 240 <243>; BGH, Urteil vom 18. März 1993 - VII ZR 176/92 -, NJW 1993, S. 2240; vgl. auch BGHZ 70, 55 <59 f.>; Christiansen-Geiss, Voraussetzungen und Folgen des Koppelungsverbotes Art. 10 § 3 MRVG, 2009, S. 103 ff.). Entscheidet sich ein Bauherr für die Beauftragung eines "freien" Architekten, dann sollen bei der Planung und Durchführung des von ihm gewünschten Bauwerks seine Interessen im Vordergrund stehen; der Architekt soll insoweit eine Sachwalterfunktion wahrnehmen (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. April 1993 - 1 BvR 738/88 -, a.a.O., S. 153). Insoweit unterscheidet sich die Situation typischerweise von derjenigen beim Vertragsschluss namentlich mit einem gewerblichen Bauträger. Bei dessen Tätigkeiten geht es, wie der Bundesgerichtshof im angegriffenen Urteil hervorgehoben hat, um ein "Gesamtpaket", bei dem mit der Grundstücksbeschaffung und der kompletten Erstellung eines Bauwerkes andere Leistungen im Vordergrund stehen (vgl. auch Doerry, in: Prütting, Festschrift für Gottfried Baumgärtel zum 70. Geburtstag, 1990, S. 41 <52>).

15

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass der Gesetzgeber, dem auch insoweit ein Einschätzungsspielraum zusteht, die Überprüfung von Koppelungsgeschäften am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB nicht als in jeder Hinsicht gleich wirksames Mittel angesehen hat. Bis zum Inkrafttreten des Art. 10 § 3 MRVG waren vergleichbare Bindungsvereinbarungen an Architekten zwar als standeswidrig, aber nur unter engen Voraussetzungen als nichtig gemäß § 138 BGB angesehen worden. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs sollte allein der Umstand, dass "ein Baulustiger, wenn er ein Grundstück erwerben und bebauen will, in der Wahl des Architekten nicht mehr völlig frei ist", unschädlich sein (vgl. BGHZ 60, 28 <33>; vgl. dazu Christiansen-Geiss, a.a.O., S. 33 ff.). Angesichts dessen durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass allein durch § 138 Abs. 1 BGB die Wahlfreiheit des Bauwilligen nicht hinreichend geschützt würde.

16

Es lässt sich schließlich nicht feststellen, dass das Koppelungsverbot unverhältnismäßig im engeren Sinne wäre. Der Begründung der Verfassungsbeschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass sich das Verbot über den vorliegenden Einzelfall hinaus auf die Berufstätigkeit des Beschwerdeführers auswirken würde. Das Vorbringen, es gebe für das Verbot kaum noch einen praktischen Anwendungsbereich, deutet im Gegenteil darauf hin, dass die von ihm ausgehenden Beeinträchtigungen insgesamt eher gering sind. Vor allem aber lassen Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Art. 10 § 3 MRVG den Fachgerichten genügend Raum, bei der Anwendung und Auslegung der Norm die Interessen der betroffenen Ingenieure und Architekten in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise zu berücksichtigen. Das zeigt die erste Revisionsentscheidung im zugrunde liegenden Verfahren, mit der der Bundesgerichtshof in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung den Anwendungsbereich des Verbots mit Rücksicht auf die Berufsfreiheit der Architekten erheblich eingeschränkt hat.

17

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist, wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Eine Ehe darf nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden. Mit einer Person, die das 16. Lebensjahr nicht vollendet hat, kann eine Ehe nicht wirksam eingegangen werden.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Geschäftsunfähig ist:

1.
wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
2.
wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

(1) Wer wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, verliert für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen.

(2) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren die in Absatz 1 bezeichneten Fähigkeiten aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.

(3) Mit dem Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat.

(4) Mit dem Verlust der Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt.

(5) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.

(1) Wer als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für dieses Mitglied oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass es bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse.

(3) Den in den Absätzen 1 und 2 genannten Mitgliedern gleich stehen Mitglieder

1.
einer Volksvertretung einer kommunalen Gebietskörperschaft,
2.
eines in unmittelbarer und allgemeiner Wahl gewählten Gremiums einer für ein Teilgebiet eines Landes oder einer kommunalen Gebietskörperschaft gebildeten Verwaltungseinheit,
3.
der Bundesversammlung,
4.
des Europäischen Parlaments,
5.
einer parlamentarischen Versammlung einer internationalen Organisation und
6.
eines Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates.

(4) Ein ungerechtfertigter Vorteil liegt insbesondere nicht vor, wenn die Annahme des Vorteils im Einklang mit den für die Rechtsstellung des Mitglieds maßgeblichen Vorschriften steht. Keinen ungerechtfertigten Vorteil stellen dar

1.
ein politisches Mandat oder eine politische Funktion sowie
2.
eine nach dem Parteiengesetz oder entsprechenden Gesetzen zulässige Spende.

(5) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen.

(1) Auf Unfähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen oder in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, darf nicht erkannt werden. Die Bekanntgabe der Verurteilung darf nicht angeordnet werden.

(2) Der Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen (§ 45 Abs. 1 des Strafgesetzbuches), tritt nicht ein.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführer wandten sich mit einer Popularklage gemäß Art. 98 Satz 4 der Verfassung des Freistaates Bayern (im Folgenden: BV) gegen Art. 15 Abs. 2, Art. 18a der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung, im Folgenden: GO) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 des Gesetzes über die Wahl der Gemeinderäte, der Bürgermeister, der Kreistage und der Landräte (Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz, im Folgenden: GLKrWG) und Art. 11 Abs. 2, Art. 12a der Landkreisordnung für den Freistaat Bayern (Landkreisordnung, im Folgenden: LKrO) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GLKrWG.

2

1. Der am 7. Februar 1992 in Maastricht unterzeichnete Vertrag über die Europäische Union sieht das aktive und passive Wahlrecht von Unionsbürgerinnen und -bürgern bei den Kommunalwahlen in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, zu denselben Bedingungen wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaates vor (Art. 8b Abs. 1 EGV beziehungsweise Art. 19 Abs. 1 EGV, nunmehr Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe b, Art. 22 Abs. 1 AEUV).

3

Um die innerstaatliche Verfassungsrechtslage an diese Vertragsänderung anzupassen (vgl. BTDrucks 12/3338, S. 5), wurde mit Änderungsgesetz vom 21. Dezember 1992 in Art. 28 Abs. 1 GG folgender neuer Satz 3 eingefügt (BGBl I S. 2086):

Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar.

4

Die Richtlinie 94/80/EG des Rates vom 19. Dezember 1994 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen (ABl EG Nr. L 368 vom 31. Dezember 1994, S. 38 ff.), legt die Einzelheiten fest (vgl. Art. 22 Abs. 1 Satz 1 AEUV), nach denen Unionsbürger in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, das aktive und passive Wahlrecht bei den Kommunalwahlen ausüben können (vgl. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 94/80/EG des Rates vom 19. Dezember 1994 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen). Als Kommunalwahlen definiert die Richtlinie die allgemeinen, unmittelbaren Wahlen, die darauf abzielen, die Mitglieder der Vertretungskörperschaft und gegebenenfalls gemäß den Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaates den Leiter und die Mitglieder des Exekutivorgans einer lokalen Gebietskörperschaft der Grundstufe zu bestimmen (Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 94/80/EG des Rates vom 19. Dezember 1994 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen).

5

Zur Umsetzung dieser Richtlinie wurde in Bayern mit Gesetz vom 26. Juli 1995 (GVBl S. 371) das Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz geändert. Art. 1 Abs. 1 GLKrWG lautete sodann:

Art. 1 Voraussetzungen des Wahlrechts

(1) Wahlberechtigt bei Gemeinde- und Landkreiswahlen sind alle Deutschen im Sinn des Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie alle Staatsangehörigen der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger), die am Wahltag

1. das 18. Lebensjahr vollendet haben,

2. sich seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde, bei Landkreiswahlen im Landkreis, mit dem Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen aufhalten. Dieser Aufenthalt wird dort vermutet, wo die Person gemeldet ist. Ist eine Person in mehreren Gemeinden gemeldet, wird der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen dort vermutet, wo sie mit der Hauptwohnung gemeldet ist,

3. nicht nach Art. 2 vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.

6

In der derzeitigen Fassung bestimmt Art. 1 GLKrWG Folgendes:

Art. 1 Wahlrecht

(1) Wahlberechtigt bei Gemeinde- und Landkreiswahlen sind alle Personen, die am Wahltag

1. Unionsbürger sind,

2. das 18. Lebensjahr vollendet haben,

3. sich seit mindestens zwei Monaten im Wahlkreis mit dem Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen aufhalten,

4. nicht nach Art. 2 vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.

(2) Unionsbürger sind alle Deutschen im Sinn des Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie die Staatsangehörigen der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

[…]

7

Durch einen Volksentscheid vom 1. Oktober 1995 wurden in Bayern auf Gemeinde- und Landkreisebene Bürgerbegehren und Bürgerentscheide eingeführt (Gesetz vom 27. Oktober 1995, GVBl S. 730). Art. 7 BV erhielt durch die Änderung seines Absatzes 2 folgende Fassung:

(1) Staatsbürger ist ohne Unterschied der Geburt, der Rasse, des Geschlechts, des Glaubens und des Berufs jeder Staatsangehörige, der das 18. Lebensjahr vollendet hat.

(2) Der Staatsbürger übt seine Rechte aus durch Teilnahme an Wahlen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden sowie Volksbegehren und Volksentscheiden.

(3) Die Ausübung dieser Rechte kann von der Dauer eines Aufenthalts bis zu einem Jahr abhängig gemacht werden.

8

Art. 12 BV wurde um folgenden Absatz 3 ergänzt:

(3) Die Staatsbürger haben das Recht, Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden und Landkreise durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheid zu regeln. Das Nähere regelt ein Gesetz.

9

Zudem wurden durch den Volksentscheid Regelungen zum Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in die Gemeinde- (Art. 18a GO) und Landkreisordnung (Art. 12a LKrO) aufgenommen. Danach steht die Teilnahme an Bürgerbegehren und -entscheiden, die auf Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises beschränkt sind, allen Gemeinde- (vgl. Art. 18a Abs. 1, 5, 6 und 10 Satz 3 GO) beziehungsweise Kreisbürgern (Art. 12a Abs. 1, 5 Satz 1 und 2, Abs. 6, 7 Satz 1 und 2 und Abs. 10 Satz 3 LKrO) offen. Gemeinde- beziehungsweise Kreisbürger sind gemäß Art. 15 Abs. 2 GO beziehungsweise Art. 11 Abs. 2 LKrO alle Gemeinde- beziehungsweise Kreisangehörigen, die bei den jeweiligen Kommunalwahlen wahlberechtigt sind. Daher sind in Bayern auch Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten zur Teilnahme an Bürgerbegehren und -entscheiden berechtigt. Gemäß Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO beziehungsweise Art. 12a Abs. 12 Satz 1 LKrO hat ein Bürgerentscheid die Wirkung eines Beschlusses des Gemeinderats beziehungsweise Kreistags.

10

2. Mit ihrer Popularklage rügten die Beschwerdeführer, dass die Mitwirkung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Bürgerbegehren und -entscheiden gegen Art. 2, Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 und Art. 101 BV verstoße.

11

Mit Beschluss vom 12. Juni 2013 (Vf. 11-VII-11) hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass die landesgesetzlichen Regelungen, die Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten das Recht zur Teilnahme an kommunalen Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden einräumen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind.

12

a) Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) unter dem Gesichtspunkt der Verletzung bundesrechtlicher Vorschriften, hier des Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG, sei nicht gegeben. Prüfungsmaßstab im Popularklageverfahren sei allein die Bayerische Verfassung. Verstoße eine Vorschrift des Landesrechts gegen Bundesrecht, könne dies im Popularklageverfahren nur insoweit entscheidungserheblich werden, als darin zugleich ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV liege. Das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung erstrecke seine Schutzwirkung aber nicht in den Bereich des Bundesrechts mit der Folge, dass jeder formelle oder inhaltliche Verstoß einer landesrechtlichen Vorschrift gegen Bundesrecht zugleich eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips der Bayerischen Verfassung darstellte. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV sei vielmehr erst dann verletzt, wenn der Widerspruch des bayerischen Landesrechts zum Bundesrecht offen zutage trete und darüber hinaus auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender, besonders krasser Eingriff in die Rechtsordnung zu werten sei. Unter Beachtung dieser Prüfungsschranken könne ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip nicht festgestellt werden. Zwar würden von den in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG in Bezug genommenen Regelungen des Unionsrechts nach nahezu einhelliger Ansicht in der Literatur nur Wahlen erfasst, nicht auch Abstimmungen über Sachfragen, so dass sich die Regelung im Grundgesetz allein auf die Teilnahme an Kommunalwahlen beziehe. Hieraus werde in der Literatur teilweise gefolgert, dass landesrechtliche Regelungen, die Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten auch die Teilnahme an kommunalen Sachentscheidungen eröffneten, gegen das Grundgesetz verstießen. Nach der in der Literatur ebenfalls vertretenen Gegenmeinung jedoch zwinge die Tatsache, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber die kommunalen Abstimmungen in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG nicht geregelt habe, nicht zu dem Schluss, dass er die Teilnahme von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen habe ausschließen wollen. Auch ohne ausdrückliche Einbeziehung in das Grundgesetz und das Unionsrecht bestehe auf Landesebene ausreichender Spielraum, nichtdeutschen Unionsbürgern über das kommunale Wahlrecht hinaus ein Recht zur Teilnahme an kommunalen (Sach-)Abstimmungen einzuräumen. Durch die Aufnahme der in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG enthaltenen Öffnungsklausel könne der Gemeinderat nunmehr von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten mitgewählt werden und sogar aus solchen bestehen. Die Einbeziehung derselben Unionsbürger in das aktive Stimmrecht bei Gemeinderatsbeschlüssen gleichstehenden Bürgerentscheiden und bei Bürgerbegehren stelle keinen Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG dar, da die demokratische Legitimationsgrundlage bei Wahlen und Abstimmungen einheitlich zu beurteilen sei. Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG sei dementsprechend systematisch-teleologisch erweiternd zu interpretieren. Aufgrund dieses Meinungsstands bestehe jedenfalls kein offen zutage tretender Widerspruch der vorliegend angegriffenen Regelungen zu Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV könne daher nicht festgestellt werden.

13

Auch das Unionsrecht sei im Popularklageverfahren nicht unmittelbarer Prüfungsmaßstab. Die Frage, ob das Unionsrecht wie Bundesrecht über Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV mittelbar Bedeutung erlangen könne, habe der Verfassungsgerichtshof bisher offen gelassen. Diese Frage könne auch weiterhin offen bleiben. Vorliegend sei ein Widerspruch zu den maßgeblichen Regelungen des primären und sekundären Unionsrechts schon ansatzweise nicht erkennbar, da diese die Möglichkeit zur Teilnahme von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen weder verlangten noch verböten.

14

b) Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV seien ebenfalls nicht verletzt. Staatsbürger im Sinne der Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 Satz 1 BV seien nach den maßgeblichen Verfassungsbestimmungen zunächst alle in Bayern wohnhaften deutschen Staatsangehörigen. Die hieraus abgeleitete Auffassung, dass die Bayerische Verfassung allein eine Teilhabe deutscher Staatsangehöriger an der Staatsgewalt zulasse, bedürfe jedoch angesichts der im konkreten Fall zugrunde liegenden Rechtsentwicklung der Modifikation. Eine Bewertung der Verfassungsänderung, mit der Bürgerbegehren und -entscheide verfassungsrechtlich verankert worden seien, anhand ihrer Entstehungsgeschichte ergebe, dass Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 Satz 1 BV der Teilnahme nichtdeutscher Unionsbürger an kommunalen Abstimmungen nicht entgegenstünden.

15

aa) Die Verfassungsinterpretation diene der Beseitigung von Unklarheiten, die verfassungsrechtlichen Vorschriften anhafteten, mit dem Ziel, das zur Geltung zu bringen, was die Norm eigentlich ausdrücken solle. Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs sei es, im Wege der Verfassungsinterpretation die anzuwendende Verfassungsnorm in ein dem objektivierten Willen des Verfassungsgebers zu entnehmendes Begriffs- und Wertsystem einzuordnen und so ihren Sinngehalt zu ermitteln. Dabei stünden dem Verfassungsgerichtshof die üblichen Auslegungsmethoden zur Verfügung. An dem Wortlaut einer Norm müsse bei deren Auslegung nicht unbedingt festgehalten werden. Diese sogenannte grammatikalische Auslegung sei nur eine von mehreren sich gegenseitig ergänzenden Methoden. Daneben träten besonders die Auslegung der Norm aus ihrem Zusammenhang und die Auslegung nach ihrem Zweck. Die Auslegung der Norm müsse auf die realen Gegebenheiten Bedacht nehmen, aus denen sie erwachse und auf die sie bezogen sei; sie dürfe an den konkreten Lebensverhältnissen nicht vorübergehen. Auch die Entstehungsgeschichte einer Verfassungsnorm könne bei der Auslegung Berücksichtigung finden und Anhaltspunkte geben.

16

bb) Der Entstehungsgeschichte der Verfassungsänderung, mit der Bürgerbegehren und -entscheide verankert worden seien, komme vorliegend aus folgenden Gründen maßgebliche Bedeutung zu:

17

Kommunale Bürgerbegehren und -entscheide seien durch Volksentscheid vom 1. Oktober 1995 eingeführt worden. Art. 1 des dem Volksentscheid zugrunde liegenden Gesetzes enthalte Änderungen des Art. 7 Abs. 2 und des Art. 12 BV. Durch Art. 2 und 3 des Gesetzes seien Regelungen zum Bürgerbegehren und -entscheid in die Gemeinde- und die Landkreisordnung aufgenommen worden. Dem Volksentscheid vorgeschaltet gewesen sei das Volksbegehren "Mehr Demokratie in Bayern: Bürgerentscheide in Gemeinden und Kreisen", das zusammen mit den erforderlichen Unterschriften im Oktober 1994 beim Bayerischen Staatsministerium des Innern eingereicht worden sei.

18

Die durch den Volksentscheid vorgenommenen Rechtsänderungen hätten zum einen zur Folge gehabt, dass in Art. 7 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 3 BV ein Recht der Staatsbürger auf Teilnahme an Bürgerbegehren und -entscheiden verankert worden sei. Zum anderen sei durch die einfachgesetzlichen Änderungen der Gemeinde- und Landkreisordnung bewirkt worden, dass sich auch Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen beteiligen könnten. Diese Konsequenz des dem Volksentscheid zugrunde liegenden Gesetzes sei beim Erreichen des vorgeschalteten Volksbegehrens nicht absehbar gewesen, da zu diesem Zeitpunkt nichtdeutsche Unionsbürger noch nicht berechtigt gewesen seien, auf Gemeinde- und Kreisebene an Kommunalwahlen teilzunehmen. Sie habe sich erst während des Volksgesetzgebungsverfahrens als Folge der Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes vom 26. Juli 1995 ergeben.

19

cc) Vor dem Hintergrund dieser Entstehungsgeschichte ließen die Regelungen der Art. 7 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 3 BV die Beteiligung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen zu.

20

Im Rahmen des Volksgesetzgebungsverfahrens, das in den Volksentscheid vom 1. Oktober 1995 gemündet sei, sei eine Reaktion auf die sich gleichzeitig ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen zur Teilhabe nichtdeutscher Unionsbürger auf der Ebene der Gemeinden und Landkreise nicht möglich gewesen. Die Beteiligung des Volkes an der Gesetzgebung könne in aller Regel nur auf eine Ja- oder Nein-Entscheidung hinauslaufen. Das Volk habe keine Mitwirkungsmöglichkeit bei der Erarbeitung des Gesetzestextes. Anders als im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren fehle die Möglichkeit der stetigen Verbesserung und Anpassung an geänderte tatsächliche oder rechtliche Rahmenbedingungen. Nach der Begründung des dem Volksentscheid vom 1. Oktober 1995 zugrunde liegenden Volksbegehrens sei es Ziel der Initiatoren gewesen, mehr Demokratie in Bayern dadurch zu erreichen, dass die Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde sowie eines Landkreises über bestimmte Angelegenheiten selbst entscheiden könnten (vgl. LTDrucks 13/1252, S. 1). Die Schaffung einer in sich widersprüchlichen Regelung, die einerseits - durch Änderung der Verfassung (Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 BV) - die Teilnahme an kommunalen Abstimmungen auf deutsche Staatsangehörige beschränke und andererseits - durch Einführung entsprechender einfachrechtlicher Regelungen in der Gemeinde- und Landkreisordnung - eben diese Teilhabe auf nichtdeutsche Unionsbürger erstrecke, habe dem verfassungsändernden Volksgesetzgeber fern gelegen. Es sei daher im Wege der Auslegung sicherzustellen, dass dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, der allen Gemeinde- und Landkreisbürgern ein Mehr an direktdemokratischer Beteiligung habe eröffnen wollen, möglichst weitgehend Geltung verschafft werde. Dafür, dass der Volksgesetzgeber diese Teilhabe gegebenenfalls auf deutsche Staatsangehörige habe beschränken wollen, seien keine Anhaltspunkte ersichtlich.

21

dd) Für die Auffassung, dass Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV die Teilnahme von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen zuließen, spreche auch der Gedanke der Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit.

22

Aufgrund unionsrechtlicher Regelungen sei der nationale Gesetzgeber verpflichtet, eine Berechtigung nichtdeutscher Unionsbürger zur Teilnahme an den Kommunalwahlen einzuführen. Der Freistaat Bayern sei dieser Verpflichtung durch Ergänzung von Art. 1 GLKrWG nachgekommen. Die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben habe damit zur Folge, dass Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten den Gemeinderat und den Kreistag mitwählen und diesen Gremien auch angehören könnten. Sie seien gegebenenfalls an Beschlüssen des Gemeinderats und des Kreistags beteiligt und hätten gemäß Art. 18a Abs. 8 Satz 1 GO, Art. 12a Abs. 8 Satz 1 LKrO sogar über die Zulässigkeit von Bürgerbegehren mitzuentscheiden. Es liege auf der Hand, dass eine Regelung, die denselben Bürgern die Mitwirkung an der Entscheidung einer einzelnen Sachfrage durch - gemäß Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO, Art. 12a Abs. 12 Satz 1 LKrO einem Gemeinderats- beziehungsweise Kreistagsbeschluss gleichstehenden - Bürgerentscheid verwehre, systematische Brüche aufweise.

23

Auch sei es nicht nachvollziehbar, inwiefern für Wahlen und Abstimmungen auf derselben (kommunalen) Ebene verschiedene Teilnehmerkreise und damit unterschiedliche Legitimationssubjekte maßgeblich sein sollten. Es erscheine inkonsequent, eine Aufspaltung der kommunalen demokratischen Legitimationsgrundlage anzunehmen, je nachdem, ob die von den Bürgern herzuleitenden Entscheidungen einerseits von den gewählten Vertretungen beziehungsweise Bürgermeistern oder Landräten und ihren Verwaltungen oder andererseits von den Bürgern selbst getroffen würden. Wenn bei einem Bürgerentscheid die Bürger eine Sachfrage selbst entschieden, dann wechsle lediglich die Form, in der Staatsgewalt auf kommunaler Ebene ausgeübt werde. Das Legitimationssubjekt könne durch diesen Formenwechsel bei Ausübung derselben Staatsgewalt nicht von Verfassungs wegen zwingend anders geworden sein, nämlich ein auf die Deutschen im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG beschränkter Kreis.

24

ee) Dieser Beurteilung stehe nicht entgegen, dass nach Art. 75 Abs. 1 Satz 2 BV Änderungen der Verfassung, die den demokratischen Grundgedanken der Verfassung widersprächen, unzulässig seien. Zwar bedeute die Grundentscheidung der Bayerischen Verfassung für ein demokratisches Staatswesen (Art. 2 Abs. 1, Art. 4, 5 Abs. 1 BV), dass staatliche Herrschaft grundsätzlich durch das Volk, das heißt die deutschen Staatsangehörigen, legitimiert sein müsse. Dies schließe jedoch nicht aus, dass auf kommunaler Ebene Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten die Möglichkeit der Teilhabe sowohl an Wahlen als auch an Abstimmungen eingeräumt werde. Für die Teilnahme an Kommunalwahlen ergebe sich eine entsprechende Klarstellung im Hinblick auf die vergleichbare bundesstaatliche Regelung des Art. 79 Abs. 3 GG aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Oktober 1990 (BVerfGE 83, 37 <59>). Dafür, dass die Beteiligung an kommunalen Abstimmungen nicht abweichend beurteilt werden könne, sprächen die bereits dargelegten Erwägungen.

25

ff) Ebenso wenig stehe das Homogenitätsgebot des Grundgesetzes der Auslegung entgegen, dass Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 Satz 1 BV die Teilnahme von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen zuließen. Gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG müsse die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern unter anderem den Grundsätzen des demokratischen Rechtsstaats im Sinne des Grundgesetzes entsprechen. Danach bestehe eine Bindung hinsichtlich der demokratischen Organisation und Legitimation von Staatsgewalt. Art. 28 Abs. 1 GG wolle dasjenige Maß an struktureller Homogenität zwischen Gesamtstaat und Gliedstaat gewährleisten, das für das Funktionieren eines Bundesstaates unerlässlich sei. Er wolle aber nicht für Uniformität sorgen. Das Grundgesetz gehe im Gegenteil von der grundsätzlichen Verfassungsautonomie der Länder aus. Es fordere nur ein Mindestmaß an Homogenität, das auf die in Art. 28 Abs. 1 GG genannten Staatsstruktur- und Staatszielbestimmungen und innerhalb dieser wiederum auf deren Grundsätze beschränkt sei. Zu diesen auch von den Ländern zu beachtenden demokratischen Grundprinzipien gehöre, dass die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen als Ausübung von Staatsgewalt grundsätzlich die Eigenschaft als Deutscher voraussetze. Allerdings enthalte das Grundgesetz selbst in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG eine Ausnahme für Wahlen in Kreisen und Gemeinden, bei denen nach Maßgabe des Unionsrechts auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union besäßen, wahlberechtigt und wählbar seien. Art. 28 Abs. 1 GG akzeptiere im Hinblick auf die genannten Wahlen somit auch Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten als demokratisch legitimationsbefähigt. Aufgrund dieser Ausweitung der demokratischen Legitimationsgrundlage auf kommunaler Ebene könne es dem Landesgesetzgeber nicht verwehrt sein, solche Legitimationskraft auch der eng damit verbundenen plebiszitären Beteiligung nichtdeutscher Unionsbürger zuzuerkennen.

26

c) Aus der Staatsfundamentalnorm des Art. 2 BV, die durch weitere einschlägige Verfassungsnormen, wie die bereits als Prüfungsmaßstab herangezogenen Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV, näher ausgestaltet werde, ergebe sich keine andere Bewertung.

27

d) Ein Verstoß gegen Art. 101 BV sei ebenfalls nicht gegeben. Die von den Beschwerdeführern gehegten Befürchtungen, es werde zu Bürgerentscheiden kommen, die ihrerseits freiheitsbeschränkenden Charakter hätten, könnten nicht begründen, dass die Rechtsgrundlagen für die Teilnahme von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Bürgerbegehren und -entscheiden gegen Art. 101 BV verstießen. Es handele sich insoweit lediglich um mittelbare Auswirkungen der angegriffenen Rechtsnormen, wie sie sich grundsätzlich auch aus Entscheidungen der gewählten Organe der Gemeinden oder des Landkreises ergeben könnten.

28

Die Entscheidung wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführer am 17. Juni 2013 zugestellt.

29

3. Mit Schreiben vom 29. Juni 2013 erhoben die Beschwerdeführer eine Anhörungsrüge.

30

Mit Schreiben vom 3. Juli 2013 teilte der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs den Beschwerdeführern mit, dass eine Anhörungsrüge gegen die Entscheidung vom 12. Juni 2013 nicht statthaft sei. Die Vorschriften über die Anhörungsrüge, die für fachgerichtliche Entscheidungen konzipiert seien, fänden auf Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs keine entsprechende Anwendung. Habe der Bayerische Verfassungsgerichtshof die Verfassungsmäßigkeit einer landesrechtlichen Rechtsvorschrift festgestellt, so sei die Rechtslage geklärt und es müsse dabei grundsätzlich sein Bewenden haben. Es sei daher auch nicht beabsichtigt, die Spruchgruppe, die am 12. Juni 2013 entschieden habe, erneut mit der Angelegenheit zu befassen.

31

Mit Schriftsatz vom 17. Juli 2013, eingegangen am selben Tag, erhoben die Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde.

II.

32

Gerügt wird eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG durch die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 12. Juni 2013 sowie darüber hinaus eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG und dem allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch durch das Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 3. Juli 2013.

1. Entscheidung vom 12. Juni 2013

33

a) Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichte die Gerichte, Ausführungen der Prozessbeteiligten zu ermöglichen, diese zur Kenntnis zu nehmen und in ihre Erwägung mit einzubeziehen. Eng damit zusammen hänge das ebenfalls aus Art. 103 Abs. 1 GG folgende Verbot von Überraschungsentscheidungen.

34

Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs sei vorliegend vollkommen überraschend, da sie in ihrer maßgeblichen Argumentation zur Frage, ob der Begriff des Staatsbürgers in Art. 7 Abs. 1, 2 BV im Hinblick auf Bürgerbegehren und -entscheide auch EU-Ausländer mitumfasse, jedenfalls ganz überwiegend auf die Entstehungsgeschichte der Verfassungsänderung abstelle, mit der Bürgerbegehren und -entscheide verfassungsrechtlich verankert worden seien. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Rang und zur Bedeutung der entstehungsgeschichtlichen Auslegung hinzuweisen, die der Bayerische Verfassungsgerichtshof unter anderem in seiner Entscheidung vom 30. Oktober 1958 (188 IV 57) übernommen habe. Hiernach sei für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergebe, maßgebend. Nicht entscheidend sei dagegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung. Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift komme für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen erhaltenen Auslegung bestätige oder Zweifel behebe, die auf dem angegebenen Weg allein noch nicht hätten ausgeräumt werden können. Vorliegend habe der Bayerische Verfassungsgerichtshof jedoch ausgeführt, dass der Entstehungsgeschichte der Verfassungsänderung "maßgebliche Bedeutung" zukomme. Der Verfassungsgerichtshof hätte die Beschwerdeführer daher auf diese von ihm beabsichtigte maßgebliche Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte hinweisen müssen. Dann hätten sie Gelegenheit zu weiteren Sach- und Rechtsausführungen gehabt und möglicherweise eine für sie günstige Entscheidung erreichen können. Schon die anfängliche Annahme des Verfassungsgerichtshofs, wonach die Berechtigung von Unionsbürgern zur Teilnahme an Bürgerbegehren und -entscheiden beim Einreichen des Volksbegehrens nicht absehbar gewesen sei, sei abwegig und überraschend, da die einschlägige Grundgesetzänderung bereits am 21. Dezember 1992 erfolgt sei. Bei dem Volksbegehren, das 1994 Unterschriften gesammelt habe und im Oktober 1994 beim Bayerischen Staatsministerium des Innern eingereicht worden sei, habe nicht ernsthaft unklar gewesen sein können, dass seit Ende 1992 auch EU-Ausländer bei Gemeinde- und Landkreiswahlen das aktive und passive Wahlrecht hätten. Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG beziehe sich ausschließlich auf Wahlen. Auch das Unionsrecht erfordere keine zwingende Beteiligung von Unionsbürgern an Bürgerbegehren und -entscheiden. Dann aber habe das Volksbegehren vom Oktober 1994, da es sich unstreitig auch an Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG habe messen lassen müssen, nicht bereits mitumfasst, dass auch nichtdeutsche Unionsbürger zur Teilnahme an Bürgerbegehren und -entscheiden berechtigt würden. Die hierzu von den Beschwerdeführern gemachten Ausführungen seien nicht angemessen gewürdigt worden. Es hätte zumindest eines Hinweises bedurft, weshalb diese Aspekte, insbesondere die Entstehungsgeschichte von Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG, der zufolge Abstimmungen bewusst nicht in diese Vorschrift aufgenommen worden seien, letztlich ohne maßgebliche Bedeutung seien. Auch auf die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Strukturunterschiede zwischen Wahlen und Abstimmungen sei der Bayerische Verfassungsgerichtshof nicht eingegangen.

35

b) Art. 3 Abs. 1 GG enthalte ein Verbot objektiver Willkür. Es sei anerkannt, dass eine objektive Widersprüchlichkeit in der Argumentation des Gerichts ein klares Indiz für einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstelle. Weiche ein Fachgericht bei der Anwendung einer Norm des einfachen Rechts von der Auslegung ab, die die höchstrichterliche Rechtsprechung der Vorschrift bislang gegeben habe, widerspreche dies Art. 3 Abs. 1 GG, falls sich eine Rechtfertigung hierfür weder aus den Entscheidungsgründen noch aus den übrigen Umständen des Falles entnehmen lasse. Die Begründung des Gerichts müsse dann zumindest erkennen lassen, dass es sich mit der Rechtslage eingehend auseinandergesetzt habe. Im vorliegenden Fall bestünden gravierende Widersprüche in der Argumentation des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. Das Gericht weiche zudem von seiner eigenen Rechtsprechung und derjenigen des Bundesverfassungsgerichts betreffend den Rang der entstehungsgeschichtlichen Argumentation ab, ohne dies fundiert und widerspruchsfrei zu begründen. Unlogisch sei auch die Annahme, dass die Konsequenzen des Volksentscheids nicht absehbar gewesen seien. Die Ausführungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs seien auch insofern widersprüchlich, als er die Verfassung, das heißt den Begriff des Staatsbürgers in Art. 7 Abs. 2 BV, im Licht des einfachen Gesetzesrechts auslege, anstatt das einfache Recht der Gemeinde- und Landkreisordnung im Lichte der Verfassung auszulegen. Dass er noch nicht einmal prüfe, ob die von ihm postulierte Widersprüchlichkeit des Volksentscheidungsgesetzes auch auf andere Weise und im Einklang mit den bisherigen Auslegungsmethoden aufgelöst werden könne, spreche Bände. Eine Auslegung dahingehend, dass der Volksgesetzgeber die Problematik trotz der bereits 1992 erfolgten Grundgesetzänderung schlicht nicht gesehen beziehungsweise übersehen haben könnte, sei alles andere als fernliegend. Unhaltbar sei auch die These, wonach keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass der Volksgesetzgeber die Teilhabe auf deutsche Staatsangehörige habe beschränken wollen. Dieser Ansatz sei schon deshalb falsch, weil ein solcher Anhaltspunkt darin bestehe, dass der Volksgesetzgeber gerade nicht den in der Verfassung seit jeher vorhandenen Begriff des Staatsbürgers geändert habe. Schließlich stehe auch die These vom "erkennbaren Willen des Volksgesetzgebers" im Widerspruch zu der Annahme, nach der die Konsequenzen von Volksbegehren und Volksentscheid angeblich nicht absehbar gewesen seien. Der Verfassungsgerichtshof sei von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Auslegung von Gesetzen abgewichen, wonach der Entstehungsgeschichte einer Norm für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zukomme, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätige oder Zweifel behebe, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden könnten, und die Materialien nicht dazu verleiten dürften, die subjektiven Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen dem objektiven Sinngehalt gleichzusetzen. Eine Begründung hierfür gebe er nicht; sie sei auch nicht erkennbar. Es müsse davon ausgegangen werden, dass er sich der Abweichung nicht bewusst gewesen sei.

36

c) Die Rechtsschutzmöglichkeiten derjenigen, die eine zulässige Popularklage einreichten, seien massiv eingeschränkt, wenn der Bayerische Verfassungsgerichtshof im Rahmen der Prüfung, ob eine Verletzung des Grundgesetzes im Sinne von Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG vorliege, nur auf krasse und evidente Fehler beschränkt sei. Diese Reduzierung des Prüfungsumfangs auf de facto Null - seit 1946 habe der Verfassungsgerichtshof noch nie einen solch evidenten Verstoß gegen Bundesrecht bejaht - stelle eine massive Einschränkung des landesverfassungsrechtlich und einfachgesetzlich gewährleisteten Rechts dar, einen Popularklageantrag einzureichen. Eine Rechtfertigung für diese Reduzierung des Prüfungsumfangs sei nicht ersichtlich.

2. Schreiben des Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 3. Juli 2013

37

a) Das Bundesverfassungsgericht habe am 30. April 2003 (1 PBvU 1/02) entschieden, dass es gegen das Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG verstoße, wenn eine Verfahrensordnung keine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit für den Fall vorsehe, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe. Vorliegend sei durch die Entscheidung vom 3. Juli 2013 keine Abhilfe erfolgt; vielmehr habe der Verfassungsgerichtshof den Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 ignoriert und durch diese krasse Form der Rechtsschutzverweigerung die Gehörsverletzung vom 12. Juni 2013 wiederholt und intensiviert. Sämtliche Argumente und Gründe aus dem Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 ließen sich problemlos und erst recht auf landesverfassungsgerichtliche Verfahren übertragen. Gehörsverstöße durch Landesverfassungsgerichte, die wie jedes andere Gericht nach Art. 1 Abs. 3 GG an die Grundrechte des Grundgesetzes gebunden seien, seien im Zweifel noch gravierender als Verstöße von Zivil- oder Verwaltungsgerichten gegen Art. 103 Abs. 1 GG, jedenfalls aber nicht weniger gravierend. Auch handele es sich vorliegend um eine erstmalige Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch ein Gericht, weshalb eine Anhörungsrüge - ungeachtet der noch fehlenden landesrechtlichen Kodifizierung im Verfassungsgerichtshofgesetz - statthaft sein müsse.

38

b) Hinzu komme, dass weder die Bayerische Verfassung noch das Gesetz über den Verfassungsgerichtshof noch der Geschäftsverteilungsplan des Verfassungsgerichtshofs eine "Einzelzuständigkeit" des Präsidenten für Anhörungsrügen vorsähen. Ob die Art. 91, 3 Abs. 1 BV beziehungsweise Art. 103 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG so auszulegen seien, dass auch das Gesetz über den Verfassungsgerichtshof eine Abhilfemöglichkeit für erstmalig von einer Spruchkammer begangene Gehörsverletzungen vorsehen müsse, dürfe kein Einzelrichter entscheiden; darüber müsse die betroffene Spruchkammer als Ganzes befinden.

III.

39

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch ist ihre Annahme nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.

40

1. Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 12. Juni 2013 sowie das Schreiben des Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 3. Juli 2013 sind taugliche Gegenstände einer Verfassungsbeschwerde. Die Beschwerdeführer sind jedoch nur teilweise beschwerdebefugt.

41

a) Unter dem Grundgesetz verfügen die Länder über eine weitgehende Verfassungsautonomie. Das Grundgesetz enthält in Art. 28 Abs. 1 GG nur wenige Vorgaben für die Verfassungen der Länder. Im Übrigen können sie, soweit das Grundgesetz nicht besondere Anforderungen statuiert, ihr Verfassungsrecht und auch ihre Verfassungsgerichtsbarkeit nach eigenem Ermessen ordnen (vgl. BVerfGE 4, 178 <189>; 36, 342 <361>; 60, 175 <207 f.>; 96, 345 <368 f.>). Daher muss der Bereich der Verfassungsgerichtsbarkeit der Länder vom Bundesverfassungsgericht möglichst unangetastet bleiben; auch darf die Landesverfassungsgerichtsbarkeit nicht in größere Abhängigkeit von der Bundesverfassungsgerichtsbarkeit gebracht werden, als es nach dem Grundgesetz unvermeidbar ist (vgl. BVerfGE 36, 342 <357>; 41, 88 <119>; 60, 175 <209>; 96, 231 <242>; 107, 1 <10>).

42

Nach den Regelungen des Grundgesetzes ist gegen Entscheidungen der Landesverfassungsgerichte allerdings eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht statthaft (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG), weil Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG auch die Landesverfassungsgerichte an die Grundrechte und grundrechtsgleichen Gewährleistungen des Grundgesetzes binden, zu deren Schutz das Bundesverfassungsgericht im Wege der Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a, § 90 Abs. 1 BVerfGG angerufen werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind daher Entscheidungen der Landesverfassungsgerichte Akte "öffentlicher Gewalt", die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden können (vgl. BVerfGE 6, 445 <447>; 13, 132 <140>; 42, 312 <325>; 85, 148 <157>; 96, 231 <242>; BVerfGK 8, 169 <171>; 17, 131 <131>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juli 1990 - 1 BvR 1438/89 -, juris, Rn. 1; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 19. April 1993 - 1 BvR 744/91 -, NVwZ 1994, S. 59 <60>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Januar 1996 - 2 BvR 2604/95 -, juris, Rn. 5; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Oktober 1997 - 1 BvR 1604/97 u.a. -, NJW 1999, S. 1020 <1020>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. März 2004 - 2 BvR 596/01 -, NVwZ 2004, S. 980; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Juli 2008 - 2 BvR 1223/08 -, juris, Rn. 3). Dies gilt nur insoweit nicht, als die Landesverfassungsgerichte Streitigkeiten in der Sache abschließend entscheiden. Denn das Grundgesetz erkennt ausweislich von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG a.E. an, dass ein Land bestimmte Streitigkeiten ohne jede bundesverfassungsgerichtliche Einwirkung in der Sache selbst entscheiden kann (vgl. BVerfGE 96, 231 <242 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Januar 1998 - 2 BvR 2306/96 -, NVwZ 1998, S. 387 <388>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. März 2004 - 2 BvR 596/01 -, NVwZ 2004, S. 980; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Juli 2008 - 2 BvR 1223/08 -, juris, Rn. 3). Popularklageverfahren im Sinne von Art. 98 Satz 4 BV gehören dazu nicht (vgl. BVerfGE 96, 231 <243>).

43

b) Jedoch sind die Beschwerdeführer nur teilweise beschwerdebefugt.

44

aa) Soweit sie mit der nur eingeschränkten Überprüfung der Vereinbarkeit eines Landesgesetzes mit dem Grundgesetz im Rahmen der Popularklage eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG rügen, erscheint diese von vornherein ausgeschlossen. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet effektiven Rechtsschutz, wenn jemand behauptet, durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. BVerfGE 13, 132 <151>; 27, 297 <305>). Ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG setzt eine im Interesse des Einzelnen bestehende Rechtsposition voraus (vgl. BVerfGE 27, 297 <305>; 83, 182 <194>), gewährleistet aber nicht selbst Bestand oder Inhalt des als verletzt gerügten Rechts (vgl. BVerfGE 61, 82 <110>). Da die Beschwerdeführer im Popularklageverfahren vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof jedoch nicht die Verletzung eigener Rechte geltend gemacht haben und eine solche auch nicht ersichtlich ist, scheidet eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG durch die angegriffene Entscheidung vom 3. Juli 2013 von vornherein aus (vgl. BVerfGE 13, 132 <151>).

45

bb) Nicht von vornherein ausgeschlossen ist allerdings die Möglichkeit einer Verletzung von verfassungsbeschwerdefähigen Rechten der Beschwerdeführer durch die angegriffene Entscheidung und das angegriffene Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs insoweit, als sie rügen, dass im Verfahren vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof das Recht auf rechtliches Gehör und der Anspruch auf den gesetzlichen Richter verletzt worden seien. Auch im (Popularklage-)Verfahren vor den Landesverfassungsgerichten gelten die Prozessgrundrechte des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 13, 132 <140 ff.>; 60, 175 <210 ff.>; 69, 112 <120 ff.>; 96, 231 <243 f.>; vgl. auch BVerfGK 17, 131 <132>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juli 1990 - 1 BvR 1438/89 -, juris, Rn. 1 ff.; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 19. April 1993 - 1 BvR 744/91 -, NVwZ 1994, S. 59 <60>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Oktober 1997 - 1 BvR 1604/97 u.a. -, NJW 1999, S. 1020 <1020>). Dasselbe gilt, soweit die Verfassungsbeschwerde eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG beziehungsweise des Rechtsstaatsprinzips in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG darin erblickt, dass die Beschwerdeführer im Rahmen des Popularklageverfahrens beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof keine Anhörungsrüge gegen die geltend gemachte Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör erheben konnten.

46

cc) Ebenfalls beschwerdebefugt sind die Beschwerdeführer, soweit sie eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch die vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof vorgenommene Auslegung von Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV und die auf dieser Grundlage angenommene Vereinbarkeit von Art. 18a GO und Art. 12a LKrO mit der Bayerischen Verfassung rügen.

47

Zwar sind im Rahmen der Popularklage im Sinne von Art. 98 Satz 4 BV Prüfungsmaßstab allein Vorschriften der bayerischen Verfassung. Die Länder sind, abgesehen von Art. 28 Abs. 1 GG, der nur ein gewisses Maß an Homogenität der Bundesverfassung und der Landesverfassungen (im materiellen Sinn) fordert, zudem frei in der Ausgestaltung ihrer Verfassung, soweit das Grundgesetz nichts anderes vorschreibt (vgl. BVerfGE 36, 342 <361>). Dies bedeutet auch, dass sie - abgesehen vom Falle des Art. 99 GG - auch durch eine eigene Verfassungsgerichtsbarkeit über die Vereinbarkeit von Landesgesetzen mit der Landesverfassung entscheiden und diese in den oben beschriebenen Grenzen grundsätzlich ohne (inhaltliche) Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht auslegen können (vgl. BVerfGE 41, 88 <119>; 97, 298 <314>). Die von diesen getroffenen Feststellungen prüft das Bundesverfassungsgericht nicht vollumfänglich nach. Es ist keine zweite Instanz über den Landesverfassungsgerichten (vgl. BVerfGE 6, 445 <449>; 41, 88 <118 f.>; 60, 175 <208 f.>; BVerfGK 8, 169 <171 f.>; 17, 131 <131 f.>), sondern an die Auslegung einer Norm der Landesverfassung durch ein Landesverfassungsgericht grundsätzlich gebunden (vgl. BVerfGE 42, 312 <325>; 97, 298 <314>).

48

Grenzen der Entscheidungsgewalt der Landesverfassungsgerichte ergeben sich jedoch aus den Grundrechten und den anderen für den Landesverfassungsgeber unmittelbar bindenden Bestimmungen des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 3, Art. 1 Abs. 3 GG), so dass Auslegung und Anwendung der Landesverfassungen diesen Vorgaben nicht widersprechen dürfen (vgl. BVerfGE 6, 445 <449>; 42, 312 <325>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1282/11 -, NVwZ 2015, S. 1434 <1434 ff., 1439 f.>). Daher überprüft das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung eines Landesverfassungsgerichts über die Vereinbarkeit einer Norm des Landesrechts mit der Landesverfassung und die dabei vorgenommene Auslegung - wie die Entscheidungen der Fachgerichte - auch auf ihre Vereinbarkeit mit dem in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Willkürverbot (vgl. BVerfGE 60, 175 <209, 214>).

49

2. Der Prüfungsmaßstab für die vorliegende Verfassungsbeschwerde ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 (a), Art. 103 Abs. 1 (b), Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 19 Abs. 4 GG (c) sowie aus Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (d). Nicht darunter fällt das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG und die es konkretisierenden Regelungen in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 bis 4 GG. Diese legen den Ländern Pflichten gegenüber dem Bund auf und beziehen sich insoweit nur auf das bundesstaatliche Rechtsverhältnis zwischen Bund und Ländern. Als Homogenitätsgebot gilt Art. 28 Abs. 1 GG für die Länder, nicht in ihnen (vgl. BVerfGE 1, 208 <236 f.>; 6, 104 <111>). Er vermittelt den Beschwerdeführern kein subjektives Recht, dessen Verletzung im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde festgestellt werden könnte (vgl. BVerfGE 1, 208 <236>; 6, 376 <383 f.>; 99, 1 <8>; BVerfGK 15, 186 <190>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 26. August 2013 - 2 BvR 441/13 -, NVwZ 2013, S. 1540 <1541>).

50

a) Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 12. Juni 2013 verstößt nicht gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Willkürverbot.

51

aa) Ein solcher Verstoß liegt nur vor, wenn eine fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 4, 1 <7>; 42, 64 <72 ff.>; 54, 117 <125>; 55, 72 <89 f.>; 58, 163 <167 f.>; 59, 128 <160 f.>; 62, 189 <192>; 70, 93 <97>; 80, 48 <51>; 81, 132 <137>). Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen (vgl. BVerfGE 42, 64 <73>; 58, 163 <167 f.>; 70, 93 <97>; 87, 273 <279>; 96, 189 <203>). Willkür liegt vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet wird. Von einer dermaßen willkürlichen Missdeutung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 87, 273 <279>; 89, 1 <14>; 96, 189 <203>). Die Auslegung eines Gesetzes ist willkürlich, wenn sie das gesetzgeberische Anliegen grundlegend verfehlt, indem dem Gesetz ein Sinn unterlegt wird, den der Gesetzgeber offensichtlich nicht hat verwirklichen wollen, den er nicht ausgedrückt hat und den das Gesetz auch nicht im Verlauf einer Rechtsentwicklung aufgrund gewandelter Anschauungen erhalten hat (vgl. BVerfGE 86, 59 <64>).

52

bb) Die Auslegung von Art. 28 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV und Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV, dass diese einer Teilnahme von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen nicht entgegenstehen, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

53

(1) Bei der Auslegung von Art. 28 Abs. 1 GG ist eine Verletzung des Willkürverbots nicht feststellbar.

54

(a) Zwar ist zweifelhaft, ob die Annahme, dass Verstöße von bayerischem Landesrecht gegen Bundesrecht nur dann als Verstoß gegen die Bayerische Verfassung anzusehen sind, wenn der Widerspruch offen zutage tritt und als schwerwiegender, besonders krasser Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (vgl. auch BayVerfGH, Entscheidung vom 20. Juni 2008 - Vf. 14-VII/00 -, NJW-RR 2008, S. 1403 <1405>; BayVerfGH, Entscheidung vom 23. Oktober 2008 - Vf. 10-VII-07 -, NVwZ 2009, S. 716 <716>; BayVerfGH, Entscheidung vom 24. Mai 2012 - Vf. 1-VII-10 -, NVwZ-RR 2012, S. 665 <667>), auch im Hinblick auf die Bestimmungen des Grundgesetzes vertretbar ist, die die Verfassungsautonomie der Länder begrenzen, das heißt im Hinblick auf das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 GG, die Grundrechte des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 42, 312 <325>; 97, 298 <314 f.>) sowie die in die Landesverfassungen hineinwirkenden Elemente des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 1, 208 <232 f.>; 27, 44 <55>; 103, 332 <352 f.>). Gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG sind auch Landesverfassungsgerichte zur Vorlage von Landesrecht an das Bundesverfassungsgericht verpflichtet, wenn sie von der Verletzung des Grundgesetzes durch Landesrecht überzeugt sind (vgl. BVerfGE 36, 342 <356>; 69, 112 <117 f.>). Diese Überzeugung setzt voraus, dass die Landesverfassungsgerichte Landesrecht auch tatsächlich an den für sie verbindlichen Vorgaben des Grundgesetzes überprüfen und daher das Grundgesetz auch anwenden und erforderlichenfalls auslegen. Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG ist keine Beschränkung auf offensichtliche und schwerwiegende Verstöße gegen das Grundgesetz zu entnehmen. Schließlich verpflichtet Art. 100 Abs. 3 GG zu einer sogenannten Divergenzvorlage, wenn ein Landesverfassungsgericht bei der Auslegung des Grundgesetzes von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder eines anderen Landesverfassungsgerichts abweichen will. Auch dies impliziert, dass die Landesverfassungsgerichte das Grundgesetz tatsächlich auslegen; andernfalls wäre ein Landesverfassungsgericht niemals zu einer Divergenzvorlage verpflichtet. Dem trägt die vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung praktizierte eingeschränkte Kontrolle von Landesrecht am Maßstab der auch für sie verbindlichen Regelungen des Grundgesetzes nicht hinreichend Rechnung.

55

Das kann im vorliegenden Fall jedoch dahinstehen, da die Auslegung von Art. 28 Abs. 1 GG durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof in der Sache nicht zu beanstanden ist. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof bejaht weder einen Verstoß einer bayerischen Landesvorschrift gegen Art. 28 Abs. 1 GG, was ihn zu einer Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG verpflichtet hätte, noch weicht er von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts oder anderer Landesverfassungsgerichte zu dieser Bestimmung des Grundgesetzes ab, was zu einer Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 3 GG hätte führen müssen. Denn einschlägige verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG, das heißt zu der Frage, ob diese Bestimmung einer Abstimmungsberechtigung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten entgegensteht, gibt es nicht. Unter diesen Voraussetzungen war der Bayerische Verfassungsgerichtshof berechtigt, Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG selbständig auszulegen, ohne die Rechte der Beschwerdeführer aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zu verletzen. Ob die Auslegung zutreffend ist, kann hier dahinstehen, da die Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht insoweit auf eine Willkürkontrolle beschränkt ist.

56

(b) Die Annahme, dass Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG eine Abstimmungsberechtigung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten bei kommunalen Bürgerbegehren und -entscheiden nicht verbietet, ist jedenfalls nicht willkürlich.

57

(aa) Das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 GG fordert ein Mindestmaß an verfassungsstruktureller und materieller Homogenität der Landesverfassungen mit dem Grundgesetz, ohne das der Bundesstaat nicht funktionieren könnte (vgl. BVerfGE 36, 342 <361>; 90, 60 <84>). Es gebietet jedoch keine Uniformität (vgl. BVerfGE 9, 268 <279>). Das Grundgesetz geht, im Gegenteil, von der Verfassungsautonomie der Länder aus (vgl. BVerfGE 36, 342 <361>; 90, 60 <84 f.>). Die Direktionskraft von Art. 28 Abs. 1 GG ist auf die dort genannten Staatsstrukturprinzipien beschränkt, und - soweit nicht Art. 28 Abs. 1 Satz 2 bis 4 GG etwas anderes anordnen - auch nur auf deren Grundsätze, nicht auf die konkrete Ausgestaltung, die sie im Grundgesetz erfahren haben (vgl. BVerfGE 90, 60 <84 f.>). Das gilt namentlich für die Grundentscheidung des Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG für Demokratie und Volkssouveränität sowie die daraus abzuleitenden Grundsätze der demokratischen Organisation und Legitimation der Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 9, 268 <281>; 47, 253 <272>; 83, 60 <71>; 93, 37 <66>). Einer im Vergleich zur Bundesebene stärkeren Ausgestaltung von plebiszitären Verfahren auf der Ebene der Länder steht Art. 28 Abs. 1 GG nicht entgegen (vgl. Barley, Das Kommunalwahlrecht für Ausländer nach der Neuordnung des Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG, 1999, S. 68; Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 28 Abs. 1 Rn. 64 ff. ; Tettinger/Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Abs. 1 Rn. 47).

58

Das in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltene Gebot, dass die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des demokratischen Staates im Sinne des Grundgesetzes entsprechen müsse, wird in den Sätzen 2 bis 4 näher konkretisiert. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG ergänzt Satz 1 (vgl. BVerfGE 83, 37 <58>), indem er die Einrichtung einer Vertretung des Volkes in den Ländern, Kreisen und Gemeinden vorschreibt und zugleich Wahlgrundsätze bestimmt, die bei deren Wahl zu beachten sind. "Volk" im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG sind dabei wie im Rahmen von Art. 20 Abs. 2 GG nur die (im jeweiligen Wahlgebiet ansässigen) deutschen Staatsangehörigen und die ihnen gleichgestellten Personen im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 83, 37 <53>; 83, 60 <71>; StGH Bremen, Urteil vom 31. Januar 2014 - St 1/13 -, NordÖR 2014, 262 <263 ff.>).

59

Der mit Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S. 2086) eingefügte heutige Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG bestimmt, dass bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar sind. Diese dynamische Verweisung (vgl. Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 28 Abs. 1 Rn. 123 ) soll einen Widerspruch zwischen deutschem und unionalem Recht vermeiden, das in der Richtlinie 94/80/EG des Rates vom 19. Dezember 1994 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen (ABl EG Nr. L 368 vom 31. Dezember 1994, S. 38 ff.) (vgl. Art. 22 Abs. 1 Satz 2 AEUV), die Einzelheiten festlegt. Danach können Unionsbürger, die ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, dort das aktive und das passive Wahlrecht bei den Kommunalwahlen ausüben (Art. 1 Abs. 1 Richtlinie 94/80/EG). Als "Kommunalwahlen" bezeichnet die Richtlinie die allgemeinen, unmittelbaren Wahlen, die darauf abzielen, die Mitglieder der Vertretungskörperschaft und gegebenenfalls gemäß den Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaates den Leiter und die Mitglieder des Exekutivorgans einer lokalen Gebietskörperschaft der Grundstufe zu bestimmen (Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie). Laut Anhang der Richtlinie gelten als lokale Gebietskörperschaften der Grundstufe in Deutschland die kreisfreien Städte beziehungsweise Stadtkreise, Kreise, Gemeinden und Bezirke in der Freien und Hansestadt Hamburg und im Land Berlin. Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG verpflichtet die Länder folglich, für Kommunalwahlen über Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG hinaus ein Wahlrecht für Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten vorzusehen (vgl. Barley, Das Kommunalwahlrecht für Ausländer nach der Neuordnung des Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG, 1999, S. 72; Tettinger/Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Abs. 1 Rn. 118). Abstimmungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG, das heißt Entscheidungen über Sachfragen, werden weder in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG noch im europäischen Primärrecht oder in der Richtlinie 94/80/EG des Rates erwähnt.

60

(bb) Die Auslegung von Art. 28 Abs. 1 GG durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof ist zwar durch den Wortlaut der Norm nicht erfasst, entbehrt aber nicht sachlicher Gründe und ist daher nicht willkürlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG. Art. 28 Abs. 1 GG enthält keine ausdrückliche Regelung über die Mitwirkung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Bürgerbegehren und -entscheiden; die Ausnahmeregelung in Satz 3 sieht lediglich eine Wahlberechtigung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden vor. Daraus könnte man, gerade weil das auch in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG verankerte Prinzip der Volkssouveränität allein das deutsche Volk zum Legitimationssubjekt aller staatlichen Gewalt bestimmt und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG die Ausübung von Staatsgewalt in der Form der Abstimmung ebenfalls dem Staatsvolk vorbehält, schließen, dass Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG eine Abstimmungsberechtigung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten in den Ländern generell verbietet (so z.B. Tettinger/Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Abs. 1 Rn. 121).

61

Zwingend ist dies jedoch nicht. Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG ordnet an, dass Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten bei der Wahl der Volksvertretungen auf kommunaler Ebene wahlberechtigt sind. Damit können sie die personelle Zusammensetzung kommunaler Volksvertretungen unmittelbar mitbestimmen und dadurch mittelbar an den dort zu treffenden Entscheidungen mitwirken. Soweit sie als Inhaber des passiven Wahlrechts zum Mitglied einer Volksvertretung gewählt sind, wirken sie auch unmittelbar an den zu treffenden Sachentscheidungen mit. Vor diesem Hintergrund erscheint es jedenfalls nicht willkürlich, Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG auch so auszulegen, dass er einer Erstreckung der Mitwirkungsrechte bei kommunalen Bürgerbegehren und -entscheiden auf Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten nicht entgegensteht (vgl. Engelken, NVwZ 1995, S. 432 <434>; Mehde, in: Maunz/Dürig, Art. 28 Abs. 1 Rn. 124 ).

62

(2) Die Auslegung von Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV lässt einen Verstoß gegen das Willkürverbot ebenfalls nicht erkennen.

63

(a) Von jeher geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass es für die Auslegung einer Norm auf den in dieser zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers ankommt, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Nicht entscheidend ist dagegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder (vgl. BVerfGE 1, 299 <312>; 10, 234 <244>; 35, 263 <278>; 105, 135 <157>; 133, 168 <205 Rn. 66>). Der Entstehungsgeschichte kommt für die Auslegung zwar grundsätzlich nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden können (vgl. BVerfGE 1, 299 <312>; 11, 126 <130 f.>; 59, 128 <153>; 119, 96 <179> im Rahmen eines Sondervotums; 119, 247 <290>). Vorarbeiten für ein Gesetz können daher in der Regel bloß unterstützend verwertet, die in den Gesetzgebungsmaterialien dokumentierten Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen nicht mit dem objektiven Gesetzesinhalt gleichgesetzt werden (vgl. BVerfGE 11, 126 <130>; 62, 1 <45>). Für die Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers sind vielmehr alle anerkannten Auslegungsmethoden heranzuziehen, das heißt die grammatikalische, systematische, teleologische und historische Auslegung. Diese Methoden ergänzen sich gegenseitig (vgl. BVerfGE 11, 126 <130>; 133, 168 <205 Rn. 66>), wobei keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen hat (vgl. BVerfGE 105, 135 <157>; 133, 168 <205 Rn. 66>).

64

(b) Die Auslegung von Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof lässt Defizite insoweit nicht erkennen. Vom Wortlaut ausgehend hat er insbesondere auf den Zusammenhang der Änderung von Art. 7 Abs. 2 BV und der Einfügung von Art. 12 Abs. 3 BV mit der gleichzeitigen Einführung von Art. 18a GO und Art. 12a LKrO abgestellt. Dabei hat er an Umstände und Gegebenheiten angeknüpft, aus denen die Änderung von Art. 7 Abs. 2 BV und die Einfügung des Absatzes 3 in Art. 12 BV erwachsen und auf die sie bezogen sind. Dazu gehört, dass die in Rede stehenden Bestimmungen die gleichzeitig erlassenen einfachgesetzlichen Regelungen der Art. 18a GO und Art. 12a LKrO (landes-)verfassungsrechtlich absichern sollten (vgl. LTDrucks 13/1252, S. 5), so dass es der teleologischen Auslegung entspricht, den Regelungsgehalt von Art. 18a GO und Art. 12a LKrO bei der Auslegung der gleichzeitig erlassenen Verfassungsnormen zu berücksichtigen. Angesichts der Gleichzeitigkeit von Erlass und Änderung im Rahmen ein und desselben Volksbegehrens sowie der Tatsache, dass mit der Änderung von Art. 7 Abs. 2 BV und der Einfügung von Absatz 3 in Art. 12 BV die Regelungen in Art. 18a GO und Art. 12a LKrO verfassungsrechtlich abgesichert werden sollten (vgl. LTDrucks 13/1252, S. 5), war die Berücksichtigung von Art. 18a GO und Art. 12a LKrO bei der Auslegung von Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 BV naheliegend und zur Ermittlung des gesetzgeberischen Willens sogar geboten.

65

Zwar dürfte die Annahme, dass die Abstimmungsberechtigung von Unionsbürgern im Rahmen von Bürgerbegehren und -entscheiden gemäß Art. 18a GO in Verbindung mit Art. 15 Abs. 2 GO, Art. 1 GLKrWG beziehungsweise Art. 12a LKrO in Verbindung mit Art. 11 Abs. 2 LKrO, Art. 1 GLKrWG zum Zeitpunkt der Einreichung des Volksbegehrens im Oktober 1994 nicht vorhersehbar gewesen sei, angesichts der bereits im Jahre 1992 erfolgten Anpassung des Grundgesetzes an die unionsrechtliche Rechtslage nach dem Vertrag von Maastricht nicht zutreffen; diese Annahme führt jedoch nicht dazu, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof Art. 7 und Art. 12 BV einen Sinn untergelegt hätte, den der (Volks-)Gesetzgeber offensichtlich nicht hat verwirklichen wollen oder dass er die in Rede stehenden Normen in krasser Weise missdeutet hätte.

66

Es sind - wie der Verfassungsgerichtshof festgestellt hat - keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der (Volks-)Gesetzgeber die Abstimmungsberechtigung von Unionsbürgern hat ausschließen wollen. Anliegen des Volksentscheids, der Art. 18a GO und Art. 12a LKrO im Jahre 1994 eingeführt, Art. 7 Abs. 2 BV geändert und Art. 12 BV ergänzt hat, war die Ermöglichung von mehr direkter Demokratie auf kommunaler Ebene (vgl. LTDrucks 13/1252, S. 1). Einschränkungen im Hinblick auf die Wahlberechtigten wurden nicht thematisiert. Auch wenn man davon ausginge, dass der (Volks-)Gesetzgeber die Rolle von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten im Rahmen des Volksbegehrens nicht bedacht hat, ist zu berücksichtigen, dass der (Volks-)Gesetzgeber mit Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV und Art. 18a GO, Art. 12a LKrO ganz offensichtlich in sich widerspruchsfreie Regelungen treffen wollte. Die Änderungen von Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 BV sollten der verfassungsrechtlichen Absicherung von Art. 18a GO und Art. 12a LKrO dienen (vgl. LTDrucks 13/1252, S. 5), was - zumindest im Hinblick auf Bürgerbegehren und -entscheide - einen Gleichlauf des Verständnisses der Begriffe des "Gemeinde- oder Landkreisbürgers" im Sinne von Art. 18a GO und Art. 12a LKrO und des "Staatsbürgers" im Sinne von Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV voraussetzt. Es ist daher keinesfalls willkürlich, wenn der Bayerische Verfassungsgerichtshof aufgrund des engen Zusammenhangs von Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV mit Art. 18a, 15 Abs. 2 GO und Art. 12a, 11 Abs. 2 LKrO und der jeweils an Art. 1 GLKrWG anknüpfenden Abstimmungsberechtigung angenommen hat, dass Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV der Teilnahme von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten an kommunalen Abstimmungen nicht entgegenstehen.

67

b) Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 12. Juni 2013 verletzt die Beschwerdeführer auch nicht in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG.

68

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährt Art. 103 Abs. 1 GG den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf, im Verfahren zu Wort zu kommen, Anträge zu stellen und Ausführungen zu dem in Rede stehenden Sachverhalt, den Beweisergebnissen sowie zur Rechtslage zu machen (vgl. BVerfGE 6, 19 <20>; 15, 303 <307>; 36, 85 <87>; 60, 175 <210>; 64, 135 <143 f.>; 65, 227 <234>; 83, 24 <35>; 86, 133 <144>; stRspr). Diesem Recht der Beteiligten auf Äußerung entspricht die Pflicht des Gerichts, Anträge und Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 11, 218 <220>; 14, 320 <323>; 42, 364 <367 f.>; 60, 250 <252>; 83, 24 <35>; 96, 205 <216>; stRspr), soweit das Vorbringen nicht aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt gelassen werden darf (vgl. BVerfGE 18, 380 <383>; 21, 191 <194>; 69, 145 <148 f.>; 70, 288 <294>; 96, 205 <216>; stRspr). Die Gerichte sind jedoch nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerfGE 5, 22 <24>; 13, 132 <149>; 22, 267 <274>; 88, 366 <375>; 96, 205 <216 f.>; stRspr). Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Ein Gehörsverstoß kann deshalb nur festgestellt werden, wenn er sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt (vgl. BVerfGE 22, 267 <274>; 88, 366 <375 f.>; 96, 205 <217>; stRspr). Eine gerichtliche Entscheidung kann zudem nur dann wegen eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG aufgehoben werden, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Anhörung der Beteiligten zu einer anderen, ihnen günstigeren Entscheidung geführt hätte (vgl. BVerfGE 7, 239 <241>; 7, 275 <281>; 9, 261 <267>; 10, 177 <184>; 13, 132 <145>). Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte allerdings nicht, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen (vgl. BVerfGE 64, 1 <12>; 80, 269 <286>; 87, 1 <33>).

69

Art. 103 Abs. 1 GG verbietet auch sogenannte Überraschungsentscheidungen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410> unter Verweis auf BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; vgl. auch BVerfGK 14, 455 <456>). Da die Beteiligten gemäß Art. 103 Abs. 1 GG Gelegenheit erhalten sollen, sich zu dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt, den Beweisergebnissen und den Rechtsauffassungen vor Erlass der Entscheidung zu äußern, setzt eine den verfassungsrechtlichen Ansprüchen genügende Gewährung rechtlichen Gehörs voraus, dass die Verfahrensbeteiligten bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermögen, auf welchen Vortrag es für die Entscheidung ankommen kann (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. September 2012 - 1 BvR 1633/09 -, juris, Rn. 11; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2015 - 1 BvR 2314/12 -, NJW 2015, S. 1867 <1868 f.>). Es kann daher der Verhinderung eines Vortrags zur Rechtslage gleichkommen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt abstellt. Dabei ist allerdings zu beachten, dass das Gericht grundsätzlich weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet ist (vgl. BVerfGE 74, 1 <6>; 84, 188 <190>; 86, 133 <145>; 98, 218 <263>; BVerfGK 14, 455 <456>); Art. 103 Abs. 1 GG statuiert keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters (vgl. BVerfGE 66, 116 <147>; 84, 188 <190>). Ein Verfahrensbeteiligter muss daher, auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einstellen (vgl. BVerfGE 86, 133 <145>; 98, 218 <263>). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist nur dann anzunehmen, wenn ein Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit dem beziehungsweise mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; 98, 218 <263>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. Oktober 2009 - 1 BvR 3474/08 -, juris, Rn. 64; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Oktober 2010 - 2 BvR 409/09 -, juris, Rn. 20; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. April 2012 - 2 BvR 2126/11 -, NJW 2012, S. 2262 <2262>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2015 - 1 BvR 2314/12 -, NJW 2015, S. 1867 <1869>).

70

bb) Gemessen hieran ist eine Verletzung der Rechte der Beschwerdeführer aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht erkennbar.

71

(1) Soweit die Verfassungsbeschwerde eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG darin erblickt, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof von der aus Sicht der Beschwerdeführer abwegigen und überraschenden Annahme ausgegangen ist, dass die Berechtigung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten zur Teilnahme an Bürgerbegehren und -entscheiden bei Einreichung des Volksbegehrens nicht absehbar gewesen sei, ist eine solche nicht erkennbar. Die Behauptung, eine richterliche Tatsachenfeststellung sei falsch, berührt nicht das von Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Recht, sich im Verfahren äußern zu können und gehört zu werden, und vermag daher einen Vorstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht zu begründen (vgl. BVerfGE 22, 267 <273>). Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf eine "richtige" Entscheidung.

72

(2) Soweit die Verfassungsbeschwerde zur Begründung eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG vorträgt, dass die Ausführungen der Beschwerdeführer zu Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG nicht angemessen gewürdigt worden seien, ist eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ebenfalls nicht ersichtlich. Dasselbe gilt, soweit vorgetragen wird, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof zumindest darauf hätte hinweisen müssen, dass die Ausführungen der Beschwerdeführer zu Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG, insbesondere zu seiner Entstehungsgeschichte, für ihn ohne maßgebliche Bedeutung seien.

73

(a) Der Verfassungsgerichtshof hat sich in der angegriffenen Entscheidung mit der Auslegung von Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG auseinandergesetzt und dabei auch die von den Beschwerdeführern vertretene Ansicht berücksichtigt, dass Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG eine eng auszulegende Ausnahmeregelung sei. Er hat diese Rechtsansicht seiner Prüfung von Art. 18a GO und Art. 12a LKrO am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV zugrunde gelegt und insofern in Erwägung gezogen. Der Gesichtspunkt, dass Abstimmungen bewusst nicht in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG aufgenommen worden seien, spielte in diesem Zusammenhang für den Bayerischen Verfassungsgerichtshof aufgrund des zurückgenommenen Prüfungsmaßstabs bei Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV keine entscheidende Rolle. Das war aufgrund seiner ständigen Rechtsprechung auch vorhersehbar. Vor diesem Hintergrund war es folgerichtig, dass er nicht auf alle für die Interpretation des Bundesrechts relevanten Gesichtspunkte eingegangen ist.

74

(b) Der Verfassungsgerichtshof ist zudem - anders als die Verfassungsbeschwerde annimmt - keineswegs davon ausgegangen, dass die durch das Volksbegehren 1994 eingeführten Regelungen des Art. 18a GO und Art. 12a LKrO sowie die gleichzeitig beschlossenen Änderungen von Art. 7 und Art. 12 BV Vorgaben des Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG nachvollzogen hätten. Er hat lediglich festgestellt, dass diese Grundgesetzbestimmung - ungeachtet ihres auf Wahlen beschränkten Wortlauts - einer Abstimmungsberechtigung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten nicht (generell) entgegenstehe.

75

(3) Die Verfassungsbeschwerde ist auch insoweit unbegründet, als sie rügt, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof auf die Strukturunterschiede zwischen Wahlen und Abstimmungen nicht eingegangen sei. Der Verfassungsgerichtshof hat das Verhältnis von Beschlüssen gewählter kommunaler Vertretungsorgane und Bürgerentscheiden auf kommunaler Ebene ausdrücklich behandelt und sich insoweit mit den - für die Popularklage relevanten - Unterschieden zwischen Kommunalwahlen und Bürgerentscheiden befasst. Er hat dargelegt, aus welchen Gründen er Beschlüsse kommunaler Vertretungsorgane und Bürgerentscheide für vergleichbar hält und weshalb es aus seiner Sicht insofern systemkonform ist, dieselben Personen als wahl- beziehungsweise abstimmungsberechtigt anzusehen. Er hat damit zu erkennen gegeben, dass er den gegenteiligen Gedanken der Beschwerdeführer nicht folgt.

76

(4) Schließlich verletzt die angegriffene Entscheidung vom 12. Juni 2013 den Anspruch der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör auch nicht dadurch, dass der Verfassungsgerichtshof vor seiner Entscheidung nicht darauf hingewiesen hat, dass er der Entstehungsgeschichte des geänderten Art. 7 Abs. 2 BV und des neu eingefügten Art. 12 Abs. 3 BV maßgebliche Bedeutung für deren Auslegung zukommen lassen wollte. Wie dargelegt ist die vom Verfassungsgerichtshof vorgenommene Auslegung von Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV methodisch nicht zu beanstanden und liegt für einen gewissenhaften und kundigen Prozessbeteiligten auch nicht außerhalb des Erkennbaren.

77

cc) Soweit die Beschwerdeführer behaupten, durch die fehlende Möglichkeit, beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eine Anhörungsrüge erheben zu können, in ihren Rechten aus Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG beziehungsweise Art. 19 Abs. 4 GG verletzt zu sein, ist die Verfassungsbeschwerde ebenfalls nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Frage, ob der Bayerische Verfassungsgerichtshof in Übertragung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. April 2003 verpflichtet gewesen wäre, das Popularklageverfahren aufgrund der Anhörungsrüge der Beschwerdeführer fortzusetzen (vgl. BVerfGE 107, 395 <418>), bedarf vorliegend mangels Verletzung des Rechts der Beschwerdeführer aus Art. 103 Abs. 1 GG und wegen der daraus folgenden Erfolglosigkeit eines Gehörsrügeverfahrens keiner Entscheidung.

78

c) Die unterbliebene Weiterleitung der Anhörungsrüge an die Spruchgruppe des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs verletzt die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

79

aa) Das Gebot des gesetzlichen Richters in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bedeutet, dass kein anderer als der Richter tätig werden und entscheiden soll, der in den allgemeinen Normen der Gesetze und der Geschäftsverteilungspläne der Gerichte dafür vorgesehen ist (vgl. BVerfGE 21, 139 <145>; 48, 246 <254>). Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt insofern einen Anspruch auf den sich aus dem Gerichtsverfassungsgesetz, den Prozessordnungen sowie den Geschäftsverteilungs- und Besetzungsregelungen des Gerichts ergebenden Richter (vgl. BVerfGE 89, 28 <36>; 133, 168 <202 f. Rn. 62>). Er setzt daher einen Bestand von Rechtssätzen voraus, die für jeden denkbaren Streitfall im Voraus den Richter bezeichnen, der für die Entscheidung zuständig ist (vgl. BVerfGE 2, 307 <319 f.>; 19, 52 <60>) und verpflichtet dazu, Regelungen zu treffen, aus denen sich der gesetzliche Richter ergibt (vgl. BVerfGE 19, 52 <60>; 95, 322 <328>). Gesetzlicher Richter im Sinne dieser Vorschrift ist dabei nicht nur das Gericht als organisatorische Einheit oder das erkennende Gericht als Spruchkörper, vor dem verhandelt und von dem die einzelne Sache entschieden wird, sondern auch der zur Entscheidung im Einzelfall berufene konkrete Richter (vgl. BVerfGE 17, 294 <298 f.>; 95, 322 <329>). Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt jedoch kein Recht auf einen Prozess und damit auch kein Recht auf einen bestimmten Rechtsbehelf oder ein bestimmtes Rechtsmittel. Er setzt den Zugang zu Gericht vielmehr voraus. Ob ein solcher bestehen muss, ist eine an Art. 19 Abs. 4 GG beziehungsweise dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG zu messende Frage (vgl. BVerfGE 107, 395 <401 ff., 409>; Classen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 101 Abs. 1 Rn. 9, 44).

80

bb) Durch die unterbliebene Befassung der Spruchgruppe des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs mit ihrer Anhörungsrüge sind die Beschwerdeführer nicht in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt worden. Das Gesetz über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof sieht - anders als die Verfahrensordnungen für fachgerichtliche Verfahren (z.B. § 321a ZPO, § 152a VwGO oder § 33a StPO) - keinen Rechtsbehelf gegen eine verfassungsgerichtliche Entscheidung vor, auch keinen, im Rahmen dessen die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den Verfassungsgerichtshof gerügt werden könnte. Die Annahme, dass die für fachgerichtliche Verfahren konzipierten Regelungen über die Anhörungsrüge nicht auf das Verfahren vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof anwendbar sind und eine Anhörungsrüge insofern nicht statthaft ist, ist verfassungsrechtlich - insbesondere unter Berücksichtigung des Gebots der Rechtsmittelklarheit (vgl. BVerfGE 107, 395 <416 f.>) - nicht zu beanstanden. Wenn aber schon kein Rechtsbehelf gegeben ist, wurden die Beschwerdeführer durch das diese Rechtslage erklärende Schreiben des Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs und die unterbliebene Befassung und Entscheidung der Spruchgruppe des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs auch nicht ihrem gesetzlichen Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG entzogen.

81

d) Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs verstößt schließlich auch nicht gegen den aus Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG verankerten Anspruch der Beschwerdeführer auf Demokratie (vgl. BVerfGE 135, 317 <386 Rn. 125>). Obwohl das Demokratieprinzip durch eine unzulässige Ausdehnung der Wahlberechtigten durchaus verletzt werden kann (vgl. BVerfGE 83, 37 <50 ff.>; 83, 60 <71 ff.>), wird der durch den Anspruch auf Demokratie gemäß Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 und Art. 79 Abs. 3 GG geschützte Menschenwürdegehalt politischer Selbstbestimmung in der Regel nicht allein dadurch berührt, dass dieses Recht zu Unrecht auch Dritten eingeräumt wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Januar 1997 - 2 BvR 2862/95 -, NVwZ 1998, S. 52 <53>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Februar 1997 - 2 BvR 2621/95 -, NVwZ 1998, S. 52).

82

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

Gründe

A.

1

Der Beschwerdeführer hat die Gültigkeit der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag mit der Begründung angefochten, das gesamte Wahlrecht sei verfassungswidrig, weil seine wesentlichen Teile nicht in der Verfassung selbst geregelt seien. Zudem verletzten die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht (Art. 38 Abs. 2 Halbsatz 1 GG), die Aufstellung "starrer" Landeslisten (§ 27 Abs. 1 BWahlG) und die Fünf-Prozent-Sperrklausel (§ 6 Abs. 6 Satz 1 BWahlG) die Wahlrechtsgrundsätze. Die "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (DIE PARTEI)" sei vom Bundeswahlausschuss rechtsfehlerhaft nicht als Partei zur Bundestagswahl zugelassen, die Landesliste der Freien Union rechtswidrig vom Landeswahlausschuss des Landes Bayern zurückgewiesen worden. Der Bundesgesetzgeber habe es weiterhin verfassungswidrig unterlassen, eine Neuregelung zu den so genannten Überhangmandaten bereits vor der Bundestagswahl 2009 vorzunehmen. Die Wahlprüfungsgremien seien verfassungs- und europarechtswidrig zusammengesetzt gewesen. Ferner sei es im Vorfeld der Wahlen zum 17. Deutschen Bundestag durch ein Täuschungsverhalten von Regierungsmitgliedern zu erheblichen Einflussnahmen auf die Wähler gekommen und habe die Kandidatenaufstellung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Schließlich seien die Wahl des Bundestagsabgeordneten Lammert wegen Wählertäuschung und die Wahl des Bundespräsidenten mangels demokratischer Legitimation unwirksam.

B.

2

Die Wahlprüfungsbeschwerde ist überwiegend unzulässig (I.). Im Übrigen ist sie jedenfalls offensichtlich unbegründet (II.).

I.

3

Zum überwiegenden Teil sind die vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen unzulässig, weil sie den Begründungsanforderungen (vgl. BVerfGE 122, 304 <308 f.>) nicht genügen.

4

1. Soweit der Beschwerdeführer die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht als verfassungswidrig rügt, hat das Bundesverfassungsgericht bereits auf seine Wahlprüfungsbeschwerde gegen den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 6. November 2003 (BVerfGE 122, 304) ausgeführt, dass die Altersgrenze an den Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 38 Abs. 1 GG nicht zu messen ist, weil sie in Art. 38 Abs. 2 Halbsatz 1 GG auf gleicher Rangebene wie diese geregelt ist (BVerfGE 122, 304<309>). Soweit der Beschwerdeführer dem entgegentritt, handelt es sich - ungeachtet der Bezugnahme auf Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Art. 79 Abs. 3 GG - ausschließlich um verfassungspolitische Erwägungen.

5

2. Die gegen die Entscheidungen des Bundeswahlausschusses, die "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (DIE PARTEI)" nicht als Partei zur Wahl des 17. Deutschen Bundestages zuzulassen, und des Landeswahlausschusses des Freistaates Bayern, die Landesliste der Freien Union zurückzuweisen, gerichteten Rügen sind bereits deshalb unzulässig, weil sie im Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Bundestag in unzureichender Weise vorgebracht worden sind. Aus dem Charakter der Wahlprüfungsbeschwerde als Rechtsmittel gegen einen Beschluss des Deutschen Bundestages folgt, dass nur solche Rügen berücksichtigt werden können, die schon Gegen-stand des Wahlprüfungsverfahrens vor dem Deutschen Bundestag gewesen (vgl. BVerfGE 89, 243 <265>) und dort in unmissverständlicher und substantiierter Weise zur Begründung des Wahleinspruchs vorgetragen worden sind (vgl. BVerfGE 79, 50). Eine diesen Anforderungen genügende Begründung hat der Beschwerdeführer seinem Wahleinspruch nicht zugrunde gelegt (vgl. BTDrucks 17/6300, S. 125 - Anlage 38 zu II.2). Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer binnen der Beschwerdebegründungsfrist des § 48 Abs. 1 Halbsatz 2 BVerfGG auch gegenüber dem Bundesverfassungsgericht nicht ausreichend vorgetragen; insbesondere hat er keine Unterlagen vorgelegt, die eine verfassungsgerichtliche Überprüfung des behaupteten Wahlfehlers zuließen.

6

3. Soweit der Beschwerdeführer meint, der Bundesgesetzgeber hätte den Regelungskomplex um die Bestimmungen der § 6 Abs. 4 und 5 und § 7 Abs. 3 Satz 2 BWahlG vor der Bundestagswahl 2009 neu gestalten müssen, fehlt es an der Darlegung von Gesichtspunkten, die Anlass geben könnten, von der im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2008 (BVerfGE 121, 266) ausgesprochenen Neuregelungsfrist abzurücken.

7

4. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zur vermeintlich verfassungs- und europarechtswidrigen Zusammensetzung der Wahlprüfungsgremien enthält schon keine hinreichend substantiierte und aus sich heraus verständliche Darlegung eines Wahlfehlers, der Einfluss auf die Mandatsverteilung haben kann (vgl. BVerfGE 58, 175 <175 f.>).

8

5. Soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Kandidatenaufstellung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wendet, fehlt es ebenfalls bereits an einem hinreichend konkreten und überprüfbaren Sachvortrag sowie einer Subsumtion unter die Regelungen im Bundeswahlgesetz über die Kandidatenaufstellung (vgl. dazu BVerfGE 89, 243 <252 f.>).

9

6. Die Rügen, die Wahl des Bundestagsabgeordneten Lammert und diejenige des Bundespräsidenten seien unwirksam, waren, weil sie erst nach Ablauf der Einspruchsfrist vorgetragen worden waren, nicht Gegenstand des Wahlprüfungsverfahrens vor dem Deutschen Bundestag und sind schon deshalb unzulässig.

10

7. Schließlich hat der Beschwerdeführer auch einen Wahlfehler durch ein Täuschungsverhalten der Bundesregierung nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Aus seinem Vortrag ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine unzulässige Beeinflussung der Wahl (zu den insoweit anzulegenden Maßstäben vgl. BVerfGE 103, 111 <130 ff.>).

II.

11

Die verbleibenden Rügen des Beschwerdeführers betreffen Wahlrechtsnormen, deren Verfassungsmäßigkeit das Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt, und wahlrechtliche Zweifelsfragen, die das Bundesverfassungsgericht schon entschieden hat. Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich keine Gesichtspunkte vorgetragen, die Anlass zu einer anderweitigen Beurteilung geben könnten.

12

1. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt festgestellt, dass die im Bundeswahlgesetz vorgesehene Verhältniswahl nach "starren" Listen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und insbesondere mit den Grundsätzen der Unmittelbarkeit und der Freiheit der Wahl vereinbar ist (vgl. BVerfGE 3, 45 <50 f.>; 7, 63 <67 ff.>; 21, 355 <355 f.>; 47, 253 <283>; 122, 304 <314>).

13

2. Auch das als verfassungswidrig gerügte, in § 6 Abs. 6 Satz 1 Alternative 1 BWahlG vorgesehene Quorum von 5 vom Hundert der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen, das eine Partei erreichen muss, um bei der Verteilung der Sitze auf die Landeslisten berücksichtigt zu werden, hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt als verfassungskonform beurteilt (vgl. BVerfGE 1, 208 <247 ff.>; 4, 31 <39 ff.>; 6, 84 <92 ff.>; 51, 222 <235 ff.>; 82, 322 <337 ff.>; 95, 335 <366>; 95, 408 <417 ff.>; 120, 82 <109 ff.>; BVerfG, Urteil vom 9. November 2011 - 2 BvC 4/10 u.a. -, juris Rn. 94).

14

3. Schließlich greift auch der Einwand des Beschwerdeführers, das gesamte Wahlrecht sei verfassungswidrig, weil seine wesentlichen Teile nicht in der Verfassung selbst geregelt seien, nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht durch (vgl. zuletzt BVerfGE 122, 304 <314>).

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

1. Die Antragsgegnerin hat durch ihre Antworten (Bundestagsdrucksache 17/6022) auf die Fragen 10. e) und g) der Kleinen Anfrage vom 16. Mai 2011 (Bundestagsdrucksache 17/5847) die Antragstellerin in ihren Rechten aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 und Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes verletzt.

2. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Gründe

A.

1

Gegenstand des Organstreitverfahrens sind Antworten der Bundesregierung auf Kleine Anfragen der Antragstellerin, einer Fraktion des Deutschen Bundestages, zu Unterstützungseinsätzen der Bundespolizei für mehrere Länder.

I.

2

1. Grundlage für Unterstützungseinsätze der Bundespolizei ist § 11 des Gesetzes über die Bundespolizei (BPolG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bundespolizeigesetzes und anderer Gesetze vom 26. Februar 2008 (BGBl I S. 215). Der im vorliegenden Verfahren relevante § 11 Abs. 1 Nr. 1 BPolG entspricht Art. 35 Abs. 2 Satz 1 GG, wonach zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ein Land in Fällen von besonderer Bedeutung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes - der heutigen Bundespolizei - zur Unterstützung seiner Polizei anfordern kann, wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte.

3

Formelle Voraussetzung eines Unterstützungseinsatzes ist in diesen Fällen nach § 11 Abs. 4 BPolG die Anforderung der Bundespolizei durch ein Land. Die Anforderung, für die das Gesetz keine Form vorschreibt, soll nach § 11 Abs. 4 Satz 2 BPolG alle für die Entscheidung wesentlichen Merkmale des Einsatzauftrags enthalten. Die Entscheidung über die Verwendung der Bundespolizei zur Unterstützung eines Landes aufgrund einer Anforderung gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 BPolG trifft nach § 11 Abs. 3 Satz 1 BPolG das Bundesministerium des Innern. Dieses hat seine Entscheidungsbefugnis gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 BPolG durch eine Verwaltungsvorschrift auf das Bundespolizeipräsidium übertragen (Verwaltungsvorschrift "Einsätze der Bundespolizei zur Unterstützung der Länder - Übertragung der Entscheidungsbefugnis in bestimmten Fällen auf das Bundespolizeipräsidium" vom 22. Februar 2008, GMBl 2008, S. 267). Nach Ziffer 1.2 dieser Verwaltungsvorschrift prüft das Bundespolizeipräsidium die Verfügbarkeit geeigneter Bundespolizeikräfte. Auf dieser Grundlage sowie anhand des Gesamtunterstützungsbedarfs und gegebenenfalls überbehördlicher Bindungen trifft es die Entscheidung und übermittelt ein konkretes Kräfteangebot an das jeweils ersuchende Land oder die ersuchenden Länder. Nach der Annahme dieses Angebots durch das anfordernde Land weist das Bundespolizeipräsidium die Unterstützung an. Die Unterstützung eines Landes durch die Bundespolizei richtet sich gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BPolG nach dem für das anfordernde Land geltenden Recht, also nach dem jeweiligen Landesrecht und dem sachlich einschlägigen Bundesrecht, etwa dem Versammlungs-, Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht (Drewes/ Malmberg/Walter, BPolG, 4. Aufl. 2010, § 11 Rn. 51). Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BPolG unterliegt die Bundespolizei bei Unterstützungseinsätzen den fachlichen Weisungen des Landes, während die Weisungsbefugnis im Hinblick auf Organisation und Dienstrecht beim Bund verbleibt (Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 11 Rn. 54 m.w.N.).

4

2. Die Vorschrift des § 11 BPolG lautet:

"§ 11 Verwendung zur Unterstützung eines Landes

(1) Die Bundespolizei kann zur Unterstützung eines Landes verwendet werden

1. zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in Fällen von besonderer Bedeutung nach Artikel 35 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes,

2. zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall nach Artikel 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 des Grundgesetzes,

3. zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes nach Artikel 91 Abs. 1 des Grundgesetzes,

soweit das Land ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen kann.

(2) 1Die Unterstützung eines Landes durch die Bundespolizei nach Absatz 1 richtet sich nach dem für das Land geltenden Recht. 2Vorbehaltlich des Artikels 35 Abs. 3 des Grundgesetzes unterliegt die Bundespolizei dabei den fachlichen Weisungen des Landes.

(3) 1Die Entscheidung über eine Verwendung der Bundespolizei nach Absatz 1 trifft im Fall des Artikels 35 Abs. 3 des Grundgesetzes die Bundesregierung, im übrigen das Bundesministerium des Innern auf Anforderung des Landes. 2Das Bundesministerium des Innern kann seine Entscheidungsbefugnis in bestimmten Fällen durch Verwaltungsvorschrift auf eine Bundespolizeibehörde übertragen.

(4) 1Einer Anforderung der Bundespolizei ist zu entsprechen, soweit nicht eine Verwendung der Bundespolizei für Bundesaufgaben dringender ist als die Unterstützung des Landes. 2Die Anforderung soll alle für die Entscheidung wesentlichen Merkmale des Einsatzauftrages enthalten. 3Die durch eine Unterstützung eines Landes nach Absatz 1 entstehenden Mehrkosten trägt das Land, sofern nicht im Einzelfall aus besonderen Gründen in einer Verwaltungsvereinbarung etwas anderes bestimmt wird.

(5) Die Verpflichtung zur Amtshilfe bleibt unberührt."

II.

5

Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

6

1. Am 19. Februar 2011 fand in Dresden anlässlich des Jahrestages der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg ein Aufmarsch von Anhängern des rechtsradikalen Spektrums statt. Es gab eine Gegendemonstration, an der nach Angaben des Veranstalters etwa 20.000 Personen teilnahmen. Am Polizeieinsatz an jenem Tage waren neben der Landespolizei des Freistaates Sachsen Polizeibeamte anderer Länder und der Bundespolizei beteiligt.

7

2. Hinsichtlich dieses Polizeieinsatzes richteten die Antragstellerin sowie verschiedene Mitglieder des Bundestages am 1. März 2011 eine Kleine Anfrage mit dem Titel "Gewaltsames Vorgehen der Polizei gegen Antifaschistinnen und Antifaschisten am 19. Februar 2011 in Dresden" an die Antragsgegnerin (BTDrucks 17/4992). Diese Kleine Anfrage bezog sich zum einen auf den Bereich der originären Aufgabenwahrnehmung durch die Bundespolizei, dabei vor allem auf die Erfüllung bahnpolizeilicher Aufgaben, zum anderen auf die Unterstützung der Sächsischen Landespolizei durch Beamte der Bundespolizei gemäß § 11 BPolG. In der Vorbemerkung zu dieser Kleinen Anfrage heißt es unter anderem:

"Rund 20 000 Antifaschistinnen und Antifaschisten haben am 19. Februar 2011 in Dresden der Neonaziszene eine klare Niederlage bereitet. Der geplante Aufmarsch der extremen Rechten wurde durch das entschlossene Handeln der antifaschistischen Demonstrantinnen und Demonstranten vereitelt, die damit ihren Erfolg aus dem Vorjahr, als sie den Naziaufmarsch ebenfalls verhindern konnten, noch übertrafen.

Das Einsatzkonzept der sächsischen Polizei - die von Einheiten der Bundespolizei unterstützt wurde - sah aber die rigorose Abschottung der Gegendemonstranten vor. Dabei kam es mitunter zu äußerst gewaltsamem und eskalierendem Vorgehen, wie durch zahlreiche Videos im Internet und Augenzeugenberichte dokumentiert. Insbesondere über massiven und ohne Vorwarnung erfolgten Einsatz von Pfefferspray bzw. Pepperball sowie von Wasserwerfern wird berichtet (www.youtube.com/watch?v=EdXsLFLY_fs, Pfeffersprayeinsatz gegen abziehende Personengruppe; www.youtube.com/watch?v =9bAVcACehOc&feature=player_embedded, Pfeffersprayeinsatz auf gewaltfreien Demonstranten, möglicherweise einen Journalisten). Um einen besonders eklatanten Fall von Polizeigewalt handelt es sich beim anlasslosen Angriff eines Wasserwerfers auf eine Menschenmenge, die sich friedlich über eine Kreuzung bewegte (www.youtube.com/watch?v=N1vYuHpGKlI&feature= player_embedded).

[…]

Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Dr. h. c. Wolfgang Thierse, kommentierte die Ereignisse in der Presse folgendermaßen: 'Die Polizei ist eben vollauf damit beschäftigt, die Neonazis zu schützen (…). Das ist sächsische Demokratie.'

Es muss aufgeklärt werden, inwiefern Einheiten der Bundespolizei zu dieser Art der Demokratiedurchsetzung beigetragen haben. Wenn eine Landespolizei brutal gegen Antifaschisten vorgeht, um Nazis zu schützen, sollte die Bundespolizei dies nicht auch noch unterstützen."

8

In der Vorbemerkung der Antwort auf diese Kleine Anfrage (BTDrucks 17/5270, S. 2, Anlage Ast. 2) stellte die Antragsgegnerin fest:

"Polizeiliche Einsatzlagen im Zusammenhang mit Demonstrationen und Versammlungen fallen in die Zuständigkeit der Länder. Die Bundesregierung nimmt zu polizeilichen Einsätzen, soweit sie im Verantwortungsbereich eines Landes liegen - hier des Freistaates Sachsen - keine Stellung und bewertet diese nicht."

9

Folgende Fragen und Antworten sind streitgegenständlich:

10

Frage: "3. c) Wie ist der Einsatz in der Praxis durchgeführt worden und wer hat ihn geführt, von wem hat die Bundespolizei Weisungen erhalten, und wie ist die Koordination ihres Einsatzes im Rahmen des Gesamteinsatzes sichergestellt worden?"

11

Antwort: "Im originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei erfolgte der Einsatz eigenverantwortlich durch eine eingerichtete 'Besondere Aufbauorganisation' unter Führung der Bundespolizeidirektion Pirna."

12

Frage: "4. Wie sah das Einsatzkonzept aus, und wie bewertet die Bundesregierung dessen Umsetzung?"

13

Antwort: "Soweit die Frage auf das Einsatzkonzept der sächsischen Polizei zielt, wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

14

Frage: "5. Wie bewertet die Bundesregierung den von zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Proteste sowie auf Videos dokumentierten großflächigen Einsatz von Pfefferspray?"

15

Antwort: "Es wird auf die Antwort zu Frage 6a verwiesen."

16

Frage: "6. Haben Angehörige der Bundespolizei Pfefferspray oder andere Reizmittel verwendet, und wenn ja,

a) wann und wo genau,"

17

Antwort: "Ein Einsatz von Pfefferspray oder anderer Reizmittel im originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei wird ausgeschlossen. Hinsichtlich der Frage des Einsatzes von Pfefferspray oder anderer Reizmittel im Aufgabenbereich des Freistaates Sachsen wird auf die dortige einsatzführende Zuständigkeit und auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

18

Frage: "b) wie viele Sprühdosen wurden verbraucht bzw. welcher Ersatzbedarf wurde angezeigt (bitte jeweils die Füllmenge angeben)?"

19

Antwort: "Hinsichtlich der Frage des Verbrauchs von Sprühdosen und zum entsprechenden Ersatzbedarf im Aufgabenbereich des Freistaates Sachsen wird auf die dortige einsatzführende Zuständigkeit verwiesen."

20

Frage: "7. Hat die Bundespolizei Wasserwerfer eingesetzt, und wenn ja

a) wann und wo genau, und inwiefern waren dem Wasser Reizstoffe beigemischt?

b) Inwiefern wurden die Opfer des Einsatzes vorgewarnt, bzw. in welchen Fällen ist dies unterblieben (bitte begründen)?

c) Inwiefern war die Bundespolizei am Wasserwerfereinsatz, wie er auf youtube (www.youtube.com) dokumentiert ist, beteiligt?"

21

Antwort: "Die im originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei eingesetzten Wasserwerfer haben kein Wasser während des Einsatzes abgegeben. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

22

Frage: "9. Wie bewertet die Bundesregierung die Durchsuchung des Pressebüros des Bündnisses 'Dresden Nazifrei', bei der auch Räume der Partei DIE LINKE. durchsucht und Computer sowie Mobiltelefone beschlagnahmt wurden?

Welche rechtliche Grundlage gab es für diese Aktion, und inwiefern waren Bundespolizisten daran beteiligt?"

23

Antwort: "Die Bundespolizei war an den Durchsuchungsmaßnahmen des Pressebüros des Bündnisses 'Dresden Nazifrei' nicht beteiligt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

24

Frage: "11. Waren Bundespolizisten während der Angriffe von Nazis auf das linke Hausprojekt 'Praxis' zugegen, und wie erklärt sich die Bundesregierung, dass die anwesende Polizei diesen Überfall nur beobachtete und es den Nazis möglich war, sich an diesem Tag unter den Augen der Polizei diesem Gebäude zu nähern?"

25

Antwort: "Angehörige der Bundespolizei waren bei dem geschilderten Ereignis nicht zugegen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

26

Frage: "12. Ist in der Vorbereitung des Polizeieinsatzes auf eine besondere Gefährdung von Gebäuden, die linke Projekte oder Parteien beherbergen, hingewiesen worden, und welche Planungen wurden für den Fall eines Naziangriffs vorgenommen?"

27

Antwort: "Die benannten Objekte befinden sich nicht auf Bahnanlagen und damit nicht im originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

28

Frage: "13. Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung Anweisungen, Abgeordnete der Partei DIE LINKE. nicht durch Polizeisperren zu lassen und sie gezielt anders zu behandeln, als Abgeordnete anderer Parteien?"

29

Antwort: "Entsprechende Anweisungen im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei gab es nicht. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

30

Frage: "14. a) Wer leitet die Sonderkommission, und wer gehört ihr außerdem noch an?

b) Wird der Überfall auf das 'Haus der Begegnung' am Abend des 19. Februar 2011 ebenfalls Untersuchungsgegenstand der Sonderkommission sein?

c) Welche Vorkommnisse sind aus Sicht der Bundesregierung vorrangig zu prüfen, und welche Verdachtsfälle unverhältnismäßiger Polizeigewalt gehören hierzu?"

31

Antwort: "Die Leitung der Sonderkommission obliegt der Polizeidirektion Dresden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

32

Frage: "18. Wie bewertet die Bundesregierung den politischen Schaden, der entsteht, wenn eine Landespolizei mit Unterstützung der Bundespolizei, wie am 19. Februar 2011 in Dresden, ihre Kraft vorrangig darauf konzentriert, den Naziaufmarsch zu schützen, und dafür ganze Stadtteile frei von Antifaschisten zu halten?"

33

Antwort: "Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

34

Frage: "19. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Erfahrungen von Dresden im Rahmen der Innenministerkonferenz zu thematisieren und Konsequenzen für künftige Polizeieinsätze anlässlich von Naziaufmärschen zu ziehen, und wenn ja, welche Konsequenzen erwägt sie?"

35

Antwort: "Eine Behandlung der Thematik auf der ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder ist seitens der Bundesregierung nicht geplant. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen."

36

3. Zum selben Sachverhalt richteten die Antragstellerin sowie mehrere Abgeordnete am 20. April 2011 eine weitere Kleine Anfrage an die Antragsgegnerin (BTDrucks 17/5639). In einer "Vorbemerkung" drückten die Fragesteller ihr Missfallen über die Antworten der Bundesregierung auf die oben angeführte Kleine Anfrage aus. Sie sahen darin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG und führten dies in der Vorbemerkung weiter aus.

37

Auf die in dieser Kleinen Anfrage gestellten Fragen antwortete die Antragsgegnerin (BTDrucks 17/5737) unter anderem wie folgt:

38

Frage: "4. Wie sah das Einsatzkonzept der sächsischen Polizei aus, von dem die Bundespolizei im Rahmen der Abstimmung der Einsatzkonzepte sowie der Tätigkeit der Verbindungsbeamten Kenntnis erhalten hat, welche Elemente hat die Bundespolizei bei der Abstimmung als besonders wichtig eingebracht, und wie bewertet die Bundesregierung die Umsetzung des abgestimmten Einsatzkonzeptes?"

39

Antwort: "Nach Kenntnis der Bundesregierung sah das Einsatzkonzept die Gewährleistung friedlicher Versammlungen und Kundgebungen sowie den Schutz deren Teilnehmer vor. An der Erstellung des Einsatzkonzeptes der Polizei des Freistaates Sachsen hat die Bundespolizei nicht mitgewirkt. Die den Einsatz der Bundespolizei führende Bundespolizeidirektion Pirna hat im Rahmen der Einsatzvorbereitung über einzelne Teilabschnitte des Einsatzkonzeptes Kenntnis erhalten, bei denen Schnittstellen zum Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei betroffen waren. Dabei hat die Bundespolizei ihr eigenes Einsatzkonzept thematisiert.

Die Bewertung des Polizeieinsatzes in der Zuständigkeit und der Verantwortung der Polizei des Freistaates Sachsen obliegt den dort zuständigen Stellen. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 17/5270 verwiesen."

40

Frage: "6. Wie bewertet die Bundesregierung die Durchsuchung des Pressebüros des Bündnisses 'Dresden Nazifrei', bei der auch Räume der Partei DIE LINKE. durchsucht und Computer sowie Mobiltelefone beschlagnahmt wurden?

Welche rechtliche Grundlage gab es nach Kenntnis der Bundesregierung für diese Aktion?"

41

Antwort: "Die Bundespolizei war an der Durchsuchung des Pressebüros des in der Frage genannten Bündnisses nicht beteiligt. Insofern liegen der Bundesregierung hierzu keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen obliegt die Bewertung den hierfür zuständigen Stellen des Freistaates Sachsen."

42

Fragen: "8. Haben Angehörige der Bundespolizei, die dem Freistaat Sachsen unterstellt worden waren, Pfefferspray oder andere Reizmittel verwendet, und wenn ja,

a) wann und wo genau,

b) wie viele Sprühdosen wurden verbraucht, bzw. welcher Ersatzbedarf wurde angezeigt (bitte jeweils die Füllmenge angeben)?

9. Haben die drei Wasserwerfer der Bundespolizei, die dem Freistaat unterstellt worden sind, während des Einsatzes Wasser abgegeben, und wenn ja,

a) wann und wo genau, und inwiefern waren dem Wasser Reizstoffe beigemischt,

b) inwiefern wurden die Opfer des Einsatzes vorgewarnt, bzw. in welchen Fällen ist dies unterblieben (bitte begründen),

c) inwiefern war die Bundespolizei am Wasserwerfereinsatz, wie er auf www.youtube.com/ dokumentiert ist, beteiligt, und falls sie beteiligt war, wie schätzt die Bundesregierung die rechtliche Zulässigkeit dieses Einsatzes ein?"

43

Antwort: "Soweit Angehörige der Bundespolizei gemäß § 11 BPolG zur Unterstützung des Landes eingesetzt waren, obliegt die Zuständigkeit und Verantwortung für die Durchführung des Einsatzes dem Freistaat Sachsen. Aussagen und Bewertungen zu diesem Einsatz im Zuständigkeitsbereich des Freistaates Sachsen sind durch die dort zuständigen Stellen zu treffen."

44

4. Am 1. Mai 2011 kam es zu einem Einsatz der Bundespolizei in Berlin, Heilbronn und an anderen Orten, der Gegenstand einer weiteren Kleinen Anfrage (BTDrucks 17/5847, Antwort: BTDrucks 17/6022) der Antragstellerin und mehrerer Bundestagsabgeordneter war. In der Vorbemerkung zu dieser Kleinen Anfrage heißt es unter anderem:

"Während Zeitungen wie die 'BZ' bereits Wochen vor dem 1. Mai 2011 Krawalle in Berlin prophezeiten, zeigte sich der Senator für Inneres und Sport von Berlin, Dr. Ehrhart Körting, am 2. Mai 2011 'hochzufrieden' mit dem Verlauf des 1. Mai 2011 und der Walpurgisnacht am 30. April 2011. Es habe deutlich weniger Festnahmen und weniger 'Krawall' gegeben, als in den Vorjahren.

Umso mehr Gewalt ging dafür offenbar von Seiten der Polizei aus. Insbesondere am Kottbusser Tor, wo vornehmlich Angehörige der Bundespolizei eingesetzt waren, hat es einen umfassenden Einsatz von Pfefferspray gegeben. Es seien 'immer wieder Trupps von rund 20 Polizisten im Zickzack durch die bis dahin friedliche Menschenmenge' gezogen, berichtete die 'tageszeitung' ('taz') am 3. Mai 2011. Sie hätten dabei 'wahllos Umstehende mit Fäusten traktiert und immer wieder Pfefferspray eingesetzt.'

Dass diese Ausführungen zutreffend sind, legt die Tatsache nahe, dass Polizisten, die in Zivil eingesetzt waren, selbst Opfer ihrer uniformierten Kollegen geworden sind. Mindestens zwei Zivilfahnder seien 'plötzlich von Pfefferspray getroffen und zudem durch Faustschläge im Gesicht verletzt worden. Die beiden Polizisten hätten anschließend aufgrund von Augenreizungen und Prellungen vom Dienst abtreten müssen. Zudem sollen nach Polizeiangaben in diesem Zusammenhang weitere sechs Beamte durch Reizgaseinwirkungen verletzt worden sein', heißt es in der 'taz' weiter. Sanitäter sprachen von über 200 durch Pfefferspray verletzten Personen, die sie zu versorgen hatten.

Die Fraktion DIE LINKE. sieht sich durch solche Berichte in ihrer Annahme bestätigt, dass Pfefferspray von der Polizei, auch der Bundespolizei, häufig unverhältnismäßig eingesetzt wird.

[…]

Die Fraktion DIE LINKE. will nun erfahren, welche Einsätze von der Bundespolizei am 1. Mai 2011 bundesweit durchgeführt worden sind."

45

In der Kleinen Anfrage wurden unter anderem die nachfolgenden Fragen gestellt:

Frage: " 3. b) Wie viele Wasserwerfer hatte die Bundespolizei am Maiwochenende im Einsatz (bitte nach einzelnen Städten angeben)?

c) Aus wie vielen dieser Wasserwerfer wurde Wasser abgegeben (bitte nach einzelnen Städten und mit genauen Orten und Zeiten angeben)?

d) In welchen Fällen waren dem Wasser Reizstoffe beigemischt?"

46

Antwort: "Im originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei wurden keine Wasserwerfer eingesetzt. Zur Unterstützung der Länder gemäß § 11 BPolG wurde das Land Berlin mit drei und das Land Hamburg mit zwei Wasserwerfern unterstützt. Die Zuständigkeit und Verantwortung für die Durchführung dieser Einsätze obliegt den jeweiligen Ländern. Aussagen zu den Einsätzen im Zuständigkeitsbereich eines Landes sind durch die dort zuständigen Stellen zu treffen."

47

Frage: "4. Wie viele Bundespolizistinnen und Bundespolizisten waren mit Reizmittelsprühgeräten ausgestattet, und wie viele von ihnen haben diese auch eingesetzt?

a) Welche Reizmittel sind dabei verwendet worden? (bitte nach Typ und Fabrikat aufschlüsseln)

b) Wann und wo genau sind diese Geräte benutzt worden?

48

Antwort: "Die Polizeibeamten der Bundespolizei sind mit Reizstoff-Sprühgeräten (RSG 3) ausgestattet. Einsatzeinheiten der Bundespolizei werden zusätzlich mit dem Reizstoff-Sprühgerät RSG 4 ausgestattet. Die Reizstoff-Sprühgeräte der Bundespolizei enthalten den synthetischen Wirkstoff PAVA (Pelargonsäurevanillylamid) des Herstellers Carl Hoernecke GmbH & Co. KG und IDC SYSTEM AG in den Füllmengen 63ml und 30ml (RSG 3) sowie 400ml (RSG 4).

Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die Bundespolizei im originären Zuständigkeitsbereich am 30. April 2011 am Bahnhof Bremen-Neustadt fünfmal das Reizstoff-Sprühgerät (RSG 3) eingesetzt.

Soweit Angehörige der Bundespolizei im Rahmen eines Einsatzes gemäß § 11 BPolG eingesetzt waren, obliegt die Zuständigkeit und Verantwortung für die Durchführung des Einsatzes dem jeweiligen Land. Aussagen und Bewertungen zu den Einsätzen im Zuständigkeitsbereich eines Landes sind durch die dort zuständigen Stellen zu treffen."

49

Frage: "6. Wie viele freiheitsentziehende Maßnahmen und Platzverweise sind von der Bundespolizei am Maiwochenende vorgenommen bzw. ausgesprochen worden (bitte mit Begründungen, nach Maßnahmen und Orten bzw. Zeitpunkt aufgliedern)?"

50

Antwort: "Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die Bundespolizei im Rahmen der originären bahnpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei (Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes) zur Gefahrenabwehr insgesamt 1195 Platzverweise [es folgen detaillierte, nach Orten aufgeschlüsselte numerische Angaben] und 30 freiheitsentziehende Maßnahmen auf Grundlage der Strafprozessordnung ausgesprochen [es folgen detaillierte, nach Orten aufgeschlüsselte numerische Angaben].

Soweit Angehörige der Bundespolizei im Rahmen eines Einsatzes gemäß § 11 BPolG eingesetzt waren, obliegt die Zuständigkeit und Verantwortung für die Durchführung des Einsatzes dem jeweiligen Land. Aussagen und Bewertungen zu den Einsätzen im Zuständigkeitsbereich eines Landes sind durch die dort zuständigen Stellen zu treffen."

51

Frage: "7. Wie ist der Einsatz von Bundespolizisten im Zusammenhang mit dem Maiwochenende konkret geregelt worden?

a) Welche Gremien und Stäbe sind eingerichtet worden, in denen die Bundespolizei vertreten war (bitte Anzahl der Vertreter, die entsendenden Behörden unter Angabe der jeweiligen Abteilung, die Gesamtzusammensetzung der Gremien und jeweilige Aufgaben nennen und für jedes Land bzw. jede Stadt einzeln angeben)?

b) Inwiefern ist die Bundespolizei in die jeweilige Einsatzstrategie und -taktik eingeweiht worden, bzw. inwiefern hat sie diese mitgestaltet?

c) Wer hat die Einsätze geführt, von wem hat die Bundespolizei Weisungen erhalten, wie ist die Koordination des Einsatzes im Rahmen des Gesamteinsatzes jeweils sichergestellt worden, und wie sind die Einsätze in der Praxis durchgeführt worden?"

52

Antwort: "Im originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei wurde die Einsatzlage durch die einsatzführenden, regional zuständigen Bundespolizeidirektionen eigenverantwortlich geführt. Die Bundespolizeidirektionen Bad Bramstedt, Berlin und Stuttgart haben hierzu eigenständige Einsatzstäbe eingerichtet.

Die Bundespolizei hat in den Führungsstab der Polizei des Landes Mecklenburg-Vorpommern einen Polizeibeamten und in den Führungsstab der Polizei des Landes Berlin drei Polizeibeamte als Verbindungsbeamte entsandt. Zwischen der Polizeidirektion Heilbronn und der Bundespolizeidirektion Stuttgart wurden wechselseitig Verbindungsbeamte ausgetauscht.

Die Verbindungsbeamten stellen im Einsatz die Kommunikation zwischen den Führungsstäben der Polizeien des Landes und der Bundespolizei sicher. Der Austausch von Verbindungsbeamten zwischen benachbarten Polizeibehörden im Einsatz ist übliche Praxis und hat sich bewährt.

Die Zuständigkeit und Verantwortung für Polizeieinsätze in den Ländern obliegt den jeweiligen dort zuständigen Behörden."

53

Frage: "9. Inwieweit waren Beamte der Bundespolizei während der 'Revolutionären 1. Mai Demonstration' in Berlin im Einsatz?

a) Wer leitete diesen Einsatz?

b) Wie lautete der Auftrag der hier eingesetzten Bundespolizeibeamten?

c) Inwieweit kam es hier zu freiheitsentziehenden Maßnahmen durch Beamte der Bundespolizei?

d) Inwieweit setzten Beamte der Bundespolizei hier Pfefferspray ein?"

54

Antwort: "Die Bundespolizei hat am 1. Mai 2011 das Land Berlin mit insgesamt 982 Polizeibeamten unterstützt (am 30. April 2011 mit 852 Polizeibeamten). Die polizeiliche Einsatzlage im Zusammenhang mit der in Frage 9 aufgeführten Demonstration lag im Verantwortungsbereich und Zuständigkeit des Landes Berlin. Aussagen und Bewertungen zu diesem Einsatz obliegen den dort zuständigen Stellen.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 und 2 verwiesen."

55

Frage: "10. Inwieweit waren Beamte der Bundespolizei im Anschluss an die Berliner 'Revolutionäre 1. Mai Demonstration' in den Abend- und Nachtstunden am Kottbusser Tor im Einsatz?

a) Wie viele Bundespolizistinnen und Bundespolizisten waren an diesem Ort im Einsatz?

b) Wer leitete diesen Einsatz?

c) Wie lautete der Auftrag der hier eingesetzten Bundespolizeibeamten?

d) Inwieweit kam es hier zu freiheitsentziehenden Maßnahmen durch Beamte der Bundespolizei?

e) Inwieweit setzten Beamte der Bundespolizei hier Pfefferspray ein?

f) Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in den Abend- und Nachtstunden des 1. Mai 2011 am Kottbusser Tor eine polizeiliche Aufforderung, den Platz zu verlassen, und wenn ja, zu welcher Zeit?

g) Inwieweit bewertet die Bundesregierung den Polizeieinsatz und insbesondere den exzessiven Gebrauch von Pfefferspray in den Abend- und Nachtstunden des 1. Mai 2011 am Kottbusser Tor in Berlin als verhältnismäßig?"

56

Antwort: "Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen."

57

Frage: "11. Wie sah das Einsatzkonzept in Heilbronn aus, und wie bewertet die Bundesregierung dessen Umsetzung?"

58

Antwort: "Das Einsatzkonzept der Bundespolizei im originären Zuständigkeitsbereich sah die Bildung einer besonderen Aufbauorganisation vor. Ziel des Einsatzkonzeptes war es, die anreisenden Demonstrationsteilnehmer aus dem Hauptbahnhof Heilbronn in den Zuständigkeitsbereich der Landespolizei Baden-Württemberg zu begleiten und unbeteiligte Reisende sowie die Bahnanlagen zu schützen. Nach Kenntnis der Bundesregierung konnte die bundespolizeiliche Einsatzlage mit diesem Einsatzkonzept bewältigt werden.

Die Verantwortung für den Polizeieinsatz im Stadtgebiet Heilbronn lag bei der Polizei des Landes Baden-Württemberg. Insofern obliegen Aussagen hierzu den dort zuständigen Stellen."

59

Frage: "12. Wie bewertet die Bundesregierung die stundenlangen Einkesselungen mehrerer Hundert Menschen in Heilbronn, wobei die Betroffenen lange Zeit weder mit Wasser versorgt wurden noch Zugang zu Toiletten erhielten?"

60

Antwort: "Die Bundespolizei war an dem in der Frage beschriebenen Sachverhalt nicht beteiligt. Die Verantwortung für den Polizeieinsatz im Stadtgebiet Heilbronn lag bei der Polizei des Landes Baden-Württemberg. Insofern obliegen Aussagen hierzu den dort zuständigen Stellen.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen."

III.

61

Die Antragstellerin sieht sich dadurch in ihren Rechten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt, dass die Antragsgegnerin in ihren Antworten auf die oben wiedergegebenen Kleinen Anfragen die Auskunft über Unterstützungseinsätze der Bundespolizei nach § 11 BPolG teilweise zu Unrecht verweigert habe.

62

1. Die Kleine Anfrage bezüglich des Einsatzes der Bundespolizei am 19. Februar 2011 in Dresden habe darauf abgezielt, Aufklärung darüber zu erlangen, inwiefern und in welcher Weise Einheiten der Bundespolizei gegen Teilnehmer der Gegendemonstration vorgegangen waren. Die Antragsgegnerin habe mit ihrer Vorbemerkung, wonach zu polizeilichen Einsätzen im Verantwortungsbereich eines Landes nicht Stellung genommen werde, die Marschroute für die Einzelfragen vorgegeben. Diese seien bezüglich des Einsatzes der Bundespolizei nach § 11 BPolG nicht beantwortet worden.

63

Auch nach ausdrücklichem Hinweis auf das Fragerecht der Antragstellerin in der weiteren Kleinen Anfrage bezüglich des Einsatzes der Bundespolizei am 19. Februar 2011 in Dresdenhabe die Antragsgegnerin Antworten zum Unterstützungseinsatz der Bundespolizei verweigert.

64

Anlass der Kleinen Anfrage bezüglich des Einsatzes der Bundespolizei am 1. Mai 2011 in Berlin, Heilbronn und an anderen Ortensei "ein sehr hartes Vorgehen gerade von Bundespolizisten gegen Demonstranten bzw. Menschenansammlungen" auch "unter Einsatz von Pfefferspray und körperlicher Gewalt" gewesen, wodurch eine nicht unerhebliche Anzahl an Menschen verletzt worden sein solle. Im Rahmen des Einsatzes in Heilbronn, an dem offenbar Bundespolizisten beteiligt gewesen seien, solle es zu einem mehrstündigen Einkesseln von Demonstranten, zu körperlicher Gewalt und möglicherweise willkürlichen Festnahmen gekommen sein. Ziel der Kleinen Anfrage sei die Feststellung gewesen, welche Einsätze von der Bundespolizei vorgenommen worden seien und wie deren Angehörige dabei vorgegangen seien.

65

2. Die Antragstellerin hält ihren Antrag im Organstreitverfahren für zulässig. Auf Anfragen in den Landtagen müsse sie sich nicht verweisen lassen. In Baden-Württemberg existiere schon keine Fraktion der Linkspartei. Im Übrigen habe die Antragstellerin kein Durchgriffsrecht auf ihr politisch gleichgeordnete Landtagsfraktionen, welche die Kosten und Mühen für eine etwaige verfassungsgerichtliche Durchsetzung des Informationsanspruchs durchaus scheuen könnten. Kenntnisse der Antragsgegnerin, wie sie das Ziel der Fragen der Antragstellerin gewesen seien, könnten über die Landesregierungen ohnehin nicht erlangt werden.

66

3. Die Antragsgegnerin sei verpflichtet gewesen, Angaben zu den streitgegenständlichen Unterstützungseinsätzen zu machen.

67

a) Eine Antwortpflicht der Bundesregierung bestehe für alle Fragen zu Vorgängen aus ihrem Verantwortungsbereich. Dieser sei weiter als die Gegenstände der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes und umfasse alle Bereiche, in denen sich die Bundesregierung finanziell engagiere, sowie alles, worauf sie direkt oder indirekt Einfluss nehmen könne, etwa durch mögliche legislative Konsequenzen auf Bundesebene oder durch Maßnahmen der Bundesaufsicht. Im Zweifel sei der Verantwortungsbereich eröffnet.

68

Unterstützungseinsätze der Bundespolizei gehörten zum Verantwortungsbereich der Bundesregierung. Es gehe um die Tätigkeit einer der Antragsgegnerin nachgeordneten Behörde. Auch könne die Antragsgegnerin bei der Prüfung einer Anfrage gemäß § 11 Abs. 4 Satz 2 BPolG die Einsätze beeinflussen oder gar die Verwendung der Bundespolizei verweigern. Im Dresdener Fall sei die Bundespolizei nach den Angaben der Antragsgegnerin mit zwei Verbindungsbeamten im Führungsstab und mit einem Mitarbeiter im Vorbereitungsstab der Polizeidirektion Dresden vertreten gewesen, wodurch sie konkret Einfluss genommen habe, etwa bei der Abstimmung der Einsatzkonzepte und bei den fortwährenden Einsatzbesprechungen. Ohnehin verbleibe jedem Führer einer Einsatzhundertschaft innerhalb des Einsatzkonzepts ein gewisser Entscheidungsspielraum. Die Aktivität der Antragsgegnerin gehe über eine finanzielle Beteiligung hinaus, könne zu Grundrechtsbeeinträchtigungen von Bürgern führen und Amtshaftungsansprüche gegen den Bund auslösen. Gleichzeitig obliege der Antragsgegnerin eine Fürsorgepflicht für die am Einsatz beteiligten Bundespolizisten. Schließlich habe die Antragsgegnerin die Möglichkeit, legislative Konsequenzen aus einem Einsatz zu ziehen und etwa eine Änderung von § 11 BPolG zu initiieren.

69

Für den Verfassungsschutz habe das Bundesverfassungsgericht den Verantwortungsbereich schon wegen der Möglichkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Daten der Landesverfassungsschutzbehörden zu nutzen, sowie wegen der gegenseitigen Unterrichtung der Verfassungsschutzämter als betroffen angesehen (BVerfGE 124, 161 <196>). Die Antragsgegnerin sei verpflichtet, sich durch Befragung der eingesetzten Bundesbeamten oder durch Einsicht in deren verfasste Einsatzberichte Kenntnisse zu verschaffen.

70

b) Auch wenn man die Unterstützungseinsätze als Organleihe qualifizieren wollte, schlösse dies die Auskunftspflicht nicht aus. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehe unter bestimmten Voraussetzungen eine Untersuchungsbefugnis des Bundestages im Verhältnis zu den Ländern (BVerfGE 77, 1 <5>). Diese Voraussetzungen lägen hier vor: Die verfahrensgegenständlichen Einsätze hätten in zehn Ländern stattgefunden und eine Vielzahl von Menschen im gesamten Bundesgebiet betroffen; ein Gewalteinsatz gegen Demonstranten verstoße möglicherweise auch gegen Bundesrecht, etwa gegen Strafvorschriften wie § 340 StGB.

71

c) Fragen nach der Koordination zwischen Bundespolizei und Landespolizeien, nach der Erteilung von Weisungen an die Bundespolizei, nach dem Einsatzkonzept und nach der zwischen Bundespolizei und jeweiligem Land im Vorfeld abgestimmten und im Nachgang besprochenen Einsatzorganisation beträfen nicht erst die konkrete Durchführung eines Einsatzes. Auch Fragen zur Vertretung der Bundespolizei in Gremien und Stäben sowie nach ihrer Einweihung in die Einsatzstrategie und deren Mitgestaltung gingen über die bloße Einsatzdurchführung hinaus. Fragen nach der Ausrüstung der Bundespolizei berührten schon aus Fürsorgegründen Aufgaben der Antragsgegnerin.

72

d) Die anerkannten Grenzen des parlamentarischen Informationsrechts seien nicht einschlägig. Weder liege die Sachmaterie völlig und absolut außerhalb des Verantwortungsbereichs der Antragsgegnerin noch seien der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung hinsichtlich laufender Vorgänge betroffen oder die Funktionsfähigkeit der Regierung beeinträchtigt. Eine Geheimhaltungsbedürftigkeit sei nicht erkennbar, auch die Antragsgegnerin lege eine solche nicht begründet dar. Gegen einen Geheimhaltungsbedarf spreche zudem, dass die Einsätze in der Öffentlichkeit stattgefunden hätten.

73

Auch Fragen nach bestimmten Bewertungen durch die Regierung seien zu beantworten. Abgeordnete seien auf Kenntnisse über die politische Bewertung von Vorgängen durch die Regierung angewiesen, um der Bewertung gegebenenfalls, etwa durch Gesetzesinitiativen, entgegenwirken zu können. Öffentliche Debatten mit Argument und Gegenargument lebten nicht von Tatsacheninformationen allein, weswegen das Fragerecht auch die Erkundung von Bewertungen beinhalte. Dass sie sich zu den Vorgängen bislang keine Meinung gebildet habe, habe die Antragsgegnerin in ihren Antworten nicht geltend gemacht. Es sei auch wenig glaubhaft, dass im Bundesministerium des Innern keine Bewertung der Einsätze stattgefunden habe, welche als Grundlage für neue Entscheidungen über Unterstützungseinsätze der Bundespolizei dienen könne.

74

e) Die Antragsgegnerin habe die Rechte der Antragstellerin auch dadurch verletzt, dass sie ihre Antwortverweigerung nicht ausreichend begründet habe. Ein pauschaler Hinweis auf die Zuständigkeit des Landes könne die erforderliche einzelfallbezogene Argumentation nicht ersetzen. Die Begründungsanforderungen seien in Fällen, in denen die Bundesregierung ihren Verantwortungsbereich für nicht eröffnet halte, nicht auf bloße Plausibilisierungspflichten reduziert.

75

4. Zu den Fragen 3. c) und 4. in BTDrucks 17/5270 trägt die Antragstellerin vor, diese bezögen sich nicht auf den konkreten Ablauf des Einsatzes, sondern auf die Koordination zwischen Bundespolizei und Landespolizei, auf die erteilten Weisungen und das im Rahmen der Anforderung besprochene Einsatzkonzept. Die Frage 12. betreffe ebenfalls die Vorbereitung des Einsatzes, soweit die Antragsgegnerin vor ihrer Entscheidung über die Anforderung davon Kenntnis erhalten habe. Auch Frage 14. zur "Sonderkommission" betreffe die Einsatzorganisation und dabei das Verhältnis zwischen Bund und Land.

76

Hinsichtlich der Fragen in BTDrucks 17/5847 führt die Antragstellerin ergänzend aus, Fragen nach der Ausrüstung der Bundespolizeibeamten gehörten aus Gründen der Fürsorge zum Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin. Die Mitwirkung der Bundespolizei in Gremien und Stäben ziele ebenfalls auf die Zusammenarbeit von Bund und Ländern, insbesondere auf die Einflussnahme durch die Bundespolizei. Fragen nach dem Auftrag beträfen auch den Gesichtspunkt, ob das anfordernde Land gemäß § 11 Abs. 1 BPolG für den Auftrag nicht genügend eigene Kräfte gehabt habe, was bei der Entscheidung über die Anforderung habe geprüft werden müssen.

IV.

77

1. Die Antragsgegnerin verweist einleitend darauf, dass alle Fragen zum Einsatz der Bundespolizei im Bereich des Bahnschutzes beantwortet worden seien. Gleiches gelte für die Fragen zu Anzahl und Ausrüstung der den Ländern zur Verfügung gestellten Bundesbeamten. Lediglich Fragen zu den Einsatzmodalitäten habe sie aus Rechtsgründen nicht beantwortet. Alle relevanten Kenntnisse, auch solche aus gemeinsamen Einsatzvorbesprechungen, habe sie offengelegt.

78

2. Die Antragsgegnerin hält den Antrag für unzulässig. Die gerügten Maßnahmen oder Unterlassungen seien nicht hinreichend genau bezeichnet. Die Antragstellerin liste nicht im Einzelnen auf, welche Antworten auf welche Fragen konkret ihr Fragerecht verletzten, und setze sich nicht substantiiert mit den erteilten Antworten auf ihre Fragen auseinander. Auch fehle der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis, da sie anderweitig leichter an die begehrten Informationen gelangen könne. Über das Fragerecht der ihr politisch gleichgerichteten Fraktionen in allen betroffenen Landtagen könnten die Fragen direkt an die zuständigen Landesregierungen gerichtet werden.

79

3. Zumindest sei der Antrag unbegründet. Der Informationsanspruch des Bundestages umfasse wegen der Eigenstaatlichkeit der Länder allein den Verantwortungsbereich der Bundesregierung, während für Unterstützungseinsätze nach § 11 BPolG die jeweils anfordernde Landesregierung verantwortlich sei. Vorhandene Kenntnisse habe die Antragsgegnerin offengelegt. Zur Vornahme von Bewertungen sei sie nicht verpflichtet. Ihre Antwortverweigerung habe sie hinlänglich begründet.

80

a) Der parlamentarische Informationsanspruch reiche nur so weit wie die - mindestens mittelbare - Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin für einen Sachverhalt. Grenzen ergäben sich insbesondere aus der föderalen Struktur der Bundesrepublik. Wie bei einem Untersuchungsausschuss sei das Auskunftsrecht an die Grenzen der Informations- und Kontrollaufgaben des Parlaments gebunden. In den Wirkungsbereich der Länder dürfe der Bund nur insoweit eingreifen, als ihm nach dem Grundgesetz Aufsichts- und Kontrollrechte zukämen. Maßnahmen der Landesexekutive seien dementsprechend nicht Gegenstand der parlamentarischen Kontrolle auf Bundesebene.

81

b) Während die Antragsgegnerin die vorhandenen Kenntnisse mitgeteilt habe, habe sie sich zu Recht nicht darum bemüht, an weitere Kenntnisse über einen Polizeieinsatz zu gelangen, in dessen Rahmen die Bundespolizei in Organleihe für das anfordernde Land - also nach dessen Recht und auf dessen Weisung - tätig geworden sei. Im Wege der Organleihe nehme die Bundespolizei funktional Länderaufgaben wahr. Wissen, welches Beamte der Bundespolizei im Rahmen eines Unterstützungseinsatzes erwürben, sei Länderwissen und unterstehe nicht der Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin.

82

c) Die Fürsorgepflicht des Bundes für seine Beamten spiele lediglich im Rahmen der Entscheidung über eine Anforderung, bei der Wahl der Ausrüstung und bei auf Hinweis des Landes nachträglich geführten Disziplinarverfahren eine Rolle. § 11 Abs. 4 Satz 2 BPolG erweitere die Verantwortlichkeit des Bundes nicht auf die Durchführung des Einsatzes, sondern solle der Bundesregierung nur die Entscheidung über eine Anforderung ermöglichen. Keineswegs müsse bei einer Anforderung ein konkretes Einsatzkonzept mitgeteilt werden.

83

d) Diese Abgrenzung der Verantwortungsbereiche im föderalen System decke sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Untersuchungsausschuss "Neue Heimat" (BVerfGE 77, 1). Die dort genannten - bereits großzügigen - Kriterien für eine Verantwortlichkeit des Bundes, nämlich mögliche Verstöße gegen Bundesrecht, die Betroffenheit von Haushaltsmitteln des Bundes in beträchtlichem Umfang und von einer Vielzahl an Personen im gesamten Bundesgebiet, seien vorliegend nicht erfüllt. Sachspezifisches Bundesrecht sei nicht berührt, Haushaltsmittel des Bundes in beträchtlichem Umfang seien angesichts der Kostentragung durch die Länder nicht einzusetzen, und die Maßnahmen der Bundespolizei hätten - wenn man nicht unzulässigerweise unabhängige Einsätze gemeinsam betrachte - auch keine Vielzahl von Personen im gesamten Bundesgebiet betroffen.

84

Aus einer Berechtigung zu staatlicher Informationspolitik folge nicht zugleich eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Informationserteilung. Einen Fall legitimationsbedürftigen Verwaltungshandelns des Bundes stelle der Unterstützungseinsatz in Organleihe nicht dar, es handele sich vielmehr um ein rein exekutivisches Länderhandeln. Diesem könne die Antragsgegnerin von vornherein keine demokratische Legitimation verschaffen. An der ausschließlichen Verantwortung des anfordernden Landes ändere auch der erhöhte Grundrechtsbezug nichts. Wie § 11 Abs. 2 Satz 1 BPolG verdeutliche, habe allein das Land die Wahrung der Grundrechte sicherzustellen. Auch sei es allein etwaigen Amtshaftungsansprüchen ausgesetzt.

85

Die Möglichkeit legislativer Konsequenzen auf Bundesebene könne für sich genommen kein Informationsrecht begründen, da sonst das Informationsrecht grenzenlos würde. Art. 76 Abs. 1 GG sei kein tauglicher Anknüpfungspunkt, zumal die Norm auch für Verfassungsänderungen gelte. Für eine mögliche gesetzgeberische Änderung von § 11 BPolG bedürfe es zudem keiner Informationen über Einsätze vor Ort.

86

Der den Bundespolizisten im Einsatz verbleibende Spielraum sei nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BPolG stets nach dem für das Land geltenden Recht auszufüllen. Insoweit bestehe keine Verantwortung der Antragsgegnerin. Tatsachenkenntnisse der eingesetzten Bundespolizisten begründeten eine solche Verantwortung ebenso wenig, da die Beamten funktional Länderaufgaben wahrgenommen hätten. Aufgabe der "im Rahmen der bewährten Praxis" in Dresden eingesetzten Verbindungsbeamten der Bundespolizei sei lediglich der rasche Informationsaustausch gewesen. Relevante Einblicke in die Einsatzplanung des Landes hätten die Beamten nicht erhalten. Erlangte Kenntnisse seien übermittelt worden, so der Umstand, dass bei den Einsatzvorbesprechungen "eine Gefährdung des […] Hausprojekts nicht angesprochen worden" sei (Antwort auf Frage 7 in BTDrucks 17/5737, S. 5).

87

e) Eine Regelung, nach der der Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin im Zweifel weit auszulegen sei, möge für die Zuordnung von Einzelfällen zum Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin greifen, setzte aber dessen sachgerechte Bestimmung voraus.

88

f) Selbst innerhalb ihres Verantwortungsbereichs sei die Antragsgegnerin nicht zur Bewertung von Sachverhalten verpflichtet. Grund des parlamentarischen Fragerechts sei - wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts klar ergebe - die Informationsdominanz der Antragsgegnerin. Auch der Thüringer Verfassungsgerichtshof unterscheide zu Recht zwischen tatsachenbezogenen und "tendenziellen" Anfragen, die auf "meinungsmäßige Stellungnahme" bezogen seien. Bei letzteren bestehe nur die Pflicht, ein bereits existierendes Meinungsbild mitzuteilen, aber keine Pflicht zur Bildung einer Meinung. Hinsichtlich der Frage, ob sie in einen Prozess des Meinungsaustauschs eintreten wolle, verfüge die Regierung über einen Entscheidungsspielraum, in dessen Rahmen sie das öffentliche Interesse an der Meinungsbildung berücksichtigen müsse. Zur Debattenteilnahme gezwungen werden könne die Antragsgegnerin nicht.

89

Eine Pflicht zur Bewertung ergebe sich auch nicht aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung oder aus dem Gleichheitsgrundsatz. Insbesondere setze eine aus dem Aspekt der Dienstordnungsmäßigkeit von Verhaltensweisen von Bundesbeamten resultierende Pflicht zur Meinungsbildung voraus, dass diese in Erfüllung von Bundesaufgaben handelten. Dies sei hier nicht der Fall.

90

g) Ihren Begründungspflichten habe die Antragsgegnerin genügt. In dem hier vorliegenden Fall fehlender Verantwortlichkeit müsse die Nichtbeantwortung nicht vergleichbar ausführlich begründet werden wie etwa eine Antwortverweigerung aus Geheimhaltungsgründen. Die Begründungsanforderungen seien umso niedriger, je deutlicher die Unzuständigkeit der Bundesregierung sei.

91

4. Hinsichtlich der von der Antragstellerin gegebenen Erläuterungen zu einzelnen Fragen ist die Antragsgegnerin der Ansicht, diese stellten lediglich einen Versuch dar, im Wege der Interpretation neue Fragen zu formulieren, die nicht Gegenstand des Verfahrens seien. In Wahrheit seien die Fragen teils erkennbar auf die konkrete Einsatzdurchführung gerichtet, teils bereits beantwortet worden.

V.

92

Der Landtag von Rheinland-Pfalz hat zum Verfahren Stellung genommen. Er ist der Ansicht, dass soweit wie das fachliche Weisungsrecht eines Landes bezüglich eines Einsatzes reiche, keine Informationspflicht der Antragsgegnerin bestehe. Das gelte auch für die Beantwortung von Dreiecksfragen zur Bewertung eines Einsatzes. Fragen zur Organisation der Bundespolizei, zur Dienstaufsicht über die eingesetzten Bundesbeamten und zu faktischen Einflussnahmen der Bundespolizei auf den Einsatzverlauf seien dagegen zu beantworten. Auch könnten Unterstützungseinsätze mittelbarer Gegenstand des Fragerechts sein, wenn Bundesrecht - wie das Versammlungsgesetz des Bundes - angewendet werde, allerdings lediglich insoweit, wie die Ausübung oder Nichtausübung der Aufsichtsbefugnisse nach Art. 84 Abs. 3 Satz 1 GG betroffen sei. Ein uneingeschränktes Fragerecht bestehe hinsichtlich des Anforderungsverfahrens, also bezogen auf das Anforderungsgesuch, die der Entscheidung der Bundesregierung zugrunde liegenden Erwägungen und den Umfang der gewährten Unterstützung.

VI.

93

In der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2015 haben die Beteiligten ihren Vortrag vertieft und ergänzt. Als sachkundige Dritte gemäß § 27a BVerfGG hat das Bundesverfassungsgericht den Präsidenten der Deutschen Hochschule der Polizei sowie Einsatzleiter der Bereitschaftspolizeien der Länder Hessen, Niedersachsen und Sachsen und einen Einsatzleiter der Bundespolizei angehört.

B.

94

Der Antrag ist zulässig.

I.

95

1. Die Antragstellerin ist als Fraktion, die bei Antragstellung im 17. Deutschen Bundestag vertreten war und auch im derzeitigen 18. Deutschen Bundestag vertreten ist, nach § 63 BVerfGG in Organstreitigkeiten parteifähig (§ 13 Nr. 5, § 63 BVerfGG) und berechtigt, sowohl eigene Rechte als auch Rechte des Deutschen Bundestages im Wege der Prozessstandschaft geltend zu machen (vgl. BVerfGE 2, 143 <165>; 67, 100 <125>; 131, 152 <190>; stRspr). Dies ist Ausdruck der Kontrollfunktion des Parlaments und zugleich ein Instrument des Minderheitenschutzes (vgl. BVerfGE 45, 1 <29 f.>; 60, 319 <325 f.>; 68, 1 <77 f.>; 121, 135 <151>; 131, 152 <190>). Die Bundesregierung ist nach § 63 BVerfGG taugliche Antragsgegnerin.

96

2. Die Antragstellerin hat die Maßnahmen beziehungsweise Unterlassungen im Sinne von § 64 Abs. 1 BVerfGG hinreichend konkret bezeichnet, durch die die Antragsgegnerin sie und den Deutschen Bundestag in ihrem Frage- und Informationsrecht verletzt haben soll. Bei der Bestimmung des prozessualen Begehrens ist das Bundesverfassungsgericht nicht an die wörtliche Fassung des Antrages gebunden, insbesondere kann es bei dessen Auslegung die Antragsbegründung berücksichtigen (vgl. BVerfGE 1, 14 <39>; 68, 1 <68>; 103, 242 <257>). Die Antragstellerin hat in der Antragsbegründung die Fragen und Antworten im Wortlaut aufgeführt und das gerügte Antwortverhalten spezifiziert. Angegriffen wird danach die teilweise Nichtbeantwortung der Fragen zu Unterstützungseinsätzen der Bundespolizei nach § 11 BPolG unter Verweis auf die Verantwortlichkeit des jeweiligen Landes. Der Gegenstand des Organstreitverfahrens wird damit hinreichend deutlich. Die Antragstellerin hat zudem gemäß § 64 Abs. 2 BVerfGG die Bestimmungen des Grundgesetzes bezeichnet, gegen die die beanstandeten Maßnahmen ihrer Ansicht nach verstoßen.

97

3. Der - fristgerecht eingereichte - Antrag bezieht sich auf taugliche Antragsgegenstände. Nach § 64 Abs. 1 BVerfGG kann Antragsgegenstand im Organstreitverfahren sowohl eine Maßnahme als auch ein Unterlassen sein. Es kommt somit nicht darauf an, ob es sich bei den gerügten Antworten der Antragsgegnerin jeweils um eine Maßnahme in Form der Verweigerung einer hinreichenden Antwort oder um ein Unterlassen in Form einer pflichtwidrigen Nichtbeantwortung oder einer nicht hinreichenden Beantwortung der jeweiligen Anfrage handelt. Die teilweise Verweigerung von Antworten auf Fragen der Antragstellerin kann die Antragstellerin und den Deutschen Bundestag in ihrem aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG abzuleitenden Auskunftsrecht ebenso verletzen wie die Nichtbeantwortung oder die nicht hinreichende Beantwortung der Anfragen. Somit sind die Maßnahmen oder Unterlassungen auch rechtserheblich (vgl. BVerfGE 96, 264 <277>; 103, 81 <86>; 104, 310 <324>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 106).

II.

98

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Ein die Antragstellerin und den Deutschen Bundestag einerseits und die Antragsgegnerin andererseits umschließendes Verfassungsrechtsverhältnis (vgl. etwa BVerfGE 1, 208 <221>; 84, 290 <297>; 124, 161 <185>) liegt vor. Die Antragstellerin beanstandet Antworten der Antragsgegnerin auf an diese gerichtete parlamentarische Anfragen. Der Organstreit betrifft damit die Reichweite des verfassungsrechtlich verankerten, in der Geschäftsordnung des Bundestags näher ausgestalteten Fragerechts sowie die grundsätzliche Verpflichtung der Bundesregierung, auf Fragen im Parlament Rede und Antwort zu stehen (vgl. BVerfGE 124, 161 <185>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 108). Das betreffende Recht auf Information stellt sowohl ein eigenes Recht der Fraktionen aus dem innerparlamentarischen Raum (vgl. BVerfGE 91, 246 <250 f.>; 100, 266 <270>) dar, das der Bundesregierung gegenüber geltend gemacht werden kann (vgl. BVerfGE 124, 161 <187>), als auch ein Recht des Deutschen Bundestages aus Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG, auf welches die Antragstellerin sich im Wege der Prozessstandschaft berufen kann (vgl. BVerfGE 124, 161 <187>).

99

Es kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass das beanstandete Verhalten der Antragsgegnerin Rechte des Bundestages und eigene Rechte der Antragstellerin, die aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten erwachsen, verletzt (vgl. BVerfGE 94, 351 <362 f.>; 112, 363 <365>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 108). Vielmehr erscheint es möglich, dass die Antragsgegnerin durch ihre Antworten einen Informationsanspruch der Antragstellerin und des Deutschen Bundestages aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG in unzulässiger Weise verkürzt hat. Die Antragstellerin hat hinreichend dargelegt, dass sie und der Deutsche Bundestag durch das angegriffene Verhalten der Antragsgegnerin in Rechten verletzt sein können, die ihnen durch das Grundgesetz übertragen worden sind.Sie macht die Möglichkeit einer Verletzung des parlamentarischen Fragerechts durch konkrete Antworten der Antragsgegnerin geltend. Aus der Antragsbegründung geht hervor, dass sie die Antworten auf die darin hervorgehobenen Fragen jeweils nur hinsichtlich der Unterstützungseinsätze der Bundespolizei, nicht aber hinsichtlich deren originärer Aufgabenerfüllung rügt. Bezüglich der Unterstützungseinsätze wurden Fragen teilweise nicht beantwortet, ohne dass offensichtlich wäre, dass ein Auskunftsrecht der Antragstellerin und des Deutschen Bundestages nicht bestanden hätte.

III.

100

1. Dem Begehren der Antragstellerin fehlt nicht deswegen das Rechtsschutzbedürfnis, weil sie im Wege der Kooperation mit ihr politisch gleichgerichteten Fraktionen der Landesparlamente leichter an die begehrten Informationen gelangen könnte. Ungeachtet der Frage, ob die Antragstellerin tatsächlich über geeignete Beziehungen zu Fraktionen in allen einschlägigen Landesparlamenten verfügt, muss sie sich auf diese Alternative nicht verweisen lassen. Denn sie stellt schon deshalb keinen gleichwertigen verfassungsrechtlichen Weg zur Verfolgung ihres Prozessziels dar, weil Informationen über Kenntnisse und Bewertungen gerade der Antragsgegnerin auf diese Weise nicht zu erlangen sind.

101

2. Der zwischenzeitliche Ablauf der Legislaturperiode lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Die Antragstellerin ist weiterhin als Fraktion im Deutschen Bundestag vertreten und die begehrte Entscheidung bezieht sich nicht auf eine Fallgestaltung, die maßgeblich durch die besonderen und deshalb nicht wiederholbaren Verhältnisse der abgelaufenen Wahlperiode geprägt wird.

C.

102

Der Antrag ist teilweise begründet.

I.

103

1. Aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG folgt ein Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung, an dem die einzelnen Abgeordneten und die Fraktionen als Zusammenschlüsse von Abgeordneten nach Maßgabe der Ausgestaltung in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages teilhaben und dem grundsätzlich eine Antwortpflicht der Bundesregierung korrespondiert (vgl. BVerfGE 124, 161 <188>; stRspr). Aus dem Frage- und Interpellationsrecht des Parlaments folgt für die Mitglieder der Bundesregierung die verfassungsrechtliche Verpflichtung, auf Fragen Rede und Antwort zu stehen. Die Antworten der Bundesregierung auf schriftliche Anfragen und auf Fragen in der Fragestunde des Deutschen Bundestages sollen dazu dienen, dem Bundestag und den einzelnen Abgeordneten die für ihre Tätigkeit nötigen Informationen auf rasche und zuverlässige Weise zu verschaffen. Die Bundesregierung schafft so mit ihren Antworten auf parlamentarische Anfragen die Voraussetzungen für eine sachgerechte Arbeit innerhalb des Parlaments (vgl. zum Ganzen BVerfGE 13, 123 <125>; 57, 1 <5>; 105, 252 <270>; 105, 279 <306>; 124, 161 <187 ff.>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 130).

104

Das parlamentarische Regierungssystem wird auch durch die Kontrollfunktion des Parlaments geprägt. Die parlamentarische Kontrolle von Regierung und Verwaltung verwirklicht den Grundsatz der Gewaltenteilung, der für das Grundgesetz ein tragendes Funktions- und Organisationsprinzip darstellt. Der Gewaltenteilungsgrundsatz zielt dabei nicht auf eine vollständige Trennung der Funktionen der Staatsgewalt, sondern auf die politische Machtverteilung, das Ineinandergreifen der drei Gewalten und die daraus resultierende gegenseitige Kontrolle und Begrenzung mit der Folge der Mäßigung der Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 3, 225 <247>; 7, 183 <188>; 9, 268 <279>; 22, 106 <111>; 34, 52 <59>; 95, 1 <15>). Er gebietet gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung, zumal wegen mangelnder Eingriffsmöglichkeiten des Parlaments in den der Exekutive zukommenden Bereich unmittelbarer Handlungsinitiative und Gesetzesanwendung, eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass parlamentarische Kontrolle auch tatsächlich wirksam werden kann. Ohne Beteiligung am Wissen der Regierung kann das Parlament sein Kontrollrecht gegenüber der Regierung nicht ausüben. Daher kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse besonders hohes Gewicht zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb von Regierung und Verwaltung geht (vgl. BVerfGE 67, 100 <130>; 110, 199 <219, 222>; 124, 78 <121>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 131).

105

Die Kontrollfunktion ist zugleich Ausdruck der aus dem Demokratieprinzip folgenden Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG gestaltet den Grundsatz der Volkssouveränität aus. Er legt fest, dass das Volk die Staatsgewalt, deren Träger es ist, außer durch Wahlen und Abstimmungen durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausübt. Das setzt voraus, dass das Volk einen effektiven Einfluss auf die Ausübung der Staatsgewalt durch diese Organe hat. Deren Akte müssen sich auf den Willen des Volkes zurückführen lassen und ihm gegenüber verantwortet werden (vgl. BVerfGE 83, 60 <72>; 93, 37 <66>; 130, 76 <123>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 132).

106

Dieser Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft wird außer durch die Wahl des Parlaments, die vom Parlament beschlossenen Gesetze als Maßstab der vollziehenden Gewalt und die grundsätzliche Weisungsgebundenheit der Verwaltung gegenüber der Regierung auch durch den parlamentarischen Einfluss auf die Politik der Regierung hergestellt. Das "Ausgehen der Staatsgewalt" vom Volk muss für das Volk wie auch für die Staatsorgane jeweils konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein. Es muss ein hinreichender Gehalt an demokratischer Legitimation erreicht werden, ein bestimmtes Legitimationsniveau (vgl. BVerfGE 83, 60 <72>; 93, 37 <67>; 107, 59 <87>; 130, 76 <124>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 132). Nur das vom Volk gewählte Parlament kann den Organ- und Funktionsträgern der Verwaltung auf allen ihren Ebenen demokratische Legitimation vermitteln. Im Fall der nicht durch unmittelbare Volkswahl legitimierten Amtswalter und Organe setzt die demokratische Legitimation der Ausübung von Staatsgewalt regelmäßig voraus, dass sich die Bestellung der Amtsträger auf das Staatsvolk zurückführen lässt und ihr Handeln eine ausreichende sachlich-inhaltliche Legitimation erfährt. In personeller Hinsicht ist eine hoheitliche Entscheidung demokratisch legitimiert, wenn sich die Bestellung desjenigen, der sie trifft, durch eine ununterbrochene Legitimationskette auf das Staatsvolk zurückführen lässt. Die sachlich-inhaltliche Legitimation wird durch Gesetzesbindung und Bindung an Aufträge und Weisungen der Regierung vermittelt. Letztere entfaltet Legitimationswirkung aufgrund der Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung (BVerfGE 93, 37 <67 f.>; 107, 59 <87 f.>; 130, 76 <124>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 132). Hieraus folgt, dass sich der Informationsanspruch des Bundestages und der einzelnen Abgeordneten von vornherein nicht auf Angelegenheiten beziehen kann, die nicht in die Zuständigkeit der Bundesregierung fallen, da es insoweit an einer Verantwortlichkeit der Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag fehlt (vgl. BVerfGE 124, 161 <189, 196>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 135).

107

2. Im föderal verfassten Staat des Grundgesetzes kann demokratische Legitimation grundsätzlich nur durch das Bundes- oder Landesvolk für seinen jeweiligen Bereich vermittelt werden (BVerfGE 119, 331 <366>). Staatliche Aufgaben müssen daher durch Organe und Amtswalter unter Bedingungen wahrgenommen werden, die eine klare Verantwortungszuordnung ermöglichen. Der Bürger muss wissen können, wen er wofür verantwortlich machen kann (BVerfGE 119, 331 <366>). Die Kompetenzaufteilung nach Art. 30 und Art. 83 ff. GG ist somit zum einen wichtige Ausformung des bundesstaatlichen Prinzips im Grundgesetz, die dazu dient, die Länder vor einem Eindringen des Bundes in den ihnen vorbehaltenen Bereich der Verwaltung zu schützen. Zum anderen wird durch die organisatorische und funktionelle Trennung der Verwaltung des Bundes und der Verwaltung der Länder im Sinne von in sich geschlossenen Einheiten (vgl. hierzu BVerfGE 108, 169 <181 f.>; 119, 331 <364>) die Zuordnung von Verantwortung ermöglicht, die Voraussetzung für eine effektive parlamentarische Kontrolle durch den Deutschen Bundestag und die Volksvertretungen der Länder ist und über die staatliches Handeln auf das Volk als Souverän des Bundes und des jeweiligen Landes rückgeführt werden kann (BVerfG, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 2 BvR 1641/11 -, juris, Rn. 81).

108

Die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern sind in den Art. 83 ff. GG erschöpfend geregelt und grundsätzlich nicht abdingbares Recht (vgl. BVerfGE 32, 145 <156>; 41, 291 <311>; 63, 1 <39>; 119, 331 <364>). Es gilt der allgemeine Verfassungssatz, dass weder der Bund noch die Länder über ihre im Grundgesetz festgelegten Kompetenzen verfügen können (vgl. BVerfGE 4, 115 <139>); Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern sind selbst mit Zustimmung der Beteiligten nicht zulässig (vgl. BVerfGE 32, 145 <156>). Aus dem Normgefüge der Art. 83 ff. GG folgt, dass Mitplanungs-, Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse gleich welcher Art im Aufgabenbereich der Länder, wenn die Verfassung dem Bund entsprechende Sachkompetenzen nicht übertragen hat, durch das Grundgesetz ausgeschlossen sind (vgl. BVerfGE 32, 145 <156>; 108, 169 <182>; 119, 331 <365>). Das Grundgesetz schließt, von begrenzten Ausnahmen abgesehen, auch eine sogenannte Mischverwaltung aus (vgl. BVerfGE 63, 1 <38 ff.>; 108, 169 <182>; 119, 331 <365>; BVerfG, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 2 BvR 1641/11 -, juris, Rn. 80 ff.).

109

3. Vor diesem Hintergrund ist der Einsatz von Kräften der Bundespolizei zur Wahrnehmung von Aufgaben eines Landes nur aufgrund ausdrücklicher verfassungsrechtlicher Ermächtigung zulässig, wie sie das Grundgesetz in Art. 35 Abs. 2 Satz 1 für Fälle von besonderer Bedeutung unter engen Voraussetzungen vorsieht. Ein darüber hinausgehender regelmäßiger Einsatz von Kräften der Bundespolizei zur Wahrnehmung von Aufgaben der Länder wäre ebenso wenig zulässig wie der Ausbau der mit begrenzten Aufgaben betrauten Bundespolizei zu einer allgemeinen, mit der Polizei der Länder konkurrierenden Polizei des Bundes (vgl. BVerfGE 97, 198 <217 f.>). Zudem hat der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Verwaltungszuständigkeiten die rechtsstaatlichen Grundsätze der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit zu beachten, um die Länder vor einem Eindringen des Bundes in den ihnen vorbehaltenen Bereich der Verwaltung zu schützen und eine Aushöhlung des Grundsatzes des Art. 30 GG zu verhindern (vgl. BVerfGE 108, 169 <181 f.>; 119, 331 <366>). Die einfachrechtlichen Regelungen über die Zuständigkeiten bei Unterstützungseinsätzen der Bundespolizei für die Länder sind daher so auszugestalten, dass sie eine klare und widerspruchsfreie Zuordnung der Kompetenzen und der Verantwortung des Bundes und des jeweiligen Landes ermöglichen.

II.

110

1. Das Frage- und Auskunftsrecht des Deutschen Bundestages, seiner Abgeordneten und Fraktionen gegenüber der Bundesregierung kann sich hinsichtlich der Unterstützungseinsätze nach Art. 35 Abs. 2 Satz 1 GG danach nur auf Umstände beziehen, die nach der im Grundgesetz angelegten und im Gesetz über die Bundespolizei näher geregelten Verteilung der Zuständigkeiten in den Verantwortungsbereich des Bundes fallen.

111

a) Die Bundesregierung hat daher zunächst auf parlamentarische Fragen zu der Entscheidung über das Ersuchen eines Landes um Unterstützung durch die Bundespolizei zu antworten. Dies gilt unabhängig davon, ob die Entscheidung wie üblich durch das Bundespolizeipräsidium getroffen wurde oder durch das Bundesministerium des Innern aufgrund seines Entscheidungsvorbehalts gemäß Ziffer 2 der Verwaltungsvorschrift "Einsätze der Bundespolizei zur Unterstützung der Länder - Übertragung der Entscheidungsbefugnis in bestimmten Fällen auf das Bundespolizeipräsidium" vom 22. Februar 2008 (GMBl 2008, S. 267). Dabei sind gegebenenfalls auch Tatsachen mitzuteilen, die zwar aus dem Bereich des anfragenden Landes stammen, aber die Grundlage für die Entscheidung über das Ersuchen bildeten, also etwa die in der Anforderung angegebenen wesentlichen Merkmale des Einsatzauftrages (vgl. § 11 Abs. 4 Satz 2 BPolG), der Umfang der angefragten Kräfte oder spezielle Anforderungen an die Art der zu entsendenden Unterstützungskräfte oder deren Ausrüstung.

112

b) Weiter sind Fragen zu beantworten, die sich auf Begleitumstände eines Unterstützungseinsatzes beziehen, für die eine Behörde des Bundes aufgrund ihrer Eigenschaft als Dienstherr der eingesetzten Beamten die Verantwortung trägt. Dies ist etwa der Fall bei Fragen zur Ausbildung und Ausrüstung der eingesetzten Bundespolizistinnen und -polizisten oder zu Disziplinarverfahren, die nach einem Unterstützungseinsatz gegen einzelne Beamte aufgrund ihres Verhaltens während des Einsatzes eingeleitet wurden. Mitzuteilen wären dabei auch etwaige, dem Dienstherrn bekannt gewordene Strafverfahren, die die Justizbehörden der Länder aufgrund eines solchen Verhaltens gegen Bundesbeamte eingeleitet haben (zu den diesbezüglichen Mitteilungspflichten siehe Nr. 15 der "Anordnung über die Mitteilungen in Strafsachen" in der Fassung vom 19. Mai 2008, BAnz Nr. 126a vom 21. August 2008).

113

c) Entsprechendes gilt für sonstige Aspekte des Unterstützungseinsatzes, die in den Verantwortungsbereich des Bundes fallen, wie etwa Fragen zu den einsatzbedingten Mehrkosten. Auch wenn diese letztlich nach § 11 Abs. 4 Satz 3 BPolG vom Land zu tragen sind, ist die Berechnung der Kosten, die der Bund von dem unterstützten Land erstattet verlangt, ein Vorgang, der in die alleinige Zuständigkeit und Verantwortung des Bundes fällt.

114

d) Die Bundesregierung ist hingegen grundsätzlich nicht verpflichtet, sich zu dem Konzept des in die Verantwortung der Landespolizei fallenden Gesamteinsatzes sowie zu dessen Vorbereitung, Planung und Durchführung zu äußern. Die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch polizeiliche Maßnahmen abzuwehren, liegt nach Art. 30, 70, 83 GG in der Zuständigkeit und Verantwortung der Länder (vgl. BVerfGE 97, 198 <214 ff.>). Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass im Fall des Art. 35 Abs. 2 Satz 1 GG schon nach dem Wortlaut der Norm die Bundespolizei das jeweilige Land bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Aufgabe unterstützt. Dadurch, dass der Bund dem Land Einheiten seiner Bereitschaftspolizei zur Verfügung stellt, übernimmt er weder faktisch noch rechtlich die Verantwortung für die Leitung des Gesamteinsatzes. Auf die Frage, ob die Unterstützungsleistung rechtlich als Organleihe oder als Amtshilfe zu qualifizieren ist, kommt es für die Bestimmung der Zuständigkeiten, der Verantwortlichkeiten und der demokratischen Legitimation des Handelns der am Einsatz beteiligten Beamten des Bundes nicht an (zum Meinungsstreit vgl. Peilert, in: Heesen/Hönle/ders./Martens, Bundespolizeigesetz, 5. Aufl. 2012, § 11 Rn. 4 ff.).

115

Nach § 11 Abs. 2 BPolG richtet sich die Unterstützung eines Landes durch die Bundespolizei in den hier relevanten Fällen nach dem für das Land geltenden Recht; die Bundespolizei unterliegt dabei den fachlichen Weisungen des Landes. Hieraus folgt, dass das Land für das auf Weisung seiner Beamten erfolgende Handeln der Beamten der Bundespolizei die Verantwortung trägt. Da sich die Landesregierung für dieses Handeln gegebenenfalls gegenüber der Volksvertretung des jeweiligen Landes rechtfertigen muss, entsteht auch keine Lücke im Bereich der demokratischen Legitimation und der parlamentarischen Kontrolle staatlichen Handelns. Dass die Partei DIE LINKE nicht in allen Landesparlamenten durch Fraktionen vertreten ist und eine Bundestagsfraktion vorhandene Fraktionen in den Landesparlamenten nicht zwingen kann, ein bestimmtes Verhalten von Beamten der Bundespolizei bei Unterstützungseinsätzen für Länder durch parlamentarische Anfragen gegenüber der jeweiligen Landesregierung zu überprüfen, stellt keine Legitimations- oder Kontrolllücke dar, sondern ist Folge des föderalen Staatsaufbaus. Dem staatlichen Handeln wird in diesen Fällen demokratische Legitimation durch die Verantwortlichkeit der Landesregierung gegenüber der Volksvertretung des Landes verliehen. Auf deren konkrete Zusammensetzung kommt es dabei nicht an. Ebenso wenig ist für das Maß demokratischer Legitimation relevant, ob die in den Landesparlamenten vertretenen Fraktionen und Abgeordneten das staatliche Handeln zum Gegenstand parlamentarischer Anfragen machen oder nicht. Die Legitimation wird dem Handeln durch die Möglichkeit der parlamentarischen Kontrolle verliehen, nicht durch ihre tatsächliche Ausübung.

116

Der Bund trägt allerdings - ungeachtet der Weisungsbefugnis des Landes - die dienstrechtliche Verantwortung für etwaiges rechtswidriges Verhalten seiner eingesetzten Beamten, denn diese sind gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden. Parlamentarische Anfragen zu rechtswidrigem, disziplinarrechtlich relevantem Verhalten einzelner Bundespolizisten im Rahmen von Unterstützungseinsätzen sind daher zu beantworten. Die Fragen müssen aber hinreichend klar erkennen lassen, dass und aufgrund welcher Tatsachen der begründete Verdacht eines rechtswidrigen Verhaltens von Bundespolizisten besteht. In einem solchen Fall ist die Bundesregierung zur Mitteilung verpflichtet, welche Weisungslage bestand, ob sich die betreffenden Beamten der Bundespolizei an diese Weisungen gehalten haben und, für den Fall der Abweichung, welche Gründe für eine solche vorlagen sowie welche Konsequenzen nach Beendigung des Einsatzes gezogen wurden. Nur diese Angaben ermöglichen die Aufdeckung etwaiger Dienstpflichtverletzungen, bei denen dem parlamentarischen Informationsinteresse besonders hohes Gewicht zukommt (vgl. BVerfGE 67, 100 <130>; 110, 199 <219, 222>; 124, 78 <123>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 131).

117

e) Die Bundesregierung ist nicht verpflichtet, sich zu Vorgängen aus dem Verantwortungsbereich eines Landes eine Meinung zu bilden und diese auf eine parlamentarische Anfrage hin mitzuteilen. Hat allerdings innerhalb der Bundesregierung eine derartige Meinungsbildung tatsächlich stattgefunden, so ist deren Ergebnis auf Verlangen offenzulegen. Dies gilt auch für die Bewertung eines Einsatzes durch das Bundesministerium des Innern oder das ihm nachgeordnete Bundespolizeipräsidium.

118

Die Verantwortlichkeit der Bundesregierung gegenüber dem Parlament besteht auch dann, wenn Abgeordnete und Fraktionen Fragen zu Vorgängen an die Bundesregierung richten, die in die Zuständigkeit eines Ressorts fallen und durch dieses ohne Befassung des Kabinetts abschließend behandelt werden. Die Bundesregierung darf in diesem Fall eine Antwort nicht durch Verweis auf das Ressortprinzip verweigern (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 213). Bereitet ein Ressort hingegen durch eine interne Stellungnahme die Meinungsbildung im Kabinett lediglich vor und ist diese noch nicht abgeschlossen, so darf die Bundesregierung unter Umständen mit entsprechender Begründung die Antwort auf die Anfrage unter Berufung auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung als Ausprägung des Gewaltenteilungsgrundsatzes verweigern (zu den Voraussetzungen siehe BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 136 ff.).

119

Nehmen der Bund und das den Einsatz leitende Land oder die an dem Einsatz beteiligten Länder eine gemeinsame Auswertung des Einsatzes vor, so ist diese - etwa in Form eines gemeinsamen Abschlussberichts - auf Anfrage zu übermitteln, wenn nicht Geheimhaltungsgründe vorliegen. Nehmen Beamte des Bundes hingegen lediglich an einem durch das Land eingerichteten Gremium teil, das eine solche Aus- und Bewertung für das Land in dessen alleiniger Federführung vornimmt, so ist der Verantwortungsbereich der Bundesregierung und der ihr nachgeordneten Verwaltung des Bundes nicht betroffen und es besteht keine Antwortpflicht.

120

2. Aus der verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages grundsätzlich zu erfüllen, folgt, dass sie im Falle einer Weigerung der Auskunfterteilung die Gründe darlegen muss, aus denen sie die erbetenen Auskünfte verweigert. Denn der Bundestag kann seine Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle des Regierungshandelns nur dann effektiv wahrnehmen, wenn er anhand einer der jeweiligen Problemlage angemessen ausführlichen Begründung beurteilen und entscheiden kann, ob er die Verweigerung der Antwort akzeptiert oder welche weiteren Schritte er unternimmt, sein Auskunftsverlangen ganz oder zumindest teilweise durchzusetzen. Hierzu muss er Abwägungen betroffener Belange, die zur Versagung von Auskünften geführt haben, auf ihre Plausibilität und Nachvollziehbarkeit überprüfen können. Eine Begründung der Antwortverweigerung ist daher nur dann entbehrlich, wenn die Geheimhaltungsbedürftigkeit evident ist (vgl. zum Ganzen BVerfGE 124, 161 <193>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 157).

121

Verweigert die Bundesregierung die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage zu einem Unterstützungseinsatz der Bundespolizei für die Polizei eines Landes aufgrund fehlender eigener Verantwortlichkeit, so genügt zur Begründung der Verweis auf die Zuständigkeit des Landes. Diese Angabe versetzt den Fragesteller in die Lage, für die jeweilige Frage zu prüfen, ob die Umstände in den Verantwortlichkeitsbereich des Landes oder des Bundes fallen.

122

Einer ausführlicheren Begründung bedarf es, wenn die Bundesregierung Auskünfte zu Umständen aus ihrem Verantwortungsbereich verweigern will, etwa weil es sich um einen Vorgang aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung handelt oder weil in seltenen Ausnahmefällen Gründe des Staatswohls der Auskunfterteilung entgegenstehen (vgl. zu diesen Antwortverweigerungsgründen BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014 - 2 BvE 5/11 -, juris, Rn. 134 ff.). In diesen Fällen bedarf der Fragesteller näherer Angaben, um die Abwägung zwischen dem parlamentarischen Informationsrecht einerseits und den betroffenen Belangen, die zur Versagung der Auskünfte geführt haben, andererseits auf ihre Plausibilität hin überprüfen zu können.

III.

123

Nach diesen Maßstäben hat die Antragsgegnerin mit den Antworten auf die streitgegenständlichen Kleinen Anfragen der Antragstellerin deren Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG teilweise verletzt.

124

1. Die Antworten der Antragsgegnerin vom 23. März 2011 (BTDrucks 17/5270 vom 25. März 2011) auf die Kleine Anfrage der Antragstellerin vom 1. März 2011 (BTDrucks 17/4992 vom 4. März 2011) sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die den Antworten auf die einzelnen Fragen der Antragstellerin zu Grunde liegende Vorbemerkung der Antragsgegnerin (BTDrucks 17/5270, S. 2), wonach polizeiliche Einsatzlagen im Zusammenhang mit Demonstrationen und Versammlungen in die Zuständigkeit der Länder fallen, lässt erkennen, dass sie sich bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage verpflichtet sah, auf Fragen zu Vorgängen aus ihrem eigenen Verantwortungsbereich, aber auch nur auf diese, zu antworten. In ihren jeweiligen Antworten hat die Bundesregierung die Verantwortungsbereiche des Bundes und des jeweiligen Landes, hier des Freistaates Sachsen, zutreffend abgegrenzt.

125

a) Die mit der Frage 3. c) angesprochene Koordination des Einsatzes der Unterstützungskräfte der Bundespolizei und die diesen erteilten Weisungen fallen grundsätzlich in den Verantwortungsbereich der Polizei des unterstützten Landes, soweit nicht der originäre Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei betroffen war. Dadurch, dass die Antragsgegnerin in ihrer Antwort lediglich Angaben zu dem Einsatz der Bundespolizei in deren originärem Zuständigkeitsbereich machte, hat sie daher keine Rechte der Antragstellerin verletzt. Angesichts der Vorbemerkung zur Verantwortlichkeit des Landes für derartige polizeiliche Einsätze bedurfte es auch keiner weiteren Begründung der Antwortverweigerung.

126

Eine Antwortpflicht der Bundesregierung wurde auch nicht dadurch begründet, dass die Antragstellerin in ihrer Vorbemerkung zu der Kleinen Anfrage ausgeführt hat, es sei zu gewaltsamem und eskalierendem Vorgehen der Polizei gekommen, insbesondere zu massivem und ohne Vorwarnung erfolgtem Einsatz von Pfefferspray beziehungsweise Pepperball sowie von Wasserwerfern; einen besonders eklatanten Fall von Polizeigewalt stelle der anlasslose Angriff eines Wasserwerfers auf eine Menschenmenge dar, die sich friedlich über eine Kreuzung bewegt habe (BTDrucks 17/4992, S. 1). Soweit der Einsatz von Pepperball-Systemen gerügt wird, ergibt sich aus der Antwort der Antragsgegnerin auf Frage 6. c), dass die Bundespolizei über solche Systeme nicht verfügt. Im Übrigen ist nicht hinreichend klar erkennbar, dass sich der Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens konkret gegen Beamte der Bundespolizei richtet und nicht gegen Beamte der Polizei des Freistaates Sachsen oder anderer, am Einsatz mit Unterstützungskräften beteiligter Länder. Eine solche Zuordnung im Rahmen der Fragestellung wäre aber erforderlich gewesen, da nur hierdurch ein Bezug zum Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin hergestellt wird. Der Senat verkennt nicht, dass es für die Fragesteller im Einzelfall schwierig sein kann, festzustellen, ob ein aus ihrer Sicht beanstandungswürdiges Verhalten von Beamten der Bundespolizei ausging oder von Beamten eines einsatzbeteiligten Landes. Diese Schwierigkeiten können aber nicht dazu führen, dass in Zweifelsfällen die Bundesregierung verpflichtet wäre, zu ermitteln und in ihrer Antwort darzulegen, ob eine Maßnahme in den Verantwortungsbereich der Bundespolizei fällt oder nicht. Mit einer derart weit gefassten Antwortpflicht würde der Grundsatz, dass sich die Bundesregierung nur zu Umständen aus dem eigenen Verantwortungsbereich äußern muss, im Ergebnis aufgehoben.

127

b) Auch für das Einsatzkonzept, auf das Frage 4. abzielt, trägt die Polizei des Freistaates Sachsen die Verantwortung. Soweit nach einer Bewertung der Umsetzung des Konzeptes durch die Bundesregierung gefragt wurde, muss die Antwort der Antragsgegnerin so verstanden werden, dass eine Meinungsbildung hierzu zum Zeitpunkt der Fragestellung nicht stattgefunden hatte. Eine Verpflichtung, sich eine solche Meinung zu bilden, traf die Antragsgegnerin nicht.

128

c) Entsprechendes gilt für die Fragen 5., 6., 6. a) und b) sowie 7. Die Weisungsbefugnis und damit auch die Verantwortung für den etwaigen Einsatz von Pfefferspray und Wasserwerfern lagen bei der Einsatzleitung des Landes. Konkrete Anhaltspunkte für ein rechtswidriges Handeln gerade von Beamten der Bundespolizei wurden auch in diesen Fragen nicht vorgebracht. Zu einer diesbezüglichen Meinungsbildung und zur Bewertung dieser Maßnahmen war die Antragsgegnerin nicht verpflichtet. Ihre Antwort ist so zu verstehen, dass eine dahingehende Meinungsbildung der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Fragestellung nicht stattgefunden hatte.

129

d) Die Frage 9. zur Durchsuchung des Pressebüros des Bündnisses "Dresden Nazifrei" ist mit der Angabe der Antragsgegnerin, die Bundespolizei sei an den Durchsuchungsmaßnahmen nicht beteiligt gewesen, hinreichend beantwortet worden. Zu der erbetenen Bewertung der Maßnahme war die Antragsgegnerin nicht verpflichtet. Ihre Antwort ist so zu verstehen, dass eine dahingehende Meinungsbildung der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Fragestellung nicht stattgefunden hatte. Entsprechendes gilt für die Antwort auf Frage 11.

130

e) Die mit der Frage 12. angesprochene Vorbereitung und Planung des Polizeieinsatzes fällt einschließlich der Einschätzung der Gefährdung von Gebäuden in die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit des Landes. Die Antragsgegnerin durfte sich daher darauf beschränken, auf die Vorbemerkung Bezug zu nehmen.

131

f) Auch etwaige Anweisungen hinsichtlich der Polizeisperren unterfielen dem Weisungsrecht der Landespolizei, so dass auch bei der Antwort auf Frage 13. eine Bezugnahme auf die Vorbemerkung der Antragsgegnerin genügte. Einen konkreten Vorwurf, Beamte der Bundespolizei hätten Abgeordnete der Partei DIE LINKE dabei anders behandelt als Abgeordnete anderer Parteien, enthielt die Frage nicht. Es kann daher dahinstehen, ob allein dieser Umstand den Verdacht eines diskriminierenden und damit rechtswidrigen Verhaltens begründen würde.

132

g) Die Frage 14. bezog sich insgesamt auf eine Sonderkommission, die gemäß der Antwort der Antragsgegnerin durch die Polizeidirektion Dresden geleitet wurde. Die Antragsgegnerin durfte sich daher mit einem Hinweis auf die Vorbemerkung zu den Verantwortungsbereichen von Bund und Land begnügen.

133

h) Zu der mit Frage 18. erbetenen Bewertung eines von der Antragstellerin unterstellten politischen Schadens durch das Einsatzkonzept des Landes und seine Umsetzung war die Antragsgegnerin nicht verpflichtet. Ihre Antwort ist so zu verstehen, dass eine dahingehende Meinungsbildung der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Fragestellung nicht stattgefunden hatte.

134

i) Aus der Antwort auf Frage 19., wonach eine Behandlung des Einsatzes auf der ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder seitens der Antragsgegnerin nicht geplant sei, geht aufgrund der Bezugnahme auf die Vorbemerkung wiederum hinreichend deutlich hervor, dass eine Bewertung des Einsatzes durch die Bundesregierung angesichts der Zuständigkeit und Verantwortlichkeit des Landes nicht beabsichtigt war.

135

2. Auch durch die Antworten der Antragsgegnerin vom 5. Mai 2011 (BTDrucks 17/5737 vom 6. Mai 2011) auf die weitere Kleine Anfrage der Antragstellerin vom 20. April 2011 (BTDrucks 17/5639 vom 20. April 2011) wurden deren Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG nicht verletzt.

136

a) Die Frage 4. betraf das Einsatzkonzept der sächsischen Polizei, das in deren alleinige Verantwortung fiel und an dessen Erstellung die Bundespolizei nach Angaben der Antragsgegnerin nicht mitgewirkt hatte. Weitere Ausführungen hierzu waren daher nicht erforderlich. Soweit die Antragsgegnerin um eine Bewertung der Umsetzung des Einsatzkonzeptes gebeten wurde, war sie hierzu nicht verpflichtet. Ihre Antwort ist so zu verstehen, dass eine dahingehende Meinungsbildung der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Fragestellung nicht stattgefunden hatte. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Antwort auf Frage 6., mit der ebenfalls um eine Bewertung gebeten wurde.

137

b) Die Fragen 8. und 9. betrafen erneut den Einsatz von Pfefferspray und Wasserwerfern. Insofern wird auf die Ausführungen oben unter 1. a) und c) verwiesen (Rn. 125 f. und 128).

138

3. Die Antworten der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2011 (BTDrucks 17/6022 vom 31. Mai 2011) auf die Kleine Anfrage der Antragstellerin vom 16. Mai 2011 (BTDrucks 17/5847 vom 16. Mai 2011) zu dem Einsatz der Bundespolizei in Berlin, Heilbronn und an anderen Orten stellen hingegen teilweise eine Verkürzung des Fragerechts der Antragstellerin und damit eine Verletzung der Antwortpflicht der Antragsgegnerin dar.

139

a) Die Fragen 3. b), c), d) und 4. betrafen den Einsatz von Wasserwerfern und Reizstoffsprühgeräten. Sie wurden ausreichend beantwortet, soweit sie den originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei und die in die Verantwortung der Antragsgegnerin fallende Ausrüstung der Beamten der Bundespolizei betrafen. Im Übrigen wird auf die Ausführungen oben unter 1. a) und c) verwiesen (Rn. 125 f. und 128).

140

b) Die Frage 6. zu freiheitsentziehenden Maßnahmen und Platzverweisen hat die Antragsgegnerin hinsichtlich der originären bahnpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei beantwortet. Im Übrigen durfte sie auf die Zuständigkeit und Verantwortung des jeweiligen Landes für die Durchführung des Einsatzes verweisen.

141

c) Die Fragen 7. und 7. a) hat die Antragsgegnerin hinsichtlich der von den Bundespolizeidirektionen eingerichteten Einsatzstäbe und der von der Bundespolizei in die Führungsstäbe der Länder entsandten Verbindungsbeamten beantwortet. Die weitere Zusammensetzung der Gremien der Polizei der jeweiligen Länder fällt nicht in ihren Verantwortungsbereich. Dies gilt auch für die Einsatzstrategie und -taktik des jeweiligen Landes (Frage 7. b), selbst wenn Beamte der Bundespolizei diese mitgestaltet haben sollten. Hinsichtlich der Koordination des Einsatzes der Unterstützungskräfte der Bundespolizei und der diesen erteilten Weisungen (Frage 7. c) wird auf die Ausführungen unter 1. a) (Rn. 125) verwiesen.

142

d) Die Frage 9. wurde hinsichtlich der Anzahl eingesetzter Beamter der Bundespolizei beantwortet. Die Teilfragen 9. a), b), c) und d) zur Einsatzleitung, zum Auftrag der eingesetzten Bundespolizeibeamten und zu freiheitsentziehenden Maßnahmen betrafen den Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich der bei der Einsatzdurchführung weisungsbefugten Landespolizei, so dass sich die Antragsgegnerin insoweit auf einen entsprechenden Hinweis beschränken durfte. Entsprechendes gilt für die Beantwortung der Fragen 10. a), b), c), d) und f).

143

Die Antragsgegnerin wäre jedoch verpflichtet gewesen, auf die Fragen 10. e) und g) dieser Kleinen Anfrage zu antworten. In der Vorbemerkung zu der Kleinen Anfrage hat die Antragstellerin ausgeführt, laut Presseberichten habe es insbesondere am Kottbusser Tor in Berlin, wo vornehmlich Angehörige der Bundespolizei eingesetzt gewesen seien, einen umfassenden und nach Einschätzung der Antragstellerin unverhältnismäßigen Einsatz von Pfefferspray und Reizgas gegeben. Damit hat die Antragstellerin Tatsachen vorgebracht, die den konkreten Verdacht disziplinarrechtlich relevanten Verhaltens von Bundespolizisten begründeten. Die Antragsgegnerin wäre daher verpflichtet gewesen, über ihr nachgeordnete Behörden aufzuklären, ob es tatsächlich zu einem solchen Verhalten von Beamten der Bundespolizei kam. Das Ergebnis dieser Prüfung hätte sie in ihrer Antwort mitteilen müssen. Für den Fall, dass es sich um Maßnahmen der Bundespolizei gehandelt haben sollte, hätte sie darüber hinaus angeben müssen, ob diese auf einer Weisung der Einsatzleitung des Landes beruhten und, falls dies nicht der Fall gewesen sein sollte, weshalb die Maßnahmen ohne eine solche Weisung ergriffen wurden.

144

Soweit mit Frage 10. g) um eine Bewertung des beanstandeten Einsatzes von Pfefferspray gebeten wurde, war die Antragsgegnerin zu einer solchen zwar grundsätzlich nicht verpflichtet und ist ihre Antwort so zu verstehen, dass eine dahingehende Meinungsbildung der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Fragestellung nicht stattgefunden hatte. Die Frage ist aber im Kontext des Vorwurfs rechtswidrigen Verhaltens von Bundespolizisten zu sehen. Für den Fall, dass die Maßnahmen von der Bundespolizei getroffen worden sein sollten, hätte seitens der jeweiligen Disziplinarvorgesetzten ohnehin eine Bewertung erfolgen müssen. Die Antragsgegnerin war deshalb gehalten, sich zu dem in der Frage erhobenen Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens von Bundespolizisten zu äußern.

145

e) Die Frage 11. betraf das Einsatzkonzept in Heilbronn. Sie wurde hinsichtlich des originären Zuständigkeitsbereichs der Bundespolizei beantwortet. Soweit sie auch das Einsatzkonzept der Polizei des Landes Baden-Württemberg betraf, wird auf die Ausführungen unter 1. b) (Rn. 127) verwiesen.

146

f) Die Frage 12. zu den "stundenlangen Einkesselungen mehrerer Hundert Menschen in Heilbronn" wurde dahingehend beantwortet, dass die Bundespolizei an dem in der Frage beschriebenen Sachverhalt nicht beteiligt gewesen sei. Zu der erbetenen Bewertung des in die Verantwortung der Polizei des Landes Baden-Württemberg fallenden Einsatzes war die Antragsgegnerin nicht verpflichtet. Ihre Antwort ist so zu verstehen, dass eine dahingehende Meinungsbildung der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Fragestellung nicht stattgefunden hatte.

IV.

147

Besondere Billigkeitsgründe, die die Anordnung einer Auslagenerstattung nach § 34a Abs. 3 BVerfGG ausnahmsweise angezeigt erscheinen lassen (vgl. BVerfGE 96, 66 <67>), liegen nicht vor.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Tatbestand

 
Der Kläger zu 1 und seine am ... 1999 geborene Tochter, die Klägerin zu 2, wenden sich gegen die Gültigkeit der Bürgermeisterwahl in Korntal-Münchingen.
Die Bürgermeisterwahl in Korntal-Münchingen fand am 26.4.2015 statt. Zum Bürgermeister wurde nach der amtlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses vom 13.5.2015 mit 3870 von 4316 gültigen Stimmen der Beigeladene zu 1 gewählt.
Mit Schreiben vom 26.4.2015, 2.5.2015 und 16.5.2015 legte der Kläger zu 1 – auch als (mit)sorgeberechtigter Vertreter der Klägerin zu 2 – Einspruch gegen die Bürgermeisterwahl wegen Altersdiskriminierung der 0-15-jährigen Bundesbürgerinnen und Bundesbürger der Stadt Korntal-Münchingen und daraus resultierende Verfassungswidrigkeit der Wahl ein. Zur Begründung trug der Kläger zu 1 zusammengefasst vor, die 0-16/18-jährigen seien mit ihrer Stimme bei den Wahlen politisch nicht repräsentiert. Sie müssten die Auswirkungen der Politik ohne Einflussmöglichkeit einfach ertragen und hinnehmen. Damit seien ca. 20 % aller Bürger Europas und der Bundesrepublik Deutschland von der Stimmabgabe ausgeschlossen. Auch die sorgeberechtigten/sorgepflichtigen Eltern und rechtliche Vertreter hätten keine Stimme für die Minderjährigen. Es handele sich um eine verfassungswidrige Diskriminierung. Die Herstellung der Verfassungsmäßigkeit für Jugendliche sei leicht möglich durch die Ermöglichung der Stimmabgabe für minderjährige Kinder durch die gesetzlichen/rechtlichen Vertreter, in der Regel die Eltern. Diese könnten pro Kind einen zusätzlichen Stimmzettel erhalten, eventuell mit einer halben Stimme. Wenn es keine halben Stimmen geben solle, so könne jeder Wahlberechtigte zwei Stimmen erhalten, wobei jeweils eine Stimme für die 0-16/18-jährigen pro Sorgerechts-Elternteil abgegeben werden könne. Als Familienvater und Sorgeberechtigter/Sorgeverpflichteter seiner minderjährigen Tochter sei er von der Rechtsverletzung direkt betroffen. Da er die direkte Verletzung eigener Rechte und die direkte Verletzung der Grundrechte seiner Tochter geltend mache, sei es nicht notwendig, dass weitere Wahlberechtigte dem Einspruch beiträten. In der Einschränkung, dass nur „Wahlberechtigte“ und „Bewerber“ Einspruch gegen die Wahl einlegen dürften, liege eine weitere grundrechtswidrige Einschränkung des Kreises der Einspruchsberechtigten einer Wahl. Um eine Diskriminierung auszuschließen, müssten uneingeschränkt alle Bundesbürgerinnen und Bundesbürger das Recht haben, gegen Wahlen Einspruch einzulegen.
Schließlich mache er von ihm beim Bundesverfassungsgericht eingereichte Beschwerden zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens:
– Allgemeine Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht zum Wahl recht (AR 6784/2013),
– Wahlprüfungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht nach Einspruch gegen die Wahl des 18. Bundestages (WP 6/13).
Mit Bescheid vom 22.5.2015, zugestellt am 27.5.2015, wies der Beklagte den Einspruch gegen die Bürgermeisterwahl zurück und führte zur Begründung Folgendes aus: Der Einspruch sei bereits unzulässig. Gemäß § 31 KomWG müsse der Einspruch eines Wahlberechtigten, der nicht die Verletzung seiner Rechte geltend mache, von 1 von Hundert der Wahlberechtigten, bei mehr als 10.000 Wahlberechtigten von mindestens 100 Wahlberechtigten, unterstützt werden. Der Kläger zu 1 habe als Wahlberechtigter einen Wahleinspruch eingelegt. Eine Verletzung seiner Rechte, die ihn als wahlberechtigten Bürger beträfen, werde jedoch nicht vorgetragen. Der Kläger zu 1 sei in seinem Wahlrechte nicht eingeschränkt gewesen. Er habe als Sorgeberechtigter seiner Tochter deren Wahlrechtsverletzung vorgetragen, da sie aufgrund ihres Alters nach dem geltenden Recht noch nicht wahlberechtigt sei. Da der Kläger zu 1 nicht die Verletzung eigener Rechte geltend mache, hätten seinem Einspruch mindestens 100 Wahlberechtigte beitreten müssen. Innerhalb der Einspruchsfrist seien dem Wahleinspruch aber keine Unterstützungsunterschriften beigefügt worden.
Der Einspruch sei auch unbegründet. Die Einführung eines Wahlrechts für die Bundestagswahl für minderjährige Kinder, welches durch die Eltern als gesetzliche Vertreter ausgeübt oder ihnen als zusätzliches, originäres Familien -bzw. Elternwahlrecht ausgeübt werde, sei vom Bundestag am 2.6.2005 abgelehnt worden (BT-Drs. 15/1544). Planungen der Landesregierung für ein solches Wahlrecht bestünden ebenfalls nicht. Wegen der in Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG für die Volksvertretungen in den Gemeinden und Kreisen festgelegten Wahlrechtsgrundsätze, die den Wahlrechtsgrundsätzen für die Bundestagswahl nach Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG entsprächen und die auch in Art. 72 Abs. 1 S. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg enthalten seien, wäre auch die Einführung eines Familienwahlrechts bei Kommunalwahlen mit erheblichen verfassungsrechtlichen Risiken behaftet. Die Beschränkung des Einspruchsrechts gegen die Wahl auf Wahlberechtigte und Bewerber gemäß § 31 KomWG begegne unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Wahlprüfungsverfahrens keinen Bedenken. Ziel dieses Verfahrens sei der Schutz des objektiven Wahlrechts; es sei dazu bestimmt, das richtige Wahlergebnis der jeweiligen Wahl zu gewährleisten. Gegenstand der Wahlprüfung sei dagegen nicht die Verletzung subjektiver Rechte. Der objektiv-rechtliche Zweck der Wahlprüfung lasse es daher zu, die Einspruchsberechtigung auf die in § 31 KomWG Genannten zu beschränken.
Dagegen haben die Kläger am 26.6.2015 Klage eingereicht. Zur Begründung wiederholt und vertieft der Kläger zu 1 – zugleich in Vertretung der Klägerin zu 2 – seine bisherigen Argumente und trägt ergänzend vor: Das amtliche Wahlergebnis sei an mindestens zwei verschiedenen Tagen veröffentlicht worden, zudem mit verschiedenen Auszählungsergebnissen. Somit sei nicht klar, wann die eigentliche Einspruchsfrist beginne und ende. Die Einspruchsbegründung unterschlage, dass der Kläger zu 1 auch für sich selbst als Wahlberechtigter und als sorgeberechtigter/sorgeverpflichteter Vater durch das verfassungswidrige Ergebnis der Wahl direkt benachteiligter Bürger Einspruch erhoben habe. Die Unterstützung von anderen 100 Wahlberechtigten sei daher nicht notwendig, so dass die Einsprüche zulässig seien. Die Begründung, die geforderte Verfassungsänderung sei mit einem nicht unerheblichen verfassungsrechtlichen Risiko behaftet, sei nicht zielführend, sondern verlange regelrecht nach einer verfassungsrechtlich höchstrichterlichen Entscheidung. Die Einsprüche gegen Wahlen müssten für alle Einsprechenden kostenneutral und barrierefrei sein. Dies gelte erst recht, wenn verfassungswidrige Vorgänge zu prüfen seien.
Mit Schriftsatz vom 7.8.2015 haben die Kläger eine Liste mit 41 Unterstützungsunterschriften im Hinblick auf „Einsprüche und Beschwerden gegen alle Wahlen und Gesetze und auch Verfassungsbeschwerden“… „die die 0-16/18-jährigen Bundesbürgerinnen und Bundesbürger oder andere aufgrund ihres Alters von Wahlen ausgeschlossenen Menschen durch die Verweigerung einer gleichwertigen zählbaren Stimme bei Wahlen von den Wahlen ausschließen.“
10 
Die Kläger haben schriftsätzlich beantragt,
11 
die „Zurückweisung des Einspruchs gegen die Wahl“ bis zur höchstrichterlichen Entscheidung des Sachverhalts durch das Bundesverfassungsgericht aufzuheben und das Ergebnis der Bürgermeisterwahl unter Vorbehalt der Verfassungsmäßigkeit als vorläufig zu erklären,
12 
die im Einspruchsbescheid des Beklagten vom 22.5.2015 festgesetzte Gebühr von 50 EUR aufzuheben und
13 
den Beklagten zu verpflichten, die Aufwendungen der Kläger zu erstatten.
14 
Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt. In seiner Klagebegründung wiederholt der Beklagte die Begründung seiner Einspruchsentscheidung vom 22.5.2015 und trägt ergänzend vor, die Entscheidung über eine ggf. anhängige Verfassungsbeschwerde sei allein Angelegenheit des Bundesverfassungsgerichts. Ein Wahleinspruch gegen die Wahl des 18. Deutschen Bundestages mit gleicher Begründung wie der Einspruch gegen die streitgegenständliche Bürgermeisterwahl sei nach Kenntnis des Beklagten zurückgewiesen worden. Ein Elternwahlrecht sehe das Gesetz nicht vor, so dass der Wahleinspruch unbegründet sei. Die von den Klägern vorgelegte Unterschriftenliste sei nicht relevant, da sie nach Ablauf der Einspruchsfrist zur Wahl des Bürgermeisters vorgelegt worden sei. Die Frage, ob es sich bei den Unterzeichnern um Wahlberechtigte handele, sei daher nicht weiter zu klären. Die Kostenentscheidung sei aufgrund von § 73 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 1 LVwVfG erfolgt. Die Gebühr i.H.v. 50 EUR werde aufgrund von § 1 Abs. 1 des Landesgebührengesetzes i.V.m. der Rechtsverordnung des Landratsamts Ludwigsburg über die Erhebung von Gebühren für die Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich der Kommunalaufsicht vom 1.1.2015 i.V.m. dem Gebührenverzeichnis Nr. 11.31.05.1 erhoben und basiere auf der aktuellen Gebührenkalkulation. Die Gebühr sei mit 50 EUR gering angesetzt, um den Wahleinspruch nicht zu erschweren, und liege in ihrer Höhe unter der kalkuliertem Mindestgebühr des Landkreises für die Arbeit der Rechtsaufsichtsbehörde i.H.v. 132 EUR. Ein Tatbestand zur Gebührenbefreiung sei nicht gegeben.
15 
Der Beigeladene zu 1 hat ebenfalls keinen Antrag gestellt und zur Sache vorgetragen, die Bürgermeisterwahl am 26.4.2015 sei strikt nach den Vorgaben der Gemeindeordnung, des Kommunalwahlgesetzes und der Kommunalwahlordnung für Baden-Württemberg erfolgt. Auf diese Vorgaben, insbesondere auf die Festsetzung der Altersgrenze beim aktiven Wahlrecht, habe die Gemeinde keinerlei Einfluss. Das Ergebnis der Bürgermeisterwahl sei durch den Gemeindewahlausschuss unter Vorsitz des technischen Beigeordneten festgestellt und deren Gültigkeit durch die Kommunalaufsicht mit Schreiben vom 27.5.2015 bestätigt worden. Der gegen die Wahl erhobene Einspruch sei durch das Landratsamt zurückgewiesen worden. Der Begründung des Bescheides vom 22.5.2015 sei nichts hinzuzufügen.
16 
Die Beigeladene zu 2 hat gleichfalls keinen Antrag gestellt und in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die Bürgermeisterwahl unter Anwendung und Einhaltung der geltenden gesetzlichen Vorgaben der Gemeindeordnung, des Kommunalwahlgesetzes und der Kommunalwahlordnung für Baden-Württemberg durchgeführt worden sei. Im Bereich der Kommunalwahlen sei ein Wahlrecht für Personen, die jünger als 16 Jahre alt seien, gesetzlich nicht geregelt und habe daher bei der Bürgermeisterwahl keine Anwendung finden können.
17 
Mit gerichtlicher Verfügung vom 30.6.2015 wurden die Kläger gebeten, Name und Anschrift des mitsorgeberechtigten Elternteils der Klägerin zu 2 sowie eine Erklärung über dessen Einverständnis mit der Klageerhebung vorzulegen. Die Kläger teilten dazu mit Schriftsatz vom 7.8.2015 mit, da die Klage für das minderjährige Kind nur rechtliche Vorteile und keine finanziellen Nachteile bringe, gingen sie davon aus, dass eine Zustimmung zur Klage durch den anderen sorgeberechtigten Elternteil entbehrlich sei.
18 
Mit Beschluss vom 1.10.2015 hat die Kammer den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Mit Schriftsatz vom 9.11.2015 haben die Kläger dagegen „Widerspruch“ eingelegt und wegen der grundsätzlichen Bedeutung der gerichtlichen Entscheidung für Deutschland die „Rückübertragung auf das 3er- Richter-Gremium“ beantragt. Ferner haben die Kläger beantragt, die Beiladung des Beigeladenen zu 1 aufzuheben. Dieser sei aufgrund der Klage noch nicht offiziell in das Amt des Bürgermeisters eingeführt und als Privatperson vom Gericht geladen worden. Die Stellungnahme des Beigeladenen zu 1 sei wegen des subjektiven Charakters vor Gericht nicht zu verwerten. Der Beigeladene zu 1 habe ein vorrangiges persönliches Interesse, die Klage scheitern zu lassen, da beim Erfolg der Klage Neuwahlen anstünden. Schließlich haben die Kläger zur Überprüfung der Rechtslage durch die nächste Instanz um „Zulassung zur Revision“ gebeten.
19 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der Gerichtsakte des Verfahrens 7 K 3576/14 (Anfechtung der Wahl der Regionalversammlung und des Kreistags) sowie der beigezogenen Akte des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
21 
Zur Entscheidung berufen ist die Einzelrichterin, nachdem die Kammer ihr mit Beschluss vom 1.10.2015 den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragen hat. Dieser Beschluss ist gemäß § 6 Abs. 4 VwGO unanfechtbar. Gründe für eine Rückübertragung des Rechtsstreits auf die Kammer gemäß § 6 Abs. 3 VwGO liegen nicht vor.
22 
Die Beiladung des Beigeladenen zu 1 ist gemäß § 65 Abs. 4 S. 3 VwGO ebenfalls unanfechtbar. Davon abgesehen liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beiladung vor. Gemäß § 65 Abs. 1 VwGO kann das Gericht von Amts wegen andere Personen, deren rechtliche Interessen - wie im vorliegenden Fall - durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie gemäß § 65 Abs. 2 VwGO notwendig beizuladen. Im vorliegenden Fall dürfte es sich sogar um eine notwendige Beiladung handeln, da die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Bürgermeisterwahl gegenüber den Klägern und dem Beigeladenen zu 1 als Wahlsieger nur einheitlich ergehen kann.
23 
1. Die Klage des Klägers zu 1 ist zulässig, die Klage der Klägerin zu 2 ist dagegen bereits unzulässig.
24 
Bei sachdienlicher Auslegung des Klageantrages begehren die Kläger, den Einspruchsbescheid des Beklagten vom 22.5.2015 aufzuheben und die Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 für ungültig zu erklären, hilfsweise das Verfahren bis zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit der Wahl durch das Bundesverfassungsgericht auszusetzen. Nach der Begründung des Wahleinspruchs und der Klage ist im Hinblick auf die Klägerin zu 2 das Bestehen eines eigenen (kommunalrechtlichen) Wahlrechts für unter 16-jährige, welches durch die Sorgeberechtigten als gesetzliche Vertreter ausgeübt werden soll, im Streit. Im Hinblick auf den Kläger zu 1 ist Streitpunkt das Bestehen eines „Familienwahlrechts“, bei dem die Sorgeberechtigten zu ihren eigenen Stimmen noch eine der Zahl der nichtwahlberechtigten Kindern entsprechende Zahl von Stimmen zusätzlich erhalten (vgl. zu den Begriffen und zur Diskussion etwa Hattenhauer, JZ 1996,9 ff.; von Münch, NJW 1995, 3165 ff.). Ohne das Bestehen eines Wahlrechts für 0 bis 16-jährige oder das Bestehen eines „Familienwahlrechts“ halten die Kläger die Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 wegen Altersdiskriminierung für verfassungswidrig
25 
a) Soweit Gegenstand der Klage ein „Familienwahlrecht“ des Klägers zu 1 ist, geht die Einzelrichterin zu Gunsten des Klägers von der Zulässigkeit der Klage aus. Die Klage ist fristgerecht eingelegt. Der Kläger zu 1 ist in Korntal-Münchingen wahlberechtigt. Er ist Adressat eines belastenden Verwaltungsakts und macht eine mögliche Verletzung in eigenen Rechten geltend. Gemäß § 31 Abs. 3 KomWG kann der Wahlberechtigte, der Einspruch erhoben hat, gegen die Entscheidung über den Einspruch unmittelbar (d.h. ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens) Anfechtungsklage erheben.
26 
b) Die Klage der Klägerin zu 2 ist mangels Prozessfähigkeit und wirksamer Vertretung durch ihre beiden sorgeberechtigten Elternteile dagegen unzulässig. Die am … 1999 geborene Klägerin zu 2 ist weder prozessfähig noch kann sie durch den Kläger allein wirksam vertreten werden.
27 
Wie der Kläger zu 1 mit Schriftsatz vom 28.8.2014 im Verfahren 7 K 3576/14 mitgeteilt hat, ist er alleinerziehend, und die Klägerin zu 2 wohnt bei ihm. Das Sorgerecht steht allerdings ihm und der Mutter der Klägerin zu 2 gemeinsam zu. Die Mutter der Klägerin zu 2 hat sich an dem Klageverfahren nicht beteiligt. Die Kläger haben auch auf die gerichtliche Verfügung vom 30.6.2015 eine Erklärung der mitsorgeberechtigten Mutter über deren Einverständnis mit der Klageerhebung nicht vorgelegt.
28 
Im Verwaltungsprozess sind gemäß § 62 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 VwGO prozessfähig - die nach bürgerlichem Recht voll Geschäftsfähigen, d.h. Volljährige, sowie - die nach bürgerlichem Recht beschränkt Geschäftsfähigen (nach Vollendung des 7. Lebensjahres), soweit sie durch gesetzliche Vorschriften für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind (z.B. Minderjährige über 14 Jahre bzgl. der Teilnahme am Religionsunterricht). Darüber hinaus wird teilweise in der Rechtsprechung bei entsprechender Einsichtsfähigkeit die Prozessfähigkeit in Fällen bejaht, in denen im Verfassungsrecht die Grundrechtsmündigkeit und als Folge davon die Legitimation zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde anerkannt wird (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 26.8.1975 - V B 22.73 - zum Petitionsrecht; VG Köln, Beschluss vom 11.9.1984 - 14 K 5982/83 - zum Kriegsdienstverweigerungsrecht; jeweils juris). Ein vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor.
29 
Für prozessunfähige Minderjährige handeln gemäß § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB beide Eltern gemeinsam, es sei denn, ein Elternteil übt die elterliche Sorge allein aus oder ihm ist - bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern - die Entscheidung gemäß § 1628 BGB vom Familiengericht übertragen worden.
30 
Nach diesen Maßgaben liegt im Hinblick auf die Klage der Klägerin zu 2 weder deren Prozessfähigkeit noch ein Alleinvertretungsrecht des Klägers zu 1 vor. Die Einzelrichterin sieht keine Veranlassung, das Klageverfahren auszusetzen und dem Kläger zu 1 Gelegenheit zu geben, beim Familiengericht gemäß § 1628 BGB eine gerichtliche Entscheidung über ein Alleinvertretungsrecht für das Klageverfahren herbeizuführen, denn die Klage ist jedenfalls auch unbegründet (vgl. unter 2.).
31 
2. Die Klage sowohl des Klägers zu 1 als auch der Klägerin zu 2 sind unbegründet.
32 
Für die Geltendmachung eines „Familienwahlrechts“ fehlt dem Kläger zu 1 bereits die Aktivlegitimation, denn er macht ein Recht geltend, welches – wenn es bestünde – den Sorgeberechtigten gemeinsam zustehen würde.
33 
Darauf kommt es jedoch im Ergebnis nicht an. Der Beklagte hat die Einsprüche der Kläger gegen die Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid vom 22.5.2015 ist nicht zu beanstanden.
34 
Gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 - 3 KomWG kann gegen die Wahl binnen einer Woche nach der öffentlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses von jedem Wahlberechtigten und von jedem Bewerber Einspruch bei der Rechtsaufsichtsbehörde erhoben werden. Nach Ablauf der Einspruchsfrist können weitere Einspruchsgründe nicht mehr geltend gemacht werden. Der Einspruch eines Wahlberechtigten und eines Bewerbers, der nicht die Verletzung seiner Rechte geltend macht, ist nur zulässig, wenn ihm 1 vom 100 der Wahlberechtigten, mindestens jedoch 5 Wahlberechtigte, bei mehr als 10.000 Wahlberechtigten mindestens 100 Wahlberechtigte beitreten. Gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG ist die Wahl für ungültig zu erklären, wenn ihr Ergebnis dadurch beeinflusst werden konnte, dass wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung oder über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses unbeachtet geblieben sind.
35 
a) Der Einspruch der Klägerin zu 2 wurde schon deshalb vom Beklagten zu Recht abgewiesen, weil diese bei der Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 nicht wahlberechtigt und damit nicht einspruchsberechtigt i.S.d. § 31 KomWG war.
36 
Gemäß § 14 GemO Baden-Württemberg (GemO BW) sind „die Bürger“ im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt. Auch der Bürgermeister wird gemäß § 45 Abs. 1 GemO BW von „den Bürgern“ gewählt. Nach § 12 GemO BW ist Bürger der Gemeinde, wer Deutscher im Sinne von Art. 116 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt (Unionsbürger), das 16. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt.
37 
Die am … 1999 geborene Klägerin zu 2 war am Wahltag noch nicht 16 Jahre alt und dementsprechend nicht wahlberechtigt. Sie war daher zu Recht auch nicht in das Wahlverzeichnis des Beigeladenen zu 2 eingetragen, was förmliche Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts ist (vgl. § 5 Abs. 1 KomWG).
38 
Die Festsetzung des Mindestalters für die Ausübung des Wahlrechts auf 16 Jahre ist auch unter Berücksichtigung allgemeiner Wahlgrundsätze, insbesondere verfassungsrechtlicher Grundsätze, nicht zu beanstanden.
39 
Nach § 45 Abs. 1 S. 1 GemO BW wird der Bürgermeister von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Die Wahl des Bürgermeisters ist vom Gesetzgeber als Volkswahl ausgestaltet, obwohl nach Art. 72 Abs. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg (LV Bad.-Württ.) nur für die Volksvertretungen auf kommunaler Ebene (wie Gemeinderat und Kreistag) die Volkswahl zwingend vorgeschrieben ist.
40 
Es kann offenbleiben, ob die in § 45 Abs. 1 GemO BW für die Wahl des Bürgermeisters aufgeführten allgemeinen Wahlgrundsätze Verfassungsrang haben. Art. 72 Abs. 1 LV Bad.-Württ. schreibt nur vor, dass die kommunalen Volksvertretungen aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen sein müssen. Art. 38 GG, wonach die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden, ist auf Wahlen in den Ländern nicht, auch nicht analog, anwendbar (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschlüsse vom 16.3.2005 - 2 BvR 315/05 - und vom 9.3.2009 - 2 BvR 120/09 -; jeweils juris; zum Einfluss des Verfassungsrechts auf das einfachgesetzliche Kommunalverfassungsrecht, etwa durch die Verpflichtung auf die repräsentative Demokratie durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, vgl. etwa BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 16.3.2005, a.a.O.).
41 
Ein Verstoß gegen allgemeine Wahlgrundsätze, insbesondere ein Verstoß gegen den hier in Betracht kommenden Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl, liegt jedenfalls nicht vor.
42 
Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl untersagt den unberechtigten Ausschluss von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl. Er verbietet dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist - ebenso wie der Grundsatz der Gleichheit der Wahl - ein Anwendungsfall des Art. 3 GG. Er unterscheidet sich von dem allgemeinen Gleichheitssatz durch seinen formalen Charakter und fordert, dass jeder sein staatsbürgerliches Recht zum Wählen in formal möglichst gleicher Weise ausüben kann. Diese Formalisierung im Bereich des Wahlrechts ist allerdings nicht mit einem Verbot jeglicher Differenzierung verbunden. Begrenzungen der Allgemeinheit der Wahl sind verfassungsrechtlich zulässig, bedürfen aber eines besonderen rechtfertigenden Grundes. So ist es etwa von jeher als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen worden, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.10.1973 - 2 BvC 3/73 -, m.w.N.; juris). Wer von einer Wahlberechtigung Gebrauch macht, übernimmt damit politische Verantwortung, und zwar nicht nur für sich selbst, sondern für die Allgemeinheit. Voraussetzung für die Gewährung der Wahlberechtigung ist deshalb ein gewisser Grad an politischer Einsichtsfähigkeit. Der Ausübung des Wahlrechts durch den gesetzlichen Vertreter steht entgegen, dass das Wahlrecht ein höchst persönliches Recht ist. Die inhaltliche Wahlentscheidung lässt eine Vertretung grundsätzlich nicht zu (vgl. dazu etwa von Münch, NJW 1995, 3165 ff.).
43 
b) Der Einspruch des Klägers zu 1 wurde vom Beklagten ebenfalls zu Recht zurückgewiesen.
44 
Der Kläger zu 1 war bei der Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 als Bürger der Stadtkorntal-München zwar wahlberechtigt und damit gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 KomWG grundsätzlich einspruchsbefugt. Im Hinblick auf die Ausübung seines eigenen aktiven Wahlrechts sind Verstöße im Sinne des § 32 Abs. 1 KomWG aber nicht ersichtlich. Soweit der Kläger zu 1 rügt, das amtliche Wahlergebnis sei an zwei verschiedenen Tagen mit unterschiedlichen Auszählungsergebnissen veröffentlicht worden, hat er dies nicht bereits im Einspruchsverfahren, sondern erst im Klageverfahren und damit verspätet geltend gemacht (vgl. § 31 Abs. 1 S. 2 KomWG). Zudem sind diesem Einspruch keine weiteren Wahlberechtigten gemäß § 31 Abs. 1 S. 3 KomWG beigetreten. Die im Klageverfahren vorgelegte Unterschriftenliste führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Dies schon deshalb nicht, weil das Quorum als Zulässigkeitsvoraussetzung für den Einspruch im Zeitpunkt des Ablaufs der Einspruchsfrist erfüllt sein muss (vgl. Quecke/Gackenholz/Bock, Das Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 31 Rn. 41); darüber hinaus betrifft die Unterschriftenliste ein anderes Begehren. Das Quorum stellt auch keine unzulässige Einschränkung des Kreises der Einspruchsberechtigten einer Wahl dar. Das Quorum soll die Zahl der Wahleinsprüche einschränken und damit die Erlangung endgültiger Klarheit über das Schicksal der Wahl beschleunigen. Es soll verhindert werden, dass ein einzelner Wahlberechtigter durch die Geltendmachung von Wahlfehlern, die ihn in seiner eigenen Rechtsstellung nicht betreffen, den Vollzug einer demokratischen Mehrheitsentscheidung zeitlich hinauszögern kann (vgl. Quecke/Gackenholz/Bock, a.a.O., § 31 Rn. 40). Es ist darüber hinaus nicht ersichtlich, dass durch Fehler bei der Bekanntmachung das Ergebnis der Wahl i.S.d. § 32 Abs. 1 KomWG beeinflusst werden konnte. Schließlich gilt für die rechnerische Feststellung des Wahlergebnisses durch den Wahlausschuss § 32 Abs. 3 KomWG, d.h. es kann nur die Verpflichtung, das Wahlergebnis neu festzustellen, begehrt werden.
45 
Im Hinblick auf die vom Kläger zu 1 begehrte Ausübung eines „Familienwahlrechts“ liegen Rechtsverstöße, insbesondere Verstöße gegen höherrangiges Recht, ebenfalls nicht vor. Der Kläger zu 1 trägt vor, er sei insoweit in eigenen Rechten als Familienvater betroffen. Das Gericht lässt offen, ob dem Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist weitere Wahlberechtigte gemäß § 31 Abs. 1 S. 3 KomWG beizutreten hatten. Der Einspruch ist jedenfalls nicht begründet.
46 
Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg sieht für Kommunalwahlen - in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Regelungen für Wahlen auf Landes- oder Bundesebene – ein „Familienwahlrecht“, bei dem die Sorgeberechtigten zu ihren eigenen Stimmen für jedes nicht wahlberechtigte Kind eine zusätzliche Stimme erhalten, nicht vor. Es handelt sich um eine Form des sog. Pluralwahlrechts, bei dem bestimmte Personengruppen eine oder mehrere Zusatzstimmen erhalten. Ein solches „Familienwahlrecht “ ist mit dem Grundsatz der Gleichheit der Wahl unvereinbar. Das Bundesverfassungsgericht hat schon in einer seiner ersten Entscheidungen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl dahingehend ausgelegt, „dass es angesichts der in der demokratischen Grundordnung verankerten unbedingten Gleichheit aller Staatsbürger bei der Teilnahme an der Staatswillensbildung keine Wertungen geben kann, die es zulassen würden, beim Zählwert der Stimmen zu differenzieren“ (BVerfG, Urteil vom 05.04.1952 - 2 BvH 1/52 -, Rdnr. 124 ., juris; s. auch von Münch, NJW 1995, 3165 ff.).
47 
Nach alledem besteht keine Veranlassung, die Einspruchsentscheidung „bis zur höchstrichterlichen Entscheidung des Sachverhalts durch das Bundesverfassungsgericht“ aufzuheben oder „das Ergebnis der Bürgermeisterwahl unter Vorbehalt der Verfassungsmäßigkeit als vorläufig zu erklären“. Eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der Wahl kommt ebenfalls nicht in Betracht, da vom Bundesverfassungsgericht eine anderslautende Entscheidung nicht zu erwarten ist. Die Kläger haben im Verfahren auch nicht mitgeteilt, wie die von ihnen eingelegte „allgemeine Verfassungsbeschwerde zum Wahlrecht“, die offensichtlich ein Aktenzeichen aus dem sog. Allgemeinen Register trägt, vom Bundesverfassungsgericht beschieden wurde.
48 
Die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr für die Einspruchsentscheidung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Bezüglich der Rechtsgrundlage für die Gebühr wird auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen. Die Höhe der - mit 50,-- EUR gering angesetzten - Gebühr ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
49 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladenen haben keinen eigenen Sachantrag gestellt und sind daher kein Kostenrisiko eingegangen (vgl. § 154 Abs. 3 VwG0), so dass es nicht der Billigkeit entspricht, die Kläger mit ihren außergerichtlichen Kosten zu belasten.
50 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

Gründe

 
20 
Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
21 
Zur Entscheidung berufen ist die Einzelrichterin, nachdem die Kammer ihr mit Beschluss vom 1.10.2015 den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragen hat. Dieser Beschluss ist gemäß § 6 Abs. 4 VwGO unanfechtbar. Gründe für eine Rückübertragung des Rechtsstreits auf die Kammer gemäß § 6 Abs. 3 VwGO liegen nicht vor.
22 
Die Beiladung des Beigeladenen zu 1 ist gemäß § 65 Abs. 4 S. 3 VwGO ebenfalls unanfechtbar. Davon abgesehen liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beiladung vor. Gemäß § 65 Abs. 1 VwGO kann das Gericht von Amts wegen andere Personen, deren rechtliche Interessen - wie im vorliegenden Fall - durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie gemäß § 65 Abs. 2 VwGO notwendig beizuladen. Im vorliegenden Fall dürfte es sich sogar um eine notwendige Beiladung handeln, da die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Bürgermeisterwahl gegenüber den Klägern und dem Beigeladenen zu 1 als Wahlsieger nur einheitlich ergehen kann.
23 
1. Die Klage des Klägers zu 1 ist zulässig, die Klage der Klägerin zu 2 ist dagegen bereits unzulässig.
24 
Bei sachdienlicher Auslegung des Klageantrages begehren die Kläger, den Einspruchsbescheid des Beklagten vom 22.5.2015 aufzuheben und die Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 für ungültig zu erklären, hilfsweise das Verfahren bis zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit der Wahl durch das Bundesverfassungsgericht auszusetzen. Nach der Begründung des Wahleinspruchs und der Klage ist im Hinblick auf die Klägerin zu 2 das Bestehen eines eigenen (kommunalrechtlichen) Wahlrechts für unter 16-jährige, welches durch die Sorgeberechtigten als gesetzliche Vertreter ausgeübt werden soll, im Streit. Im Hinblick auf den Kläger zu 1 ist Streitpunkt das Bestehen eines „Familienwahlrechts“, bei dem die Sorgeberechtigten zu ihren eigenen Stimmen noch eine der Zahl der nichtwahlberechtigten Kindern entsprechende Zahl von Stimmen zusätzlich erhalten (vgl. zu den Begriffen und zur Diskussion etwa Hattenhauer, JZ 1996,9 ff.; von Münch, NJW 1995, 3165 ff.). Ohne das Bestehen eines Wahlrechts für 0 bis 16-jährige oder das Bestehen eines „Familienwahlrechts“ halten die Kläger die Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 wegen Altersdiskriminierung für verfassungswidrig
25 
a) Soweit Gegenstand der Klage ein „Familienwahlrecht“ des Klägers zu 1 ist, geht die Einzelrichterin zu Gunsten des Klägers von der Zulässigkeit der Klage aus. Die Klage ist fristgerecht eingelegt. Der Kläger zu 1 ist in Korntal-Münchingen wahlberechtigt. Er ist Adressat eines belastenden Verwaltungsakts und macht eine mögliche Verletzung in eigenen Rechten geltend. Gemäß § 31 Abs. 3 KomWG kann der Wahlberechtigte, der Einspruch erhoben hat, gegen die Entscheidung über den Einspruch unmittelbar (d.h. ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens) Anfechtungsklage erheben.
26 
b) Die Klage der Klägerin zu 2 ist mangels Prozessfähigkeit und wirksamer Vertretung durch ihre beiden sorgeberechtigten Elternteile dagegen unzulässig. Die am … 1999 geborene Klägerin zu 2 ist weder prozessfähig noch kann sie durch den Kläger allein wirksam vertreten werden.
27 
Wie der Kläger zu 1 mit Schriftsatz vom 28.8.2014 im Verfahren 7 K 3576/14 mitgeteilt hat, ist er alleinerziehend, und die Klägerin zu 2 wohnt bei ihm. Das Sorgerecht steht allerdings ihm und der Mutter der Klägerin zu 2 gemeinsam zu. Die Mutter der Klägerin zu 2 hat sich an dem Klageverfahren nicht beteiligt. Die Kläger haben auch auf die gerichtliche Verfügung vom 30.6.2015 eine Erklärung der mitsorgeberechtigten Mutter über deren Einverständnis mit der Klageerhebung nicht vorgelegt.
28 
Im Verwaltungsprozess sind gemäß § 62 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 VwGO prozessfähig - die nach bürgerlichem Recht voll Geschäftsfähigen, d.h. Volljährige, sowie - die nach bürgerlichem Recht beschränkt Geschäftsfähigen (nach Vollendung des 7. Lebensjahres), soweit sie durch gesetzliche Vorschriften für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind (z.B. Minderjährige über 14 Jahre bzgl. der Teilnahme am Religionsunterricht). Darüber hinaus wird teilweise in der Rechtsprechung bei entsprechender Einsichtsfähigkeit die Prozessfähigkeit in Fällen bejaht, in denen im Verfassungsrecht die Grundrechtsmündigkeit und als Folge davon die Legitimation zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde anerkannt wird (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 26.8.1975 - V B 22.73 - zum Petitionsrecht; VG Köln, Beschluss vom 11.9.1984 - 14 K 5982/83 - zum Kriegsdienstverweigerungsrecht; jeweils juris). Ein vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor.
29 
Für prozessunfähige Minderjährige handeln gemäß § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB beide Eltern gemeinsam, es sei denn, ein Elternteil übt die elterliche Sorge allein aus oder ihm ist - bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern - die Entscheidung gemäß § 1628 BGB vom Familiengericht übertragen worden.
30 
Nach diesen Maßgaben liegt im Hinblick auf die Klage der Klägerin zu 2 weder deren Prozessfähigkeit noch ein Alleinvertretungsrecht des Klägers zu 1 vor. Die Einzelrichterin sieht keine Veranlassung, das Klageverfahren auszusetzen und dem Kläger zu 1 Gelegenheit zu geben, beim Familiengericht gemäß § 1628 BGB eine gerichtliche Entscheidung über ein Alleinvertretungsrecht für das Klageverfahren herbeizuführen, denn die Klage ist jedenfalls auch unbegründet (vgl. unter 2.).
31 
2. Die Klage sowohl des Klägers zu 1 als auch der Klägerin zu 2 sind unbegründet.
32 
Für die Geltendmachung eines „Familienwahlrechts“ fehlt dem Kläger zu 1 bereits die Aktivlegitimation, denn er macht ein Recht geltend, welches – wenn es bestünde – den Sorgeberechtigten gemeinsam zustehen würde.
33 
Darauf kommt es jedoch im Ergebnis nicht an. Der Beklagte hat die Einsprüche der Kläger gegen die Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid vom 22.5.2015 ist nicht zu beanstanden.
34 
Gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 - 3 KomWG kann gegen die Wahl binnen einer Woche nach der öffentlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses von jedem Wahlberechtigten und von jedem Bewerber Einspruch bei der Rechtsaufsichtsbehörde erhoben werden. Nach Ablauf der Einspruchsfrist können weitere Einspruchsgründe nicht mehr geltend gemacht werden. Der Einspruch eines Wahlberechtigten und eines Bewerbers, der nicht die Verletzung seiner Rechte geltend macht, ist nur zulässig, wenn ihm 1 vom 100 der Wahlberechtigten, mindestens jedoch 5 Wahlberechtigte, bei mehr als 10.000 Wahlberechtigten mindestens 100 Wahlberechtigte beitreten. Gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG ist die Wahl für ungültig zu erklären, wenn ihr Ergebnis dadurch beeinflusst werden konnte, dass wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung oder über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses unbeachtet geblieben sind.
35 
a) Der Einspruch der Klägerin zu 2 wurde schon deshalb vom Beklagten zu Recht abgewiesen, weil diese bei der Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 nicht wahlberechtigt und damit nicht einspruchsberechtigt i.S.d. § 31 KomWG war.
36 
Gemäß § 14 GemO Baden-Württemberg (GemO BW) sind „die Bürger“ im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt. Auch der Bürgermeister wird gemäß § 45 Abs. 1 GemO BW von „den Bürgern“ gewählt. Nach § 12 GemO BW ist Bürger der Gemeinde, wer Deutscher im Sinne von Art. 116 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt (Unionsbürger), das 16. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt.
37 
Die am … 1999 geborene Klägerin zu 2 war am Wahltag noch nicht 16 Jahre alt und dementsprechend nicht wahlberechtigt. Sie war daher zu Recht auch nicht in das Wahlverzeichnis des Beigeladenen zu 2 eingetragen, was förmliche Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts ist (vgl. § 5 Abs. 1 KomWG).
38 
Die Festsetzung des Mindestalters für die Ausübung des Wahlrechts auf 16 Jahre ist auch unter Berücksichtigung allgemeiner Wahlgrundsätze, insbesondere verfassungsrechtlicher Grundsätze, nicht zu beanstanden.
39 
Nach § 45 Abs. 1 S. 1 GemO BW wird der Bürgermeister von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Die Wahl des Bürgermeisters ist vom Gesetzgeber als Volkswahl ausgestaltet, obwohl nach Art. 72 Abs. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg (LV Bad.-Württ.) nur für die Volksvertretungen auf kommunaler Ebene (wie Gemeinderat und Kreistag) die Volkswahl zwingend vorgeschrieben ist.
40 
Es kann offenbleiben, ob die in § 45 Abs. 1 GemO BW für die Wahl des Bürgermeisters aufgeführten allgemeinen Wahlgrundsätze Verfassungsrang haben. Art. 72 Abs. 1 LV Bad.-Württ. schreibt nur vor, dass die kommunalen Volksvertretungen aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen sein müssen. Art. 38 GG, wonach die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden, ist auf Wahlen in den Ländern nicht, auch nicht analog, anwendbar (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschlüsse vom 16.3.2005 - 2 BvR 315/05 - und vom 9.3.2009 - 2 BvR 120/09 -; jeweils juris; zum Einfluss des Verfassungsrechts auf das einfachgesetzliche Kommunalverfassungsrecht, etwa durch die Verpflichtung auf die repräsentative Demokratie durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, vgl. etwa BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 16.3.2005, a.a.O.).
41 
Ein Verstoß gegen allgemeine Wahlgrundsätze, insbesondere ein Verstoß gegen den hier in Betracht kommenden Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl, liegt jedenfalls nicht vor.
42 
Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl untersagt den unberechtigten Ausschluss von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl. Er verbietet dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist - ebenso wie der Grundsatz der Gleichheit der Wahl - ein Anwendungsfall des Art. 3 GG. Er unterscheidet sich von dem allgemeinen Gleichheitssatz durch seinen formalen Charakter und fordert, dass jeder sein staatsbürgerliches Recht zum Wählen in formal möglichst gleicher Weise ausüben kann. Diese Formalisierung im Bereich des Wahlrechts ist allerdings nicht mit einem Verbot jeglicher Differenzierung verbunden. Begrenzungen der Allgemeinheit der Wahl sind verfassungsrechtlich zulässig, bedürfen aber eines besonderen rechtfertigenden Grundes. So ist es etwa von jeher als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen worden, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.10.1973 - 2 BvC 3/73 -, m.w.N.; juris). Wer von einer Wahlberechtigung Gebrauch macht, übernimmt damit politische Verantwortung, und zwar nicht nur für sich selbst, sondern für die Allgemeinheit. Voraussetzung für die Gewährung der Wahlberechtigung ist deshalb ein gewisser Grad an politischer Einsichtsfähigkeit. Der Ausübung des Wahlrechts durch den gesetzlichen Vertreter steht entgegen, dass das Wahlrecht ein höchst persönliches Recht ist. Die inhaltliche Wahlentscheidung lässt eine Vertretung grundsätzlich nicht zu (vgl. dazu etwa von Münch, NJW 1995, 3165 ff.).
43 
b) Der Einspruch des Klägers zu 1 wurde vom Beklagten ebenfalls zu Recht zurückgewiesen.
44 
Der Kläger zu 1 war bei der Bürgermeisterwahl vom 26.4.2015 als Bürger der Stadtkorntal-München zwar wahlberechtigt und damit gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 KomWG grundsätzlich einspruchsbefugt. Im Hinblick auf die Ausübung seines eigenen aktiven Wahlrechts sind Verstöße im Sinne des § 32 Abs. 1 KomWG aber nicht ersichtlich. Soweit der Kläger zu 1 rügt, das amtliche Wahlergebnis sei an zwei verschiedenen Tagen mit unterschiedlichen Auszählungsergebnissen veröffentlicht worden, hat er dies nicht bereits im Einspruchsverfahren, sondern erst im Klageverfahren und damit verspätet geltend gemacht (vgl. § 31 Abs. 1 S. 2 KomWG). Zudem sind diesem Einspruch keine weiteren Wahlberechtigten gemäß § 31 Abs. 1 S. 3 KomWG beigetreten. Die im Klageverfahren vorgelegte Unterschriftenliste führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Dies schon deshalb nicht, weil das Quorum als Zulässigkeitsvoraussetzung für den Einspruch im Zeitpunkt des Ablaufs der Einspruchsfrist erfüllt sein muss (vgl. Quecke/Gackenholz/Bock, Das Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 31 Rn. 41); darüber hinaus betrifft die Unterschriftenliste ein anderes Begehren. Das Quorum stellt auch keine unzulässige Einschränkung des Kreises der Einspruchsberechtigten einer Wahl dar. Das Quorum soll die Zahl der Wahleinsprüche einschränken und damit die Erlangung endgültiger Klarheit über das Schicksal der Wahl beschleunigen. Es soll verhindert werden, dass ein einzelner Wahlberechtigter durch die Geltendmachung von Wahlfehlern, die ihn in seiner eigenen Rechtsstellung nicht betreffen, den Vollzug einer demokratischen Mehrheitsentscheidung zeitlich hinauszögern kann (vgl. Quecke/Gackenholz/Bock, a.a.O., § 31 Rn. 40). Es ist darüber hinaus nicht ersichtlich, dass durch Fehler bei der Bekanntmachung das Ergebnis der Wahl i.S.d. § 32 Abs. 1 KomWG beeinflusst werden konnte. Schließlich gilt für die rechnerische Feststellung des Wahlergebnisses durch den Wahlausschuss § 32 Abs. 3 KomWG, d.h. es kann nur die Verpflichtung, das Wahlergebnis neu festzustellen, begehrt werden.
45 
Im Hinblick auf die vom Kläger zu 1 begehrte Ausübung eines „Familienwahlrechts“ liegen Rechtsverstöße, insbesondere Verstöße gegen höherrangiges Recht, ebenfalls nicht vor. Der Kläger zu 1 trägt vor, er sei insoweit in eigenen Rechten als Familienvater betroffen. Das Gericht lässt offen, ob dem Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist weitere Wahlberechtigte gemäß § 31 Abs. 1 S. 3 KomWG beizutreten hatten. Der Einspruch ist jedenfalls nicht begründet.
46 
Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg sieht für Kommunalwahlen - in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Regelungen für Wahlen auf Landes- oder Bundesebene – ein „Familienwahlrecht“, bei dem die Sorgeberechtigten zu ihren eigenen Stimmen für jedes nicht wahlberechtigte Kind eine zusätzliche Stimme erhalten, nicht vor. Es handelt sich um eine Form des sog. Pluralwahlrechts, bei dem bestimmte Personengruppen eine oder mehrere Zusatzstimmen erhalten. Ein solches „Familienwahlrecht “ ist mit dem Grundsatz der Gleichheit der Wahl unvereinbar. Das Bundesverfassungsgericht hat schon in einer seiner ersten Entscheidungen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl dahingehend ausgelegt, „dass es angesichts der in der demokratischen Grundordnung verankerten unbedingten Gleichheit aller Staatsbürger bei der Teilnahme an der Staatswillensbildung keine Wertungen geben kann, die es zulassen würden, beim Zählwert der Stimmen zu differenzieren“ (BVerfG, Urteil vom 05.04.1952 - 2 BvH 1/52 -, Rdnr. 124 ., juris; s. auch von Münch, NJW 1995, 3165 ff.).
47 
Nach alledem besteht keine Veranlassung, die Einspruchsentscheidung „bis zur höchstrichterlichen Entscheidung des Sachverhalts durch das Bundesverfassungsgericht“ aufzuheben oder „das Ergebnis der Bürgermeisterwahl unter Vorbehalt der Verfassungsmäßigkeit als vorläufig zu erklären“. Eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der Wahl kommt ebenfalls nicht in Betracht, da vom Bundesverfassungsgericht eine anderslautende Entscheidung nicht zu erwarten ist. Die Kläger haben im Verfahren auch nicht mitgeteilt, wie die von ihnen eingelegte „allgemeine Verfassungsbeschwerde zum Wahlrecht“, die offensichtlich ein Aktenzeichen aus dem sog. Allgemeinen Register trägt, vom Bundesverfassungsgericht beschieden wurde.
48 
Die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr für die Einspruchsentscheidung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Bezüglich der Rechtsgrundlage für die Gebühr wird auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen. Die Höhe der - mit 50,-- EUR gering angesetzten - Gebühr ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
49 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladenen haben keinen eigenen Sachantrag gestellt und sind daher kein Kostenrisiko eingegangen (vgl. § 154 Abs. 3 VwG0), so dass es nicht der Billigkeit entspricht, die Kläger mit ihren außergerichtlichen Kosten zu belasten.
50 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft das in Art. 10 § 3 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen vom 4. November 1971 (BGBl I S. 1745; im Folgenden: MRVG) geregelte Verbot, Grundstückskaufverträge mit Ingenieur- oder Architektenverträgen zu koppeln.

2

1. Der Beschwerdeführer ist freier Architekt. Im Ausgangsrechtsstreit begehrte er aus abgetretenem Recht einer Gesellschaft, für die er tätig geworden war, nach vorzeitiger Beendigung eines Architektenvertrags Vergütung für erbrachte Leistungen nach den Leistungsphasen 1 bis 4 gemäß § 15 Abs. 2 der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen in der bis zum 17. August 2009 geltenden Fassung sowie für nicht erbrachte Leistungen nach den Leistungsphasen 5 bis 9.

3

Das Landgericht wies seine Klage ab, weil es den zugrunde liegenden Architektenvertrag wegen Verstoßes gegen das Koppelungsverbot aus Art. 10 § 3 MRVG für nichtig hielt. Auch das Oberlandesgericht hielt den Vertrag für nichtig, gab der Klage aber in geringem Umfang statt, weil der Beschwerdeführer insoweit einen Anspruch aus Bereicherungsrecht habe. Auf die Revision des Beschwerdeführers hob der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil mit Urteil vom 25. September 2008 (veröffentlicht in BGHZ 178, 130) auf und verwies die Sache zurück an das Oberlandesgericht. In Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung führte der Bundesgerichtshof aus, dass Art. 10 § 3 MRVG nicht anzuwenden sei, wenn der Erwerber eines Grundstücks den Architekten selbst veranlasst habe, ihm dieses zu vermitteln, und gleichzeitig die Beauftragung mit der Architektenleistung in Aussicht gestellt habe. Ob dies hier der Fall gewesen sei, lasse sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen. Daraufhin verurteilte das Oberlandesgericht den Beklagten zur Zahlung einer Vergütung hinsichtlich der Leistungsphasen 1 bis 4. Insoweit könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte dem Beschwerdeführer bereits zu Beginn der Zusammenarbeit in Aussicht gestellt habe, ihn beziehungsweise die Gesellschaft, für die er tätig war, zu beauftragen. Hinsichtlich der Leistungsphasen 5 bis 9 sei der Architektenvertrag dagegen wegen Verstoßes gegen das Koppelungsverbot nichtig. Es stehe fest, dass der Beklagte dem Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt vor Abschluss des Architektenvertrags in Aussicht gestellt habe, ihn mit diesen Leistungsphasen zu beauftragen.

4

Die Revision des Beschwerdeführers gegen dieses Urteil wies der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 22. Juli 2010 (veröffentlicht in BGHZ 186, 314) zurück, wobei er insbesondere ausführte, dass das Koppelungsverbot nicht gegen das Grundgesetz verstoße.

5

2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG. Es fehle schon an einem Gemeinwohlbelang, der den Eingriff in seine Berufsausübungsfreiheit rechtfertigen könnte. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich seit Inkrafttreten des Art. 10 § 3 MRVG im Jahr 1971 geändert. Die zahlenmäßige Bedeutung von Bauland habe sich seitdem stark verringert. Wo überhaupt noch Bauland erschlossen werden könne oder zur Verfügung stehe, sei dieses in der Regel im Einflussbereich von Bauträgern, die dem Koppelungsverbot nicht unterlägen. Damit gebe es für die gesetzliche Regelung keinen über Einzelfälle hinausreichenden Anwendungsbereich mehr. Soweit das Koppelungsverbot auch dazu dienen solle, Mieter vor einer Verteuerung auf dem Wohnungsmarkt zu schützen, sei zudem zumindest heute nicht zu erkennen, dass es einen Zusammenhang zwischen Architektenbindung und Miethöhe gebe. Jedenfalls sei die Regelung nicht erforderlich. § 138 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) biete einen hinreichenden Schutz. Außerdem führe das Koppelungsverbot zu einer unangemessenen Belastung. Da die Regelung unverhältnismäßig sei, verstoße sie auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

II.

6

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte des Beschwerdeführers angezeigt.

7

1. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) rügt, ist die Verfassungsbeschwerde mangels hinreichend substantiierter Begründung unzulässig (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Insoweit reicht es nicht aus, lediglich auf die bei der Rüge einer Verletzung der Berufsfreiheit behauptete Unverhältnismäßigkeit zu verweisen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz kann zwar je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen durchaus eine strenge Bindung des Gesetzgebers an Verhältnismäßigkeitserfordernisse folgen (vgl. BVerfGE 124, 199 <219> m.w.N.), so dass es zu einer wechselseitigen Verschränkung von Gleichheits- und Freiheitsschutz kommen kann (vgl. beispielsweise BVerfGE 109, 96 <123>; 111, 10 <48, 54>; 118, 1 <27 f.>; vgl. auch Osterloh, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 3 Rn. 18 ff.). Anknüpfungspunkt für die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Zusammenhang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz muss aber gerade der Differenzierungsgrund sein (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>; 126, 29 <47 f.>). Dem wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht. Der Beschwerdeführer setzt sich auch weder mit sachlichen Gründen für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung noch mit den Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung auseinander.

8

2. Eine Verletzung der Berufsfreiheit des Beschwerdeführers ist nicht zu erkennen.

9

a) Das von den Gerichten angewandte Koppelungsverbot greift in die Freiheit der Berufsausübung des Beschwerdeführers ein, nicht jedoch in die Freiheit der Berufswahl. Es beeinträchtigt nicht den Zugang zum Beruf des Architekten, sondern betrifft lediglich die Berufsausübung. Selbst wenn ein Architekt in Erweiterung seines Berufs regelmäßig auch die Vermittlung von Grundstücken und damit verbunden das Erbringen von Architektenleistungen betreiben wollte, würde er damit nicht den Zugang zu einem anderen Beruf als dem des Architekten anstreben. Bei Tätigkeiten, die nur als Bestandteil eines umfassenderen Berufs oder als Erweiterung eines anderen Berufs ausgeübt werden und deren Regelung die eigentliche Berufstätigkeit als Grundlage der Lebensführung unberührt lässt, kann von einem selbständigen Beruf keine Rede sein (vgl. BVerfGE 68, 272 <281>; zum Beruf des Architekten vgl. auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. April 1993 - 1 BvR 738/88 -, NVwZ-RR 1994, S. 153). Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass eine sinnvolle Ausübung des Architektenberufs durch die mit dem Koppelungsverbot verbundenen Einschränkungen und wirtschaftlichen Folgen in einer Weise beeinträchtigt würde, die einer Beschränkung der Berufswahlfreiheit nahe käme (vgl. dazu BVerfGE 123, 186 <239 ff.>). Der Beschwerdeführer macht selbst geltend, dass vom Koppelungsverbot nur wenige Fälle erfasst würden.

10

b) Der Eingriff ist gerechtfertigt. Er findet in Art. 10 § 3 MRVG die nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG erforderliche gesetzliche Grundlage. Das gesetzliche Koppelungsverbot und seine Anwendung im vorliegenden Fall genügen auch materiell den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG.

11

Das Verbot dient vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls (zu diesem Maßstab vgl. BVerfGE 7, 377 <405 ff.>; 85, 248 <259>). Es soll das freie Wahlrecht eines bauwilligen Grundstückserwerbers hinsichtlich des zu beauftragenden Ingenieurs oder Architekten sichern (vgl. BTDrucks VI/1549, S. 14 f.). Der Bauwillige soll in der Lage sein, sich seinen Vertragspartner allein aufgrund der fachlichen Eignung auszusuchen. Der Wettbewerb unter den verschiedenen Ingenieuren und Architekten soll nicht dadurch "manipuliert" werden, dass ein Wettbewerber "sich einer berufsfremden Tätigkeit, die der des Maklers ähnlich ist", widmet (BTDrucks VI/1549, S. 15; vgl. auch BTDrucks VI/2421, S. 6). Hierdurch wollte der Gesetzgeber zudem mittelbar einen Schutz von Mietern vor einem Anstieg der Mietpreise aufgrund steigender Baukosten erreichen (vgl. BTDrucks VI/1549, S. 6).

12

Es kann dahinstehen, ob sich das Koppelungsverbot heute tatsächlich merkbar auf die Bau- und damit möglicherweise auch die Mietpreise auswirkt und damit geeignet ist, zu einer Begrenzung des Mietpreisanstiegs beizutragen. Jedenfalls ist es geeignet, die Auswahl eines Architekten nach fach- und leistungsbezogenen Kriterien sowie den fachlichen Wettbewerb zwischen den Architekten zu fördern. Dabei handelt es sich erkennbar um eigenständige Ziele der gesetzlichen Regelung und nicht nur um Mittel zur Begrenzung der Bau- und Mietpreise (vgl. allerdings Hesse, BauR 1985, S. 30 <33>). Die Gesetzesbegründung stellt zwar einen Zusammenhang zwischen dem Wettbewerb unter Architekten und der Höhe der Mietpreise her, begründet das Koppelungsverbot aber gleichwohl eigenständig mit Blick auf die Auswahlmöglichkeit des Bauherrn und den Wettbewerb unter den Architekten.

13

Das Koppelungsverbot ist zur Erreichung dieses Zwecks geeignet. Ein Mittel ist bereits dann geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (stRspr; vgl. BVerfGE 103, 293 <307>; 121, 317 <354>). Insoweit kommt dem Gesetzgeber ebenso wie bei der Beurteilung der Erforderlichkeit des gewählten Mittels ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 90, 145 <173>; 117, 163 <189>). Es liegt auf der Hand, dass die Freiheit eines Bauherrn, zwischen verschiedenen Ingenieuren oder Architekten nach fachlichen Kriterien zu wählen, gestärkt wird, wenn er nicht schon durch den Erwerb eines Grundstücks an einen bestimmten Vertragspartner gebunden ist.

14

Gegen die Eignung lässt sich auch nicht erfolgreich einwenden, die Regelung sei letztlich kontraproduktiv, weil sie die Wettbewerbsfähigkeit der Architekten und Ingenieure schwäche und eine Monopolstellung von Bauträgern, Generalunternehmern und Generalübernehmern bewirke (vgl. dazu Vygen, BauR 2008, S. 730 <731>). Der Gesetzgeber hat das Koppelungsverbot bewusst auf Architekten und Ingenieure beschränkt und sich dagegen entschieden, auch "Unternehmer" in den Anwendungsbereich der Norm einzubeziehen (vgl. BTDrucks VI/2421, S. 6). Deshalb versteht der Bundesgerichtshof die Vorschrift auch als "nicht leistungs-, sondern berufsstandsbezogen" (BGHZ 89, 240 <243>; BGH, Urteil vom 18. März 1993 - VII ZR 176/92 -, NJW 1993, S. 2240; vgl. auch BGHZ 70, 55 <59 f.>; Christiansen-Geiss, Voraussetzungen und Folgen des Koppelungsverbotes Art. 10 § 3 MRVG, 2009, S. 103 ff.). Entscheidet sich ein Bauherr für die Beauftragung eines "freien" Architekten, dann sollen bei der Planung und Durchführung des von ihm gewünschten Bauwerks seine Interessen im Vordergrund stehen; der Architekt soll insoweit eine Sachwalterfunktion wahrnehmen (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. April 1993 - 1 BvR 738/88 -, a.a.O., S. 153). Insoweit unterscheidet sich die Situation typischerweise von derjenigen beim Vertragsschluss namentlich mit einem gewerblichen Bauträger. Bei dessen Tätigkeiten geht es, wie der Bundesgerichtshof im angegriffenen Urteil hervorgehoben hat, um ein "Gesamtpaket", bei dem mit der Grundstücksbeschaffung und der kompletten Erstellung eines Bauwerkes andere Leistungen im Vordergrund stehen (vgl. auch Doerry, in: Prütting, Festschrift für Gottfried Baumgärtel zum 70. Geburtstag, 1990, S. 41 <52>).

15

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass der Gesetzgeber, dem auch insoweit ein Einschätzungsspielraum zusteht, die Überprüfung von Koppelungsgeschäften am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB nicht als in jeder Hinsicht gleich wirksames Mittel angesehen hat. Bis zum Inkrafttreten des Art. 10 § 3 MRVG waren vergleichbare Bindungsvereinbarungen an Architekten zwar als standeswidrig, aber nur unter engen Voraussetzungen als nichtig gemäß § 138 BGB angesehen worden. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs sollte allein der Umstand, dass "ein Baulustiger, wenn er ein Grundstück erwerben und bebauen will, in der Wahl des Architekten nicht mehr völlig frei ist", unschädlich sein (vgl. BGHZ 60, 28 <33>; vgl. dazu Christiansen-Geiss, a.a.O., S. 33 ff.). Angesichts dessen durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass allein durch § 138 Abs. 1 BGB die Wahlfreiheit des Bauwilligen nicht hinreichend geschützt würde.

16

Es lässt sich schließlich nicht feststellen, dass das Koppelungsverbot unverhältnismäßig im engeren Sinne wäre. Der Begründung der Verfassungsbeschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass sich das Verbot über den vorliegenden Einzelfall hinaus auf die Berufstätigkeit des Beschwerdeführers auswirken würde. Das Vorbringen, es gebe für das Verbot kaum noch einen praktischen Anwendungsbereich, deutet im Gegenteil darauf hin, dass die von ihm ausgehenden Beeinträchtigungen insgesamt eher gering sind. Vor allem aber lassen Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Art. 10 § 3 MRVG den Fachgerichten genügend Raum, bei der Anwendung und Auslegung der Norm die Interessen der betroffenen Ingenieure und Architekten in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise zu berücksichtigen. Das zeigt die erste Revisionsentscheidung im zugrunde liegenden Verfahren, mit der der Bundesgerichtshof in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung den Anwendungsbereich des Verbots mit Rücksicht auf die Berufsfreiheit der Architekten erheblich eingeschränkt hat.

17

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist, wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Eine Ehe darf nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden. Mit einer Person, die das 16. Lebensjahr nicht vollendet hat, kann eine Ehe nicht wirksam eingegangen werden.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Geschäftsunfähig ist:

1.
wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
2.
wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

(1) Wer wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, verliert für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen.

(2) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren die in Absatz 1 bezeichneten Fähigkeiten aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.

(3) Mit dem Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat.

(4) Mit dem Verlust der Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt.

(5) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.

(1) Wer als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für dieses Mitglied oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass es bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse.

(3) Den in den Absätzen 1 und 2 genannten Mitgliedern gleich stehen Mitglieder

1.
einer Volksvertretung einer kommunalen Gebietskörperschaft,
2.
eines in unmittelbarer und allgemeiner Wahl gewählten Gremiums einer für ein Teilgebiet eines Landes oder einer kommunalen Gebietskörperschaft gebildeten Verwaltungseinheit,
3.
der Bundesversammlung,
4.
des Europäischen Parlaments,
5.
einer parlamentarischen Versammlung einer internationalen Organisation und
6.
eines Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates.

(4) Ein ungerechtfertigter Vorteil liegt insbesondere nicht vor, wenn die Annahme des Vorteils im Einklang mit den für die Rechtsstellung des Mitglieds maßgeblichen Vorschriften steht. Keinen ungerechtfertigten Vorteil stellen dar

1.
ein politisches Mandat oder eine politische Funktion sowie
2.
eine nach dem Parteiengesetz oder entsprechenden Gesetzen zulässige Spende.

(5) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen.

(1) Auf Unfähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen oder in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, darf nicht erkannt werden. Die Bekanntgabe der Verurteilung darf nicht angeordnet werden.

(2) Der Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen (§ 45 Abs. 1 des Strafgesetzbuches), tritt nicht ein.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.