Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Feb. 2018 - 1 S 1468/17

bei uns veröffentlicht am13.02.2018

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. September 2014 - 1 K 1879/13 - teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die von der Beklagten am 13. April 2013 in Freiburg durchgeführte Identitätsfeststellung des Klägers, die Anwendung unmittelbaren Zwangs, der Datenabgleich und die Durchsuchung seines Rucksacks rechtswidrig waren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen in beiden Rechtszügen der Kläger jeweils zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen eine polizeiliche Personenkontrolle.
Der xxx geborene Kläger wohnte xxx als Student der Rechtswissenschaft in Freiburg. Er betrat am Abend des 13.04.2013 das Untergeschoss des Freiburger Hauptbahnhofs (sog. Basement) mit einem schwarzen, voll bepackten Rucksack. Dort wurde er gegen 19.55 Uhr von zwei uniformierten Beamten der Bundespolizei, Polizeiobermeister (POM) xxx und POM’in xxx, angesprochen. POM xxx schilderte den Vorfall wie folgt (Stellungnahme vom 18.04.2013, S. 1 f. = Bl. 5 f. d. Verw.-Akte):
„[Der Kläger] wurde durch POM xxx mit den Worten „Guten Tag, Bundespolizei, Personenkontrolle, Ihren Ausweis bitte“ angesprochen. [Der Kläger] wollte von den Beamten sofort eine schriftliche Bescheinigung über die durchgeführte Kontrolle. POM xxx teilte ihm mit, dass es eine solche Bescheinigung vor Ort nicht gäbe. Daraufhin sprach der [Kläger] vorbeilaufende Passanten an, welche er als unabhängige Zeugen in Anspruch nehmen wollte. Diese Leute gingen jedoch zügig weiter, da der [Kläger] hysterisch und laut auf die Leute einwirkte.
Dem [Kläger] wurde nach dessen Aufforderung der Grund der Maßnahme (hier: verdachtsunabhängige Kontrolle) mitgeteilt, was ihn nicht beruhigte. Er verlangte lautstark nach einer Bescheinigung und den Namen der Beamten. Außerdem hielt er den Beamten vor, dass es sich hier um eine Freiheitsberaubung handelt und die Polizei nicht willkürlich Kontrollen durchführen darf. Der Name wurde dem [Kläger] anstandslos angegeben.
Aufgrund des Verhaltens des [Klägers] gegenüber den Beamten wurde durch POMin xxx eine weitere Streife zur Unterstützung angefordert. Der [Kläger] weigerte sich auch nach mehrmaliger Aufforderung, sich auszuweisen. Ihm wurde erklärt, dass die Identitätsfeststellung auch auf der Dienststelle vorgenommen werden kann, wenn es vor Ort nicht möglich sei. Der [Kläger] schrie weiterhin auf den Beamten ein, er verlangte nun sofort eine Bescheinigung.
POM xxx forderte [den Kläger] nun auf, den Beamten zur Dienststelle zu folgen. Gleichzeitig wurde ihm der unmittelbare Zwang angedroht, falls er der Maßnahme nicht Folge leisten würde. Nochmals wurde dem [Kläger] vermittelt, dass eine Mitnahme zur Dienststelle unumgänglich sei, würde er sich nicht ausweisen. Da der [Kläger] weiterhin uneinsichtig blieb und der Aufforderung zur Dienststelle mitzugehen nicht Folge leistete, wurde versucht, ihn durch Führen am Arm zur Dienststelle zu bewegen.
In diesem Moment wies sich der [Kläger] gegenüber POMin xxx ordnungsgemäß aus.
Kurz darauf erschien die Streife POK xxx / POMin xxx am Ereignisort, danach außerdem die Streife POM xxx / PHMin xxx.
Durch die Beamten wurde der [Kläger] aufgefordert, seine Hände aus Eigensicherungsgründen aus den Hosentaschen zu nehmen. Während der gesamten Kontrollzeit musste diese Aufforderung mehrmals durch die Beamten wiederholt werden, da er immer wieder seine Hände in die Taschen steckte und sich sehr nahe den Beamten näherte. In Folge dessen wurde der [Kläger] durch den nun wortführenden Beamten POK xxx aufgefordert, seine Hosentaschen zu leeren.
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POM xxx durchsuchte den mitgeführten Rucksack.
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Nach Abschluss der Identitätsfeststellung wurde der Ausweis des [Klägers] zurückgegeben und die Kontrolle für beendet erklärt.
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POK xxx erörterte dem [Kläger] im Anschluss daran die Option der Beschwerde und händigte ihm eine Visitenkarte aus.
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Die Streife POMin xxx / POM xxx verließ nun die Örtlichkeit.
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Die polizeilichen Maßnahmen vor Ort dauerten ca. 10 Minuten.“
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Einen Tag nach dem Vorfall, am 14.04.2013, erschien der Kläger gegen 22.45 Uhr im Bundespolizeirevier Freiburg. Er erhob u.a. Beschwerde gegen die Kontrolle vom Vortag, äußerte den Verdacht einer Nötigung oder Körperverletzung im Amt und schilderte den Ablauf der Kontrolle wie folgt (Niederschrift vom 14.04.2013, S. ff. = Bl. 2 ff. d. Verw.-Akte):
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„Auf Nachfrage nach dem rechtlichen Grund wurde vom Beamten xxx eröffnet, dass im 30-Kilometerbereich der Grenze verdachtsunabhängige Personenkontrollen durchgeführt werden dürfen.
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Ich fragte, ob die Beamten sich ausweisen können und ob sie zur Rechtmäßigkeitsüberprüfung der Maßnahme mir eine Bescheinigung ausstellen können. Daraufhin wurde mir eröffnet, die Unterhaltung auch auf der Dienststelle fortführen zu können.
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Ich wurde, ohne mich weiter zu Wort kommen zu lassen, von dem Beamten angegangen.
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Ich wurde mit der Stimme lauter und versuchte das umliegende Publikum so anzusprechen, dass die Maßnahme von Zeugen beobachtet werden konnte.
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Der Kollege äußerte im schnellen Ablauf die Androhung unmittelbaren Zwanges, ohne mir Gelegenheit zu geben, mich zu äußern und packte mich im festen Griff am rechten Oberarm.
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Ich zeigte im folgenden meinen Ausweis, dieser wurde nach hinten zu einer weiteren Kollegin gereicht und ein Datenabgleich vorgenommen.
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Zwischenzeitlich trafen weitere Kollegen ein.
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Insbesondere kam Herr xxx an den Ort der Maßnahme.
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Herr xxx gab mir zu verstehen, ich solle den Ausweis aushändigen. Die Kollegen verwiesen auf die Kollegin, die bereits den Datenabgleich durchführte. Mir wurde durch die kontrollierenden Beamten nicht bekannt gegeben, zu welchem Zweck der Datenabgleich stattfand. Danach nahm Herr xxx eine Position im Hintergrund des Geschehens ein. Mittlerweile zog sich der Kollege xxx Handschuhe an. In dieser Phase meldete sich eine Kollegin im Hintergrund mit den Worten „negativ“, in diesem Moment drehte sich Herr xxx zu der Kollegin um und diese wiederholte, dass der Datenabgleich negativ sei.
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Herr xxx nahm dann die Durchsuchung meines mitgeführten Rucksacks vor. Es wurde nicht bekannt gegeben, warum eine Durchsuchung des Rucksacks vorgenommen wurde. Dabei wurden die beiden vorderen Reißverschlusstaschen zuerst durchgeschaut. In der zweiten der beiden Taschen befand sich ein Buch, dessen Titel Herr xxx mit den Worten kommentierte: „So, so, der Schiedsrichterstaat“. Diese Äußerung war für den Publikumsverkehr in der Tonstärke wahrnehmbar. Weiter wurde das Hauptfach kontrolliert. Insbesondere inspizierte Herr xxx 3 Bücher, deren Titel er wahrnahm(,) und (er) schaute zudem auf einen englischsprachigen Aufsatz.
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Herr xxx kommentierte wiederum die Literatur. Während der Durchsuchung des Rucksacks war ich deutlich angespannt, das Zittern meiner Beine war für die Beamten deutlich erkennbar. Eine Streifenpartnerin von Herrn xxx redete mit mir in einer beruhigenden Art und Weise. Sie fragte z.B., „ob das meine erste Polizeikontrolle sei“, was ich bejahte. Sie äußerte weiter, dass sie auch nur ihre Arbeit machten und am Abend sicher zu ihren Familien zurückkehren möchten. Während des Gesprächs schwankte ich unsicher und wurde ab und zu gebeten, etwas zurückzutreten. Gleichfalls fasste ich reflexartig an die Hosentaschen, wobei ich stets mit lauter Stimme aufgefordert wurde, die Hände aus den Taschen hoch zu nehmen. Ich fasste mehrmals an meine Taschen. Die Aufforderung wurde wiederholt.
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Ich verstand nicht, warum von den Taschen eine Gefahr ausging, zumal ich den Inhalt der linken Tasche zur Vorlage des Ausweises bereits vorgezeigt habe.
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Als Herr xxx die Durchsuchung des Rucksacks beendete, wandte er sich und ging dazu über, den Inhalt der Taschen vorzeigen zu lassen. Zuerst die linke Tasche. Ich wies darauf hin, dass ein Geldbeutel darin sei. Dann die rechte Tasche. Zuerst zeigte ich mein Handy. Auf Nachfrage was noch spitzes in der Tasche sei, zeigte ich meinen Schlüsselbund.
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Ich wurde nicht aufgefordert, zuerst die Dinge explizit zu benennen. Herr xxx fragte, ob ich ein Messer mit mir führe. Ich verneinte.
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Auch vor der angeordneten Hosentaschenkontrolle wurde ich nicht über den Zweck der Maßnahme belehrt.
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Danach verlangte ich eine Bescheinigung über die durchgeführten Maßnahmen. Diese wurde abgelehnt.
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Auf Vorhalt, den Vorgang rechtlich überprüfen zu lassen, fragte ich weiter nach einem Namen der durchführenden Personen. Eine Ausweisung wurde zunächst nicht vorgenommen, auf weiteres Nachfragen äußerte der Beamte xxx mit lauter Stimme sinngemäß: „xxx mein Name, Bundespolizei“.
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Im Anschluss folgte noch der Satz: „Können Sie sich das merken?"
34 
Ich verlangte weiterhin eine Bescheinigung, um den Vorfall dokumentieren zu können.
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Herr xxx gab mir dann eine Visitenkarte mit seinem Namen und der Adresse der Dienststelle, mit dem Hinweis, dort könne man sich beschweren. Es war nicht klar, ob die auf der Visitenkarte benannte Person ein Beteiligter der Maßnahme ist. Es hätte auch ein Vorgesetzter sein können.“
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Mit Schreiben vom 22.04.2013 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Personenkontrolle und die „Verweigerung der Ausstellung der Bescheinigung“ über die Durchsuchung des Rucksacks.
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Unter Bezugnahme auf die vom Kläger erhobene Beschwerde führte die Beklagte nach Einholung der Stellungnahme von POM xxx und einer ergänzenden Stellungnahme des Gruppenleiters POK xxx (Bl. 7 f. d. Verw.-Akte) mit Schreiben der Bundespolizeidirektion Stuttgart vom 29.05.2013 aus, sowohl die Identitätsfeststellung als auch die Durchsuchung seiner Person und der mitgeführten Sachen seien rechtlich nicht zu beanstanden. Einzig die gewünschte Bescheinigung über die Durchsuchung hätte der Kläger erhalten müssen. Dazu werde ihm als Anlage das Durchsuchungsprotokoll übermittelt, womit der Fehler hoffentlich geheilt sei.
38 
Am 17.05.2013 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben. Dieses hat sich mit Beschluss vom 03.06.2013 - 4 K 896/13 - für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen. Eine dagegen vom Kläger erhobene Verfassungsbeschwerde (xxx) hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen.
39 
Mit Urteil vom 25.09.2014 - 1 K 1879/13 - hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage mit dem Antrag festzustellen, dass die von der Beklagten am 13.04.2013 durchgeführte Identitätsfeststellung, die Anwendung unmittelbaren Zwangs, der Datenabgleich, die Durchsuchung der Hosentaschen und die Durchsuchung des Rucksacks rechtswidrig waren, abgewiesen.
40 
Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die verdachtsunabhängig durchgeführte Identitätskontrolle des Klägers finde ihre Rechtsgrundlage in § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG. Danach könne die Bundespolizei die Identität einer Person feststellen im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BPolG. Nach § 12 Abs. 1 BPolG nehme die Bundespolizei die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 StGB) bestehe, das (u.a.) gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 BPolG gerichtet sei (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 BPolG). Nach § 2 Abs. 1 BPolG obliege der Bundespolizei grundsätzlich der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BPolG umfasse der Grenzschutz im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigten. Nach § 23 Abs. 3 BPolG könne die Bundespolizei zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen, insbesondere den Betroffenen anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, dass er Ausweispapiere zur Prüfung aushändige. Europarechtliche und verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit dieser Vorschriften bestünden nicht. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Durchführung der Identitätskontrolle des Klägers hätten vorgelegen. Der Auftrag der Beamten der Bundespolizei habe am 13.04.2013 bei der Aufgabenwahrnehmung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BPolG gelegen, d.h. der Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigten. Gefahren, die der Sicherheit der Grenze drohten, seien vielfältiger Art. Sie umfassten u.a. die Verhütung grenzbezogener Kriminalität, u.a. Schleuserkriminalität, Verstöße gegen Verbringungsverbote oder das Passgesetz, Aufenthaltsgesetz etc. Es kämen u.a. Personen als Adressaten der Identitätskontrolle in Betracht, die in Beziehung zu den Gegebenheiten stünden, die den Grenzraum hervorhöben. Eine konkrete Gefahr sei nicht erforderlich. Die Durchführung der Identitätskontrolle sei verdachtsunabhängig möglich. Die Kontrolle des Klägers im Vorfeld konkreter Gefahren zur Verhinderung und vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten sei auch verhältnismäßig gewesen.
41 
Auch die Anwendung unmittelbaren Zwangs (durch das Festhalten des Oberarms) sei rechtmäßig gewesen. Die Maßnahme finde ihre Rechtsgrundlage in in § 6 Abs. 1 und 2, § 12 VwVG i.V.m. §§ 1 bis 4 UZwG. Diese Vorschriften verstießen nicht gegen höherrangiges Recht. Ihre Voraussetzungen seien erfüllt gewesen. Ein auf die Vornahme einer Handlung gerichteter Verwaltungsakt (§ 6 Abs. 1 VwVG) habe in der im Rahmen der Identitätsfeststellung verlangten Aushändigung des Ausweises gelegen. Die Androhung unmittelbaren Zwangs sei nicht zu beanstanden. Dass der Kläger keine Gelegenheit gehabt habe zu reagieren, sei nicht ersichtlich. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs - die Führung am Arm, die sofort beendet worden sei, als der Kläger seinen Ausweis herausgegeben habe - sei verhältnismäßig gewesen.
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Der nach Vorlage des Ausweises durchgeführte Datenabgleich sei ebenfalls rechtmäßig gewesen. Rechtsgrundlage sei § 34 Abs. 1 Satz 2 BPolG. Danach könne die Bundespolizei im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erlangte personenbezogene Daten mit dem Fahndungsbestand abgleichen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift bestünden nicht.
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Die gegen die Offenlegung des Inhalts der Hosentaschen gerichtete Klage betreffe eine Durchsuchung der Person des Klägers. Diese finde ihre Rechtfertigung in § 43 Abs. 3 BPolG. Danach könne die Bundespolizei eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden solle, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz (u.a.) des Beamten der Bundespolizei erforderlich sei. Diese Voraussetzungen hätten vorgelegen. Der Kläger habe während der Identitätsfeststellung mehrfach seine Hände bzw. Daumen in seine Hosentaschen gesteckt und sich den Beamten genähert, obwohl er aufgefordert worden sei, dies zu unterlassen. Diese aus Eigensicherungsgründen der Polizeibeamten erfolgte Anordnung habe mehrmals wiederholt werden müssen. Es begegne keinen rechtlichen Bedenken, dass sich die Polizeibeamten veranlasst gesehen hätten, den Kläger aufzufordern, den Inhalt seiner Hosentaschen darzulegen.
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Die Durchsuchung des Rucksacks sei ebenfalls rechtmäßig. Sie finde ihre Rechtsgrundlage in § 44 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 4 BPolG und § 44 Abs. 1 Nr. 1 BPolG. Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 BPolG könne die Bundespolizei im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BPolG durchsuchen. Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BPolG könne die Bundespolizei in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 BPolG eine Sache durchsuchen, wenn sie von einer Person mitgeführt werde, die nach § 43 BPolG durchsucht werden könne. Diese Vorschriften seien weder europarechts- noch verfassungswidrig. Die Voraussetzungen dieser Bestimmungen hätten vorgelegen. Die Durchsuchung sei angeordnet worden, weil nach polizeilichen Erfahrungswerten der sehr nervöse Kläger den Eindruck vermittelt habe, möglicherweise gegen Verbringungsverbote zu verstoßen. Im Hinblick auf seine Nervosität und Gereiztheit bzw. Reizbarkeit während der Identitätsfeststellung und sein ungewöhnlich unkooperatives Verhalten hätten die Polizeibeamten auf den Versuch der Ablenkung auf Nebensächliches und der Verhinderung einer tiefergehenden Kontrolle schließen können sowie darauf, dass der Kläger etwas zu verbergen haben könnte, das mit Kriminalität i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BPolG in Zusammenhang stehe. Die Durchsuchung des Klägers sei nach § 43 BPolG erfolgt, so dass auch die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BPolG gegeben seien. Dass der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, den Durchsuchungsvorgang zu verfolgen und ein Zeuge habe hinzugezogen werden müssen (§ 44 Abs. 4 BPolG), sei nicht zu erkennen. Dies zeige sich für das Gericht insbesondere daran, dass der Kläger zur Schilderung des Sachverhalts der Durchsuchung in der Lage gewesen sei.
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Gegen dieses Urteil hat der Senat auf Antrag des Klägers mit Beschluss vom 18.09.2015 - 1 S 2144/14 - die Berufung zugelassen, das Verfahren mit Beschluss vom 07.04.2016 - 1 S 1944/15 - bis zur Entscheidung über das Vorabentscheidungsverfahren C-9/16 beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ausgesetzt und nach der Entscheidung des EuGH vom 21.06.2017 - C-9/16 - wiederaufgenommen.
46 
Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger geltend, der als Rechtsgrundlage für die Identitätskontrolle genannte § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG und der für die Durchsuchung des Rucksacks genannte § 44 Abs. 2 BPolG seien unionsrechtswidrig. Die Vorschrift verstießen gegen Art. 67 Abs. 2 AEUV und Art. 20 und 21 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.03.2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (ABl. L 105 vom 13.04.2006, S. 1 - Schengener Grenzkodex). Nach diesen Vorschriften dürfe die Ausübung polizeilicher Befugnisse nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen haben. Das Vorliegen einer gleichen Wirkung werde nach der Rechtsprechung des EuGH indiziert, wenn eine nationale Vorschrift (auf den Grenzraum bezogene) Sonderregeln für ihren Geltungsbereich enthalte. Das sei bei den §§ 23, 44 BPolG durch die „30-km-Grenzklausel“ der Fall. Diese Klausel sei nach ihrem Wortlaut („zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet“) gerade darauf angelegt, die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen zu haben. In einem solchen Fall sei es nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlich, dass durch „genaue Regelungen und Einschränkungen“ u.a. sichergestellt werde, dass die praktische Ausübung der den Mitgliedstaaten zustehenden polizeilichen Befugnisse so eingegrenzt werde, dass eine gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen vermieden werde. An solchen Regelungen fehle es im nationalen deutschen Recht. Die Beklagte könne auch nicht auf Verwaltungsvorschriften verweisen. Die unionsrechtlich gebotene „genaue Regelung und Einschränkung“ müsse auf Gesetzesebene erfolgen. Die von der Beklagten in Bezug genommenen innerdienstlichen Vorgaben seien unabhängig davon weder formell noch inhaltlich dazu geeignet, die unionsrechtlichen Vorgaben zu erfüllen. Außerdem seien selbst die dort genannten Voraussetzungen für eine Kontrolle im Grenzraum in seinem (des Klägers) Fall nicht erfüllt gewesen.
47 
Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger weiter vor, die Personenkontrolle vom 13.04.2013 sei auch mit nationalem Recht unvereinbar gewesen. Die einfachgesetzlichen Rechtsgrundlagen aus dem Polizeigesetz seien jedenfalls teilweise verfassungswidrig, die einzelnen Maßnahmen teils formell und durchweg materiell rechtswidrig. Die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen seien nicht erfüllt gewesen und die Polizeibeamten hätten ermessensfehlerhaft gehandelt. All dies habe das örtlich unzuständige Verwaltungsgericht, das einen teils unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt habe, einseitig der Sachverhaltsdarstellung der Beklagten gefolgt sei und das u.a. gegen seine Rechte auf effektiven Rechtsschutz und rechtliches Gehör verstoßen sowie ein mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbares Urteil gefällt habe, ebenso verkannt wie die Beklagte, die mit ihren Ausführungen im Gerichtsverfahren die Grenzen zulässiger Rechtsverteidigung zu Lasten seines (des Klägers) sozialen Geltungsanspruchs überschritten habe. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens des Klägers wird insbesondere auf S. 4-16 und 23-188 der Berufungsbegründung vom 12.11.2015 sowie die ergänzenden Schriftsätze des Klägers verwiesen.
48 
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.09.2014 - 1 K 1879/13 - zu ändern und festzustellen, dass die von der Beklagten am 13.04.2013 in Freiburg durchgeführte Identitätsfeststellung des Klägers, die Anwendung unmittelbaren Zwangs, der Datenabgleich, die Durchsuchung der Hosentaschen und die Durchsuchung des Rucksacks rechtswidrig waren.
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Die Beklagte beantragt,
51 
die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, die Identitätsfeststellung sei rechtmäßig gewesen. § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG sei insbesondere unionsrechtskonform. Der EuGH verlange einen Rechtsrahmen, der gewährleiste, dass die praktische Ausübung der Befugnis zur Durchführung von Identitätskontrollen nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen haben könne. Die vom EuGH geforderten Konkretisierungen und Einschränkungen müssten nicht notwendigerweise gesetzlicher Natur und erst recht nicht in § 23 BPolG selbst statuiert sein. Vielmehr kämen hierfür auch Verwaltungsvorschriften in Betracht. Im maßgeblichen Zeitpunkt der hier streitbefangenen Kontrolle vom 13.04.2013 sei eine ausreichende Lenkung der Intensität, Häufigkeit und Selektivität der Kontrollen durch die „BRAS 120“ („BRAS“ bedeutet „Bestimmungen, Richtlinie, Anweisungen, Kataloge, Nachschlagewerk“), Band I, Abschnitt II, mit den darin enthaltenen Angaben zur grenzpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung („Best Grepo“) mit dem damaligen Stand vom 01.03.2008 bewirkt worden. Bei den „BRAS 120“ handele es sich um Verwaltungsvorschriften. Darin werde klargestellt, dass es unzulässig sei, an den Binnengrenzen Personenkontrollen unabhängig von jedem Anlass ausschließlich aufgrund eines vorangegangenen Grenzübertritts vorzunehmen. Außerdem seien darin nähere, den Vorgaben des EuGH genügende Vorgaben für Maßnahmen der Bundespolizei zur Bekämpfung der illegalen Zuwanderung im Binnengrenzraum enthalten. Dort werde u.a. klargestellt, dass Kontrollen nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG nur „im Einzel- bzw. Ausnahmefall“ in Betracht kämen und das Vorliegen „hinreichender Anhaltspunkte für eine illegale Einreise oder eine Schleusung“ voraussetzten. Die Verwaltungsvorschrift präzisiere darüber hinaus, wann solche Anhaltspunkte vorlägen. Die von § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG erlaubten Identitätsfeststellungen beruhten daher auf Lageerkenntnissen und/oder polizeilichen Erfahrungen und hingen zudem auch vom Verhalten der betroffenen Person bzw. sonstigen Umständen ab, aus denen sich die Gefahr einer Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung ergebe. Praktische Erfahrungen belegten zudem, dass die Vorgaben der „BRAS 120“ tatsächlich wirksam gewesen seien und nicht unter Rückgriff auf § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG unzulässige systematische Personenkontrollen durchgeführt würden. Die dort vorgesehenen Kontrollen würden in der Praxis lediglich stichprobenartig und in einer Art und Weise durchgeführt, die sich eindeutig von systematischen Personenkontrollen an den Außengrenzen unterschieden.
53 
Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Identitätskontrolle des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG hätten am 13.04.2013 auch unter Berücksichtigung der „BRAS 120“ vorgelegen. Damals habe ein besonderes Lagebild für den Freiburger Hauptbahnhof vorgelegen, in dem u.a. konstatiert worden sei, dass der Bahnhof aufgrund seiner Lage und Verbindungsmöglichkeiten von und nach Frankreich und in die Schweiz geradezu eine Drehscheibe für unerlaubte Migration gewesen sei. Wegen der Einzelheiten werde auf das Dokument „Bundespolizeiinspektion Weil am Rhein, Lagebild ‚HBF Freiburg‘, Stand 01.08.2013“ (Anlage B2 = Bl. 973 ff. d. VGH-Akte) verwiesen. Die dort durchgeführten Identitätskontrollen einschließlich derjenigen des Klägers beruhten hiernach auf Erkenntnissen über in der Vergangenheit bereits tatsächlich erfolgte und auch künftig zu erwartende unerlaubte Einreisen und Schleusungen. Schon dadurch unterschieden sie sich von systematischen Grenzkontrollen. Dass sich die Beamten spontan entschlossen hätten, die Identität des Klägers festzustellen, habe darauf beruht, dass er einen voll bepackten Rucksack mit sich geführt habe, der auf eine bevorstehende Reiseabsicht in Grenznähe habe schließen lassen, womit jedenfalls die Möglichkeit gegeben gewesen sei, dass er über die Grenze kommend unerlaubt eingereist sei. § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG stehe auch mit deutschem Verfassungsrecht in Einklang, sei insbesondere verhältnismäßig. Die Identitätsfeststellung sei auch im Übrigen fehlerfrei durchgeführt worden. Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren vortrage, er habe den Beamten seinen Universitätsausweis vorgezeigt, könne dieser Vortrag nicht mehr verifiziert werden, er sei aber auch unerheblich, weil es sich nicht um ein amtliches Ausweisdokument handele.
54 
Rechtmäßig seien auch die übrigen im Zusammenhang mit der Identitätskontrolle durchgeführten Maßnahmen gewesen. Die Voraussetzungen für die Anwendung des unmittelbaren Zwangs hätten vorgelegen. Das gelte selbst dann, wenn man annehme, die Kontrolle nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG und das Verlangen nach dem Ausweis seien rechtswidrig gewesen, weil diese Maßnahmen sofort vollziehbar gewesen seien und es für ihre Vollstreckung nicht auf die Rechtmäßigkeit ankomme. Auch der Datenabgleich sei rechtmäßig erfolgt. Insbesondere sei § 34 Abs. 1 Satz 2 BPolG verfassungsgemäß. Der in der Literatur teils erhobene Vorwurf der Unbestimmtheit der Norm sei nicht berechtigt, da die Norm auslegbar sei. Auch Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit des mit einem Abgleich verbundenen Eingriffs bestünden nicht. Im Ergebnis zutreffend habe das Verwaltungsgericht auch entschieden, dass die an den Kläger ergangene Aufforderung, den Inhalt seiner Hosentaschen offenzulegen, rechtmäßig gewesen sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe es sich allerdings nicht um eine „Durchsuchung der Person“ im Sinne des § 43 Abs. 3 BPolG gehandelt, da die Beamten den Kläger weder abgetastet noch selbst in seine Hosentaschen gegriffen hätten. Sie hätten lediglich die nach Aufforderung von ihm selbst hervorgeholten Gegenstände untersucht, was eine „Durchsuchung von Sachen“ im Sinne des § 44 BPolG gewesen sei, die rechtmäßig erfolgt sei. Unabhängig davon hätten aber selbst die Voraussetzungen für eine Durchsuchung der Person zum Zwecke der Eigensicherung nach § 43 Abs. 3 BPolG vorgelegen. Dies gelte unabhängig davon, ob die Identitätsfeststellung nach § 23 BPolG selbst rechtmäßig erfolgt sei, weil es darauf im Rahmen des § 43 BPolG nicht ankomme, der nur darauf abstelle, dass eine Identitätsfeststellung erfolgen „soll“. Rechtmäßig sei schließlich auch die Durchsuchung des Rucksacks gewesen, die sowohl nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BPolG als auch unabhängig davon nach § 44 Abs. 2 i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BPolG zulässig gewesen sei. Sofern für die zweite Rechtsgrundlage eine erhöhte abstrakte Gefahr gefordert werde, habe diese bei dem ungewöhnlich nervös wirkenden Kläger vorgelegen. Unerheblich sei, dass dem Kläger die nach § 44 Abs. 4 BPolG erforderliche Bescheinigung erst nachträglich ausgehändigt worden sei. Die Hinzuziehung von Zeugen zur Durchsuchung sei nicht erforderlich gewesen.
55 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
56 
Die Berufung ist zulässig (-A.-) und zum Teil begründet (-B.-).
57 
A. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere entspricht die vom Kläger eingereichte Berufungsbegründungsschrift vom 12.11.2015 inhaltlich noch den gesetzlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Zwar hat der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 12.11.2015 in erheblichem Umfang der Sache nach Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt, obwohl der Senat zuvor bereits die Berufung gegen sein Urteil zugelassen hatte. Der Schriftsatz genügt aber dessen ungeachtet noch den Anforderungen an eine Berufungsbegründung. Die Begründung der Berufung muss erkennen lassen, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen dieses Urteil nach Ansicht der Berufungskläger unrichtig sein soll und geändert werden muss. Hierfür muss der Berufungskläger zumindest eine bestimmte tatsächliche Feststellung, eine rechtliche Sachverhaltswürdigung oder eine allgemeine Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die dessen Urteil tragen, angreifen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 17.12.2015 - 6 B 24/15 - juris; Senat, Urt. v. 21.07.2017 - 1 S 1240/16 - juris). Die Ausführungen des Klägers zu den Zulassungsgründen des § 124 Abs. 2 VwGO, insbesondere zu den sinngemäß als grundsätzlich bedeutsam angesehenen Rechtsfragen und zu den angeblichen Verfahrensfehlern des Verwaltungsgerichts lassen zwar nicht immer erkennen, aus welchen Gründen das Urteil des Verwaltungsgerichts im Sinne des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO zu ändern sein soll. Jedoch ist bei zusammenschauender Betrachtung des Klägervorbringens insgesamt noch hinreichend dargelegt, weshalb aus seiner Sicht das angegriffene Urteil unrichtig und in der Sache anders zu entscheiden sein soll.
58 
B. Die Berufung ist auch teilweise begründet.
59 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage teilweise zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen als Fortsetzsetzungsfeststellungs- bzw. Feststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Klage ist auch teilweise begründet. Denn die vom Kläger angefochtenen Maßnahmen waren zum Teil rechtswidrig und verletzten ihn insoweit in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Rechtswidrig waren die Identitätsfeststellung (-I.-), die Anwendung unmittelbaren Zwangs durch das Festhalten am Oberarm (-II.-), der Datenabgleich (-III.-) sowie die Durchsuchung des Rucksacks (-IV.-). Rechtmäßig war hingegen die Aufforderung, den Inhalt der Hosentaschen vorzuzeigen einschließlich der anschließenden Betrachtung der vorgezeigten Gegenstände (-V.-); insoweit ist die Klage unbegründet.
60 
I. Die am 13.04.2013 durchgeführte Identitätsfeststellung war rechtswidrig.
61 
Als Eingriff in das Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) und in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG, vgl. jeweils W.-R. Schenke, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, § 23 BPolG Rn. 3) bedurfte die Identitätsfeststellung einer gesetzlichen Grundlage. Daran fehlte es. Der von der Beklagten angeführte und einzig in Betracht kommende § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG war jedenfalls in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Kontrolle selbst, am 13.04.2013, aus Gründen des Unionsrechts unanwendbar (-1.-). Unabhängig davon wäre die Identitätsfeststellung auch gemessen am nationalen Recht - seine Anwendbarkeit unterstellt - materiell rechtswidrig, weil sie unter Zugrundelegung der von der Beklagten angeführten ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften ermessensfehlerhaft durchgeführt wurde (-2.-).
62 
1. Die streitbefangene Identitätsfeststellung findet in § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG keine gesetzliche Grundlage. Die Vorschrift (-a-) war im April 2013 nicht anwendbar (-b-).
63 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG kann die Bundespolizei im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BPolG die Identität einer Person feststellen. Straftaten im Sinne dieser Vorschrift sind Vergehen (§ 12 Abs. 2 StGB), die (Nr. 1) gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung der Aufgaben der Bundespolizei nach § 2 BPolG - d.h. der Aufgaben des Grenzschutzes - gerichtet sind, oder die (Nr. 2) nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen sind, soweit sie durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurden, oder die (Nr. 3) einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen sollen, soweit sie bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt werden, oder die (Nr. 4) das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklichen, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist (wie dies z.B. im Bereich des Betäubungsmittelrechts der Fall ist, vgl. § 21 Abs. 2 BtMG).
64 
Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG erfüllt, kann die Bundespolizei gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 BPolG zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, dass er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, dass der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann (§ 23 Abs. 3 Satz 2 bis 4 BPolG).
65 
Die genannten Bestimmungen zur Identitätsfeststellung sind Teil der Vorschriften über die sog. Schleierfahndung im Grenzgebiet (näher zur Genese der diesbezüglichen Vorschriften Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E Rn. 355 f., 385 ff.; Gnüchtel, NVwZ 2013, 980 f.). § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG zeichnet sich wie andere Vorschriften aus diesem Bereich insbesondere dadurch aus, dass der Tatbestand der Vorschrift das polizeiliche Eingreifen - hier die Identitätsfeststellung - nicht vom Vorliegen einer konkreten Gefahr im polizeirechtlichen Sinne abhängig macht (vgl. W.-R. Schenke, a.a.O., § 23 BPolG Rn. 12; Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 4. Aufl., § 23 Rn. 14). Anknüpfungspunkt für eine Identitätsfeststellung ist nach dem Wortlaut dieser Vorschrift vielmehr allein der Umstand, dass sich eine Person an einem bestimmten Ort - im Grenzgebiet im Sinne der o.g. Vorschriften - aufhält. Hinweise darauf, dass von der zu überprüfenden Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht oder dass sie eine Straftat begangen hat, müssen nach dem Wortlaut der Norm hingegen nicht vorliegen (auch daher sog. anlass-, verdachts- oder ereignisunabhängige Personenkontrolle, vgl. Rachor, a.a.O., Rn. 357).
66 
b) § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG war im April 2013 keine taugliche Rechtsgrundlage für die Identitätsfeststellung des Klägers. Sie war auch unter Berücksichtigung der ergänzend erlassenen Verwaltungsvorschriften der Beklagten mit Unionsrecht (-aa-) nicht vereinbar (-bb-) und daher unanwendbar (-cc-).
67 
aa) Gemäß Art. 67 Abs. 2 AEUV stellt die Union u.a. sicher, dass Personen an den Binnengrenzen nicht kontrolliert werden. Die vor diesem Hintergrund erlassene - im April 2013 noch maßgebliche - Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.03.2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (ABl. L 105 vom 13.04.2006, S. 1 - Schengener Grenzkodex ) definiert dazu in Art. 2 Nr. 9 bis 11 verschiedene Begriffe. Danach sind „Grenzkontrollen“ die an einer Grenze nach Maßgabe und für die Zwecke dieser Verordnung unabhängig von jedem anderen Anlass ausschließlich aufgrund des beabsichtigten oder bereits erfolgten Grenzübertritts durchgeführten Maßnahmen, die aus Grenzübertrittskontrollen und Grenzüberwachung bestehen. „Grenzübertrittskontrollen“ sind die Kontrollen, die an den Grenzübergangsstellen erfolgen, um festzustellen, ob die betreffenden Personen mit ihrem Fortbewegungsmittel und den von ihnen mitgeführten Sachen in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen oder aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ausreisen dürfen. Als „Grenzüberwachung“ gilt die Überwachung der Grenzen zwischen den Grenzübergangsstellen und die Überwachung der Grenzübergangsstellen außerhalb der festgesetzten Verkehrsstunden, um zu vermeiden, dass Personen die Grenzübertrittskontrollen umgehen.
68 
Auf diesen Begriffsbestimmungen aufbauend bestimmt Art. 20 SGK, dass die Binnengrenzen unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betreffenden Personen an jeder Stelle ohne Personenkontrollen überschritten werden dürfen. Gemäß Art. 21 SGK berührt die Abschaffung der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen allerdings nicht:
69 
„a) die Ausübung der polizeilichen Befugnisse durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nach Maßgabe des nationalen Rechts, sofern die Ausübung solcher Befugnisse nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen hat; dies gilt auch in Grenzgebieten. Im Sinne von Satz 1 darf die Ausübung der polizeilichen Befugnisse insbesondere nicht der Durchführung von Grenzübertrittskontrollen gleichgestellt werden, wenn die polizeilichen Maßnahmen
70 
i) keine Grenzkontrollen zum Ziel haben;
71 
ii) auf allgemeinen polizeilichen Informationen und Erfahrungen in Bezug auf mögliche Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit beruhen und insbesondere auf die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität abzielen;
72 
iii) in einer Weise konzipiert sind und durchgeführt werden, die sich eindeutig von systematischen Personenkontrollen an den Außengrenzen unterscheidet;
73 
iv) auf der Grundlage von Stichproben durchgeführt werden;
74 
(…)
75 
c) die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, in ihren Rechtsvorschriften die Verpflichtung zum Besitz oder Mitführen von Urkunden und Bescheinigungen vorzusehen; (…).“
76 
Zur Auslegung dieser Vorschriften und der Frage, ob sie nationalen Regelungen entgegenstehen, die verdachtsunabhängige Kontrollen im Grenzraum ermöglichen, hat sich der EuGH in drei Entscheidungen zum - für unionsrechtswidrig befundenen - französischen Recht (Urt. v. 22.06.2010 - C-188/10 - Slg. 2010, I-5667 ), zum - als unionsrechtskonform gebilligten - niederländischen Recht (Urt. v. 19.07.2012 - C-278/12 - juris ) sowie zuletzt zum deutschen Recht, namentlich zu § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG, geäußert (Urt. v. 21.06.2017 - C-9/16 - EUGRZ 2017, 360; s. zum Vorlagebeschluss AG Kehl, Beschl. v. 21.12.2015 - 3 Ds Js 7262/14 - juris).
77 
Die Mitgliedstaaten sind danach verpflichtet, die Einhaltung des Unionsrechts und insbesondere der Art. 20 und 21 SGK durch die Schaffung und Wahrung eines „Rechtsrahmens“ zu sichern, der gewährleistet, dass die praktische Ausübung der Befugnis zur Durchführung von Identitätskontrollen nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen haben kann (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 37; Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 68). Sie haben insbesondere dann, wenn „Indizien“ darauf hindeuten, dass eine gleiche Wirkung wie bei Grenzübertrittskontrollen besteht, die Konformität der Identitätskontrollen mit Art. 21 Buchst. a SGK durch „Konkretisierungen und Einschränkungen“ sicherzustellen, die die praktische Ausübung der den Mitgliedstaaten zustehenden polizeilichen Befugnisse so einfassen, dass eine solche gleiche Wirkung vermieden wird (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 38; Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 70 m.w.N.). Eine nationale Regelung, die den Polizeibehörden eine Befugnis zur Durchführung von Identitätskontrollen einräumt, die zum einen auf das Gebiet an der Grenze des Mitgliedstaats zu anderen Mitgliedstaaten beschränkt und zum anderen unabhängig vom Verhalten der kontrollierten Person und vom Vorliegen besonderer Umstände ist, aus denen sich die Gefahr einer Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung ergibt, muss insbesondere das Ermessen lenken, über das diese Behörden bei der praktischen Handhabung der besagten Befugnis verfügen (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 39; Urt. v. 22.06.2010, a.a.O., Rn. 74). Je zahlreicher die Indizien für eine mögliche gleiche Wirkung im Sinne von Art. 21 Buchst. a SGK sind, die sich aus dem mit Kontrollen in einem Grenzgebiet verfolgten Ziel, aus deren räumlichem Anwendungsbereich und aus dem Bestehen unterschiedlicher Grundlagen für diese Kontrollen und die Kontrollen im übrigen Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats ergeben, umso strenger müssen außerdem die Konkretisierungen und Einschränkungen sein und eingehalten werden, die für die Ausübung der ihnen zustehenden polizeilichen Befugnisse durch die Mitgliedstaaten in einem Grenzgebiet gelten, um die Verwirklichung des Ziels der Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen nicht zu gefährden (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 40; Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 75). Schließlich muss der erforderliche Rahmen „hinreichend genau und detailliert“ sein, damit sowohl die Notwendigkeit der Kontrollen als auch die konkret gestatteten Kontrollmaßnahmen selbst Kontrollen unterzogen werden können (EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 40; Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 76).
78 
bb) Diesen Vorgaben genügt § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG auch in Verbindung mit den im April 2013 geltenden Verwaltungsvorschriften der Beklagten nicht.
79 
Kontrollen, wie sie in § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG vorgesehen sind, finden nicht „an einer Grenze“ oder beim „Grenzübertritt“, sondern im Innern des deutschen Hoheitsgebiets statt. Es handelt sich daher weder um verbotene „Grenzkontrollen“ noch um „Grenzübertrittskontrollen“ im Sinne der o.g. Legaldefinitionen (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 42 ff.). Es bestehen allerdings mehrere „Indizien“ im Sinne der Rechtsprechung des EuGH, die darauf hindeuten, dass eine im Sinne des Art. 21 SGK „gleiche Wirkung wie bei Grenzübertrittskontrollen“ besteht. Solche Indizien ergeben sich zum einen aus dem Umstand, dass für die Kontrollen hinsichtlich ihres räumlichen Anwendungsbereichs Sonderregeln mit Bezug zum Grenzraum gelten (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 53; ferner Urt. v. 22.06.2010, a.a.O., Rn. 72). Die gleiche Wirkung wird zum anderen dadurch indiziert, dass die Kontrollen nach dem Wortlaut der Norm unabhängig vom Verhalten der betreffenden Person und von Umständen, aus denen sich die Gefahr einer Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung ergibt, gestattet sind (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 40, 55). Die Beklagte hat deshalb durch die Schaffung und Wahrung eines „Rechtsrahmens“ mit hinreichend genauen und detaillierten Konkretisierungen oder Einschränkungen zur Lenkung der Intensität, der Häufigkeit und der Selektivität der Kontrollen zu gewährleisten, dass die praktische Ausübung der durch § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG eingeräumten Befugnis zur Durchführung von Identitätskontrollen nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen haben kann (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 57 ff., 59, 63 zu § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG).
80 
An einem solchen beschränkenden „Rechtsrahmen“ fehlte es im April 2013. Weder § 23 BPolG selbst (1) noch die im April 2013 darüber hinaus in Betracht kommenden rechtlichen Vorgaben (2) boten einen solchen Rahmen.
81 
(1) § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG selbst enthält insbesondere hinsichtlich der Intensität und der Häufigkeit der auf dieser Rechtsgrundlage möglichen Kontrollen weder Konkretisierungen noch Einschränkungen der mit ihm eingeräumten Befugnis, die verhindern sollen, dass die Anwendung und die praktische Ausübung dieser Befugnis durch die zuständigen Behörden zu Kontrollen führen, die im Sinne von Art. 21 Buchst. a der Verordnung Nr. 562/2006 die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen haben. Die Vorschrift selbst bietet den vom Unionsrecht geforderten Rechtsrahmen daher, wie der EuGH insoweit bereits selbst entschieden hat, nicht (vgl. zu § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 57, dort u.H. auf die entsprechenden Überlegungen im Urt. v. 22.06.2010, a.a.O. Rn. 73; ebenso - teils bereits zuvor - Groh, NVwZ 2016, 1678; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl., 7. Kap. Rn. 90; Trennt, DÖV 2012, 216 <221 ff.>; Albrecht/Halder, jurisPR-ITR 4/2016 Anm. 6). Daran ändert der von der Beklagten hervorgehobene Umstand, dass sich in den Gesetzesmaterialien Hinweise darauf finden, dass der Bundesgesetzgeber möglicherweise nicht beabsichtigte, „flächendeckende“ Kontrollen im Grenzgebiet einzuführen (vgl. zu § 22 Abs. 1a BGSG a.F. BT-Drs. 13/11159, S. 6; Gnüchtel, a.a.O., S. 981), nichts.
82 
(2) Ob das deutsche nationale Recht außerhalb dieser Vorschrift einen beschränkenden Rechtsrahmen im o.g. Sinn enthält, hat der EuGH in dem auf § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG bezogenen Vorlageverfahren C-9/16 nicht weiter geprüft und ausgeführt, diese Prüfung sei Sache der nationalen Gerichte (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Ls. 1 und Rn. 60 ff., 63). Diese Prüfung ergibt, dass das deutsche nationale Recht jedenfalls im hier maßgeblichen Zeitpunkt - im April 2013 - keinen den o.g. Anforderungen genügenden „Rechtsrahmen“ zum Ausschluss von Identitätskontrollen mit gleicher Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen bot (im Ergebnis ebenso Groh, a.a.O., S. 1678; Kugelmann, a.a.O., 7. Kap. Rn. 90; Trennt, a.a.O, 222 f.>; Albrecht/Halder, a.a.O., Anm. 6).
83 
(a) Ein den Vorgaben des EuGH genügender „Rechtsrahmen“ ergab sich nicht aus dem - von der Beklagten im Vorlageverfahren C-9/16 genannten - § 15 BPolG. Diese Vorschrift normiert im Allgemeinen Teil des Abschnitts 2 („Befugnisse“) des Bundespolizeigesetzes den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für Maßnahmen der Bundespolizei. Dieser Grundsatz schützt den Adressaten einer Maßnahme vor unverhältnismäßigen Eingriffen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bezieht sich aber auf das polizeiliche Handeln im jeweils konkreten Einzelfall und ist nicht dazu geeignet zu verhindern, dass die polizeiliche Praxis bei der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG generell die Wirkung von Grenzübertrittskontrollen erhält. Denn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz setzt die einzelne Maßnahme nicht in Bezug zu anderen Maßnahmen, erreicht mithin keine effektive Steuerung der Frage, wie oft verdachtsunabhängige Personenfeststellungen im Grenzraum durchgeführt werden. Er kann also insbesondere keine „Summierungseffekte“ verhindern (so zu Recht Michl, DÖV 2018, 50 <57>). Einen Rechtsrahmen zur Lenkung der „Häufigkeit und Selektivität“ (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 57, 59) von anlassunabhängigen Kontrollen im Grenzraum bietet § 15 BPolG selbst nicht.
84 
(b) Ein den Vorgaben des EuGH genügender „Rechtsrahmen“ ergab sich im April 2013 auch nicht aus den von der Beklagten ergänzend angeführten innerdienstlichen Vorgaben zu § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG.
85 
Die Beklagte verweist insoweit auf die „BRAS 120“, Band I, Abschnitt II, mit den darin enthaltenen Angaben zur grenzpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung („Best Grepo“) und dem im April 2013 noch maßgeblichen Stand vom 01.03.2008, bei denen es sich ihres Erachtens um ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften handelt. Die „BRAS 120“ in der Fassung vom 01.03.2008 waren jedoch weder ihrer Form (-aa-) noch ihrem Inhalt (-bb-) nach dazu geeignet, den unionsrechtlich geforderten hinreichend genauen und detaillierten Rechtsrahmen zur Lenkung der Intensität, Häufigkeit und Selektivität der durch § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG ermöglichten Kontrollen zu gewährleisten.
86 
(aa) Im vorliegenden Verfahren bedarf es keiner Entscheidung, ob der unionsrechtlich geforderte „Rechtsrahmen“ stets durch Vorschriften des Außenrechts (Gesetze im formellen Sinn, Rechtsverordnungen) gesetzt werden muss oder ob dafür grundsätzlich auch Verwaltungsvorschriften als Innenrecht in Betracht kommen (vgl. zum Meinungsstand einerseits - abl. - Trennt, a.a.O., S. 222 f.; Groh, NVwZ 2016, 1678 <1682 f.>, ders., NVwZ 2017, 1608 <1609 f.>, sowie andererseits - bejahend - Graf Vitzthum, ELR 2010, 236 <240 f.>; Kempfler, BayVBl. 2012, 9 <11>; insoweit tendenziell auch Michl, a.a.O., S. 57 f.). Erforderlich ist jedenfalls, dass die konkret in Rede stehende innerdienstliche Vorgabe die Mindestanforderungen an das Vorliegen einer rechtliche Regelung erfüllt. Denn das Unionsrecht erfordert zur Steuerung von verdachtsunabhängigen grenzpolizeilichen Befugnissen eine „nationale Regelung“ (vgl. EuGH, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O., 74 f., und die Sprachfassung der damaligen Verfahrenssprache: „législation nationale“), die den Erfordernissen der Rechtssicherheit („sécurité juridique“, vgl. EuGH, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O., Rn. 75) dienen soll, hinreichend bestimmt ist und effektiven Rechtsschutz ermöglicht („Kontrolle der Kontrolle“, vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 40; Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 76). Als „Rechtsrahmen“ kommen daher - jedenfalls - nur solche innerbehördlichen Vorgaben in Betracht, die wenigstens veröffentlicht und daher für den Normunterworfenen zugänglich sowie vorhersehbar sind (vgl. Michl, a.a.O., S. 57; allg. zu den Anforderungen für die Qualifizierung einer Vorschrift als „law“ bzw. „loi“ EGMR, Urt. v. 24.04.1990 - 11105/84 - : „accessibility“ und „foreseeability“; ebenso EuGH, Urt. v. 15.03.2017 - C-528/15 - NVwZ 2017, 777). Innerdienstliche Vorgaben, die nicht veröffentlicht werden, genügen den Mindestanforderungen an einen „Rechtsrahmen“ hingegen grundsätzlich nicht. Sind sie auch auf andere Weise nicht zugänglich, ist die Rechtsanwendung für die Normunterworfenen nicht vorhersehbar. Diese wären zudem zur Inanspruchnahme von Rechtsschutz „ins Blaue hinein“ gezwungen, was mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht zu vereinbaren ist (vgl. zum nationalen Gebot effektiven Rechtschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG BVerfG, Beschl. v. 09.07.2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178). Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass sich aus dem nationalen deutschen Recht keine generelle Pflicht ergibt, Verwaltungsvorschriften allgemein bekannt zu machen (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.04.1997 - 3 C 6.95 - BVerwGE 104, 220). Denn Prüfungsmaßstab ist im vorliegenden Zusammenhang allein das Unionsrecht, das insoweit einen „Rechtsrahmen“ erfordert, der den oben genannten Mindestanforderungen genügt.
87 
Daran gemessen scheiden die „BRAS 120“ in der Fassung vom 01.03.2008 schon deshalb als „Rechtsrahmen“ aus, weil sie von der Beklagten als „Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch“ (VS NfD) eingestuft wurden. Denn das hat zur Folge, dass die Beklagte die Angaben in den „BRAS 120“ als geheimhaltungsbedürftige Tatsachen und Erkenntnisse einordnet (vgl. § 4 Abs. 1 SÜG), von denen nur Personen Kenntnis erhalten dürfen und durften, die auf Grund ihrer Aufgabenerfüllung Kenntnis haben müssen, wobei diese Personen zur Verschwiegenheit verpflichtet sind und die Angaben grundsätzlich nicht an nichtöffentliche Stellen weitergeben dürfen (vgl. § 4 Abs. 1a, 3 und 4 SÜG). Diese Einschränkungen hat die Beklagte auch in der Praxis umgesetzt. Die „BRAS 120“ waren 2013 - und sind weiterhin - nicht veröffentlicht. Die Beklagte hat auch im vorliegenden Einzelfall den Kläger zunächst nicht von deren Existenz in Kenntnis gesetzt, selbst in der erstinstanzlichen Klageerwiderung noch nichts dazu vorgetragen und erst im Berufungsverfahren Auszüge daraus mit dem Vermerk „NfD“ vorgelegt. Auch außergerichtliche Ersuchen, den Text der „BRAS 120“ für rechtswissenschaftliche Zwecke zur Verfügung zu stellen, hat das Bundesministerium des Innern (BMI) noch 2017 abgelehnt (vgl. Michl, a.a.O., S. 57, dort auch zu dem unter dem Eindruck eines von der EU-Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren ergänzend verfassten und veröffentlichten - 2013 aber noch nicht existenten - Erlass des BMI zur Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG vom 07.03.2016, GMBl. 2016, S. 203).
88 
(bb) Unabhängig davon waren die „BRAS 120“ auch ihrem Inhalt nach nicht dazu geeignet, den unionsrechtlich geforderten hinreichend genauen und detaillierten Rechtsrahmen zur Lenkung der Intensität, Häufigkeit und Selektivität der durch § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG ermöglichten Kontrollen zu gewährleisten.
89 
Die „BRAS 120“ enthielten in der 2013 geltenden Fassung, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage B 1 (Bl. 955-971 d. VGH-Akte) verwiesen wird, im Abschnitt „Best Grepo“ unter der Überschrift „Der Einsatz der Bundespolizei im Binnengrenzraum“ u.a. folgende Hinweise (Hervorh. im Original):
90 
„1 Die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 BPolG
91 
Nach Inkraftsetzung [des Schengener Grenzkodex] darf die Bundespolizei gem. Art. 20 des Schengener Grenzkodex an den gemeinsamen Grenzen der Schengener Vertragsparteien (Binnengrenze) keine Verdachts- und ereignisunabhängigen Grenzkontrollen mehr durchführen. Jede Person kann - ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit - die Binnengrenze an jeder Stelle ungehindert und ohne Formalitäten überschreiten. § 2 Abs. 2 Nr. 2 BPolG tritt hinter die Regelungen des Schengener Grenzkodex zurück. Dies gilt auch für Personenkontrollen im Zusammenhang mit dem Grenzübertritt, wenn diese im Rahmen der polizeilichen Kontrollen des grenzüberschreitenden Verkehrs gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 des BPolG räumlich abgesetzt von der Grenzlinie Im Grenzgebiet (30 Kilometer) erfolgen. Derartige Ersatzgrenzkontrollen stehen ebenso nicht in Einklang mit der der Regelungsabsicht des Schengener Grenzkodex und sind damit unzulässig. (…)
92 
2 Die polizeiliche Überwachung der Grenze gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 BPolG
93 
Die polizeiliche Überwachung der Grenze ist eine allgemeine grenzpolizeiliche Aufgabe der Gefahrenvorsorge.
94 
(…) Nicht in Einklang mit dem Schengener Regelwerk stehen die im Rahmen der polizeilichen Überwachung der Binnengrenzen vorgenommenen Personenkontrollen, die unabhängig von jedem anderen Anlass ausschließlich aufgrund eines vorangegangenen Grenzübertritts erfolgen. Auch in derartigen Fällen würde es sich um eine Form von Verdachts- und ereignisunabhängigen Kontrollen handeln, die als Ersatzgrenzkontrollen gegen Art. 20 des Schengener Grenzkodex verstoßen.
95 
3 Handeln der Bundespolizei im Binnengrenzraum zur Abwehr konkreter Gefahren und zur Strafverfolgung
96 
Gefahrenabwehrende (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 BPolG) undstrafverfolgende Tätigkeiten bzw. Maßnahmen (§12 BPolG) der Bundespolizei im Binnengrenzraum (dies gilt an der Landgrenze wie im Binnenflugverkehr) beikonkretem Gefahrenverdacht oder im Falle der Strafverfolgung stehen nicht im Widerspruch zu Art. 20 des Schengener Grenzkodex. Sie sind vielmehr Anwendungsfälle von Art 21 des Schengener Grenzkodex.
97 
- Nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 BPolG obliegt der Bundespolizei die Abwehr von Gefahren in seinem Zuständigkeitsbereich.
98 
Dazu zählt u. a. die illegale Einfuhr von Rauschgift, da die erst dadurch gegebene Möglichkeit seiner illegalen Verbreitung im Inland eine erhebliche Gefahr für die Bevölkerung in Deutschland darstellt, wie sich auch aus der Bewertung des Rauschgiftkriminellen in §§ 53 Nr. 2 und 54 Nr. 3 AufenthG durch den Gesetzgeber ergibt, insofern für diesen gerade „wegen besonderer Gefährlichkeit“ eine spezielle Ausweisungsregelung besteht. Insofern stellt die illegale Einfuhr von Rauschgift sowohl einen strafbewehrten Verstoß gegen das Verbot des Verbringen einer Sache i.S.v. § 12 Abs. 1 Nr. 4 BPolG als auch eine Gefahr im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 3 BPolG dar. (…)
99 
4. Maßnahmen der Bundespolizei zur Bekämpfung der illegalen Zuwanderung im Binnengrenzraum bis zu einer Tiefe von 30km im Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 oder § 2 Abs. 2 Nr. 3 BPolG
100 
Die Beseitigung der Verdachts- und ereignisunabhängigen Grenzkontrollen an den gemeinsamen Grenzen der Schengener Vertragsstaaten verbietet Kontrollen, die lediglich aufgrund oder anlässlich eines Übertritts der Binnengrenze vorgenommen werden sowie damit zusammenhängende Formalitäten. Die Ausübung allgemein polizeilicher Befugnisse der zuständigen Behörden bleibt unberührt. Daher hat die Bundespolizei an den Binnengrenzen auch nach Inkraftsetzung des Schengener Grenzkodexes eine - wenn auch deutlich reduzierte - Befugnis zur Bekämpfung von illegalen Einreisen und Schleusungen. Sie darf auf der Grundlage von § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 2 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst c BPolGKontrollen an den Binnengrenzen sowie im 30 km-Grenzgebiet im Einzel- bzw. Ausnahmefall durchführen, wenn hinreichende Anhaltspunkte für eine illegale Einreise oder eine Schleusung bestehen.
101 
Anhaltspunkte für einen derartigen Verdacht sind gegeben, wenn - bezogen auf einen in Betracht kommenden Binnengrenzabschnitt -
102 
- durch konkrete Tatsachen belegte Anhaltspunkte für unerlaubte Einreisen oder Schleusungen vorliegen (Fußnote: Zum Beispiel Erkenntnisse über tatsächlich erfolgte oder bevorstehende illegale Einreisen bzw. Schleusungen.)
103 
und
104 
- die im Einzelfall zu kontrollierende Person aufgrund ihres äußeren Anscheins
105 
- oder aufgrund sonstiger verdachtsbegründender Erkenntnisse unerlaubt eingereist sein
106 
- oder anderen bei der illegalen Einreise Unterstützung geleistet haben kann.
107 
Liegen diese Voraussetzungen vor, ist ein Grenzbezug nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst c BPolG gegeben.
108 
Dabei erfolgt die Kontrolle in der Weise, dass Personen, die in die genannten Kategorien fallen könnten, angehalten und hinsichtlich ihrer Identität und ihres ausländerrechtlichen Status überprüft werden dürfen. (…)“
109 
Diese Erläuterungen aus den „BRAS 120“ gewährleisteten keine unionsrechtlich ausreichende Lenkung der „Intensität, Häufigkeit und Selektivität der durch § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG ermöglichten Kontrollen“.
110 
Der Rechtsrahmen zur „Konkretisierung und Einschränkung“ von grenzbezogenen verdachtsunabhängigen Kontrollen muss, wie gezeigt, „hinreichend genau und detailliert“ sein, damit sowohl die Notwendigkeit der Kontrollen als auch die konkret gestatteten Kontrollmaßnahmen selbst Kontrollen unterzogen werden können (EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 40; Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 76). Bereits daran fehlt es hier. Denn die zitierten Erläuterungen aus den „BRAS 120“ sind in einer Weise formuliert, die nicht hinreichend deutlich erkennen lassen, welche Bedeutung ihnen für die Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG genau zukommen soll. § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG selbst findet in den zitierten Auszügen der „BRAS 120“ keine Erwähnung. Der einzige Tatbestand aus § 23 BPolG, der dort genannt wird, ist „§ 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BPolG“. Eine solche Vorschrift gab es im April 2013 nicht mehr. Gemeint war wohl § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BPolG in der Fassung vom 19.10.1994 (im Folgenden: BPolG 1994), die allerdings bereits mit Ablauf des 31.08.1998 außer Kraft getreten war. Eine Verwaltungsvorschrift, die sich auf außer Kraft getretenes Recht bezieht, ist jedoch nicht „hinreichend genau“ und auch in der Sache nicht geeignet, eine effektive Steuerung des polizeilichen Verhaltens zu bewirken.
111 
Das genannte Defizit kann auch nicht als unerheblicher Redaktionsfehler abgetan werden. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BPolG 1994 gestattete die Identitätsfeststellung „zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern“. Demgegenüber gestattet § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG in der seit dem 01.07.2005 geltenden und daher auch im April 2013 maßgeblichen Fassung Identitätsfeststellungen „im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 (BPolG)“. Der Tatbestand der neuen Fassung ist also weiter gefasst als derjenige der alten Fassung (näher zur Entstehungsgeschichte dieser Gesetzesänderung Gnüchtel, a.a.O., S. 980 f.). Diese Gesetzesänderung haben die „BRAS 120“ in ihrer 2013 geltenden Fassung nicht nachvollzogen. Es ist daher nicht hinreichend klar, welche Vorgaben genau der Erlassgeber der „BRAS 120“ für welche Tatbestandsvariante des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG machen wollte. Ein „Rechtsrahmen“ für die zweite, 2005 aufgenommene Tatbestandsvariante (Identitätsfeststellung „zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BPolG“) fehlt in den „BRAS 120“ jedenfalls zur Gänze.
112 
Dieses Regelungsdefizit kann auch nicht durch die von der Beklagten in Betracht gezogene „ergänzende Auslegung“ der „BRAS 120“ ausgeglichen werden. Dem steht bereits entgegen, dass keine Maßstäbe niedergelegt oder sonst hinreichend deutlich erkennbar sind, anhand derer eine solche Auslegung der „BRAS 120“ vorgenommen werden könnte. Unabhängig davon würde eine gleichsam „ungeschriebene Verwaltungsvorschrift“, die sich jeder einzelne Beamte allenfalls durch eine „fortschreibende Auslegung“ erschließen könnte, den Anforderungen an einen „hinreichend genauen“ und für effektive Steuerung des polizeilichen Verhaltens geeigneten „Rechtsrahmen“ nicht genügen.
113 
Die „BRAS 120“ genügen den unionsrechtlichen Vorgaben zudem auch deshalb inhaltlich nicht, weil das Unionsrecht einen Rechtsrahmen verlangt, der seinem Inhalt nach eine Lenkung „der Intensität, der Häufigkeit und der Selektivität“ der Kontrollen gewährleistet (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 59). Auch daran fehlt es. Konkrete Vorgaben für die Durchführung von Identitätsfeststellungen enthalten die „BRAS 120“ allenfalls in der zitierten Nummer 4, die sich - bei wohlwollender Auslegung - auf die „Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise“ beziehen (Alt. 1 des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG). Selbst diese Vorgaben beziehen sich aber nur auf die Anforderungen an eine Kontrolle im Einzelfall. Sie sind, da sie - anders als etwa die vom EuGH gebilligten niederländischen Regelungen (vgl. EuGH, Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 14 ff., 80) - keine Beziehung zu der Gesamtheit aller Kontrollen enthalten und auch keine Beschränkung beispielsweise auf Stichproben vorsehen, nicht geeignet, die „Häufigkeit“ der Kontrollen im Grenzgebiet insgesamt effektiv zu beschränken (im Ergebnis ebenso Michl, a.a.O., S. 58 zu dem Erlass des BMI vom 07.03.2016). Für die zweite Alternative des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG („Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BPolG“) fehlt es, wie gezeigt, noch weitergehend an jeglichen präzierenden und beschränkenden Vorgaben.
114 
(c) Ein den Vorgaben des EuGH genügender „Rechtsrahmen“ ergab sich im April 2013 schließlich auch nicht aus dem von der Beklagten hervorgehobenen Umstand, dass sie § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG in der Verwaltungspraxis - schon wegen der Zahl der zur Verfügung stehenden Beamten - nicht flächendeckend, sondern nur für stichprobenartige Kontrollen anwende. Eine - ohnehin jederzeit änderbare - Verwaltungspraxis stellt weder der Form noch dem Inhalt nach einen „Rechtsrahmen“ im oben genannten Sinne dar und wäre erst recht nicht dazu geeignet, die vom Unionsrecht geforderten - ihrerseits kontrollierbaren - „Konkretisierungen und Einschränkungen“ von grenzbezogenen verdachtsunabhängigen Kontrollen zu gewährleisten (vgl. Groh, NVwZ 2016, 1678 <1682>; Michl, a.aO., S. 55 ff.; insoweit selbst die Verwaltungsvorschriften in Betracht ziehenden Stimmen aus dem Schrifttum, die zumindest „Rechtsvorschriften des positiven Rechts“ verlangen, vgl. Graf Vitzthum, a.a.O., S. 241; Kempfler, a.a.O., S. 11).
115 
cc) Fehlte es nach alledem jedenfalls im April 2013 an dem unionsrechtlich gebotenen Rechtsrahmen zur Konkretisierung und Einschränkung des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG, war diese Norm im damaligen Zeitpunkt unanwendbar (vgl. EuGH, Urt. v. 15.07.1964 - 6/64 - Slg. 10, 1251; BVerfG, Beschl. v. 06.07.2010 - 2 BvR 2661/06 - NJW 2010, 3422; BVerwG, Urt. v. 07.07.2011 - 10 C 26.10 - BVerwGE 140, 114; zum Anwendungsvorrang im Polizeirecht auch Lindner, JuS 2005, 302 <303>). Die zu Lasten des Klägers durchgeführte Identitätsfeststellung war daher mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig.
116 
2. Unabhängig davon wäre die Identitätsfeststellung auch gemessen am nationalen Recht - seine Anwendbarkeit unterstellt - jedenfalls materiell rechtswidrig. Denn sie wurde unter Zugrundelegung der „BRAS 120“, die aus Sicht der Beklagten als ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift fungieren sollte, ermessensfehlerhaft durchgeführt.
117 
§ 23 Abs. 1 BPolG räumt der Beklagten Ermessen ein („kann“). Nach ihrem Vortrag sollten die „BRAS 120“ dieses Ermessen steuern. Nummer 4 des oben zitierten Abschnitts der „BRAS 120“ nimmt bei wohlwollender Auslegung, wie gezeigt, auf die erste Alternative des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG Bezug (Identitätsfeststellung zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet, im Sprachgebrauch von Nummer 4 der „BRAS 120“ „illegale Einreise oder Schleusung“). Nach den diesbezüglichen Erläuterungen der „BRAS 120“ soll eine Identitätsfeststellung erfolgen, wenn Anhaltspunkte für einen derartigen Verdacht sind gegeben sind, was der Fall sein soll, wenn
118 
„durch konkrete Tatsachen belegte Anhaltspunkte für unerlaubte Einreisen oder Schleusungen vorliegen (Fußnote: Zum Beispiel Erkenntnisse über tatsächlich erfolgte oder bevorstehende illegale Einreisen bzw. Schleusungen.)
119 
und
120 
- die im Einzelfall zu kontrollierende Person aufgrund ihres äußeren Anscheins
121 
- oder aufgrund sonstiger verdachtsbegründender Erkenntnisse unerlaubt eingereist sein
122 
- oder anderen bei der illegalen Einreise Unterstützung geleistet haben kann.“
123 
Diese Voraussetzungen waren hier nicht erfüllt. Dass - im Sinne der ersten der beiden kumulativen Voraussetzung - Anhaltspunkte für unerlaubte Einreisen am Freiburger Hauptbahnhof bestanden, hat die Beklagte zwar mit dem auch für den April 2013 ergiebigen „Lagebild“ dargelegt (vgl. a.a.O., S. 9 = Bl. 989 d. VGH-Akte). Nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger - im Sinne der zweiten Voraussetzung - aufgrund seines „äußeren Anscheins“ oder „sonstiger verdachtsbegründender Erkenntnisse“ unerlaubt eingereist sein oder gar andere bei einer illegalen Einreise unterstützt haben könnte, hat die Beklagte hingegen nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Bei der am 13.04.2013 durchgeführten Kontrolle selbst haben die Beamten dem Kläger keine dahingehenden Anhaltspunkte benannt, sondern nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten wiederholt erklärt, die Kontrolle sei „verdachtsunabhängig“ durchgeführt worden. Auch in dem die Beschwerde des Klägers zurückweisenden Schreiben der Bundespolizeiinspektion Stuttgart vom 29.05.2013 führte diese lediglich aus, Adressat einer Maßnahme der durchgeführten Art könne „jedermann“ sein (a.a.O., S. 4 = Bl. 25 d. Verw.-Akte). In der Klageerwiderung vom 18.07.2013 erläuterte die Beklagte (erstmals), der Kläger habe eine „Tasche“ (gemeint wohl: den Rucksack) mit sich geführt, „was auf eine entweder bereits erfolgte oder bevorstehende Reiseabsicht in Grenznähe schließen“ lasse und „somit“ hätten die materiellen Voraussetzungen für eine Identitätsfeststellung vorgelegen (Schriftsatz vom 18.07.2013, S. 4 = Bl. 95 d. VG-Akte; ähnl. das Vorbringen im Berufungsverfahren, vgl. Schriftsatz vom 02.08.2017, S. 12 = Bl. 921 d. VGH-Akte). Mit dem Hinweis auf den Rucksack des Klägers und eine daraus ableitbare Reiseabsicht sind jedoch keine Anhaltspunkte für eine gerade „unerlaubte“ Einreise dargelegt.
124 
Die Beklagte kann dem auch nicht mit Erfolg ihren zuletzt sinngemäß erhobenen Einwand entgegenhalten, die zweite der beiden kumulativen Voraussetzungen erfordere nur, dass die im Einzelfall zu kontrollierende Person aufgrund ihres äußeren Anscheins unerlaubt eingereist sein „könne“, wodurch zwar beispielsweise Angestellte einer Bäckerei in einem Bahnhof als Adressaten einer Personenkontrolle ausgeschlossen seien, womit aber grundsätzlich jeder Reisende dafür in Betracht komme. Der Senat vermag dieser von der Beklagten zuletzt angebotenen Auslegung der oben zitierten Nummer 4 der „BRAS 120“ schon in der Sache nicht zu folgen. Denn damit würde der Wortlaut der Vorschrift, der „verdachtsbegründende“ Erkenntnisse verlangt, überdehnt. Die Auslegung liefe zudem der von der „BRAS 120“ ansatzweise bezweckten Beschränkung der Kontrollen zuwider. Unabhängig davon wäre die Klage bei Zugrundelegung der von der Beklagten zuletzt angebotenen Auslegung der Nr. 4 - gemessen an dem oben (unter 1.) Gesagten - erst recht begründet. Denn bei dieser weiten Auslegung, nach der praktisch jeder Reisende in einem Grenzbahnhof wie dem Freiburger als Adressat einer Maßnahme der Schleierfahndung in Betracht kommt, böten die „BRAS 120“ erst recht keinen Rahmen, der die unionsrechtlich geforderte Lenkung der Intensität, Häufigkeit und Selektivität der Kontrollen gewährleistet. Hinzu kommt, dass die „BRAS 120“ bei diesem weiten Begriffsverständnis auch dem oben genannten unionsrechtlichen Bestimmtheitsgebot nicht genügen würden.
125 
Aus den vorstehenden Bedenken folgt nicht, dass der nationale Gesetzgeber die vom Unionsrecht geforderten Beschränkungen zwingend durch Vorschriften normieren muss, die Kontrollen vom Vorliegen konkreter Gefahren oder auch sonstiger verdachtsbegründender Erkenntnisse abhängig machen. Dieser in den „BRAS 120“ - wenn auch defizitär - verfolgte Ansatz ist ein möglicher, aber nicht der einzige Weg, die erforderlichen Einschränkungen vorzunehmen. Weder das Unionsrecht noch das nationale Recht schließen die Durchführung von verdachtsunabhängigen Kontrollen grundsätzlich aus. Wenn solche Kontrollen im nationalen Recht ermöglicht werden sollen, müssen aber auf andere Weise geeignete Einschränkungen im nationalen Rechtsrahmen verankert werden, die sich beispielsweise aus hinreichend konkreten Vorgaben zur Quantität der (verdachtsunabhängigen) Kontrollen ergeben können (vgl. zu dem dahingehenden „Stichprobenansatz“ im niederländischen Recht EuGH, Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 14 ff.).
126 
II. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs durch das zeitweilige Festhalten des Klägers am Oberarm war ebenfalls rechtswidrig.
127 
Als Rechtsgrundlage für die Anwendung von Verwaltungszwang kommt einzig § 6 Abs. 1 und 2 VwVG i.V.m. den Vorgaben des UZwG in Betracht. Die sich daraus ergebenden Voraussetzungen waren jedoch nicht erfüllt.
128 
Nach § 6 Abs. 1 VwVG kann ein Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, mit den Zwangsmitteln nach § 9 VwVG - darunter der unmittelbare Zwang - durchgesetzt werden, wenn der Verwaltungsakt unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist. Gemäß § 6 Abs. 2 VwVG kann der Verwaltungszwang auch ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.
129 
Zwangsmittel - darunter der unmittelbare Zwang - müssen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 VwVG, wenn sie nicht sofort angewendet werden können (§ 6 Abs. 2 VwVG), schriftlich angedroht werden. Hierbei ist für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb der der Vollzug dem Pflichtigen billigerweise zugemutet werden kann (§ 13 Abs. 1 Satz 2 VwVG). Die Androhung ist zuzustellen. Dies gilt auch dann, wenn sie mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist (§ 13 Abs. 7 VwVG). Von dem Gebot, Zwangsmittel schriftlich - und nicht lediglich mündlich - anzudrohen, sieht das Bundesverwaltungsvollstreckungsrecht anders als einige Landesverwaltungsvollstreckungsgesetze Ausnahmen nur bei der Androhung der Anwendung von Schusswaffen oder Explosivmitteln vor (vgl. §§ 13 f. UZwG und dazu Sadler, VwVG, VwZG, 8. Aufl., § 13 VwVG Rn. 32 f.). Im Übrigen ist das Schriftlichkeitsgebot zwingend (vgl. Sadler, a.a.O., § 13 Rn. 25; Mosbacher, in: Engelhardt/App/Schlattmann, VwVG/VwZG, § 13 Rn. 8). Liegt kein die Androhung von Schusswaffen oder Explosivmittel betreffender Ausnahmefall vor und ist es im konkreten Einzelfall dennoch nicht möglich, die Androhung - wie grundsätzlich geboten - schriftlich zu verfassen und zuzustellen, führt diese Rechtslage dazu, dass die mündliche Androhung rechtstechnisch als Ankündigung eines unmittelbaren Zwangs durch sofortigen Vollzug nach § 6 Abs. 2 VwVG einzuordnen ist (Sadler, a.a.O., § 6 Rn. 292 ff., § 13 Rn. 33). Diese Vorschrift findet mithin auch Anwendung, wenn ein Verwaltungsakt zwar ergangen ist, die Umstände des Einzelfalls aber eine Einhaltung der (übrigen) Vollstreckungsvoraussetzungen des gestreckten Verfahrens, insbesondere die Erteilung einer schriftlichen Androhung, nicht erlauben (vgl. Sadler, a.a.O., § 6 Rn. 287 ff.; Mosbacher, a.a.O., § 6 Rn. 22 m.w.N.).
130 
Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben bedarf es keiner Entscheidung, ob an den Kläger ein mündlicher Verwaltungsakt mit dem Inhalt, die Bundespolizeibeamten zur Dienststelle zu begleiten, ergangen ist oder nicht. Falls ein solcher Grundverwaltungsakt nicht erlassen wurde, handelte es sich bei dem Griff des Beamten an den Oberarm des Klägers um einen Fall des sofortigen Vollzugs, der den Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 VwVG genügen muss. Falls ein solcher Verwaltungsakt erlassen wurde, gilt im Ergebnis Gleiches. Denn die Vollstreckung des Grundverwaltungsakt durch unmittelbaren Zwang wurde jedenfalls nicht - wie nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VwVG geboten - schriftlich angedroht, sodass sich die Anwendung des unmittelbaren Zwangs auch in diesem Fall an § 6 Abs. 2 VwVG messen lassen muss.
131 
An den Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 VwVG gemessen war das Vorgehen der Beamten der Beklagten rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift setzt die Anwendung von Verwaltungszwang im Wege des sofortigen Vollzugs, wie gezeigt, unter anderem voraus, dass die Behörde hierbei „innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse“ handelt. Daran fehlt es hier.
132 
Eine Behörde handelt nur dann im Sinne des § 6 Abs. 2 VwVG „innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse“, wenn sie zuständig und auf Grund des materiellen Verwaltungsrechts berechtigt ist, von dem in Anspruch Genommenen das Tun oder Unterlassen zu verlangen, das sie erzwingt (VG Berlin, Urt. v. 19.05.2011 - 1 K 249.10 - juris; Mosbacher, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 29; Sadler, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 326; Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 22). Dieser Befund mag rechtspolitisch unbefriedigend sein, weil der Bundesgesetzgeber damit auf der Ebene der besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen von dem allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Grundsatz, dass die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung für die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme unerheblich ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 - NVwZ 1999, 290; BVerwG, Urt. v. 25.09.2008 - 7 C 5.08 - VBlBW 2009, 55; Baumeister, in: Schenke/Graulich/Ruthig, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 14 jeweils m.w.N.), für den Sonderfall eines sofortigen Vollzugs abgewichen ist (krit. daher auch Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 22). De lege lata sind die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der (ggf. fiktiven) Grundverfügung aber in diesem Sonderfall Voraussetzung auch für die Anwendung des sofortigen Vollzugs (Mosbacher, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 29; Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 22; Sadler, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 326), was der Überlegung geschuldet ist, dass der Verzicht auf einen Grundverwaltungsakt oder auf die Einhaltung der regulären Vollstreckungsvoraussetzungen, hier einer schriftlichen Androhung, nur dann gerechtfertigt sein soll, wenn zumindest feststeht, dass der (ggf. fiktive) Grundverwaltungsakt rechtmäßig ist (vgl. zur ähnlichen Prüfungsstruktur bei landesrechtlichen Regelungen zur sog. unmittelbaren Ausführung Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Bad.-Württ., 6. Aufl., Rn. 793 f., 798; Belz u.a., Polizeigesetz für Bad.-Württ., 8. Aufl. § 8 Rn. 2, 6). Ausgehend von diesen Grundsätzen war der sofortige Vollzug im vorliegenden Fall rechtswidrig. Denn die - tatsächliche oder fiktive - Grundverfügung mit dem Gebot der Beamten an den Kläger, sie zur Dienststelle zu begleiten, war auf § 23 Abs. 3 Satz 4 BPolG gestützt. Diese Vorschrift bot für die Grundverfügung jedoch keine Rechtsgrundlage, da sie aus den oben (unter I.) genannten unionsrechtlichen Gründen im April 2013 unanwendbar war.
133 
III. Der nach Aushändigung des Personalausweises durchgeführte Datenabgleich war ebenfalls rechtswidrig.
134 
Als Rechtsgrundlage für diese Maßnahme kommt einzig der auch von der Beklagten ins Feld geführte § 34 Abs. 1 Satz 2 BPolG in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann die Bundespolizei im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erlangte personenbezogene Daten mit dem Fahndungsbestand abgleichen (sog. Fahndungsabgleich). Der Betroffene kann für die Dauer des Abgleichs angehalten werden (§ 34 Abs. 1 Satz 3 BPolG). Die Vorschrift setzt voraus, dass der Bundespolizei die personenbezogenen Daten, die abgeglichen werden sollen, auf rechtmäßige Art und Weise bekannt geworden sind (Arzt, in: Schenke/Graulich/Ruthig, a.a.O., § 34 Rn. 7; Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 34 Rn. 12 m.w.N.). Daran fehlt es hier aus den oben (unter I.) genannten unions- und bundesrechtlichen Gründen.
135 
IV. Die Durchsuchung des Rucksacks des Klägers war ebenfalls rechtswidrig.
136 
1. In § 44 Abs. 2 BPolG fand diese Maßnahme keine Rechtsgrundlage. Nach dieser Vorschrift kann die Bundespolizei im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BPolG durchsuchen. Diese § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG ergänzende Vorschrift ist Teil der Bestimmungen zur sog. Schleierfahndung und soll im o.g. Sinne verdachtsunabhängige Kontrollen ermöglichen. Sie war jedenfalls im April 2013 aus den oben (unter I.) genannten unionsrechtlichen Gründen unanwendbar.
137 
2. Auch § 44 Abs. 1 Nr. 1 BPolG i.V.m. § 43 Abs. 3 BPolG bot keine Rechtsgrundlage für die Durchsuchung des Rucksacks.
138 
Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BPolG kann die Bundespolizei eine Sache durchsuchen, wenn sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 BPolG durchsucht werden darf. Nach § 43 Abs. 3 BPolG kann die Bundespolizei eine Person, deren Identität nach dem Bundespolizeigesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
139 
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lagen hier nicht vor. Das folgt bereits daraus, dass die Beamten der Beklagten den Rucksack des Klägers - auch nach der Darstellung der Beklagten - erst durchsuchten, nachdem der Kläger seinen Personalausweis bereits vorgezeigt hatte. Er war daher zum Zeitpunkt der Durchsuchung nicht mehr eine „Person, deren Identität festgestellt werden soll“.
140 
Unabhängig davon besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Beamten der Beklagten den Rucksack des Klägers zum Zwecke der Eigensicherung durchsuchten. In dem nachgereichten Durchsuchungsprotokoll gab die Beklagte an, dass zwar die Maßnahme „gem. § 43 Abs. 3 BPolG“ - d.h. die Aufforderung zur Offenlegung des Inhalts der Hosentasche (dazu unten V.) - „zur Eigensicherung während der Identitätsfeststellung“ durchgeführt worden sei. Die Beklagte erklärte aber in dem Protokoll zugleich, dass die Maßnahme „gem. § 44 Abs. 2 BPolG“ - d.h. die Durchsuchung des Rucksacks - eine „Durchsuchung im 30km-Gebiet zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise/Verbringungsverbote“ gewesen sei (vgl. Bl. 16 d. Verw.-Akte). Das entspricht den Angaben von POK xxx in dem von ihm am 18.04.2013 und damit wenige Tage nach der Kontrolle erstellten Stellungnahme, in der er ausführte (Bl. 7 d. Verw.-Akte): „Währenddessen wurde der mitgeführte Rucksack des [Klägers] durch POM xxx durchsucht. Diese Maßnahme begründete sich im Verhalten des [Klägers]. Er war sehr nervös und vermittelte dadurch (nach polizeilichen Erfahrungswerten) den Eindruck, möglicherweise gegen Verbringungsverbote zu verstoßen“. Das belegt zusätzlich, dass die Beamten der Beklagten jedenfalls mit der Durchsuchung des Rucksacks nicht das Ziel einer Eigensicherung verfolgten, sondern sich auch insoweit auf Rechtsgrundlagen aus dem Bereich der „Schleierfahndung“ - dem selbst angeführten § 44 Abs. 2 BPolG - stützten.
141 
3. Die Durchsuchung fand danach auch in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BPolG i.V.m. § 43 Abs. 1 Nr. 2 BPolG keine Rechtsgrundlage. Die zuletzt genannte Vorschrift gestattet die Durchsuchung von Personen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen. Sicherstellen kann die Bundespolizei eine Sache - nach dem hier allenfalls in Betracht kommenden Tatbestand - um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren (§ 47 Nr. 1 BPolG), weil entweder von der Sache selbst eine Gefahr ausgeht, weil sie sich in einem gefährlichen Zustand befindet, oder diese in einer Weise verwendet wird, aus der sich Gefahren für Dritte ergeben, insbesondere deren Verletzung droht (vgl. W.-R. Schenke, a.a.O., § 47 Rn. 9). Die Abwehr solcher Gefahren war aus den oben (2.) genannten Gründen nicht Zweck der Durchsuchung des Rucksacks.
142 
Die von den Beamten angeführte Rechtsgrundlage - § 44 Abs. 2 BPolG - kann im Übrigen auch nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch § 44 Abs. 1 Nr. 1 BPolG i.V.m. § 43 Abs. 1 Nr. 2 BPolG ausgetauscht werden. Ein solcher Austausch kommt allenfalls dann in Betracht, wenn ein Verwaltungsakt dadurch und durch den Austausch der Begründung nicht in seinem Wesen geändert wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.03.2010 - 8 C 12.09 - NVwZ-RR 2010, 636 m.w.N.). Wird speziell eine Ermessensentscheidung der Behörde durch die angegebene Rechtsgrundlage nicht gedeckt, kann sie nur dann aufgrund einer anderen Rechtsgrundlage rechtmäßig sein, wenn die beiden Vorschriften zugrundeliegenden Erwägungen übereinstimmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.05.1991 - 8 S 1068/91 - NuR 1991, 434). Nach diesen Grundsätzen ist schon deshalb kein Raum dafür, die Durchsuchung nachträglich und entgegen der von der Beklagten ausdrücklich angegebenen Rechtsgrundlage des § 44 Abs. 2 BPolG auf § 44 Abs. 1 Nr. 1 BPolG i.V.m. § 43 Abs. 1 Nr. 2 BPolG zu stützen, da Maßnahmen der sog. Schleierfahndung, die auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr im polizeirechtlichen Sinne gerade verzichten, im Vergleich zu Maßnahmen zur Abwehr konkreter - hier sogar „gegenwärtiger“ - Gefahren wesensverschieden sind. Hinzu kommt, dass in beiden Fällen auch unterschiedliche Gesichtspunkte für die Ermessensausübung von Belang sind.
143 
V. Die Aufforderung der Beamten an den Kläger, seine Hosentaschen zu leeren, und die Betrachtung der vorgezeigten Gegenstände waren hingegen rechtmäßig.
144 
1. Als Rechtsgrundlage für die genannten Maßnahmen kommt der die „Durchsuchung von Personen“ regelnde § 43 BPolG allerdings nicht in Betracht.
145 
Nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 BPolG kann eine Person durchsucht werden, wenn sie nach dem Bundespolizeigesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann. Nach § 43 Abs. 3 BPolG kann, wie gezeigt, die Bundespolizei eine Person, deren Identität nach dem Bundespolizeigesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
146 
Diese Vorschriften scheiden als Rechtsgrundlage schon dem Grunde nach aus, da die Beamten die Person des Klägers nicht durchsucht haben. Unter einer „Durchsuchung der Person“ ist die Suche nach Gegenständen am Körper oder in den Kleidungsstücken des Betroffenen zu verstehen, die sich auf ein Hineingreifen in und zwischen die am Körper getragenen Kleidungsstücke, ein Abtasten des bekleideten Körpers sowie erforderlichenfalls die Nachschau (Betrachtung) des unbekleideten Körpers erstreckt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.07.1998 - 24 ZB 98.850 - NVwZ-RR 1999, 310; W.-R. Schenke, a.a.O., § 32 BPolG Rn. 3; Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 43 Rn. 2 m.w.N.). Hierbei handelt es sich um einen Realakt (Drewes/Malmberg/Walter ebd.), den nur die Polizei selbst vornehmen kann (Rachor, a.a.O., E Rn. 576). Zu einem solchen Realakt kam es hier nicht. Denn ihre Beamten haben den Kläger stattdessen aufgefordert, seine Hosentaschen selbst zu leeren, und die von ihm daraufhin vorgezeigten Gegenstände in Augenschein genommen. Rechtlich betrachtet haben die Beamten mit ihrer Aufforderung an den Kläger, den Inhalt seiner Hosentaschen selbst vorzuzeigen, dem Umstand Rechnung getragen, dass dem Betroffenen selbst beim Vorliegen der Voraussetzungen einer „Durchsuchung der Person“ zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zunächst grundsätzlich die Möglichkeit gegeben werden muss, den Inhalt seiner Taschen auszuleeren und bei Bedarf Kleidungsstücke abzulegen (vgl. Rachor, a.a.O., E Rn. 574). Da es sich hierbei um ein deutlich milderes Mittel handelt (vgl. Rachor, a.a.O., E Rn. 172, 574), das die mit einer Durchsuchung der Person verbundenen Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht - unter Umständen in die Intimsphäre - des Betroffenen gerade vermeidet, muss eine solche Aufforderung nicht den strengen Anforderungen genügen, die der Gesetzgeber für eine Durchsuchung der Person aufgestellt hat.
147 
2. Die Aufforderung, die Hosentaschen zum Zwecke der Eigensicherung der Polizeibeamten zu leeren, findet ihre Rechtsgrundlage stattdessen mangels abschließender Regelung in den Vorschriften über die Standardmaßnahmen in der polizeiliche Generalklausel aus §§ 1 bis 7 i.V.m. § 14 BPolG.
148 
Nach § 14 Abs. 1 BPolG kann die Bundespolizei zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach den §§ 1 bis 7 BPolG die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren, soweit nicht dieses Gesetz die Befugnisse der Bundespolizei besonders regelt. Eine Gefahr in diesem Sinne ist eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Bereich der Aufgaben, die der Bundespolizei nach den §§ 1 bis 7 BPolG obliegen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 BPolG), darunter der Grenzschutz (§ 2 Abs. 1 BPolG).
149 
a) Die Vorschriften über die polizeiliche Generalklausel sind wirksam. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die genannten Vorschriften bestehen entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht.
150 
Solche Bedenken ergeben sich insbesondere nicht aus dem sinngemäßen Einwand des Klägers, durch die Einführung der Vorschriften über die Schleierfahndung aus § 23 Abs. 1 Nr. 3, § 44 Abs. 2 Satz 1 BPolG sei der frühere Bundesgrenzschutz unter Verstoß gegen formelles und materielles Verfassungsrecht zu einer „allgemeinen Polizei des Bundes praeter constitutio(nem)“ geworden. Die diesbezüglichen Einwände beziehen sich auf die Änderungsgesetze zur Schaffung der § 23 Abs. 1 Nr. 3, § 44 Abs. 2 Satz 1 BPolG zur verdachtsunabhängigen - von konkreten Gefahren grundsätzlich abgelösten - Schleierfahndung. In Bezug auf Rechtsgrundlagen aus dem Bundespolizeigesetz, die - wie hier die polizeirechtliche Generalklausel - der Abwehr von konkreten Gefahren dienen, führen sie nicht weiter (vgl. unabhängig davon zur Vereinbarkeit der Vorschriften zur Schleierfahndung mit deutschem Verfassungsrecht W.-R. Schenke, a.a.O., § 23 BPolG Rn. 12 f. m.w.N.).
151 
Soweit der Kläger Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Bundespolizeigesetzes insgesamt mit seinem sinngemäßen Einwand vorträgt, die durch den Bundesgesetzgeber eingeführte Bezeichnung „Bundespolizei“ sei irreführend und verstoße gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Sachlichkeitsgebot, teilt der Senat diese Bedenken nicht. Der Gesetzgeber hat sich bei dem „Gesetz zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in Bundespolizei“ vom 21.06.2005 (BGBl. I S. 1818) von der Überlegung leiten lassen, dass der zuvor so bezeichnete Bundesgrenzschutz eine Polizei des Bundes ist, „deren Aufgabe sich längst nicht mehr auf den klassischen Schutz der Grenzen beschränkt. Die bestehende Bezeichnung ‚Bundesgrenzschutz‘ wird der tatsächlichen Aufgabenvielfalt nicht mehr gerecht“ (Gesetzesbegründung vom 07.04.2005, BT-Drs. 15/5217, S. 1). Weshalb diese Erwägung „irreführend“ oder sonst unter Verstoß gegen Verfassungsrecht unsachlich sein sollte, erschließt sich nicht.
152 
b) Die Anwendung der polizeilichen Generalklausel wird im vorliegenden Fall auch nicht, wie vom Kläger in der mündlichen Verhandlung in Betracht gezogen, durch die Vorschriften aus § 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BPolG ausgeschlossen. Der rechtsmethodische Grundsatz, dass das spezielle Gesetz das allgemeinere verdrängt, ist nicht einschlägig, da § 43 BPolG, wie gezeigt, eine Durchsuchung der Person regelt, um die es hier nicht geht, und daher gegenüber Vorschriften, die andere Maßnahmen zur Inaugenscheinnahme eines Tascheninhalts gestatten, kein spezielleres Gesetz ist. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber § 43 BPolG als abschließende Regelung mit dem Inhalt normieren wollte, dass eine Aufforderung, den Tascheninhalt vorzuzeigen, generell ausgeschlossen sein sollte. Eine solche Annahme verbietet sich schon deshalb, weil das einem gesetzlichen Ausschluss von zum Zwecke der Eigensicherung in vielen Fällen gleich wirksamen, aber weniger beeinträchtigenden Maßnahmen gleichkäme, was mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. § 15 BPolG) nicht zu vereinbaren wäre.
153 
c) Der Anwendung der polizeilichen Generalklausel kann auch nicht entgegengehalten werden, die Beamten der Beklagten hätten auch insoweit - wie bei der Durchsuchung des Rucksacks - tatsächlich nicht zu Zwecken der Eigensicherung gehandelt, sondern sich noch im Bereich der sog. Schleierfahndung bewegt. In dem von der Beklagten erstellten, wie gezeigt differenzierten (s. oben IV.2.) Durchsuchungsprotokoll hatte die Beklagte angegeben, dass - anders als die Durchsuchung des Rucksacks - die Aufforderung zur Offenlegung des Inhalts der Hosentaschen „zur Eigensicherung während der Identitätsfeststellung“ durchgeführt wurde (vgl. Bl. 16 d. Verw.-Akte). An der Richtigkeit dieser Angabe zum Zweck der Maßnahme bestehen keine Zweifel. Sie stimmen mit den Angaben der handelnden Beamten und dem Vortrag des Klägers überein, dass eine der anwesenden Beamtinnen erläutert hatte, man wolle am Abend „sicher zu den Familien zurückkehren“. Der Kläger hat zudem in der mündlichen Verhandlung des Senats erläutert, dass er im Zusammenhang mit der Aufforderung, seine Hosentaschen zu leeren, seitens der Beamten gefragt wurde, ob er Waffen oder gefährliche Gegenstände bei sich trage, und dass diese auf (ihres Erachtens sich durch die Hose abzeichnende) „spitze Gegenstände in der Tasche“ verwiesen hatten. Dass das Gebot, den Inhalt der Hosentaschen zu offenbaren, tatsächlich dem Zweck der Eigensicherung diente, steht daher außer Zweifel.
154 
d) Die Beamten der Beklagten sind bei dem Erlass des Verwaltungsakts mit dem Gebot an den Kläger, den Inhalt seiner Hosentaschen offen zu legen, formell rechtmäßig vorgegangen.
155 
aa) Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, wie sämtliche angegriffenen Maßnahmen sei auch das Vorgehen der Beamten im Zusammenhang mit dem Inhalt seiner Hosentaschen bereits aus formellen Gründen nichtig.
156 
Er trägt vor, die Bundespolizeibeamten hätten ihn über die Behördeneigenschaft irregeführt, weil die ihm damals ausgehändigte Visitenkarte die Beamten als solche der „Bundespolizeiinspektion Weil am Rhein“ ausgewiesen habe, obwohl die Bundespolizeiinspektion keine Behörde, sondern eine unselbständige Untergliederung sei. Diese „Irreführung“ habe dazu geführt, dass er seine Klage bei einem Gericht - dem Verwaltungsgericht Freiburg - eingelegt habe, das sich für nicht zuständig gehalten habe. Die „Irreführung“ führe analog § 44 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG zur „Gesamtnichtigkeit“ der Maßnahmen.
157 
Der Einwand geht fehl. Das gilt unabhängig davon, dass ihm die Visitenkarte ohnehin nach dem Abschluss der Maßnahme betreffend seine Hosentasche ausgehändigt wurde. Nach § 44 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt, der schriftlich oder elektronisch erlassen wurde, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt, nichtig. Es bedarf keiner Entscheidung, ob diese Vorschrift auf mündliche Verwaltungsakte analog anwendbar ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 44 Rn. 35 m.w.N. zum Meinungsstand). Die Regelung kommt allenfalls dann zum Tragen, wenn für die Betroffenen auch aus den Umständen des Erlasses des Verwaltungsakts nicht mit hinreichender Sicherheit erkennbar ist, ob und ggf. welche Behörde die Regelung getroffen hat. Davon kann hier keine Rede sein. Die Angaben auf der dem Kläger ausgehändigten Visitenkarte waren in tatsächlicher Hinsicht zutreffend (vgl. die Kopie auf S. 141 der Berufungsbegründung = Bl. 675 d. VGH-Akte: „Bundespolizeiinspektion Weil am Rhein, Revier Freiburg, […], Polizeioberkommissar, Gruppenleiter BPOLR FR - DGE, Hausanschrift: […]“). Dass der Kläger aus diesen zutreffenden Angaben rechtliche falsche Schlüsse in Bezug auf das für seine Klage zuständige Verwaltungsgericht (vgl. § 52 VwGO) gezogen hat, begründet keine „Irreführung“ und führt auch sonst nicht zur formellen Rechtswidrigkeit oder gar Nichtigkeit des mündlichen Verwaltungsakts.
158 
bb) Das an den Kläger ergangene Gebot, den Inhalt seiner Hosentaschen vorzuzeigen, war auch nicht deshalb rechtswidrig, weil sich nur einer der Beamten (mittels der Visitenkarte) ausgewiesen hat und nach Darstellung des Klägers auch dies erst nach dem Abschluss der Maßnahmen erfolgt ist. Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine solche Ausweispflicht im April 2013 aus den hierfür allenfalls in Betracht kommenden innerdienstlichen Weisungen der Beklagten folgte und ob der Kläger daraus ggf. einen Anspruch auf Ausweisung abzuleiten vermochte. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, handelte es sich dabei jedenfalls nicht um eine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass von Verwaltungsakten zur Gefahrenabwehr.
159 
cc) Ein formeller Rechtsfehler ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger hervorgehobenen und in § 37 Abs. 2 Satz 2 VwVfG geregelten Umstand, dass mündlich erlassene Verwaltungsakte zu bestätigen sind, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Das Gebot, einen mündlichen Verwaltungsakt nachträglich zu bestätigen, stellt lediglich eine schlichthoheitliche Maßnahme dar, die Beweiszwecken dient (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 37 Rn. 23 m.w.N.). Aus der Vorschrift ergibt sich jedoch keine formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den - bereits erlassenen - mündlichen Verwaltungsakt. Unabhängig davon ist der Einwand des Klägers auch in tatsächlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar. Denn die Beklagte hat die an den Kläger ergangene Aufforderung, den Inhalt seiner Hosentaschen vorzuzeigen, seit dem von ihm eingeleiteten Beschwerdeverfahren mehrfach bestätigt und erläutert.
160 
dd) Unerheblich für die formelle Rechtmäßigkeit der Aufforderung, den Inhalt der Hosentaschen vorzuzeigen, ist auch, ob § 44 Abs. 4 Satz 3 BPolG auf eine solche Fallkonstellation, wie der Kläger meint, entsprechend anzuwenden ist. Nach dieser unmittelbar bei der Durchsuchung von Sachen anwendbaren Vorschrift ist dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob diese Bescheinigung unmittelbar nach der Durchsuchung ausgestellt werden muss oder - wie hier etwa in Bezug auf den Rucksack geschehen - auch im Wege einer nachgehenden Übersendung des Durchsuchungsprotokolls erfolgen kann. Denn das Gebot, eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund auszustellen, ist jedenfalls keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Durchsuchung (vgl. Drewes/Malm-berg/Walter, a.a.O., § 44 Rn. 22; W.-R. Schenke, a.a.O., § 44 Rn. 19; a.A. insoweit wohl Rachor, a.a.O., E Rn. 626, der aber auf eine Heilung nach § 46 VwVfG verweist).
161 
e) Der Verwaltungsakt mit dem Gebot an den Kläger, den Inhalt seiner Hosentaschen offen zu legen, war auch materiell rechtmäßig.
162 
Die von der polizeilichen Generalklausel vorausgesetzte Gefahr für die öffentliche Sicherheit lag vor. Denn die Beamten der Beklagten durften bei einer Zusammenschau des ungewöhnlichen Verhaltens des Klägers - dem auch von ihm eingeräumten Erheben der Stimme, seinem nervösen Auftreten, seiner Reaktion auf die Aufforderung Abstand zu halten und seinem reflexartigen Fassen an oder in die gefüllten Hosentaschen -, das sich als deutliche Überreaktion auf einen vergleichsweise nichtigen Anlass darstellte, und des Umstands, dass in seinen Hosentaschen auch nach seiner Darstellung Gegenstände erkennbar waren, bei verständiger Würdigung der Lage davon ausgehen, dass es in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an Individualrechtsgütern, hier namentlich zu einer Verletzung ihrer körperlichen Unversehrtheit kommen würde (vgl. zu den Begriffen der konkreten Gefahr und der öffentlichen Sicherheit nur W.-R. Schenke, a.a.O., § 14 Rn. 10 f.; 19; Drewes/Malm-berg/Walter, a.a.O., § 14 Rn. 25, 29). Das gilt umso mehr, als bei einer zum Zwecke der Eigensicherung verfügten Aufforderung, den Inhalt von Hosentaschen offenzulegen, angesichts der hohen Bedeutung der hier gefährdeten Rechtsgüter - Leib und Leben der Beamten (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) - keine übersteigerten Anforderungen an die Gefahrenprognose zu stellen sind. Unabhängig davon ergäbe sich selbst dann nichts anderes, wenn man davon ausginge, dass die den Beamten bekannten Tatsachen lediglich einen Gefahrenverdacht begründeten. Sie waren dann jedenfalls zu Gefahrerforschungsmaßnahmen befugt, um den Sachverhalt insoweit weiter aufzuklären (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.03.1994 - 10 S 1415/92 - VBlBW 1995, 64; zur Zulässigkeit von Gefahrerforschungseingriffen auf der Grundlage der bundespolizeilichen Generalklausel Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 14 Rn. 57). Das Leeren der Taschen des Klägers diente dem Zweck, durch weitere Ermittlungen auszuschließen, dass er gefährliche Gegenstände bei sich trug und ggf. einsetzen würde.
163 
Der Kläger kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, eine Gefahr habe deshalb nicht vorgelegen, weil zum Zeitpunkt dieser Aufforderung sechs Beamten anwesend gewesen seien. Dieser Umstand hätte möglicherweise bei drohender Realisierung der Gefahr eine Schadensabwehr oder -minderung erleichtert, er schloss das Vorliegen einer Gefahr oder eines dahingehenden Verdachts aber nicht aus.
164 
Unerheblich ist auch, ob die Aufforderung der Beamten, den Inhalt der Hosentaschen vorzuzeigen, - wie die Beklagte vorträgt - während oder - wie der Kläger behauptet - nach Abschluss der Identitätsfeststellung und des Datenabgleichs erfolgte. Ohne Belang sind auch die zwischen den Beteiligten im Einzelnen umstrittenen Fragen, ob jene Maßnahme während oder nach der Durchsuchung des Rucksacks stattfand oder sich damit (nur) teilweise zeitlich überschnitt. Unerheblich ist ferner, ob die Identitätsfeststellung und die Durchsuchung des Rucksacks ihrerseits rechtmäßig waren. Besteht die Gefahr, dass eine - zu Recht oder zu Unrecht - noch oder bis kurz zuvor angehaltene Person Beamte am Körper verletzen könnte, sind diese berechtigt, Maßnahmen zur Eigensicherung zu treffen. Es handelt sich hierbei um Maßnahmen zur Abwehr konkreter Gefahren außerhalb des Bereichs der sog. Schleierfahndung. Schon deshalb besteht der vom Kläger behauptete, alle Maßnahmen übergreifende „Rechtmäßigkeitszusammenhang“ nicht.
165 
Die Aufforderung der Beamten an den Kläger, die Hosentaschen zu leeren, war auch im Übrigen materiell rechtmäßig, insbesondere ermessensfehlerfrei, namentlich verhältnismäßig. Die Beamten haben das in der konkreten Situation mildeste Mittel zur Erreichung des Eigensicherungszwecks (vgl. dazu das Durchsuchungsprotokoll, Bl. 16 d. Verw.-Akte: „Eigensicherung“) gewählt, das zur Erreichung dieses Ziels - des Schutzes von Leib und Leben der Beamten - erforderlich war und angesichts des hohen Rangs der geschützten Rechtsgüter (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) einerseits und des vergleichsweise geringfügigen Eingriffs in die Rechte des Klägers andererseits nicht unangemessen (unverhältnismäßig i.e.S.) war.
166 
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg einwenden, ein materieller „Rechtswidrigkeitsgrund“ ergebe sich daraus, dass die Beklagte mit der gesamten, auch noch während der Kontrolle seiner Hosentascheninhalts (und des Rucksacks) erfolgten, von ihm so bezeichnete „Bewegungseinschränkung“ gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 104 GG verstoßen habe. Ein solcher Verstoß liegt nicht vor. Eine „Freiheitsentziehung“ im Sinne des Art. 104 Abs. 2 GG haben die Beamten der Beklagten entgegen den Andeutungen des Klägers nicht durchgeführt, da der Zweck der Maßnahme - die Kontrolle des Inhalts der Hosentaschen - nicht die Einschränkung der Bewegungsfreiheit - sondern die Eigensicherung - war und diese auch nicht länger andauerte, als dies für diesen Zweck und eine Maßnahme dieser Art typischerweise zu veranschlagen ist (s. näher zur Abgrenzung Rachor, a.a.O., E Rn. 496). Dass der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung sinngemäß ausgeführt hat, die Maßnahme auch angesichts der Zahl der bis dahin anwesenden Beamten subjektiv als „freiheitsentziehend“ empfunden haben mag, ändert daran nichts. Die mit dem kurzzeitigen Anhalten verbundene Freiheitsbeschränkung begegnet auch im Lichte des Art. 104 Abs. 1 GG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere war die gebotene gesetzliche Grundlage vorhanden (vgl. oben a).
167 
3. Selbst wenn die Aufforderung zur Offenlegung des Hosentascheninhalts an dem die „Durchsuchung von Personen“ regelnden § 43 BPolG gemessen würde, ist die Maßnahme rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage dann in dessen Absatz 1 Nr. 2 BPolG. Nach dieser Vorschrift kann, wie gezeigt, die Bundespolizei eine Person durchsuchen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen, wobei die Bundespolizei eine Sache sicherstellen kann, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren (§ 47 Nr. 1 BPolG). Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Denn aus den oben (unter 2.) genannten Gründen rechtfertigten Tatsachen die Annahme, dass der Kläger Gegenstände mit sich führen könnte, die eine gegenwärtige - d.h. zeitlich besonders naheliegende und mit gesteigerter Wahrscheinlichkeit bestehende (vgl. W.-R. Schenke, a.a.O., § 47 BPolG Rn. 8) - Gefahr für die Beamten der Beklagten begründen. Angesichts der hohen Bedeutung der hier gefährdeten Rechtsgüter sind insoweit auch bei einer zum Zwecke der Eigensicherung durchgeführten Durchsuchung von Sachen keine übersteigerten Anforderungen an die Gefahrenprognose zu stellen. Die wenige Minuten dauernde Durchsuchung erfolgte auch ermessensfehlerfrei, insbesondere verhältnismäßig.
168 
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
169 
D. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Die Fragen, ob die § 28 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 44 Abs. 2 BPolG im April 2013 mit Unionsrecht unvereinbar und deshalb unanwendbar waren, sind nicht von grundsätzlicher Bedeutung, da die „BRAS 120“ in der damals geltenden Fassung nicht mehr anwendbar sind und durch andere innerdienstliche Vorgaben ersetzt wurden. Die genannten Fragen sind zudem nicht entscheidungserheblich, da die fraglichen Maßnahmen selbst bei Anwendung des damals geltenden nationalen Rechts aus den oben (unter B.) genannten Gründen rechtswidrig waren.

Gründe

 
56 
Die Berufung ist zulässig (-A.-) und zum Teil begründet (-B.-).
57 
A. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere entspricht die vom Kläger eingereichte Berufungsbegründungsschrift vom 12.11.2015 inhaltlich noch den gesetzlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Zwar hat der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 12.11.2015 in erheblichem Umfang der Sache nach Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt, obwohl der Senat zuvor bereits die Berufung gegen sein Urteil zugelassen hatte. Der Schriftsatz genügt aber dessen ungeachtet noch den Anforderungen an eine Berufungsbegründung. Die Begründung der Berufung muss erkennen lassen, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen dieses Urteil nach Ansicht der Berufungskläger unrichtig sein soll und geändert werden muss. Hierfür muss der Berufungskläger zumindest eine bestimmte tatsächliche Feststellung, eine rechtliche Sachverhaltswürdigung oder eine allgemeine Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die dessen Urteil tragen, angreifen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 17.12.2015 - 6 B 24/15 - juris; Senat, Urt. v. 21.07.2017 - 1 S 1240/16 - juris). Die Ausführungen des Klägers zu den Zulassungsgründen des § 124 Abs. 2 VwGO, insbesondere zu den sinngemäß als grundsätzlich bedeutsam angesehenen Rechtsfragen und zu den angeblichen Verfahrensfehlern des Verwaltungsgerichts lassen zwar nicht immer erkennen, aus welchen Gründen das Urteil des Verwaltungsgerichts im Sinne des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO zu ändern sein soll. Jedoch ist bei zusammenschauender Betrachtung des Klägervorbringens insgesamt noch hinreichend dargelegt, weshalb aus seiner Sicht das angegriffene Urteil unrichtig und in der Sache anders zu entscheiden sein soll.
58 
B. Die Berufung ist auch teilweise begründet.
59 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage teilweise zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen als Fortsetzsetzungsfeststellungs- bzw. Feststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Klage ist auch teilweise begründet. Denn die vom Kläger angefochtenen Maßnahmen waren zum Teil rechtswidrig und verletzten ihn insoweit in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Rechtswidrig waren die Identitätsfeststellung (-I.-), die Anwendung unmittelbaren Zwangs durch das Festhalten am Oberarm (-II.-), der Datenabgleich (-III.-) sowie die Durchsuchung des Rucksacks (-IV.-). Rechtmäßig war hingegen die Aufforderung, den Inhalt der Hosentaschen vorzuzeigen einschließlich der anschließenden Betrachtung der vorgezeigten Gegenstände (-V.-); insoweit ist die Klage unbegründet.
60 
I. Die am 13.04.2013 durchgeführte Identitätsfeststellung war rechtswidrig.
61 
Als Eingriff in das Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) und in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG, vgl. jeweils W.-R. Schenke, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, § 23 BPolG Rn. 3) bedurfte die Identitätsfeststellung einer gesetzlichen Grundlage. Daran fehlte es. Der von der Beklagten angeführte und einzig in Betracht kommende § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG war jedenfalls in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Kontrolle selbst, am 13.04.2013, aus Gründen des Unionsrechts unanwendbar (-1.-). Unabhängig davon wäre die Identitätsfeststellung auch gemessen am nationalen Recht - seine Anwendbarkeit unterstellt - materiell rechtswidrig, weil sie unter Zugrundelegung der von der Beklagten angeführten ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften ermessensfehlerhaft durchgeführt wurde (-2.-).
62 
1. Die streitbefangene Identitätsfeststellung findet in § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG keine gesetzliche Grundlage. Die Vorschrift (-a-) war im April 2013 nicht anwendbar (-b-).
63 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG kann die Bundespolizei im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BPolG die Identität einer Person feststellen. Straftaten im Sinne dieser Vorschrift sind Vergehen (§ 12 Abs. 2 StGB), die (Nr. 1) gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung der Aufgaben der Bundespolizei nach § 2 BPolG - d.h. der Aufgaben des Grenzschutzes - gerichtet sind, oder die (Nr. 2) nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen sind, soweit sie durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurden, oder die (Nr. 3) einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen sollen, soweit sie bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt werden, oder die (Nr. 4) das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklichen, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist (wie dies z.B. im Bereich des Betäubungsmittelrechts der Fall ist, vgl. § 21 Abs. 2 BtMG).
64 
Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG erfüllt, kann die Bundespolizei gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 BPolG zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, dass er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, dass der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann (§ 23 Abs. 3 Satz 2 bis 4 BPolG).
65 
Die genannten Bestimmungen zur Identitätsfeststellung sind Teil der Vorschriften über die sog. Schleierfahndung im Grenzgebiet (näher zur Genese der diesbezüglichen Vorschriften Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E Rn. 355 f., 385 ff.; Gnüchtel, NVwZ 2013, 980 f.). § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG zeichnet sich wie andere Vorschriften aus diesem Bereich insbesondere dadurch aus, dass der Tatbestand der Vorschrift das polizeiliche Eingreifen - hier die Identitätsfeststellung - nicht vom Vorliegen einer konkreten Gefahr im polizeirechtlichen Sinne abhängig macht (vgl. W.-R. Schenke, a.a.O., § 23 BPolG Rn. 12; Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 4. Aufl., § 23 Rn. 14). Anknüpfungspunkt für eine Identitätsfeststellung ist nach dem Wortlaut dieser Vorschrift vielmehr allein der Umstand, dass sich eine Person an einem bestimmten Ort - im Grenzgebiet im Sinne der o.g. Vorschriften - aufhält. Hinweise darauf, dass von der zu überprüfenden Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht oder dass sie eine Straftat begangen hat, müssen nach dem Wortlaut der Norm hingegen nicht vorliegen (auch daher sog. anlass-, verdachts- oder ereignisunabhängige Personenkontrolle, vgl. Rachor, a.a.O., Rn. 357).
66 
b) § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG war im April 2013 keine taugliche Rechtsgrundlage für die Identitätsfeststellung des Klägers. Sie war auch unter Berücksichtigung der ergänzend erlassenen Verwaltungsvorschriften der Beklagten mit Unionsrecht (-aa-) nicht vereinbar (-bb-) und daher unanwendbar (-cc-).
67 
aa) Gemäß Art. 67 Abs. 2 AEUV stellt die Union u.a. sicher, dass Personen an den Binnengrenzen nicht kontrolliert werden. Die vor diesem Hintergrund erlassene - im April 2013 noch maßgebliche - Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.03.2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (ABl. L 105 vom 13.04.2006, S. 1 - Schengener Grenzkodex ) definiert dazu in Art. 2 Nr. 9 bis 11 verschiedene Begriffe. Danach sind „Grenzkontrollen“ die an einer Grenze nach Maßgabe und für die Zwecke dieser Verordnung unabhängig von jedem anderen Anlass ausschließlich aufgrund des beabsichtigten oder bereits erfolgten Grenzübertritts durchgeführten Maßnahmen, die aus Grenzübertrittskontrollen und Grenzüberwachung bestehen. „Grenzübertrittskontrollen“ sind die Kontrollen, die an den Grenzübergangsstellen erfolgen, um festzustellen, ob die betreffenden Personen mit ihrem Fortbewegungsmittel und den von ihnen mitgeführten Sachen in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen oder aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ausreisen dürfen. Als „Grenzüberwachung“ gilt die Überwachung der Grenzen zwischen den Grenzübergangsstellen und die Überwachung der Grenzübergangsstellen außerhalb der festgesetzten Verkehrsstunden, um zu vermeiden, dass Personen die Grenzübertrittskontrollen umgehen.
68 
Auf diesen Begriffsbestimmungen aufbauend bestimmt Art. 20 SGK, dass die Binnengrenzen unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betreffenden Personen an jeder Stelle ohne Personenkontrollen überschritten werden dürfen. Gemäß Art. 21 SGK berührt die Abschaffung der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen allerdings nicht:
69 
„a) die Ausübung der polizeilichen Befugnisse durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nach Maßgabe des nationalen Rechts, sofern die Ausübung solcher Befugnisse nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen hat; dies gilt auch in Grenzgebieten. Im Sinne von Satz 1 darf die Ausübung der polizeilichen Befugnisse insbesondere nicht der Durchführung von Grenzübertrittskontrollen gleichgestellt werden, wenn die polizeilichen Maßnahmen
70 
i) keine Grenzkontrollen zum Ziel haben;
71 
ii) auf allgemeinen polizeilichen Informationen und Erfahrungen in Bezug auf mögliche Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit beruhen und insbesondere auf die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität abzielen;
72 
iii) in einer Weise konzipiert sind und durchgeführt werden, die sich eindeutig von systematischen Personenkontrollen an den Außengrenzen unterscheidet;
73 
iv) auf der Grundlage von Stichproben durchgeführt werden;
74 
(…)
75 
c) die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, in ihren Rechtsvorschriften die Verpflichtung zum Besitz oder Mitführen von Urkunden und Bescheinigungen vorzusehen; (…).“
76 
Zur Auslegung dieser Vorschriften und der Frage, ob sie nationalen Regelungen entgegenstehen, die verdachtsunabhängige Kontrollen im Grenzraum ermöglichen, hat sich der EuGH in drei Entscheidungen zum - für unionsrechtswidrig befundenen - französischen Recht (Urt. v. 22.06.2010 - C-188/10 - Slg. 2010, I-5667 ), zum - als unionsrechtskonform gebilligten - niederländischen Recht (Urt. v. 19.07.2012 - C-278/12 - juris ) sowie zuletzt zum deutschen Recht, namentlich zu § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG, geäußert (Urt. v. 21.06.2017 - C-9/16 - EUGRZ 2017, 360; s. zum Vorlagebeschluss AG Kehl, Beschl. v. 21.12.2015 - 3 Ds Js 7262/14 - juris).
77 
Die Mitgliedstaaten sind danach verpflichtet, die Einhaltung des Unionsrechts und insbesondere der Art. 20 und 21 SGK durch die Schaffung und Wahrung eines „Rechtsrahmens“ zu sichern, der gewährleistet, dass die praktische Ausübung der Befugnis zur Durchführung von Identitätskontrollen nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen haben kann (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 37; Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 68). Sie haben insbesondere dann, wenn „Indizien“ darauf hindeuten, dass eine gleiche Wirkung wie bei Grenzübertrittskontrollen besteht, die Konformität der Identitätskontrollen mit Art. 21 Buchst. a SGK durch „Konkretisierungen und Einschränkungen“ sicherzustellen, die die praktische Ausübung der den Mitgliedstaaten zustehenden polizeilichen Befugnisse so einfassen, dass eine solche gleiche Wirkung vermieden wird (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 38; Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 70 m.w.N.). Eine nationale Regelung, die den Polizeibehörden eine Befugnis zur Durchführung von Identitätskontrollen einräumt, die zum einen auf das Gebiet an der Grenze des Mitgliedstaats zu anderen Mitgliedstaaten beschränkt und zum anderen unabhängig vom Verhalten der kontrollierten Person und vom Vorliegen besonderer Umstände ist, aus denen sich die Gefahr einer Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung ergibt, muss insbesondere das Ermessen lenken, über das diese Behörden bei der praktischen Handhabung der besagten Befugnis verfügen (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 39; Urt. v. 22.06.2010, a.a.O., Rn. 74). Je zahlreicher die Indizien für eine mögliche gleiche Wirkung im Sinne von Art. 21 Buchst. a SGK sind, die sich aus dem mit Kontrollen in einem Grenzgebiet verfolgten Ziel, aus deren räumlichem Anwendungsbereich und aus dem Bestehen unterschiedlicher Grundlagen für diese Kontrollen und die Kontrollen im übrigen Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats ergeben, umso strenger müssen außerdem die Konkretisierungen und Einschränkungen sein und eingehalten werden, die für die Ausübung der ihnen zustehenden polizeilichen Befugnisse durch die Mitgliedstaaten in einem Grenzgebiet gelten, um die Verwirklichung des Ziels der Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen nicht zu gefährden (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 40; Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 75). Schließlich muss der erforderliche Rahmen „hinreichend genau und detailliert“ sein, damit sowohl die Notwendigkeit der Kontrollen als auch die konkret gestatteten Kontrollmaßnahmen selbst Kontrollen unterzogen werden können (EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 40; Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 76).
78 
bb) Diesen Vorgaben genügt § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG auch in Verbindung mit den im April 2013 geltenden Verwaltungsvorschriften der Beklagten nicht.
79 
Kontrollen, wie sie in § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG vorgesehen sind, finden nicht „an einer Grenze“ oder beim „Grenzübertritt“, sondern im Innern des deutschen Hoheitsgebiets statt. Es handelt sich daher weder um verbotene „Grenzkontrollen“ noch um „Grenzübertrittskontrollen“ im Sinne der o.g. Legaldefinitionen (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 42 ff.). Es bestehen allerdings mehrere „Indizien“ im Sinne der Rechtsprechung des EuGH, die darauf hindeuten, dass eine im Sinne des Art. 21 SGK „gleiche Wirkung wie bei Grenzübertrittskontrollen“ besteht. Solche Indizien ergeben sich zum einen aus dem Umstand, dass für die Kontrollen hinsichtlich ihres räumlichen Anwendungsbereichs Sonderregeln mit Bezug zum Grenzraum gelten (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 53; ferner Urt. v. 22.06.2010, a.a.O., Rn. 72). Die gleiche Wirkung wird zum anderen dadurch indiziert, dass die Kontrollen nach dem Wortlaut der Norm unabhängig vom Verhalten der betreffenden Person und von Umständen, aus denen sich die Gefahr einer Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung ergibt, gestattet sind (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 40, 55). Die Beklagte hat deshalb durch die Schaffung und Wahrung eines „Rechtsrahmens“ mit hinreichend genauen und detaillierten Konkretisierungen oder Einschränkungen zur Lenkung der Intensität, der Häufigkeit und der Selektivität der Kontrollen zu gewährleisten, dass die praktische Ausübung der durch § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG eingeräumten Befugnis zur Durchführung von Identitätskontrollen nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen haben kann (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 57 ff., 59, 63 zu § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG).
80 
An einem solchen beschränkenden „Rechtsrahmen“ fehlte es im April 2013. Weder § 23 BPolG selbst (1) noch die im April 2013 darüber hinaus in Betracht kommenden rechtlichen Vorgaben (2) boten einen solchen Rahmen.
81 
(1) § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG selbst enthält insbesondere hinsichtlich der Intensität und der Häufigkeit der auf dieser Rechtsgrundlage möglichen Kontrollen weder Konkretisierungen noch Einschränkungen der mit ihm eingeräumten Befugnis, die verhindern sollen, dass die Anwendung und die praktische Ausübung dieser Befugnis durch die zuständigen Behörden zu Kontrollen führen, die im Sinne von Art. 21 Buchst. a der Verordnung Nr. 562/2006 die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen haben. Die Vorschrift selbst bietet den vom Unionsrecht geforderten Rechtsrahmen daher, wie der EuGH insoweit bereits selbst entschieden hat, nicht (vgl. zu § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 57, dort u.H. auf die entsprechenden Überlegungen im Urt. v. 22.06.2010, a.a.O. Rn. 73; ebenso - teils bereits zuvor - Groh, NVwZ 2016, 1678; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl., 7. Kap. Rn. 90; Trennt, DÖV 2012, 216 <221 ff.>; Albrecht/Halder, jurisPR-ITR 4/2016 Anm. 6). Daran ändert der von der Beklagten hervorgehobene Umstand, dass sich in den Gesetzesmaterialien Hinweise darauf finden, dass der Bundesgesetzgeber möglicherweise nicht beabsichtigte, „flächendeckende“ Kontrollen im Grenzgebiet einzuführen (vgl. zu § 22 Abs. 1a BGSG a.F. BT-Drs. 13/11159, S. 6; Gnüchtel, a.a.O., S. 981), nichts.
82 
(2) Ob das deutsche nationale Recht außerhalb dieser Vorschrift einen beschränkenden Rechtsrahmen im o.g. Sinn enthält, hat der EuGH in dem auf § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG bezogenen Vorlageverfahren C-9/16 nicht weiter geprüft und ausgeführt, diese Prüfung sei Sache der nationalen Gerichte (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Ls. 1 und Rn. 60 ff., 63). Diese Prüfung ergibt, dass das deutsche nationale Recht jedenfalls im hier maßgeblichen Zeitpunkt - im April 2013 - keinen den o.g. Anforderungen genügenden „Rechtsrahmen“ zum Ausschluss von Identitätskontrollen mit gleicher Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen bot (im Ergebnis ebenso Groh, a.a.O., S. 1678; Kugelmann, a.a.O., 7. Kap. Rn. 90; Trennt, a.a.O, 222 f.>; Albrecht/Halder, a.a.O., Anm. 6).
83 
(a) Ein den Vorgaben des EuGH genügender „Rechtsrahmen“ ergab sich nicht aus dem - von der Beklagten im Vorlageverfahren C-9/16 genannten - § 15 BPolG. Diese Vorschrift normiert im Allgemeinen Teil des Abschnitts 2 („Befugnisse“) des Bundespolizeigesetzes den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für Maßnahmen der Bundespolizei. Dieser Grundsatz schützt den Adressaten einer Maßnahme vor unverhältnismäßigen Eingriffen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bezieht sich aber auf das polizeiliche Handeln im jeweils konkreten Einzelfall und ist nicht dazu geeignet zu verhindern, dass die polizeiliche Praxis bei der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG generell die Wirkung von Grenzübertrittskontrollen erhält. Denn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz setzt die einzelne Maßnahme nicht in Bezug zu anderen Maßnahmen, erreicht mithin keine effektive Steuerung der Frage, wie oft verdachtsunabhängige Personenfeststellungen im Grenzraum durchgeführt werden. Er kann also insbesondere keine „Summierungseffekte“ verhindern (so zu Recht Michl, DÖV 2018, 50 <57>). Einen Rechtsrahmen zur Lenkung der „Häufigkeit und Selektivität“ (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 57, 59) von anlassunabhängigen Kontrollen im Grenzraum bietet § 15 BPolG selbst nicht.
84 
(b) Ein den Vorgaben des EuGH genügender „Rechtsrahmen“ ergab sich im April 2013 auch nicht aus den von der Beklagten ergänzend angeführten innerdienstlichen Vorgaben zu § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG.
85 
Die Beklagte verweist insoweit auf die „BRAS 120“, Band I, Abschnitt II, mit den darin enthaltenen Angaben zur grenzpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung („Best Grepo“) und dem im April 2013 noch maßgeblichen Stand vom 01.03.2008, bei denen es sich ihres Erachtens um ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften handelt. Die „BRAS 120“ in der Fassung vom 01.03.2008 waren jedoch weder ihrer Form (-aa-) noch ihrem Inhalt (-bb-) nach dazu geeignet, den unionsrechtlich geforderten hinreichend genauen und detaillierten Rechtsrahmen zur Lenkung der Intensität, Häufigkeit und Selektivität der durch § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG ermöglichten Kontrollen zu gewährleisten.
86 
(aa) Im vorliegenden Verfahren bedarf es keiner Entscheidung, ob der unionsrechtlich geforderte „Rechtsrahmen“ stets durch Vorschriften des Außenrechts (Gesetze im formellen Sinn, Rechtsverordnungen) gesetzt werden muss oder ob dafür grundsätzlich auch Verwaltungsvorschriften als Innenrecht in Betracht kommen (vgl. zum Meinungsstand einerseits - abl. - Trennt, a.a.O., S. 222 f.; Groh, NVwZ 2016, 1678 <1682 f.>, ders., NVwZ 2017, 1608 <1609 f.>, sowie andererseits - bejahend - Graf Vitzthum, ELR 2010, 236 <240 f.>; Kempfler, BayVBl. 2012, 9 <11>; insoweit tendenziell auch Michl, a.a.O., S. 57 f.). Erforderlich ist jedenfalls, dass die konkret in Rede stehende innerdienstliche Vorgabe die Mindestanforderungen an das Vorliegen einer rechtliche Regelung erfüllt. Denn das Unionsrecht erfordert zur Steuerung von verdachtsunabhängigen grenzpolizeilichen Befugnissen eine „nationale Regelung“ (vgl. EuGH, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O., 74 f., und die Sprachfassung der damaligen Verfahrenssprache: „législation nationale“), die den Erfordernissen der Rechtssicherheit („sécurité juridique“, vgl. EuGH, Urt. v. 22.06.2010, a.a.O., Rn. 75) dienen soll, hinreichend bestimmt ist und effektiven Rechtsschutz ermöglicht („Kontrolle der Kontrolle“, vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 40; Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 76). Als „Rechtsrahmen“ kommen daher - jedenfalls - nur solche innerbehördlichen Vorgaben in Betracht, die wenigstens veröffentlicht und daher für den Normunterworfenen zugänglich sowie vorhersehbar sind (vgl. Michl, a.a.O., S. 57; allg. zu den Anforderungen für die Qualifizierung einer Vorschrift als „law“ bzw. „loi“ EGMR, Urt. v. 24.04.1990 - 11105/84 - : „accessibility“ und „foreseeability“; ebenso EuGH, Urt. v. 15.03.2017 - C-528/15 - NVwZ 2017, 777). Innerdienstliche Vorgaben, die nicht veröffentlicht werden, genügen den Mindestanforderungen an einen „Rechtsrahmen“ hingegen grundsätzlich nicht. Sind sie auch auf andere Weise nicht zugänglich, ist die Rechtsanwendung für die Normunterworfenen nicht vorhersehbar. Diese wären zudem zur Inanspruchnahme von Rechtsschutz „ins Blaue hinein“ gezwungen, was mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht zu vereinbaren ist (vgl. zum nationalen Gebot effektiven Rechtschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG BVerfG, Beschl. v. 09.07.2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178). Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass sich aus dem nationalen deutschen Recht keine generelle Pflicht ergibt, Verwaltungsvorschriften allgemein bekannt zu machen (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.04.1997 - 3 C 6.95 - BVerwGE 104, 220). Denn Prüfungsmaßstab ist im vorliegenden Zusammenhang allein das Unionsrecht, das insoweit einen „Rechtsrahmen“ erfordert, der den oben genannten Mindestanforderungen genügt.
87 
Daran gemessen scheiden die „BRAS 120“ in der Fassung vom 01.03.2008 schon deshalb als „Rechtsrahmen“ aus, weil sie von der Beklagten als „Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch“ (VS NfD) eingestuft wurden. Denn das hat zur Folge, dass die Beklagte die Angaben in den „BRAS 120“ als geheimhaltungsbedürftige Tatsachen und Erkenntnisse einordnet (vgl. § 4 Abs. 1 SÜG), von denen nur Personen Kenntnis erhalten dürfen und durften, die auf Grund ihrer Aufgabenerfüllung Kenntnis haben müssen, wobei diese Personen zur Verschwiegenheit verpflichtet sind und die Angaben grundsätzlich nicht an nichtöffentliche Stellen weitergeben dürfen (vgl. § 4 Abs. 1a, 3 und 4 SÜG). Diese Einschränkungen hat die Beklagte auch in der Praxis umgesetzt. Die „BRAS 120“ waren 2013 - und sind weiterhin - nicht veröffentlicht. Die Beklagte hat auch im vorliegenden Einzelfall den Kläger zunächst nicht von deren Existenz in Kenntnis gesetzt, selbst in der erstinstanzlichen Klageerwiderung noch nichts dazu vorgetragen und erst im Berufungsverfahren Auszüge daraus mit dem Vermerk „NfD“ vorgelegt. Auch außergerichtliche Ersuchen, den Text der „BRAS 120“ für rechtswissenschaftliche Zwecke zur Verfügung zu stellen, hat das Bundesministerium des Innern (BMI) noch 2017 abgelehnt (vgl. Michl, a.a.O., S. 57, dort auch zu dem unter dem Eindruck eines von der EU-Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren ergänzend verfassten und veröffentlichten - 2013 aber noch nicht existenten - Erlass des BMI zur Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG vom 07.03.2016, GMBl. 2016, S. 203).
88 
(bb) Unabhängig davon waren die „BRAS 120“ auch ihrem Inhalt nach nicht dazu geeignet, den unionsrechtlich geforderten hinreichend genauen und detaillierten Rechtsrahmen zur Lenkung der Intensität, Häufigkeit und Selektivität der durch § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG ermöglichten Kontrollen zu gewährleisten.
89 
Die „BRAS 120“ enthielten in der 2013 geltenden Fassung, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage B 1 (Bl. 955-971 d. VGH-Akte) verwiesen wird, im Abschnitt „Best Grepo“ unter der Überschrift „Der Einsatz der Bundespolizei im Binnengrenzraum“ u.a. folgende Hinweise (Hervorh. im Original):
90 
„1 Die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 BPolG
91 
Nach Inkraftsetzung [des Schengener Grenzkodex] darf die Bundespolizei gem. Art. 20 des Schengener Grenzkodex an den gemeinsamen Grenzen der Schengener Vertragsparteien (Binnengrenze) keine Verdachts- und ereignisunabhängigen Grenzkontrollen mehr durchführen. Jede Person kann - ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit - die Binnengrenze an jeder Stelle ungehindert und ohne Formalitäten überschreiten. § 2 Abs. 2 Nr. 2 BPolG tritt hinter die Regelungen des Schengener Grenzkodex zurück. Dies gilt auch für Personenkontrollen im Zusammenhang mit dem Grenzübertritt, wenn diese im Rahmen der polizeilichen Kontrollen des grenzüberschreitenden Verkehrs gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 des BPolG räumlich abgesetzt von der Grenzlinie Im Grenzgebiet (30 Kilometer) erfolgen. Derartige Ersatzgrenzkontrollen stehen ebenso nicht in Einklang mit der der Regelungsabsicht des Schengener Grenzkodex und sind damit unzulässig. (…)
92 
2 Die polizeiliche Überwachung der Grenze gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 BPolG
93 
Die polizeiliche Überwachung der Grenze ist eine allgemeine grenzpolizeiliche Aufgabe der Gefahrenvorsorge.
94 
(…) Nicht in Einklang mit dem Schengener Regelwerk stehen die im Rahmen der polizeilichen Überwachung der Binnengrenzen vorgenommenen Personenkontrollen, die unabhängig von jedem anderen Anlass ausschließlich aufgrund eines vorangegangenen Grenzübertritts erfolgen. Auch in derartigen Fällen würde es sich um eine Form von Verdachts- und ereignisunabhängigen Kontrollen handeln, die als Ersatzgrenzkontrollen gegen Art. 20 des Schengener Grenzkodex verstoßen.
95 
3 Handeln der Bundespolizei im Binnengrenzraum zur Abwehr konkreter Gefahren und zur Strafverfolgung
96 
Gefahrenabwehrende (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 BPolG) undstrafverfolgende Tätigkeiten bzw. Maßnahmen (§12 BPolG) der Bundespolizei im Binnengrenzraum (dies gilt an der Landgrenze wie im Binnenflugverkehr) beikonkretem Gefahrenverdacht oder im Falle der Strafverfolgung stehen nicht im Widerspruch zu Art. 20 des Schengener Grenzkodex. Sie sind vielmehr Anwendungsfälle von Art 21 des Schengener Grenzkodex.
97 
- Nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 BPolG obliegt der Bundespolizei die Abwehr von Gefahren in seinem Zuständigkeitsbereich.
98 
Dazu zählt u. a. die illegale Einfuhr von Rauschgift, da die erst dadurch gegebene Möglichkeit seiner illegalen Verbreitung im Inland eine erhebliche Gefahr für die Bevölkerung in Deutschland darstellt, wie sich auch aus der Bewertung des Rauschgiftkriminellen in §§ 53 Nr. 2 und 54 Nr. 3 AufenthG durch den Gesetzgeber ergibt, insofern für diesen gerade „wegen besonderer Gefährlichkeit“ eine spezielle Ausweisungsregelung besteht. Insofern stellt die illegale Einfuhr von Rauschgift sowohl einen strafbewehrten Verstoß gegen das Verbot des Verbringen einer Sache i.S.v. § 12 Abs. 1 Nr. 4 BPolG als auch eine Gefahr im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 3 BPolG dar. (…)
99 
4. Maßnahmen der Bundespolizei zur Bekämpfung der illegalen Zuwanderung im Binnengrenzraum bis zu einer Tiefe von 30km im Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 oder § 2 Abs. 2 Nr. 3 BPolG
100 
Die Beseitigung der Verdachts- und ereignisunabhängigen Grenzkontrollen an den gemeinsamen Grenzen der Schengener Vertragsstaaten verbietet Kontrollen, die lediglich aufgrund oder anlässlich eines Übertritts der Binnengrenze vorgenommen werden sowie damit zusammenhängende Formalitäten. Die Ausübung allgemein polizeilicher Befugnisse der zuständigen Behörden bleibt unberührt. Daher hat die Bundespolizei an den Binnengrenzen auch nach Inkraftsetzung des Schengener Grenzkodexes eine - wenn auch deutlich reduzierte - Befugnis zur Bekämpfung von illegalen Einreisen und Schleusungen. Sie darf auf der Grundlage von § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 2 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst c BPolGKontrollen an den Binnengrenzen sowie im 30 km-Grenzgebiet im Einzel- bzw. Ausnahmefall durchführen, wenn hinreichende Anhaltspunkte für eine illegale Einreise oder eine Schleusung bestehen.
101 
Anhaltspunkte für einen derartigen Verdacht sind gegeben, wenn - bezogen auf einen in Betracht kommenden Binnengrenzabschnitt -
102 
- durch konkrete Tatsachen belegte Anhaltspunkte für unerlaubte Einreisen oder Schleusungen vorliegen (Fußnote: Zum Beispiel Erkenntnisse über tatsächlich erfolgte oder bevorstehende illegale Einreisen bzw. Schleusungen.)
103 
und
104 
- die im Einzelfall zu kontrollierende Person aufgrund ihres äußeren Anscheins
105 
- oder aufgrund sonstiger verdachtsbegründender Erkenntnisse unerlaubt eingereist sein
106 
- oder anderen bei der illegalen Einreise Unterstützung geleistet haben kann.
107 
Liegen diese Voraussetzungen vor, ist ein Grenzbezug nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst c BPolG gegeben.
108 
Dabei erfolgt die Kontrolle in der Weise, dass Personen, die in die genannten Kategorien fallen könnten, angehalten und hinsichtlich ihrer Identität und ihres ausländerrechtlichen Status überprüft werden dürfen. (…)“
109 
Diese Erläuterungen aus den „BRAS 120“ gewährleisteten keine unionsrechtlich ausreichende Lenkung der „Intensität, Häufigkeit und Selektivität der durch § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG ermöglichten Kontrollen“.
110 
Der Rechtsrahmen zur „Konkretisierung und Einschränkung“ von grenzbezogenen verdachtsunabhängigen Kontrollen muss, wie gezeigt, „hinreichend genau und detailliert“ sein, damit sowohl die Notwendigkeit der Kontrollen als auch die konkret gestatteten Kontrollmaßnahmen selbst Kontrollen unterzogen werden können (EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 40; Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 76). Bereits daran fehlt es hier. Denn die zitierten Erläuterungen aus den „BRAS 120“ sind in einer Weise formuliert, die nicht hinreichend deutlich erkennen lassen, welche Bedeutung ihnen für die Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG genau zukommen soll. § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG selbst findet in den zitierten Auszügen der „BRAS 120“ keine Erwähnung. Der einzige Tatbestand aus § 23 BPolG, der dort genannt wird, ist „§ 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BPolG“. Eine solche Vorschrift gab es im April 2013 nicht mehr. Gemeint war wohl § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BPolG in der Fassung vom 19.10.1994 (im Folgenden: BPolG 1994), die allerdings bereits mit Ablauf des 31.08.1998 außer Kraft getreten war. Eine Verwaltungsvorschrift, die sich auf außer Kraft getretenes Recht bezieht, ist jedoch nicht „hinreichend genau“ und auch in der Sache nicht geeignet, eine effektive Steuerung des polizeilichen Verhaltens zu bewirken.
111 
Das genannte Defizit kann auch nicht als unerheblicher Redaktionsfehler abgetan werden. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BPolG 1994 gestattete die Identitätsfeststellung „zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern“. Demgegenüber gestattet § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG in der seit dem 01.07.2005 geltenden und daher auch im April 2013 maßgeblichen Fassung Identitätsfeststellungen „im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 (BPolG)“. Der Tatbestand der neuen Fassung ist also weiter gefasst als derjenige der alten Fassung (näher zur Entstehungsgeschichte dieser Gesetzesänderung Gnüchtel, a.a.O., S. 980 f.). Diese Gesetzesänderung haben die „BRAS 120“ in ihrer 2013 geltenden Fassung nicht nachvollzogen. Es ist daher nicht hinreichend klar, welche Vorgaben genau der Erlassgeber der „BRAS 120“ für welche Tatbestandsvariante des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG machen wollte. Ein „Rechtsrahmen“ für die zweite, 2005 aufgenommene Tatbestandsvariante (Identitätsfeststellung „zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BPolG“) fehlt in den „BRAS 120“ jedenfalls zur Gänze.
112 
Dieses Regelungsdefizit kann auch nicht durch die von der Beklagten in Betracht gezogene „ergänzende Auslegung“ der „BRAS 120“ ausgeglichen werden. Dem steht bereits entgegen, dass keine Maßstäbe niedergelegt oder sonst hinreichend deutlich erkennbar sind, anhand derer eine solche Auslegung der „BRAS 120“ vorgenommen werden könnte. Unabhängig davon würde eine gleichsam „ungeschriebene Verwaltungsvorschrift“, die sich jeder einzelne Beamte allenfalls durch eine „fortschreibende Auslegung“ erschließen könnte, den Anforderungen an einen „hinreichend genauen“ und für effektive Steuerung des polizeilichen Verhaltens geeigneten „Rechtsrahmen“ nicht genügen.
113 
Die „BRAS 120“ genügen den unionsrechtlichen Vorgaben zudem auch deshalb inhaltlich nicht, weil das Unionsrecht einen Rechtsrahmen verlangt, der seinem Inhalt nach eine Lenkung „der Intensität, der Häufigkeit und der Selektivität“ der Kontrollen gewährleistet (vgl. EuGH, Urt. v. 21.06.2017, a.a.O., Rn. 59). Auch daran fehlt es. Konkrete Vorgaben für die Durchführung von Identitätsfeststellungen enthalten die „BRAS 120“ allenfalls in der zitierten Nummer 4, die sich - bei wohlwollender Auslegung - auf die „Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise“ beziehen (Alt. 1 des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG). Selbst diese Vorgaben beziehen sich aber nur auf die Anforderungen an eine Kontrolle im Einzelfall. Sie sind, da sie - anders als etwa die vom EuGH gebilligten niederländischen Regelungen (vgl. EuGH, Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 14 ff., 80) - keine Beziehung zu der Gesamtheit aller Kontrollen enthalten und auch keine Beschränkung beispielsweise auf Stichproben vorsehen, nicht geeignet, die „Häufigkeit“ der Kontrollen im Grenzgebiet insgesamt effektiv zu beschränken (im Ergebnis ebenso Michl, a.a.O., S. 58 zu dem Erlass des BMI vom 07.03.2016). Für die zweite Alternative des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG („Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BPolG“) fehlt es, wie gezeigt, noch weitergehend an jeglichen präzierenden und beschränkenden Vorgaben.
114 
(c) Ein den Vorgaben des EuGH genügender „Rechtsrahmen“ ergab sich im April 2013 schließlich auch nicht aus dem von der Beklagten hervorgehobenen Umstand, dass sie § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG in der Verwaltungspraxis - schon wegen der Zahl der zur Verfügung stehenden Beamten - nicht flächendeckend, sondern nur für stichprobenartige Kontrollen anwende. Eine - ohnehin jederzeit änderbare - Verwaltungspraxis stellt weder der Form noch dem Inhalt nach einen „Rechtsrahmen“ im oben genannten Sinne dar und wäre erst recht nicht dazu geeignet, die vom Unionsrecht geforderten - ihrerseits kontrollierbaren - „Konkretisierungen und Einschränkungen“ von grenzbezogenen verdachtsunabhängigen Kontrollen zu gewährleisten (vgl. Groh, NVwZ 2016, 1678 <1682>; Michl, a.aO., S. 55 ff.; insoweit selbst die Verwaltungsvorschriften in Betracht ziehenden Stimmen aus dem Schrifttum, die zumindest „Rechtsvorschriften des positiven Rechts“ verlangen, vgl. Graf Vitzthum, a.a.O., S. 241; Kempfler, a.a.O., S. 11).
115 
cc) Fehlte es nach alledem jedenfalls im April 2013 an dem unionsrechtlich gebotenen Rechtsrahmen zur Konkretisierung und Einschränkung des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG, war diese Norm im damaligen Zeitpunkt unanwendbar (vgl. EuGH, Urt. v. 15.07.1964 - 6/64 - Slg. 10, 1251; BVerfG, Beschl. v. 06.07.2010 - 2 BvR 2661/06 - NJW 2010, 3422; BVerwG, Urt. v. 07.07.2011 - 10 C 26.10 - BVerwGE 140, 114; zum Anwendungsvorrang im Polizeirecht auch Lindner, JuS 2005, 302 <303>). Die zu Lasten des Klägers durchgeführte Identitätsfeststellung war daher mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig.
116 
2. Unabhängig davon wäre die Identitätsfeststellung auch gemessen am nationalen Recht - seine Anwendbarkeit unterstellt - jedenfalls materiell rechtswidrig. Denn sie wurde unter Zugrundelegung der „BRAS 120“, die aus Sicht der Beklagten als ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift fungieren sollte, ermessensfehlerhaft durchgeführt.
117 
§ 23 Abs. 1 BPolG räumt der Beklagten Ermessen ein („kann“). Nach ihrem Vortrag sollten die „BRAS 120“ dieses Ermessen steuern. Nummer 4 des oben zitierten Abschnitts der „BRAS 120“ nimmt bei wohlwollender Auslegung, wie gezeigt, auf die erste Alternative des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG Bezug (Identitätsfeststellung zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet, im Sprachgebrauch von Nummer 4 der „BRAS 120“ „illegale Einreise oder Schleusung“). Nach den diesbezüglichen Erläuterungen der „BRAS 120“ soll eine Identitätsfeststellung erfolgen, wenn Anhaltspunkte für einen derartigen Verdacht sind gegeben sind, was der Fall sein soll, wenn
118 
„durch konkrete Tatsachen belegte Anhaltspunkte für unerlaubte Einreisen oder Schleusungen vorliegen (Fußnote: Zum Beispiel Erkenntnisse über tatsächlich erfolgte oder bevorstehende illegale Einreisen bzw. Schleusungen.)
119 
und
120 
- die im Einzelfall zu kontrollierende Person aufgrund ihres äußeren Anscheins
121 
- oder aufgrund sonstiger verdachtsbegründender Erkenntnisse unerlaubt eingereist sein
122 
- oder anderen bei der illegalen Einreise Unterstützung geleistet haben kann.“
123 
Diese Voraussetzungen waren hier nicht erfüllt. Dass - im Sinne der ersten der beiden kumulativen Voraussetzung - Anhaltspunkte für unerlaubte Einreisen am Freiburger Hauptbahnhof bestanden, hat die Beklagte zwar mit dem auch für den April 2013 ergiebigen „Lagebild“ dargelegt (vgl. a.a.O., S. 9 = Bl. 989 d. VGH-Akte). Nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger - im Sinne der zweiten Voraussetzung - aufgrund seines „äußeren Anscheins“ oder „sonstiger verdachtsbegründender Erkenntnisse“ unerlaubt eingereist sein oder gar andere bei einer illegalen Einreise unterstützt haben könnte, hat die Beklagte hingegen nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Bei der am 13.04.2013 durchgeführten Kontrolle selbst haben die Beamten dem Kläger keine dahingehenden Anhaltspunkte benannt, sondern nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten wiederholt erklärt, die Kontrolle sei „verdachtsunabhängig“ durchgeführt worden. Auch in dem die Beschwerde des Klägers zurückweisenden Schreiben der Bundespolizeiinspektion Stuttgart vom 29.05.2013 führte diese lediglich aus, Adressat einer Maßnahme der durchgeführten Art könne „jedermann“ sein (a.a.O., S. 4 = Bl. 25 d. Verw.-Akte). In der Klageerwiderung vom 18.07.2013 erläuterte die Beklagte (erstmals), der Kläger habe eine „Tasche“ (gemeint wohl: den Rucksack) mit sich geführt, „was auf eine entweder bereits erfolgte oder bevorstehende Reiseabsicht in Grenznähe schließen“ lasse und „somit“ hätten die materiellen Voraussetzungen für eine Identitätsfeststellung vorgelegen (Schriftsatz vom 18.07.2013, S. 4 = Bl. 95 d. VG-Akte; ähnl. das Vorbringen im Berufungsverfahren, vgl. Schriftsatz vom 02.08.2017, S. 12 = Bl. 921 d. VGH-Akte). Mit dem Hinweis auf den Rucksack des Klägers und eine daraus ableitbare Reiseabsicht sind jedoch keine Anhaltspunkte für eine gerade „unerlaubte“ Einreise dargelegt.
124 
Die Beklagte kann dem auch nicht mit Erfolg ihren zuletzt sinngemäß erhobenen Einwand entgegenhalten, die zweite der beiden kumulativen Voraussetzungen erfordere nur, dass die im Einzelfall zu kontrollierende Person aufgrund ihres äußeren Anscheins unerlaubt eingereist sein „könne“, wodurch zwar beispielsweise Angestellte einer Bäckerei in einem Bahnhof als Adressaten einer Personenkontrolle ausgeschlossen seien, womit aber grundsätzlich jeder Reisende dafür in Betracht komme. Der Senat vermag dieser von der Beklagten zuletzt angebotenen Auslegung der oben zitierten Nummer 4 der „BRAS 120“ schon in der Sache nicht zu folgen. Denn damit würde der Wortlaut der Vorschrift, der „verdachtsbegründende“ Erkenntnisse verlangt, überdehnt. Die Auslegung liefe zudem der von der „BRAS 120“ ansatzweise bezweckten Beschränkung der Kontrollen zuwider. Unabhängig davon wäre die Klage bei Zugrundelegung der von der Beklagten zuletzt angebotenen Auslegung der Nr. 4 - gemessen an dem oben (unter 1.) Gesagten - erst recht begründet. Denn bei dieser weiten Auslegung, nach der praktisch jeder Reisende in einem Grenzbahnhof wie dem Freiburger als Adressat einer Maßnahme der Schleierfahndung in Betracht kommt, böten die „BRAS 120“ erst recht keinen Rahmen, der die unionsrechtlich geforderte Lenkung der Intensität, Häufigkeit und Selektivität der Kontrollen gewährleistet. Hinzu kommt, dass die „BRAS 120“ bei diesem weiten Begriffsverständnis auch dem oben genannten unionsrechtlichen Bestimmtheitsgebot nicht genügen würden.
125 
Aus den vorstehenden Bedenken folgt nicht, dass der nationale Gesetzgeber die vom Unionsrecht geforderten Beschränkungen zwingend durch Vorschriften normieren muss, die Kontrollen vom Vorliegen konkreter Gefahren oder auch sonstiger verdachtsbegründender Erkenntnisse abhängig machen. Dieser in den „BRAS 120“ - wenn auch defizitär - verfolgte Ansatz ist ein möglicher, aber nicht der einzige Weg, die erforderlichen Einschränkungen vorzunehmen. Weder das Unionsrecht noch das nationale Recht schließen die Durchführung von verdachtsunabhängigen Kontrollen grundsätzlich aus. Wenn solche Kontrollen im nationalen Recht ermöglicht werden sollen, müssen aber auf andere Weise geeignete Einschränkungen im nationalen Rechtsrahmen verankert werden, die sich beispielsweise aus hinreichend konkreten Vorgaben zur Quantität der (verdachtsunabhängigen) Kontrollen ergeben können (vgl. zu dem dahingehenden „Stichprobenansatz“ im niederländischen Recht EuGH, Urt. v. 19.07.2012, a.a.O., Rn. 14 ff.).
126 
II. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs durch das zeitweilige Festhalten des Klägers am Oberarm war ebenfalls rechtswidrig.
127 
Als Rechtsgrundlage für die Anwendung von Verwaltungszwang kommt einzig § 6 Abs. 1 und 2 VwVG i.V.m. den Vorgaben des UZwG in Betracht. Die sich daraus ergebenden Voraussetzungen waren jedoch nicht erfüllt.
128 
Nach § 6 Abs. 1 VwVG kann ein Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, mit den Zwangsmitteln nach § 9 VwVG - darunter der unmittelbare Zwang - durchgesetzt werden, wenn der Verwaltungsakt unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist. Gemäß § 6 Abs. 2 VwVG kann der Verwaltungszwang auch ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.
129 
Zwangsmittel - darunter der unmittelbare Zwang - müssen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 VwVG, wenn sie nicht sofort angewendet werden können (§ 6 Abs. 2 VwVG), schriftlich angedroht werden. Hierbei ist für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb der der Vollzug dem Pflichtigen billigerweise zugemutet werden kann (§ 13 Abs. 1 Satz 2 VwVG). Die Androhung ist zuzustellen. Dies gilt auch dann, wenn sie mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist (§ 13 Abs. 7 VwVG). Von dem Gebot, Zwangsmittel schriftlich - und nicht lediglich mündlich - anzudrohen, sieht das Bundesverwaltungsvollstreckungsrecht anders als einige Landesverwaltungsvollstreckungsgesetze Ausnahmen nur bei der Androhung der Anwendung von Schusswaffen oder Explosivmitteln vor (vgl. §§ 13 f. UZwG und dazu Sadler, VwVG, VwZG, 8. Aufl., § 13 VwVG Rn. 32 f.). Im Übrigen ist das Schriftlichkeitsgebot zwingend (vgl. Sadler, a.a.O., § 13 Rn. 25; Mosbacher, in: Engelhardt/App/Schlattmann, VwVG/VwZG, § 13 Rn. 8). Liegt kein die Androhung von Schusswaffen oder Explosivmittel betreffender Ausnahmefall vor und ist es im konkreten Einzelfall dennoch nicht möglich, die Androhung - wie grundsätzlich geboten - schriftlich zu verfassen und zuzustellen, führt diese Rechtslage dazu, dass die mündliche Androhung rechtstechnisch als Ankündigung eines unmittelbaren Zwangs durch sofortigen Vollzug nach § 6 Abs. 2 VwVG einzuordnen ist (Sadler, a.a.O., § 6 Rn. 292 ff., § 13 Rn. 33). Diese Vorschrift findet mithin auch Anwendung, wenn ein Verwaltungsakt zwar ergangen ist, die Umstände des Einzelfalls aber eine Einhaltung der (übrigen) Vollstreckungsvoraussetzungen des gestreckten Verfahrens, insbesondere die Erteilung einer schriftlichen Androhung, nicht erlauben (vgl. Sadler, a.a.O., § 6 Rn. 287 ff.; Mosbacher, a.a.O., § 6 Rn. 22 m.w.N.).
130 
Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben bedarf es keiner Entscheidung, ob an den Kläger ein mündlicher Verwaltungsakt mit dem Inhalt, die Bundespolizeibeamten zur Dienststelle zu begleiten, ergangen ist oder nicht. Falls ein solcher Grundverwaltungsakt nicht erlassen wurde, handelte es sich bei dem Griff des Beamten an den Oberarm des Klägers um einen Fall des sofortigen Vollzugs, der den Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 VwVG genügen muss. Falls ein solcher Verwaltungsakt erlassen wurde, gilt im Ergebnis Gleiches. Denn die Vollstreckung des Grundverwaltungsakt durch unmittelbaren Zwang wurde jedenfalls nicht - wie nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VwVG geboten - schriftlich angedroht, sodass sich die Anwendung des unmittelbaren Zwangs auch in diesem Fall an § 6 Abs. 2 VwVG messen lassen muss.
131 
An den Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 VwVG gemessen war das Vorgehen der Beamten der Beklagten rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift setzt die Anwendung von Verwaltungszwang im Wege des sofortigen Vollzugs, wie gezeigt, unter anderem voraus, dass die Behörde hierbei „innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse“ handelt. Daran fehlt es hier.
132 
Eine Behörde handelt nur dann im Sinne des § 6 Abs. 2 VwVG „innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse“, wenn sie zuständig und auf Grund des materiellen Verwaltungsrechts berechtigt ist, von dem in Anspruch Genommenen das Tun oder Unterlassen zu verlangen, das sie erzwingt (VG Berlin, Urt. v. 19.05.2011 - 1 K 249.10 - juris; Mosbacher, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 29; Sadler, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 326; Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 22). Dieser Befund mag rechtspolitisch unbefriedigend sein, weil der Bundesgesetzgeber damit auf der Ebene der besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen von dem allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Grundsatz, dass die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung für die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme unerheblich ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 - NVwZ 1999, 290; BVerwG, Urt. v. 25.09.2008 - 7 C 5.08 - VBlBW 2009, 55; Baumeister, in: Schenke/Graulich/Ruthig, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 14 jeweils m.w.N.), für den Sonderfall eines sofortigen Vollzugs abgewichen ist (krit. daher auch Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 22). De lege lata sind die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der (ggf. fiktiven) Grundverfügung aber in diesem Sonderfall Voraussetzung auch für die Anwendung des sofortigen Vollzugs (Mosbacher, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 29; Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 22; Sadler, a.a.O., § 6 VwVG Rn. 326), was der Überlegung geschuldet ist, dass der Verzicht auf einen Grundverwaltungsakt oder auf die Einhaltung der regulären Vollstreckungsvoraussetzungen, hier einer schriftlichen Androhung, nur dann gerechtfertigt sein soll, wenn zumindest feststeht, dass der (ggf. fiktive) Grundverwaltungsakt rechtmäßig ist (vgl. zur ähnlichen Prüfungsstruktur bei landesrechtlichen Regelungen zur sog. unmittelbaren Ausführung Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Bad.-Württ., 6. Aufl., Rn. 793 f., 798; Belz u.a., Polizeigesetz für Bad.-Württ., 8. Aufl. § 8 Rn. 2, 6). Ausgehend von diesen Grundsätzen war der sofortige Vollzug im vorliegenden Fall rechtswidrig. Denn die - tatsächliche oder fiktive - Grundverfügung mit dem Gebot der Beamten an den Kläger, sie zur Dienststelle zu begleiten, war auf § 23 Abs. 3 Satz 4 BPolG gestützt. Diese Vorschrift bot für die Grundverfügung jedoch keine Rechtsgrundlage, da sie aus den oben (unter I.) genannten unionsrechtlichen Gründen im April 2013 unanwendbar war.
133 
III. Der nach Aushändigung des Personalausweises durchgeführte Datenabgleich war ebenfalls rechtswidrig.
134 
Als Rechtsgrundlage für diese Maßnahme kommt einzig der auch von der Beklagten ins Feld geführte § 34 Abs. 1 Satz 2 BPolG in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann die Bundespolizei im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erlangte personenbezogene Daten mit dem Fahndungsbestand abgleichen (sog. Fahndungsabgleich). Der Betroffene kann für die Dauer des Abgleichs angehalten werden (§ 34 Abs. 1 Satz 3 BPolG). Die Vorschrift setzt voraus, dass der Bundespolizei die personenbezogenen Daten, die abgeglichen werden sollen, auf rechtmäßige Art und Weise bekannt geworden sind (Arzt, in: Schenke/Graulich/Ruthig, a.a.O., § 34 Rn. 7; Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 34 Rn. 12 m.w.N.). Daran fehlt es hier aus den oben (unter I.) genannten unions- und bundesrechtlichen Gründen.
135 
IV. Die Durchsuchung des Rucksacks des Klägers war ebenfalls rechtswidrig.
136 
1. In § 44 Abs. 2 BPolG fand diese Maßnahme keine Rechtsgrundlage. Nach dieser Vorschrift kann die Bundespolizei im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BPolG durchsuchen. Diese § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG ergänzende Vorschrift ist Teil der Bestimmungen zur sog. Schleierfahndung und soll im o.g. Sinne verdachtsunabhängige Kontrollen ermöglichen. Sie war jedenfalls im April 2013 aus den oben (unter I.) genannten unionsrechtlichen Gründen unanwendbar.
137 
2. Auch § 44 Abs. 1 Nr. 1 BPolG i.V.m. § 43 Abs. 3 BPolG bot keine Rechtsgrundlage für die Durchsuchung des Rucksacks.
138 
Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BPolG kann die Bundespolizei eine Sache durchsuchen, wenn sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 BPolG durchsucht werden darf. Nach § 43 Abs. 3 BPolG kann die Bundespolizei eine Person, deren Identität nach dem Bundespolizeigesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
139 
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lagen hier nicht vor. Das folgt bereits daraus, dass die Beamten der Beklagten den Rucksack des Klägers - auch nach der Darstellung der Beklagten - erst durchsuchten, nachdem der Kläger seinen Personalausweis bereits vorgezeigt hatte. Er war daher zum Zeitpunkt der Durchsuchung nicht mehr eine „Person, deren Identität festgestellt werden soll“.
140 
Unabhängig davon besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Beamten der Beklagten den Rucksack des Klägers zum Zwecke der Eigensicherung durchsuchten. In dem nachgereichten Durchsuchungsprotokoll gab die Beklagte an, dass zwar die Maßnahme „gem. § 43 Abs. 3 BPolG“ - d.h. die Aufforderung zur Offenlegung des Inhalts der Hosentasche (dazu unten V.) - „zur Eigensicherung während der Identitätsfeststellung“ durchgeführt worden sei. Die Beklagte erklärte aber in dem Protokoll zugleich, dass die Maßnahme „gem. § 44 Abs. 2 BPolG“ - d.h. die Durchsuchung des Rucksacks - eine „Durchsuchung im 30km-Gebiet zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise/Verbringungsverbote“ gewesen sei (vgl. Bl. 16 d. Verw.-Akte). Das entspricht den Angaben von POK xxx in dem von ihm am 18.04.2013 und damit wenige Tage nach der Kontrolle erstellten Stellungnahme, in der er ausführte (Bl. 7 d. Verw.-Akte): „Währenddessen wurde der mitgeführte Rucksack des [Klägers] durch POM xxx durchsucht. Diese Maßnahme begründete sich im Verhalten des [Klägers]. Er war sehr nervös und vermittelte dadurch (nach polizeilichen Erfahrungswerten) den Eindruck, möglicherweise gegen Verbringungsverbote zu verstoßen“. Das belegt zusätzlich, dass die Beamten der Beklagten jedenfalls mit der Durchsuchung des Rucksacks nicht das Ziel einer Eigensicherung verfolgten, sondern sich auch insoweit auf Rechtsgrundlagen aus dem Bereich der „Schleierfahndung“ - dem selbst angeführten § 44 Abs. 2 BPolG - stützten.
141 
3. Die Durchsuchung fand danach auch in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BPolG i.V.m. § 43 Abs. 1 Nr. 2 BPolG keine Rechtsgrundlage. Die zuletzt genannte Vorschrift gestattet die Durchsuchung von Personen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen. Sicherstellen kann die Bundespolizei eine Sache - nach dem hier allenfalls in Betracht kommenden Tatbestand - um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren (§ 47 Nr. 1 BPolG), weil entweder von der Sache selbst eine Gefahr ausgeht, weil sie sich in einem gefährlichen Zustand befindet, oder diese in einer Weise verwendet wird, aus der sich Gefahren für Dritte ergeben, insbesondere deren Verletzung droht (vgl. W.-R. Schenke, a.a.O., § 47 Rn. 9). Die Abwehr solcher Gefahren war aus den oben (2.) genannten Gründen nicht Zweck der Durchsuchung des Rucksacks.
142 
Die von den Beamten angeführte Rechtsgrundlage - § 44 Abs. 2 BPolG - kann im Übrigen auch nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch § 44 Abs. 1 Nr. 1 BPolG i.V.m. § 43 Abs. 1 Nr. 2 BPolG ausgetauscht werden. Ein solcher Austausch kommt allenfalls dann in Betracht, wenn ein Verwaltungsakt dadurch und durch den Austausch der Begründung nicht in seinem Wesen geändert wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.03.2010 - 8 C 12.09 - NVwZ-RR 2010, 636 m.w.N.). Wird speziell eine Ermessensentscheidung der Behörde durch die angegebene Rechtsgrundlage nicht gedeckt, kann sie nur dann aufgrund einer anderen Rechtsgrundlage rechtmäßig sein, wenn die beiden Vorschriften zugrundeliegenden Erwägungen übereinstimmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.05.1991 - 8 S 1068/91 - NuR 1991, 434). Nach diesen Grundsätzen ist schon deshalb kein Raum dafür, die Durchsuchung nachträglich und entgegen der von der Beklagten ausdrücklich angegebenen Rechtsgrundlage des § 44 Abs. 2 BPolG auf § 44 Abs. 1 Nr. 1 BPolG i.V.m. § 43 Abs. 1 Nr. 2 BPolG zu stützen, da Maßnahmen der sog. Schleierfahndung, die auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr im polizeirechtlichen Sinne gerade verzichten, im Vergleich zu Maßnahmen zur Abwehr konkreter - hier sogar „gegenwärtiger“ - Gefahren wesensverschieden sind. Hinzu kommt, dass in beiden Fällen auch unterschiedliche Gesichtspunkte für die Ermessensausübung von Belang sind.
143 
V. Die Aufforderung der Beamten an den Kläger, seine Hosentaschen zu leeren, und die Betrachtung der vorgezeigten Gegenstände waren hingegen rechtmäßig.
144 
1. Als Rechtsgrundlage für die genannten Maßnahmen kommt der die „Durchsuchung von Personen“ regelnde § 43 BPolG allerdings nicht in Betracht.
145 
Nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 BPolG kann eine Person durchsucht werden, wenn sie nach dem Bundespolizeigesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann. Nach § 43 Abs. 3 BPolG kann, wie gezeigt, die Bundespolizei eine Person, deren Identität nach dem Bundespolizeigesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
146 
Diese Vorschriften scheiden als Rechtsgrundlage schon dem Grunde nach aus, da die Beamten die Person des Klägers nicht durchsucht haben. Unter einer „Durchsuchung der Person“ ist die Suche nach Gegenständen am Körper oder in den Kleidungsstücken des Betroffenen zu verstehen, die sich auf ein Hineingreifen in und zwischen die am Körper getragenen Kleidungsstücke, ein Abtasten des bekleideten Körpers sowie erforderlichenfalls die Nachschau (Betrachtung) des unbekleideten Körpers erstreckt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.07.1998 - 24 ZB 98.850 - NVwZ-RR 1999, 310; W.-R. Schenke, a.a.O., § 32 BPolG Rn. 3; Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 43 Rn. 2 m.w.N.). Hierbei handelt es sich um einen Realakt (Drewes/Malmberg/Walter ebd.), den nur die Polizei selbst vornehmen kann (Rachor, a.a.O., E Rn. 576). Zu einem solchen Realakt kam es hier nicht. Denn ihre Beamten haben den Kläger stattdessen aufgefordert, seine Hosentaschen selbst zu leeren, und die von ihm daraufhin vorgezeigten Gegenstände in Augenschein genommen. Rechtlich betrachtet haben die Beamten mit ihrer Aufforderung an den Kläger, den Inhalt seiner Hosentaschen selbst vorzuzeigen, dem Umstand Rechnung getragen, dass dem Betroffenen selbst beim Vorliegen der Voraussetzungen einer „Durchsuchung der Person“ zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zunächst grundsätzlich die Möglichkeit gegeben werden muss, den Inhalt seiner Taschen auszuleeren und bei Bedarf Kleidungsstücke abzulegen (vgl. Rachor, a.a.O., E Rn. 574). Da es sich hierbei um ein deutlich milderes Mittel handelt (vgl. Rachor, a.a.O., E Rn. 172, 574), das die mit einer Durchsuchung der Person verbundenen Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht - unter Umständen in die Intimsphäre - des Betroffenen gerade vermeidet, muss eine solche Aufforderung nicht den strengen Anforderungen genügen, die der Gesetzgeber für eine Durchsuchung der Person aufgestellt hat.
147 
2. Die Aufforderung, die Hosentaschen zum Zwecke der Eigensicherung der Polizeibeamten zu leeren, findet ihre Rechtsgrundlage stattdessen mangels abschließender Regelung in den Vorschriften über die Standardmaßnahmen in der polizeiliche Generalklausel aus §§ 1 bis 7 i.V.m. § 14 BPolG.
148 
Nach § 14 Abs. 1 BPolG kann die Bundespolizei zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach den §§ 1 bis 7 BPolG die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren, soweit nicht dieses Gesetz die Befugnisse der Bundespolizei besonders regelt. Eine Gefahr in diesem Sinne ist eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Bereich der Aufgaben, die der Bundespolizei nach den §§ 1 bis 7 BPolG obliegen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 BPolG), darunter der Grenzschutz (§ 2 Abs. 1 BPolG).
149 
a) Die Vorschriften über die polizeiliche Generalklausel sind wirksam. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die genannten Vorschriften bestehen entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht.
150 
Solche Bedenken ergeben sich insbesondere nicht aus dem sinngemäßen Einwand des Klägers, durch die Einführung der Vorschriften über die Schleierfahndung aus § 23 Abs. 1 Nr. 3, § 44 Abs. 2 Satz 1 BPolG sei der frühere Bundesgrenzschutz unter Verstoß gegen formelles und materielles Verfassungsrecht zu einer „allgemeinen Polizei des Bundes praeter constitutio(nem)“ geworden. Die diesbezüglichen Einwände beziehen sich auf die Änderungsgesetze zur Schaffung der § 23 Abs. 1 Nr. 3, § 44 Abs. 2 Satz 1 BPolG zur verdachtsunabhängigen - von konkreten Gefahren grundsätzlich abgelösten - Schleierfahndung. In Bezug auf Rechtsgrundlagen aus dem Bundespolizeigesetz, die - wie hier die polizeirechtliche Generalklausel - der Abwehr von konkreten Gefahren dienen, führen sie nicht weiter (vgl. unabhängig davon zur Vereinbarkeit der Vorschriften zur Schleierfahndung mit deutschem Verfassungsrecht W.-R. Schenke, a.a.O., § 23 BPolG Rn. 12 f. m.w.N.).
151 
Soweit der Kläger Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Bundespolizeigesetzes insgesamt mit seinem sinngemäßen Einwand vorträgt, die durch den Bundesgesetzgeber eingeführte Bezeichnung „Bundespolizei“ sei irreführend und verstoße gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Sachlichkeitsgebot, teilt der Senat diese Bedenken nicht. Der Gesetzgeber hat sich bei dem „Gesetz zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in Bundespolizei“ vom 21.06.2005 (BGBl. I S. 1818) von der Überlegung leiten lassen, dass der zuvor so bezeichnete Bundesgrenzschutz eine Polizei des Bundes ist, „deren Aufgabe sich längst nicht mehr auf den klassischen Schutz der Grenzen beschränkt. Die bestehende Bezeichnung ‚Bundesgrenzschutz‘ wird der tatsächlichen Aufgabenvielfalt nicht mehr gerecht“ (Gesetzesbegründung vom 07.04.2005, BT-Drs. 15/5217, S. 1). Weshalb diese Erwägung „irreführend“ oder sonst unter Verstoß gegen Verfassungsrecht unsachlich sein sollte, erschließt sich nicht.
152 
b) Die Anwendung der polizeilichen Generalklausel wird im vorliegenden Fall auch nicht, wie vom Kläger in der mündlichen Verhandlung in Betracht gezogen, durch die Vorschriften aus § 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BPolG ausgeschlossen. Der rechtsmethodische Grundsatz, dass das spezielle Gesetz das allgemeinere verdrängt, ist nicht einschlägig, da § 43 BPolG, wie gezeigt, eine Durchsuchung der Person regelt, um die es hier nicht geht, und daher gegenüber Vorschriften, die andere Maßnahmen zur Inaugenscheinnahme eines Tascheninhalts gestatten, kein spezielleres Gesetz ist. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber § 43 BPolG als abschließende Regelung mit dem Inhalt normieren wollte, dass eine Aufforderung, den Tascheninhalt vorzuzeigen, generell ausgeschlossen sein sollte. Eine solche Annahme verbietet sich schon deshalb, weil das einem gesetzlichen Ausschluss von zum Zwecke der Eigensicherung in vielen Fällen gleich wirksamen, aber weniger beeinträchtigenden Maßnahmen gleichkäme, was mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. § 15 BPolG) nicht zu vereinbaren wäre.
153 
c) Der Anwendung der polizeilichen Generalklausel kann auch nicht entgegengehalten werden, die Beamten der Beklagten hätten auch insoweit - wie bei der Durchsuchung des Rucksacks - tatsächlich nicht zu Zwecken der Eigensicherung gehandelt, sondern sich noch im Bereich der sog. Schleierfahndung bewegt. In dem von der Beklagten erstellten, wie gezeigt differenzierten (s. oben IV.2.) Durchsuchungsprotokoll hatte die Beklagte angegeben, dass - anders als die Durchsuchung des Rucksacks - die Aufforderung zur Offenlegung des Inhalts der Hosentaschen „zur Eigensicherung während der Identitätsfeststellung“ durchgeführt wurde (vgl. Bl. 16 d. Verw.-Akte). An der Richtigkeit dieser Angabe zum Zweck der Maßnahme bestehen keine Zweifel. Sie stimmen mit den Angaben der handelnden Beamten und dem Vortrag des Klägers überein, dass eine der anwesenden Beamtinnen erläutert hatte, man wolle am Abend „sicher zu den Familien zurückkehren“. Der Kläger hat zudem in der mündlichen Verhandlung des Senats erläutert, dass er im Zusammenhang mit der Aufforderung, seine Hosentaschen zu leeren, seitens der Beamten gefragt wurde, ob er Waffen oder gefährliche Gegenstände bei sich trage, und dass diese auf (ihres Erachtens sich durch die Hose abzeichnende) „spitze Gegenstände in der Tasche“ verwiesen hatten. Dass das Gebot, den Inhalt der Hosentaschen zu offenbaren, tatsächlich dem Zweck der Eigensicherung diente, steht daher außer Zweifel.
154 
d) Die Beamten der Beklagten sind bei dem Erlass des Verwaltungsakts mit dem Gebot an den Kläger, den Inhalt seiner Hosentaschen offen zu legen, formell rechtmäßig vorgegangen.
155 
aa) Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, wie sämtliche angegriffenen Maßnahmen sei auch das Vorgehen der Beamten im Zusammenhang mit dem Inhalt seiner Hosentaschen bereits aus formellen Gründen nichtig.
156 
Er trägt vor, die Bundespolizeibeamten hätten ihn über die Behördeneigenschaft irregeführt, weil die ihm damals ausgehändigte Visitenkarte die Beamten als solche der „Bundespolizeiinspektion Weil am Rhein“ ausgewiesen habe, obwohl die Bundespolizeiinspektion keine Behörde, sondern eine unselbständige Untergliederung sei. Diese „Irreführung“ habe dazu geführt, dass er seine Klage bei einem Gericht - dem Verwaltungsgericht Freiburg - eingelegt habe, das sich für nicht zuständig gehalten habe. Die „Irreführung“ führe analog § 44 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG zur „Gesamtnichtigkeit“ der Maßnahmen.
157 
Der Einwand geht fehl. Das gilt unabhängig davon, dass ihm die Visitenkarte ohnehin nach dem Abschluss der Maßnahme betreffend seine Hosentasche ausgehändigt wurde. Nach § 44 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt, der schriftlich oder elektronisch erlassen wurde, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt, nichtig. Es bedarf keiner Entscheidung, ob diese Vorschrift auf mündliche Verwaltungsakte analog anwendbar ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 44 Rn. 35 m.w.N. zum Meinungsstand). Die Regelung kommt allenfalls dann zum Tragen, wenn für die Betroffenen auch aus den Umständen des Erlasses des Verwaltungsakts nicht mit hinreichender Sicherheit erkennbar ist, ob und ggf. welche Behörde die Regelung getroffen hat. Davon kann hier keine Rede sein. Die Angaben auf der dem Kläger ausgehändigten Visitenkarte waren in tatsächlicher Hinsicht zutreffend (vgl. die Kopie auf S. 141 der Berufungsbegründung = Bl. 675 d. VGH-Akte: „Bundespolizeiinspektion Weil am Rhein, Revier Freiburg, […], Polizeioberkommissar, Gruppenleiter BPOLR FR - DGE, Hausanschrift: […]“). Dass der Kläger aus diesen zutreffenden Angaben rechtliche falsche Schlüsse in Bezug auf das für seine Klage zuständige Verwaltungsgericht (vgl. § 52 VwGO) gezogen hat, begründet keine „Irreführung“ und führt auch sonst nicht zur formellen Rechtswidrigkeit oder gar Nichtigkeit des mündlichen Verwaltungsakts.
158 
bb) Das an den Kläger ergangene Gebot, den Inhalt seiner Hosentaschen vorzuzeigen, war auch nicht deshalb rechtswidrig, weil sich nur einer der Beamten (mittels der Visitenkarte) ausgewiesen hat und nach Darstellung des Klägers auch dies erst nach dem Abschluss der Maßnahmen erfolgt ist. Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine solche Ausweispflicht im April 2013 aus den hierfür allenfalls in Betracht kommenden innerdienstlichen Weisungen der Beklagten folgte und ob der Kläger daraus ggf. einen Anspruch auf Ausweisung abzuleiten vermochte. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, handelte es sich dabei jedenfalls nicht um eine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass von Verwaltungsakten zur Gefahrenabwehr.
159 
cc) Ein formeller Rechtsfehler ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger hervorgehobenen und in § 37 Abs. 2 Satz 2 VwVfG geregelten Umstand, dass mündlich erlassene Verwaltungsakte zu bestätigen sind, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Das Gebot, einen mündlichen Verwaltungsakt nachträglich zu bestätigen, stellt lediglich eine schlichthoheitliche Maßnahme dar, die Beweiszwecken dient (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 37 Rn. 23 m.w.N.). Aus der Vorschrift ergibt sich jedoch keine formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den - bereits erlassenen - mündlichen Verwaltungsakt. Unabhängig davon ist der Einwand des Klägers auch in tatsächlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar. Denn die Beklagte hat die an den Kläger ergangene Aufforderung, den Inhalt seiner Hosentaschen vorzuzeigen, seit dem von ihm eingeleiteten Beschwerdeverfahren mehrfach bestätigt und erläutert.
160 
dd) Unerheblich für die formelle Rechtmäßigkeit der Aufforderung, den Inhalt der Hosentaschen vorzuzeigen, ist auch, ob § 44 Abs. 4 Satz 3 BPolG auf eine solche Fallkonstellation, wie der Kläger meint, entsprechend anzuwenden ist. Nach dieser unmittelbar bei der Durchsuchung von Sachen anwendbaren Vorschrift ist dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob diese Bescheinigung unmittelbar nach der Durchsuchung ausgestellt werden muss oder - wie hier etwa in Bezug auf den Rucksack geschehen - auch im Wege einer nachgehenden Übersendung des Durchsuchungsprotokolls erfolgen kann. Denn das Gebot, eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund auszustellen, ist jedenfalls keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Durchsuchung (vgl. Drewes/Malm-berg/Walter, a.a.O., § 44 Rn. 22; W.-R. Schenke, a.a.O., § 44 Rn. 19; a.A. insoweit wohl Rachor, a.a.O., E Rn. 626, der aber auf eine Heilung nach § 46 VwVfG verweist).
161 
e) Der Verwaltungsakt mit dem Gebot an den Kläger, den Inhalt seiner Hosentaschen offen zu legen, war auch materiell rechtmäßig.
162 
Die von der polizeilichen Generalklausel vorausgesetzte Gefahr für die öffentliche Sicherheit lag vor. Denn die Beamten der Beklagten durften bei einer Zusammenschau des ungewöhnlichen Verhaltens des Klägers - dem auch von ihm eingeräumten Erheben der Stimme, seinem nervösen Auftreten, seiner Reaktion auf die Aufforderung Abstand zu halten und seinem reflexartigen Fassen an oder in die gefüllten Hosentaschen -, das sich als deutliche Überreaktion auf einen vergleichsweise nichtigen Anlass darstellte, und des Umstands, dass in seinen Hosentaschen auch nach seiner Darstellung Gegenstände erkennbar waren, bei verständiger Würdigung der Lage davon ausgehen, dass es in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an Individualrechtsgütern, hier namentlich zu einer Verletzung ihrer körperlichen Unversehrtheit kommen würde (vgl. zu den Begriffen der konkreten Gefahr und der öffentlichen Sicherheit nur W.-R. Schenke, a.a.O., § 14 Rn. 10 f.; 19; Drewes/Malm-berg/Walter, a.a.O., § 14 Rn. 25, 29). Das gilt umso mehr, als bei einer zum Zwecke der Eigensicherung verfügten Aufforderung, den Inhalt von Hosentaschen offenzulegen, angesichts der hohen Bedeutung der hier gefährdeten Rechtsgüter - Leib und Leben der Beamten (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) - keine übersteigerten Anforderungen an die Gefahrenprognose zu stellen sind. Unabhängig davon ergäbe sich selbst dann nichts anderes, wenn man davon ausginge, dass die den Beamten bekannten Tatsachen lediglich einen Gefahrenverdacht begründeten. Sie waren dann jedenfalls zu Gefahrerforschungsmaßnahmen befugt, um den Sachverhalt insoweit weiter aufzuklären (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.03.1994 - 10 S 1415/92 - VBlBW 1995, 64; zur Zulässigkeit von Gefahrerforschungseingriffen auf der Grundlage der bundespolizeilichen Generalklausel Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 14 Rn. 57). Das Leeren der Taschen des Klägers diente dem Zweck, durch weitere Ermittlungen auszuschließen, dass er gefährliche Gegenstände bei sich trug und ggf. einsetzen würde.
163 
Der Kläger kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, eine Gefahr habe deshalb nicht vorgelegen, weil zum Zeitpunkt dieser Aufforderung sechs Beamten anwesend gewesen seien. Dieser Umstand hätte möglicherweise bei drohender Realisierung der Gefahr eine Schadensabwehr oder -minderung erleichtert, er schloss das Vorliegen einer Gefahr oder eines dahingehenden Verdachts aber nicht aus.
164 
Unerheblich ist auch, ob die Aufforderung der Beamten, den Inhalt der Hosentaschen vorzuzeigen, - wie die Beklagte vorträgt - während oder - wie der Kläger behauptet - nach Abschluss der Identitätsfeststellung und des Datenabgleichs erfolgte. Ohne Belang sind auch die zwischen den Beteiligten im Einzelnen umstrittenen Fragen, ob jene Maßnahme während oder nach der Durchsuchung des Rucksacks stattfand oder sich damit (nur) teilweise zeitlich überschnitt. Unerheblich ist ferner, ob die Identitätsfeststellung und die Durchsuchung des Rucksacks ihrerseits rechtmäßig waren. Besteht die Gefahr, dass eine - zu Recht oder zu Unrecht - noch oder bis kurz zuvor angehaltene Person Beamte am Körper verletzen könnte, sind diese berechtigt, Maßnahmen zur Eigensicherung zu treffen. Es handelt sich hierbei um Maßnahmen zur Abwehr konkreter Gefahren außerhalb des Bereichs der sog. Schleierfahndung. Schon deshalb besteht der vom Kläger behauptete, alle Maßnahmen übergreifende „Rechtmäßigkeitszusammenhang“ nicht.
165 
Die Aufforderung der Beamten an den Kläger, die Hosentaschen zu leeren, war auch im Übrigen materiell rechtmäßig, insbesondere ermessensfehlerfrei, namentlich verhältnismäßig. Die Beamten haben das in der konkreten Situation mildeste Mittel zur Erreichung des Eigensicherungszwecks (vgl. dazu das Durchsuchungsprotokoll, Bl. 16 d. Verw.-Akte: „Eigensicherung“) gewählt, das zur Erreichung dieses Ziels - des Schutzes von Leib und Leben der Beamten - erforderlich war und angesichts des hohen Rangs der geschützten Rechtsgüter (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) einerseits und des vergleichsweise geringfügigen Eingriffs in die Rechte des Klägers andererseits nicht unangemessen (unverhältnismäßig i.e.S.) war.
166 
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg einwenden, ein materieller „Rechtswidrigkeitsgrund“ ergebe sich daraus, dass die Beklagte mit der gesamten, auch noch während der Kontrolle seiner Hosentascheninhalts (und des Rucksacks) erfolgten, von ihm so bezeichnete „Bewegungseinschränkung“ gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 104 GG verstoßen habe. Ein solcher Verstoß liegt nicht vor. Eine „Freiheitsentziehung“ im Sinne des Art. 104 Abs. 2 GG haben die Beamten der Beklagten entgegen den Andeutungen des Klägers nicht durchgeführt, da der Zweck der Maßnahme - die Kontrolle des Inhalts der Hosentaschen - nicht die Einschränkung der Bewegungsfreiheit - sondern die Eigensicherung - war und diese auch nicht länger andauerte, als dies für diesen Zweck und eine Maßnahme dieser Art typischerweise zu veranschlagen ist (s. näher zur Abgrenzung Rachor, a.a.O., E Rn. 496). Dass der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung sinngemäß ausgeführt hat, die Maßnahme auch angesichts der Zahl der bis dahin anwesenden Beamten subjektiv als „freiheitsentziehend“ empfunden haben mag, ändert daran nichts. Die mit dem kurzzeitigen Anhalten verbundene Freiheitsbeschränkung begegnet auch im Lichte des Art. 104 Abs. 1 GG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere war die gebotene gesetzliche Grundlage vorhanden (vgl. oben a).
167 
3. Selbst wenn die Aufforderung zur Offenlegung des Hosentascheninhalts an dem die „Durchsuchung von Personen“ regelnden § 43 BPolG gemessen würde, ist die Maßnahme rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage dann in dessen Absatz 1 Nr. 2 BPolG. Nach dieser Vorschrift kann, wie gezeigt, die Bundespolizei eine Person durchsuchen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen, wobei die Bundespolizei eine Sache sicherstellen kann, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren (§ 47 Nr. 1 BPolG). Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Denn aus den oben (unter 2.) genannten Gründen rechtfertigten Tatsachen die Annahme, dass der Kläger Gegenstände mit sich führen könnte, die eine gegenwärtige - d.h. zeitlich besonders naheliegende und mit gesteigerter Wahrscheinlichkeit bestehende (vgl. W.-R. Schenke, a.a.O., § 47 BPolG Rn. 8) - Gefahr für die Beamten der Beklagten begründen. Angesichts der hohen Bedeutung der hier gefährdeten Rechtsgüter sind insoweit auch bei einer zum Zwecke der Eigensicherung durchgeführten Durchsuchung von Sachen keine übersteigerten Anforderungen an die Gefahrenprognose zu stellen. Die wenige Minuten dauernde Durchsuchung erfolgte auch ermessensfehlerfrei, insbesondere verhältnismäßig.
168 
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
169 
D. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Die Fragen, ob die § 28 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 44 Abs. 2 BPolG im April 2013 mit Unionsrecht unvereinbar und deshalb unanwendbar waren, sind nicht von grundsätzlicher Bedeutung, da die „BRAS 120“ in der damals geltenden Fassung nicht mehr anwendbar sind und durch andere innerdienstliche Vorgaben ersetzt wurden. Die genannten Fragen sind zudem nicht entscheidungserheblich, da die fraglichen Maßnahmen selbst bei Anwendung des damals geltenden nationalen Rechts aus den oben (unter B.) genannten Gründen rechtswidrig waren.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


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Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:1.In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder

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Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 37 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes; Rechtsbehelfsbelehrung


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, w

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 46 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern


Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn of

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 44 Nichtigkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. (2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen d

Gesetz über die Bundespolizei


Bundespolizeigesetz - BPolG

Strafgesetzbuch - StGB | § 12 Verbrechen und Vergehen


(1) Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind. (2) Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht si

Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz - VwVG | § 6 Zulässigkeit des Verwaltungszwanges


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Bundespolizeigesetz - BGSG 1994 | § 2 Grenzschutz


(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt. (2) Der Grenzschutz umfa

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Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz - VwVG | § 13 Androhung der Zwangsmittel


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Bundespolizeigesetz - BGSG 1994 | § 12 Verfolgung von Straftaten


(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das 1. gegen die Sicherheit der Gren

Bundespolizeigesetz - BGSG 1994 | § 1 Allgemeines


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Bundespolizeigesetz - BGSG 1994 | § 15 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit


(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. (2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg er

Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG | § 4 Allgemeine Grundsätze zum Schutz von Verschlusssachen, Mitwirkung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik


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(1) Die Bundespolizei kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach den §§ 1 bis 7 die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren, soweit nicht dieses Gesetz die Befugnisse der Bundespolizei besonders regelt. (2) Gefahr im Sinne dieses Abschn

Bundespolizeigesetz - BGSG 1994 | § 43 Durchsuchung von Personen


(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn1.sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,2.Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt,

Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz - VwVG | § 12 Unmittelbarer Zwang


Führt die Ersatzvornahme oder das Zwangsgeld nicht zum Ziel oder sind sie untunlich, so kann die Vollzugsbehörde den Pflichtigen zur Handlung, Duldung oder Unterlassung zwingen oder die Handlung selbst vornehmen.

Bundespolizeigesetz - BGSG 1994 | § 44 Durchsuchung von Sachen


(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn1.sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,2.Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr ei

Bundespolizeigesetz - BGSG 1994 | § 32 Übermittlung personenbezogener Daten


(1) Die Bundespolizei kann Behörden des Polizeivollzugsdienstes und, wenn sie Aufgaben nach § 2 Abs. 2 oder Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung wahrnehmen, Behörden der Zollverwaltung personenbezogene Daten übermitteln, soweit dies zur Erfüll

Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz - VwVG | § 9 Zwangsmittel


(1) Zwangsmittel sind: a) Ersatzvornahme (§ 10),b) Zwangsgeld (§ 11),c) unmittelbarer Zwang (§ 12). (2) Das Zwangsmittel muß in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck stehen. Dabei ist das Zwangsmittel möglichst so zu bestimmen, daß der Be

Bundespolizeigesetz - BGSG 1994 | § 34 Abgleich personenbezogener Daten


(1) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten mit dem Inhalt von Dateien abgleichen, die sie zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben führt oder für die sie Berechtigung zum Abruf hat,1.zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verk

Bundespolizeigesetz - BGSG 1994 | § 47 Sicherstellung


Die Bundespolizei kann eine Sache sicherstellen,1.um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren,2.um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen oder3.wenn sie von einer Person

Bundespolizeigesetz - BGSG 1994 | § 28 Besondere Mittel der Datenerhebung


(1) Die Bundespolizei kann unter Beachtung des § 70 Satz 2 personenbezogene Daten mit den besonderen Mitteln nach Absatz 2 erheben über 1. die nach § 17 oder § 18 Verantwortlichen oder unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 über die dort bezeichne

Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes - UZwG | § 1 Rechtliche Grundlagen


(1) Die Vollzugsbeamten des Bundes haben bei der in rechtmäßiger Ausübung ihres Dienstes zulässigen Anwendung unmittelbaren Zwanges nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu verfahren. (2) Soweit andere Gesetze Vorschriften über die Art der Anwendung

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 21 Mitwirkung anderer Behörden


(1) Das Bundesministerium der Finanzen und die von ihm bestimmten Zollstellen wirken bei der Überwachung der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Betäubungsmitteln mit. (2) Das Bundesministerium der Finanzen kann im Einvernehmen mit dem Bundesminis

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Feb. 2018 - 1 S 1468/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Feb. 2018 - 1 S 1468/17 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 21. Juli 2017 - 1 S 1240/16

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Tenor Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. Mai 2016 - 4 K 2062/14 - wird zurückgewiesen.Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird zugelassen. Tatbestand   1 Die Kläg

Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 03. Juni 2013 - 4 K 896/13

bei uns veröffentlicht am 03.06.2013

Tenor Das Verwaltungsgericht Freiburg erklärt sich für örtlich unzuständig.Der Rechtsstreit wird an das Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen.Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten. Gründe  1 Die Entscheidung ergeht gemäß de
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Bundesverfassungsgericht Beschluss, 18. Dez. 2018 - 1 BvR 142/15

bei uns veröffentlicht am 18.12.2018

Tenor 1. a) Artikel 33 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 1 Nummer 5 des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz) in de

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Tenor

Das Verwaltungsgericht Freiburg erklärt sich für örtlich unzuständig.

Der Rechtsstreit wird an das Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe

 
Die Entscheidung ergeht gemäß den §§ 83 VwGO, 17a Abs. 2 GVG nach Anhörung der Beteiligten.
Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen Maßnahmen von Beamten der Bundespolizeiinspektion Weil am Rhein. Nach § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO ist bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 (von § 52 VwGO). Die Bundespolizeiinspektion Weil am Rhein ist eine unselbständige Untergliederung der Bundespolizeidirektion Stuttgart und damit nicht Behörde im zuvor genannten Sinn. Nach dem Gesetz über die Bundespolizei vom 19.10.1994 (BGBl I 1994, 2978) und der Verordnung über die Zuständigkeiten der Bundespolizeibehörden in der Fassung vom 01.03.2008 (BGBl I 2008, 250) kommen nur den Bundespolizeidirektionen, nicht aber den Bundespolizeiinspektionen, eigene Zuständigkeiten zu (ebenso VG Münster, Beschluss vom 14.04.2008 - 1 K 201/08 -, juris; vgl. auch VG Köln, Urteil vom 26.03.2009 - 20 K 2662/08 -, juris, in dem - unausgesprochen - eine Zuständigkeit für außerhalb des Gerichtsbezirks des VG Köln durchgeführte Maßnahmen der für NRW zuständigen Bundespolizeidirektion angenommen wurde). Die nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 1 der oben genannten Verordnung für das Land Baden-Württemberg zuständige Bundespolizeidirektion Stuttgart mit Sitz in Böblingen ist danach die Bundesbehörde, nach der sich die Zuständigkeit im Sinne von § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO richtet.
Die Kammer hält die Vorschrift des § 52 Nr. 2 VwGO auch im vorliegenden Fall einer Fortsetzungsfeststellungklage wegen deren Ableitung von der Anfechtungsklage für entsprechend anwendbar (wie hier VG Frankfurt, Beschluss vom 27.03.2013 - 6 K 1186/12 -, juris, m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 52 RdNr. 8, m.w.N, und § 113 RdNr. 97).
Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich die Zuständigkeit des Gerichts hier nicht aus § 52 Nr. 3 (Satz 2) VwGO, da diese Vorschrift nur für Klagen gilt, die, wie bereits der Wortlaut von § 52 Nr. 3 Satz 1 VwGO zeigt, nicht unter § 52 Nrn. 1, 2 und 4 VwGO fallen (vgl. u. a. Kopp/Schenke, a.a.O, § 52 RdNr. 12).
Danach ist hier das Verwaltungsgericht Stuttgart, in dessen Bezirk die Bundespolizeidirektion Stuttgart ihren Sitz hat, örtlich zuständig.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 83 Satz 2 VwGO).

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

1.
gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
2.
nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
3.
einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
4.
das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
5.
auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
6.
dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,
darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundespolizei die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei ihre Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind.

(2) Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind.

(3) Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind, bleiben für die Einteilung außer Betracht.

(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.

(2) Der Grenzschutz umfaßt

1.
die polizeiliche Überwachung der Grenzen,
2.
die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich
a)
der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt,
b)
der Grenzfahndung,
c)
der Abwehr von Gefahren,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern und von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, zur Sicherung des Grenzraumes das in Satz 1 Nr. 3 bezeichnete Gebiet von der seewärtigen Begrenzung an durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen, soweit die Grenzüberwachung im deutschen Küstengebiet dies erfordert. In der Rechtsverordnung ist der Verlauf der rückwärtigen Begrenzungslinie des erweiterten Grenzgebietes genau zu bezeichnen. Von der seewärtigen Begrenzung an darf diese Linie eine Tiefe von 80 Kilometern nicht überschreiten.

(3) Das Einvernehmen nach Absatz 1 ist in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist. In der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Polizei des Landes zu regeln.

(4) Nimmt die Polizei eines Landes Aufgaben nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem Bund mit eigenen Kräften wahr, richtet sich die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht.

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

1.
gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
2.
nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
3.
einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
4.
das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
5.
auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
6.
dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,
darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundespolizei die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei ihre Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.

(2) Der Grenzschutz umfaßt

1.
die polizeiliche Überwachung der Grenzen,
2.
die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich
a)
der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt,
b)
der Grenzfahndung,
c)
der Abwehr von Gefahren,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern und von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, zur Sicherung des Grenzraumes das in Satz 1 Nr. 3 bezeichnete Gebiet von der seewärtigen Begrenzung an durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen, soweit die Grenzüberwachung im deutschen Küstengebiet dies erfordert. In der Rechtsverordnung ist der Verlauf der rückwärtigen Begrenzungslinie des erweiterten Grenzgebietes genau zu bezeichnen. Von der seewärtigen Begrenzung an darf diese Linie eine Tiefe von 80 Kilometern nicht überschreiten.

(3) Das Einvernehmen nach Absatz 1 ist in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist. In der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Polizei des Landes zu regeln.

(4) Nimmt die Polizei eines Landes Aufgaben nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem Bund mit eigenen Kräften wahr, richtet sich die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.

(2) Der Grenzschutz umfaßt

1.
die polizeiliche Überwachung der Grenzen,
2.
die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich
a)
der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt,
b)
der Grenzfahndung,
c)
der Abwehr von Gefahren,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern und von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, zur Sicherung des Grenzraumes das in Satz 1 Nr. 3 bezeichnete Gebiet von der seewärtigen Begrenzung an durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen, soweit die Grenzüberwachung im deutschen Küstengebiet dies erfordert. In der Rechtsverordnung ist der Verlauf der rückwärtigen Begrenzungslinie des erweiterten Grenzgebietes genau zu bezeichnen. Von der seewärtigen Begrenzung an darf diese Linie eine Tiefe von 80 Kilometern nicht überschreiten.

(3) Das Einvernehmen nach Absatz 1 ist in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist. In der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Polizei des Landes zu regeln.

(4) Nimmt die Polizei eines Landes Aufgaben nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem Bund mit eigenen Kräften wahr, richtet sich die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

Führt die Ersatzvornahme oder das Zwangsgeld nicht zum Ziel oder sind sie untunlich, so kann die Vollzugsbehörde den Pflichtigen zur Handlung, Duldung oder Unterlassung zwingen oder die Handlung selbst vornehmen.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

(1) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten mit dem Inhalt von Dateien abgleichen, die sie zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben führt oder für die sie Berechtigung zum Abruf hat,

1.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs oder,
2.
wenn Grund zu der Annahme besteht, daß dies zur Erfüllung einer sonstigen Aufgabe der Bundespolizei erforderlich ist.
Die Bundespolizei kann ferner im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erlangte personenbezogene Daten mit dem Fahndungsbestand abgleichen. Der Betroffene kann für die Dauer des Abgleichs angehalten werden.

(2) Rechtsvorschriften über den Datenabgleich in anderen Fällen bleiben unberührt.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

1.
gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
2.
nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
3.
einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
4.
das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
5.
auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
6.
dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,
darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundespolizei die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei ihre Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

1.
gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
2.
nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
3.
einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
4.
das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
5.
auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
6.
dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,
darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundespolizei die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei ihre Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

1.
gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
2.
nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
3.
einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
4.
das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
5.
auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
6.
dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,
darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundespolizei die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei ihre Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten mit dem Inhalt von Dateien abgleichen, die sie zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben führt oder für die sie Berechtigung zum Abruf hat,

1.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs oder,
2.
wenn Grund zu der Annahme besteht, daß dies zur Erfüllung einer sonstigen Aufgabe der Bundespolizei erforderlich ist.
Die Bundespolizei kann ferner im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erlangte personenbezogene Daten mit dem Fahndungsbestand abgleichen. Der Betroffene kann für die Dauer des Abgleichs angehalten werden.

(2) Rechtsvorschriften über den Datenabgleich in anderen Fällen bleiben unberührt.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

1.
gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
2.
nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
3.
einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
4.
das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
5.
auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
6.
dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,
darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundespolizei die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei ihre Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. Mai 2016 - 4 K 2062/14 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen die Gültigkeit der Gemeinderatswahl der Stadt Heidelberg am 25.05.2014, insbesondere weil sie die Teilnahme der 16 und 17 Jahre alten Jugendlichen an der Wahl für rechtswidrig halten. Die Kläger sind Einwohner der Stadt Heidelberg und waren wahlberechtigt. Die Stadt Heidelberg gab das Ergebnis der Gemeinderatswahl am 04.06.2014 öffentlich bekannt, in korrigierter Form am 02.07.2014.
Mit Schreiben vom 10.06.2014 erhoben die Kläger Einspruch gegen die Wahl. Diesem waren 119 Wahlberechtigte beigetreten. Zur Begründung trugen sie vor, es liege ein ergebniserheblicher Wahlfehler vor, weil das in § 12 GemO verankerte Wahl- und Stimmrecht der 16 und 17 Jahre alten Minderjährigen gegen Art. 25 Abs. 1 und 2, Art. 26 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1, Art. 64 Abs. 1 Satz 2 LV verstoße. Die Verfassung definiere den Begriff des „Volkes“ einheitlich im Sinne eines baden-württembergischen Staatsvolks, von dem alle Staatsgewalt ausgehen müsse. Das Landesstaatsvolk umfasse daher nur die Gruppe der volljährigen Deutschen, die in Baden-Württemberg wohnten oder sich sonst gewöhnlich aufhielten. Minderjährige, Staatenlose, Personen, denen das Wahlrecht kraft Richterspruchs entzogen worden sei, seien nicht Teil des Staatsvolks. Dies müsse auch für die kommunale Ebene gelten. Eine andere Lesart widerspreche der Einheitlichkeit der Legitimationsgrundlagen von Wahlen nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG. Zudem könnten Doppelabstimmungen von EU-Bürgern vorgekommen sein.
Mit gesonderten Bescheiden vom 04.07.2014 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die Wahleinsprüche der Kläger zurück. Der Wahleinspruch sei zulässig, jedoch unbegründet. Nach § 14 Abs. 1 GemO seien Bürger im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt und hätten ein Stimmrecht in sonstigen Gemeindeangelegenheiten. Wer Bürger sei, bestimme § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO. Die Kommunalwahlen seien in Art. 72 LV geregelt. Dabei habe sich der Verfassungsgeber in den Absätzen 1 und 2 auf die Bestimmung von Grundzügen beschränkt und die Einzelheiten in Absatz 3 dem einfachen Gesetzgeber überlassen. Von der Ermächtigung in Art. 72 Abs. 3 LV habe der Gesetzgeber in einwandfreier Form durch Art. 1 Nr. 1 lit. a) des Gesetzes vom 16.04.2013 Gebrauch gemacht. An der Verfassungsmäßigkeit der getroffenen Bestimmungen bestünden keine Zweifel. Gegen Art. 25 Abs. 1 und 2, 72 Abs. 1, 64 Abs. 1 Satz 2 LV, Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 2, 79 Abs. 3 GG könne die Festlegung des Wahlalters schon deshalb nicht verstoßen, weil die genannten Bestimmungen dieses nicht regelten. Rechtsirrig sei, das Wahlalter in die Begriffe des „Volkes“ bzw. „Staatsvolkes“ hineinzulesen. Der thematisch nicht einschlägige Art. 29 GG treffe keine Bestimmung über das Wahlalter. Dies treffe auch für den nur für die Wahl zum Deutschen Bundestag geltenden Art. 38 Abs. 2 GG zu. Das Verhältnis von Art. 72 LV zu Art. 26 LV sei durch den 1995 angefügten Art. 26 Abs. 8 LV abschließend geklärt. Hiernach gehe Art. 72 LV den Bestimmungen in Art. 26 Abs. 1 bis 7 LV als lex specialis umfassend vor. Art. 72 Abs. 3 LV eröffne dem einfachen Gesetzgeber auch die Festlegung des Wahlalters. Das Vorbringen zu Doppelabstimmungen von EU-Bürgern sei nicht nachvollziehbar.
Am 16.07.2014 erhoben die Kläger ihre auf Ungültigerklärung und Wiederholung der Wahl gerichtete Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe und machten geltend, das neue Minderjährigenwahlrecht sei als grundgesetz- und landesverfassungswidrig einzustufen. Es sei insgesamt verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber in der GemO (§ 12 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 2 GemO) - gleichheitswidrig - nicht auch für Minderjährige eine Vorschrift eingefügt habe, wonach die minderjährigen Wähler vom Wahlrecht ausgeschlossen seien, wenn bei diesen die Voraussetzungen für eine Betreuung im Sinne von §§ 1896 ff. BGB, abgesehen von der Voraussetzung der Volljährigkeit, vorlägen. Sowohl das Grundgesetz als auch die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts gingen davon aus, dass es mehrere Volksbegriffe in der Verfassung gebe. Je nach Sinnzusammenhang gebe es das sogenannte Bundes- bzw. Landesaktivstaatsvolk (die Summe der auf Bundes- bzw. Landesebene wahl- und stimmberechtigten Bürger) oder aber das Volk im soziologisch-ethnologisch-politischen Sinne (die Gesamtheit der deutschen Bürger, unabhängig von ihrer Wahlberechtigung), d. h. unter Einschluss auch derjenigen deutschen Staatsangehörigen, die z.B. aufgrund einer gerichtlich angeordneten Betreuung, aufgrund rechtskräftig ausgesprochenen Verlusts des Wahl- und Stimmrechts und/oder aufgrund Nichterreichens des Wahlalters nicht wählen und somit nicht Ausgangspunkt der Staatsgewalt sein könnten. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23.10.1951 (- 2 BvG 1/51 - juris Rn. 133) sei das „Landesvolk“ die nach Art. 118 Satz 2 GG entscheidungsberechtigte Bevölkerung, die sich nur auf Volljährige beziehe. Die Abstimmungen des Volkes im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG seien nur die Fälle des Art. 29 GG, weshalb nur Art. 29 GG Aufschluss darüber gebe, wer das Volk im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG sei, welches die Staatsgewalt auch durch Abstimmungen ausübe. Wenn 16- und 17-jährige Deutsche (bzw. wegen des Art. 71 Abs. 3 LV und Art. 28 Abs. 3 Satz 3 GG auch EU-Ausländer) Teil des Volkes im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG bzw. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 LV wären, dann wären die Art. 26 Abs. 1 LV und Art. 38 Abs. 2 GG verfassungswidriges Verfassungsrecht, da Art. 20 GG und Art. 25 Abs. 1 Satz 1 LV Teil der Ewigkeitsklausel der Art. 79 Abs. 3 GG und Art. 64 Abs. 1 LV seien. Die Auffassung des Regierungspräsidiums habe zur Folge, dass sowohl Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG als auch Art. 25 Abs. 2 Satz 1 LV selbst geisteskranken Deutschen und deutschen Kleinkindern objektiv-rechtlich verbürge, dass (auch) von diesen die Staatsgewalt ausgehen müsse. Dies sei abwegig; auch grammatikalisch würde eine solche Differenzierung keinen Sinn ergeben, da die Volksbegriffe in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG (Art. 25 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 LV) ersichtlich das gleiche Volk, das Aktivvolk, meinten und identisch seien. Nur in diesem Sinne sei es möglich, den Volksbegriff in der Präambel, in Art. 146 GG und in Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 2 GG identisch auszulegen, wie es das Bundesverfassungsgericht im Lissabon-Urteil getan habe. Hier sei klargestellt, dass unter Volk im Sinne von Art. 146 GG nur die Wahlberechtigten, das heißt das Aktivvolk zu verstehen sei. Somit bestehe das Volk im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2, 28 Abs. 1 Satz 2 GG nur aus den volljährigen Deutschen. Das Grundgesetz sehe keine „Öffnungsklausel“ für den auf Landes- und Kommunalebene identischen Volksbegriff vor, soweit „nur“ Landtags- oder Gemeinderatswahlen betroffen seien. Dies ermögliche auch Art 72 Abs. 3 LV nicht. Keinesfalls könne aus Art. 26 Abs. 8 LV eine Sperrwirkung für alle Absätze des Art. 26 LV für die kommunale Ebene hergeleitet werden. Sinn und Zweck des Art. 26 Abs. 8 LV sei es, den Leser der Verfassung darauf hinzuweisen, dass die grundsätzlich allgemeinen Bestimmungen der vorangegangenen Absätze dieses Verfassungsartikels durch Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV modifiziert würden. Durch Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV werde das - bundesverfassungsrechtlich vorgegebene - Kriterium „Deutscher“ im Sinne von Art. 26 Abs. 1 LV den Staatsbürgerschaften der EU gleichgestellt, weshalb für die EU-Ausländer natürlich dann auch die Altersgrenze des Art. 26 Abs. 1 LV gelte. Die Auffassung des Beklagten führe zu dem abwegigen Ergebnis, dass es dem einfachen Gesetzgeber für die kommunale Ebene verwehrt wäre zu verlangen, dass der Wahlberechtigte eine bestimmte Aufenthaltsdauer im Land bzw. der jeweiligen Kommune oder eine Hauptwohnung in der Gemeinde vorweisen müsse. Denn Art. 26 Abs. 7 LV gelte - nach der Auffassung des Beklagten - nicht für die kommunale Ebene und Art. 72 Abs. 3 LV gebe dem einfachen Gesetzgeber nur das Recht, das Nähere zu den in Art. 72 Abs. 1, 2 LV dargelegten Grundsätzen zu regeln. Wenn der verfassungsändernde Gesetzgeber im Einklang mit der Auffassung des Beklagten Art. 26 Abs. 1 bis 8 LV von der kommunalen Ebene hätte abkoppeln wollen, so würde er zumindest teilweise gegen die Ewigkeitsklausel und gegen Bundesrecht (Art. 79 Abs. 3 GG bzw. Art. 64 Abs. 1 LV) verstoßen. Das in Art. 26 Abs. 1 LV vorgesehene Wahlalter von 18 Jahren sei bundesrechtlich vorgegeben. Selbst wenn Art. 26 Abs. 8 LV eine Sperrwirkung gegenüber der kommunalen Ebene beinhalten sollte, würde eine Sperrwirkung nur gegenüber Art. 26 Abs. 4 LV ausreichen. Selbst dann hätte Art. 26 Abs. 8 LV einen eigenständigen Anwendungsbereich.
Der Beklagte trat der Klage entgegen und machte ergänzend geltend, die Bestimmungen der Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 2, 79 Abs. 3 GG und Art. 25 Abs. 1, 64 Abs. 1, 72 Abs. 1 LV regelten das Wahlalter nicht. Die Auffassung der Kläger, wonach die Volksbegriffe in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG bzw. Art. 25 Abs. 1 LV identisch seien, bedürfe nicht der Erörterung, da einerseits die Auffassung der Kläger, das Volk im Sinne von Art. 20 Abs. 2 GG sei einheitlich nur das Aktivvolk, erkennbar unzutreffend sei und andererseits auch eine zum Teil vorgenommene Differenzierung zwischen den Volksbegriffen in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG nicht den Schluss zu tragen vermöge, dass die §§ 12, 14 GemO verfassungswidrig seien. Denn unter dem Gesichtspunkt demokratischer Legitimation komme es - von der unabdingbaren Grundlage des Deutschen Volkes ausgehend - auf die Wahlberechtigung im Legitimationsakt an. Auch ein Verstoß gegen Art. 26 LV scheide aus. Die Absätze 1 bis 7 des Art. 26 LV seien nicht anwendbar für Kommunalwahlen. Die Bestimmung einer Mindestwohndauer als Voraussetzung des Wahlrechts zum Gemeinderat für den einfachen Gesetzgeber folge aus Art. 72 Abs. 3 LV. Der Maßstab des Art. 25 Abs. 1 LV werde durch Art. 26 Abs. 8 LV nicht derogiert. Art. 26 Abs. 8 LV verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht, weil die Vorschrift das Staatsvolk als Legitimationssubjekt nicht berühre. Unrichtig sei, dass der (einfache) Gesetzgeber auf der Grundlage der Rechtsauffassung des beklagten Landes Deutschen oder EU-Ausländern ohne Wohnsitz in einer baden-württembergischen Kommune am Wahltag das Kommunalwahlrecht einräumen könne. Dem stünden Art. 72 Abs. 1, 71 Abs. 1 LV entgegen. Die §§ 12, 14 GemO seien auch ansonsten mit höherrangigem Recht vereinbar.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab (Urteil vom 11.05.2016 - 4 K 2062/14 - juris). § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 sei mit dem Grundgesetz, sonstigem Bundesrecht und der Landesverfassung für Baden-Württemberg vereinbar. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 2, Art. 38, Art. 29, Art. 28 Abs. 1 GG stünden der Einführung des aktiven Wahlrechts durch den Landesgesetzgeber für Kommunalwahlen für 16- bis 18-Jährige nicht entgegen. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG bestimme selbst, wer das Volk sei, das in Wahlen, Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Staatsgewalt ausübe: Es sei das Staatsvolk der Bundesrepublik. Das Volk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgehe, werde nach dem Grundgesetz von den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen gebildet. Die Zugehörigkeit zum Staatsvolk der Bundesrepublik werde also grundsätzlich durch die Staatsangehörigkeit vermittelt. Auch andere Regelungen des Grundgesetzes, die einen Bezug zum Volk aufwiesen, die Präambel, Art. 33 Abs. 1 und 2, Art. 56, Art. 64 Abs. 2,Art. 146 und Art. 116 GG ließen keinen Zweifel daran, dass Staatsvolk das deutsche Volk sei. "Volk" im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG seien wie im Rahmen von Art. 20 Abs. 2 GG nur die (im jeweiligen Wahlgebiet ansässigen) deutschen Staatsangehörigen und die ihnen gleichgestellten Personen im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG. Denn das in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltene Gebot, dass die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des demokratischen Staates im Sinne des Grundgesetzes entsprechen müsse, werde in den Sätzen 2 bis 4 näher konkretisiert. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG ergänze Satz 1, indem er die Einrichtung einer Vertretung des Volkes in den Ländern, Kreisen und Gemeinden vorschreibe und zugleich Wahlgrundsätze bestimme, die bei deren Wahl zu beachten seien. Volk im Sinne dieser Verfassungsnormen und damit Legitimationssubjekt sei das jeweilige Bundes- oder Landesstaatsvolk. Nur in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG entfalle die Beschränkung auf das deutsche Volk für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU. Entgegen der Ansicht der Kläger sei der Volksbegriff des Art. 20 Abs. 2 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht auf ein bestimmtes Wahlalter beschränkt. Die Zugehörigkeit zum Volk im Sinne des Art. 20 Abs. 1 GG bestimme sich vielmehr allein nach der deutschen Staatsangehörigkeit und nach Art. 116 Abs. 1 GG. Soweit das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 30.07.1958 zum hamburgischen und bremischen Gesetz betreffend die Volksbefragung über Atomwaffen den Begriff „Aktivbürger“ verwende, folge daraus nichts für das Mindestalter der Wahlberechtigten. Art. 38 Abs. 1 und 2 GG verbiete die Herabsetzung des Wahlalters bei Kommunalwahlen ebenfalls nicht. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG regele die allgemeinen Wahlgrundsätze für die Wahl des Deutschen Bundestages. Von einem Mindestalter sei in diesem Satz nicht die Rede. Das in Art. 38 Abs. 2 GG festgesetzte Wahlalter von 18 Jahren gelte nach dem eindeutigen Wortlaut sowie seinem systematischen Zusammenhang nur für Bundestagswahlen. Auch ergebe sich aus Art. 29 GG keine Begrenzung für den Landesgesetzgeber, das Wahlalter abzusenken. Schließlich verbiete Art. 28 Abs. 1 GG dem Landesgesetzgeber die Absenkung des Wahlalters für Kommunalwahlen nicht. In Art. 28 Abs. 1 GG finde sich kein Verweis auf Art. 38 Abs. 1 und 2 GG. Vielmehr schreibe Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG die so genannten Wahlrechtsgrundsätze auch für Gemeinderatswahlen verbindlich vor. Bund und Länder hätten gemäß Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG im jeweils eigenen Verfassungsraum Vertretungen des Volkes zu schaffen, die aus Wahlen hervorgegangen seien. Dabei hätten Bund und Länder jeweils für die Einhaltung der Grundsätze allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahlen Sorge zu tragen. Diese Regelung erkläre sich aus dem bundesstaatlichen Prinzip. In den Grenzen föderativer Bindungen gewährleiste das Grundgesetz Bund und Ländern eigenständige Verfassungsbereiche. Die Länder genössen im Rahmen ihrer Bindung an die Grundsätze des Art. 28 Abs. 1 GG im staatsorganisatorischen Bereich Autonomie. In diesem Rahmen regelten sie das Wahlsystem und Wahlrecht zu ihren Parlamenten und den kommunalen Vertretungen des Volkes; sie gestalteten und organisierten das Wahlprüfungsverfahren. Das Grundgesetz binde die Länder hierbei an die fünf Wahlrechtsgrundsätze. Da nur die Wahlrechtsgrundsätze vorgegeben seien und Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG keine schematische Übernahme des Bundeswahlrechts auf Landes- und Gemeindeebene verlange, gebe es einen Ausgestaltungsspielraum der Länder (nur) in den Grenzen des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG. Grenzen ergäben sich aus den betroffenen Wahlrechtsgrundsätzen, dem Aufgabenkreis des zu wählenden Repräsentativorgans und daraus, auf welcher Stufe des Wahlverfahrens der Gesetzgeber mit welcher Intensität eingreife. Gemessen daran verstießen § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 GemO i.d.F. vom 16.04.2013 mit der Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre nicht gegen verfassungsrechtliche Maßstäbe, insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahlen. Die Herabsetzung des Wahlalters betreffe den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl und damit auch den der Gleichheit. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl untersage den unberechtigten Ausschluss von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl überhaupt. Er verbiete dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen. Begrenzungen der Allgemeinheit der Wahl seien verfassungsrechtlich zulässig, sofern für sie ein „zwingender Grund“ bestehe. Die §§ 12, 14 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 würden diesen Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Wahlrecht gerecht. Die Gesetzesbegründung zur Einführung des Wahlrechts für 16- bis 18-Jährige lasse erkennen, dass der Gesetzgeber des Landes Baden-Württemberg sachgerechte Überlegungen bei der Herabsetzung des Wahlalters angestellt habe. Diese Überlegungen des Landesgesetzgebers orientierten sich an der in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG für Kommunen geforderten demokratischen Willensbildung, in die Jugendliche ab 16 Jahren frühzeitig eingebunden werden sollten, sowie am Aufgabenkreis der bürgerschaftlichen Verwaltung der Gemeinde. Die diesen Erwägungen zugrunde liegende Annahme der Wahlmündigkeit von Jugendlichen ab 16 Jahren bei Kommunalwahlen gehe nicht von einer fehlerhaften Tatsachengrundlage aus. Die Wahlmündigkeit setze intellektuelle Qualitäten sowie Verantwortungsbewusstsein und Reife voraus, bezogen auf den Aufgabenkreis des zu wählenden Repräsentativorgans. Die Wahlmündigkeit für Kommunalwahlen sei mit Blick auf die potentiell von der Gemeindevertretung, dem Gemeinderat und Bürgermeister (§§ 24 Abs. 1, 42 GemO) zu beschließenden Aufgaben zu entscheiden. Dabei gehe es um „Angelegenheiten der Gemeinde“ (§ 24 Abs. 1 GemO), z.B. um öffentliche Einrichtungen wie Sportstätten und Schulen sowie Bebauungspläne mit weitreichenden Folgen für die Wohnsituation, Ansiedlung von Industrie und Gewerbe und damit um die Entwicklung der Gemeinde und ihrer Bürger. Solche Aufgaben seien mit finanziellen Entscheidungen verbunden, die zwar wirksam nicht von 16 bis 18 Jahre alten Jugendlichen geregelt werden könnten, weil sie hierfür nicht handlungsfähig seien (§§ 2, 107 BGB). Ihnen könne deshalb aber gleichwohl die Reife und Fähigkeit zugesprochen werden, den Sinn, die Notwendigkeit sowie die Reichweite solcher auf eine konkrete Gemeinde bezogenen Entscheidungen beurteilen und ihre Interessen vertretende Personen auswählen zu können. Denn als Bürger der Gemeinde könne Jugendlichen ab 16 Jahren ein Interesse an solchen, ihre Zukunft in der konkreten Gemeinde betreffenden Entscheidungen nicht abgesprochen werden und es sei nicht lebensfremd, dass sie sich über Pro und Contra örtlicher Angelegenheiten informieren, eine Meinung darüber bilden sowie sich eine ihre Position vertretende wählbare Person oder Personengruppe aussuchen könnten.Weitere Indizien dafür, dass der Landesgesetzgeber mit der Annahme der Wahlmündigkeit für Jugendliche ab 16 Jahren nicht lebensfremd und nicht willkürlich gehandelt habe, seien gesetzliche Regelungen, die den nicht volljährigen, 16 bis 18 Jahre alten Jugendlichen an deren Reife und Verantwortungsbewusstsein anknüpfende Rechte einräumten und sie z. B. im Arbeitsleben, schulischen Angelegenheiten sowie in gesellschaftlichen Bereichen schützten, so die Regelungen der §§ 106 ff. BGB über die beschränkte Geschäftsfähigkeit, des § 10 FeV, des § 60 BetrVG, des Jugendschutzgesetzes und des Jugendarbeitsschutzgesetzes sowie des § 63 Abs. 3 Satz 1 LHG. Aus den Erkenntnissen zum inhaltlichen Wahlverhalten der 16- bis 18-Jährigen in anderen Bundesländern, sofern dies überhaupt zuverlässig ermittelbar und auf andere Bundesländer uneingeschränkt übertragbar sei, lasse sich nicht auf deren Wahlunmündigkeit schließen. Das durch § 12 GemO geschaffene Wahlrecht für 16- bis 18-Jährige bei Kommunalwahlen verstoße schließlich nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die von den Klägern geltend gemachte Ungleichbehandlung der von § 14 Abs. 2 Nr. 2 GemO erfassten Volljährigen, für die zur Besorgung ihrer Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt sei (s. auch § 13 BWahlG i.d.F. v. 23.07.1993), mit den Minderjährigen, für die aus rechtlichen Gründen keine Betreuung angeordnet werden könne (§ 1896 Abs. 1 BGB), verletze nicht den Grundsatz der Gleichheit der Wahl. Der Grundsatz der Chancengleichheit unterliege zwar keinem absoluten Differenzierungsverbot, wegen der strikten und formalen Gleichheit habe der Gesetzgeber aber nur einen eng bemessenen Spielraum für Differenzierungen. Diesen Grundsatz habe der Gesetzgeber nicht verletzt, obwohl für 16- bis 18-Jährige eine mit § 14 Abs. 2 Nr. 2 GemO vergleichbare Regelung fehle. Eine Betreuung könne für Volljährige auf Grund psychischer Krankheit oder wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung angeordnet werden (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei Minderjährigen sei eine Betreuung entbehrlich, weil sie gemäß § 1626 BGB der elterlichen Personen- und Vermögensfürsorge unterstünden. Deshalb sehe Bundesrecht eine Betreuung für Minderjährige nicht vor und dem Landesgesetzgeber fehle für eine dahingehende allgemeine Regelung die Gesetzeskompetenz. Auch eine Verletzung sonstigen Bundesrechts sei mit der Herabsetzung des Wahlalters durch § 12 GemO nicht verbunden. Die Vorschrift sei mit dem elterlichen Sorgerecht (§ 1626 BGB) vereinbar. § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 GemO verstoße auch nicht gegen Landesverfassungsrecht. Die Vorschrift habe, soweit es um das Wahlrecht für 16- bis 18-Jährige bei Kommunalwahlen gehe, ihre Ermächtigungsgrundlage in Art. 72 LV in der Fassung vom 15.02.1995. Auf Art. 72 Abs. 3 LV verweise die im I. Abschnitt stehende Bestimmung des Art. 26 Abs. 8 LV. Der Wortlaut, der systematische Zusammenhang der Art. 26 und 72 LV sowie die Entstehungsgeschichte des Art. 26 Abs. 8 LV sprächen dafür, Art. 72 Abs. 3 LV als mit höherrangigem Recht vereinbare Ermächtigungsgrundlage des Landesgesetzgebers für Bestimmungen hinsichtlich des Wahlalters bei Gemeinderatswahlen zu qualifizieren.
Gegen das ihnen am 20.06.2016 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts haben die Kläger am 23.06.2016 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. In der bis zum 20.09.2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist haben die Kläger ihre Berufung begründet und geltend gemacht, es lägen die „Berufungsgründe“ der ernstlichen Zweifel, der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten, der grundsätzlichen Bedeutung, der Divergenz und des Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 - 5 VwGO vor. Sie tragen vor, der Begriff des Volkes in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG und der in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG seien identisch. Nach dem Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 89, 155) könne Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG nicht das Volk im Sinne aller Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit meinen. Denn das Gericht habe unter Bezugnahme auf Art. 38 Abs. 1 und 2 GG formuliert, dass im Wahlakt die Staatsgewalt vom Volk ausgehe. Folglich gehe von dem, der nicht am Wahlakt nach Art. 38 Abs. 1 GG teilnehmen dürfe, keine Staatsgewalt aus; somit gehöre er auch nicht zum Volk i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Im OMT-Urteil (NJW 2016, 2473) habe das Gericht deutlich ausgesprochen, dass der Grundsatz der Volkssouveränität darin bestehe, dass jede in Deutschland ausgeübte öffentliche Gewalt einer auf die Wählerinnen und Wähler zurückführbaren Legitimation bedürfe; es habe gerade nicht auf die Legitimation durch die deutschen Staatsangehörigen abgestellt. Jede in Deutschland ausgeübte öffentliche Gewalt müsse daher auf das Aktivstaatsvolk zurückführbar sein. Die Ausführungen im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum kommunalen Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein (BVerfGE 83, 37) - dass das Staatsvolk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgehe, nach dem Grundgesetz von den Deutschen, also den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen, gebildet werde - könnten im Lichte der klarstellenden OMT-Entscheidung gerade nicht so verstanden werden, dass allein die deutsche Staatsangehörigkeit ausreiche, damit von einer Person Staatsgewalt i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG ausgehe. Die deutsche Staatsangehörigkeit sei danach eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung, um zum Volk i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG zu gehören. Denn im OMT-Urteil stelle das Gericht eindeutig einen Zusammenhang zwischen der Ausübung der Staatsgewalt i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG und dem Wahlrecht her. Daher könnten Personen, die minderjährig seien, die geistesgestört seien und unter rechtlicher Betreuung stünden und denen das Wahl- und Stimmrecht aufgrund strafrechtlicher Verurteilung entzogen worden sei, nicht Teil des Volkes i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG sein. Zudem müsse nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Umfang der Frage- und Informationsrechte des Deutschen Bundestags in Bezug auf Unterstützungseinsätze der Bundespolizei (BVerfGE 139, 194) das „Ausgehen der Staatsgewalt" vom Volk für das Volk wie auch für die Staatsorgane jeweils konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein. Für Minderjährige sei dies nicht möglich. Schon im Beschluss zum hamburgischen und bremischen Gesetz betreffend die Volksbefragung über Atomwaffen (BVerfGE 8, 104) sei deutlich ausgesprochen, dass die wahlberechtigten Bürger das Staatsvolk seien. Das gelte nach dem Lissabon-Urteil (BVerfGE 123, 267) auch für den Begriff des Volks in Art. 146 GG. Das Staatsvolk und das Volk im soziologisch-ethnologisch-politische Sinne seien, wie sich aus dem Südweststaat-Urteil (BVerfGE 1, 14) ergebe, nicht identisch. Auch das Bundesverwaltungsgericht (NVwZ 1999, 870) gehe davon aus, dass das Volk, auf das die Legitimation der Ausübung von Staatsgewalt zurückgehen müsse, die Gesamtheit der Staatsbürger sei. Mit diesen Entscheidungen habe sich das Verwaltungsgericht nicht hinreichend auseinander gesetzt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts könne nicht erklären, warum Minderjährige, Geisteskranke und Personen, denen das Wahlrecht aberkannt sei, wenn sie Teil des Volks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG darstellten, zuzumuten sei, sich Akten der öffentlichen Gewalt ausgesetzt zu sehen, die sie nicht legitimieren und beeinflussen könnten. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleiste eine einheitliche Legitimationsgrundlage in allen Gebietskörperschaften. Auf Bundes- und Landesebene sei ein 16-jähriger Jugendlicher von jeglicher Legitimierung von Staatsgewalt ausgeschlossen; er könne daher nicht Teil einer bundesweit einheitlichen Legitimationsgrundlage sein. Auf die vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob Art. 38 GG nur Bundestagswahlen regele und auf Wahlen und Abstimmungen in den Ländern nicht analog angewendet werden könne, komme es nicht allein an. Art. 38 GG sei im Zusammenhang mit Art. 20 Abs. 2 Satz 1, 2, Art. 29 Abs. 4, 6 und Art. 146 GG zu betrachten. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den bayerischen Kommunalwahlen (BVerfGE 99,1) besage zu dem engen Zusammenhang zwischen Wahlrecht und Ausgehen der Staatsgewalt i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG nichts, sondern betreffe nur die Frage der mit der Verfassungsbeschwerde rügefähigen subjektiven Rechtsposition.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegne rechtlichen Bedenken selbst dann, wenn man annehme, dass Staatsgewalt im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auch von allen 0 bis 17 Jahre alten deutschen Personen ausgehe. Denn dann sei zu klären, welchen Beurteilungsspielraum der Gesetzgeber bei der Festlegung des kommunalen Wahlalters habe und aufgrund welcher konkret ermittelten Tatsachen und wissenschaftlichen Erkenntnissen eine solche gesetzliche Ermessensentscheidung getroffen werden könne. Dem Landesgesetzgeber komme hier, wenn überhaupt, nur ein enger Ermessensspielraum zu. Der Gesetzgeber habe nicht hinreichend bedacht, dass mit der Absenkung des kommunalen Wahlalters 16 Jahre alte Jugendliche auch Bürgermeister sowie Landräte als untere Verwaltungsbehörde des Landes wählen könnten und nach § 1 Abs. 3 GemO die Pflicht hätten, verantwortlich an der bürgerschaftlichen Verwaltung teilzunehmen einschließlich der Teilnahme an Gemeindeversammlungen und Einwohnerversammlungen, dass das elterliche Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Wahltag, für Bürger- und Einwohnerversammlungen und für die Zeiträume der Unterschriftensammlung für Bürgerbegehren eingeschränkt werde und dass Jugendliche nicht nur Bürgerbegehren und Einwohneranträge unterzeichnen und initiieren dürften, sondern sogar gegen den Willen der Eltern Vertrauenspersonen von Bürgerbegehren, Ratsbegehren, Einwohneranträgen und Anträgen auf Durchführung von Einwohnerversammlungen werden könnten. Der Landesgesetzgeber traue einem 16 Jahre alten Jugendlichen sogar zu, dass er bei einem von ihm initiierten und unterzeichneten Bürgerbegehren ein Widerspruchsverfahren mit dem Regierungspräsidium führen und im Anschluss daran nach § 41 Abs. 2 KomWG Verpflichtungs- oder Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht erheben könne. Letzteres verstoße evident gegen die bundesrechtliche Regelung des § 62 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 104 Nr. 2 BGB und führe gemäß Art. 31 GG zur Nichtigkeit der gesamten landesrechtlichen Regelung. Ein Bescheid über ein von einem Jugendlichen initiiertes Bürgerbegehren könne nach § 6 Abs. 1 LVwZG auch nur seinen Eltern zugestellt werden. Im Zusammenhang mit Einwohner- und Bürgerbegehren könnten enorme Haftungsrisiken entstehen, die das übliche Taschengeld gemäß § 110 BGB eklatant überstiegen. Dabei habe das Bundesverfassungsgericht bereits 1986 entschieden, dass es mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht von Minderjährigen unvereinbar sei, wenn Eltern sie kraft ihrer Vertretungsmacht finanziell unbegrenzt verpflichten könnten. Zudem gehe der Landesgesetzgeber offenbar davon aus, dass das Initiieren von Bürgerbegehren auch für geisteskranke, medizinisch betreuungsbedürftige Jugendliche kein Problem sei, während er dies Volljährigen, die geisteskrank und medizinisch betreuungsbedürftig seien, nicht mehr zutraue. Mit diesen Fragen hätten sich der Gesetzgeber und das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt.
Die Gesetzesbegründung für die Absenkung des Wahlalters, dass Entscheidungen in den kommunalen Gremien weitreichende Konsequenzen für die nächste Generation haben könnten, sei ein falscher verfassungswidriger Ansatzpunkt. Sie verkenne, dass das Demokratieprinzip die Möglichkeit, eine reflektierte Wahlentscheidung zu treffen, als unabdingbar einstufe. Der einzig denkbare Begründungsansatz sei der Verweis auf die sechs Bundesländer, die das Minderjährigenwahlrecht bereits kennten. Dieser sei aber bereits deswegen kein plausibles Argument, weil die Schul- und Bildungspolitik in den einzelnen Bundesländern sehr verschieden sei. Zudem sei der Hinweis auf die anderen sechs Bundesländer in der Gesetzesbegründung falsch, weil es - anders als in der Begründung angegeben - in den anderen Bundesländern sehr wohl erhebliche Probleme gegeben habe. Das Land Hessen habe das kommunale und regionale Minderjährigenwahlrecht wieder rückgängig gemacht. Die Neuwählermotivationskampagnen zeigten, dass das Interesse der Neuwähler an der Kommunalpolitik gering sei. Die Einführung des Minderjährigenwahlrechts habe nicht zu einem wachsenden kommunalpolitischen Interesse der Jugendlichen geführt. Bei der Hamburgischen Bürgerschaftswahl habe das Minderjährigenwahlrecht zu einem Rückgang der Wahlbeteiligung geführt. Die äußerst geringen Teilnahmezahlen der minderjährigen Wähler in anderen Bundesländern entlarvten die Gesetzesbegründung als falsch. Dieser Gesichtspunkt sei zwingend zu berücksichtigen, da in der Gesetzesbegründung darauf abgestellt werde. Es gebe keine einzige Studie, dass die Mehrheit der Jugendlichen selber für das eigene Wahlrecht plädiere. Die Wahlauszählung in Bremerhaven 2015 habe gezeigt, dass die auszählenden Minderjährigen ohne Aufsicht mit der Auszählung der Stimmen deutlich überfordert seien. In Niedersachen habe es in den letzten ca. 20 Jahren rund 329 Bürgerbegehren gegeben, in Schleswig-Holstein in den letzten ca. 27 Jahren 489. Keines sei von einem Jugendlichen initiiert worden. Dies belege, dass Jugendliche Null kommunal- und regionalpolitisches Interesse hätten. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, den minderjährigen Jugendlichen könne die Reife und Fähigkeit zugesprochen werden, den Sinn, die Notwendigkeit und die Reichweite gemeindebezogener Entscheidungen zu beurteilen, seien nicht belegt. Der Ansatz des Verwaltungsgerichts sei zudem unvollständig, da er die Folgen der Gesetzesänderung im Zusammenhang mit Einwohneranträgen, Bürgerbegehren und der gerichtlichen Vertretung nach § 41 Abs. 2 KomWG nicht berücksichtige. Die Verschränkung der Aufgabenkreise von Gemeinden mit staatlichen Auftrags- und Weisungsaufgaben führe dazu, dass ein 16-jähriger Erstwähler, um die Seriosität von Programmaussagen auch nur einigermaßen beurteilen zu können, ein ganz erhebliches juristisches sowie bundes- und europapolitisches Fachwissen haben müsse. Die deutliche Mehrzahl der kommunalpolitischen Entscheidungen betreffe nicht jugendtypische Themen. Minderjährige Neuwähler hätten jedoch Lebenserfahrung, politisches Fachwissen, juristisches Fachwissen sowie Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Allgemeinheit nicht in ausreichendem Maße. Mit dem 16. Geburtstag sei die Entwicklung und Vollendung des menschlichen Gehirns noch nicht abgeschlossen. Ausgeprägte kognitive Schwächen bei 18-jährigen Abiturienten seien nachgewiesen, so dass die biologische Hirnreifung bei unter 18-Jährigen nicht hinreichend fortgeschritten sein könne. Die politische und allgemeine Lebenserfahrung nehme mit dem Lebensalter zu. Um die Ermessensgrundlagen der gesetzgeberischen Entscheidung zu untersuchen, hätte es einer Anhörung von Jugendpsychiatern und Jugendpsychologen als Sachverständige bedurft. Denn es gehe vorliegend bei dieser gesetzgeberischen Ermessensentscheidung nicht um eine Rechtsfrage, sondern um hirnorganische Reifungsprozesse, die ein subtileres Fachwissen erforderten, als es die interdisziplinären Erziehungswissenschaften vorweisen könnten. Diese Fragen seien einem Sachverständigenbeweis zugänglich. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die notwendige Reife sei gegeben, sei eine These ins Blaue hinein. Der Gesetzgeber habe zur Frage der ausreichenden Stimmrechtsmündigkeit Jugendlicher - anders als andere Länder - keine Sachverständigenanhörung durchgeführt und keine sachgerechten, wissenschaftlich fundierten Überlegungen angestellt. Eine Übernahme von Ergebnissen der in anderen Ländern durchgeführten Anhörungen, auf die der Senat hingewiesen habe, sei unzulässig, da diese zum Teil vor etwa 20 Jahren erfolgt seien, zwischen Stadtstaaten und Flächenländern Unterschiede bestünden und die Bildungspolitiken verschieden seien. Auch sei unklar, ob die in anderen Ländern angehörten wenigen Soziologen für die „Wissenschaft“ der Soziologie repräsentativ seien. In den dortigen Anhörungen sei es kaum jemals um die verfassungsrechtliche Frage der Wahlrechtsmündigkeit gegangen. Der Sachverständige ... habe sich dort mit dem Begriff der Wahlrechtsmündigkeit nicht auseinandergesetzt. Dessen Thesen in der Anhörung in Schleswig-Holstein, dass Jugendliche heute selbständiger als früher und früh für sich selbst verantwortlich seien, seien bestenfalls abenteuerlich und absurd. Die Tatsache, dass hormonelle und körperliche Entwicklungen bei Jugendlichen heute früher einsetzten, habe mit der notwendigen Verstandesreife für kommunalpolitische Fragen nichts zu tun. Ohne Erlaubnis der Eltern könnten Jugendliche viele wichtige Entscheidungen nicht treffen. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen hätten die meisten 13 Jahre alten Jugendlichen in Baden-Württemberg kein eigenes Bankkonto und lebten fast alle 16 Jahre alten Jugendlichen noch bei und von ihren Eltern. Der Sachverständige habe immerhin eingeräumt, dass Jugendliche in ihrer persönlichen Entwicklung noch nicht so gefestigt seien wie Erwachsene. Hingegen belege die Stellungnahme der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Anhörung in Schleswig-Holstein mehrere Studien und Umfragen, die das geringe Interesse von Jugendlichen an Politik nachweislich dokumentierten. Es sei widersprüchlich, Jugendlichen die Kompetenz für die Beurteilung von Vorgängen in der Gemeinde zuzusprechen, während das BGB davon ausgehe, dass sie als Private die Folgen vergleichbarer Entscheidungen für das eigene Leben noch nicht ausreichend abschätzen könnten. Es bestehe auch ein Widerspruch zum Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern. Eltern könnten mit ihrem Aufenthaltsbestimmungsrecht Jugendliche daran hindern, frei zu wählen. Das Minderjährigenwahlrecht verletze daher den Grundsatz der Freiheit der Wahl. Im Hinblick auf die Freiheit der Wahl sei der Gesetzgeber auch verpflichtet gewesen, für Jugendliche die Möglichkeit der Briefwahl zu streichen. Denn die Jugendlichen befänden sich in einem permanenten Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Eltern. Daher sei es lebensfremd anzunehmen, sie könnten ihre Wahlfreiheit tatsächlich gegen ihre eigenen Eltern durchsetzen. Erst recht gelte dies für geisteskranke Jugendliche. Auch das Ziel, die Jugend an die Kommunalpolitik heranzuführen, leuchte nicht ein, da bereits ein Jugendgemeinderat nach § 41a GemO existiere. Schließlich sei die im Rahmen einer Ermessensentscheidung erfolgte Absenkung des kommunalen Wahlalters bedenklich im Hinblick auf die Wahlperioden der Bürgermeister, Oberbürgermeister und Gemeinderäte. Insbesondere wenn ein Bürgermeister zum zweiten Mal zur Wahl antrete, diene die Wahl der Abrechnung oder Bestätigung der Arbeit in der gesamten vergangenen Legislaturperiode, reiche bei einem 16-Jährigen also in sein Alter von acht Jahren zurück. Gegen den Ansatz des Verwaltungsgerichts, die Gesetzesänderung sei nicht lebensfremd und nicht willkürlich, bestünden grundlegende Bedenken. Die Prüfung des wahlrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes begnüge sich nicht mit einer bloßen Willkürprüfung.
10 
Der Grundfehler des Verwaltungsgerichts bestehe vor allem darin, dass es das für die Wahlmündigkeit erforderliche Verantwortungsbewusstsein des Wählers anhand von rein gesellschaftlich und gesellschaftspolitisch wirkenden Vorschriften bestimmen wolle. Kommunale Wahlentscheidungen seien aber keine gesellschaftspolitischen Bereiche. Die Abstimmungsmündigkeit setze die Fähigkeit voraus, reflektierte Wahlentscheidungen zu treffen. Dies sei für die Wahlteilnahme, wie das Bundesverfassungsgericht entschieden habe (BVerfGE 132, 39), unabdingbar. Diese Fähigkeit sei eine andere als die in § 10 FeV vorausgesetzte. Aus § 10 FeV möge man entnehmen können, dass der Bundesgesetzgeber einem 16 Jahre alten Jugendlichen ein - geringes - technisches Verständnis zubillige. Die eingeräumten Möglichkeiten seien aber gering. Entscheidend sei zudem, dass der Jugendliche die Fahrerlaubnisklassen nach § 10 FeV nicht ohne Zustimmung seiner Eltern erwerben könne und geistesgestörte Jugendliche nach § 11 FeV keine Fahrerlaubnis erwerben könnten. Auch der Verweis des Verwaltungsgerichts auf § 107 BGB trage nicht. Denn das Demokratieprinzip verlange die Streichung der unmündigen Personen aus dem Wählerverzeichnis. Die sinngemäße Behauptung des Verwaltungsgerichts, der Minderjährige könne durch die Wahl- und Abstimmungsteilnahme keinen rechtlichen Nachteil erlangen, treffe nicht zu, wie die Folgen einer Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens als Vertrauensperson zeigten. Auch der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf § 110 BGB sei abwegig. Von der engen Ausnahmevorschrift des § 110 BGB, deren Auswirkungen minimalst seien, könne nicht auf die Verantwortungsfähigkeit für kommunalpolitische Entscheidungen geschlossen werden, insbesondere bei geisteskranken Jugendlichen. Auch auf § 1303 BGB berufe sich das Verwaltungsgericht zu Unrecht. Die Vorschrift habe nicht die Eigenverantwortung des Jugendlichen im Blick, sondern diene der staatlichen Kontrolle eines Wunsches eines Minderjährigen, die Ehe einzugehen. Ebenso sei § 60 BetrVG hier unergiebig. Die Vorschrift gewährleiste in einem ganz eng begrenzten Rahmen die Möglichkeit, dass minderjährige Arbeitnehmer Jugend- und Auszubildendenvertretungen wählen dürften. Sie setze voraus, dass die Eltern einem Arbeitsverhältnis bereits zugestimmt hätten. Die Vorschrift werde vom Bundesarbeitsgericht restriktiv ausgelegt. Das Bundesverfassungsgericht betone den Unterschied zu Wahlen nach Art. 28 GG. Der Umstand, dass Jugendlichen ab 16 Jahren die Anwesenheit bei Tanzveranstaltungen bis 24 Uhr gestattet sei, lasse keinerlei Rückschluss auf die notwendige Reife für kommunalpolitische Entscheidungen zu. Zudem stehe die Anwesenheit Minderjähriger bei Tanzveranstaltungen bis 24 Uhr unter dem Vorbehalt des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Eltern. Gleiches gelte für die Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes, zu welchen Zeiten Jugendliche beschäftigt werden dürften. Auch § 63 Abs. 3 Satz 1 LHG zur Hochschulzugangsberechtigung Minderjähriger besage nichts über deren kommunalpolitische Reife. Die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, dass diese minderjährige Personengruppe ein hohes Maß an Eigenverantwortung trage, könne nur die Verantwortung für sich selbst, aber nicht die Verantwortung für die Allgemeinheit meinen. § 3 Satz 1 JGG schränke das Ermessen des Landesgesetzgebers, das Wahlalter abzusenken, ein. Denn nach dieser Vorschrift sei ein Jugendlicher nur strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug sei, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Es sei allgemein anerkannt, dass es daran fehle, wenn der Jugendliche Straftatbestände erfülle, die staatspolitische oder wirtschaftsrechtliche Kenntnisse der Gesellschaftsordnung voraussetzten. Solche Kenntnisse seien für ein reflektiertes Wahl- und Abstimmungsverhalten im kommunalen Bereich jedoch unabdingbar. Das Verwaltungsgericht habe zudem die bundesgesetzlichen Wertungen der §§ 45, 92a, 101, 102, 108c, 108e, 109i StGB und des § 6 JGG komplett ignoriert. Ein 16 Jahre alter Wahlfälscher müsse aufgrund des § 6 Abs. 2 JGG keinen Verlust des Wahl- oder Stimmrechts befürchten, ein volljähriger Wahlfälscher sehr wohl. Diese Ungleichbehandlung sei sachlich nicht gerechtfertigt. Insoweit liege auch ein Verstoß gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung vor.
11 
Ein solcher Verstoß gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung bestehe auch im Verhältnis zu den abschließenden Regelungen der §§ 1896 ff. BGB. Damit habe der Gesetzgeber betreuungsbedürftige Personen von wichtigen persönlichen Angelegenheiten ausschließen wollen. Dem widerspreche es, dass geistesgestörte Jugendliche kommunalpolitische Entscheidungen treffen dürften. Somit fehle es dem Gesetzgeber entweder an der Gesetzgebungskompetenz für die Wahlalterabsenkung oder der Ermessensspielraum des Landesgesetzgebers sei insoweit auf Null reduziert. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Wahlrecht geisteskranker Jugendlicher seien mit den engen Voraussetzungen des Bundesverfassungsgerichts zu Ungleichbehandlungen verschiedener Wählergruppen unvereinbar. Die Argumentation, die Gruppe der betroffenen Jugendlichen sei vergleichsweise klein, sei nicht belegt; durch die Absenkung des Wahlalters gebe es im Land 200.000 neue Jungwähler; zudem gebe es in Baden-Württemberg - anders als in Thüringen, für das der Beklagte behauptet habe, dass gemäß einer amtlichen Äußerung die Zahl der geisteskranken Jugendlichen dort gering sei - prozentual viele kleine Gemeinden, in denen sich auch die Teilnahme einer geringen Zahl geisteskranker Jugendlicher auswirken könne. Diese Argumentation lasse auch offen, worauf sich dieser Vergleich beziehe, und berücksichtige nicht, dass in kleinen Gemeinden mit wenigen Stimmberechtigten auch die Teilnahme einer kleinen Anzahl von geisteskranken Minderjährigen erhebliche Auswirkungen auf den Wahlausgang haben könne. Dazu trage insbesondere bei, dass es bei Kommunalwahlen keine 5 %-Hürde gebe und aufgrund der Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens Wahllisten keine so starke Bedeutung hätten wie bei anderen Wahlen. Für eine „Bagatellklausel“ sei daher kein Platz. Die Behauptung des Beklagten, dass die Zahl der geisteskranken Jugendlichen gering sei, verkenne, dass Krisenfälle und Verhaltensstörungen in Schulen drastisch zunähmen und bei sehr vielen Jugendlichen auch Scheidungen der Eltern, psychische Erkrankungen, Drogenmissbrauch, Beziehungsprobleme zu den Eltern und zu anderen Bezugspersonen und Kindesmissbrauch hinzukämen. Aufgrund der für Heidelberg belegten Zahlen von Jugendlichen, die sich in verschiedenen Einrichtungen der Erziehungshilfe zur medizinischen Betreuung befänden, und der bestehenden Wartezeiten für solche Einrichtungen müsse sich die Zahl der betroffenen kranken Jugendlichen in Heidelberg auf mindestens 200 belaufen. Nach seriösen Studien betrage der Anteil der medizinisch betreuungsbedürftigen Jugendlichen in allen Alters- und Schulklassen im statistischen Durchschnitt zwischen 3 und 10 %. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Eltern solcher Jugendlicher diese nicht wählen ließen. Die ausnahmslose Einbeziehung auch geistesgestörter, psychisch kranker Jugendlicher in die Regelungen zur Absenkung des Wahlalters sei mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Stimmrechtsmündigkeit unvereinbar und verstoße gegen die Sperrwirkung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Betreuungsrecht als Teil des bürgerlichen Rechts nach Art. 74 Nr. 1 GG.
12 
Auch die Ausführungen zum Landesverfassungsrecht überzeugten nicht. Der Wortlaut des Art. 26 Abs. 1 LV habe einen höheren Rang als die vom Verwaltungsgericht bemühte Entstehungsgeschichte. Art. 72 Abs. 3 LV berechtige nicht zur Abweichung von den in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG aufgestellten Wahlgrundsätzen. Das erstinstanzliche Urteil begegne auch deswegen Bedenken, weil es nicht ansatzweise die im Wahleinspruch gerügte Doppelteilnahme von EU-Ausländern thematisiere. Schließlich lägen die Berufungsgründe der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten und des Verfahrensmangels vor.
13 
Die Kläger beantragen,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11.05.2016 - 4 K 2062/14 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 04.07.2014 zu verpflichten, die Heidelberger Gemeinderatswahlen für ungültig zu erklären,
15 
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Wahleinspruchsverfahren für notwendig zu erklären.
16 
Der Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Zutreffend sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Begriff des Volkes i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG sämtliche Deutschen und die ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen umfasse. Dies folge aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum kommunalen Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein. Diese Entscheidung habe nach wie vor Bestand. Das Verwaltungsgericht weiche mit seinem Urteil nicht von den von den Klägern angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ab. Die zitierten Entscheidungen belegten nicht, dass das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht den Begriff des Volkes i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG in der Weise verstünden, dass es sich hierbei nur um die deutschen, nach Art. 38 Abs. 2 GG wahlberechtigten Bürger, d.h. die volljährigen wahlberechtigten Deutschen i.S.v. von Art. 116 Abs. 1 GG handele. Die Entscheidungen belegten vielmehr, dass es sich bei dem Begriff des Volkes im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG um das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland handele und dass dieses Volk von den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen gebildet werde und dass der Volksbegriff in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG ein anderer sei. In Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG gehe es um die Ausübung der Staatsgewalt in Wahlen zum Deutschen Bundestag, was durch die wahlberechtigten Deutschen geschehe. Die Wahlberechtigung indes ergebe sich nicht aus Art. 20 Abs. 2 GG, sondern aus Art. 38 Abs. 2 GG. Nach dieser Vorschrift seien nur die volljährigen Deutschen zum Bundestag wahlberechtigt. Es gehe um den Modus, in welchem die dem Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG zugeordnete Staatsgewalt ausgeübt werde. Bei dieser tatsächlichen Ausübung der Staatsgewalt meine das Grundgesetz den engeren Kreis der wahl- und stimmberechtigten Staatsangehörigen. Wenn das Bundesverfassungsgericht im Maastricht-Urteil ausführe, dass im Wahlakt die Staatsgewalt vom Volk ausgehe, so stelle dies den Bezug zu Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG her, wonach die tatsächliche Ausübung der Staatsgewalt vom Volke in Wahlen geschehe. Das Bundesverfassungsgericht bleibe auch in dieser Entscheidung bei den unterschiedlichen Volksbegriffen des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum parlamentarischen Informationsrecht stütze die Auffassung der Kläger nicht. Die Ausführungen, dass das Ausgehen der Staatsgewalt vom Volk für dieses und für die Staatsorgane konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein müsse, bedeuteten nicht, dass mit Volk im Sinne des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG nur die wahlberechtigten Deutschen gemeint sein könnten. Vielmehr werde auch hier der Zusammenhang zwischen dem Volk als Träger der Staatsgewalt und der realen Ausübung derselben durch einen Teil des Volks in Wahlen betont. Aus dem OMT-Urteil folge nichts anderes. Indem das Bundesverfassungsgericht ausführe, dass Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG den Zusammenhang zwischen Wahlrecht und Ausübung der Staatsgewalt herstelle und dass jede in Deutschland ausgeübte öffentliche Gewalt auf den Bürger zurückführbar sein müsse, bestätige es die verschiedenen Volksbegriffe des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG. Wiederum werde deutlich, dass das Volk als Träger der Staatsgewalt handeln können müsse, was - wie Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG bestimme - unter anderem durch Wahlen geschehe, bei denen auf Bundesebene nur ein Teil des Staatsvolks wahlberechtigt sei. Das Volk im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG seien wie im Rahmen von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG die Deutschen und die nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen. Art. 38 Abs. 1 und 2 GG stehe der Herabsetzung des Wahlalters bei Kommunalwahlen nicht entgegen. Das Wahlalter von 18 Jahren in Art. 38 Abs. 2 GG gelte für die Wahl zum Bundestag. Gegen die Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichheit der Wahl werde durch die Absenkung des Wahlalters nicht verstoßen. Dass 16- und 17-jährige Bürger Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens im Sinne von § 20 Abs. 3 Satz 7 GemO sein könnten, sei eher theoretischer Natur. Die vom Verwaltungsgericht angeführten Regelungen aus anderen Bereichen belegten, dass der Gesetzgeber Jugendlichen in bestimmten Bereichen des Lebens die erforderliche Reife zuspreche. In der Gesamtschau sei damit belegt, dass Jugendlichen ab 16 Jahren rechtliche Möglichkeiten zum selbstständigen Handeln eingeräumt würden und diese hierzu auch in der Lage seien. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet gewesen, zur Frage der Verstandesreife von Jugendlichen eine Sachverständigenanhörung durchzuführen. Er könne sich mit Mehrheitsentscheidung trotz von Sachverständigen geäußerten Bedenken für eine Absenkung des Wahlalters entscheiden. Die Absenkung des Wahlalters sei auch mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern nach § 1626 BGB gegenüber Minderjährigen vereinbar. Sicher sei es denkbar, dass 16- und 17-Jährige aufgrund ihrer Abhängigkeit von den Eltern an der Möglichkeit gehindert würden, frei zu wählen. Der Grundsatz der Freiheit der Wahl solle den Bürger vor obrigkeitlicher Beeinflussung schützen. Eine Verhinderung jeglicher Einflussnahme durch Mitmenschen sei jedoch nicht bezweckt. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Landesverfassung seien zutreffend. Die Kläger könnten keine Argumente darlegen, die die Auffassung des Verwaltungsgerichts entkräfteten. Art. 26 Abs. 8 LV, der auf Art. 72 LV verweise, sei eindeutig. Für den kommunalen Bereich sei Art. 72 LV eine Spezialregelung zu Art. 26 LV. Die Absenkung des Wahlalters sei auch nicht mit §§ 1896 ff. BGB unvereinbar. Die von den Klägern geltend gemachte Ungleichbehandlung der von der Regelung des § 14 Abs. 2 Nr. 2 GemO erfassten Volljährigen, für die zur Besorgung ihrer Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt sei, gegenüber den 16- und 17-Jährigen, für die keine Betreuung angeordnet werden könne, liege nicht vor. Der Beklagte teile die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Anzahl der 16- und 17-Jährigen, die psychisch erkrankt seien und als Volljährige eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB bedürften, aber dennoch tatsächlich von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, als gering betrachtet werden könne. Dies bestätigten die Zahlen zur Bundestagswahl 2013, bei der der Ausschluss vom Wahlrecht 0,14 % der Menschen, die bei der letzten Bundestagswahl wahlberechtigt gewesen seien, und 0,83 % der Menschen mit amtlich anerkannter Behinderung betroffen habe. Die von den Klägern dargestellten Fälle seien theoretischer Natur. Indem das Verwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten zur biologischen Hirnreife von 16- und 17-Jährigen nicht eingeholt und auch keinen Beweis über die Wahlbeteiligung von Minderjährigen in anderen Bundesländern erhoben habe, habe es weder Art. 103 Abs. 1 GG noch § 86 Abs. 1 VwGO verletzt. Die Feststellung der Wahlmündigkeit von 16- und 17-Jährigen sei eine Wertungsfrage, die unter anderem aufgrund des Reifezustands dieser Altersgruppe getroffen werde und einem Sachverständigengutachten nicht zugänglich sei. Für die politische Urteilsfähigkeit junger Menschen müsse zudem zwischen Erfahrung und biologischer Hirnreifung unterschieden werden. Die Wahlbeteiligung minderjähriger Wähler in anderen Bundesländern sei hier nicht relevant. Die Wahlbeteiligung erlaube keine Rückschlüsse auf die Wahlmündigkeit.
19 
Der Senat hat am 01.06.2017 mündlich verhandelt. In der Verhandlung haben die Beteiligten ein ergänzendes Schriftsatzrecht bis zum 30.06.2017 erhalten und auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungsakten, die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die Berufung ist zurückzuweisen. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
I.
22 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Zwar haben die Kläger mit ihrem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 20.09.2016 Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt, obwohl bereits das Verwaltungsgericht die Berufung gegen sein Urteil zugelassen hatte. Der Schriftsatz vom 20.09.2016 genügt jedoch den Anforderungen für eine Berufungsbegründung. Die Begründung der Berufung nach § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO muss erkennen lassen, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen dieses Urteil nach Ansicht der Berufungskläger unrichtig sein soll und geändert werden muss. Hierfür müssen die Berufungskläger zumindest eine bestimmte tatsächliche Feststellung, eine rechtliche Sachverhaltswürdigung oder eine allgemeine Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die dessen Urteil tragen, angreifen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 17.12.2015 - 6 B 24/15 - juris). Die Ausführungen zu den Zulassungsgründen des § 124 Abs. 2 VwGO lassen zwar nicht immer erkennen, aus welchen Gründen das Urteil des Verwaltungsgerichts i.S.d. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO zu ändern sein soll. Jedoch ist jedenfalls mit den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung hinreichend dargelegt, warum aus Sicht der Kläger das angegriffene Urteil unrichtig und in der Sache anders zu entscheiden sein soll.
II.
23 
Die Berufung ist nicht begründet, denn die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Bescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.07.2014 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Mit diesen Bescheiden hat das Regierungspräsidium zutreffend die Wahleinsprüche der Kläger zurückgewiesen. Die von den Klägern behaupteten Wahlfehler bestehen nicht.
25 
1. Die Tatsache, dass an der Wahl auch 16- und 17-jährige Jugendliche teilnehmen konnten, begründet keinen Wahlfehler.
26 
Nach § 14 Abs. 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 sind die Bürger im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt und haben das Stimmrecht in sonstigen Gemeindeangelegenheiten. Ausgeschlossen vom Wahlrecht und vom Stimmrecht sind nach Absatz 2 dieser Vorschrift Bürger, die infolge Richterspruchs in der Bundesrepublik Deutschland das Wahlrecht oder Stimmrecht nicht besitzen (Nr. 1), sowie diejenigen Bürger, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 BGB bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst (Nr. 2). Bürger der Gemeinde im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 ist, wer Deutscher im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt (Unionsbürger), das 16. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt.
27 
Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 mit Bundesrecht (a) und der Landesverfassung für Baden-Württemberg (b) vereinbar.
28 
a) aa) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen verstößt nicht gegen das Demokratieprinzip der Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG und Art. 28 Abs. 1 GG. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu unter 1.1 bis 1.3 der Urteilsgründe (UA, S. 10 - 15) nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist zu ergänzen:
29 
Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG enthält den Grundsatz der Volkssouveränität und bestimmt, wer das Volk ist, das in Wahlen, Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Staatsgewalt ausübt: Es ist das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland.Das Volk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgeht, wird nach dem Grundgesetz von den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen gebildet. Die Zugehörigkeit zum Staatsvolk der Bundesrepublik wird also grundsätzlich durch die Staatsangehörigkeit vermittelt (BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 - 2 BvF 2/89 u.a. - BVerfGE 83, 37, juris Rn. 53 ff.; ebenso, statt vieler: StGH Bremen, Urt. v. 31.01.2014 - St 1/13 - juris Rn. 54, m.w.N.; Dreier-Dreier, GG, 3. Aufl., Art. 20 [Demokratie] Rn. 90 sowie Präambel Rn. 67; HStR-Grawert, 3. Aufl., § 16 Rn. 20; Sachs-Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 20 Rn. 72a; HStR-Böckenförde, 3. Aufl., § 24 Rn. 26). Die Staatsangehörigkeit bzw. die Stellung nach Art. 116 Abs. 1 GG ist die einzige Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Staatsvolk i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG (Maunz/Dürig-Grzeszik, GG, Art. 20 II Rn. 79 [Stand: Jan. 2010]). Die Bestimmungen des Art. 28 Abs. Sätze 1 und 2 GG gehen von demselben Begriff des Staatsvolks aus wie Art. 20 Abs. 2 GG (BVerfG, Urt. v. 31.10.1990, a.a.O., Rn. 57 ff.; Kammerbeschl. v. 31.03.2016 - 2 BvR 1576/13 - juris Rn. 58, 60; ebenso: Maunz/Dürig-Mehde, GG, Art. 28 Abs. 1 Rn. 88 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, GG, Art. 28 Rn. 68 [Stand: April 2016]; von Münch/Kunig-Löwer, GG, 6. Aufl., Art. 28 Rn. 26; a.A. Epping/Hillgruber-Huster/Rux, GG, 2. Aufl., Art. 20 Rn. 13).
30 
Die Auffassung der Kläger, zum Staatsvolk i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gehörten nur die volljährigen Deutschen, die nicht unter rechtlicher Betreuung stünden und denen das Wahlrecht nicht aufgrund strafrechtlicher Verurteilung entzogen worden sei, und folglich sei das Wahlrecht für Jugendliche wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip verfassungswidrig, trifft daher nicht zu. Die dargelegte Auslegung des Begriffs des Volks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG durch das Bundesverfassungsgericht im Urteil zum kommunalen Wahlrecht für Ausländer in Schleswig-Holstein hat nach wie vor Bestand. Dem entspricht es, dass das Bundesverfassungsgericht es als aus zwingenden Gründen mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen hat, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird (BVerfG, Beschl. v. 23.10.1973 - 2 BvC 3/73 - BVerfGE 36, 139; Beschl. v. 21.09.1976 - 2 BvR 350/75 - BVerfGE 42, 312; Beschl. v. 09.10.2000 - 2 BvC 2/99 - NVwZ 2002, 69), mithin in der Altersgrenze des Art. 38 Abs. 2 Halbs. 1 GG eine Durchbrechung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl sieht (ebenso: Jarass/Pieroth-Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 38 Rn. 18; Schreiber, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 251 [Stand: August 2013]; Dreier-Morlok, GG, 3. Aufl., Art. 38 Rn. 72; Sachs-Magiera, GG, 7. Aufl., Art. 38 Rn. 81; jedoch ist die Altersgrenze des Art. 38 Abs. 2 Halbs. 1 GG nicht an den Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 38 Abs. 1 GG zu messen, da die Regelungen auf gleicher Rangebene stehen, vgl.: BVerfG, Beschl. v. 15.01.2009 - 2 BvC 4/04 - BVerfGE 122, 304, 309; Beschl. v. 31.01.2012 - 2 BvC 11/11 - juris Rn. 4). Träfe die Auffassung der Kläger zu, dass die deutsche Staatsangehörigkeit nur die notwendige, aber nicht eine hinreichende Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Staatsvolk ist und dass 16- und 17-Jährige bereits nicht zum Volk i.S.v. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gehören, wäre hingegen der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl von vornherein durch die Mindestaltersgrenze von 18 Jahren in Art. 38 Abs. 2 GG in keinster Weise betroffen und nicht zu prüfen.
31 
Aus den von den Klägern in Anspruch genommenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Ob das bereits daraus folgt, dass - wie der Beklagte geltend macht - das Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG die deutschen Staatsangehörigen und die ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen meine und das Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG die Aktivbürger (vgl. dazu: Sachs-Sachs, a.a.O., Art. 20 Rn. 27a, 28; Dreier-Dreier, a.a.O., Art. 20 [Demokratie] Rn. 90, 93 mit Fn. 361;Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1345; a.A. Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498, m.w.N.) und die von den Klägern herangezogenen Entscheidungen im Wesentlichen Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG beträfen, kann hier offen bleiben. Denn in keiner der Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht die Auslegung aus dem Urteil zum Kommunalwahlrecht für Ausländer in Schleswig-Holstein aufgegeben. Soweit im Urteil zu Frage- und Informationsrechten des Bundestags ausgeführt ist, dass das "Ausgehen der Staatsgewalt" vom Volk für das Volk wie auch für die Staatsorgane jeweils konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein müsse (BVerfG, Urt. v. 02.06.2015 - 2 BvE 7/11 - BVerfGE 139, 194, juris Rn. 106), dient dies lediglich der Begründung, warum die Kontrollfunktion des Parlaments Ausdruck des Demokratieprinzips ist und der Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft auch durch den parlamentarischen Einfluss auf die Politik der Regierung hergestellt wird. Aus den Urteilen zum Maastricht-Vertrag, zum Lissabon-Vertrag und zum OMT-Programm folgt keine Begrenzung des Staatsvolks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auf die wahlberechtigten Deutschen. Soweit in diesen Entscheidungen auch im Zusammenhang mit dem Demokratieprinzip von der Rückführung der Ausübung öffentlichen Gewalt auf die Wähler bzw. den Wahlakt gesprochen wird (BVerfG, Urt. v. 30.06.2009 - 2 BvE 2/08 - BVerfGE 123, 267, juris Rn. 179; Urt. v. 12.10.1993 - 2 BvR 2134/92 u.a. - BVerfGE 89, 155, juris Rn. 61; Urt. v. 21.06.2016 - 2 BvE 13/13 u.a. - NJW 2016, 2473, juris Rn. 82), hat dies seinen Grund darin, dass als im Rahmen der Verfassungsbeschwerde rügefähiges Recht, um eine nationale verfassungsgerichtliche Kontrolle der Aufgabenübertragung an die Europäische Union und der Aufgabenwahrnehmung von Organen der Europäischen Union im Hinblick auf ultra vires-Akte zu erreichen, ernsthaft nur Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit einer „Subjektivierung des Demokratieprinzips“ (vgl. dazu kritisch Dreier-Dreier, a.a.O., Art. 20 [Demokratie] Rn. 80 f.) in Betracht kommt. Die Passage im Beschluss zur Wahlberechtigung Auslandsdeutscher, dass die Möglichkeit, eine reflektierte Wahlentscheidung zu treffen, für die Wahlteilnahme unabdingbar ist (BVerfG, Beschl. v. 04.07.2012 - 2 BvC 1/11 -, BVerfGE 132, 39, juris Rn. 41), erlaubt keine Rückschlüsse auf die von den Klägern postulierte Auslegung des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht im Südweststaat-Urteil zwischen dem Staatsvolk und dem Volk im soziologisch-ethnologisch-politischen Sinn unterschieden hat (BVerfG, Urt. v. 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 - BVerfGE 1, 14, juris Rn. 133), besagt nichts für die Frage, wie der Begriff des Volks in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auszulegen ist. Auch die Entscheidung zur Volksbefragung über Atomwaffen ist hier unergiebig: Soweit das Bundesverfassungsgericht dort von den wahlberechtigten Bürgern als dem Staatsvolk spricht (BVerfG, Beschl. v. 30.07.1958 - 2 BvF 3/58 - BVerfGE 8, 104, juris Rn. 33), geht es um die Qualifikation der Volksbefragung als Mitwirkung an der Staatswillensbildung in Abgrenzung zur Willensbildung des Volkes; an einer begrifflichen Fassung des Begriffs des Staatsvolkes war dem Gericht hier nicht gelegen; es sah sich daher durch diesen Beschluss auch nicht gehindert, im Urteil zum kommunalen Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein den Begriff des Staatsvolkes als nicht auf die Wahlberechtigten beschränkt anzusehen.
32 
Auch folgt aus dem Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts zum Lippeverband nichts zum Begriff des Staatsvolks i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Soweit das Gericht dort das Volk im demokratischen Sinn in Beziehung zur Aktivbürgerschaft gesetzt hat (BVerwG, Beschl. v. 17.12.1997 - 6 C 1/97 - NVwZ 1999, 870, juris Rn. 52), geht es allein darum, dass die hinreichende demokratische Legitimation der Organe und Amtswalter des Lippeverbands durch das Volk erfolgen müsse, eine Legitimation durch die Mitglieder des Verbands hingegen nicht ausreiche.
33 
bb) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17-Jährige bei Kommunalwahlen verstößt auch nicht gegen Art. 38 Abs. 2 GG. Aus dieser Norm folgen keine unmittelbaren Vorgaben für die Festsetzung eines Mindestalters für das aktive Wahlrecht bei Landtags- und Kommunalwahlen durch den Landesgesetzgeber. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht unter 1.2 seiner Urteilsgründe insoweit ausgeführt, dass Art. 38 Abs. 2 GG nur eine Regelung für Bundestagswahlen trifft. Auch aus dem Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG folgt nichts anderes, es verweist nicht auf Art. 38 Abs. 2 GG (Maunz/Dürig-Klein, GG, Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]; Schroeder, JZ 2003, 917, 921, Fn. 50; Schmidt-de Caluwe, NVwZ 2001, 270, 274; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498). Die Länder sind bei der Ausgestaltung des Wahlsystems für Landtags- und Kommunalwahlen gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG an die allgemeinen Wahlrechtsgrundsätze der Freiheit, Gleichheit, Allgemeinheit, Geheimheit und Unmittelbarkeit gebunden, bei Beachtung dieser Grundsätze in der Ausgestaltung des Wahlsystems jedoch frei (BVerfG, Urt. v. 11.08.1954 - 2 BvK 2/54 - BVerfGE 4, 31, juris Rn. 55; Beschl. v. 16.07.1998 - 2 BvR 1953/95 - BVerfGE 99, 1, juris Rn. 30, 45 f.; Epping/Hillgruber-Hellermann, GG, 2. Aufl., Art. 28 Rn. 15; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, GG, 13. Aufl., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, GG, 6. Aufl., Art. 28 Rn. 85, 92, 97).
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cc) Das aktive Wahlrecht für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verletzt keinen der in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG genannten Wahlrechtsgrundsätze.
35 
aaa) Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist durch die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre nicht verletzt. Dieser untersagt den unberechtigten Ausschluss von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl überhaupt. Er verbietet dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen. Begrenzungen der Allgemeinheit der Wahl sind verfassungsrechtlich zulässig, sofern für sie ein zwingender Grund besteht. So ist es von jeher aus zwingenden Gründen als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen worden, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird. Ebenso galt es immer als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl vereinbar, dass vom Wahlrecht ausgeschlossen blieb, wer entmündigt war, wer unter vorläufiger Vormundschaft oder wegen geistigen Gebrechens unter Pflegschaft stand oder wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besaß (BVerfG, Beschl. v. 23.10.1973, Beschl. v. 21.09.1976, Beschl. v. 09.10.2000, je a.a.O.).
36 
Zwar wird der Kreis der Wahlberechtigten mit der Absenkung des Wahlalters erweitert und die in einer Altersgrenze liegende Beschränkung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl folglich abgemildert. Gleichwohl ist hier der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl zu prüfen (a.A. Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Oebbecke, JZ 2003, 987, 988). Denn der Gesetzgeber ist bei der Festlegung einer abgesenkten Wahlaltersgrenze nicht frei. Er hat den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz zu beachten, dass das aktive Wahlrecht ein Mindestmaß an Reife und Urteilskraft und daher ein entsprechendes Mindestalter voraussetzt. Voraussetzung für die Gewährung der Wahlberechtigung ist ein gewisser Grad an politischer Einsichtsfähigkeit (VG Stuttgart, Urt. v. 14.12.2015 - 7 K 3140/15 - juris Rn. 42; VG Saarland, Urt. v. 04.11.2016 - 3 K 921/15 - juris Rn. 27; Mußgnug, FS Roellecke, 1995, 165, 173, 175; von Münch, NJW 1995, 3165, 3166; Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1344; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Holste, DÖV 2005, 110, 111; Rolfsen, DÖV 2009, 348, 355; a.A. Oebbecke, JZ 2004, 987, 989 f.: Einsichtsfähigkeit nicht notwendig für Innehabung des Wahlrechts, sondern nur für Ausübung). Dabei besteht bei der Festlegung des Wahlalters ein Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (Breuer, NVwZ 2002, 43, 45; Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1344; Schmidt-de Caluwe, NVwZ 2001, 270, 274). Die Länder können daher im Rahmen der grundgesetzlichen Vorgaben das Wahlalter abweichend von Art. 38 Abs. 2 GG regeln (Maunz/Dürig-Mehde, a.a.O., Art. 28 Abs. 1 Rn. 90 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, a.a.O., Art. 28 Rn. 72 [Stand: April 2016]; Epping/Hillgruber-Hellermann, a.a.O., Art. 28 Rn. 15.1; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, a.a.O., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, a.a.O., Art. 28 Rn. 93; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; ähnlich Maunz/Dürig-Klein, a.a.O., Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]: Absenkung des Wahlalters für Landtage wohl kein Verstoß gegen Bundesverfassungsrecht). In diesem Rahmen ist dem Gesetzgeber eine generalisierende Regelung gestattet, da die Wahlmündigkeit im Einzelfall nicht geprüft werden kann (Schroeder, JZ 2003, 917, 921).Neben der hinreichenden Einsichtsfähigkeit der 16- und 17-Jährigen sind deren kommunalpolitisches Interesse und ein zahlreiches Gebrauchmachen vom Wahlrecht hingegen kein verfassungsrechtliches Erfordernis.
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Für die Entscheidung des Landesgesetzgebers, die Mindestaltersgrenze für das aktive Wahlrecht bei Landtags- und Kommunalwahlen zu regeln, kommt der Festlegung der verfassungsgebenden Gewalt im Bund, dass nach Art. 38 Abs. 2 GG wahlberechtigt ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat, auch keine maßstabsbildende Funktion zu. Eine solche Funktion nimmt indessen Schreiber an: In Bezug auf das Wahlberechtigungsalter komme der Entscheidung des Grundgesetzes – trotz ihrer unmittelbaren Geltung allein für Bundestagswahlen – unter verfassungspolitischen, soziologischen, pädagogischen und entwicklungspsychologischen Erwägungen eine gesamtstaatliche Relevanz für Parlamentswahlen zu (gesamtstaatliche Einschätzungsprärogative des Bundesverfassungsgebers). Die an Art. 28 Abs. 1 und Art. 20 GG gebundenen Landesgesetzgeber hätten sich deshalb hinsichtlich des Wahlberechtigungsalters bei Wahlen zu den Landesparlamenten an der Bundesregelung zu orientieren. Hinsichtlich des Wählbarkeitsalters sei nicht von einer entsprechenden gesamtstaatlichen Bedeutung und Tragweite der Entscheidung des Bundesverfassungsgebers auszugehen. Bezogen auf Kommunalwahlen bestehe verfassungsrechtlich kein „Homogenitätsgebot“, doch spreche insbesondere unter sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen über die politische Reife und Bildung vieles dafür, eine Einheitlichkeit der Regelung auf allen Wahlebenen zu wahren (Schreiber, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 254 [Stand: August 2013]). Verfassungspolitisch mag ein einheitliches Wahlalter für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen wünschenswert sein. Eine rechtliche Bindung bei der Ausübung des Gestaltungsspielraums des jeweiligen Gesetzgebers besteht jedoch nicht. Das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG erfasst allein die fünf dort aufgeführten Wahlrechtsgrundsätze, von denen hier keiner verletzt ist. Für eine Begrenzung der Einschätzungsprärogative des Landesgesetzgebers fehlt daher eine normative Grundlage. Dies zeigen auch die Überlegungen Schreibers selbst. Die Tatsache, dass er Differenzierungen hinsichtlich aktivem und passivem Wahlalter sowie zwischen Landtags- und Kommunalwahlen vornimmt, zeigt, dass es sich lediglich um Fragen der politischen Opportunität handelt, nicht hingegen um normative Bindungen.
38 
Von diesem Maßstab ausgehend, ist die Entscheidung des Gesetzgebers, das Mindestalter für die Ausübung des aktiven Wahlrechts bei Kommunalwahlen in Baden auf 16 Jahre abzusenken, nicht zu beanstanden und von dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt (ebenso für eine Absenkung auf 16 Jahre bei Kommunal- oder Landtagswahlen: Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498;Rolfsen, DÖV 2009, 348, 355;Epping/Hillgruber-Huster/Rux, a.a.O., Art. 20 Rn. 71.1; allgemein für eine Zulässigkeit einer Absenkung durch die Länder: Maunz/Dürig-Mehde, a.a.O., Art. 28 Abs. 1 Rn. 90 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, a.a.O., Art. 28 Rn. 72 [Stand: April 2016]; Epping/Hillgruber-Hellermann, a.a.O., Art. 28 Rn. 15.1; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, a.a.O., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, a.a.O., Art. 28 Rn. 93; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Maunz/Dürig-Klein, a.a.O., Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]). Expertenanhörungen in Gesetzgebungsverfahren anderer Länder, die das Wahlalter für Landtags- oder Kommunalwahlen auf 16 Jahre gesenkt haben, zeigen, dass gute Gründe für die Annahme sprechen, dass Jugendliche ab 16 Jahre typsicherweise die notwendige Reife besitzen, um an Kommunalwahlen teilnehmen zu können. So hat Prof. Dr. ... vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für innere Verwaltung des Niedersächsischen Landtags vom 31.10.1995 ausgeführt, dass es im Augenblick kein wissenschaftlich gestütztes seriöses Argument gebe, das Wahlalter im Kommunalwahlrecht, möglicherweise auch für Landtags- und Bundestagswahlen, nicht auf 16 Jahre herabzusetzen. Man könne in der ganzen Jugendentwicklung eine deutliche Verschiebung in den Wertorientierungen im Laufe der letzten zwei oder drei Dekaden feststellen. Dies werde von allen Jugenduntersuchungen, egal unter welchen methodischen Differenzen sie durchgeführt worden seien, bestätigt. Im Hinblick auf die Urteilsfähigkeit werde man im Einzelfall nicht ausschließen können, dass gerade für diese Gruppe noch eine sehr starke Beeinflussung von Seiten der Eltern vorhanden sei. Dies betreffe – so Prof. Dr. ... sinngemäß – jedoch auch jede andere Altersgruppe. Von der Reife her gebe es daher kein Argument, 16- und 17-jährige nicht wählen zu lassen (Niedersächsischer Landtag, Niederschrift über die 50. - öffentliche - Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung am 31. Oktober 1995, S. 16 f., 21 f.). In der Anhörung des Innen- und Rechtsausschusses des schleswig-holsteinischen Landtags hat Prof. Dr. ... in seiner schriftlichen Stellungnahme ausgeführt, die Festlegung eines „Sperralters“ von 18 Jahren sei unter den heutigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und entwicklungspsychologischen Bedingungen nicht mehr haltbar. Jugendliche seien heute selbstständiger als früher. Die Pubertät mit ihren Entwicklungsschüben setze im Durchschnitt schon mit zwölf Jahren ein. Jugendliche seien entsprechend früh für sich selbst verantwortlich. Vor allem ihre Bildungsentscheidungen und -erfolge seien heute von großer biografischer Bedeutung. Die kognitive Entwicklungsforschung zeige, dass in der Altersspanne zwischen 12 und 14 Jahren bei fast allen Jugendlichen ein intellektueller Entwicklungsschub stattfinde, der sie dazu befähige, abstrakt, hypothetisch und logisch zu denken. Parallel hierzu steige in dieser Altersspanne auch die Fähigkeit an, sozial, moralisch und politisch zu denken und entsprechende Urteile abzugeben. Wolle man von einer „Reife“ der Urteilsfähigkeit - nicht der gesamten Persönlichkeit - sprechen, dann sei diese gegeben (Stellungnahme vom 26.09.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/163; in der Sache ebenso in der Anhörung des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses der Bremischen Bürgerschaft am 14.01.2000 [Protokoll, S. 40, 41]). Prof. Dr. ... hat in dieser Anhörung schriftlich ausgeführt, neben einer Veränderung der Lebenssituation Jugendlicher dienten den Befürwortern einer Absenkung des Wahlalters auf das 16. Lebensjahr vor allem entwicklungspsychologische Studien als Begründung. Diese zeigten, dass Kinder und Jugendliche ab einem Alter von ungefähr 14 Jahren sozial und moralisch urteilsfähig seien (Stellungnahme vom 04.03.2013, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/870).
39 
Zwar haben sich andere Experten zurückhaltend und skeptisch zur Urteilsfähigkeit der Jugendlichen geäußert, so z.B. Dr. ... vom Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung, Abteilung Familie, Jugend und soziale Dienste in der Anhörung im niedersächsischen Landtag (Niedersächsischer Landtag, Niederschrift über die 50. - öffentliche - Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung am 31. Oktober 1995, S. 10 ff.) und Prof. Dr. ... in der Anhörung des Landtags Schleswig-Holstein (Stellungnahme vom 16.10.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/238). In anderen Anhörungen sind entwicklungspsychologische oder vergleichbare Sachverständige nicht gehört worden (so in den Anhörungen des Europa- und Rechtsausschusses des Landtags Mecklenburg-Vorpommern vom 13.03.2013 [Protokoll Nr. 36], des Innenausschusses des Landtags Mecklenburg-Vorpommern vom 07.10.2010 [Protokoll Nr. 104], des Verfassungs- und Bezirksausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft vom 28.10.2011 [Drs. Nr. 20/6], des Ausschusses für Kommunalpolitik des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 21.01.1998 [Ausschussprotokoll 12/774], des Innen- und Kommunalausschusses des Thüringer Landtags vom 22.09.2015 [Ergebnisprotokoll sowie Wortprotokoll zur Stellungnahme der Jusos Thüringen (zugleich Beschlussprotokoll)], des Ausschusses für Inneres des Landtags Brandenburg vom 31.03.2011 [Ausschussprotoll Teil 1: P-AI 5/16-1]).
40 
Maßgeblich ist jedoch: Die gesetzgeberische Entscheidung kann sich auf nachvollziehbare, nicht nur vereinzelte fachliche Auffassungen zur Urteilsfähigkeit Jugendlicher stützen. Der Gesetzgeber hat somit von seiner Einschätzungsprärogative rechtmäßig Gebrauch gemacht, zumal in den genannten Anhörungen kein entwicklungspsychologischer oder vergleichbarer Sachverständiger - auch wenn er oder sie sich skeptisch und abratend zu einer Absenkung des Wahlalters geäußert hat - die Auffassung vertreten hat, die Jugendlichen hätten die notwendige Urteilskraft nicht. Soweit in der Literatur davon ausgegangen wird, die notwendige Reife setze erst mit 18 Jahren ein, werden hierfür wissenschaftliche Nachweise nicht angeführt (so z.B. bei Mußgnug, FS Roellecke, 1995, 165, 178 ff.) oder offen eingeräumt, dass solche nicht vorliegen (Schreiber-Strelen, BWahlG, 9. Aufl., § 12 Rn. 9).
41 
Stellungnahmen in den Anhörungen zum Umfang des Politikinteresses Jugendlicher und zu ihrer Wahlbeteiligung - so z.B. die von Dr. ... in der Anhörung im Schleswig-Holsteinischen Landtag, auf die die Kläger sich berufen (Stellungnahme vom 15.10.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/233, sowie Stellungnahme vom 01.03.2013, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/860 [neu]) - sind hier nicht von Belang, da Politikinteresse und Gebrauchmachen vom Wahlrecht keine verfassungrechtlichen Voraussetzungen für die Bestimmung der Wahlaltersgrenze sind.
42 
Der Landesgesetzgeber musste keine Anhörung von Sachverständigen durchführen, bevor er 2013 das aktive Wahlrecht für 16- und 17-Jährige bei Kommunalwahlen einführte. Für eine verfassungsgemäße Ausübung seines bestehenden Einschätzungsspielraums reicht es aus, dass er sich auf nachvollziehbare fachliche Erwägungen stützen kann, dass eine für die Wahlentscheidung bei Kommunalwahlen ausreichende Einsichtsfähigkeit der 16- und 17-Jährigen gegeben ist. Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur biologischen Hirnreifung, zum kommunalpolitischen Interesse von Jugendlichen, zur Wahlbeteiligung von Jugendlichen, zur Bürgerschaftswahl in Bremen, zu kommunalpolitischen Themen, zur Anzahl der Bankkonten Jugendlicher, ihren Wohnverhältnissen und den damit zusammenhängenden Aspekten sowie die hierzu schriftsätzlich gemachten Beweisangebote (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 41 - 51, 59; Schriftsatz vom 31.05.2017, S. 16 - 27, 36 - 45; Schriftsatz vom 30.06.2017, S. 18 f.) und die in Bezug genommenen erstinstanzlichen Beweisangebote (Schriftsatz vom 29.06.2016, S. 95 - 102) kommt es daher nicht an.
43 
Aufgrund der bestehenden Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und des Vorliegens ausreichender Gründe für die gesetzgeberische Entscheidung, das Wahlalter abzusenken, ist auch keine gerichtliche Nachprüfung der einzelnen Erwägungen in der Gesetzesbegründung in der Landtagsdrucksache 15/3119 veranlasst. Es handelt sich insoweit - anders als die Kläger anzunehmen scheinen - nicht um eine Überprüfung vergleichbar derjenigen, wie sie für behördliche Ermessenentscheidungen nach dem Maßstab des § 114 VwGO vorzunehmen ist. Liegen ausreichende Gründe für die erfolgte Ausübung des gesetzgeberischen Einschätzungsspielraums vor, ist verfassungsrechtlich unerheblich, ob sich alle in der Gesetzesbegründung angeführten Überlegungen in der Praxis bewahrheitet haben (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 16.06.2011 - 1 BvR 2394/10 - WM 2011, 1948).
44 
Eine verfassungsrechtliche Pflicht, eine Sachverständigenanhörung durchzuführen, ergibt sich auch nicht aus den von den Klägern angeführten Umständen, dass die Anhörung in Niedersachsen bereits 1995 erfolgte und zwischen den Ländern erhebliche Unterscheide bestehen könnten. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Frage der ausreichenden Einsichtsfähigkeit 16- und 17-Jähriger im Bundesgebiet unterschiedlich beurteilt und dass die Stellungnahmen in der Anhörung in Niedersachsen 1995, die in den Anhörungen in Bremen im Jahr 2000 und in Schleswig-Holstein im Jahr 2013 bestätigt wurden, überholt sind. Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Bildungspolitik der Länder und die damit zusammenhängenden Gesichtspunkte sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 31.05.2017, S. 30) kommt es daher nicht an.
45 
bbb) Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist nicht verletzt, soweit der Gesetzgeber 16- und 17-Jährige, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht besorgen können, vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen hat. Auch insoweit ist trotz der insoweit fehlenden Begrenzung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl dieser Grundsatz zu prüfen. Denn der Gesetzgeber muss - wie bei der Festlegung der Wahlaltersgrenze - bei der Ausgestaltung des Wahlrechts den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz berücksichtigen, dass das Wahlrecht die Fähigkeit, eine bewusste Wahlentscheidung treffen zu können, voraussetzt.
46 
Auch insoweit ist dem Gesetzgeber die Befugnis zu einer typisierenden Regelung eingeräumt (BayVerfGH, Entsch. v. 09.07.2002 - Vf. 9-VII-01 - BayVBl. 2003, 44, zum Wahlrechtsausschluss wegen Anordnung einer Betreuung im bayerischen Landesrecht entsprechend § 13 Nr. 2 BWahlG). Diese Befugnis rechtfertigt eine Regelung, die bewusst nur Bürger, für die vom Vormundschaftsgericht ein Betreuer für alle Angelegenheiten bestellt ist, vom Wahlrecht ausschließt, somit vom Wahlrecht nur einen sehr kleinen Kreis von Betroffenen ausnimmt und sehenden Auges die Fälle einer aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung bestehenden unzureichenden Einsichts- und Wahlfähigkeit nicht umfassend abdeckt. Im Hinblick auf die Bedeutung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl darf der Gesetzgeber den Kreis derjenigen, die vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, möglichst klein halten und das Ziel verfolgen, niemanden von der Wahl auszuschließen, bei dem die fehlende Einsicht nicht sicher feststeht (BayVerfGH, Entsch. v. 09.07.2002, a.a.O., juris Rn. 40 ff., 53 ff.). So war einfachrechtlich auch für den früheren § 13 Nr. 2 BWahlG - nach dem vom Wahlrecht ausgeschlossen war, wer entmündigt war - anerkannt, dass nicht alle, denen aufgrund einer psychischen Krankheit die notwendige Einsichtsfähigkeit für die Wahlhandlung fehlte, vom Wahlrecht ausgeschlossen waren, sondern Geisteskranke und Geistesschwache, die weder entmündigt waren noch unter Pflegschaft standen, wahlberechtigt waren (Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 3. Aufl. 1986, § 13 Rn. 8). Ebenso wird für den geltenden § 13 Nr. 1 BWahlG - nach der vom Wahlrecht derjenige ausgeschlossen ist, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist - einfachrechtlich davon ausgegangen, dass damit nur ein sehr kleiner Kreis von Betroffenen ausgeschlossen ist, da nach der Konzeption des Betreuungsrechts die Betreuerbestellung für alle Angelegenheiten die Ausnahme ist (Schreiber-Strelen, a.a.O., 9. Aufl., § 13 Rn. 12).
47 
Nach diesem Maßstab ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, eine Regelung zum Ausschluss derjenigen Jugendlichen vom Wahlrecht zu treffen, die - entsprechend der Regelung des § 1896 Abs. 1 BGB - auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht besorgen können. Aufgrund der fehlenden Möglichkeit, nach dem BGB für Minderjährige einen Betreuer zu bestellen, steht für den Gesetzgeber keine praktikable und zugleich rechtssichere Anknüpfungsmöglichkeit für eine Ausschlussregelung zur Verfügung. Hierauf, insbesondere auf das Fehlen einer rechtssicheren Anknüpfungsmöglichkeit für eine Ausschlussregelung Bedacht zu nehmen, ist angesichts der Bedeutung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl zulässig.
48 
Der Gesetzgeber hat damit auch nicht den Grundsatz der Gleichheit der Wahl verletzt.Dieser gebietet, dass alle Wahlberechtigten das aktive und passive Wahlrecht möglichst in formal gleicher Weise ausüben können und ist im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit zu verstehen. Aus dem Grundsatz der Wahlgleichheit folgt, dass die Stimme eines jeden Wahlberechtigten grundsätzlich den gleichen Zählwert und die gleiche rechtliche Erfolgschance haben muss. Er gestattet dem Gesetzgeber nur einen eng bemessenen Spielraum für Differenzierungen (BVerfG, Beschl. v. 22.05.1979 – 2 BvR 193/79 u.a. – BVerfGE 51, 222, juris Rn 52; Urt. v. 10.04.1997 - 2 BvC 3/96 - BVerfGE 95, 408, juris Rn. 45). Dieser Spielraum ist hier nicht überschritten. Das Fehlen der Möglichkeit, für Minderjährige eine Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB durch das Gericht anordnen zu lassen, ist ein zulässiges Differenzierungskriterium. Der Gesetzgeber des BGB hat für Minderjährige die Anordnung einer Betreuung nach den §§ 1896 ff. BGB aufgrund des Personensorgerechts der Erziehungsberechtigten für entbehrlich gehalten. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Einwänden, dass der Landesgesetzgeber an eine sachgerechte Regelung der Betreuung in den §§ 1896 ff. BGB angeknüpft und daher darauf verzichtet hat, in der Gemeindeordnung für wahlberechtigte Jugendliche eine eigene Regelung zum Ausschluss vom Wahlrecht aus vergleichbaren Gründen zu treffen.
49 
Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Anzahl von Neuwählern und geisteskranken Jugendlichen, zur Größe von Gemeinden in Baden-Württemberg und damit zusammenhängende Gesichtspunkte sowie die hierzu schriftsätzlich gemachten Beweisangebote (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 86 - 90; Schriftsatz vom 30.06.2017, S. 4 - 15) kommt es daher nicht an.
50 
Insoweit fehlt es auch an dem behaupteten Verstoß gegen Art. 74 Nr. 1 GG. Denn der Landesgesetzgeber hat keine Regelung zum Betreuungsrecht als Teil des bundesrechtlich abschließend geregelten Bürgerlichen Rechts getroffen.
51 
ccc) Auch gegen die anderen Wahlrechtsgrundsätze wird nicht verstoßen. Der Umstand, dass die Eltern der jugendlichen Wahlberechtigten für diese das Aufenthaltsbestimmungsrecht haben und diese daher an der Ausübung des Wahlrechts am Wahltag hindern könnten, verletzt die Freiheit der Wahl nicht. Zum einen schützt die Freiheit der Wahl nur vor Beeinträchtigungen durch die öffentliche Gewalt. Zudem haben die Jugendlichen die Möglichkeit der Briefwahl. Schließlich haben die Eltern ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht im Rahmen der Rechtsordnung auszuüben, zu der das Wahlrecht der Jugendlichen gehört, mit der Folge, dass jedenfalls eine faktische grundlose Hinderung an der Wahlteilnahme vom Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern kaum gedeckt sein dürfte.
52 
dd) Die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre im kommunalen Bereich ist auch nicht deswegen verfassungswidrig, weil 16 und 17-Jährige nun auch Bürgermeister und Landräte wählen, an Gemeindeversammlungen und Einwohnerversammlungen teilnehmen sowie Vertrauenspersonen von Bürgerbegehren, Ratsbegehren, Einwohneranträgen und Anträgen auf Durchführung von Einwohnerversammlungen werden können. Eine verletzte Verfassungsnorm ist nicht ersichtlich und wird von den Klägern auch nicht benannt. Der Gesetzgeber durfte, wie dargelegt, von einer ausreichenden Verstandesreife 16- und 17-Jähriger ausgehen. Aus welchen Gründen für die genannten Befugnisse insoweit anderes als für das Wahlrecht für die Gemeinderatswahl gelten sollte, ist nicht erkennbar. Auch der Umstand, dass aus dem Bürgerstatus für 16- und 17-Jährige Pflichten folgen können, verletzt keine Verfassungsnorm. Ein allenfalls denkbarer Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Jugendlichen nach Art. 2 Abs. 1 GG und das elterliche Erziehungsrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG wäre auf jeden Fall verhältnismäßig.
53 
Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Unterschriftensammlung für Bürgerbegehren und die damit zusammenhängenden Gesichtspunkte sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 37) kommt es daher nicht an.
54 
ee) Das aktive Wahlrecht für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verstößt nicht gegen einfaches Bundesrecht und verletzt daher auch nicht den Grundsatz der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung.
55 
Für die vom Kläger behauptete Unvereinbarkeit von Jugendlichenwahlrecht und Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern wird auf die obigen Ausführungen zur Freiheit der Wahl verwiesen.
56 
Die Tatsache, dass nach dem BGB die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahrs eintritt, hindert den Landesgesetzgeber nicht, das Wahlalter abweichend hiervon zu regeln. Wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, besteht eine Vielzahl von Regelungen, die Rechte und Verantwortlichkeiten von jungen Menschen ab einem geringeren Alter als 18 Jahre vorsehen. In diesen Bereichen besteht keine Pflicht des Gesetzgebers, stets an das Alter der Volljährigkeit anzuknüpfen. Ebenso wenig besteht ein Rechtssatz, der gebietet, das Wahlrecht erst mit der Volljährigkeit entstehen zu lassen. Unerheblich sind insoweit die detaillierten Ausführungen der Kläger zum genauen Regelungsgehalt der vom Verwaltungsgericht insoweit erörterten Vorschriften. Maßgeblich ist allein, dass die deutsche Rechtsordnung eine Vielzahl von Regelungen enthält, die Rechte und Pflichten von Jugendlichen unter 18 Jahren vorsehen, und daher die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre im kommunalen Bereich nicht gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verstößt. Daher kommt es auch auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Anwendung des § 1303 BGB sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 65) nicht an.
57 
Auch wenn man mit den Klägern davon ausgehen sollte, dass die Regelung des § 41 Abs. 2 KomWG, dass gegen die Zurückweisung eines Antrags auf eine Einwohnerversammlung, eines Einwohnerantrags und eines Bürgerbegehrens jeder Unterzeichner Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erheben kann, im Hinblick auf minderjährige Unterzeichner gegen § 61 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 104 Nr. BGB verstößt, kann das allenfalls einen Verstoß von § 41 Abs. 2 KomWG, nicht jedoch von § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 GemO gegen Bundesrecht begründen.
58 
Auch der behauptete Verstoß gegen das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung im Hinblick auf die Wertungen der §§ 45, 92a, 101, 102, 108c, 108e, 109i StGB und des § 6 JGG liegt nicht vor. Es ist in keiner Weise ersichtlich, warum die von den Klägern angeführten unterschiedlichen Rechtsfolgen einer strafbaren Wahlfälschung für Jugendliche und Volljährige nicht ebenso vor Art. 3 Abs. 1 GG Bestand haben sollen wie sonstige Ungleichbehandlungen von Jugendlichen, Heranwachsenden und Erwachsenen im Strafrecht.
59 
Auch im Hinblick auf §§ 1896 ff. BGB fehlt es an einer Unvereinbarkeit mit Bundesrecht. Auf die obigen Ausführungen zum Wahlrechtausschluss wird verwiesen.
60 
b) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verstößt auch nicht gegen höherrangiges Landesrecht. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, betrifft die Festlegung der Wahlberechtigung auf 18 Jahre in Art. 26 Abs. 1 LV nur die Wahlen zum Landtag. Für Kommunalwahlen kann der Gesetzgeber aufgrund von Art. 26 Abs. 6, Art. 72 Abs. 3 LV eine abweichende Regelung vornehmen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu unter Nr. 3 seiner Urteilsgründe nimmt der Senat Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
61 
2. Auch der geltend gemachte Wahlfehler, dass an der Gemeinderatswahl in Heidelberg Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit doppelt abgestimmt haben könnten, besteht nicht. Zutreffend hat der Beklagte in seinen Bescheiden ausgeführt, dass eine mehrfache Eintragung von Bürgern in das Wählerverzeichnis nicht vorgesehen ist und dass die Bestimmungen des Kommunalwahlrechts (§§ 19 KomWG, 29 KomWO) eine mehrfache Wahlteilnahme eines Wählers an der Kommunalwahl ausschließen. Die von den Klägern im Wahleinspruch aufgestellte Behauptung, es sei lebensfremd und unwahrscheinlich, dass bei der Heidelberger Gemeinderatswahl keine Doppelabstimmungen von EU-Bürgern erfolgt seien, ist vollkommen ins Blaue hinein aufgestellt. Es ist auch nicht ansatzweise erkennbar, wie sich der von den Klägern in Bezug genommene Fall, dass eine Person mit deutscher und italienischer Staatsangehörigkeit bei der Wahl zum Europaparlament im italienischen Konsulat und in einem deutschen Wahlbüro und damit zweimal abgestimmt hat, bei der Heidelberger Gemeinderatswahl in vergleichbarer Art wiederholt haben sollte. Daher hatte der Beklagte auch keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen in diese Richtung.
III.
62 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist zuzulassen, da die Frage, ob die Absenkung des Wahlalters gegen Bestimmungen des Grundgesetzes verstößt, grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat.
63 
Beschluss vom 21. Juli 2017
64 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
21 
Die Berufung ist zurückzuweisen. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
I.
22 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Zwar haben die Kläger mit ihrem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 20.09.2016 Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt, obwohl bereits das Verwaltungsgericht die Berufung gegen sein Urteil zugelassen hatte. Der Schriftsatz vom 20.09.2016 genügt jedoch den Anforderungen für eine Berufungsbegründung. Die Begründung der Berufung nach § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO muss erkennen lassen, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen dieses Urteil nach Ansicht der Berufungskläger unrichtig sein soll und geändert werden muss. Hierfür müssen die Berufungskläger zumindest eine bestimmte tatsächliche Feststellung, eine rechtliche Sachverhaltswürdigung oder eine allgemeine Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die dessen Urteil tragen, angreifen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 17.12.2015 - 6 B 24/15 - juris). Die Ausführungen zu den Zulassungsgründen des § 124 Abs. 2 VwGO lassen zwar nicht immer erkennen, aus welchen Gründen das Urteil des Verwaltungsgerichts i.S.d. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO zu ändern sein soll. Jedoch ist jedenfalls mit den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung hinreichend dargelegt, warum aus Sicht der Kläger das angegriffene Urteil unrichtig und in der Sache anders zu entscheiden sein soll.
II.
23 
Die Berufung ist nicht begründet, denn die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Bescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.07.2014 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Mit diesen Bescheiden hat das Regierungspräsidium zutreffend die Wahleinsprüche der Kläger zurückgewiesen. Die von den Klägern behaupteten Wahlfehler bestehen nicht.
25 
1. Die Tatsache, dass an der Wahl auch 16- und 17-jährige Jugendliche teilnehmen konnten, begründet keinen Wahlfehler.
26 
Nach § 14 Abs. 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 sind die Bürger im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt und haben das Stimmrecht in sonstigen Gemeindeangelegenheiten. Ausgeschlossen vom Wahlrecht und vom Stimmrecht sind nach Absatz 2 dieser Vorschrift Bürger, die infolge Richterspruchs in der Bundesrepublik Deutschland das Wahlrecht oder Stimmrecht nicht besitzen (Nr. 1), sowie diejenigen Bürger, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 BGB bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst (Nr. 2). Bürger der Gemeinde im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 ist, wer Deutscher im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt (Unionsbürger), das 16. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt.
27 
Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 mit Bundesrecht (a) und der Landesverfassung für Baden-Württemberg (b) vereinbar.
28 
a) aa) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen verstößt nicht gegen das Demokratieprinzip der Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG und Art. 28 Abs. 1 GG. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu unter 1.1 bis 1.3 der Urteilsgründe (UA, S. 10 - 15) nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist zu ergänzen:
29 
Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG enthält den Grundsatz der Volkssouveränität und bestimmt, wer das Volk ist, das in Wahlen, Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Staatsgewalt ausübt: Es ist das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland.Das Volk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgeht, wird nach dem Grundgesetz von den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen gebildet. Die Zugehörigkeit zum Staatsvolk der Bundesrepublik wird also grundsätzlich durch die Staatsangehörigkeit vermittelt (BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 - 2 BvF 2/89 u.a. - BVerfGE 83, 37, juris Rn. 53 ff.; ebenso, statt vieler: StGH Bremen, Urt. v. 31.01.2014 - St 1/13 - juris Rn. 54, m.w.N.; Dreier-Dreier, GG, 3. Aufl., Art. 20 [Demokratie] Rn. 90 sowie Präambel Rn. 67; HStR-Grawert, 3. Aufl., § 16 Rn. 20; Sachs-Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 20 Rn. 72a; HStR-Böckenförde, 3. Aufl., § 24 Rn. 26). Die Staatsangehörigkeit bzw. die Stellung nach Art. 116 Abs. 1 GG ist die einzige Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Staatsvolk i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG (Maunz/Dürig-Grzeszik, GG, Art. 20 II Rn. 79 [Stand: Jan. 2010]). Die Bestimmungen des Art. 28 Abs. Sätze 1 und 2 GG gehen von demselben Begriff des Staatsvolks aus wie Art. 20 Abs. 2 GG (BVerfG, Urt. v. 31.10.1990, a.a.O., Rn. 57 ff.; Kammerbeschl. v. 31.03.2016 - 2 BvR 1576/13 - juris Rn. 58, 60; ebenso: Maunz/Dürig-Mehde, GG, Art. 28 Abs. 1 Rn. 88 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, GG, Art. 28 Rn. 68 [Stand: April 2016]; von Münch/Kunig-Löwer, GG, 6. Aufl., Art. 28 Rn. 26; a.A. Epping/Hillgruber-Huster/Rux, GG, 2. Aufl., Art. 20 Rn. 13).
30 
Die Auffassung der Kläger, zum Staatsvolk i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gehörten nur die volljährigen Deutschen, die nicht unter rechtlicher Betreuung stünden und denen das Wahlrecht nicht aufgrund strafrechtlicher Verurteilung entzogen worden sei, und folglich sei das Wahlrecht für Jugendliche wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip verfassungswidrig, trifft daher nicht zu. Die dargelegte Auslegung des Begriffs des Volks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG durch das Bundesverfassungsgericht im Urteil zum kommunalen Wahlrecht für Ausländer in Schleswig-Holstein hat nach wie vor Bestand. Dem entspricht es, dass das Bundesverfassungsgericht es als aus zwingenden Gründen mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen hat, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird (BVerfG, Beschl. v. 23.10.1973 - 2 BvC 3/73 - BVerfGE 36, 139; Beschl. v. 21.09.1976 - 2 BvR 350/75 - BVerfGE 42, 312; Beschl. v. 09.10.2000 - 2 BvC 2/99 - NVwZ 2002, 69), mithin in der Altersgrenze des Art. 38 Abs. 2 Halbs. 1 GG eine Durchbrechung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl sieht (ebenso: Jarass/Pieroth-Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 38 Rn. 18; Schreiber, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 251 [Stand: August 2013]; Dreier-Morlok, GG, 3. Aufl., Art. 38 Rn. 72; Sachs-Magiera, GG, 7. Aufl., Art. 38 Rn. 81; jedoch ist die Altersgrenze des Art. 38 Abs. 2 Halbs. 1 GG nicht an den Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 38 Abs. 1 GG zu messen, da die Regelungen auf gleicher Rangebene stehen, vgl.: BVerfG, Beschl. v. 15.01.2009 - 2 BvC 4/04 - BVerfGE 122, 304, 309; Beschl. v. 31.01.2012 - 2 BvC 11/11 - juris Rn. 4). Träfe die Auffassung der Kläger zu, dass die deutsche Staatsangehörigkeit nur die notwendige, aber nicht eine hinreichende Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Staatsvolk ist und dass 16- und 17-Jährige bereits nicht zum Volk i.S.v. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gehören, wäre hingegen der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl von vornherein durch die Mindestaltersgrenze von 18 Jahren in Art. 38 Abs. 2 GG in keinster Weise betroffen und nicht zu prüfen.
31 
Aus den von den Klägern in Anspruch genommenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Ob das bereits daraus folgt, dass - wie der Beklagte geltend macht - das Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG die deutschen Staatsangehörigen und die ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen meine und das Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG die Aktivbürger (vgl. dazu: Sachs-Sachs, a.a.O., Art. 20 Rn. 27a, 28; Dreier-Dreier, a.a.O., Art. 20 [Demokratie] Rn. 90, 93 mit Fn. 361;Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1345; a.A. Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498, m.w.N.) und die von den Klägern herangezogenen Entscheidungen im Wesentlichen Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG beträfen, kann hier offen bleiben. Denn in keiner der Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht die Auslegung aus dem Urteil zum Kommunalwahlrecht für Ausländer in Schleswig-Holstein aufgegeben. Soweit im Urteil zu Frage- und Informationsrechten des Bundestags ausgeführt ist, dass das "Ausgehen der Staatsgewalt" vom Volk für das Volk wie auch für die Staatsorgane jeweils konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein müsse (BVerfG, Urt. v. 02.06.2015 - 2 BvE 7/11 - BVerfGE 139, 194, juris Rn. 106), dient dies lediglich der Begründung, warum die Kontrollfunktion des Parlaments Ausdruck des Demokratieprinzips ist und der Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft auch durch den parlamentarischen Einfluss auf die Politik der Regierung hergestellt wird. Aus den Urteilen zum Maastricht-Vertrag, zum Lissabon-Vertrag und zum OMT-Programm folgt keine Begrenzung des Staatsvolks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auf die wahlberechtigten Deutschen. Soweit in diesen Entscheidungen auch im Zusammenhang mit dem Demokratieprinzip von der Rückführung der Ausübung öffentlichen Gewalt auf die Wähler bzw. den Wahlakt gesprochen wird (BVerfG, Urt. v. 30.06.2009 - 2 BvE 2/08 - BVerfGE 123, 267, juris Rn. 179; Urt. v. 12.10.1993 - 2 BvR 2134/92 u.a. - BVerfGE 89, 155, juris Rn. 61; Urt. v. 21.06.2016 - 2 BvE 13/13 u.a. - NJW 2016, 2473, juris Rn. 82), hat dies seinen Grund darin, dass als im Rahmen der Verfassungsbeschwerde rügefähiges Recht, um eine nationale verfassungsgerichtliche Kontrolle der Aufgabenübertragung an die Europäische Union und der Aufgabenwahrnehmung von Organen der Europäischen Union im Hinblick auf ultra vires-Akte zu erreichen, ernsthaft nur Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit einer „Subjektivierung des Demokratieprinzips“ (vgl. dazu kritisch Dreier-Dreier, a.a.O., Art. 20 [Demokratie] Rn. 80 f.) in Betracht kommt. Die Passage im Beschluss zur Wahlberechtigung Auslandsdeutscher, dass die Möglichkeit, eine reflektierte Wahlentscheidung zu treffen, für die Wahlteilnahme unabdingbar ist (BVerfG, Beschl. v. 04.07.2012 - 2 BvC 1/11 -, BVerfGE 132, 39, juris Rn. 41), erlaubt keine Rückschlüsse auf die von den Klägern postulierte Auslegung des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht im Südweststaat-Urteil zwischen dem Staatsvolk und dem Volk im soziologisch-ethnologisch-politischen Sinn unterschieden hat (BVerfG, Urt. v. 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 - BVerfGE 1, 14, juris Rn. 133), besagt nichts für die Frage, wie der Begriff des Volks in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auszulegen ist. Auch die Entscheidung zur Volksbefragung über Atomwaffen ist hier unergiebig: Soweit das Bundesverfassungsgericht dort von den wahlberechtigten Bürgern als dem Staatsvolk spricht (BVerfG, Beschl. v. 30.07.1958 - 2 BvF 3/58 - BVerfGE 8, 104, juris Rn. 33), geht es um die Qualifikation der Volksbefragung als Mitwirkung an der Staatswillensbildung in Abgrenzung zur Willensbildung des Volkes; an einer begrifflichen Fassung des Begriffs des Staatsvolkes war dem Gericht hier nicht gelegen; es sah sich daher durch diesen Beschluss auch nicht gehindert, im Urteil zum kommunalen Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein den Begriff des Staatsvolkes als nicht auf die Wahlberechtigten beschränkt anzusehen.
32 
Auch folgt aus dem Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts zum Lippeverband nichts zum Begriff des Staatsvolks i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Soweit das Gericht dort das Volk im demokratischen Sinn in Beziehung zur Aktivbürgerschaft gesetzt hat (BVerwG, Beschl. v. 17.12.1997 - 6 C 1/97 - NVwZ 1999, 870, juris Rn. 52), geht es allein darum, dass die hinreichende demokratische Legitimation der Organe und Amtswalter des Lippeverbands durch das Volk erfolgen müsse, eine Legitimation durch die Mitglieder des Verbands hingegen nicht ausreiche.
33 
bb) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17-Jährige bei Kommunalwahlen verstößt auch nicht gegen Art. 38 Abs. 2 GG. Aus dieser Norm folgen keine unmittelbaren Vorgaben für die Festsetzung eines Mindestalters für das aktive Wahlrecht bei Landtags- und Kommunalwahlen durch den Landesgesetzgeber. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht unter 1.2 seiner Urteilsgründe insoweit ausgeführt, dass Art. 38 Abs. 2 GG nur eine Regelung für Bundestagswahlen trifft. Auch aus dem Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG folgt nichts anderes, es verweist nicht auf Art. 38 Abs. 2 GG (Maunz/Dürig-Klein, GG, Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]; Schroeder, JZ 2003, 917, 921, Fn. 50; Schmidt-de Caluwe, NVwZ 2001, 270, 274; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498). Die Länder sind bei der Ausgestaltung des Wahlsystems für Landtags- und Kommunalwahlen gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG an die allgemeinen Wahlrechtsgrundsätze der Freiheit, Gleichheit, Allgemeinheit, Geheimheit und Unmittelbarkeit gebunden, bei Beachtung dieser Grundsätze in der Ausgestaltung des Wahlsystems jedoch frei (BVerfG, Urt. v. 11.08.1954 - 2 BvK 2/54 - BVerfGE 4, 31, juris Rn. 55; Beschl. v. 16.07.1998 - 2 BvR 1953/95 - BVerfGE 99, 1, juris Rn. 30, 45 f.; Epping/Hillgruber-Hellermann, GG, 2. Aufl., Art. 28 Rn. 15; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, GG, 13. Aufl., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, GG, 6. Aufl., Art. 28 Rn. 85, 92, 97).
34 
cc) Das aktive Wahlrecht für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verletzt keinen der in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG genannten Wahlrechtsgrundsätze.
35 
aaa) Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist durch die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre nicht verletzt. Dieser untersagt den unberechtigten Ausschluss von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl überhaupt. Er verbietet dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen. Begrenzungen der Allgemeinheit der Wahl sind verfassungsrechtlich zulässig, sofern für sie ein zwingender Grund besteht. So ist es von jeher aus zwingenden Gründen als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen worden, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird. Ebenso galt es immer als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl vereinbar, dass vom Wahlrecht ausgeschlossen blieb, wer entmündigt war, wer unter vorläufiger Vormundschaft oder wegen geistigen Gebrechens unter Pflegschaft stand oder wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besaß (BVerfG, Beschl. v. 23.10.1973, Beschl. v. 21.09.1976, Beschl. v. 09.10.2000, je a.a.O.).
36 
Zwar wird der Kreis der Wahlberechtigten mit der Absenkung des Wahlalters erweitert und die in einer Altersgrenze liegende Beschränkung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl folglich abgemildert. Gleichwohl ist hier der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl zu prüfen (a.A. Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Oebbecke, JZ 2003, 987, 988). Denn der Gesetzgeber ist bei der Festlegung einer abgesenkten Wahlaltersgrenze nicht frei. Er hat den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz zu beachten, dass das aktive Wahlrecht ein Mindestmaß an Reife und Urteilskraft und daher ein entsprechendes Mindestalter voraussetzt. Voraussetzung für die Gewährung der Wahlberechtigung ist ein gewisser Grad an politischer Einsichtsfähigkeit (VG Stuttgart, Urt. v. 14.12.2015 - 7 K 3140/15 - juris Rn. 42; VG Saarland, Urt. v. 04.11.2016 - 3 K 921/15 - juris Rn. 27; Mußgnug, FS Roellecke, 1995, 165, 173, 175; von Münch, NJW 1995, 3165, 3166; Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1344; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Holste, DÖV 2005, 110, 111; Rolfsen, DÖV 2009, 348, 355; a.A. Oebbecke, JZ 2004, 987, 989 f.: Einsichtsfähigkeit nicht notwendig für Innehabung des Wahlrechts, sondern nur für Ausübung). Dabei besteht bei der Festlegung des Wahlalters ein Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (Breuer, NVwZ 2002, 43, 45; Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1344; Schmidt-de Caluwe, NVwZ 2001, 270, 274). Die Länder können daher im Rahmen der grundgesetzlichen Vorgaben das Wahlalter abweichend von Art. 38 Abs. 2 GG regeln (Maunz/Dürig-Mehde, a.a.O., Art. 28 Abs. 1 Rn. 90 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, a.a.O., Art. 28 Rn. 72 [Stand: April 2016]; Epping/Hillgruber-Hellermann, a.a.O., Art. 28 Rn. 15.1; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, a.a.O., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, a.a.O., Art. 28 Rn. 93; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; ähnlich Maunz/Dürig-Klein, a.a.O., Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]: Absenkung des Wahlalters für Landtage wohl kein Verstoß gegen Bundesverfassungsrecht). In diesem Rahmen ist dem Gesetzgeber eine generalisierende Regelung gestattet, da die Wahlmündigkeit im Einzelfall nicht geprüft werden kann (Schroeder, JZ 2003, 917, 921).Neben der hinreichenden Einsichtsfähigkeit der 16- und 17-Jährigen sind deren kommunalpolitisches Interesse und ein zahlreiches Gebrauchmachen vom Wahlrecht hingegen kein verfassungsrechtliches Erfordernis.
37 
Für die Entscheidung des Landesgesetzgebers, die Mindestaltersgrenze für das aktive Wahlrecht bei Landtags- und Kommunalwahlen zu regeln, kommt der Festlegung der verfassungsgebenden Gewalt im Bund, dass nach Art. 38 Abs. 2 GG wahlberechtigt ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat, auch keine maßstabsbildende Funktion zu. Eine solche Funktion nimmt indessen Schreiber an: In Bezug auf das Wahlberechtigungsalter komme der Entscheidung des Grundgesetzes – trotz ihrer unmittelbaren Geltung allein für Bundestagswahlen – unter verfassungspolitischen, soziologischen, pädagogischen und entwicklungspsychologischen Erwägungen eine gesamtstaatliche Relevanz für Parlamentswahlen zu (gesamtstaatliche Einschätzungsprärogative des Bundesverfassungsgebers). Die an Art. 28 Abs. 1 und Art. 20 GG gebundenen Landesgesetzgeber hätten sich deshalb hinsichtlich des Wahlberechtigungsalters bei Wahlen zu den Landesparlamenten an der Bundesregelung zu orientieren. Hinsichtlich des Wählbarkeitsalters sei nicht von einer entsprechenden gesamtstaatlichen Bedeutung und Tragweite der Entscheidung des Bundesverfassungsgebers auszugehen. Bezogen auf Kommunalwahlen bestehe verfassungsrechtlich kein „Homogenitätsgebot“, doch spreche insbesondere unter sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen über die politische Reife und Bildung vieles dafür, eine Einheitlichkeit der Regelung auf allen Wahlebenen zu wahren (Schreiber, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 254 [Stand: August 2013]). Verfassungspolitisch mag ein einheitliches Wahlalter für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen wünschenswert sein. Eine rechtliche Bindung bei der Ausübung des Gestaltungsspielraums des jeweiligen Gesetzgebers besteht jedoch nicht. Das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG erfasst allein die fünf dort aufgeführten Wahlrechtsgrundsätze, von denen hier keiner verletzt ist. Für eine Begrenzung der Einschätzungsprärogative des Landesgesetzgebers fehlt daher eine normative Grundlage. Dies zeigen auch die Überlegungen Schreibers selbst. Die Tatsache, dass er Differenzierungen hinsichtlich aktivem und passivem Wahlalter sowie zwischen Landtags- und Kommunalwahlen vornimmt, zeigt, dass es sich lediglich um Fragen der politischen Opportunität handelt, nicht hingegen um normative Bindungen.
38 
Von diesem Maßstab ausgehend, ist die Entscheidung des Gesetzgebers, das Mindestalter für die Ausübung des aktiven Wahlrechts bei Kommunalwahlen in Baden auf 16 Jahre abzusenken, nicht zu beanstanden und von dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt (ebenso für eine Absenkung auf 16 Jahre bei Kommunal- oder Landtagswahlen: Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498;Rolfsen, DÖV 2009, 348, 355;Epping/Hillgruber-Huster/Rux, a.a.O., Art. 20 Rn. 71.1; allgemein für eine Zulässigkeit einer Absenkung durch die Länder: Maunz/Dürig-Mehde, a.a.O., Art. 28 Abs. 1 Rn. 90 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, a.a.O., Art. 28 Rn. 72 [Stand: April 2016]; Epping/Hillgruber-Hellermann, a.a.O., Art. 28 Rn. 15.1; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, a.a.O., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, a.a.O., Art. 28 Rn. 93; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Maunz/Dürig-Klein, a.a.O., Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]). Expertenanhörungen in Gesetzgebungsverfahren anderer Länder, die das Wahlalter für Landtags- oder Kommunalwahlen auf 16 Jahre gesenkt haben, zeigen, dass gute Gründe für die Annahme sprechen, dass Jugendliche ab 16 Jahre typsicherweise die notwendige Reife besitzen, um an Kommunalwahlen teilnehmen zu können. So hat Prof. Dr. ... vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für innere Verwaltung des Niedersächsischen Landtags vom 31.10.1995 ausgeführt, dass es im Augenblick kein wissenschaftlich gestütztes seriöses Argument gebe, das Wahlalter im Kommunalwahlrecht, möglicherweise auch für Landtags- und Bundestagswahlen, nicht auf 16 Jahre herabzusetzen. Man könne in der ganzen Jugendentwicklung eine deutliche Verschiebung in den Wertorientierungen im Laufe der letzten zwei oder drei Dekaden feststellen. Dies werde von allen Jugenduntersuchungen, egal unter welchen methodischen Differenzen sie durchgeführt worden seien, bestätigt. Im Hinblick auf die Urteilsfähigkeit werde man im Einzelfall nicht ausschließen können, dass gerade für diese Gruppe noch eine sehr starke Beeinflussung von Seiten der Eltern vorhanden sei. Dies betreffe – so Prof. Dr. ... sinngemäß – jedoch auch jede andere Altersgruppe. Von der Reife her gebe es daher kein Argument, 16- und 17-jährige nicht wählen zu lassen (Niedersächsischer Landtag, Niederschrift über die 50. - öffentliche - Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung am 31. Oktober 1995, S. 16 f., 21 f.). In der Anhörung des Innen- und Rechtsausschusses des schleswig-holsteinischen Landtags hat Prof. Dr. ... in seiner schriftlichen Stellungnahme ausgeführt, die Festlegung eines „Sperralters“ von 18 Jahren sei unter den heutigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und entwicklungspsychologischen Bedingungen nicht mehr haltbar. Jugendliche seien heute selbstständiger als früher. Die Pubertät mit ihren Entwicklungsschüben setze im Durchschnitt schon mit zwölf Jahren ein. Jugendliche seien entsprechend früh für sich selbst verantwortlich. Vor allem ihre Bildungsentscheidungen und -erfolge seien heute von großer biografischer Bedeutung. Die kognitive Entwicklungsforschung zeige, dass in der Altersspanne zwischen 12 und 14 Jahren bei fast allen Jugendlichen ein intellektueller Entwicklungsschub stattfinde, der sie dazu befähige, abstrakt, hypothetisch und logisch zu denken. Parallel hierzu steige in dieser Altersspanne auch die Fähigkeit an, sozial, moralisch und politisch zu denken und entsprechende Urteile abzugeben. Wolle man von einer „Reife“ der Urteilsfähigkeit - nicht der gesamten Persönlichkeit - sprechen, dann sei diese gegeben (Stellungnahme vom 26.09.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/163; in der Sache ebenso in der Anhörung des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses der Bremischen Bürgerschaft am 14.01.2000 [Protokoll, S. 40, 41]). Prof. Dr. ... hat in dieser Anhörung schriftlich ausgeführt, neben einer Veränderung der Lebenssituation Jugendlicher dienten den Befürwortern einer Absenkung des Wahlalters auf das 16. Lebensjahr vor allem entwicklungspsychologische Studien als Begründung. Diese zeigten, dass Kinder und Jugendliche ab einem Alter von ungefähr 14 Jahren sozial und moralisch urteilsfähig seien (Stellungnahme vom 04.03.2013, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/870).
39 
Zwar haben sich andere Experten zurückhaltend und skeptisch zur Urteilsfähigkeit der Jugendlichen geäußert, so z.B. Dr. ... vom Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung, Abteilung Familie, Jugend und soziale Dienste in der Anhörung im niedersächsischen Landtag (Niedersächsischer Landtag, Niederschrift über die 50. - öffentliche - Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung am 31. Oktober 1995, S. 10 ff.) und Prof. Dr. ... in der Anhörung des Landtags Schleswig-Holstein (Stellungnahme vom 16.10.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/238). In anderen Anhörungen sind entwicklungspsychologische oder vergleichbare Sachverständige nicht gehört worden (so in den Anhörungen des Europa- und Rechtsausschusses des Landtags Mecklenburg-Vorpommern vom 13.03.2013 [Protokoll Nr. 36], des Innenausschusses des Landtags Mecklenburg-Vorpommern vom 07.10.2010 [Protokoll Nr. 104], des Verfassungs- und Bezirksausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft vom 28.10.2011 [Drs. Nr. 20/6], des Ausschusses für Kommunalpolitik des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 21.01.1998 [Ausschussprotokoll 12/774], des Innen- und Kommunalausschusses des Thüringer Landtags vom 22.09.2015 [Ergebnisprotokoll sowie Wortprotokoll zur Stellungnahme der Jusos Thüringen (zugleich Beschlussprotokoll)], des Ausschusses für Inneres des Landtags Brandenburg vom 31.03.2011 [Ausschussprotoll Teil 1: P-AI 5/16-1]).
40 
Maßgeblich ist jedoch: Die gesetzgeberische Entscheidung kann sich auf nachvollziehbare, nicht nur vereinzelte fachliche Auffassungen zur Urteilsfähigkeit Jugendlicher stützen. Der Gesetzgeber hat somit von seiner Einschätzungsprärogative rechtmäßig Gebrauch gemacht, zumal in den genannten Anhörungen kein entwicklungspsychologischer oder vergleichbarer Sachverständiger - auch wenn er oder sie sich skeptisch und abratend zu einer Absenkung des Wahlalters geäußert hat - die Auffassung vertreten hat, die Jugendlichen hätten die notwendige Urteilskraft nicht. Soweit in der Literatur davon ausgegangen wird, die notwendige Reife setze erst mit 18 Jahren ein, werden hierfür wissenschaftliche Nachweise nicht angeführt (so z.B. bei Mußgnug, FS Roellecke, 1995, 165, 178 ff.) oder offen eingeräumt, dass solche nicht vorliegen (Schreiber-Strelen, BWahlG, 9. Aufl., § 12 Rn. 9).
41 
Stellungnahmen in den Anhörungen zum Umfang des Politikinteresses Jugendlicher und zu ihrer Wahlbeteiligung - so z.B. die von Dr. ... in der Anhörung im Schleswig-Holsteinischen Landtag, auf die die Kläger sich berufen (Stellungnahme vom 15.10.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/233, sowie Stellungnahme vom 01.03.2013, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/860 [neu]) - sind hier nicht von Belang, da Politikinteresse und Gebrauchmachen vom Wahlrecht keine verfassungrechtlichen Voraussetzungen für die Bestimmung der Wahlaltersgrenze sind.
42 
Der Landesgesetzgeber musste keine Anhörung von Sachverständigen durchführen, bevor er 2013 das aktive Wahlrecht für 16- und 17-Jährige bei Kommunalwahlen einführte. Für eine verfassungsgemäße Ausübung seines bestehenden Einschätzungsspielraums reicht es aus, dass er sich auf nachvollziehbare fachliche Erwägungen stützen kann, dass eine für die Wahlentscheidung bei Kommunalwahlen ausreichende Einsichtsfähigkeit der 16- und 17-Jährigen gegeben ist. Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur biologischen Hirnreifung, zum kommunalpolitischen Interesse von Jugendlichen, zur Wahlbeteiligung von Jugendlichen, zur Bürgerschaftswahl in Bremen, zu kommunalpolitischen Themen, zur Anzahl der Bankkonten Jugendlicher, ihren Wohnverhältnissen und den damit zusammenhängenden Aspekten sowie die hierzu schriftsätzlich gemachten Beweisangebote (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 41 - 51, 59; Schriftsatz vom 31.05.2017, S. 16 - 27, 36 - 45; Schriftsatz vom 30.06.2017, S. 18 f.) und die in Bezug genommenen erstinstanzlichen Beweisangebote (Schriftsatz vom 29.06.2016, S. 95 - 102) kommt es daher nicht an.
43 
Aufgrund der bestehenden Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und des Vorliegens ausreichender Gründe für die gesetzgeberische Entscheidung, das Wahlalter abzusenken, ist auch keine gerichtliche Nachprüfung der einzelnen Erwägungen in der Gesetzesbegründung in der Landtagsdrucksache 15/3119 veranlasst. Es handelt sich insoweit - anders als die Kläger anzunehmen scheinen - nicht um eine Überprüfung vergleichbar derjenigen, wie sie für behördliche Ermessenentscheidungen nach dem Maßstab des § 114 VwGO vorzunehmen ist. Liegen ausreichende Gründe für die erfolgte Ausübung des gesetzgeberischen Einschätzungsspielraums vor, ist verfassungsrechtlich unerheblich, ob sich alle in der Gesetzesbegründung angeführten Überlegungen in der Praxis bewahrheitet haben (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 16.06.2011 - 1 BvR 2394/10 - WM 2011, 1948).
44 
Eine verfassungsrechtliche Pflicht, eine Sachverständigenanhörung durchzuführen, ergibt sich auch nicht aus den von den Klägern angeführten Umständen, dass die Anhörung in Niedersachsen bereits 1995 erfolgte und zwischen den Ländern erhebliche Unterscheide bestehen könnten. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Frage der ausreichenden Einsichtsfähigkeit 16- und 17-Jähriger im Bundesgebiet unterschiedlich beurteilt und dass die Stellungnahmen in der Anhörung in Niedersachsen 1995, die in den Anhörungen in Bremen im Jahr 2000 und in Schleswig-Holstein im Jahr 2013 bestätigt wurden, überholt sind. Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Bildungspolitik der Länder und die damit zusammenhängenden Gesichtspunkte sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 31.05.2017, S. 30) kommt es daher nicht an.
45 
bbb) Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist nicht verletzt, soweit der Gesetzgeber 16- und 17-Jährige, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht besorgen können, vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen hat. Auch insoweit ist trotz der insoweit fehlenden Begrenzung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl dieser Grundsatz zu prüfen. Denn der Gesetzgeber muss - wie bei der Festlegung der Wahlaltersgrenze - bei der Ausgestaltung des Wahlrechts den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz berücksichtigen, dass das Wahlrecht die Fähigkeit, eine bewusste Wahlentscheidung treffen zu können, voraussetzt.
46 
Auch insoweit ist dem Gesetzgeber die Befugnis zu einer typisierenden Regelung eingeräumt (BayVerfGH, Entsch. v. 09.07.2002 - Vf. 9-VII-01 - BayVBl. 2003, 44, zum Wahlrechtsausschluss wegen Anordnung einer Betreuung im bayerischen Landesrecht entsprechend § 13 Nr. 2 BWahlG). Diese Befugnis rechtfertigt eine Regelung, die bewusst nur Bürger, für die vom Vormundschaftsgericht ein Betreuer für alle Angelegenheiten bestellt ist, vom Wahlrecht ausschließt, somit vom Wahlrecht nur einen sehr kleinen Kreis von Betroffenen ausnimmt und sehenden Auges die Fälle einer aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung bestehenden unzureichenden Einsichts- und Wahlfähigkeit nicht umfassend abdeckt. Im Hinblick auf die Bedeutung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl darf der Gesetzgeber den Kreis derjenigen, die vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, möglichst klein halten und das Ziel verfolgen, niemanden von der Wahl auszuschließen, bei dem die fehlende Einsicht nicht sicher feststeht (BayVerfGH, Entsch. v. 09.07.2002, a.a.O., juris Rn. 40 ff., 53 ff.). So war einfachrechtlich auch für den früheren § 13 Nr. 2 BWahlG - nach dem vom Wahlrecht ausgeschlossen war, wer entmündigt war - anerkannt, dass nicht alle, denen aufgrund einer psychischen Krankheit die notwendige Einsichtsfähigkeit für die Wahlhandlung fehlte, vom Wahlrecht ausgeschlossen waren, sondern Geisteskranke und Geistesschwache, die weder entmündigt waren noch unter Pflegschaft standen, wahlberechtigt waren (Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 3. Aufl. 1986, § 13 Rn. 8). Ebenso wird für den geltenden § 13 Nr. 1 BWahlG - nach der vom Wahlrecht derjenige ausgeschlossen ist, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist - einfachrechtlich davon ausgegangen, dass damit nur ein sehr kleiner Kreis von Betroffenen ausgeschlossen ist, da nach der Konzeption des Betreuungsrechts die Betreuerbestellung für alle Angelegenheiten die Ausnahme ist (Schreiber-Strelen, a.a.O., 9. Aufl., § 13 Rn. 12).
47 
Nach diesem Maßstab ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, eine Regelung zum Ausschluss derjenigen Jugendlichen vom Wahlrecht zu treffen, die - entsprechend der Regelung des § 1896 Abs. 1 BGB - auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht besorgen können. Aufgrund der fehlenden Möglichkeit, nach dem BGB für Minderjährige einen Betreuer zu bestellen, steht für den Gesetzgeber keine praktikable und zugleich rechtssichere Anknüpfungsmöglichkeit für eine Ausschlussregelung zur Verfügung. Hierauf, insbesondere auf das Fehlen einer rechtssicheren Anknüpfungsmöglichkeit für eine Ausschlussregelung Bedacht zu nehmen, ist angesichts der Bedeutung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl zulässig.
48 
Der Gesetzgeber hat damit auch nicht den Grundsatz der Gleichheit der Wahl verletzt.Dieser gebietet, dass alle Wahlberechtigten das aktive und passive Wahlrecht möglichst in formal gleicher Weise ausüben können und ist im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit zu verstehen. Aus dem Grundsatz der Wahlgleichheit folgt, dass die Stimme eines jeden Wahlberechtigten grundsätzlich den gleichen Zählwert und die gleiche rechtliche Erfolgschance haben muss. Er gestattet dem Gesetzgeber nur einen eng bemessenen Spielraum für Differenzierungen (BVerfG, Beschl. v. 22.05.1979 – 2 BvR 193/79 u.a. – BVerfGE 51, 222, juris Rn 52; Urt. v. 10.04.1997 - 2 BvC 3/96 - BVerfGE 95, 408, juris Rn. 45). Dieser Spielraum ist hier nicht überschritten. Das Fehlen der Möglichkeit, für Minderjährige eine Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB durch das Gericht anordnen zu lassen, ist ein zulässiges Differenzierungskriterium. Der Gesetzgeber des BGB hat für Minderjährige die Anordnung einer Betreuung nach den §§ 1896 ff. BGB aufgrund des Personensorgerechts der Erziehungsberechtigten für entbehrlich gehalten. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Einwänden, dass der Landesgesetzgeber an eine sachgerechte Regelung der Betreuung in den §§ 1896 ff. BGB angeknüpft und daher darauf verzichtet hat, in der Gemeindeordnung für wahlberechtigte Jugendliche eine eigene Regelung zum Ausschluss vom Wahlrecht aus vergleichbaren Gründen zu treffen.
49 
Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Anzahl von Neuwählern und geisteskranken Jugendlichen, zur Größe von Gemeinden in Baden-Württemberg und damit zusammenhängende Gesichtspunkte sowie die hierzu schriftsätzlich gemachten Beweisangebote (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 86 - 90; Schriftsatz vom 30.06.2017, S. 4 - 15) kommt es daher nicht an.
50 
Insoweit fehlt es auch an dem behaupteten Verstoß gegen Art. 74 Nr. 1 GG. Denn der Landesgesetzgeber hat keine Regelung zum Betreuungsrecht als Teil des bundesrechtlich abschließend geregelten Bürgerlichen Rechts getroffen.
51 
ccc) Auch gegen die anderen Wahlrechtsgrundsätze wird nicht verstoßen. Der Umstand, dass die Eltern der jugendlichen Wahlberechtigten für diese das Aufenthaltsbestimmungsrecht haben und diese daher an der Ausübung des Wahlrechts am Wahltag hindern könnten, verletzt die Freiheit der Wahl nicht. Zum einen schützt die Freiheit der Wahl nur vor Beeinträchtigungen durch die öffentliche Gewalt. Zudem haben die Jugendlichen die Möglichkeit der Briefwahl. Schließlich haben die Eltern ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht im Rahmen der Rechtsordnung auszuüben, zu der das Wahlrecht der Jugendlichen gehört, mit der Folge, dass jedenfalls eine faktische grundlose Hinderung an der Wahlteilnahme vom Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern kaum gedeckt sein dürfte.
52 
dd) Die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre im kommunalen Bereich ist auch nicht deswegen verfassungswidrig, weil 16 und 17-Jährige nun auch Bürgermeister und Landräte wählen, an Gemeindeversammlungen und Einwohnerversammlungen teilnehmen sowie Vertrauenspersonen von Bürgerbegehren, Ratsbegehren, Einwohneranträgen und Anträgen auf Durchführung von Einwohnerversammlungen werden können. Eine verletzte Verfassungsnorm ist nicht ersichtlich und wird von den Klägern auch nicht benannt. Der Gesetzgeber durfte, wie dargelegt, von einer ausreichenden Verstandesreife 16- und 17-Jähriger ausgehen. Aus welchen Gründen für die genannten Befugnisse insoweit anderes als für das Wahlrecht für die Gemeinderatswahl gelten sollte, ist nicht erkennbar. Auch der Umstand, dass aus dem Bürgerstatus für 16- und 17-Jährige Pflichten folgen können, verletzt keine Verfassungsnorm. Ein allenfalls denkbarer Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Jugendlichen nach Art. 2 Abs. 1 GG und das elterliche Erziehungsrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG wäre auf jeden Fall verhältnismäßig.
53 
Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Unterschriftensammlung für Bürgerbegehren und die damit zusammenhängenden Gesichtspunkte sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 37) kommt es daher nicht an.
54 
ee) Das aktive Wahlrecht für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verstößt nicht gegen einfaches Bundesrecht und verletzt daher auch nicht den Grundsatz der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung.
55 
Für die vom Kläger behauptete Unvereinbarkeit von Jugendlichenwahlrecht und Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern wird auf die obigen Ausführungen zur Freiheit der Wahl verwiesen.
56 
Die Tatsache, dass nach dem BGB die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahrs eintritt, hindert den Landesgesetzgeber nicht, das Wahlalter abweichend hiervon zu regeln. Wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, besteht eine Vielzahl von Regelungen, die Rechte und Verantwortlichkeiten von jungen Menschen ab einem geringeren Alter als 18 Jahre vorsehen. In diesen Bereichen besteht keine Pflicht des Gesetzgebers, stets an das Alter der Volljährigkeit anzuknüpfen. Ebenso wenig besteht ein Rechtssatz, der gebietet, das Wahlrecht erst mit der Volljährigkeit entstehen zu lassen. Unerheblich sind insoweit die detaillierten Ausführungen der Kläger zum genauen Regelungsgehalt der vom Verwaltungsgericht insoweit erörterten Vorschriften. Maßgeblich ist allein, dass die deutsche Rechtsordnung eine Vielzahl von Regelungen enthält, die Rechte und Pflichten von Jugendlichen unter 18 Jahren vorsehen, und daher die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre im kommunalen Bereich nicht gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verstößt. Daher kommt es auch auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Anwendung des § 1303 BGB sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 65) nicht an.
57 
Auch wenn man mit den Klägern davon ausgehen sollte, dass die Regelung des § 41 Abs. 2 KomWG, dass gegen die Zurückweisung eines Antrags auf eine Einwohnerversammlung, eines Einwohnerantrags und eines Bürgerbegehrens jeder Unterzeichner Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erheben kann, im Hinblick auf minderjährige Unterzeichner gegen § 61 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 104 Nr. BGB verstößt, kann das allenfalls einen Verstoß von § 41 Abs. 2 KomWG, nicht jedoch von § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 GemO gegen Bundesrecht begründen.
58 
Auch der behauptete Verstoß gegen das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung im Hinblick auf die Wertungen der §§ 45, 92a, 101, 102, 108c, 108e, 109i StGB und des § 6 JGG liegt nicht vor. Es ist in keiner Weise ersichtlich, warum die von den Klägern angeführten unterschiedlichen Rechtsfolgen einer strafbaren Wahlfälschung für Jugendliche und Volljährige nicht ebenso vor Art. 3 Abs. 1 GG Bestand haben sollen wie sonstige Ungleichbehandlungen von Jugendlichen, Heranwachsenden und Erwachsenen im Strafrecht.
59 
Auch im Hinblick auf §§ 1896 ff. BGB fehlt es an einer Unvereinbarkeit mit Bundesrecht. Auf die obigen Ausführungen zum Wahlrechtausschluss wird verwiesen.
60 
b) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verstößt auch nicht gegen höherrangiges Landesrecht. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, betrifft die Festlegung der Wahlberechtigung auf 18 Jahre in Art. 26 Abs. 1 LV nur die Wahlen zum Landtag. Für Kommunalwahlen kann der Gesetzgeber aufgrund von Art. 26 Abs. 6, Art. 72 Abs. 3 LV eine abweichende Regelung vornehmen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu unter Nr. 3 seiner Urteilsgründe nimmt der Senat Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
61 
2. Auch der geltend gemachte Wahlfehler, dass an der Gemeinderatswahl in Heidelberg Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit doppelt abgestimmt haben könnten, besteht nicht. Zutreffend hat der Beklagte in seinen Bescheiden ausgeführt, dass eine mehrfache Eintragung von Bürgern in das Wählerverzeichnis nicht vorgesehen ist und dass die Bestimmungen des Kommunalwahlrechts (§§ 19 KomWG, 29 KomWO) eine mehrfache Wahlteilnahme eines Wählers an der Kommunalwahl ausschließen. Die von den Klägern im Wahleinspruch aufgestellte Behauptung, es sei lebensfremd und unwahrscheinlich, dass bei der Heidelberger Gemeinderatswahl keine Doppelabstimmungen von EU-Bürgern erfolgt seien, ist vollkommen ins Blaue hinein aufgestellt. Es ist auch nicht ansatzweise erkennbar, wie sich der von den Klägern in Bezug genommene Fall, dass eine Person mit deutscher und italienischer Staatsangehörigkeit bei der Wahl zum Europaparlament im italienischen Konsulat und in einem deutschen Wahlbüro und damit zweimal abgestimmt hat, bei der Heidelberger Gemeinderatswahl in vergleichbarer Art wiederholt haben sollte. Daher hatte der Beklagte auch keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen in diese Richtung.
III.
62 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist zuzulassen, da die Frage, ob die Absenkung des Wahlalters gegen Bestimmungen des Grundgesetzes verstößt, grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat.
63 
Beschluss vom 21. Juli 2017
64 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

1.
gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
2.
nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
3.
einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
4.
das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
5.
auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
6.
dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,
darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundespolizei die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei ihre Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind.

(2) Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind.

(3) Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind, bleiben für die Einteilung außer Betracht.

(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.

(2) Der Grenzschutz umfaßt

1.
die polizeiliche Überwachung der Grenzen,
2.
die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich
a)
der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt,
b)
der Grenzfahndung,
c)
der Abwehr von Gefahren,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern und von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, zur Sicherung des Grenzraumes das in Satz 1 Nr. 3 bezeichnete Gebiet von der seewärtigen Begrenzung an durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen, soweit die Grenzüberwachung im deutschen Küstengebiet dies erfordert. In der Rechtsverordnung ist der Verlauf der rückwärtigen Begrenzungslinie des erweiterten Grenzgebietes genau zu bezeichnen. Von der seewärtigen Begrenzung an darf diese Linie eine Tiefe von 80 Kilometern nicht überschreiten.

(3) Das Einvernehmen nach Absatz 1 ist in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist. In der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Polizei des Landes zu regeln.

(4) Nimmt die Polizei eines Landes Aufgaben nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem Bund mit eigenen Kräften wahr, richtet sich die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht.

(1) Das Bundesministerium der Finanzen und die von ihm bestimmten Zollstellen wirken bei der Überwachung der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Betäubungsmitteln mit.

(2) Das Bundesministerium der Finanzen kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat die Beamten der Bundespolizei, die mit Aufgaben des Grenzschutzes nach § 2 des Bundespolizeigesetzes betraut sind, und im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsminister des Innern die Beamten der Bayerischen Grenzpolizei mit der Wahrnehmung von Aufgaben betrauen, die den Zolldienststellen nach Absatz 1 obliegen. Nehmen die im Satz 1 bezeichneten Beamten diese Aufgaben wahr, gilt § 67 Abs. 2 des Bundespolizeigesetzes entsprechend.

(3) Bei Verdacht von Verstößen gegen Verbote und Beschränkungen dieses Gesetzes, die sich bei der Abfertigung ergeben, unterrichten die mitwirkenden Behörden das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte unverzüglich.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

(3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

(3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Verschlusssachen sind im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutz des Wohles des Bundes oder eines Landes, geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsform. Verschlusssachen können auch Produkte und die dazugehörenden Dokumente sowie zugehörige Schlüsselmittel zur Entschlüsselung, Verschlüsselung und Übertragung von Informationen sein (Kryptomittel). Geheimhaltungsbedürftig im öffentlichen Interesse können auch Geschäfts-, Betriebs-, Erfindungs-, Steuer- oder sonstige private Geheimnisse oder Umstände des persönlichen Lebensbereichs sein.

(1a) Von einer Verschlusssache dürfen nur Personen Kenntnis erhalten, die auf Grund ihrer Aufgabenerfüllung Kenntnis haben müssen. Keine Person darf über eine Verschlusssache umfassender oder eher unterrichtet werden, als dies aus Gründen der Aufgabenerfüllung notwendig ist.

(2) Verschlusssachen werden entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit von einer amtlichen Stelle des Bundes oder auf deren Veranlassung in folgende Geheimhaltungsgrade eingestuft:

1.
STRENG GEHEIM, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte den Bestand oder lebenswichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden kann,
2.
GEHEIM, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann,
3.
VS-VERTRAULICH, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder schädlich sein kann,
4.
VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann.

(3) Wer auf Grund dieses Gesetzes oder sonst in berechtigter Weise Zugang zu einer Verschlusssache erlangt,

1.
ist zur Verschwiegenheit über die ihm dadurch zur Kenntnis gelangten Informationen verpflichtet und
2.
hat durch Einhaltung der Schutzmaßnahmen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden sind, dafür Sorge zu tragen, dass keine unbefugte Person Kenntnis von der Verschlusssache erlangt.

(4) Behörden und sonstige öffentliche Stellen des Bundes sind verpflichtet, Verschlusssachen durch Maßnahmen des materiellen Geheimschutzes nach der jeweils für sie geltenden allgemeinen Verwaltungsvorschrift, die nach § 35 zu erlassen ist, so zu schützen, dass Durchbrechungen ihrer Vertraulichkeit entgegengewirkt wird, und darauf hinzuwirken, dass solche Versuche erkannt und aufgeklärt werden können. Dies gilt auch für die Weitergabe von Verschlusssachen an nichtöffentliche Stellen. Die eine Verschlusssache herausgebende Stelle kann weitere Vorgaben zum Schutz der Verschlusssache treffen.

(5) Bei der Durchführung der nach § 35 Absatz 1 erster Halbsatz zu erlassenden allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen Geheimschutz wirkt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik mit. Bei der Durchführung der nach § 35 Absatz 3 zu erlassenden allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen Geheimschutz wirkt der Militärische Abschirmdienst mit. Bei der Betreuung der nichtöffentlichen Stellen im materiellen Geheimschutz sowie bei den Nachrichtendiensten des Bundes wirkt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik auf Ersuchen der jeweils zuständigen Behörde mit.

(6) Das Bundesamt für Verfassungsschutz, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst teilen dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik nichtpersonenbezogene Erkenntnisse, die für den Schutz von Verschlusssachen oder die Aufrechterhaltung des Geheimschutzes von Bedeutung sein können, unverzüglich mit. Das gilt nicht, soweit die Erkenntnisse einem Weitergabeverbot unterliegen. § 23 des Bundesverfassungsschutzgesetzes gilt entsprechend.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.

(2) Der Grenzschutz umfaßt

1.
die polizeiliche Überwachung der Grenzen,
2.
die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich
a)
der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt,
b)
der Grenzfahndung,
c)
der Abwehr von Gefahren,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern und von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, zur Sicherung des Grenzraumes das in Satz 1 Nr. 3 bezeichnete Gebiet von der seewärtigen Begrenzung an durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen, soweit die Grenzüberwachung im deutschen Küstengebiet dies erfordert. In der Rechtsverordnung ist der Verlauf der rückwärtigen Begrenzungslinie des erweiterten Grenzgebietes genau zu bezeichnen. Von der seewärtigen Begrenzung an darf diese Linie eine Tiefe von 80 Kilometern nicht überschreiten.

(3) Das Einvernehmen nach Absatz 1 ist in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist. In der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Polizei des Landes zu regeln.

(4) Nimmt die Polizei eines Landes Aufgaben nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem Bund mit eigenen Kräften wahr, richtet sich die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht.

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

1.
gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
2.
nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
3.
einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
4.
das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
5.
auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
6.
dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,
darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundespolizei die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei ihre Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.

(2) Der Grenzschutz umfaßt

1.
die polizeiliche Überwachung der Grenzen,
2.
die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich
a)
der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt,
b)
der Grenzfahndung,
c)
der Abwehr von Gefahren,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern und von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, zur Sicherung des Grenzraumes das in Satz 1 Nr. 3 bezeichnete Gebiet von der seewärtigen Begrenzung an durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen, soweit die Grenzüberwachung im deutschen Küstengebiet dies erfordert. In der Rechtsverordnung ist der Verlauf der rückwärtigen Begrenzungslinie des erweiterten Grenzgebietes genau zu bezeichnen. Von der seewärtigen Begrenzung an darf diese Linie eine Tiefe von 80 Kilometern nicht überschreiten.

(3) Das Einvernehmen nach Absatz 1 ist in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist. In der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Polizei des Landes zu regeln.

(4) Nimmt die Polizei eines Landes Aufgaben nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem Bund mit eigenen Kräften wahr, richtet sich die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

1.
gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
2.
nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
3.
einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
4.
das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
5.
auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
6.
dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,
darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundespolizei die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei ihre Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.

(2) Der Grenzschutz umfaßt

1.
die polizeiliche Überwachung der Grenzen,
2.
die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich
a)
der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt,
b)
der Grenzfahndung,
c)
der Abwehr von Gefahren,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern und von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, zur Sicherung des Grenzraumes das in Satz 1 Nr. 3 bezeichnete Gebiet von der seewärtigen Begrenzung an durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen, soweit die Grenzüberwachung im deutschen Küstengebiet dies erfordert. In der Rechtsverordnung ist der Verlauf der rückwärtigen Begrenzungslinie des erweiterten Grenzgebietes genau zu bezeichnen. Von der seewärtigen Begrenzung an darf diese Linie eine Tiefe von 80 Kilometern nicht überschreiten.

(3) Das Einvernehmen nach Absatz 1 ist in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist. In der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Polizei des Landes zu regeln.

(4) Nimmt die Polizei eines Landes Aufgaben nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem Bund mit eigenen Kräften wahr, richtet sich die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

Gründe

A.

I.

1

Die Beschwerdeführerin ist ein Unternehmen der Automobilzulieferung. Sie beschäftigt in ihrer Produktionsstätte in Schleswig-Holstein über 1.200 Arbeitnehmer. Mit dem Kläger des Ausgangsverfahrens schloss sie am 18. Februar 2003 für den Zeitraum vom 19. Februar 2003 bis zum 31. März 2004 einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag. Der Kläger wurde als Aushilfe in der Produktion von Bremsbelägen eingesetzt. Insgesamt wurden zu diesem Zeitpunkt von der Beschwerdeführerin 56 befristete Arbeitsverträge mit zuvor arbeitslosen Personen abgeschlossen, um Produktionsspitzen abzudecken. Von diesen 56 neuen Mitarbeitern hatten 13 Arbeitnehmer - unter ihnen der Kläger des Ausgangsverfahrens - das 52. Lebensjahr bereits vollendet. Die zusätzlichen Arbeitnehmer wurden nach den Angaben der Beschwerdeführerin bewusst auf der Grundlage des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG) eingestellt, um Rechtssicherheit vor Entfristungsklagen zu erlangen. Solche Entfristungsklagen seien in der Vergangenheit gegen die Beschwerdeführerin erhoben worden und hätten im Erfolgsfall zu Verwerfungen bei der Personalplanung geführt.

2

Der Kläger machte gegenüber der Beschwerdeführerin kurze Zeit später die Unwirksamkeit der Befristung seines Arbeitsvertrags geltend. Er berief sich auf die Unvereinbarkeit der Befristung auf der Grundlage von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG mit der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl Nr. L 175/43) sowie der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl Nr. L 303/16). Das Arbeitsgericht Lübeck wies seine Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses und auf Weiterbeschäftigung mit Urteil vom 11. März 2004 ab. Der Kläger könne sich nicht auf eine unmittelbare Wirkung der Richtlinien im Verhältnis unter Privaten berufen. Die Berufung des Klägers wies das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein mit Urteil vom 22. Juni 2004 zurück. Neben dem Hinweis auf die Nichtanwendbarkeit von Richtlinien in privatrechtlichen Verhältnissen verwies das Landesarbeitsgericht zusätzlich auf die unzureichende inhaltliche Bestimmtheit und Unbedingtheit der Richtlinien. Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Revision an das Bundesarbeitsgericht. Die Revision hatte in der Sache Erfolg.

II.

3

1. § 14 TzBfG lautete in seiner ursprünglichen Fassung vom 21. Dezember 2000 (BGBl I S. 1966) auszugsweise:

4

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. […]

5

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; […] Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. […]

6

(3) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf keines sachlichen Grundes, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet hat. Die Befristung ist nicht zulässig, wenn zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher enger sachlicher Zusammenhang ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen den Arbeitsverträgen ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten liegt.

7

(4) […]

8

Der Gesetzgeber erweiterte den personellen Anwendungsbereich des § 14 TzBfG im Dezember 2002 (Erstes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, BGBl I S. 4607). Für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2006 wurde die Altersgrenze einer sachgrundlosen Befristungsmöglichkeit vom vollendeten 58. auf das vollendete 52. Lebensjahr abgesenkt. Zu diesem Zweck wurde ein vierter Satz in § 14 Abs. 3 TzBfG eingefügt:

9

Bis zum 31. Dezember 2006 ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des 58. Lebensjahres das 52. Lebensjahr tritt.

10

Mit dieser Änderung, die Bestandteil der Arbeitsmarktreformen war, verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, die statistisch deutlich erhöhte Arbeitslosigkeit unter älteren Menschen durch niedrigere Barrieren für deren Wiedereintritt in das Berufsleben zu verringern. Die über 50-Jährigen seien nicht nur länger arbeitslos als andere Altersgruppen, sondern sie stellten auch einen deutlich größeren Anteil der Langzeitarbeitslosen. Der Gesetzgeber verwies darauf, dass die geringe Einstellungsbereitschaft der Arbeitgeber im Wesentlichen auf eine "psychologische Einstellungsbarriere" zurückzuführen sei, die ihre Ursache in der unzutreffenden Überzeugung habe, ältere Arbeitnehmer könnten bei einem späteren Personalabbau nicht mehr entlassen werden (BTDrucks 15/25, S. 40). Da die Erfahrung gezeigt habe, dass die Befristung von Beschäftigungsverhältnissen die Einstellungsbereitschaft anhebe und die befristeten Arbeitsverhältnisse im Durchschnitt etwa zur Hälfte in unbefristete Beschäftigungen einmündeten, sei § 14 Abs. 3 TzBfG entsprechend zu erweitern.

11

Der Gesetzgeber hielt die mit dieser Regelung verbundene Ungleichbehandlung älterer Arbeitssuchender mit Blick auf das beschäftigungspolitische Ziel, die Chancen älterer Menschen auf einen Arbeitsplatz zu verbessern, für gerechtfertigt. Dies entspreche auch einem wichtigen Ziel der europäischen Beschäftigungspolitik (BTDrucks 15/25, S. 40). Deutschland sei mit Beschluss 2001/63/EG des Rates vom 19. Januar 2001 über die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl Nr. L 22/18) ausdrücklich aufgefordert worden, Hindernisse und negative Faktoren für die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitsloser zu verbessern.

12

2. a) Art. 19 Abs. 1 AEUV (ehemals Art. 13 Abs. 1 EGV) ermächtigt den Rat, im Zuständigkeitsbereich der Union Regelungen unter anderem gegen altersbezogene Diskriminierungen zu erlassen. Ein unmittelbar wirkendes Diskriminierungsverbot enthält die Bestimmung nicht (vgl. Streinz, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 13 EGV Rn. 17; Epiney, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 13 EGV Rn. 1). Art. 19 Abs. 1 AEUV lautet:

13

Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verträge kann der Rat im Rahmen der durch die Verträge auf die Union übertragenen Zuständigkeiten gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmig geeignete Vorkehrungen treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.

14

Demgegenüber enthält Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta - GRCh) ein Diskriminierungsverbot aufgrund des Alters, dem unmittelbare Wirkung zukommt. Die Vorschrift lautet in der überarbeiteten Fassung vom 12. Dezember 2007 (ABl Nr. C 303/1; BGBl 2008 II S. 1165):

15

(1) Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sind verboten.

16

(2) Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.

17

Die Grundrechtecharta war in dem entscheidungserheblichen Zeitraum noch nicht rechtsverbindlich. Sie wurde den Verträgen erst mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 13. Dezember 2007 (Vertrag von Lissabon - ABl Nr. C 306/10; BGBl 2008 II S. 1038) rechtlich gleichgestellt (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EUV).

18

b) Mit der Richtlinie 1999/70/EG soll die zwischen europäischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden getroffene Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge durchgeführt werden (Art. 1 der Richtlinie 1999/70/EG). Der Vereinbarung zufolge, die als Anhang Bestandteil der Richtlinie ist, gilt für befristet beschäftigte Arbeitnehmer der Grundsatz der Nichtdiskriminierung; der Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge ist zu vermeiden (vgl. im Einzelnen §§ 4, 5 des Anhangs der Richtlinie 1999/70/EG). Das Teilzeit- und Befristungsgesetz wurde vom deutschen Gesetzgeber im Jahr 2000 erlassen, um diese Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen.

19

Die Richtlinie 2000/78/EG soll unter anderem Diskriminierungen aufgrund des Alters verhindern. Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG legt den Zweck des Rechtsaktes dahingehend fest, dass ein allgemeiner Rahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen in Beschäftigung und Beruf, unter anderem wegen des Alters, zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten geschaffen werden soll. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird als Verbot bestimmter unmittelbarer oder mittelbarer Diskriminierungen definiert (Art. 2 der Richtlinie 2000/78/EG). Der Anwendungsbereich der Richtlinie erstreckt sich insbesondere auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen in einem Mitgliedstaat, unabhängig von der Existenz eines grenzüberschreitenden Sachverhalts (Art. 3 der Richtlinie 2000/78/EG). Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie sieht ferner vor, dass eine Ungleichbehandlung wegen des Alters gerechtfertigt sein kann. Die Vorschrift lautet:

20

Artikel 6 - Gerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen des Alters

21

(1) Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

22

Derartige Ungleichbehandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

23

a) die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlassung und Entlohnung, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Arbeitnehmern und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen;

24

b) die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile;

25

c) die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand.

26

[…]

27

Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie lief am 2. Dezember 2003 ab (Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG). Die Mitgliedstaaten konnten im Hinblick auf Ungleichbehandlungen wegen des Alters eine Zusatzfrist von drei Jahren bis zum 2. Dezember 2006 in Anspruch nehmen (Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG). Die Europäische Kommission war von der Inanspruchnahme dieser verlängerten Umsetzungsfrist in Kenntnis zu setzen. Ihr war zudem während dieses Zeitraums jährlich Bericht über die ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Altersdiskriminierung und über die Fortschritte, die bei der Umsetzung der Richtlinie erzielt werden konnten, zu erstatten. Die Bundesrepublik Deutschland hat diese Zusatzfrist in Anspruch genommen. Die verlängerte Umsetzungsfrist endete am 2. Dezember 2006.

28

3. a) Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (jetzt Gerichtshof der Europäischen Union) stellte in seinem Urteil vom 22. November 2005 in der Rechtssache Mangold (Rs. C-144/04, Slg. 2005, S. I-9981) fest, dass Gemeinschaftsrecht und insbesondere Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG einer nationalen Regelung wie der des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG entgegenstünden. Es obliege dem nationalen Gericht, die volle Wirksamkeit des allgemeinen Verbots der Diskriminierung wegen des Alters zu gewährleisten, indem es jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lasse, auch wenn die Frist für die Umsetzung der Richtlinie noch nicht abgelaufen sei.

29

Zur Begründung führte der Gerichtshof unter anderem aus, dass eine derartige Regelung zwar das legitime Ziel verfolge, ältere Arbeitnehmer wieder in das Berufsleben einzugliedern. Sie gehe aber über das erforderliche und angemessene Maß hinaus, weil sie allein auf das Alterskriterium abstelle und andere Umstände wie die Struktur des jeweiligen Arbeitsmarktes und die persönliche Situation des Betroffenen unberücksichtigt lasse.

30

Einem Verstoß gegen die Richtlinie 2000/78/EG stehe nicht entgegen, dass deren Umsetzungsfrist zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht abgelaufen gewesen sei. Erstens dürfe ein Mitgliedstaat schon während der Umsetzungsfrist keine Vorschriften erlassen, die geeignet seien, die Erreichung des in einer Richtlinie vorgeschriebenen Ziels ernstlich in Frage zu stellen. Im vorliegenden Fall habe die Bundesrepublik Deutschland darüber hinaus von der Möglichkeit einer dreijährigen Fristverlängerung nach Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG Gebrauch gemacht. Diese Vorschrift impliziere durch Berichtspflichten an die Kommission, dass ein Mitgliedstaat in diesem Zeitraum schrittweise konkrete Maßnahmen ergreife, um seine Rechtsordnung dem Richtlinienziel anzunähern. Dieser Verpflichtung würde jegliche praktische Wirksamkeit genommen, wenn dem Mitgliedstaat gestattet wäre, während der Umsetzungsfrist Maßnahmen zu erlassen, die mit deren Zielen unvereinbar seien. Zweitens sei das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters als ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts anzusehen. Der Gerichtshof begründete die Existenz dieses neuen Grundsatzes mit dem Hinweis auf die Erwägungsgründe der Richtlinie 2000/78/EG, die ihrerseits auf verschiedene völkerrechtliche Verträge und die gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten verwiesen.

31

Die vorliegende nationale Regelung falle in den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts, weil § 14 Abs. 3 TzBfG als Maßnahme zur Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG ergangen und im Jahre 2002 um § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG ergänzt worden sei.

32

b) Nach Eingang der Verfassungsbeschwerde wurde die Frage, ob das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Alters einer nationalen Vorschrift entgegensteht, in den Rechtssachen Palacios (Urteil vom 16. Oktober 2007, Rs. C-411/05, Slg. 2007, S. I-8531), Bartsch (Urteil vom 23. September 2008, Rs. C-427/06, Slg. 2008, S. I-7245) und Kücükdeveci (Urteil vom 19. Januar 2010, Rs. C-555/07, NJW 2010, S. 427) erneut vor dem Gerichtshof aufgeworfen. In der Kücükdeveci-Entscheidung bestätigte der Gerichtshof die Mangold-Entscheidung im Hinblick auf den allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts, der jede Diskriminierung aufgrund des Alters verbiete, und wies zur Begründung auf Art. 21 Abs. 1 GRCh hin.

III.

33

Das Bundesarbeitsgericht stellte mit dem angegriffenen Urteil vom 26. April 2006 fest, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht mit Ablauf des 31. März 2004 durch Befristung geendet habe. Es begründete dies unter anderem mit dem Argument, die Beschwerdeführerin könne sich zur Rechtfertigung der Befristung nicht auf § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG berufen. Zwar lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm vor. Die Vorschrift sei aber mit Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbaren und dürfe daher von den nationalen Gerichten nicht angewendet werden. Dies folge aus der Mangold-Entscheidung des Gerichtshofs.

34

Der Senat sei an den Ausspruch der Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG durch den Gerichtshof gebunden, den dieser mit einem Verstoß gegen das Ziel der Richtlinie 2000/78/EG und mit einem Verstoß gegen das auf allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts beruhende Verbot der Altersdiskriminierung doppelt begründet habe. Die Entscheidung des Gerichtshofs beruhe auf der Auslegung des Gemeinschaftsrechts im Rahmen eines Vorlageverfahrens nach Art. 234 Abs. 1 Buchstabe a EGV (jetzt Art. 267 Abs. 1 Buchstabe a AEUV) und halte sich im Rahmen der dem Gerichtshof nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG übertragenen Zuständigkeiten.

35

Der vom Gerichtshof festgestellte Grundsatz der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, der einer Diskriminierung wegen der in Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG genannten Merkmale entgegenstehe, sei als Unterfall des allgemeinen Grundsatzes der Gleichheit und Nichtdiskriminierung anzusehen, der zu den Gemeinschaftsgrundrechten gehöre. Dieser Grundsatz, auf den sich auch eine Privatperson vor einem nationalen Gericht berufen könne, begrenze den nationalen Gesetzgeber bei der Normsetzung, soweit dessen Regelung in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts falle. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz falle in den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts, da es der Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG diene. Zwar möge es zutreffen, dass das Verbot der Altersdiskriminierung bisher weder in verbindlich geltenden völkerrechtlichen Verträgen noch in einer nennenswerten Anzahl von Verfassungen der Mitgliedstaaten ausdrücklich genannt sei. Dennoch sei eine Herleitung aus offen formulierten Tatbeständen und im Wege partieller Rechtsfortbildung nicht ausgeschlossen.

36

Auch soweit der Gerichtshof die Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aus der Richtlinie 2000/78/EG herleite, habe er seine Kompetenzen nicht überschritten. Die Begründung des Gerichtshofs sei dahingehend zu verstehen, dass ein während der Umsetzungsfrist einer Richtlinie erlassenes nationales Gesetz unanwendbar sei, wenn sein Inhalt im Widerspruch zu dem Richtlinienziel stehe und keine gemeinschaftskonforme Auslegung möglich sei. Rechtsgrundlage für diese Annahme von Vorwirkungen bilde der Grundsatz der Vertragstreue der Mitgliedstaaten nach Art. 10 Abs. 2 und Art. 249 Abs. 3 EGV (jetzt Art. 4 Abs. 3 UAbs. 3 EUV und Art. 288 Abs. 3 AEUV).

37

Die Entscheidung sei jedenfalls im Ergebnis unmissverständlich; es bedürfe deshalb keiner erneuten Vorlage an den Gerichtshof zur Unvereinbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG mit Gemeinschaftsrecht.

38

Das Bundesarbeitsgericht lehnte es ferner ab, § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aus Gründen des gemeinschaftsrechtlichen oder nationalen Vertrauensschutzes auf eine vor dem 22. November 2005 getroffene Befristungsabrede anzuwenden. Zur zeitlichen Begrenzung der Unanwendbarkeit einer gegen Primärrecht der Gemeinschaft verstoßenden nationalen Norm sei allein der Gerichtshof zuständig. Eine solche Begrenzung sei in der Mangold-Entscheidung jedoch nicht enthalten. Der Senat sah sich auch nicht verpflichtet, dem Gerichtshof durch eine Vorlage die Gelegenheit zur nachträglichen Gewährung von Vertrauensschutz zu eröffnen, weil die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestehenden Voraussetzungen für eine derartige zeitliche Begrenzung von Entscheidungswirkungen nicht vorlägen. Selbst wenn der Senat nach einem Unanwendbarkeitsausspruch des Gerichtshofs befugt wäre, Vertrauensschutz nach nationalem Verfassungsrecht zu gewähren und damit dessen zeitliche Wirkung einzuschränken, bestehe kein Vertrauensschutz zugunsten der Beschwerdeführerin. Denn bis zum Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit dem Kläger habe es keine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts über die Zulässigkeit einer allein auf das Lebensalter gestützten sachgrundlosen Befristung gegeben; darüber hinaus sei diese im arbeitsrechtlichen Schrifttum umstritten gewesen.

IV.

39

Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 (1.) und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (2.).

40

1. Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung ihrer Vertragsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln geltend. Eine Verletzung ergebe sich zunächst daraus, dass das Bundesarbeitsgericht die angegriffene Entscheidung zur Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG maßgeblich auf die Mangold-Entscheidung des Gerichtshofs gestützt habe. Wenn diese Entscheidung so zu verstehen sei, wie sie das Bundesarbeitsgericht in dem angegriffenen Urteil verstanden und angewandt habe, liege eine offensichtliche Kompetenzüberschreitung des Gerichtshofs vor. Soweit das Bundesarbeitsgericht darauf abstelle, dass der Gerichtshof sich auf einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts stütze, sei schon zweifelhaft, ob die Benennung und Anwendung eines Verbots der Altersdiskriminierung nicht in einem untrennbaren funktionalen Zusammenhang mit den Ausführungen zu Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG stehe. Darüber hinaus besitze der Gerichtshof keine Kompetenz zur Prüfung einer innerstaatlichen arbeitsrechtlichen Gesetzgebung bezüglich der Rechtsbeziehung zwischen Privaten. Die Verabschiedung des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG sei nicht als Durchführung von Gemeinschaftsrecht zu qualifizieren. Ferner betreibe der Gerichtshof durch die Postulierung eines unmittelbar anwendbaren allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes des Verbots der Altersdiskriminierung unzulässige Rechtsfortbildung. Außerdem führe die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Richtlinie 2000/78/EG zu einer von den Verträgen nicht gedeckten Vor- und Drittwirkung von Richtlinien.

41

Eine Verletzung ihrer Vertragsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgt nach Ansicht der Beschwerdeführerin des Weiteren daraus, dass das Bundesarbeitsgericht keinen hinreichenden verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz gewährt und die Revision zurückgewiesen habe. Auch nach Gemeinschaftsrecht sei dem Bundesarbeitsgericht nicht versagt gewesen, Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen, da Fragen des Vertrauensschutzes im Mangold-Verfahren weder aufgeworfen noch entschieden worden seien. Der Unanwendbarkeitsausspruch des Gerichtshofs in der Rechtssache Mangold könne insoweit nicht als absolut und unbedingt geltend verstanden werden. Anders als vom Bundesarbeitsgericht angenommen, habe die Beschwerdeführerin sich darauf verlassen dürfen, dass § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG nicht an der noch umzusetzenden Richtlinie 2000/78/EG gemessen werde.

42

2. Die Beschwerdeführerin trägt weiter vor, dass sie auch in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt sei. Das Bundesarbeitsgericht habe seine nach Art. 234 Abs. 3 EGV (jetzt 267 Abs. 3 AEUV) bestehende Vorlagepflicht willkürlich verletzt, weil es den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum in unvertretbarer Weise überschritten habe. Unterstelle man eine Bindung des Bundesarbeitsgerichts an die Mangold-Entscheidung, hätte das Bundesarbeitsgericht dem Gerichtshof die Frage vorlegen müssen, ob auch Vertragsverhältnisse erfasst seien, die vor der Mangold-Entscheidung abgeschlossen wurden, oder ob nicht Grundsätze des gemeinschaftsrechtlichen oder des nationalen Vertrauensschutzes eine zeitliche Einschränkung geböten. Dass der Gerichtshof eine zeitliche Begrenzung seiner Entscheidungswirkungen nur im Ausnahmefall ausspreche, beziehe sich lediglich auf die finanziellen Auswirkungen für die Mitgliedstaaten, nicht aber auf die vorliegende Fallgestaltung. Die fehlende zeitliche Begrenzung in der Mangold-Entscheidung selbst sei darauf zurückzuführen, dass dort keinerlei Veranlassung zu einer zeitlichen Begrenzung bestanden habe.

V.

43

Der Zweite und der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts sowie der Zweite und der Sechste Senat des Bundessozialgerichts haben Stellung genommen.

B.

44

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

I.

45

Das angegriffene Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist als eine Maßnahme der deutschen öffentlichen Gewalt tauglicher Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 1 BVerfGG). Die Pflicht des Bundesverfassungsgerichts zur Wahrung des Grundgesetzes besteht gegenüber allen Maßnahmen der deutschen öffentlichen Gewalt, grundsätzlich auch solchen, die die innerstaatliche Geltung von Gemeinschafts- und Unionsrecht begründen (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>; 123, 267 <329>), Gemeinschafts- und Unionsrecht umsetzen (vgl. BVerfGE 113, 273 <292>; 118, 79 <94>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08 -, NJW 2010, S. 833 <835>) oder vollziehen. Ob und inwieweit die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit solcher Maßnahmen durch das Bundesverfassungsgericht beschränkt ist, ist eine Frage der Begründetheit der Verfassungsbeschwerde, soweit wie hier diesbezüglich offene Fragen zu klären sind.

II.

46

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde genügt den Anforderungen der § 92, § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG. Nach den Darlegungen der Beschwerdeführerin erscheint es insbesondere möglich, dass das angegriffene Urteil des Bundesarbeitsgerichts die Beschwerdeführerin in ihrer Vertragsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzt, weil es zum einen auf einer unzulässigen Rechtsfortbildung des Gerichtshofs beruht, die nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Deutschland nicht anzuwenden ist (vgl. BVerfGE 89, 155 <188>; 123, 267 <353 f.>), und weil es zum anderen verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz nicht gewährt.

47

Die Beschwerdeführerin legt ausreichend dar, warum der Gerichtshof mit der Entscheidung in der Rechtssache Mangold die Grenzen der Auslegung des Gemeinschaftsrechts überschritten und das Gemeinschaftsrecht in einer Weise fortgebildet habe, die von den Kompetenzen der Gemeinschaft nicht mehr gedeckt sei. Dabei setzt sie sich mit der bis zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Kompetenzkontrolle, der für kompetenzwidrig gehaltenen Mangold-Entscheidung des Gerichtshofs und den hierzu ergangenen kritischen Anmerkungen in der Literatur auseinander. Die Beschwerdeführerin war nicht gehalten, antizipierend auf vom Bundesverfassungsgericht erst noch zu präzisierende Einzelheiten der verfassungsgerichtlichen Überprüfung von Handlungen der europäischen Organe und Einrichtungen auf die Beachtung der Grenzen ihrer Kompetenzen einzugehen.

C.

48

Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.

I.

49

Die Beschwerdeführerin ist nicht deswegen in ihrer Vertragsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG verletzt, weil das angegriffene Urteil des Bundesarbeitsgerichts auf einer unzulässigen Rechtsfortbildung des Gerichtshofs beruht.

50

1. a) Sowohl die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie als auch die Garantie der freien Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG schließen das Recht ein, Arbeitsverhältnisse durch die Abgabe übereinstimmender Willenserklärungen zu begründen, auszugestalten und zu befristen (vgl. allgemein für die Gestaltung von Arbeitsverträgen BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. November 2006 - 1 BvR 1909/06 -, NJW 2007, S. 286). Die Vertragsfreiheit als wesentlicher Ausdruck der Privatautonomie wird allgemein durch das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfGE 72, 155 <170>; 81, 242 <254 ff.>; 89, 214 <231 ff.>; 103, 89 <100 f.>). Geht es um die Handlungsfreiheit gerade im Bereich der beruflichen Betätigung, die ihre spezielle Gewährleistung in Art. 12 Abs. 1 GG findet, scheidet die gegenüber anderen Freiheitsrechten subsidiäre allgemeine Handlungsfreiheit als Prüfungsmaßstab allerdings aus (vgl. BVerfGE 89, 1 <13>; 117, 163 <181>). Dies gilt insbesondere im Bereich des Individualarbeitsvertragsrechts (vgl. BVerfGE 57, 139 <158>; BVerfGK 4, 356 <363 f.>).

51

Die Privatrechtsordnung ist gesetzlich gestaltet. Gesetze regeln die Ausübung der Vertragsfreiheit nicht nur zu ihrem institutionellen Schutz, sondern auch um soziale Belange strukturell schwächerer Marktteilnehmer zu wahren. Aus diesem Grund wird der Abschluss befristeter Arbeitsverträge nicht vollständig in die Dispositionsfreiheit der Vertragsparteien gelegt, sondern traditionell an Voraussetzungen gebunden, die die Arbeitnehmer schützen sollen. Denn für Arbeitnehmer ist die Erwerbsarbeit regelmäßig alleinige Existenzgrundlage. Durch Befristung wird zwar den Flexibilitätsbedürfnissen rentabler Unternehmensführung entsprochen. Für die davon betroffenen Arbeitnehmer bedeutet ein befristetes Arbeitsverhältnis aber nicht nur die Chance auf Erwerbsarbeit, sondern ist auch mit Unsicherheit über den Fortbestand des Erwerbseinkommens verbunden. Der insoweit schützende staatliche Eingriff in die Privatautonomie bei der Ausgestaltung befristeter Arbeitsverhältnisse bedarf einer gesetzlichen Grundlage, die sich ihrerseits als verfassungsgemäß erweisen muss.

52

Die für das Verfassungsbeschwerdeverfahren maßgebliche Vorschrift des einfachen Rechts ist § 14 TzBfG in der vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung. Von dem Grundsatz, dass es zur Begründung befristeter Arbeitsverhältnisse eines sachlichen Grundes bedarf, konnte nach § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG abgewichen werden, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat. Diese Ausnahmeregelung hat indes zum Nachteil der Beschwerdeführerin unangewendet zu bleiben, wenn sie gegen Gemeinschaftsrecht (jetzt Unionsrecht) verstößt.

53

b) Das Recht der Europäischen Union kann sich nur wirksam entfalten, wenn es entgegenstehendes mitgliedstaatliches Recht verdrängt. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts führt zwar nicht dazu, dass entgegenstehendes nationales Recht nichtig wäre. Mitgliedstaatliches Recht kann vielmehr weiter seine Geltung entfalten, wenn und soweit es jenseits des Anwendungsbereichs einschlägigen Unionsrechts einen sachlichen Regelungsbereich behält. Im Anwendungsbereich des Unionsrechts dagegen ist entgegenstehendes mitgliedstaatliches Recht grundsätzlich unanwendbar. Der Anwendungsvorrang folgt aus dem Unionsrecht, weil die Union als Rechtsgemeinschaft nicht bestehen könnte, wenn die einheitliche Wirksamkeit des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten nicht gewährleistet wäre (vgl. grundlegend EuGH, Urteil vom 15. Juli 1964, Rs. 6/64, Costa/ENEL, Slg. 1964, S. 1251 Rn. 12). Der Anwendungsvorrang entspricht auch der verfassungsrechtlichen Ermächtigung des Art. 23 Abs. 1 GG, wonach Hoheitsrechte auf die Europäische Union übertragen werden können (vgl. BVerfGE 31, 145 <174>; 123, 267 <402>). Art. 23 Abs. 1 GG erlaubt mit der Übertragung von Hoheitsrechten - soweit vertraglich vorgesehen und gefordert - zugleich deren unmittelbare Ausübung innerhalb der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen. Er enthält somit ein Wirksamkeits- und Durchsetzungsversprechen, dem der unionsrechtliche Anwendungsvorrang entspricht.

54

c) aa) Anders als ein bundesstaatlicher Geltungsvorrang, wie ihn Art. 31 GG für die deutsche Rechtsordnung vorsieht, kann der Anwendungsvorrang des Unionsrechts nicht umfassend sein (vgl. BVerfGE 73, 339 <375>; 123, 267 <398>).

55

Das Unionsrecht bleibt als autonomes Recht von der vertraglichen Übertragung und Ermächtigung abhängig. Die Unionsorgane bleiben für die Erweiterung ihrer Befugnisse auf Vertragsänderungen angewiesen, die von den Mitgliedstaaten im Rahmen der für sie jeweils geltenden verfassungsrechtlichen Bestimmungen vorgenommen und verantwortet werden (vgl. BVerfGE 75, 223 <242>; 89, 155 <187 f., 192, 199>; 123, 267 <349>; vgl. auch BVerfGE 58, 1 <37>; 68, 1 <102>; 77, 170 <231>; 104, 151 <195>; 118, 244 <260>). Es gilt das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EUV). Das Bundesverfassungsgericht ist deshalb berechtigt und verpflichtet, Handlungen der europäischen Organe und Einrichtungen darauf zu überprüfen, ob sie aufgrund ersichtlicher Kompetenzüberschreitungen oder aufgrund von Kompetenzausübungen im nicht übertragbaren Bereich der Verfassungsidentität (Art. 79 Abs. 3 i.V.m. Art. 1 und Art. 20 GG) erfolgen (vgl. BVerfGE 75, 223 <235, 242>; 89, 155 <188>; 113, 273 <296>; 123, 267 <353 f.>), und gegebenenfalls die Unanwendbarkeit kompetenzüberschreitender Handlungen für die deutsche Rechtsordnung festzustellen.

56

bb) Die Pflicht des Bundesverfassungsgerichts, substantiierten Rügen eines Ultra-vires-Handelns der europäischen Organe und Einrichtungen nachzugehen, ist mit der vertraglich dem Gerichtshof übertragenen Aufgabe zu koordinieren, die Verträge auszulegen und anzuwenden und dabei Einheit und Kohärenz des Unionsrechts zu wahren (vgl. Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EUV, Art. 267 AEUV).

57

Wenn jeder Mitgliedstaat ohne weiteres für sich in Anspruch nähme, durch eigene Gerichte über die Gültigkeit von Rechtsakten der Union zu entscheiden, könnte der Anwendungsvorrang praktisch unterlaufen werden, und die einheitliche Anwendung des Unionsrechts wäre gefährdet. Würden aber andererseits die Mitgliedstaaten vollständig auf die Ultra-vires-Kontrolle verzichten, so wäre die Disposition über die vertragliche Grundlage allein auf die Unionsorgane verlagert, und zwar auch dann, wenn deren Rechtsverständnis im praktischen Ergebnis auf eine Vertragsänderung oder Kompetenzausweitung hinausliefe. Dass in den - wie nach den institutionellen und prozeduralen Vorkehrungen des Unionsrechts zu erwarten - seltenen Grenzfällen möglicher Kompetenzüberschreitung seitens der Unionsorgane die verfassungsrechtliche und die unionsrechtliche Perspektive nicht vollständig harmonieren, ist dem Umstand geschuldet, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon Herren der Verträge bleiben und die Schwelle zum Bundesstaat nicht überschritten wurde (vgl. BVerfGE 123, 267 <370 f.>). Die nach dieser Konstruktion im Grundsatz unvermeidlichen Spannungslagen sind im Einklang mit der europäischen Integrationsidee kooperativ auszugleichen und durch wechselseitige Rücksichtnahme zu entschärfen.

58

cc) Die Ultra-vires-Kontrolle darf nur europarechtsfreundlich ausgeübt werden (vgl. BVerfGE 123, 267 <354>).

59

(1) Die Union versteht sich als Rechtsgemeinschaft; sie ist insbesondere durch das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung und die Grundrechte gebunden und achtet die Verfassungsidentität der Mitgliedstaaten (vgl. im Einzelnen Art. 4 Abs. 2 Satz 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 EUV). Nach der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland ist der Anwendungsvorrang des Unionsrechts anzuerkennen und zu gewährleisten, dass die dem Bundesverfassungsgericht verfassungsrechtlich vorbehaltenen Kontrollbefugnisse nur zurückhaltend und europarechtsfreundlich ausgeübt werden.

60

Das bedeutet für die vorliegend in Rede stehende Ultra-vires-Kontrolle, dass das Bundesverfassungsgericht die Entscheidungen des Gerichtshofs grundsätzlich als verbindliche Auslegung des Unionsrechts zu beachten hat. Vor der Annahme eines Ultra-vires-Akts der europäischen Organe und Einrichtungen ist deshalb dem Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV die Gelegenheit zur Vertragsauslegung sowie zur Entscheidung über die Gültigkeit und die Auslegung der fraglichen Rechtsakte zu geben. Solange der Gerichtshof keine Gelegenheit hatte, über die aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragen zu entscheiden, darf das Bundesverfassungsgericht für Deutschland keine Unanwendbarkeit des Unionsrechts feststellen (vgl. BVerfGE 123, 267 <353>).

61

Eine Ultra-vires-Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht kommt darüber hinaus nur in Betracht, wenn ersichtlich ist, dass Handlungen der europäischen Organe und Einrichtungen außerhalb der übertragenen Kompetenzen ergangen sind (vgl. BVerfGE 123, 267 <353, 400>). Ersichtlich ist ein Verstoß gegen das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung nur dann, wenn die europäischen Organe und Einrichtungen die Grenzen ihrer Kompetenzen in einer das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung spezifisch verletzenden Art überschritten haben (Art. 23 Abs. 1 GG), der Kompetenzverstoß mit anderen Worten hinreichend qualifiziert ist (vgl. zur Formulierung "hinreichend qualifiziert" als Tatbestandsmerkmal im unionsrechtlichen Haftungsrecht etwa EuGH, Urteil vom 10. Juli 2003, Rs. C-472/00 P, Fresh Marine, Slg. 2003, S. I-7541 Rn. 26 f.). Dies bedeutet, dass das kompetenzwidrige Handeln der Unionsgewalt offensichtlich ist und der angegriffene Akt im Kompetenzgefüge zwischen Mitgliedstaaten und Union im Hinblick auf das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung und die rechtsstaatliche Gesetzesbindung erheblich ins Gewicht fällt (vgl. Kokott, Deutschland im Rahmen der Europäischen Union - zum Vertrag von Maastricht, AöR 1994, S. 207 <220>: "erhebliche Kompetenzüberschreitungen" und <233>: "drastische" Ultra-vires-Akte; Ukrow, Richterliche Rechtsfortbildung durch den EuGH, 1995, S. 238 für eine Evidenzkontrolle; Isensee, Vorrang des Europarechts und deutsche Verfassungsvorbehalte - offener Dissens, in: Festschrift Stern, 1997, S. 1239 <1255>: "im Falle krasser und evidenter Kompetenzüberschreitung"; Pernice, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2006, Bd. II, Art. 23 Rn. 32: "schwerwiegend, evident und generell"; Oeter, Rechtsprechungskonkurrenz zwischen nationalen Verfassungsgerichten, Europäischem Gerichtshof und Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte, VVDStRL 2007, S. 361 <377>: Rechtsprechung des Gerichtshofs sei verbindlich, "sofern sie sich nicht völlig von den vertraglichen Grundlagen ablöst"; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 23 Rn. 40 : "offensichtlich, anhaltend und schwerwiegend").

62

(2) Der Auftrag, bei der Auslegung und Anwendung der Verträge das Recht zu wahren (Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EUV), beschränkt den Gerichtshof nicht darauf, über die Einhaltung der Vertragsbestimmungen zu wachen. Dem Gerichtshof ist auch die Rechtsfortbildung im Wege methodisch gebundener Rechtsprechung nicht verwehrt. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Befugnis stets ausdrücklich anerkannt (vgl. BVerfGE 75, 223 <242 f.>; BVerfGE 123, 267 <351 f.>). Ihr stehen insbesondere das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung und die Struktur des unionalen Staatenverbundes nicht entgegen. Vielmehr kann die - in den ihr gesetzten Grenzen wahrgenommene - Rechtsfortbildung gerade auch im supranationalen Verbund zu einer der grundlegenden Verantwortung der Mitgliedstaaten über die Verträge gerecht werdenden Kompetenzabgrenzung zu den Regelungsbefugnissen des Unionsgesetzgebers beitragen.

63

Das Primärrecht sieht an einzelnen Stellen ausdrücklich vor, dass die Unionsorgane auf der Grundlage allgemeiner Grundsätze handeln sollen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind (Art. 6 Abs. 3 EUV; Art. 340 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV). Zur Aufgabe des Gerichtshofs gehört es insoweit, die Rechtlichkeit der Union im Sinne der gemeinsamen europäischen Verfassungstraditionen zu sichern. Maßstab ist sowohl das geschriebene Primär- und Sekundärrecht als auch die ungeschriebenen allgemeinen Grundsätze, wie sie aus den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten unter ergänzender Heranziehung der völkerrechtlichen Verträge der Mitgliedstaaten abgeleitet werden (vgl. Wegener, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 220 EGV Rn. 38 m.w.N. zu den allgemeinen Grundsätzen im Völkerrecht Gaja, General Principles of Law, in: Wolfrum, Max Planck Encyclopedia of Public International Law, http://www.mpepil.com, Rn. 7 ff., 17 ff.). Bereits die unter anderem vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobene Notwendigkeit, einen dem Grundgesetz vergleichbaren Grundrechtsschutz auszubilden (vgl. BVerfGE 37, 271 <285>), war seit den 1970er Jahren nur rechtsfortbildend über die Methode der wertenden Rechtsvergleichung möglich (vgl. grundlegend EuGH, Urteil vom 17. Dezember 1970, Rs. 11/70, Internationale Handelsgesellschaft, Slg. 1970, S. 1125 Rn. 4; EuGH, Urteil vom 14. Mai 1974, Rs. 4/73, Nold/Kommission, Slg. 1974, S. 491 Rn. 13).

64

Rechtsfortbildung ist allerdings keine Rechtsetzung mit politischen Gestaltungsfreiräumen, sondern folgt den gesetzlich oder völkervertraglich festgelegten Vorgaben. Sie findet hier Gründe und Grenzen. Anlass zu richterlicher Rechtsfortbildung besteht insbesondere dort, wo Programme ausgefüllt, Lücken geschlossen, Wertungswidersprüche aufgelöst werden oder besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung getragen wird. Rechtsfortbildung überschreitet diese Grenzen, wenn sie deutlich erkennbare, möglicherweise sogar ausdrücklich im Wortlaut dokumentierte (vertrags-)gesetzliche Entscheidungen abändert oder ohne ausreichende Rückbindung an gesetzliche Aussagen neue Regelungen schafft. Dies ist vor allem dort unzulässig, wo Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus politische Grundentscheidungen trifft oder durch die Rechtsfortbildung strukturelle Verschiebungen im System konstitutioneller Macht- und Einflussverteilung stattfinden.

65

Eine wesentliche Grenze richterlicher Rechtsfortbildung auf Unionsebene ist das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EUV). Es gewinnt seine Bedeutung vor dem Hintergrund der stark föderalisierten und kooperativen Organisationsstruktur der Europäischen Union, die in vielen Bereichen sowohl im Umfang der Kompetenzen als auch in der Organisationsstruktur und den Verfahren zwar staatsanalog, aber nicht bundesstaatlich geprägt ist. Die Mitgliedstaaten haben nur jeweils begrenzte Hoheitsrechte übertragen. Generalermächtigungen und die Kompetenz, sich weitere Kompetenzen zu verschaffen, widersprechen diesem Prinzip und würden die verfassungsrechtliche Integrationsverantwortung der Mitgliedstaaten untergraben (vgl. BVerfGE 123, 267 <352 f.>). Dies gilt nicht nur, wenn sich eigenmächtige Kompetenzerweiterungen auf Sachbereiche erstrecken, die zur verfassungsrechtlichen Identität der Mitgliedstaaten rechnen oder besonders vom demokratisch diskursiven Prozess in den Mitgliedstaaten abhängen (vgl. BVerfGE 123, 267 <357 f.>), allerdings wiegen hier Kompetenzüberschreitungen besonders schwer.

66

(3) Soll das supranationale Integrationsprinzip nicht Schaden nehmen, muss die Ultra-vires-Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht zurückhaltend ausgeübt werden. Da es in jedem Fall einer Ultra-vires-Rüge auch über eine Rechtsauffassung des Gerichtshofs zu befinden hat, sind Aufgabe und Stellung der unabhängigen überstaatlichen Rechtsprechung zu wahren. Dies bedeutet zum einen, dass die unionseigenen Methoden der Rechtsfindung, an die sich der Gerichtshof gebunden sieht und die der "Eigenart" der Verträge und den ihnen eigenen Zielen Rechnung tragen (vgl. EuGH, Gutachten 1/91, EWR-Abkommen, Slg. 1991, S. I-6079 Rn. 51), zu respektieren sind. Zum anderen hat der Gerichtshof Anspruch auf Fehlertoleranz. Daher ist es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, bei Auslegungsfragen des Unionsrechts, die bei methodischer Gesetzesauslegung im üblichen rechtswissenschaftlichen Diskussionsrahmen zu verschiedenen Ergebnissen führen können, seine Auslegung an die Stelle derjenigen des Gerichtshofs zu setzen. Hinzunehmen sind auch Interpretationen der vertraglichen Grundlagen, die sich ohne gewichtige Verschiebung im Kompetenzgefüge auf Einzelfälle beschränken und belastende Wirkungen auf Grundrechte entweder nicht entstehen lassen oder einem innerstaatlichen Ausgleich solcher Belastungen nicht entgegenstehen.

67

2. Gemessen an diesen Maßstäben hat das Bundesarbeitsgericht die Tragweite der Vertragsfreiheit der Beschwerdeführerin nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht verkannt. Das angegriffene Urteil erweist sich als verfassungsgemäß, soweit es die Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG angenommen hat.

68

Im Hinblick auf die zugrundegelegte Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine Rechtsfortbildung ultra vires, die zur - allein vom Bundesverfassungsgericht feststellbaren (vgl. BVerfGE 123, 267 <354>) - Unanwendbarkeit der betreffenden Rechtsgrundsätze in Deutschland führen müsste, nicht ersichtlich. Es kann dahinstehen, ob sich das in der Mangold-Entscheidung gefundene Ergebnis durch anerkannte juristische Auslegungsmethoden noch gewinnen lässt und ob gegebenenfalls bestehende Mängel offenkundig wären. Jedenfalls handelt es sich um keine das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung in offensichtlicher und strukturwirksamer Weise verletzende Überschreitung der durch Zustimmungsgesetz auf die Europäische Union übertragenen Hoheitsrechte.

69

a) Der Gerichtshof kam in der Mangold-Entscheidung zu dem Ergebnis, eine nationale Regelung wie § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG verstoße gegen Gemeinschaftsrecht und müsse unangewendet bleiben (EuGH, Urteil vom 22. November 2005, Rs. C-144/04, Slg. 2005, S. I-9981 Rn. 77 f.). Diese Aussage wurde mit zwei Argumenten begründet, deren Beziehung zueinander unklar bleibt (vgl. Thüsing, Europarechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz als Bindung des Arbeitgebers?, ZIP 2005, S. 2149 <2150 f.>). Die Regelung stehe sowohl im Widerspruch zu Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG als auch zu einem allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, der Diskriminierungen aus Gründen des Alters untersage.

70

Während eine Stelle in der englischen und französischen Sprachfassung der Mangold-Entscheidung darauf hindeutet, dass sich der Gerichtshof insbesondere auf das allgemeine Diskriminierungsverbot zu stützen scheint (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2005, a.a.O., Rn. 74: "[z]weitens" , "[i]n the second place and above all" , "[e]n second lieu et surtout" ), könnte eine andere Stelle für das Gegenteil sprechen (EuGH, Urteil vom 22. November 2005, a.a.O., Rn. 78: "insbesondere Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 2000/78"). Dem entspricht die Vermutung, dass die Mangold-Entscheidung, obwohl die Richtlinie 2000/78/EG für Deutschland innerhalb der noch laufenden Umsetzungsfrist noch nicht anwendbar war, die deutsche Befristungsregel am Maßstab dieser Richtlinie prüfte, weil die Richtlinie nur das konkretisiere, was durch den allgemeinen Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung ohnehin und unabhängig von der Richtlinie gelte (vgl. Skouris, Methoden der Grundrechtsgewinnung in der EU, in: Merten/Papier, HGRe, Bd. VI/1, 2010, § 157 Rn. 24).

71

b) Ein hinreichend qualifizierter Verstoß des Gerichtshofs gegen das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung lässt sich nicht feststellen. Weder die Öffnung des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2000/78/EG auf Fälle, die gerade einer beruflichen Eingliederung von älteren Langzeitarbeitslosen dienen sollten (aa), noch die vom Gerichtshof angenommene Vorwirkung der in Deutschland noch umzusetzenden Richtlinie 2000/78/EG (bb) noch die Herleitung eines allgemeinen Grundsatzes des Verbots der Altersdiskriminierung (cc) hat zu einer strukturell bedeutsamen Verschiebung zulasten mitgliedstaatlicher Kompetenzen geführt.

72

aa) Der Gerichtshof hielt den allgemeinen Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung in der Rechtssache Mangold für anwendbar, weil der Sachverhalt grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG falle (EuGH, Urteil vom 22. November 2005, a.a.O., Rn. 51, 64, 75). Diese Weichenstellung war die Voraussetzung dafür, dass eine nationale Regelung wie § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG überhaupt am Gemeinschaftsrecht - und also auch an dessen allgemeinen Grundsätzen - gemessen werden konnte. Die Beschwerdeführerin hat dagegen vorgetragen, dass die einschlägige Vorschrift des Teilzeit- und Befristungsgesetzes der Beschäftigungspolitik gedient habe, welche weiterhin in der mitgliedstaatlichen Zuständigkeit liege.

73

Ob eine bestimmte Maßnahme eines Mitgliedstaates in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt, bestimmt der Gerichtshof jeweils im Einzelfall nach der inhaltlichen Tragweite der Maßnahme in Bezug auf die Sachmaterie und die beteiligten Personen. Auch eine Richtlinie kann den Anwendungsbereich der Verträge eröffnen und so dazu führen, dass die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts in das mitgliedstaatliche Recht einwirken (vgl. von Danwitz, Rechtswirkungen von Richtlinien in der neueren Rechtsprechung des EuGH, JZ 2007, S. 697 <704>). Ob eine Richtlinie den Anwendungsbereich der Verträge eröffnet, wird nach ihren Zielen bestimmt (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 1998, Rs. C-226/97, Lemmens, Slg. 1998, S. I-3711 Rn. 25 und 35 f.). Dagegen kann der nationale Gesetzgeber nicht den sachlichen Anwendungsbereich des Unionsrechts ausschließen, indem er mit einer Maßnahme auch Ziele - wie etwa die Beschäftigungspolitik (vgl. die beschränkten Handlungskompetenzen nach Art. 145 bis Art. 150 AEUV) - verfolgt, zu deren Regelung die Union nicht befugt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 24. November 1998, Bickel und Franz, Rs. C-274/96, Slg. 1998, S. I-7637 Rn. 17; stRspr). Der Gerichtshof rechtfertigt dies mit dem Hinweis, dass die Mitgliedstaaten andernfalls durch unterschiedliche Zielsetzungen die einheitliche Wirkung des Unionsrechts beeinträchtigen könnten.

74

Im konkreten Fall begründete der Gerichtshof die Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts und damit des allgemeinen Verbots der Altersdiskriminierung damit, dass mit dem Teilzeit- und Befristungsgesetz ursprünglich die Richtlinie 1999/70/EG habe umgesetzt werden sollen (EuGH, Urteil vom 22. November 2005, a.a.O., Rn. 75). Dagegen kann eingewendet werden, dass nur der ursprüngliche Erlass des Teilzeit- und Befristungsgesetzes im Jahr 2000 der Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG diente, nicht aber das Änderungsgesetz, mit dem Satz 4 in den bestehenden § 14 Abs. 3 TzBfG eingefügt wurde (vgl. zum fehlenden Verweis auf das Gemeinschaftsrecht BTDrucks 15/25, S. 40). Entscheidende Erwägung, die aus der Binnenlogik des Unionsrechts heraus nicht vollständig zurückgewiesen werden kann, ist jedoch die sachliche Reichweite der Richtlinie 1999/70/EG, insbesondere deren Verschlechterungsverbot (§ 8 Abs. 3 der Richtlinie 1999/70/EG). Sie ist das maßgebende Argument, nicht die jeweilige Zielsetzung des nationalen Gesetzgebers.

75

bb) Eine im Hinblick auf das Ersichtlichkeitskriterium gravierende, das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung verletzende Rechtsfortbildung durch die Mangold-Entscheidung des Gerichtshofs ist auch nicht wegen der vom Gerichtshof angenommenen Vorwirkung der in Deutschland noch umzusetzenden Richtlinie 2000/78/EG gegeben.

76

Der Gerichtshof ging davon aus, dass einem Verstoß einer nationalen Regelung wie § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG gegen Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG nicht entgegenstehe, dass deren Umsetzungsfrist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht abgelaufen gewesen sei (EuGH, Urteil vom 22. November 2005, a.a.O., Rn. 70 ff.). Der während der Umsetzungsfrist bestehende Handlungs- und Konkretisierungsspielraum der Bundesrepublik Deutschland wurde dadurch jedoch nicht so verkürzt, dass eine strukturwirksame Kompetenzverschiebung angenommen werden müsste. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist einer in Kraft getretenen Richtlinie keine Vorschriften zu erlassen, die geeignet sind, das in der Richtlinie vorgeschriebene Ziel ernsthaft in Frage zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Dezember 1997, Rs. C-129/96, Inter-Environnement Wallonie, Slg. 1997, S. I-7411 Rn. 45; EuGH, Urteil vom 8. Mai 2003, Rs. C-14/02, ATRAL, Slg. 2003, S. I-4431 Rn. 58).

77

Die Mangold-Entscheidung lässt sich in die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs zur innerstaatlichen Wirkung von Richtlinien einordnen. Obwohl der Gerichtshof mehrfach entschieden hat, dass eine Richtlinie "nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen kann, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist" (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juli 1994, Rs. C-91/92, Faccini Dori, Slg. 1994, S. I-3325 Rn. 19 ff.; EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004, verb. Rs. C-397-403/01, Pfeiffer, Slg. 2004, S. I-8835 Rn. 108), hat der Gerichtshof anerkannt, dass richtlinienwidrig erlassene innerstaatliche Normen in einem Rechtsstreit zwischen Privaten unangewendet bleiben müssen (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 30. April 1996, Rs. C-194/94, CIA Security, Slg. 1996, S. I-2201; EuGH, Urteil vom 26. September 2000, Rs. C-443/98, Unilever, Slg. 2000, S. I-7535 Rn. 49 ff.). Mit der in der Mangold-Entscheidung angenommenen Vorwirkung von Richtlinien schafft der Gerichtshof eine weitere Fallgruppe für die sogenannte "negative" Wirkung von Richtlinien. Diese dient wie die Rechtsprechung zur "negativen" Wirkung von Richtlinien insgesamt lediglich der Effektuierung bestehender Rechtspflichten der Mitgliedstaaten, schafft aber keine neuen, das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung verletzenden Pflichten der Mitgliedstaaten.

78

cc) Es kann dahinstehen, ob sich ein allgemeiner Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen und den völkerrechtlichen Verträgen der Mitgliedstaaten ableiten ließe, obwohl nur zwei der zum Zeitpunkt der Mangold-Entscheidung 15 Verfassungen der Mitgliedstaaten ein besonderes Verbot der Diskriminierung aufgrund des Alters zu entnehmen war (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Mazák vom 15. Februar 2007, Rs. C-411/05, Palacios, Slg. 2007, S. I-8531 Rn. 88; Hölscheidt, in: Meyer, Kommentar zur Charta der Grundrechte der EU, 2. Aufl. 2006, Art. 21 Rn. 15) und auch die völkerrechtlichen Verträge, auf die sich der Gerichtshof mit seinem Hinweis auf die Erwägungsgründe der Richtlinie 2000/78/EG bezogen hatte, kein spezielles Diskriminierungsverbot enthielten. Denn zu einem ersichtlichen Verstoß im Hinblick auf das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung würde auch eine unterstellte, rechtsmethodisch nicht mehr vertretbare Rechtsfortbildung des Gerichtshofs erst dann, wenn sie auch praktisch kompetenzbegründend wirkte. Mit dem in der Ableitung aus den gemeinsamen mitgliedstaatlichen Verfassungstraditionen umstrittenen allgemeinen Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung wurde aber weder ein neuer Kompetenzbereich für die Union zulasten der Mitgliedstaaten begründet noch eine bestehende Kompetenz mit dem Gewicht einer Neubegründung ausgedehnt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn ohne den Erlass eines - hier als vorwirkend angesehenen - Sekundärrechtsaktes nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten von Bürgern durch Rechtsfortbildung begründet würden, die sich sowohl als Grundrechtseingriffe als auch als Kompetenzverschiebung zulasten der Mitgliedstaaten erweisen würden. Allgemeine Grundsätze dürfen, auch wenn sie den Grundrechtsschutz auf Unionsebene gewährleisten, nicht den Ge-staltungsbereich des Unionsrechts über die eingeräumten Zuständigkeiten der Union hinaus ausdehnen oder gar neue Aufgaben und Zuständigkeiten begründen (vgl. Art. 51 Abs. 2 GRCh).

79

Hier liegt der Fall jedoch anders, weil die an der auf Art. 13 Abs. 1 EGV (jetzt Art. 19 Abs. 1 AEUV) gestützten Rechtsetzung beteiligten Organe unter Einschluss des Rates und des deutschen Vertreters im Rat - und nicht Richter im Zuge der Rechtsfortbildung - den Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung für arbeitsvertragsrechtliche Rechtsbeziehungen verbindlich gemacht und damit auch den Raum für gerichtliche Rechtsinterpretation eröffnet haben (vgl. insoweit oben aa).

II.

80

Die Beschwerdeführerin ist auch nicht dadurch in ihrer Vertragsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzt, dass das angegriffene Urteil keinen Vertrauensschutz gewährt hat.

81

1. a) Zu den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinzips zählt die Rechtssicherheit. Der rechtsunterworfene Bürger soll nicht durch die rückwirkende Beseitigung erworbener Rechte in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung enttäuscht werden (vgl. BVerfGE 45, 142 <167>; 72, 175 <196>; 88, 384 <403>; 105, 48 <57>).

82

Das Vertrauen in den Fortbestand eines Gesetzes kann nicht nur durch die rückwirkende Feststellung seiner Nichtigkeit durch das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 99, 341 <359 f.>), sondern auch durch die rückwirkende Feststellung seiner Nichtanwendbarkeit durch den Gerichtshof berührt werden. Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in ein unionsrechtswidriges Gesetz bestimmt sich insbesondere danach, inwieweit vorhersehbar war, dass der Gerichtshof eine derartige Regelung als unionsrechtswidrig einordnet. Es ist ferner von Belang, dass eine Disposition im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage vorgenommen, das Vertrauen mit anderen Worten betätigt wurde (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>).

83

b) Die Möglichkeiten mitgliedstaatlicher Gerichte zur Gewährung von Vertrauensschutz sind unionsrechtlich vorgeprägt und begrenzt. Entscheidungen des Gerichtshofs im Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV wirken grundsätzlich ex tunc. Die Auslegung des Unionsrechts durch den Gerichtshof ist deshalb von den mitgliedstaatlichen Gerichten auch auf Rechtsverhältnisse anzuwenden, die vor Erlass der Vorabentscheidung begründet wurden. Der Gerichtshof schränkt nur ausnahmsweise in Anbetracht der erheblichen Schwierigkeiten, die seine Entscheidung bei in gutem Glauben begründeten Rechtsverhältnissen für die Vergangenheit hervorrufen kann, die Rückwirkungen seiner Entscheidung ein (vgl. EuGH, Urteil vom 27. März 1980, Rs. C-61/79, Denkavit, Slg. 1980, S. 1205 Rn. 16 f.; stRspr).

84

Vertrauensschutz kann von den mitgliedstaatlichen Gerichten demnach nicht dadurch gewährt werden, dass sie die Wirkung einer Vorabentscheidung zeitlich beschränken, indem sie die nationale Regelung, deren Unvereinbarkeit mit Unionsrecht festgestellt wurde, für die Zeit vor Erlass der Vorabentscheidung anwenden. Eine solche primärwirksame Wirkung des Vertrauensschutzes lässt der Gerichtshof regelmäßig nicht zu, da er im Hinblick auf die einheitliche Geltung des Unionsrechts davon ausgeht, dass nur er selbst die Wirkung der in seinen Entscheidungen vorgenommenen Auslegung zeitlich beschränken könne (vgl. EuGH, Urteil vom 27. März 1980, a.a.O., Rn. 18; stRspr). In der Rechtsprechung des Gerichtshofs finden sich hingegen keine Anhaltspunkte dafür, dass es den mitgliedstaatlichen Gerichten verwehrt wäre, sekundären Vertrauensschutz durch Ersatz des Vertrauensschadens zu gewähren.

85

c) Es ist danach möglich, zur Sicherung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes in Konstellationen der rückwirkenden Nichtanwendbarkeit eines Gesetzes infolge einer Entscheidung des Gerichtshofs innerstaatlich eine Entschädigung dafür zu gewähren, dass ein Betroffener auf die gesetzliche Regelung vertraut und in diesem Vertrauen Dispositionen getroffen hat. Auch das unionsrechtliche Haftungsrecht weist dem Mitgliedstaat die Verantwortung für ein unionsrechtswidriges Gesetz zu und entlastet insoweit den Bürger. Es kann offen bleiben, ob ein entsprechender Anspruch bereits im bestehenden Staatshaftungssystem angelegt ist.

86

2. Das Bundesarbeitsgericht hat die Tragweite eines nach Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG zu gewährenden Vertrauensschutzes nicht verkannt. Wegen des gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs durfte sich das Bundesarbeitsgericht außer Stande sehen, Vertrauensschutz dadurch zu gewähren, dass es die zugunsten der Beschwerdeführerin ergangenen Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Ein ohne Verstoß gegen den unionsrechtlichen Anwendungsvorrang möglicher Anspruch auf Entschädigung gegen die Bundesrepublik Deutschland für Vermögenseinbußen, die die Beschwerdeführerin durch die Entfristung des Arbeitsverhältnisses erlitten hat, war nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesarbeitsgericht.

III.

87

Das angegriffene Urteil verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Anspruch auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

88

1. Der Gerichtshof ist gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Es stellt einen Entzug des gesetzlichen Richters dar, wenn ein deutsches Gericht seiner Pflicht zur Anrufung des Gerichtshofs im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht nachkommt (vgl. BVerfGE 73, 339 <366 ff.>; 75, 223 <233 ff.>; 82, 159 <192 ff.>). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellt allerdings nicht jede Verletzung der unionsrechtlichen Vorlagepflicht zugleich einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Denn das Bundesverfassungsgericht beanstandet die Auslegung und Anwendung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind (vgl. BVerfGE 29, 198 <207>; 82, 159 <194>).

89

Dieser Willkürmaßstab wird auch angelegt, wenn eine Verletzung von Art. 267 Abs. 3 AEUV in Rede steht. Das Bundesverfassungsgericht ist unionsrechtlich nicht verpflichtet, die Verletzung der unionsrechtlichen Vorlagepflicht voll zu kontrollieren und an der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 267 Abs. 3 AEUV auszurichten (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 2419/06 -, NVwZ-RR 2008, S. 658 <660>; anders BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. Februar 2010 - 1 BvR 230/09 -, NJW 2010, S. 1268 <1269>). Art. 267 Abs. 3 AEUV fordert kein zusätzliches Rechtsmittel zur Überprüfung der Einhaltung der Vorlagepflicht (vgl. Kokott/Henze/Sobotta, Die Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof und die Folgen ihrer Verletzung, JZ 2006, S. 633 <635>). Ein letztinstanzliches Gericht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist definitionsgemäß die letzte Instanz, vor der der Einzelne Rechte geltend machen kann, die ihm aufgrund des Unionsrechts zustehen (vgl. EuGH, Urteil vom 30. September 2003, Rs. C-224/01, Köbler, Slg. 2003, S. I-10239 Rn. 34). So behalten die Fachgerichte bei der Auslegung und Anwendung von Unionsrecht einen Spielraum eigener Einschätzung und Beurteilung, der demjenigen bei der Handhabung einfachrechtlicher Bestimmungen der deutschen Rechtsordnung entspricht. Das Bundesverfassungsgericht, das nur über die Einhaltung der Grenzen dieses Spielraums wacht, wird seinerseits nicht zum "obersten Vorlagenkontrollgericht" (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. November 1987 - 2 BvR 808/82 -, NJW 1988, S. 1456 <1457>).

90

Die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV wird insbesondere in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht). Gleiches gilt in den Fällen, in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft). Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit, wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (Unvollständigkeit der Rechtsprechung). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn mögliche Gegenauffassungen zu der entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts gegenüber der vom Gericht vertretenen Meinung eindeutig vorzuziehen sind (vgl. BVerfGE 82, 159 <194 ff.>). Zu verneinen ist in diesen Fällen ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG deshalb bereits dann, wenn das Gericht die entscheidungserhebliche Frage in zumindest vertretbarer Weise beantwortet hat.

91

2. Das angegriffene Urteil verletzt nicht Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, denn das Bundesarbeitsgericht hat durch die Entscheidung, das Verfahren nicht an den Gerichtshof vorzulegen, die Beschwerdeführerin nicht ihrem gesetzlichen Richter entzogen.

92

Das Bundesarbeitsgericht hätte insbesondere nicht wegen Unvollständigkeit der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Vorabentscheidung herbeiführen müssen. Unter der Annahme, dass der Gerichtshof die Unanwendbarkeit des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG in der Mangold-Entscheidung mit der gebotenen Eindeutigkeit festgestellt habe und die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestehenden Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung von Entscheidungswirkungen nicht erfüllt seien, sah das Bundesarbeitsgericht sich nicht als verpflichtet an, dem Gerichtshof durch eine Vorlage die Gelegenheit zur nachträglichen Gewährung von Vertrauensschutz zu eröffnen. Dies stellt ein vertretbares Ergebnis dar. Die Gegenauffassung der Beschwerdeführerin, dass der Gerichtshof die Frage des rückwirkenden Vertrauensschutzes in der Rechtssache Mangold offen gelassen habe und die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur zeitlichen Begrenzung von Entscheidungswirkungen sich nicht auf die vorliegende Fallgestaltung beziehe, ist der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht eindeutig vorzuziehen. Das Bundesarbeitsgericht durfte vielmehr davon ausgehen, dass § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG nach der Mangold-Entscheidung unangewendet bleiben musste.

IV.

93

Diese Entscheidung ist hinsichtlich der Begründung mit 6:2 Stimmen und im Ergebnis mit 7:1 Stimmen ergangen.

Abw. Meinung

94

Entgegen der Ansicht der Senatsmehrheit ist die Verfassungsbeschwerde begründet. Das angefochtene Urteil verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, weil das Bundesarbeitsgericht § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG ohne verfassungsrechtlich tragfähigen Grund unangewendet gelassen und sich so der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) entzogen hat. Auf das Unionsrecht in seiner Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Gerichtshof) in der Rechtssache Mangold konnte sich das Bundesarbeitsgericht von Verfassungs wegen nicht berufen.

95

Die Senatsmehrheit überspannt die Anforderungen an die Feststellung eines Ultra-vires-Handelns der Gemeinschafts- oder Unionsorgane durch das Bundesverfassungsgericht und weicht insofern ohne überzeugende Gründe von dem Senatsurteil zum Vertrag von Lissabon ab (I.). Zu Unrecht verneint sie eine Kompetenzüberschreitung seitens des Gerichtshofs in der Rechtssache Mangold (II.). Auch das Bundesarbeitsgericht hat diese Kompetenzüberschreitung und die hieraus resultierenden Handlungsoptionen verkannt (III.).

I.

96

1. Mit dem Urteil zum Lissabon-Vertrag vom 30. Juni 2009 ist in Erinnerung zu rufen, dass das Handeln von Organen der Europäischen Union nur so lange demokratisch legitimiert ist, wie es sich im Rahmen der Kompetenzen hält, die die Mitgliedstaaten der Union übertragen haben. Die Einhaltung von Zuständigkeitsgrenzen ist nicht allein eine Frage des Austarierens der Machtbefugnisse von Verfassungs- und Gemeinschaftsorganen. Im demokratischen Regierungssystem folgt der Geltungsanspruch einer Norm nicht aus einer einseitigen Machtunterworfenheit des Bürgers, sondern aus ihrer Rückführung auf den Bürger selbst. Demokratische Legitimation erfordert deshalb eine tatsächliche, durchgehende Anknüpfung an das Staatsvolk. Sie darf nicht nur - und sei es im Wege des Ausschlusses einer Überprüfbarkeit - konstruiert sein. Ihre Notwendigkeit endet nicht an der Grenze des nationalen Zustimmungsgesetzes und dem Verbot der Blankettermächtigung, sondern setzt sich innerhalb der Staatengemeinschaft fort. Tätigkeiten, die von den übertragenen Aufgaben nicht umfasst werden, sind dadurch nicht mitlegitimiert (vgl. BVerfGE 93, 37 <68>). In diesem Sinne vermitteln und begrenzen die der Union von den Mitgliedstaaten verliehenen Kompetenzen den (sachlichen) Legitimationszusammenhang, in dem jedes Hoheitsgewalt ausübende Organ stehen muss (vgl. Häberle, Europäische Verfassungslehre, 6. Aufl. 2009, S. 307), und dessen Wahrung auch das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung als Ausdruck der staatsverfassungsrechtlichen Grundlage aller Unionsgewalt zum Ziel hat.

97

Denn die Ermächtigung, hoheitliche Gewalt supranational auszuüben, rührt von den Mitgliedstaaten als den Herren der Verträge her (BVerfGE 123, 267 <349>); für die europäische Unionsgewalt gibt es kein Legitimationssubjekt, das sich unabgeleitet von der Hoheitsgewalt der Staaten auf gleichsam höherer Ebene verfassen könnte. Der Lissabon-Vertrag hat in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EUV das Prinzip begrenzter und kontrollierter Einzelermächtigung bestätigt. Zuständigkeitsausübungsregeln wie Art. 5 Abs. 3 und Abs. 4, Art. 4 Abs. 2 EUV gewährleisten zudem, dass übertragene Kompetenzen in einer die mitgliedstaat-lichen Zuständigkeiten schonenden Weise wahrgenommen werden. Darüber hinaus enthält der Vertrag - bei verfassungsgemäßer Interpretation - keinerlei Vorschriften, die den Unionsorganen die Kompetenz-Kompetenz verschaffen würde (vgl. BVerfGE 123, 267 <392 f.>; zustimmend v. Bogdandy, NJW 2010, S. 1, 4). Dafür wäre auch die Verknüpfung von demokratischer Legitimation mit der Ausübung hoheitlicher Gewalt, die die Lissabon-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hervorhebt, nicht hinreichend ausgeprägt. Der Anwendungsvorrang, der durch Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entwickelt wurde, bleibt ein völkervertraglich übertragenes und damit abgeleitetes Institut (BVerfGE 123, 267 <400>). Er ändert gerade nichts an der Pflicht zur Einhaltung der Kompetenzordnung. Er reicht für in Deutschland ausgeübte Hoheitsgewalt nur so weit, wie die Bundesrepublik dem zugestimmt hat oder zustimmen durfte (BVerfGE 123, 267 <402>). Insbesondere auch die dem Gerichtshof übertragene Kompetenz zur Auslegung und Anwendung des Unionsrechts ist nicht schrankenlos. Die ihr durch das Grundgesetz gezogenen Grenzen unterliegen letztlich der Gerichtsbarkeit des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 75, 223 <235>; 123, 267 <344>).

98

Verfassung und völkerrechtlicher Vertrag begründen Kompetenzen, um damit im Umfang der jeweiligen Zuschreibung rechtmäßige, das heißt rechtsstaatlich und demokratisch legitimierte Hoheitsgewalt zu begründen. Dies stand dem Senat in seinem Urteil vom 30. Juni 2009 vor Augen und hat seine Linienführung bestimmt. Durch die Zuschreibung von Kompetenzen werden unterschiedliche supranationale und nationale Funktionen einander zugeordnet. Sie wollen damit eine sachgemäße Kooperation, sichtbare Verantwortlichkeit gegenüber dem Bürger und gegenseitige Kontrolle sichern und im Ergebnis so den Missbrauch hoheitlicher Gewalt verhindern. Ein Übermaß an Verflechtungen und Überlagerungen höhlt die Substanz demokratischer Verantwortlichkeit aus und verletzt das aus demokratischer Rechtsstaatlichkeit fließende Gebot, dass Organe - nationale oder supranationale - für ihre Entscheidungen Verantwortung zu tragen haben.

99

2. Im Falle von Grenzdurchbrechungen - die diese Verantwortlichkeiten verwischen - hat das Bundesverfassungsgericht die Pflicht zur Ultra-vires-Kontrolle (BVerfGE 123, 267 <353 f.>). Beim derzeitigen Entwicklungsstand des Unionsrechts kommen allein die nationalen Höchstgerichte, insbesondere die Verfassungsgerichte, als Instanzen für die Ausübung einer Kompetenzkontrolle gegenüber den Unionsorganen in Frage, nachdem auf der europäischen Ebene der Gerichtshof den Schlussstein des Systems bildet und diese Position tendenziell gemeinschaftsfreundlich genutzt hat (vgl. Grimm, Der Staat 48 <2009>, S. 475 <494>). Die exekutiven und judikativen Instanzen der Europäischen Union haben weithin die Möglichkeit, das Unionsrecht in der von ihnen für richtig gehaltenen Interpretation durchzusetzen, ohne dass die politischen Instanzen über effektive Mechanismen zur Gegensteuerung für den Fall verfügen würden, dass sie die Folgen der Interpretation für schädlich erachten. Die Möglichkeit, eingetretenen Kompetenzaushöhlungen legislativ oder durch Vertragsrevisionen zu begegnen, ist angesichts der hierfür bestehenden hohen Hürden in einer Union mit 27 Mitgliedstaaten von geringer praktischer Wirksamkeit (vgl. Grimm, a.a.O. <493 f.>; Scharpf, Legitimität im europäischen Mehrebenensystem, Leviathan 2009, S. 244 <248 ff.>).

100

3. Bei der Ausübung dieser Prüfungskompetenz ist der Grundsatz der Europafreundlichkeit des Grundgesetzes als Korrelat des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV) zu beachten und fruchtbar zu machen (BVerfGE 123, 267<354>). Das hier auftretende Spannungsverhältnis zwischen dem Prinzip der Wahrung demokratischer Legitimation und der Funktionsfähigkeit der Union (vgl. Folz, Demokratie und Integration, 1999, S. 395) löst die Mehrheit einseitig zu Gunsten der Funktionsfähigkeit auf.

101

a) In der Entscheidung zum Vertrag von Lissabon hat der Senat ein ausgewogenes Modell entwickelt, das die Kontrolle in materieller Hinsicht auf ersichtliche Grenzdurchbrechungen gegenüber den Mitgliedstaaten beschränkt und sie in formeller Hinsicht unter den Vorrang des Rechtsschutzes auf Unionsebene stellt (BVerfGE 123, 267 <353>). Erfasst ist damit jede ausdehnende Auslegung der Verträge, die einer unzulässigen autonomen Vertragsänderung gleichkommt (vgl. Everling, EuR 2010, S. 91 <103, Fn. 62>). Kompetenzverletzungen peripherer Natur, die einen offensichtlichen und eindeutigen Charakter vermissen lassen und die Substanz demokratischer Verantwortlichkeit nicht in Frage stellen, bleiben außer Betracht; das gleiche gilt selbstverständlich für Kompetenzüberschreitungen, die nur von unionsinterner Bedeutung sind und sich auf die Freiräume der Mitgliedstaaten nicht auswirken. "Ersichtliche", also klare und eindeutige Verletzungen, sind zunächst einer Beurteilung durch den Gerichtshof zugänglich zu machen, wobei die Möglichkeit besteht, bestehende Bedenken in kompetenzieller Hinsicht zu artikulieren. Am vorliegenden Fall zeigt sich geradezu exemplarisch, wie der Vorrang des Rechtsschutzes auf Unionsebene zu realisieren gewesen wäre und welches konstruktive Potential dessen Ausschöpfung gehabt hätte (unten III.). Auf diesem Wege lässt sich hinreichend sicherstellen, dass eine Aktivierung der Reservekompetenz (BVerfGE 123, 267 <401>) des Bundesverfassungsgerichts zur Feststellung der Nichtanwendbarkeit von Unionsrecht wegen Kompetenzüberschreitung auf Ausnahmefälle beschränkt bleibt (vgl. Wahl, Der Staat 48 <2009>, S. 587 <594>).

102

b) Die Senatsmehrheit geht über das Erfordernis einer ersichtlichen - also klaren und offensichtlichen - Kompetenzüberschreitung hinaus und verlässt den der Lissabon-Entscheidung zu Grunde liegenden Konsens, indem sie nun einen "hinreichend qualifizierten" Kompetenzverstoß fordert, der nicht nur offensichtlich ist, sondern zudem zu einer strukturell bedeutsamen Verschiebung im Kompetenzgefüge zwischen Mitgliedstaaten und supranationaler Organisation führt. Damit schießt die Senatsmehrheit über das Ziel einer europarechtsfreundlichen Ausgestaltung der Ultra-vires-Kontrolle hinaus. Sie verkennt die in der Lissabon-Entscheidung hervorgehobene wesentliche Voraussetzung einer zwingenden demokratischen Legitimation bei Ausübung aller hoheitlichen Gewalt, die bei jeder Kompetenzverletzung durchbrochen ist; wird die Ausübung hoheitlicher Gewalt ohne hinreichende demokratische Legitimation zugelassen, so widerspricht dies der Kernaussage des Senatsurteils vom 30. Juni 2009.

103

Mit der Forderung nach einer strukturell bedeutsamen Verschiebung im Kompetenzgefüge (C. I. 2. b) verkennt die Senatsmehrheit zudem, dass spezifische Gefahren für die Wahrung der Kompetenzen und damit der demokratischen Legitimation im Fall der Europäischen Union weniger von schwerwiegenden - und als solchen erkennbaren - Kompetenzanmaßungen im Einzelfall als von schleichenden Entwicklungen ausgehen, in deren Verlauf kleinere, für sich betrachtet möglicherweise geringfügige Kompetenzüberschreitungen kumulativ bedeutende Folgen haben. Die wohl in allen föderalen Systemen naheliegende Gefahr einer "politischen Selbstverstärkung" (vgl. BVerfGE 123, 267 <351 f.>) der höheren Ebene besteht im Fall der Europäischen Union in besonderer Weise, da die Kompetenzverteilung hier - anders als in Bundesstaaten - nicht gegenstandsbezogen, sondern final erfolgt. Das Ziel, die Herstellung und Aufrechterhaltung des Binnenmarktes, wirkt entgrenzend (Grimm, Der Staat 48 <2009>, S. 475 <493>). Ob sich im Rahmen solcher Entwicklungen - die sich anhand der im Fall Mangold kulminierenden steten Erweiterung der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Wirkung von Richtlinienbestimmungen (unten II. 1. b) illustrieren lassen - jemals ein Einzelfall einer Kompetenzüberschreitung ausmachen lässt, der die von der Senatsmehrheit geforderte Schwere aufweist und daher den Gegenmechanismus der Ultra-vires-Kontrolle auslöst, erscheint sehr fraglich - zumal die Eignung eines Einzelakts, strukturelle Verschiebungen im Kompetenzgefüge herbeizuführen, sich vielfach erst im Nachhinein wirklich wird beurteilen lassen (vgl. Scharpf, Legitimität im europäischen Mehrebenensystem, Leviathan 2009, S. 244 <264>).

104

c) Im Ergebnis wird die Senatsmehrheit so ihrer Verantwortung für den rechtsstaatlich-demokratischen Sinngehalt von Kompetenzvorschriften nicht gerecht. Sie verfolgt damit eine schon in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erkennbare problematische Tendenz weiter, das demokratisch begründete nationale Letztentscheidungsrecht über die Anwendung von Hoheitsgewalt im eigenen Territorium und die damit einhergehende Verantwortung auch für die Einhaltung der an die Union verliehenen Kompetenzen nur noch auf dem Papier zu behaupten und vor deren praktisch wirksamer Vollziehung zurückzuschrecken: Hatte das Bundesverfassungsgericht zunächst offen gelassen, ob Gemeinschaftsrecht am Grundgesetz gemessen werden könne (BVerfGE 22, 293 <298 f.>), so hatte es die Frage sodann in der Solange I-Entscheidung im Hinblick auf eine Grundrechtskontrolle bejaht (BVerfGE 37, 271 <280 ff.>), um eben diese Prüfungskompetenz zwölf Jahre später (zur Zwischenzeit siehe BVerfGE 52, 187 <202 f.>) im Hinblick auf die gewachsene Grundrechtsjudikatur des Gerichtshofs zu suspendieren (Solange II, BVerfGE 73, 339 <387>). Sodann entwickelte das Gericht erst in Umrissen, später deutlicher die Vorstellung einer Nachprüfung der Einhaltung der Kompetenzgrenzen (vgl. BVerfGE 75, 223 <242>; 89, 155 <188>). Anstatt allerdings dieses Mittel zu einem effektiven Kontrollinstrument zu machen, kehrte das Gericht praktisch wieder zum status quo der Solange II-Entscheidung zurück (vgl. etwa den Bananenmarkt-Beschluss BVerfGE 102, 147 <163>; zur Entwicklung vgl. Grimm, Der Staat 48 <2009>, S. 475 <478 f.>).

II.

105

Der Gerichtshof hat mit seinem Urteil in der Rechtssache Mangold die ihm verliehenen Kompetenzen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts ersichtlich überschritten und ultra vires gehandelt. Die von der Mehrheit offen gelassene Frage, ob der Gerichtshof mit seinem Urteil den Bereich der vertretbaren Auslegung - einschließlich der Rechtsfortbildung - verlassen hat, ist offensichtlich zu bejahen (1.); die Entscheidung des Gerichtshofs hat sich auch zu Lasten der dem Mitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland nach dem Vertrag verbleibenden Handlungsspielräume ausgewirkt (2.).

106

1. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Gerichtshof im Fall Mangold zu Recht den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts für eröffnet gehalten und zu Recht einen inhaltlichen Widerspruch zwischen § 14 TzBfG und Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG festgestellt hat. Jedenfalls die Erwägungen, mit denen der Gerichtshof sich über den fehlenden Ablauf der Umsetzungsfrist hinweggesetzt hat, stellen sich nicht mehr als noch vertretbare Auslegung und Fortbildung des Unionsrechts dar, sondern als ausdehnende Auslegung der Verträge, die einer unzulässigen autonomen Vertragsänderung gleichkommt.

107

a) Auszugehen ist von einem schlichten Befund, für dessen Wahrnehmung man sich freilich nicht den Blick verstellen darf, indem man die am Gedanken des effet utile orientierte Rechtsprechungstradition des Gerichtshofs von vornherein als gegeben voraussetzt: Der Gerichtshof hat das deutsche Recht an Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG gemessen, obwohl diese Richtlinie zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Bundesrepublik Deutschland nicht verbindlich war; nach dem Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers waren die demokratisch legitimierten Organe der Bundesrepublik zu diesem Zeitpunkt den Bindungen der Richtlinie noch nicht unterworfen. Ferner hat der Gerichtshof der noch nicht in Kraft getretenen Richtlinie trotz der in Art. 249 Abs. 2, 3 des EG-Vertrages in der Gestalt des Vertrages von Nizza (Art. 288 Abs. 2, 3 AEUV) niedergelegten Differenzierung eine (negative) unmittelbare innerstaatliche Wirkung beigemessen, die zur Unanwendbarkeit entgegenstehenden nationalen Rechts führte. Letzteres hat sich schließlich - wie auch dem Gerichtshof klar sein musste - zu Lasten von Grundrechtsträgern ausgewirkt, welche auf die Wirksamkeit des nationalen Arbeitsrechts vertrauten.

108

b) Die für dieses Ergebnis vorgebrachten Begründungsansätze des Gerichtshofs vermögen ersichtlich nicht zu überzeugen; sie führen zu dem Schluss, dass der Gerichtshof ein von ihm im Sinne einer möglichst weitgehenden Geltung des Gemeinschaftsrechts gewolltes Ergebnis ohne Rücksicht auf den entgegenstehenden Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers durchgesetzt und so die Grenzen methodisch vertretbarer Rechtsfortbildung verlassen hat. Zudem verdeutlichen sie, wie unterschiedliche, durchweg unionsfreundliche, aber für sich genommen längst akzeptierte Argumentationsmuster des Gerichtshofs in ihrer Kombination die Gefahr einer schrittweisen, schwer aufzuhaltenden Erosion mitgliedstaatlicher Kompetenzen und demokratischer Legitimation mit sich bringen.

109

aa) Soweit der Gerichtshof das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters als allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts bezeichnet und sich hierauf bezogen hat, lässt sich dies weder anhand der Urteilsgründe noch auch unabhängig davon nachvollziehen. Die Herleitung eines spezifischen Diskriminierungsverbots wegen des Alters aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten oder aus internationalen Verträgen ist nicht vertretbar. Das ist im juristischen Schrifttum und nicht zuletzt von Generalanwalt Mazák bereits hinreichend dargelegt und bislang nicht ernstlich bezweifelt worden; auch die Senatsmehrheit kommt - obwohl sie die Frage formell offenlässt - letztlich nicht umhin, dies zu bemerken (siehe dazu unter C. I. 2. b) cc) mit den dort genannten Nachweisen; vgl. ferner Gerken/Rieble/Roth/Stein/Streinz, "Mangold" als ausbrechender Rechtsakt, 2009, S. 19 ff.; Körner, NZA 2005, S. 1395 <1397>; Krebber, Comparative Labor Law & Policy Journal 2006, S. 377 <390 f.>; Preis, NZA 2006, S. 401 <402>; Riesenhuber, ERCL 2007, S. 62 <66 f.>; Wieland, NJW 2009, S. 1841 <1843>). Vor diesem Hintergrund geht es auch nicht an, das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters kurzerhand zum Anwendungsfall des allgemeinen unionsrechtlichen Gleichheitssatzes (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Oktober 1977 - Rs. C-117/76 -, Slg. 1977, S. 1753 Rn. 7 ff.) zu erklären, wie es der Gerichtshof mit seiner Bezugnahme auf die erste Begründungserwägung der Richtlinie 2000/78/EG in der Rechtssache Mangold (Rn. 74) andeutungsweise und in einer Folgeentscheidung ausdrücklich (EuGH, Urteil vom 19. Januar 2010 - Rs. C-555/07 -, juris, Rn. 50) unternimmt; denn die entscheidende Wertung, dass das Alter ein problematisches, weiter rechtfertigungsbedürftiges Differenzierungskriterium darstellen könnte, ergibt sich aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht. Zudem ist sie - wie dargelegt - den gemeinsamen Verfassungstraditionen fremd und gerade im Kontext des Arbeitsmarkts angesichts der großen Probleme, die für ältere arbeitslose Menschen bei der Suche nach einer festen Anstellung bestehen, alles andere als selbstverständlich. Schließlich verliert der Gerichtshof kein Wort über den durch die Doppelung der Rechtsgrundlagen in Art. 12 und 13 EGV (heute: Art. 18 und 19 AEUV) deutlich zum Ausdruck gekommenen Willen der Mitgliedstaaten, Differenzierungen wegen anderer Merkmale als der Staatsangehörigkeit nur nach (!) sekundärrechtlicher Konkretisierung zu beschränken.

110

bb) Auch der Gedanke einer "Vorwirkung" der Richtlinie (siehe dazu unter C. I. 2. b) bb) kann das Auslegungsergebnis des Urteils in der Rechtssache Mangold weder für sich genommen noch in der Zusammenschau mit dem vermeintlichen ungeschriebenen Diskriminierungsverbot wegen des Alters tragen. Denn das vom Gerichtshof erwünschte Ergebnis ergibt sich insofern erst aus einer Kumulation verschiedener, mitgliedstaatliche Freiräume beschneidender dogmatischer Ansätze, die unter Gesichtspunkten einer transparenten demokratischen Kompetenzverteilung im Ergebnis nicht mehr hinzunehmen ist.

111

Die Anerkennung der unmittelbaren Wirksamkeit von Richtlinienbestimmungen seitens des Gerichtshofs war bereits ein eindeutig über den Wortlaut des Vertrags hinausweisender Schritt der Rechtsfortbildung (Oppermann/Classen/ Nettesheim, Europarecht, 4. Aufl. 2009, S. 184; vgl. auch Alter, Establishing the Supremacy of European Law, 2001, insbesondere S. 16 ff.), den das Bundesverfassungsgericht allerdings - anders als manches andere Gericht (vgl. BFHE 143, 383; Conseil d'Etat, Entscheidung vom 22. Dezember 1978, EuR 1979, S. 292) - mitgegangen ist (BVerfGE 75, 223). Insofern hat sich das Bundesverfassungsgericht vom Gedanken der Europarechtsfreundlichkeit leiten lassen. Es hat gewürdigt, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs sich auf gewichtige sachliche Argumente - namentlich den Gedanken einer effektiven Sanktionierung von Mitgliedstaaten nach fruchtlosem Ablauf der Umsetzungsfrist - stützen konnte und die unmittelbare Wirkung an nicht ohne Weiteres erfüllte Voraussetzungen knüpfte, die eine vertragswidrige Gleichstellung von Richtlinie und Verordnung verhinderte (BVerfGE 75, 223 <237, 241 f., 244>). Diese Zurückhaltung lässt der Gerichtshof in der Rechtssache Mangold vermissen. Er hat das Prinzip, dass die unmittelbare Anwendung von Richtlinienbestimmungen den Ablauf der Umsetzungsfrist voraussetzt (vgl. dazu nur Biervert, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 249 EGV Rn. 28), aufgegeben; zudem hat er in der Sache eine unmittelbare Auswirkung der Richtlinie auf das Verhältnis zwischen Privaten zugelassen (vgl. dagegen noch zurückhaltend EuGH, Urteil vom 14. Juli 1994 - Rs. C-91/92 -, Slg. 1994, S. I-3325 Rn. 19 ff.). Auf den Gedanken der Sanktionierung von (säumigen) Mitgliedstaaten lassen sich diese weitreichenden Schritte nicht mehr stützen. Der Gerichtshof erklärt sie mit dem pauschalen Hinweis auf den Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist einer Richtlinie keine Vorschriften mehr erlassen dürfen, die das in der Richtlinie vorgeschriebene Ziel ernsthaft in Frage stellen können, nur höchst unzureichend. Wenn die Senatsmehrheit hier von einer bloßen "Effektuierung bestehender Rechtspflichten" spricht, die "keine neuen, das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung verletzenden Pflichten der Mitgliedstaaten" schaffe, wird die Problematik verschleiert: Auch eine "Effektuierung" bestehender Pflichten kann schließlich nur bedeuten, dass rechtliche Bindungen über das Maß des Vereinbarten hinaus verstärkt werden.

112

2. Das durch den Gerichtshof in der Rechtssache Mangold entwickelte Verständnis des Gemeinschaftsrechts betrifft die für das Eingreifen der Ultra-vires-Kontrolle entscheidende Abgrenzung der Kompetenzen von Gemeinschaft (Union) und Mitgliedstaaten. Es nimmt den Mitgliedstaaten Handlungsspielräume auf dem Feld der Beschäftigungspolitik, das in weitem Umfang den Mitgliedstaaten vorbehalten ist (vgl. Art. 3 Abs. 1 Buchstabe i, Art. 125 ff. EGV; Art. 2 Abs. 3, Art. 5 Abs. 2, Art. 145 ff. AEUV). Damit sind die Voraussetzungen für das Eingreifen der Ultra-vires-Kontrolle erfüllt, auch wenn man die Bedeutung der vorliegenden Kompetenzüberschreitung angesichts des abzusehenden Ablaufs der Umsetzungsfrist für die Richtlinie nicht überbewerten muss. Wenn die Senatsmehrheit aber eine "praktische kompetenzbegründende Wirkung" mit der Erwägung verneinen möchte, dass die zur Rechtsetzung befugten Organe unter Einschluss des Rates und des deutschen Vertreters dort den Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung für arbeitsvertragliche Rechtsbeziehungen verbindlich gemacht "und damit auch den Raum für gerichtliche Rechtsinterpretation eröffnet" haben, unterstellt sie ohne weitere Anhaltspunkte, dass die Rechtsauffassung des Gerichtshofs vom gesetzgeberischen Willen gedeckt war. Wenn es noch eines gegenteiligen Indizes bedurft hätte, zeigt doch die Verabschiedung des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG sehr deutlich, dass insbesondere die Bundesrepublik Deutschland ihre Handlungsspielräume keinesfalls in der Weise eingeschränkt wissen wollte, wie sie sich aus dem Urteil in der Rechtssache Mangold ergibt. Im Gegenteil: Der deutsche Vertreter im Rat hatte ersichtlich eine die Freiräume der Bundesrepublik Deutschland einschränkende gerichtliche Rechtsinterpretation nicht im Blick und musste diese auch nicht erkennen können.

113

Schließlich macht auch die Tatsache, dass die Kompetenzüberschreitung des Gerichtshofs für die heute geltende Rechtslage keine Folgen mehr haben dürfte, nachdem ein Verbot der Diskriminierung wegen des Alters in Art. 21 Abs. 1 der Grundrechte-Charta enthalten ist, den Verstoß nicht ungeschehen - vor allem nicht mit Blick auf den vorliegenden Fall, den das Bundesarbeitsgericht auf der Grundlage des zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Rechts zu entscheiden hatte (vgl. BAG, Urteil vom 27. November 2003 - 2 AZR 177/03 -, juris, Rn. 16; Krüger, in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2006, Art. 170 EGBGB Rn. 3).

III.

114

Unter diesen Umständen war es dem Bundesarbeitsgericht verwehrt, sich auf das Urteil in der Rechtssache Mangold zu berufen, den klaren Normanwendungsbefehl des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG unangewendet zu lassen und der Entfristungsklage stattzugeben. Da es dem Gericht umgekehrt nach Art. 234 EGV von Gemeinschaftsrechts wegen - und über Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auch von Verfassungs wegen - nicht freistand, unter offener Abweichung von der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu entscheiden, hätte der 7. Senat alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten erwägen oder erörtern müssen, die sich abzeichnende Spannungslage aufzulösen. Dies ist angesichts der Tatsache, dass das Bundesarbeitsgericht - wie die Senatsmehrheit - die Kompetenzüberschreitung durch den Gerichtshof verkannt hat, zu Unrecht unterblieben.

115

Vorrangig wäre insofern die Inanspruchnahme von Rechtsschutz auf Unionsebene in Betracht gekommen, wie es auch im - freilich erst nach der hier angegriffenen Entscheidung ergangenen - Lissabon-Urteil ausgeführt ist. Das Bundesarbeitsgericht wäre ohne Weiteres in der Lage gewesen, den Gerichtshof im Wege des Verfahrens nach Art. 234 EGV erneut und unter Darlegung der bestehenden Bedenken mit der Frage zu befassen, ob das Gemeinschaftsrecht die Unanwendbarkeit des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG verlangte. Das Gemeinschaftsrecht stand einer solchen erneuten, erweitert begründeten Vorlage nicht entgegen (vgl. EuGH, Beschluss vom 5. März 1986 - Rs. C-69/85 -, Slg. 1986, S. 947 Rn. 15). In diesem Rahmen hätte auch die Möglichkeit bestanden, explizit die Frage nach einer möglichen zeitlichen Beschränkung der Urteilswirkungen zu stellen (vgl. nur EuGH, Urteil vom 8. April 1976 - Rs. C-43/75, Slg. 1976, S. 455; Schwarze, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 234 Rn. 67). Schon das Vorlageverfahren hätte mannigfache Möglichkeiten eröffnet, den sich abzeichnenden Konflikt zwischen verfassungsrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Erfordernissen in kooperativer Weise und in einem frühen Stadium aufzulösen oder doch zu entschärfen.

116

Für den Fall einer vollumfänglichen Bestätigung der Mangold-Entscheidung hätte das Bundesarbeitsarbeitsgericht des Weiteren prüfen können und müssen, ob und inwieweit europarechtskonforme Entscheidungsmöglichkeiten bestanden, die den in § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen jedenfalls im Ergebnis respektiert hätten, etwa indem der vorliegende Rechtsstreit unter Nichtanwendung der genannten Vorschriften nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage entschieden worden wäre. Nur wenn auch solche Wege nicht gangbar gewesen wären, hätte das Bundesarbeitsgericht den Weg der Normenkontrolle entsprechend Art. 100 Abs. 1 GG zur förmlichen Feststellung der Kompetenzüberschreitung durch das Bundesverfassungsgericht gehen können und müssen. Dies zeigt im Übrigen, dass die Ultra-vires-Kontrolle über weite Strecken in europarechtsfreundlicher, kooperativer Weise ausgeübt werden kann; der eigentliche Akt der Feststellung von Kompetenzüberschreitung und Unanwendbarkeit durch das Bundesverfassungsgericht bleibt folglich in jedem Fall ultima ratio.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

(1) Zwangsmittel sind:

a)
Ersatzvornahme (§ 10),
b)
Zwangsgeld (§ 11),
c)
unmittelbarer Zwang (§ 12).

(2) Das Zwangsmittel muß in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck stehen. Dabei ist das Zwangsmittel möglichst so zu bestimmen, daß der Betroffene und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt werden.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

(1) Die Zwangsmittel müssen, wenn sie nicht sofort angewendet werden können (§ 6 Abs. 2), schriftlich angedroht werden. Hierbei ist für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb der der Vollzug dem Pflichtigen billigerweise zugemutet werden kann.

(2) Die Androhung kann mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird. Sie soll mit ihm verbunden werden, wenn der sofortige Vollzug angeordnet oder den Rechtsmitteln keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(3) Die Androhung muß sich auf ein bestimmtes Zwangsmittel beziehen. Unzulässig ist die gleichzeitige Androhung mehrerer Zwangsmittel und die Androhung, mit der sich die Vollzugsbehörde die Wahl zwischen mehreren Zwangsmitteln vorbehält.

(4) Soll die Handlung auf Kosten des Pflichtigen (Ersatzvornahme) ausgeführt werden, so ist in der Androhung der Kostenbetrag vorläufig zu veranschlagen. Das Recht auf Nachforderung bleibt unberührt, wenn die Ersatzvornahme einen höheren Kostenaufwand verursacht.

(5) Der Betrag des Zwangsgeldes ist in bestimmter Höhe anzudrohen.

(6) Die Zwangsmittel können auch neben einer Strafe oder Geldbuße angedroht und so oft wiederholt und hierbei jeweils erhöht oder gewechselt werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Eine neue Androhung ist erst dann zulässig, wenn das zunächst angedrohte Zwangsmittel erfolglos ist.

(7) Die Androhung ist zuzustellen. Dies gilt auch dann, wenn sie mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

(1) Die Zwangsmittel müssen, wenn sie nicht sofort angewendet werden können (§ 6 Abs. 2), schriftlich angedroht werden. Hierbei ist für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb der der Vollzug dem Pflichtigen billigerweise zugemutet werden kann.

(2) Die Androhung kann mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird. Sie soll mit ihm verbunden werden, wenn der sofortige Vollzug angeordnet oder den Rechtsmitteln keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(3) Die Androhung muß sich auf ein bestimmtes Zwangsmittel beziehen. Unzulässig ist die gleichzeitige Androhung mehrerer Zwangsmittel und die Androhung, mit der sich die Vollzugsbehörde die Wahl zwischen mehreren Zwangsmitteln vorbehält.

(4) Soll die Handlung auf Kosten des Pflichtigen (Ersatzvornahme) ausgeführt werden, so ist in der Androhung der Kostenbetrag vorläufig zu veranschlagen. Das Recht auf Nachforderung bleibt unberührt, wenn die Ersatzvornahme einen höheren Kostenaufwand verursacht.

(5) Der Betrag des Zwangsgeldes ist in bestimmter Höhe anzudrohen.

(6) Die Zwangsmittel können auch neben einer Strafe oder Geldbuße angedroht und so oft wiederholt und hierbei jeweils erhöht oder gewechselt werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Eine neue Androhung ist erst dann zulässig, wenn das zunächst angedrohte Zwangsmittel erfolglos ist.

(7) Die Androhung ist zuzustellen. Dies gilt auch dann, wenn sie mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

(1) Die Zwangsmittel müssen, wenn sie nicht sofort angewendet werden können (§ 6 Abs. 2), schriftlich angedroht werden. Hierbei ist für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb der der Vollzug dem Pflichtigen billigerweise zugemutet werden kann.

(2) Die Androhung kann mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird. Sie soll mit ihm verbunden werden, wenn der sofortige Vollzug angeordnet oder den Rechtsmitteln keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(3) Die Androhung muß sich auf ein bestimmtes Zwangsmittel beziehen. Unzulässig ist die gleichzeitige Androhung mehrerer Zwangsmittel und die Androhung, mit der sich die Vollzugsbehörde die Wahl zwischen mehreren Zwangsmitteln vorbehält.

(4) Soll die Handlung auf Kosten des Pflichtigen (Ersatzvornahme) ausgeführt werden, so ist in der Androhung der Kostenbetrag vorläufig zu veranschlagen. Das Recht auf Nachforderung bleibt unberührt, wenn die Ersatzvornahme einen höheren Kostenaufwand verursacht.

(5) Der Betrag des Zwangsgeldes ist in bestimmter Höhe anzudrohen.

(6) Die Zwangsmittel können auch neben einer Strafe oder Geldbuße angedroht und so oft wiederholt und hierbei jeweils erhöht oder gewechselt werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Eine neue Androhung ist erst dann zulässig, wenn das zunächst angedrohte Zwangsmittel erfolglos ist.

(7) Die Androhung ist zuzustellen. Dies gilt auch dann, wenn sie mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten mit dem Inhalt von Dateien abgleichen, die sie zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben führt oder für die sie Berechtigung zum Abruf hat,

1.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs oder,
2.
wenn Grund zu der Annahme besteht, daß dies zur Erfüllung einer sonstigen Aufgabe der Bundespolizei erforderlich ist.
Die Bundespolizei kann ferner im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erlangte personenbezogene Daten mit dem Fahndungsbestand abgleichen. Der Betroffene kann für die Dauer des Abgleichs angehalten werden.

(2) Rechtsvorschriften über den Datenabgleich in anderen Fällen bleiben unberührt.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

1.
gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
2.
nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
3.
einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
4.
das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
5.
auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
6.
dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,
darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundespolizei die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei ihre Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

Die Bundespolizei kann eine Sache sicherstellen,

1.
um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren,
2.
um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen oder
3.
wenn sie von einer Person mitgeführt wird, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten wird, und die Sache verwendet werden kann, um
a)
sich zu töten oder zu verletzen,
b)
Leben oder Gesundheit anderer zu schädigen,
c)
fremde Sachen zu beschädigen oder
d)
sich oder einem anderen die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann Behörden des Polizeivollzugsdienstes und, wenn sie Aufgaben nach § 2 Abs. 2 oder Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung wahrnehmen, Behörden der Zollverwaltung personenbezogene Daten übermitteln, soweit dies zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben erforderlich ist. Dies gilt auch für die Übermittlung personenbezogener Daten zwischen den Behörden der Bundespolizei.

(2) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten an andere inländische öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies erforderlich ist zur

1.
Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe,
2.
Abwehr von Gefahren,
3.
Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einzelner,
4.
Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Strafvollstreckung und zum Strafvollzug oder
5.
Erledigung besonderer Ersuchen nach § 17 Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes.

(3) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten an öffentliche Stellen anderer Staaten sowie an über- oder zwischenstaatliche Stellen übermitteln, soweit dies erforderlich ist zur

1.
Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe oder
2.
Abwehr einer erheblichen Gefahr oder zur Verhütung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung durch den Empfänger.

(4) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten an nicht-öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies unerläßlich ist zur

1.
Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe oder
2.
Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einzelner.

(5) Besondere Rechtsvorschriften über die Übermittlung personenbezogener Daten bleiben unberührt.

(1) Die Bundespolizei kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach den §§ 1 bis 7 die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren, soweit nicht dieses Gesetz die Befugnisse der Bundespolizei besonders regelt.

(2) Gefahr im Sinne dieses Abschnitts ist eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Bereich der Aufgaben, die der Bundespolizei nach den §§ 1 bis 7 obliegen. Eine erhebliche Gefahr im Sinne dieses Abschnitts ist eine Gefahr für ein bedeutsames Rechtsgut, wie Bestand des Staates, Leben, Gesundheit, Freiheit, wesentliche Vermögenswerte oder andere strafrechtlich geschützte Güter von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben, die der Bundespolizei durch andere Rechtsvorschriften des Bundes zugewiesen sind, hat sie die dort vorgesehenen Befugnisse. Soweit solche Rechtsvorschriften Befugnisse nicht oder nicht abschließend regeln, hat die Bundespolizei die Befugnisse, die ihr nach diesem Gesetz zustehen. Satz 2 gilt auch für die Befugnisse der Bundespolizei im Rahmen der Aufgaben zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs nach § 4, soweit § 5 des Luftsicherheitsgesetzes keine Regelungen enthält.

(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.

(2) Der Grenzschutz umfaßt

1.
die polizeiliche Überwachung der Grenzen,
2.
die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich
a)
der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt,
b)
der Grenzfahndung,
c)
der Abwehr von Gefahren,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern und von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, zur Sicherung des Grenzraumes das in Satz 1 Nr. 3 bezeichnete Gebiet von der seewärtigen Begrenzung an durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen, soweit die Grenzüberwachung im deutschen Küstengebiet dies erfordert. In der Rechtsverordnung ist der Verlauf der rückwärtigen Begrenzungslinie des erweiterten Grenzgebietes genau zu bezeichnen. Von der seewärtigen Begrenzung an darf diese Linie eine Tiefe von 80 Kilometern nicht überschreiten.

(3) Das Einvernehmen nach Absatz 1 ist in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist. In der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Polizei des Landes zu regeln.

(4) Nimmt die Polizei eines Landes Aufgaben nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem Bund mit eigenen Kräften wahr, richtet sich die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

(3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt;
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt;
3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein;
4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann;
5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht;
6.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt;
2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat;
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war;
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

Die Bundespolizei kann eine Sache sicherstellen,

1.
um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren,
2.
um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen oder
3.
wenn sie von einer Person mitgeführt wird, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten wird, und die Sache verwendet werden kann, um
a)
sich zu töten oder zu verletzen,
b)
Leben oder Gesundheit anderer zu schädigen,
c)
fremde Sachen zu beschädigen oder
d)
sich oder einem anderen die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Bundespolizei kann unter Beachtung des § 70 Satz 2 personenbezogene Daten mit den besonderen Mitteln nach Absatz 2 erheben über

1.
die nach § 17 oder § 18 Verantwortlichen oder unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 über die dort bezeichneten Personen zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für Sachen von erheblichem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, oder
2.
die in § 21 Abs. 2 bezeichneten Personen zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 mit erheblicher Bedeutung, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine solche Straftat gewerbs-, gewohnheits-, bandenmäßig oder von einer kriminellen Vereinigung begangen werden soll,
und die Abwehr der Gefahr oder die Verhütung der Straftat auf andere Weise aussichtslos ist oder wesentlich erschwert würde. Die Erhebung kann auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(2) Besondere Mittel der Datenerhebung sind

1.
die planmäßig angelegte Beobachtung einer Person, die durchgehend länger als vierundzwanzig Stunden dauern oder an mehr als zwei Tagen stattfinden soll (längerfristige Observation),
2.
der Einsatz technischer Mittel in einer für den Betroffenen nicht erkennbaren Weise
a)
zur Anfertigung von Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen,
b)
zum Abhören oder Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes,
3.
der Einsatz von Personen, die nicht der Bundespolizei angehören und deren Zusammenarbeit mit der Bundespolizei Dritten nicht bekannt ist und
4.
der Einsatz von Polizeivollzugsbeamten unter einer ihnen auf Dauer angelegten Legende (Verdeckter Ermittler).

(3) Der Einsatz von besonderen Mitteln nach Absatz 2 darf, außer bei Gefahr im Verzug, nur durch den Leiter der in der Rechtsverordnung nach § 58 Abs. 1 bestimmte Bundespolizeibehörde oder seinen Vertreter angeordnet werden. Die Anordnung ist unter Angabe der maßgeblichen Gründe aktenkundig zu machen und auf höchstens einen Monat zu befristen. Die Verlängerung der Maßnahme bedarf einer neuen Anordnung. Die Entscheidung über die Verlängerung der Maßnahme darf in Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 und 2 Buchstabe b nur durch den Richter getroffen werden. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Bundespolizeibehörde nach Satz 1 ihren Sitz hat. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(3a) Maßnahmen nach Absatz 2 Nummer 4, die sich gegen eine bestimmte Person richten oder bei denen der Verdeckte Ermittler eine Wohnung betritt, die nicht allgemein zugänglich ist, dürfen nur durch das Gericht angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug dürfen Maßnahmen nach Satz 1 durch den Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums, seinen Vertreter oder durch den Leiter einer Abteilung des Bundespolizeipräsidiums angeordnet werden. In diesem Fall ist die gerichtliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Soweit die Anordnung nicht binnen drei Tagen durch das Gericht bestätigt wird, tritt sie außer Kraft. Die Anordnung ist unter Angabe der maßgeblichen Gründe aktenkundig zu machen und auf höchstens drei Monate zu befristen. Die Verlängerung einer Maßnahme um jeweils einen Monat ist bei erneuter Anordnung durch ein Gericht möglich. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Bundespolizeipräsidium seinen Sitz hat. Absatz 3 Satz 6 gilt entsprechend.

(4) Unterlagen, die durch Maßnahmen der in Absatz 2 genannten Art erlangt worden sind, sind unverzüglich zu vernichten, soweit sie für den der Anordnung zugrunde liegenden Zweck oder nach Maßgabe der Strafprozeßordnung zur Verfolgung einer Straftat nicht oder nicht mehr erforderlich sind.

(5) Nach Abschluß der in Absatz 2 Nr. 1 und 2 Buchstabe b bezeichneten Maßnahmen ist die Person, gegen die die Maßnahme angeordnet worden ist, zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme oder der öffentlichen Sicherheit geschehen kann. Die Unterrichtung durch die Bundespolizei unterbleibt, wenn wegen des auslösenden Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen durchgeführt wird und durch die Unterrichtung der Untersuchungszweck gefährdet würde; die Entscheidung trifft die Staatsanwaltschaft.

(6) Verdeckte Ermittler dürfen unter einer Legende

1.
zur Erfüllung ihres Auftrages am Rechtsverkehr teilnehmen und
2.
mit Einverständnis des Berechtigten dessen Wohnung betreten; das Einverständnis darf nicht durch ein über die Nutzung der Legende hinausgehendes Vortäuschen eines Zutrittsrechts herbeigeführt werden.
Soweit es für den Aufbau und die Aufrechterhaltung der Legende von Verdeckten Ermittlern unerlässlich ist, dürfen entsprechende Urkunden hergestellt, verändert oder gebraucht werden.

(7) Über eine Maßnahme nach Absatz 2 Nummer 4 sind zu benachrichtigen

1.
die Zielperson,
2.
die erheblich mitbetroffenen Personen sowie
3.
die Personen, deren nicht allgemein zugängliche Wohnung der Verdeckte Ermittler betreten hat.
Die Benachrichtigung unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange einer betroffenen Person entgegenstehen. Nachforschungen zur Feststellung der Identität einer in Satz 1 bezeichneten Person sind nur vorzunehmen, wenn dies unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität der Maßnahme gegenüber dieser Person, des Aufwands für die Feststellung ihrer Identität sowie der daraus für diese oder andere Personen folgenden Beeinträchtigungen geboten ist.

(8) Die Benachrichtigung über eine Maßnahme nach Absatz 2 Nummer 4 erfolgt, sobald dies möglich ist ohne Gefährdung

1.
des Zwecks der Maßnahme,
2.
des Bestandes des Staates,
3.
von Leib, Leben oder Freiheit einer Person,
4.
von Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, oder
5.
der Möglichkeit der weiteren Verwendung des Verdeckten Ermittlers.
Wird wegen des zugrunde liegenden Sachverhaltes ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt, erfolgt die Benachrichtigung durch die Strafverfolgungsbehörde entsprechend den Vorschriften des Strafverfahrensrechts. Wird die Benachrichtigung aus einem der vorgenannten Gründe zurückgestellt, ist dies aktenkundig zu machen.

(9) Erfolgt die nach Absatz 8 zurückgestellte Benachrichtigung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der gerichtlichen Zustimmung. Das Gericht bestimmt die Dauer der weiteren Zurückstellung, jedoch nicht länger als zwölf Monate. Verlängerungen der Zurückstellungsdauer sind zulässig. Fünf Jahre nach Beendigung der Maßnahme kann mit gerichtlicher Zustimmung endgültig von der Benachrichtigung abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen für die Benachrichtigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht eintreten werden.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. Mai 2016 - 4 K 2062/14 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen die Gültigkeit der Gemeinderatswahl der Stadt Heidelberg am 25.05.2014, insbesondere weil sie die Teilnahme der 16 und 17 Jahre alten Jugendlichen an der Wahl für rechtswidrig halten. Die Kläger sind Einwohner der Stadt Heidelberg und waren wahlberechtigt. Die Stadt Heidelberg gab das Ergebnis der Gemeinderatswahl am 04.06.2014 öffentlich bekannt, in korrigierter Form am 02.07.2014.
Mit Schreiben vom 10.06.2014 erhoben die Kläger Einspruch gegen die Wahl. Diesem waren 119 Wahlberechtigte beigetreten. Zur Begründung trugen sie vor, es liege ein ergebniserheblicher Wahlfehler vor, weil das in § 12 GemO verankerte Wahl- und Stimmrecht der 16 und 17 Jahre alten Minderjährigen gegen Art. 25 Abs. 1 und 2, Art. 26 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1, Art. 64 Abs. 1 Satz 2 LV verstoße. Die Verfassung definiere den Begriff des „Volkes“ einheitlich im Sinne eines baden-württembergischen Staatsvolks, von dem alle Staatsgewalt ausgehen müsse. Das Landesstaatsvolk umfasse daher nur die Gruppe der volljährigen Deutschen, die in Baden-Württemberg wohnten oder sich sonst gewöhnlich aufhielten. Minderjährige, Staatenlose, Personen, denen das Wahlrecht kraft Richterspruchs entzogen worden sei, seien nicht Teil des Staatsvolks. Dies müsse auch für die kommunale Ebene gelten. Eine andere Lesart widerspreche der Einheitlichkeit der Legitimationsgrundlagen von Wahlen nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG. Zudem könnten Doppelabstimmungen von EU-Bürgern vorgekommen sein.
Mit gesonderten Bescheiden vom 04.07.2014 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die Wahleinsprüche der Kläger zurück. Der Wahleinspruch sei zulässig, jedoch unbegründet. Nach § 14 Abs. 1 GemO seien Bürger im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt und hätten ein Stimmrecht in sonstigen Gemeindeangelegenheiten. Wer Bürger sei, bestimme § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO. Die Kommunalwahlen seien in Art. 72 LV geregelt. Dabei habe sich der Verfassungsgeber in den Absätzen 1 und 2 auf die Bestimmung von Grundzügen beschränkt und die Einzelheiten in Absatz 3 dem einfachen Gesetzgeber überlassen. Von der Ermächtigung in Art. 72 Abs. 3 LV habe der Gesetzgeber in einwandfreier Form durch Art. 1 Nr. 1 lit. a) des Gesetzes vom 16.04.2013 Gebrauch gemacht. An der Verfassungsmäßigkeit der getroffenen Bestimmungen bestünden keine Zweifel. Gegen Art. 25 Abs. 1 und 2, 72 Abs. 1, 64 Abs. 1 Satz 2 LV, Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 2, 79 Abs. 3 GG könne die Festlegung des Wahlalters schon deshalb nicht verstoßen, weil die genannten Bestimmungen dieses nicht regelten. Rechtsirrig sei, das Wahlalter in die Begriffe des „Volkes“ bzw. „Staatsvolkes“ hineinzulesen. Der thematisch nicht einschlägige Art. 29 GG treffe keine Bestimmung über das Wahlalter. Dies treffe auch für den nur für die Wahl zum Deutschen Bundestag geltenden Art. 38 Abs. 2 GG zu. Das Verhältnis von Art. 72 LV zu Art. 26 LV sei durch den 1995 angefügten Art. 26 Abs. 8 LV abschließend geklärt. Hiernach gehe Art. 72 LV den Bestimmungen in Art. 26 Abs. 1 bis 7 LV als lex specialis umfassend vor. Art. 72 Abs. 3 LV eröffne dem einfachen Gesetzgeber auch die Festlegung des Wahlalters. Das Vorbringen zu Doppelabstimmungen von EU-Bürgern sei nicht nachvollziehbar.
Am 16.07.2014 erhoben die Kläger ihre auf Ungültigerklärung und Wiederholung der Wahl gerichtete Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe und machten geltend, das neue Minderjährigenwahlrecht sei als grundgesetz- und landesverfassungswidrig einzustufen. Es sei insgesamt verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber in der GemO (§ 12 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 2 GemO) - gleichheitswidrig - nicht auch für Minderjährige eine Vorschrift eingefügt habe, wonach die minderjährigen Wähler vom Wahlrecht ausgeschlossen seien, wenn bei diesen die Voraussetzungen für eine Betreuung im Sinne von §§ 1896 ff. BGB, abgesehen von der Voraussetzung der Volljährigkeit, vorlägen. Sowohl das Grundgesetz als auch die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts gingen davon aus, dass es mehrere Volksbegriffe in der Verfassung gebe. Je nach Sinnzusammenhang gebe es das sogenannte Bundes- bzw. Landesaktivstaatsvolk (die Summe der auf Bundes- bzw. Landesebene wahl- und stimmberechtigten Bürger) oder aber das Volk im soziologisch-ethnologisch-politischen Sinne (die Gesamtheit der deutschen Bürger, unabhängig von ihrer Wahlberechtigung), d. h. unter Einschluss auch derjenigen deutschen Staatsangehörigen, die z.B. aufgrund einer gerichtlich angeordneten Betreuung, aufgrund rechtskräftig ausgesprochenen Verlusts des Wahl- und Stimmrechts und/oder aufgrund Nichterreichens des Wahlalters nicht wählen und somit nicht Ausgangspunkt der Staatsgewalt sein könnten. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23.10.1951 (- 2 BvG 1/51 - juris Rn. 133) sei das „Landesvolk“ die nach Art. 118 Satz 2 GG entscheidungsberechtigte Bevölkerung, die sich nur auf Volljährige beziehe. Die Abstimmungen des Volkes im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG seien nur die Fälle des Art. 29 GG, weshalb nur Art. 29 GG Aufschluss darüber gebe, wer das Volk im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG sei, welches die Staatsgewalt auch durch Abstimmungen ausübe. Wenn 16- und 17-jährige Deutsche (bzw. wegen des Art. 71 Abs. 3 LV und Art. 28 Abs. 3 Satz 3 GG auch EU-Ausländer) Teil des Volkes im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG bzw. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 LV wären, dann wären die Art. 26 Abs. 1 LV und Art. 38 Abs. 2 GG verfassungswidriges Verfassungsrecht, da Art. 20 GG und Art. 25 Abs. 1 Satz 1 LV Teil der Ewigkeitsklausel der Art. 79 Abs. 3 GG und Art. 64 Abs. 1 LV seien. Die Auffassung des Regierungspräsidiums habe zur Folge, dass sowohl Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG als auch Art. 25 Abs. 2 Satz 1 LV selbst geisteskranken Deutschen und deutschen Kleinkindern objektiv-rechtlich verbürge, dass (auch) von diesen die Staatsgewalt ausgehen müsse. Dies sei abwegig; auch grammatikalisch würde eine solche Differenzierung keinen Sinn ergeben, da die Volksbegriffe in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG (Art. 25 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 LV) ersichtlich das gleiche Volk, das Aktivvolk, meinten und identisch seien. Nur in diesem Sinne sei es möglich, den Volksbegriff in der Präambel, in Art. 146 GG und in Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 2 GG identisch auszulegen, wie es das Bundesverfassungsgericht im Lissabon-Urteil getan habe. Hier sei klargestellt, dass unter Volk im Sinne von Art. 146 GG nur die Wahlberechtigten, das heißt das Aktivvolk zu verstehen sei. Somit bestehe das Volk im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2, 28 Abs. 1 Satz 2 GG nur aus den volljährigen Deutschen. Das Grundgesetz sehe keine „Öffnungsklausel“ für den auf Landes- und Kommunalebene identischen Volksbegriff vor, soweit „nur“ Landtags- oder Gemeinderatswahlen betroffen seien. Dies ermögliche auch Art 72 Abs. 3 LV nicht. Keinesfalls könne aus Art. 26 Abs. 8 LV eine Sperrwirkung für alle Absätze des Art. 26 LV für die kommunale Ebene hergeleitet werden. Sinn und Zweck des Art. 26 Abs. 8 LV sei es, den Leser der Verfassung darauf hinzuweisen, dass die grundsätzlich allgemeinen Bestimmungen der vorangegangenen Absätze dieses Verfassungsartikels durch Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV modifiziert würden. Durch Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV werde das - bundesverfassungsrechtlich vorgegebene - Kriterium „Deutscher“ im Sinne von Art. 26 Abs. 1 LV den Staatsbürgerschaften der EU gleichgestellt, weshalb für die EU-Ausländer natürlich dann auch die Altersgrenze des Art. 26 Abs. 1 LV gelte. Die Auffassung des Beklagten führe zu dem abwegigen Ergebnis, dass es dem einfachen Gesetzgeber für die kommunale Ebene verwehrt wäre zu verlangen, dass der Wahlberechtigte eine bestimmte Aufenthaltsdauer im Land bzw. der jeweiligen Kommune oder eine Hauptwohnung in der Gemeinde vorweisen müsse. Denn Art. 26 Abs. 7 LV gelte - nach der Auffassung des Beklagten - nicht für die kommunale Ebene und Art. 72 Abs. 3 LV gebe dem einfachen Gesetzgeber nur das Recht, das Nähere zu den in Art. 72 Abs. 1, 2 LV dargelegten Grundsätzen zu regeln. Wenn der verfassungsändernde Gesetzgeber im Einklang mit der Auffassung des Beklagten Art. 26 Abs. 1 bis 8 LV von der kommunalen Ebene hätte abkoppeln wollen, so würde er zumindest teilweise gegen die Ewigkeitsklausel und gegen Bundesrecht (Art. 79 Abs. 3 GG bzw. Art. 64 Abs. 1 LV) verstoßen. Das in Art. 26 Abs. 1 LV vorgesehene Wahlalter von 18 Jahren sei bundesrechtlich vorgegeben. Selbst wenn Art. 26 Abs. 8 LV eine Sperrwirkung gegenüber der kommunalen Ebene beinhalten sollte, würde eine Sperrwirkung nur gegenüber Art. 26 Abs. 4 LV ausreichen. Selbst dann hätte Art. 26 Abs. 8 LV einen eigenständigen Anwendungsbereich.
Der Beklagte trat der Klage entgegen und machte ergänzend geltend, die Bestimmungen der Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 2, 79 Abs. 3 GG und Art. 25 Abs. 1, 64 Abs. 1, 72 Abs. 1 LV regelten das Wahlalter nicht. Die Auffassung der Kläger, wonach die Volksbegriffe in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG bzw. Art. 25 Abs. 1 LV identisch seien, bedürfe nicht der Erörterung, da einerseits die Auffassung der Kläger, das Volk im Sinne von Art. 20 Abs. 2 GG sei einheitlich nur das Aktivvolk, erkennbar unzutreffend sei und andererseits auch eine zum Teil vorgenommene Differenzierung zwischen den Volksbegriffen in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG nicht den Schluss zu tragen vermöge, dass die §§ 12, 14 GemO verfassungswidrig seien. Denn unter dem Gesichtspunkt demokratischer Legitimation komme es - von der unabdingbaren Grundlage des Deutschen Volkes ausgehend - auf die Wahlberechtigung im Legitimationsakt an. Auch ein Verstoß gegen Art. 26 LV scheide aus. Die Absätze 1 bis 7 des Art. 26 LV seien nicht anwendbar für Kommunalwahlen. Die Bestimmung einer Mindestwohndauer als Voraussetzung des Wahlrechts zum Gemeinderat für den einfachen Gesetzgeber folge aus Art. 72 Abs. 3 LV. Der Maßstab des Art. 25 Abs. 1 LV werde durch Art. 26 Abs. 8 LV nicht derogiert. Art. 26 Abs. 8 LV verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht, weil die Vorschrift das Staatsvolk als Legitimationssubjekt nicht berühre. Unrichtig sei, dass der (einfache) Gesetzgeber auf der Grundlage der Rechtsauffassung des beklagten Landes Deutschen oder EU-Ausländern ohne Wohnsitz in einer baden-württembergischen Kommune am Wahltag das Kommunalwahlrecht einräumen könne. Dem stünden Art. 72 Abs. 1, 71 Abs. 1 LV entgegen. Die §§ 12, 14 GemO seien auch ansonsten mit höherrangigem Recht vereinbar.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab (Urteil vom 11.05.2016 - 4 K 2062/14 - juris). § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 sei mit dem Grundgesetz, sonstigem Bundesrecht und der Landesverfassung für Baden-Württemberg vereinbar. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 2, Art. 38, Art. 29, Art. 28 Abs. 1 GG stünden der Einführung des aktiven Wahlrechts durch den Landesgesetzgeber für Kommunalwahlen für 16- bis 18-Jährige nicht entgegen. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG bestimme selbst, wer das Volk sei, das in Wahlen, Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Staatsgewalt ausübe: Es sei das Staatsvolk der Bundesrepublik. Das Volk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgehe, werde nach dem Grundgesetz von den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen gebildet. Die Zugehörigkeit zum Staatsvolk der Bundesrepublik werde also grundsätzlich durch die Staatsangehörigkeit vermittelt. Auch andere Regelungen des Grundgesetzes, die einen Bezug zum Volk aufwiesen, die Präambel, Art. 33 Abs. 1 und 2, Art. 56, Art. 64 Abs. 2,Art. 146 und Art. 116 GG ließen keinen Zweifel daran, dass Staatsvolk das deutsche Volk sei. "Volk" im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG seien wie im Rahmen von Art. 20 Abs. 2 GG nur die (im jeweiligen Wahlgebiet ansässigen) deutschen Staatsangehörigen und die ihnen gleichgestellten Personen im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG. Denn das in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltene Gebot, dass die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des demokratischen Staates im Sinne des Grundgesetzes entsprechen müsse, werde in den Sätzen 2 bis 4 näher konkretisiert. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG ergänze Satz 1, indem er die Einrichtung einer Vertretung des Volkes in den Ländern, Kreisen und Gemeinden vorschreibe und zugleich Wahlgrundsätze bestimme, die bei deren Wahl zu beachten seien. Volk im Sinne dieser Verfassungsnormen und damit Legitimationssubjekt sei das jeweilige Bundes- oder Landesstaatsvolk. Nur in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG entfalle die Beschränkung auf das deutsche Volk für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU. Entgegen der Ansicht der Kläger sei der Volksbegriff des Art. 20 Abs. 2 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht auf ein bestimmtes Wahlalter beschränkt. Die Zugehörigkeit zum Volk im Sinne des Art. 20 Abs. 1 GG bestimme sich vielmehr allein nach der deutschen Staatsangehörigkeit und nach Art. 116 Abs. 1 GG. Soweit das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 30.07.1958 zum hamburgischen und bremischen Gesetz betreffend die Volksbefragung über Atomwaffen den Begriff „Aktivbürger“ verwende, folge daraus nichts für das Mindestalter der Wahlberechtigten. Art. 38 Abs. 1 und 2 GG verbiete die Herabsetzung des Wahlalters bei Kommunalwahlen ebenfalls nicht. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG regele die allgemeinen Wahlgrundsätze für die Wahl des Deutschen Bundestages. Von einem Mindestalter sei in diesem Satz nicht die Rede. Das in Art. 38 Abs. 2 GG festgesetzte Wahlalter von 18 Jahren gelte nach dem eindeutigen Wortlaut sowie seinem systematischen Zusammenhang nur für Bundestagswahlen. Auch ergebe sich aus Art. 29 GG keine Begrenzung für den Landesgesetzgeber, das Wahlalter abzusenken. Schließlich verbiete Art. 28 Abs. 1 GG dem Landesgesetzgeber die Absenkung des Wahlalters für Kommunalwahlen nicht. In Art. 28 Abs. 1 GG finde sich kein Verweis auf Art. 38 Abs. 1 und 2 GG. Vielmehr schreibe Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG die so genannten Wahlrechtsgrundsätze auch für Gemeinderatswahlen verbindlich vor. Bund und Länder hätten gemäß Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG im jeweils eigenen Verfassungsraum Vertretungen des Volkes zu schaffen, die aus Wahlen hervorgegangen seien. Dabei hätten Bund und Länder jeweils für die Einhaltung der Grundsätze allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahlen Sorge zu tragen. Diese Regelung erkläre sich aus dem bundesstaatlichen Prinzip. In den Grenzen föderativer Bindungen gewährleiste das Grundgesetz Bund und Ländern eigenständige Verfassungsbereiche. Die Länder genössen im Rahmen ihrer Bindung an die Grundsätze des Art. 28 Abs. 1 GG im staatsorganisatorischen Bereich Autonomie. In diesem Rahmen regelten sie das Wahlsystem und Wahlrecht zu ihren Parlamenten und den kommunalen Vertretungen des Volkes; sie gestalteten und organisierten das Wahlprüfungsverfahren. Das Grundgesetz binde die Länder hierbei an die fünf Wahlrechtsgrundsätze. Da nur die Wahlrechtsgrundsätze vorgegeben seien und Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG keine schematische Übernahme des Bundeswahlrechts auf Landes- und Gemeindeebene verlange, gebe es einen Ausgestaltungsspielraum der Länder (nur) in den Grenzen des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG. Grenzen ergäben sich aus den betroffenen Wahlrechtsgrundsätzen, dem Aufgabenkreis des zu wählenden Repräsentativorgans und daraus, auf welcher Stufe des Wahlverfahrens der Gesetzgeber mit welcher Intensität eingreife. Gemessen daran verstießen § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 GemO i.d.F. vom 16.04.2013 mit der Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre nicht gegen verfassungsrechtliche Maßstäbe, insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahlen. Die Herabsetzung des Wahlalters betreffe den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl und damit auch den der Gleichheit. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl untersage den unberechtigten Ausschluss von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl überhaupt. Er verbiete dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen. Begrenzungen der Allgemeinheit der Wahl seien verfassungsrechtlich zulässig, sofern für sie ein „zwingender Grund“ bestehe. Die §§ 12, 14 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 würden diesen Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Wahlrecht gerecht. Die Gesetzesbegründung zur Einführung des Wahlrechts für 16- bis 18-Jährige lasse erkennen, dass der Gesetzgeber des Landes Baden-Württemberg sachgerechte Überlegungen bei der Herabsetzung des Wahlalters angestellt habe. Diese Überlegungen des Landesgesetzgebers orientierten sich an der in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG für Kommunen geforderten demokratischen Willensbildung, in die Jugendliche ab 16 Jahren frühzeitig eingebunden werden sollten, sowie am Aufgabenkreis der bürgerschaftlichen Verwaltung der Gemeinde. Die diesen Erwägungen zugrunde liegende Annahme der Wahlmündigkeit von Jugendlichen ab 16 Jahren bei Kommunalwahlen gehe nicht von einer fehlerhaften Tatsachengrundlage aus. Die Wahlmündigkeit setze intellektuelle Qualitäten sowie Verantwortungsbewusstsein und Reife voraus, bezogen auf den Aufgabenkreis des zu wählenden Repräsentativorgans. Die Wahlmündigkeit für Kommunalwahlen sei mit Blick auf die potentiell von der Gemeindevertretung, dem Gemeinderat und Bürgermeister (§§ 24 Abs. 1, 42 GemO) zu beschließenden Aufgaben zu entscheiden. Dabei gehe es um „Angelegenheiten der Gemeinde“ (§ 24 Abs. 1 GemO), z.B. um öffentliche Einrichtungen wie Sportstätten und Schulen sowie Bebauungspläne mit weitreichenden Folgen für die Wohnsituation, Ansiedlung von Industrie und Gewerbe und damit um die Entwicklung der Gemeinde und ihrer Bürger. Solche Aufgaben seien mit finanziellen Entscheidungen verbunden, die zwar wirksam nicht von 16 bis 18 Jahre alten Jugendlichen geregelt werden könnten, weil sie hierfür nicht handlungsfähig seien (§§ 2, 107 BGB). Ihnen könne deshalb aber gleichwohl die Reife und Fähigkeit zugesprochen werden, den Sinn, die Notwendigkeit sowie die Reichweite solcher auf eine konkrete Gemeinde bezogenen Entscheidungen beurteilen und ihre Interessen vertretende Personen auswählen zu können. Denn als Bürger der Gemeinde könne Jugendlichen ab 16 Jahren ein Interesse an solchen, ihre Zukunft in der konkreten Gemeinde betreffenden Entscheidungen nicht abgesprochen werden und es sei nicht lebensfremd, dass sie sich über Pro und Contra örtlicher Angelegenheiten informieren, eine Meinung darüber bilden sowie sich eine ihre Position vertretende wählbare Person oder Personengruppe aussuchen könnten.Weitere Indizien dafür, dass der Landesgesetzgeber mit der Annahme der Wahlmündigkeit für Jugendliche ab 16 Jahren nicht lebensfremd und nicht willkürlich gehandelt habe, seien gesetzliche Regelungen, die den nicht volljährigen, 16 bis 18 Jahre alten Jugendlichen an deren Reife und Verantwortungsbewusstsein anknüpfende Rechte einräumten und sie z. B. im Arbeitsleben, schulischen Angelegenheiten sowie in gesellschaftlichen Bereichen schützten, so die Regelungen der §§ 106 ff. BGB über die beschränkte Geschäftsfähigkeit, des § 10 FeV, des § 60 BetrVG, des Jugendschutzgesetzes und des Jugendarbeitsschutzgesetzes sowie des § 63 Abs. 3 Satz 1 LHG. Aus den Erkenntnissen zum inhaltlichen Wahlverhalten der 16- bis 18-Jährigen in anderen Bundesländern, sofern dies überhaupt zuverlässig ermittelbar und auf andere Bundesländer uneingeschränkt übertragbar sei, lasse sich nicht auf deren Wahlunmündigkeit schließen. Das durch § 12 GemO geschaffene Wahlrecht für 16- bis 18-Jährige bei Kommunalwahlen verstoße schließlich nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die von den Klägern geltend gemachte Ungleichbehandlung der von § 14 Abs. 2 Nr. 2 GemO erfassten Volljährigen, für die zur Besorgung ihrer Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt sei (s. auch § 13 BWahlG i.d.F. v. 23.07.1993), mit den Minderjährigen, für die aus rechtlichen Gründen keine Betreuung angeordnet werden könne (§ 1896 Abs. 1 BGB), verletze nicht den Grundsatz der Gleichheit der Wahl. Der Grundsatz der Chancengleichheit unterliege zwar keinem absoluten Differenzierungsverbot, wegen der strikten und formalen Gleichheit habe der Gesetzgeber aber nur einen eng bemessenen Spielraum für Differenzierungen. Diesen Grundsatz habe der Gesetzgeber nicht verletzt, obwohl für 16- bis 18-Jährige eine mit § 14 Abs. 2 Nr. 2 GemO vergleichbare Regelung fehle. Eine Betreuung könne für Volljährige auf Grund psychischer Krankheit oder wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung angeordnet werden (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei Minderjährigen sei eine Betreuung entbehrlich, weil sie gemäß § 1626 BGB der elterlichen Personen- und Vermögensfürsorge unterstünden. Deshalb sehe Bundesrecht eine Betreuung für Minderjährige nicht vor und dem Landesgesetzgeber fehle für eine dahingehende allgemeine Regelung die Gesetzeskompetenz. Auch eine Verletzung sonstigen Bundesrechts sei mit der Herabsetzung des Wahlalters durch § 12 GemO nicht verbunden. Die Vorschrift sei mit dem elterlichen Sorgerecht (§ 1626 BGB) vereinbar. § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 GemO verstoße auch nicht gegen Landesverfassungsrecht. Die Vorschrift habe, soweit es um das Wahlrecht für 16- bis 18-Jährige bei Kommunalwahlen gehe, ihre Ermächtigungsgrundlage in Art. 72 LV in der Fassung vom 15.02.1995. Auf Art. 72 Abs. 3 LV verweise die im I. Abschnitt stehende Bestimmung des Art. 26 Abs. 8 LV. Der Wortlaut, der systematische Zusammenhang der Art. 26 und 72 LV sowie die Entstehungsgeschichte des Art. 26 Abs. 8 LV sprächen dafür, Art. 72 Abs. 3 LV als mit höherrangigem Recht vereinbare Ermächtigungsgrundlage des Landesgesetzgebers für Bestimmungen hinsichtlich des Wahlalters bei Gemeinderatswahlen zu qualifizieren.
Gegen das ihnen am 20.06.2016 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts haben die Kläger am 23.06.2016 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. In der bis zum 20.09.2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist haben die Kläger ihre Berufung begründet und geltend gemacht, es lägen die „Berufungsgründe“ der ernstlichen Zweifel, der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten, der grundsätzlichen Bedeutung, der Divergenz und des Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 - 5 VwGO vor. Sie tragen vor, der Begriff des Volkes in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG und der in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG seien identisch. Nach dem Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 89, 155) könne Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG nicht das Volk im Sinne aller Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit meinen. Denn das Gericht habe unter Bezugnahme auf Art. 38 Abs. 1 und 2 GG formuliert, dass im Wahlakt die Staatsgewalt vom Volk ausgehe. Folglich gehe von dem, der nicht am Wahlakt nach Art. 38 Abs. 1 GG teilnehmen dürfe, keine Staatsgewalt aus; somit gehöre er auch nicht zum Volk i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Im OMT-Urteil (NJW 2016, 2473) habe das Gericht deutlich ausgesprochen, dass der Grundsatz der Volkssouveränität darin bestehe, dass jede in Deutschland ausgeübte öffentliche Gewalt einer auf die Wählerinnen und Wähler zurückführbaren Legitimation bedürfe; es habe gerade nicht auf die Legitimation durch die deutschen Staatsangehörigen abgestellt. Jede in Deutschland ausgeübte öffentliche Gewalt müsse daher auf das Aktivstaatsvolk zurückführbar sein. Die Ausführungen im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum kommunalen Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein (BVerfGE 83, 37) - dass das Staatsvolk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgehe, nach dem Grundgesetz von den Deutschen, also den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen, gebildet werde - könnten im Lichte der klarstellenden OMT-Entscheidung gerade nicht so verstanden werden, dass allein die deutsche Staatsangehörigkeit ausreiche, damit von einer Person Staatsgewalt i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG ausgehe. Die deutsche Staatsangehörigkeit sei danach eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung, um zum Volk i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG zu gehören. Denn im OMT-Urteil stelle das Gericht eindeutig einen Zusammenhang zwischen der Ausübung der Staatsgewalt i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG und dem Wahlrecht her. Daher könnten Personen, die minderjährig seien, die geistesgestört seien und unter rechtlicher Betreuung stünden und denen das Wahl- und Stimmrecht aufgrund strafrechtlicher Verurteilung entzogen worden sei, nicht Teil des Volkes i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG sein. Zudem müsse nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Umfang der Frage- und Informationsrechte des Deutschen Bundestags in Bezug auf Unterstützungseinsätze der Bundespolizei (BVerfGE 139, 194) das „Ausgehen der Staatsgewalt" vom Volk für das Volk wie auch für die Staatsorgane jeweils konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein. Für Minderjährige sei dies nicht möglich. Schon im Beschluss zum hamburgischen und bremischen Gesetz betreffend die Volksbefragung über Atomwaffen (BVerfGE 8, 104) sei deutlich ausgesprochen, dass die wahlberechtigten Bürger das Staatsvolk seien. Das gelte nach dem Lissabon-Urteil (BVerfGE 123, 267) auch für den Begriff des Volks in Art. 146 GG. Das Staatsvolk und das Volk im soziologisch-ethnologisch-politische Sinne seien, wie sich aus dem Südweststaat-Urteil (BVerfGE 1, 14) ergebe, nicht identisch. Auch das Bundesverwaltungsgericht (NVwZ 1999, 870) gehe davon aus, dass das Volk, auf das die Legitimation der Ausübung von Staatsgewalt zurückgehen müsse, die Gesamtheit der Staatsbürger sei. Mit diesen Entscheidungen habe sich das Verwaltungsgericht nicht hinreichend auseinander gesetzt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts könne nicht erklären, warum Minderjährige, Geisteskranke und Personen, denen das Wahlrecht aberkannt sei, wenn sie Teil des Volks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG darstellten, zuzumuten sei, sich Akten der öffentlichen Gewalt ausgesetzt zu sehen, die sie nicht legitimieren und beeinflussen könnten. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleiste eine einheitliche Legitimationsgrundlage in allen Gebietskörperschaften. Auf Bundes- und Landesebene sei ein 16-jähriger Jugendlicher von jeglicher Legitimierung von Staatsgewalt ausgeschlossen; er könne daher nicht Teil einer bundesweit einheitlichen Legitimationsgrundlage sein. Auf die vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob Art. 38 GG nur Bundestagswahlen regele und auf Wahlen und Abstimmungen in den Ländern nicht analog angewendet werden könne, komme es nicht allein an. Art. 38 GG sei im Zusammenhang mit Art. 20 Abs. 2 Satz 1, 2, Art. 29 Abs. 4, 6 und Art. 146 GG zu betrachten. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den bayerischen Kommunalwahlen (BVerfGE 99,1) besage zu dem engen Zusammenhang zwischen Wahlrecht und Ausgehen der Staatsgewalt i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG nichts, sondern betreffe nur die Frage der mit der Verfassungsbeschwerde rügefähigen subjektiven Rechtsposition.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegne rechtlichen Bedenken selbst dann, wenn man annehme, dass Staatsgewalt im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auch von allen 0 bis 17 Jahre alten deutschen Personen ausgehe. Denn dann sei zu klären, welchen Beurteilungsspielraum der Gesetzgeber bei der Festlegung des kommunalen Wahlalters habe und aufgrund welcher konkret ermittelten Tatsachen und wissenschaftlichen Erkenntnissen eine solche gesetzliche Ermessensentscheidung getroffen werden könne. Dem Landesgesetzgeber komme hier, wenn überhaupt, nur ein enger Ermessensspielraum zu. Der Gesetzgeber habe nicht hinreichend bedacht, dass mit der Absenkung des kommunalen Wahlalters 16 Jahre alte Jugendliche auch Bürgermeister sowie Landräte als untere Verwaltungsbehörde des Landes wählen könnten und nach § 1 Abs. 3 GemO die Pflicht hätten, verantwortlich an der bürgerschaftlichen Verwaltung teilzunehmen einschließlich der Teilnahme an Gemeindeversammlungen und Einwohnerversammlungen, dass das elterliche Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Wahltag, für Bürger- und Einwohnerversammlungen und für die Zeiträume der Unterschriftensammlung für Bürgerbegehren eingeschränkt werde und dass Jugendliche nicht nur Bürgerbegehren und Einwohneranträge unterzeichnen und initiieren dürften, sondern sogar gegen den Willen der Eltern Vertrauenspersonen von Bürgerbegehren, Ratsbegehren, Einwohneranträgen und Anträgen auf Durchführung von Einwohnerversammlungen werden könnten. Der Landesgesetzgeber traue einem 16 Jahre alten Jugendlichen sogar zu, dass er bei einem von ihm initiierten und unterzeichneten Bürgerbegehren ein Widerspruchsverfahren mit dem Regierungspräsidium führen und im Anschluss daran nach § 41 Abs. 2 KomWG Verpflichtungs- oder Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht erheben könne. Letzteres verstoße evident gegen die bundesrechtliche Regelung des § 62 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 104 Nr. 2 BGB und führe gemäß Art. 31 GG zur Nichtigkeit der gesamten landesrechtlichen Regelung. Ein Bescheid über ein von einem Jugendlichen initiiertes Bürgerbegehren könne nach § 6 Abs. 1 LVwZG auch nur seinen Eltern zugestellt werden. Im Zusammenhang mit Einwohner- und Bürgerbegehren könnten enorme Haftungsrisiken entstehen, die das übliche Taschengeld gemäß § 110 BGB eklatant überstiegen. Dabei habe das Bundesverfassungsgericht bereits 1986 entschieden, dass es mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht von Minderjährigen unvereinbar sei, wenn Eltern sie kraft ihrer Vertretungsmacht finanziell unbegrenzt verpflichten könnten. Zudem gehe der Landesgesetzgeber offenbar davon aus, dass das Initiieren von Bürgerbegehren auch für geisteskranke, medizinisch betreuungsbedürftige Jugendliche kein Problem sei, während er dies Volljährigen, die geisteskrank und medizinisch betreuungsbedürftig seien, nicht mehr zutraue. Mit diesen Fragen hätten sich der Gesetzgeber und das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt.
Die Gesetzesbegründung für die Absenkung des Wahlalters, dass Entscheidungen in den kommunalen Gremien weitreichende Konsequenzen für die nächste Generation haben könnten, sei ein falscher verfassungswidriger Ansatzpunkt. Sie verkenne, dass das Demokratieprinzip die Möglichkeit, eine reflektierte Wahlentscheidung zu treffen, als unabdingbar einstufe. Der einzig denkbare Begründungsansatz sei der Verweis auf die sechs Bundesländer, die das Minderjährigenwahlrecht bereits kennten. Dieser sei aber bereits deswegen kein plausibles Argument, weil die Schul- und Bildungspolitik in den einzelnen Bundesländern sehr verschieden sei. Zudem sei der Hinweis auf die anderen sechs Bundesländer in der Gesetzesbegründung falsch, weil es - anders als in der Begründung angegeben - in den anderen Bundesländern sehr wohl erhebliche Probleme gegeben habe. Das Land Hessen habe das kommunale und regionale Minderjährigenwahlrecht wieder rückgängig gemacht. Die Neuwählermotivationskampagnen zeigten, dass das Interesse der Neuwähler an der Kommunalpolitik gering sei. Die Einführung des Minderjährigenwahlrechts habe nicht zu einem wachsenden kommunalpolitischen Interesse der Jugendlichen geführt. Bei der Hamburgischen Bürgerschaftswahl habe das Minderjährigenwahlrecht zu einem Rückgang der Wahlbeteiligung geführt. Die äußerst geringen Teilnahmezahlen der minderjährigen Wähler in anderen Bundesländern entlarvten die Gesetzesbegründung als falsch. Dieser Gesichtspunkt sei zwingend zu berücksichtigen, da in der Gesetzesbegründung darauf abgestellt werde. Es gebe keine einzige Studie, dass die Mehrheit der Jugendlichen selber für das eigene Wahlrecht plädiere. Die Wahlauszählung in Bremerhaven 2015 habe gezeigt, dass die auszählenden Minderjährigen ohne Aufsicht mit der Auszählung der Stimmen deutlich überfordert seien. In Niedersachen habe es in den letzten ca. 20 Jahren rund 329 Bürgerbegehren gegeben, in Schleswig-Holstein in den letzten ca. 27 Jahren 489. Keines sei von einem Jugendlichen initiiert worden. Dies belege, dass Jugendliche Null kommunal- und regionalpolitisches Interesse hätten. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, den minderjährigen Jugendlichen könne die Reife und Fähigkeit zugesprochen werden, den Sinn, die Notwendigkeit und die Reichweite gemeindebezogener Entscheidungen zu beurteilen, seien nicht belegt. Der Ansatz des Verwaltungsgerichts sei zudem unvollständig, da er die Folgen der Gesetzesänderung im Zusammenhang mit Einwohneranträgen, Bürgerbegehren und der gerichtlichen Vertretung nach § 41 Abs. 2 KomWG nicht berücksichtige. Die Verschränkung der Aufgabenkreise von Gemeinden mit staatlichen Auftrags- und Weisungsaufgaben führe dazu, dass ein 16-jähriger Erstwähler, um die Seriosität von Programmaussagen auch nur einigermaßen beurteilen zu können, ein ganz erhebliches juristisches sowie bundes- und europapolitisches Fachwissen haben müsse. Die deutliche Mehrzahl der kommunalpolitischen Entscheidungen betreffe nicht jugendtypische Themen. Minderjährige Neuwähler hätten jedoch Lebenserfahrung, politisches Fachwissen, juristisches Fachwissen sowie Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Allgemeinheit nicht in ausreichendem Maße. Mit dem 16. Geburtstag sei die Entwicklung und Vollendung des menschlichen Gehirns noch nicht abgeschlossen. Ausgeprägte kognitive Schwächen bei 18-jährigen Abiturienten seien nachgewiesen, so dass die biologische Hirnreifung bei unter 18-Jährigen nicht hinreichend fortgeschritten sein könne. Die politische und allgemeine Lebenserfahrung nehme mit dem Lebensalter zu. Um die Ermessensgrundlagen der gesetzgeberischen Entscheidung zu untersuchen, hätte es einer Anhörung von Jugendpsychiatern und Jugendpsychologen als Sachverständige bedurft. Denn es gehe vorliegend bei dieser gesetzgeberischen Ermessensentscheidung nicht um eine Rechtsfrage, sondern um hirnorganische Reifungsprozesse, die ein subtileres Fachwissen erforderten, als es die interdisziplinären Erziehungswissenschaften vorweisen könnten. Diese Fragen seien einem Sachverständigenbeweis zugänglich. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die notwendige Reife sei gegeben, sei eine These ins Blaue hinein. Der Gesetzgeber habe zur Frage der ausreichenden Stimmrechtsmündigkeit Jugendlicher - anders als andere Länder - keine Sachverständigenanhörung durchgeführt und keine sachgerechten, wissenschaftlich fundierten Überlegungen angestellt. Eine Übernahme von Ergebnissen der in anderen Ländern durchgeführten Anhörungen, auf die der Senat hingewiesen habe, sei unzulässig, da diese zum Teil vor etwa 20 Jahren erfolgt seien, zwischen Stadtstaaten und Flächenländern Unterschiede bestünden und die Bildungspolitiken verschieden seien. Auch sei unklar, ob die in anderen Ländern angehörten wenigen Soziologen für die „Wissenschaft“ der Soziologie repräsentativ seien. In den dortigen Anhörungen sei es kaum jemals um die verfassungsrechtliche Frage der Wahlrechtsmündigkeit gegangen. Der Sachverständige ... habe sich dort mit dem Begriff der Wahlrechtsmündigkeit nicht auseinandergesetzt. Dessen Thesen in der Anhörung in Schleswig-Holstein, dass Jugendliche heute selbständiger als früher und früh für sich selbst verantwortlich seien, seien bestenfalls abenteuerlich und absurd. Die Tatsache, dass hormonelle und körperliche Entwicklungen bei Jugendlichen heute früher einsetzten, habe mit der notwendigen Verstandesreife für kommunalpolitische Fragen nichts zu tun. Ohne Erlaubnis der Eltern könnten Jugendliche viele wichtige Entscheidungen nicht treffen. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen hätten die meisten 13 Jahre alten Jugendlichen in Baden-Württemberg kein eigenes Bankkonto und lebten fast alle 16 Jahre alten Jugendlichen noch bei und von ihren Eltern. Der Sachverständige habe immerhin eingeräumt, dass Jugendliche in ihrer persönlichen Entwicklung noch nicht so gefestigt seien wie Erwachsene. Hingegen belege die Stellungnahme der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Anhörung in Schleswig-Holstein mehrere Studien und Umfragen, die das geringe Interesse von Jugendlichen an Politik nachweislich dokumentierten. Es sei widersprüchlich, Jugendlichen die Kompetenz für die Beurteilung von Vorgängen in der Gemeinde zuzusprechen, während das BGB davon ausgehe, dass sie als Private die Folgen vergleichbarer Entscheidungen für das eigene Leben noch nicht ausreichend abschätzen könnten. Es bestehe auch ein Widerspruch zum Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern. Eltern könnten mit ihrem Aufenthaltsbestimmungsrecht Jugendliche daran hindern, frei zu wählen. Das Minderjährigenwahlrecht verletze daher den Grundsatz der Freiheit der Wahl. Im Hinblick auf die Freiheit der Wahl sei der Gesetzgeber auch verpflichtet gewesen, für Jugendliche die Möglichkeit der Briefwahl zu streichen. Denn die Jugendlichen befänden sich in einem permanenten Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Eltern. Daher sei es lebensfremd anzunehmen, sie könnten ihre Wahlfreiheit tatsächlich gegen ihre eigenen Eltern durchsetzen. Erst recht gelte dies für geisteskranke Jugendliche. Auch das Ziel, die Jugend an die Kommunalpolitik heranzuführen, leuchte nicht ein, da bereits ein Jugendgemeinderat nach § 41a GemO existiere. Schließlich sei die im Rahmen einer Ermessensentscheidung erfolgte Absenkung des kommunalen Wahlalters bedenklich im Hinblick auf die Wahlperioden der Bürgermeister, Oberbürgermeister und Gemeinderäte. Insbesondere wenn ein Bürgermeister zum zweiten Mal zur Wahl antrete, diene die Wahl der Abrechnung oder Bestätigung der Arbeit in der gesamten vergangenen Legislaturperiode, reiche bei einem 16-Jährigen also in sein Alter von acht Jahren zurück. Gegen den Ansatz des Verwaltungsgerichts, die Gesetzesänderung sei nicht lebensfremd und nicht willkürlich, bestünden grundlegende Bedenken. Die Prüfung des wahlrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes begnüge sich nicht mit einer bloßen Willkürprüfung.
10 
Der Grundfehler des Verwaltungsgerichts bestehe vor allem darin, dass es das für die Wahlmündigkeit erforderliche Verantwortungsbewusstsein des Wählers anhand von rein gesellschaftlich und gesellschaftspolitisch wirkenden Vorschriften bestimmen wolle. Kommunale Wahlentscheidungen seien aber keine gesellschaftspolitischen Bereiche. Die Abstimmungsmündigkeit setze die Fähigkeit voraus, reflektierte Wahlentscheidungen zu treffen. Dies sei für die Wahlteilnahme, wie das Bundesverfassungsgericht entschieden habe (BVerfGE 132, 39), unabdingbar. Diese Fähigkeit sei eine andere als die in § 10 FeV vorausgesetzte. Aus § 10 FeV möge man entnehmen können, dass der Bundesgesetzgeber einem 16 Jahre alten Jugendlichen ein - geringes - technisches Verständnis zubillige. Die eingeräumten Möglichkeiten seien aber gering. Entscheidend sei zudem, dass der Jugendliche die Fahrerlaubnisklassen nach § 10 FeV nicht ohne Zustimmung seiner Eltern erwerben könne und geistesgestörte Jugendliche nach § 11 FeV keine Fahrerlaubnis erwerben könnten. Auch der Verweis des Verwaltungsgerichts auf § 107 BGB trage nicht. Denn das Demokratieprinzip verlange die Streichung der unmündigen Personen aus dem Wählerverzeichnis. Die sinngemäße Behauptung des Verwaltungsgerichts, der Minderjährige könne durch die Wahl- und Abstimmungsteilnahme keinen rechtlichen Nachteil erlangen, treffe nicht zu, wie die Folgen einer Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens als Vertrauensperson zeigten. Auch der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf § 110 BGB sei abwegig. Von der engen Ausnahmevorschrift des § 110 BGB, deren Auswirkungen minimalst seien, könne nicht auf die Verantwortungsfähigkeit für kommunalpolitische Entscheidungen geschlossen werden, insbesondere bei geisteskranken Jugendlichen. Auch auf § 1303 BGB berufe sich das Verwaltungsgericht zu Unrecht. Die Vorschrift habe nicht die Eigenverantwortung des Jugendlichen im Blick, sondern diene der staatlichen Kontrolle eines Wunsches eines Minderjährigen, die Ehe einzugehen. Ebenso sei § 60 BetrVG hier unergiebig. Die Vorschrift gewährleiste in einem ganz eng begrenzten Rahmen die Möglichkeit, dass minderjährige Arbeitnehmer Jugend- und Auszubildendenvertretungen wählen dürften. Sie setze voraus, dass die Eltern einem Arbeitsverhältnis bereits zugestimmt hätten. Die Vorschrift werde vom Bundesarbeitsgericht restriktiv ausgelegt. Das Bundesverfassungsgericht betone den Unterschied zu Wahlen nach Art. 28 GG. Der Umstand, dass Jugendlichen ab 16 Jahren die Anwesenheit bei Tanzveranstaltungen bis 24 Uhr gestattet sei, lasse keinerlei Rückschluss auf die notwendige Reife für kommunalpolitische Entscheidungen zu. Zudem stehe die Anwesenheit Minderjähriger bei Tanzveranstaltungen bis 24 Uhr unter dem Vorbehalt des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Eltern. Gleiches gelte für die Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes, zu welchen Zeiten Jugendliche beschäftigt werden dürften. Auch § 63 Abs. 3 Satz 1 LHG zur Hochschulzugangsberechtigung Minderjähriger besage nichts über deren kommunalpolitische Reife. Die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, dass diese minderjährige Personengruppe ein hohes Maß an Eigenverantwortung trage, könne nur die Verantwortung für sich selbst, aber nicht die Verantwortung für die Allgemeinheit meinen. § 3 Satz 1 JGG schränke das Ermessen des Landesgesetzgebers, das Wahlalter abzusenken, ein. Denn nach dieser Vorschrift sei ein Jugendlicher nur strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug sei, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Es sei allgemein anerkannt, dass es daran fehle, wenn der Jugendliche Straftatbestände erfülle, die staatspolitische oder wirtschaftsrechtliche Kenntnisse der Gesellschaftsordnung voraussetzten. Solche Kenntnisse seien für ein reflektiertes Wahl- und Abstimmungsverhalten im kommunalen Bereich jedoch unabdingbar. Das Verwaltungsgericht habe zudem die bundesgesetzlichen Wertungen der §§ 45, 92a, 101, 102, 108c, 108e, 109i StGB und des § 6 JGG komplett ignoriert. Ein 16 Jahre alter Wahlfälscher müsse aufgrund des § 6 Abs. 2 JGG keinen Verlust des Wahl- oder Stimmrechts befürchten, ein volljähriger Wahlfälscher sehr wohl. Diese Ungleichbehandlung sei sachlich nicht gerechtfertigt. Insoweit liege auch ein Verstoß gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung vor.
11 
Ein solcher Verstoß gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung bestehe auch im Verhältnis zu den abschließenden Regelungen der §§ 1896 ff. BGB. Damit habe der Gesetzgeber betreuungsbedürftige Personen von wichtigen persönlichen Angelegenheiten ausschließen wollen. Dem widerspreche es, dass geistesgestörte Jugendliche kommunalpolitische Entscheidungen treffen dürften. Somit fehle es dem Gesetzgeber entweder an der Gesetzgebungskompetenz für die Wahlalterabsenkung oder der Ermessensspielraum des Landesgesetzgebers sei insoweit auf Null reduziert. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Wahlrecht geisteskranker Jugendlicher seien mit den engen Voraussetzungen des Bundesverfassungsgerichts zu Ungleichbehandlungen verschiedener Wählergruppen unvereinbar. Die Argumentation, die Gruppe der betroffenen Jugendlichen sei vergleichsweise klein, sei nicht belegt; durch die Absenkung des Wahlalters gebe es im Land 200.000 neue Jungwähler; zudem gebe es in Baden-Württemberg - anders als in Thüringen, für das der Beklagte behauptet habe, dass gemäß einer amtlichen Äußerung die Zahl der geisteskranken Jugendlichen dort gering sei - prozentual viele kleine Gemeinden, in denen sich auch die Teilnahme einer geringen Zahl geisteskranker Jugendlicher auswirken könne. Diese Argumentation lasse auch offen, worauf sich dieser Vergleich beziehe, und berücksichtige nicht, dass in kleinen Gemeinden mit wenigen Stimmberechtigten auch die Teilnahme einer kleinen Anzahl von geisteskranken Minderjährigen erhebliche Auswirkungen auf den Wahlausgang haben könne. Dazu trage insbesondere bei, dass es bei Kommunalwahlen keine 5 %-Hürde gebe und aufgrund der Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens Wahllisten keine so starke Bedeutung hätten wie bei anderen Wahlen. Für eine „Bagatellklausel“ sei daher kein Platz. Die Behauptung des Beklagten, dass die Zahl der geisteskranken Jugendlichen gering sei, verkenne, dass Krisenfälle und Verhaltensstörungen in Schulen drastisch zunähmen und bei sehr vielen Jugendlichen auch Scheidungen der Eltern, psychische Erkrankungen, Drogenmissbrauch, Beziehungsprobleme zu den Eltern und zu anderen Bezugspersonen und Kindesmissbrauch hinzukämen. Aufgrund der für Heidelberg belegten Zahlen von Jugendlichen, die sich in verschiedenen Einrichtungen der Erziehungshilfe zur medizinischen Betreuung befänden, und der bestehenden Wartezeiten für solche Einrichtungen müsse sich die Zahl der betroffenen kranken Jugendlichen in Heidelberg auf mindestens 200 belaufen. Nach seriösen Studien betrage der Anteil der medizinisch betreuungsbedürftigen Jugendlichen in allen Alters- und Schulklassen im statistischen Durchschnitt zwischen 3 und 10 %. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Eltern solcher Jugendlicher diese nicht wählen ließen. Die ausnahmslose Einbeziehung auch geistesgestörter, psychisch kranker Jugendlicher in die Regelungen zur Absenkung des Wahlalters sei mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Stimmrechtsmündigkeit unvereinbar und verstoße gegen die Sperrwirkung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Betreuungsrecht als Teil des bürgerlichen Rechts nach Art. 74 Nr. 1 GG.
12 
Auch die Ausführungen zum Landesverfassungsrecht überzeugten nicht. Der Wortlaut des Art. 26 Abs. 1 LV habe einen höheren Rang als die vom Verwaltungsgericht bemühte Entstehungsgeschichte. Art. 72 Abs. 3 LV berechtige nicht zur Abweichung von den in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG aufgestellten Wahlgrundsätzen. Das erstinstanzliche Urteil begegne auch deswegen Bedenken, weil es nicht ansatzweise die im Wahleinspruch gerügte Doppelteilnahme von EU-Ausländern thematisiere. Schließlich lägen die Berufungsgründe der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten und des Verfahrensmangels vor.
13 
Die Kläger beantragen,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11.05.2016 - 4 K 2062/14 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 04.07.2014 zu verpflichten, die Heidelberger Gemeinderatswahlen für ungültig zu erklären,
15 
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Wahleinspruchsverfahren für notwendig zu erklären.
16 
Der Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Zutreffend sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Begriff des Volkes i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG sämtliche Deutschen und die ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen umfasse. Dies folge aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum kommunalen Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein. Diese Entscheidung habe nach wie vor Bestand. Das Verwaltungsgericht weiche mit seinem Urteil nicht von den von den Klägern angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ab. Die zitierten Entscheidungen belegten nicht, dass das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht den Begriff des Volkes i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG in der Weise verstünden, dass es sich hierbei nur um die deutschen, nach Art. 38 Abs. 2 GG wahlberechtigten Bürger, d.h. die volljährigen wahlberechtigten Deutschen i.S.v. von Art. 116 Abs. 1 GG handele. Die Entscheidungen belegten vielmehr, dass es sich bei dem Begriff des Volkes im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG um das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland handele und dass dieses Volk von den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen gebildet werde und dass der Volksbegriff in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG ein anderer sei. In Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG gehe es um die Ausübung der Staatsgewalt in Wahlen zum Deutschen Bundestag, was durch die wahlberechtigten Deutschen geschehe. Die Wahlberechtigung indes ergebe sich nicht aus Art. 20 Abs. 2 GG, sondern aus Art. 38 Abs. 2 GG. Nach dieser Vorschrift seien nur die volljährigen Deutschen zum Bundestag wahlberechtigt. Es gehe um den Modus, in welchem die dem Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG zugeordnete Staatsgewalt ausgeübt werde. Bei dieser tatsächlichen Ausübung der Staatsgewalt meine das Grundgesetz den engeren Kreis der wahl- und stimmberechtigten Staatsangehörigen. Wenn das Bundesverfassungsgericht im Maastricht-Urteil ausführe, dass im Wahlakt die Staatsgewalt vom Volk ausgehe, so stelle dies den Bezug zu Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG her, wonach die tatsächliche Ausübung der Staatsgewalt vom Volke in Wahlen geschehe. Das Bundesverfassungsgericht bleibe auch in dieser Entscheidung bei den unterschiedlichen Volksbegriffen des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum parlamentarischen Informationsrecht stütze die Auffassung der Kläger nicht. Die Ausführungen, dass das Ausgehen der Staatsgewalt vom Volk für dieses und für die Staatsorgane konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein müsse, bedeuteten nicht, dass mit Volk im Sinne des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG nur die wahlberechtigten Deutschen gemeint sein könnten. Vielmehr werde auch hier der Zusammenhang zwischen dem Volk als Träger der Staatsgewalt und der realen Ausübung derselben durch einen Teil des Volks in Wahlen betont. Aus dem OMT-Urteil folge nichts anderes. Indem das Bundesverfassungsgericht ausführe, dass Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG den Zusammenhang zwischen Wahlrecht und Ausübung der Staatsgewalt herstelle und dass jede in Deutschland ausgeübte öffentliche Gewalt auf den Bürger zurückführbar sein müsse, bestätige es die verschiedenen Volksbegriffe des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG. Wiederum werde deutlich, dass das Volk als Träger der Staatsgewalt handeln können müsse, was - wie Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG bestimme - unter anderem durch Wahlen geschehe, bei denen auf Bundesebene nur ein Teil des Staatsvolks wahlberechtigt sei. Das Volk im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG seien wie im Rahmen von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG die Deutschen und die nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen. Art. 38 Abs. 1 und 2 GG stehe der Herabsetzung des Wahlalters bei Kommunalwahlen nicht entgegen. Das Wahlalter von 18 Jahren in Art. 38 Abs. 2 GG gelte für die Wahl zum Bundestag. Gegen die Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichheit der Wahl werde durch die Absenkung des Wahlalters nicht verstoßen. Dass 16- und 17-jährige Bürger Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens im Sinne von § 20 Abs. 3 Satz 7 GemO sein könnten, sei eher theoretischer Natur. Die vom Verwaltungsgericht angeführten Regelungen aus anderen Bereichen belegten, dass der Gesetzgeber Jugendlichen in bestimmten Bereichen des Lebens die erforderliche Reife zuspreche. In der Gesamtschau sei damit belegt, dass Jugendlichen ab 16 Jahren rechtliche Möglichkeiten zum selbstständigen Handeln eingeräumt würden und diese hierzu auch in der Lage seien. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet gewesen, zur Frage der Verstandesreife von Jugendlichen eine Sachverständigenanhörung durchzuführen. Er könne sich mit Mehrheitsentscheidung trotz von Sachverständigen geäußerten Bedenken für eine Absenkung des Wahlalters entscheiden. Die Absenkung des Wahlalters sei auch mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern nach § 1626 BGB gegenüber Minderjährigen vereinbar. Sicher sei es denkbar, dass 16- und 17-Jährige aufgrund ihrer Abhängigkeit von den Eltern an der Möglichkeit gehindert würden, frei zu wählen. Der Grundsatz der Freiheit der Wahl solle den Bürger vor obrigkeitlicher Beeinflussung schützen. Eine Verhinderung jeglicher Einflussnahme durch Mitmenschen sei jedoch nicht bezweckt. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Landesverfassung seien zutreffend. Die Kläger könnten keine Argumente darlegen, die die Auffassung des Verwaltungsgerichts entkräfteten. Art. 26 Abs. 8 LV, der auf Art. 72 LV verweise, sei eindeutig. Für den kommunalen Bereich sei Art. 72 LV eine Spezialregelung zu Art. 26 LV. Die Absenkung des Wahlalters sei auch nicht mit §§ 1896 ff. BGB unvereinbar. Die von den Klägern geltend gemachte Ungleichbehandlung der von der Regelung des § 14 Abs. 2 Nr. 2 GemO erfassten Volljährigen, für die zur Besorgung ihrer Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt sei, gegenüber den 16- und 17-Jährigen, für die keine Betreuung angeordnet werden könne, liege nicht vor. Der Beklagte teile die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Anzahl der 16- und 17-Jährigen, die psychisch erkrankt seien und als Volljährige eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB bedürften, aber dennoch tatsächlich von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, als gering betrachtet werden könne. Dies bestätigten die Zahlen zur Bundestagswahl 2013, bei der der Ausschluss vom Wahlrecht 0,14 % der Menschen, die bei der letzten Bundestagswahl wahlberechtigt gewesen seien, und 0,83 % der Menschen mit amtlich anerkannter Behinderung betroffen habe. Die von den Klägern dargestellten Fälle seien theoretischer Natur. Indem das Verwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten zur biologischen Hirnreife von 16- und 17-Jährigen nicht eingeholt und auch keinen Beweis über die Wahlbeteiligung von Minderjährigen in anderen Bundesländern erhoben habe, habe es weder Art. 103 Abs. 1 GG noch § 86 Abs. 1 VwGO verletzt. Die Feststellung der Wahlmündigkeit von 16- und 17-Jährigen sei eine Wertungsfrage, die unter anderem aufgrund des Reifezustands dieser Altersgruppe getroffen werde und einem Sachverständigengutachten nicht zugänglich sei. Für die politische Urteilsfähigkeit junger Menschen müsse zudem zwischen Erfahrung und biologischer Hirnreifung unterschieden werden. Die Wahlbeteiligung minderjähriger Wähler in anderen Bundesländern sei hier nicht relevant. Die Wahlbeteiligung erlaube keine Rückschlüsse auf die Wahlmündigkeit.
19 
Der Senat hat am 01.06.2017 mündlich verhandelt. In der Verhandlung haben die Beteiligten ein ergänzendes Schriftsatzrecht bis zum 30.06.2017 erhalten und auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungsakten, die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die Berufung ist zurückzuweisen. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
I.
22 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Zwar haben die Kläger mit ihrem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 20.09.2016 Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt, obwohl bereits das Verwaltungsgericht die Berufung gegen sein Urteil zugelassen hatte. Der Schriftsatz vom 20.09.2016 genügt jedoch den Anforderungen für eine Berufungsbegründung. Die Begründung der Berufung nach § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO muss erkennen lassen, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen dieses Urteil nach Ansicht der Berufungskläger unrichtig sein soll und geändert werden muss. Hierfür müssen die Berufungskläger zumindest eine bestimmte tatsächliche Feststellung, eine rechtliche Sachverhaltswürdigung oder eine allgemeine Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die dessen Urteil tragen, angreifen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 17.12.2015 - 6 B 24/15 - juris). Die Ausführungen zu den Zulassungsgründen des § 124 Abs. 2 VwGO lassen zwar nicht immer erkennen, aus welchen Gründen das Urteil des Verwaltungsgerichts i.S.d. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO zu ändern sein soll. Jedoch ist jedenfalls mit den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung hinreichend dargelegt, warum aus Sicht der Kläger das angegriffene Urteil unrichtig und in der Sache anders zu entscheiden sein soll.
II.
23 
Die Berufung ist nicht begründet, denn die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Bescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.07.2014 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Mit diesen Bescheiden hat das Regierungspräsidium zutreffend die Wahleinsprüche der Kläger zurückgewiesen. Die von den Klägern behaupteten Wahlfehler bestehen nicht.
25 
1. Die Tatsache, dass an der Wahl auch 16- und 17-jährige Jugendliche teilnehmen konnten, begründet keinen Wahlfehler.
26 
Nach § 14 Abs. 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 sind die Bürger im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt und haben das Stimmrecht in sonstigen Gemeindeangelegenheiten. Ausgeschlossen vom Wahlrecht und vom Stimmrecht sind nach Absatz 2 dieser Vorschrift Bürger, die infolge Richterspruchs in der Bundesrepublik Deutschland das Wahlrecht oder Stimmrecht nicht besitzen (Nr. 1), sowie diejenigen Bürger, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 BGB bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst (Nr. 2). Bürger der Gemeinde im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 ist, wer Deutscher im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt (Unionsbürger), das 16. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt.
27 
Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 mit Bundesrecht (a) und der Landesverfassung für Baden-Württemberg (b) vereinbar.
28 
a) aa) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen verstößt nicht gegen das Demokratieprinzip der Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG und Art. 28 Abs. 1 GG. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu unter 1.1 bis 1.3 der Urteilsgründe (UA, S. 10 - 15) nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist zu ergänzen:
29 
Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG enthält den Grundsatz der Volkssouveränität und bestimmt, wer das Volk ist, das in Wahlen, Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Staatsgewalt ausübt: Es ist das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland.Das Volk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgeht, wird nach dem Grundgesetz von den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen gebildet. Die Zugehörigkeit zum Staatsvolk der Bundesrepublik wird also grundsätzlich durch die Staatsangehörigkeit vermittelt (BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 - 2 BvF 2/89 u.a. - BVerfGE 83, 37, juris Rn. 53 ff.; ebenso, statt vieler: StGH Bremen, Urt. v. 31.01.2014 - St 1/13 - juris Rn. 54, m.w.N.; Dreier-Dreier, GG, 3. Aufl., Art. 20 [Demokratie] Rn. 90 sowie Präambel Rn. 67; HStR-Grawert, 3. Aufl., § 16 Rn. 20; Sachs-Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 20 Rn. 72a; HStR-Böckenförde, 3. Aufl., § 24 Rn. 26). Die Staatsangehörigkeit bzw. die Stellung nach Art. 116 Abs. 1 GG ist die einzige Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Staatsvolk i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG (Maunz/Dürig-Grzeszik, GG, Art. 20 II Rn. 79 [Stand: Jan. 2010]). Die Bestimmungen des Art. 28 Abs. Sätze 1 und 2 GG gehen von demselben Begriff des Staatsvolks aus wie Art. 20 Abs. 2 GG (BVerfG, Urt. v. 31.10.1990, a.a.O., Rn. 57 ff.; Kammerbeschl. v. 31.03.2016 - 2 BvR 1576/13 - juris Rn. 58, 60; ebenso: Maunz/Dürig-Mehde, GG, Art. 28 Abs. 1 Rn. 88 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, GG, Art. 28 Rn. 68 [Stand: April 2016]; von Münch/Kunig-Löwer, GG, 6. Aufl., Art. 28 Rn. 26; a.A. Epping/Hillgruber-Huster/Rux, GG, 2. Aufl., Art. 20 Rn. 13).
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Die Auffassung der Kläger, zum Staatsvolk i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gehörten nur die volljährigen Deutschen, die nicht unter rechtlicher Betreuung stünden und denen das Wahlrecht nicht aufgrund strafrechtlicher Verurteilung entzogen worden sei, und folglich sei das Wahlrecht für Jugendliche wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip verfassungswidrig, trifft daher nicht zu. Die dargelegte Auslegung des Begriffs des Volks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG durch das Bundesverfassungsgericht im Urteil zum kommunalen Wahlrecht für Ausländer in Schleswig-Holstein hat nach wie vor Bestand. Dem entspricht es, dass das Bundesverfassungsgericht es als aus zwingenden Gründen mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen hat, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird (BVerfG, Beschl. v. 23.10.1973 - 2 BvC 3/73 - BVerfGE 36, 139; Beschl. v. 21.09.1976 - 2 BvR 350/75 - BVerfGE 42, 312; Beschl. v. 09.10.2000 - 2 BvC 2/99 - NVwZ 2002, 69), mithin in der Altersgrenze des Art. 38 Abs. 2 Halbs. 1 GG eine Durchbrechung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl sieht (ebenso: Jarass/Pieroth-Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 38 Rn. 18; Schreiber, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 251 [Stand: August 2013]; Dreier-Morlok, GG, 3. Aufl., Art. 38 Rn. 72; Sachs-Magiera, GG, 7. Aufl., Art. 38 Rn. 81; jedoch ist die Altersgrenze des Art. 38 Abs. 2 Halbs. 1 GG nicht an den Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 38 Abs. 1 GG zu messen, da die Regelungen auf gleicher Rangebene stehen, vgl.: BVerfG, Beschl. v. 15.01.2009 - 2 BvC 4/04 - BVerfGE 122, 304, 309; Beschl. v. 31.01.2012 - 2 BvC 11/11 - juris Rn. 4). Träfe die Auffassung der Kläger zu, dass die deutsche Staatsangehörigkeit nur die notwendige, aber nicht eine hinreichende Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Staatsvolk ist und dass 16- und 17-Jährige bereits nicht zum Volk i.S.v. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gehören, wäre hingegen der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl von vornherein durch die Mindestaltersgrenze von 18 Jahren in Art. 38 Abs. 2 GG in keinster Weise betroffen und nicht zu prüfen.
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Aus den von den Klägern in Anspruch genommenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Ob das bereits daraus folgt, dass - wie der Beklagte geltend macht - das Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG die deutschen Staatsangehörigen und die ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen meine und das Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG die Aktivbürger (vgl. dazu: Sachs-Sachs, a.a.O., Art. 20 Rn. 27a, 28; Dreier-Dreier, a.a.O., Art. 20 [Demokratie] Rn. 90, 93 mit Fn. 361;Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1345; a.A. Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498, m.w.N.) und die von den Klägern herangezogenen Entscheidungen im Wesentlichen Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG beträfen, kann hier offen bleiben. Denn in keiner der Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht die Auslegung aus dem Urteil zum Kommunalwahlrecht für Ausländer in Schleswig-Holstein aufgegeben. Soweit im Urteil zu Frage- und Informationsrechten des Bundestags ausgeführt ist, dass das "Ausgehen der Staatsgewalt" vom Volk für das Volk wie auch für die Staatsorgane jeweils konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein müsse (BVerfG, Urt. v. 02.06.2015 - 2 BvE 7/11 - BVerfGE 139, 194, juris Rn. 106), dient dies lediglich der Begründung, warum die Kontrollfunktion des Parlaments Ausdruck des Demokratieprinzips ist und der Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft auch durch den parlamentarischen Einfluss auf die Politik der Regierung hergestellt wird. Aus den Urteilen zum Maastricht-Vertrag, zum Lissabon-Vertrag und zum OMT-Programm folgt keine Begrenzung des Staatsvolks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auf die wahlberechtigten Deutschen. Soweit in diesen Entscheidungen auch im Zusammenhang mit dem Demokratieprinzip von der Rückführung der Ausübung öffentlichen Gewalt auf die Wähler bzw. den Wahlakt gesprochen wird (BVerfG, Urt. v. 30.06.2009 - 2 BvE 2/08 - BVerfGE 123, 267, juris Rn. 179; Urt. v. 12.10.1993 - 2 BvR 2134/92 u.a. - BVerfGE 89, 155, juris Rn. 61; Urt. v. 21.06.2016 - 2 BvE 13/13 u.a. - NJW 2016, 2473, juris Rn. 82), hat dies seinen Grund darin, dass als im Rahmen der Verfassungsbeschwerde rügefähiges Recht, um eine nationale verfassungsgerichtliche Kontrolle der Aufgabenübertragung an die Europäische Union und der Aufgabenwahrnehmung von Organen der Europäischen Union im Hinblick auf ultra vires-Akte zu erreichen, ernsthaft nur Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit einer „Subjektivierung des Demokratieprinzips“ (vgl. dazu kritisch Dreier-Dreier, a.a.O., Art. 20 [Demokratie] Rn. 80 f.) in Betracht kommt. Die Passage im Beschluss zur Wahlberechtigung Auslandsdeutscher, dass die Möglichkeit, eine reflektierte Wahlentscheidung zu treffen, für die Wahlteilnahme unabdingbar ist (BVerfG, Beschl. v. 04.07.2012 - 2 BvC 1/11 -, BVerfGE 132, 39, juris Rn. 41), erlaubt keine Rückschlüsse auf die von den Klägern postulierte Auslegung des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht im Südweststaat-Urteil zwischen dem Staatsvolk und dem Volk im soziologisch-ethnologisch-politischen Sinn unterschieden hat (BVerfG, Urt. v. 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 - BVerfGE 1, 14, juris Rn. 133), besagt nichts für die Frage, wie der Begriff des Volks in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auszulegen ist. Auch die Entscheidung zur Volksbefragung über Atomwaffen ist hier unergiebig: Soweit das Bundesverfassungsgericht dort von den wahlberechtigten Bürgern als dem Staatsvolk spricht (BVerfG, Beschl. v. 30.07.1958 - 2 BvF 3/58 - BVerfGE 8, 104, juris Rn. 33), geht es um die Qualifikation der Volksbefragung als Mitwirkung an der Staatswillensbildung in Abgrenzung zur Willensbildung des Volkes; an einer begrifflichen Fassung des Begriffs des Staatsvolkes war dem Gericht hier nicht gelegen; es sah sich daher durch diesen Beschluss auch nicht gehindert, im Urteil zum kommunalen Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein den Begriff des Staatsvolkes als nicht auf die Wahlberechtigten beschränkt anzusehen.
32 
Auch folgt aus dem Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts zum Lippeverband nichts zum Begriff des Staatsvolks i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Soweit das Gericht dort das Volk im demokratischen Sinn in Beziehung zur Aktivbürgerschaft gesetzt hat (BVerwG, Beschl. v. 17.12.1997 - 6 C 1/97 - NVwZ 1999, 870, juris Rn. 52), geht es allein darum, dass die hinreichende demokratische Legitimation der Organe und Amtswalter des Lippeverbands durch das Volk erfolgen müsse, eine Legitimation durch die Mitglieder des Verbands hingegen nicht ausreiche.
33 
bb) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17-Jährige bei Kommunalwahlen verstößt auch nicht gegen Art. 38 Abs. 2 GG. Aus dieser Norm folgen keine unmittelbaren Vorgaben für die Festsetzung eines Mindestalters für das aktive Wahlrecht bei Landtags- und Kommunalwahlen durch den Landesgesetzgeber. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht unter 1.2 seiner Urteilsgründe insoweit ausgeführt, dass Art. 38 Abs. 2 GG nur eine Regelung für Bundestagswahlen trifft. Auch aus dem Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG folgt nichts anderes, es verweist nicht auf Art. 38 Abs. 2 GG (Maunz/Dürig-Klein, GG, Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]; Schroeder, JZ 2003, 917, 921, Fn. 50; Schmidt-de Caluwe, NVwZ 2001, 270, 274; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498). Die Länder sind bei der Ausgestaltung des Wahlsystems für Landtags- und Kommunalwahlen gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG an die allgemeinen Wahlrechtsgrundsätze der Freiheit, Gleichheit, Allgemeinheit, Geheimheit und Unmittelbarkeit gebunden, bei Beachtung dieser Grundsätze in der Ausgestaltung des Wahlsystems jedoch frei (BVerfG, Urt. v. 11.08.1954 - 2 BvK 2/54 - BVerfGE 4, 31, juris Rn. 55; Beschl. v. 16.07.1998 - 2 BvR 1953/95 - BVerfGE 99, 1, juris Rn. 30, 45 f.; Epping/Hillgruber-Hellermann, GG, 2. Aufl., Art. 28 Rn. 15; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, GG, 13. Aufl., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, GG, 6. Aufl., Art. 28 Rn. 85, 92, 97).
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cc) Das aktive Wahlrecht für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verletzt keinen der in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG genannten Wahlrechtsgrundsätze.
35 
aaa) Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist durch die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre nicht verletzt. Dieser untersagt den unberechtigten Ausschluss von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl überhaupt. Er verbietet dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen. Begrenzungen der Allgemeinheit der Wahl sind verfassungsrechtlich zulässig, sofern für sie ein zwingender Grund besteht. So ist es von jeher aus zwingenden Gründen als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen worden, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird. Ebenso galt es immer als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl vereinbar, dass vom Wahlrecht ausgeschlossen blieb, wer entmündigt war, wer unter vorläufiger Vormundschaft oder wegen geistigen Gebrechens unter Pflegschaft stand oder wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besaß (BVerfG, Beschl. v. 23.10.1973, Beschl. v. 21.09.1976, Beschl. v. 09.10.2000, je a.a.O.).
36 
Zwar wird der Kreis der Wahlberechtigten mit der Absenkung des Wahlalters erweitert und die in einer Altersgrenze liegende Beschränkung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl folglich abgemildert. Gleichwohl ist hier der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl zu prüfen (a.A. Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Oebbecke, JZ 2003, 987, 988). Denn der Gesetzgeber ist bei der Festlegung einer abgesenkten Wahlaltersgrenze nicht frei. Er hat den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz zu beachten, dass das aktive Wahlrecht ein Mindestmaß an Reife und Urteilskraft und daher ein entsprechendes Mindestalter voraussetzt. Voraussetzung für die Gewährung der Wahlberechtigung ist ein gewisser Grad an politischer Einsichtsfähigkeit (VG Stuttgart, Urt. v. 14.12.2015 - 7 K 3140/15 - juris Rn. 42; VG Saarland, Urt. v. 04.11.2016 - 3 K 921/15 - juris Rn. 27; Mußgnug, FS Roellecke, 1995, 165, 173, 175; von Münch, NJW 1995, 3165, 3166; Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1344; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Holste, DÖV 2005, 110, 111; Rolfsen, DÖV 2009, 348, 355; a.A. Oebbecke, JZ 2004, 987, 989 f.: Einsichtsfähigkeit nicht notwendig für Innehabung des Wahlrechts, sondern nur für Ausübung). Dabei besteht bei der Festlegung des Wahlalters ein Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (Breuer, NVwZ 2002, 43, 45; Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1344; Schmidt-de Caluwe, NVwZ 2001, 270, 274). Die Länder können daher im Rahmen der grundgesetzlichen Vorgaben das Wahlalter abweichend von Art. 38 Abs. 2 GG regeln (Maunz/Dürig-Mehde, a.a.O., Art. 28 Abs. 1 Rn. 90 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, a.a.O., Art. 28 Rn. 72 [Stand: April 2016]; Epping/Hillgruber-Hellermann, a.a.O., Art. 28 Rn. 15.1; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, a.a.O., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, a.a.O., Art. 28 Rn. 93; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; ähnlich Maunz/Dürig-Klein, a.a.O., Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]: Absenkung des Wahlalters für Landtage wohl kein Verstoß gegen Bundesverfassungsrecht). In diesem Rahmen ist dem Gesetzgeber eine generalisierende Regelung gestattet, da die Wahlmündigkeit im Einzelfall nicht geprüft werden kann (Schroeder, JZ 2003, 917, 921).Neben der hinreichenden Einsichtsfähigkeit der 16- und 17-Jährigen sind deren kommunalpolitisches Interesse und ein zahlreiches Gebrauchmachen vom Wahlrecht hingegen kein verfassungsrechtliches Erfordernis.
37 
Für die Entscheidung des Landesgesetzgebers, die Mindestaltersgrenze für das aktive Wahlrecht bei Landtags- und Kommunalwahlen zu regeln, kommt der Festlegung der verfassungsgebenden Gewalt im Bund, dass nach Art. 38 Abs. 2 GG wahlberechtigt ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat, auch keine maßstabsbildende Funktion zu. Eine solche Funktion nimmt indessen Schreiber an: In Bezug auf das Wahlberechtigungsalter komme der Entscheidung des Grundgesetzes – trotz ihrer unmittelbaren Geltung allein für Bundestagswahlen – unter verfassungspolitischen, soziologischen, pädagogischen und entwicklungspsychologischen Erwägungen eine gesamtstaatliche Relevanz für Parlamentswahlen zu (gesamtstaatliche Einschätzungsprärogative des Bundesverfassungsgebers). Die an Art. 28 Abs. 1 und Art. 20 GG gebundenen Landesgesetzgeber hätten sich deshalb hinsichtlich des Wahlberechtigungsalters bei Wahlen zu den Landesparlamenten an der Bundesregelung zu orientieren. Hinsichtlich des Wählbarkeitsalters sei nicht von einer entsprechenden gesamtstaatlichen Bedeutung und Tragweite der Entscheidung des Bundesverfassungsgebers auszugehen. Bezogen auf Kommunalwahlen bestehe verfassungsrechtlich kein „Homogenitätsgebot“, doch spreche insbesondere unter sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen über die politische Reife und Bildung vieles dafür, eine Einheitlichkeit der Regelung auf allen Wahlebenen zu wahren (Schreiber, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 254 [Stand: August 2013]). Verfassungspolitisch mag ein einheitliches Wahlalter für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen wünschenswert sein. Eine rechtliche Bindung bei der Ausübung des Gestaltungsspielraums des jeweiligen Gesetzgebers besteht jedoch nicht. Das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG erfasst allein die fünf dort aufgeführten Wahlrechtsgrundsätze, von denen hier keiner verletzt ist. Für eine Begrenzung der Einschätzungsprärogative des Landesgesetzgebers fehlt daher eine normative Grundlage. Dies zeigen auch die Überlegungen Schreibers selbst. Die Tatsache, dass er Differenzierungen hinsichtlich aktivem und passivem Wahlalter sowie zwischen Landtags- und Kommunalwahlen vornimmt, zeigt, dass es sich lediglich um Fragen der politischen Opportunität handelt, nicht hingegen um normative Bindungen.
38 
Von diesem Maßstab ausgehend, ist die Entscheidung des Gesetzgebers, das Mindestalter für die Ausübung des aktiven Wahlrechts bei Kommunalwahlen in Baden auf 16 Jahre abzusenken, nicht zu beanstanden und von dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt (ebenso für eine Absenkung auf 16 Jahre bei Kommunal- oder Landtagswahlen: Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498;Rolfsen, DÖV 2009, 348, 355;Epping/Hillgruber-Huster/Rux, a.a.O., Art. 20 Rn. 71.1; allgemein für eine Zulässigkeit einer Absenkung durch die Länder: Maunz/Dürig-Mehde, a.a.O., Art. 28 Abs. 1 Rn. 90 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, a.a.O., Art. 28 Rn. 72 [Stand: April 2016]; Epping/Hillgruber-Hellermann, a.a.O., Art. 28 Rn. 15.1; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, a.a.O., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, a.a.O., Art. 28 Rn. 93; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Maunz/Dürig-Klein, a.a.O., Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]). Expertenanhörungen in Gesetzgebungsverfahren anderer Länder, die das Wahlalter für Landtags- oder Kommunalwahlen auf 16 Jahre gesenkt haben, zeigen, dass gute Gründe für die Annahme sprechen, dass Jugendliche ab 16 Jahre typsicherweise die notwendige Reife besitzen, um an Kommunalwahlen teilnehmen zu können. So hat Prof. Dr. ... vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für innere Verwaltung des Niedersächsischen Landtags vom 31.10.1995 ausgeführt, dass es im Augenblick kein wissenschaftlich gestütztes seriöses Argument gebe, das Wahlalter im Kommunalwahlrecht, möglicherweise auch für Landtags- und Bundestagswahlen, nicht auf 16 Jahre herabzusetzen. Man könne in der ganzen Jugendentwicklung eine deutliche Verschiebung in den Wertorientierungen im Laufe der letzten zwei oder drei Dekaden feststellen. Dies werde von allen Jugenduntersuchungen, egal unter welchen methodischen Differenzen sie durchgeführt worden seien, bestätigt. Im Hinblick auf die Urteilsfähigkeit werde man im Einzelfall nicht ausschließen können, dass gerade für diese Gruppe noch eine sehr starke Beeinflussung von Seiten der Eltern vorhanden sei. Dies betreffe – so Prof. Dr. ... sinngemäß – jedoch auch jede andere Altersgruppe. Von der Reife her gebe es daher kein Argument, 16- und 17-jährige nicht wählen zu lassen (Niedersächsischer Landtag, Niederschrift über die 50. - öffentliche - Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung am 31. Oktober 1995, S. 16 f., 21 f.). In der Anhörung des Innen- und Rechtsausschusses des schleswig-holsteinischen Landtags hat Prof. Dr. ... in seiner schriftlichen Stellungnahme ausgeführt, die Festlegung eines „Sperralters“ von 18 Jahren sei unter den heutigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und entwicklungspsychologischen Bedingungen nicht mehr haltbar. Jugendliche seien heute selbstständiger als früher. Die Pubertät mit ihren Entwicklungsschüben setze im Durchschnitt schon mit zwölf Jahren ein. Jugendliche seien entsprechend früh für sich selbst verantwortlich. Vor allem ihre Bildungsentscheidungen und -erfolge seien heute von großer biografischer Bedeutung. Die kognitive Entwicklungsforschung zeige, dass in der Altersspanne zwischen 12 und 14 Jahren bei fast allen Jugendlichen ein intellektueller Entwicklungsschub stattfinde, der sie dazu befähige, abstrakt, hypothetisch und logisch zu denken. Parallel hierzu steige in dieser Altersspanne auch die Fähigkeit an, sozial, moralisch und politisch zu denken und entsprechende Urteile abzugeben. Wolle man von einer „Reife“ der Urteilsfähigkeit - nicht der gesamten Persönlichkeit - sprechen, dann sei diese gegeben (Stellungnahme vom 26.09.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/163; in der Sache ebenso in der Anhörung des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses der Bremischen Bürgerschaft am 14.01.2000 [Protokoll, S. 40, 41]). Prof. Dr. ... hat in dieser Anhörung schriftlich ausgeführt, neben einer Veränderung der Lebenssituation Jugendlicher dienten den Befürwortern einer Absenkung des Wahlalters auf das 16. Lebensjahr vor allem entwicklungspsychologische Studien als Begründung. Diese zeigten, dass Kinder und Jugendliche ab einem Alter von ungefähr 14 Jahren sozial und moralisch urteilsfähig seien (Stellungnahme vom 04.03.2013, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/870).
39 
Zwar haben sich andere Experten zurückhaltend und skeptisch zur Urteilsfähigkeit der Jugendlichen geäußert, so z.B. Dr. ... vom Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung, Abteilung Familie, Jugend und soziale Dienste in der Anhörung im niedersächsischen Landtag (Niedersächsischer Landtag, Niederschrift über die 50. - öffentliche - Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung am 31. Oktober 1995, S. 10 ff.) und Prof. Dr. ... in der Anhörung des Landtags Schleswig-Holstein (Stellungnahme vom 16.10.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/238). In anderen Anhörungen sind entwicklungspsychologische oder vergleichbare Sachverständige nicht gehört worden (so in den Anhörungen des Europa- und Rechtsausschusses des Landtags Mecklenburg-Vorpommern vom 13.03.2013 [Protokoll Nr. 36], des Innenausschusses des Landtags Mecklenburg-Vorpommern vom 07.10.2010 [Protokoll Nr. 104], des Verfassungs- und Bezirksausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft vom 28.10.2011 [Drs. Nr. 20/6], des Ausschusses für Kommunalpolitik des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 21.01.1998 [Ausschussprotokoll 12/774], des Innen- und Kommunalausschusses des Thüringer Landtags vom 22.09.2015 [Ergebnisprotokoll sowie Wortprotokoll zur Stellungnahme der Jusos Thüringen (zugleich Beschlussprotokoll)], des Ausschusses für Inneres des Landtags Brandenburg vom 31.03.2011 [Ausschussprotoll Teil 1: P-AI 5/16-1]).
40 
Maßgeblich ist jedoch: Die gesetzgeberische Entscheidung kann sich auf nachvollziehbare, nicht nur vereinzelte fachliche Auffassungen zur Urteilsfähigkeit Jugendlicher stützen. Der Gesetzgeber hat somit von seiner Einschätzungsprärogative rechtmäßig Gebrauch gemacht, zumal in den genannten Anhörungen kein entwicklungspsychologischer oder vergleichbarer Sachverständiger - auch wenn er oder sie sich skeptisch und abratend zu einer Absenkung des Wahlalters geäußert hat - die Auffassung vertreten hat, die Jugendlichen hätten die notwendige Urteilskraft nicht. Soweit in der Literatur davon ausgegangen wird, die notwendige Reife setze erst mit 18 Jahren ein, werden hierfür wissenschaftliche Nachweise nicht angeführt (so z.B. bei Mußgnug, FS Roellecke, 1995, 165, 178 ff.) oder offen eingeräumt, dass solche nicht vorliegen (Schreiber-Strelen, BWahlG, 9. Aufl., § 12 Rn. 9).
41 
Stellungnahmen in den Anhörungen zum Umfang des Politikinteresses Jugendlicher und zu ihrer Wahlbeteiligung - so z.B. die von Dr. ... in der Anhörung im Schleswig-Holsteinischen Landtag, auf die die Kläger sich berufen (Stellungnahme vom 15.10.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/233, sowie Stellungnahme vom 01.03.2013, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/860 [neu]) - sind hier nicht von Belang, da Politikinteresse und Gebrauchmachen vom Wahlrecht keine verfassungrechtlichen Voraussetzungen für die Bestimmung der Wahlaltersgrenze sind.
42 
Der Landesgesetzgeber musste keine Anhörung von Sachverständigen durchführen, bevor er 2013 das aktive Wahlrecht für 16- und 17-Jährige bei Kommunalwahlen einführte. Für eine verfassungsgemäße Ausübung seines bestehenden Einschätzungsspielraums reicht es aus, dass er sich auf nachvollziehbare fachliche Erwägungen stützen kann, dass eine für die Wahlentscheidung bei Kommunalwahlen ausreichende Einsichtsfähigkeit der 16- und 17-Jährigen gegeben ist. Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur biologischen Hirnreifung, zum kommunalpolitischen Interesse von Jugendlichen, zur Wahlbeteiligung von Jugendlichen, zur Bürgerschaftswahl in Bremen, zu kommunalpolitischen Themen, zur Anzahl der Bankkonten Jugendlicher, ihren Wohnverhältnissen und den damit zusammenhängenden Aspekten sowie die hierzu schriftsätzlich gemachten Beweisangebote (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 41 - 51, 59; Schriftsatz vom 31.05.2017, S. 16 - 27, 36 - 45; Schriftsatz vom 30.06.2017, S. 18 f.) und die in Bezug genommenen erstinstanzlichen Beweisangebote (Schriftsatz vom 29.06.2016, S. 95 - 102) kommt es daher nicht an.
43 
Aufgrund der bestehenden Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und des Vorliegens ausreichender Gründe für die gesetzgeberische Entscheidung, das Wahlalter abzusenken, ist auch keine gerichtliche Nachprüfung der einzelnen Erwägungen in der Gesetzesbegründung in der Landtagsdrucksache 15/3119 veranlasst. Es handelt sich insoweit - anders als die Kläger anzunehmen scheinen - nicht um eine Überprüfung vergleichbar derjenigen, wie sie für behördliche Ermessenentscheidungen nach dem Maßstab des § 114 VwGO vorzunehmen ist. Liegen ausreichende Gründe für die erfolgte Ausübung des gesetzgeberischen Einschätzungsspielraums vor, ist verfassungsrechtlich unerheblich, ob sich alle in der Gesetzesbegründung angeführten Überlegungen in der Praxis bewahrheitet haben (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 16.06.2011 - 1 BvR 2394/10 - WM 2011, 1948).
44 
Eine verfassungsrechtliche Pflicht, eine Sachverständigenanhörung durchzuführen, ergibt sich auch nicht aus den von den Klägern angeführten Umständen, dass die Anhörung in Niedersachsen bereits 1995 erfolgte und zwischen den Ländern erhebliche Unterscheide bestehen könnten. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Frage der ausreichenden Einsichtsfähigkeit 16- und 17-Jähriger im Bundesgebiet unterschiedlich beurteilt und dass die Stellungnahmen in der Anhörung in Niedersachsen 1995, die in den Anhörungen in Bremen im Jahr 2000 und in Schleswig-Holstein im Jahr 2013 bestätigt wurden, überholt sind. Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Bildungspolitik der Länder und die damit zusammenhängenden Gesichtspunkte sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 31.05.2017, S. 30) kommt es daher nicht an.
45 
bbb) Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist nicht verletzt, soweit der Gesetzgeber 16- und 17-Jährige, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht besorgen können, vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen hat. Auch insoweit ist trotz der insoweit fehlenden Begrenzung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl dieser Grundsatz zu prüfen. Denn der Gesetzgeber muss - wie bei der Festlegung der Wahlaltersgrenze - bei der Ausgestaltung des Wahlrechts den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz berücksichtigen, dass das Wahlrecht die Fähigkeit, eine bewusste Wahlentscheidung treffen zu können, voraussetzt.
46 
Auch insoweit ist dem Gesetzgeber die Befugnis zu einer typisierenden Regelung eingeräumt (BayVerfGH, Entsch. v. 09.07.2002 - Vf. 9-VII-01 - BayVBl. 2003, 44, zum Wahlrechtsausschluss wegen Anordnung einer Betreuung im bayerischen Landesrecht entsprechend § 13 Nr. 2 BWahlG). Diese Befugnis rechtfertigt eine Regelung, die bewusst nur Bürger, für die vom Vormundschaftsgericht ein Betreuer für alle Angelegenheiten bestellt ist, vom Wahlrecht ausschließt, somit vom Wahlrecht nur einen sehr kleinen Kreis von Betroffenen ausnimmt und sehenden Auges die Fälle einer aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung bestehenden unzureichenden Einsichts- und Wahlfähigkeit nicht umfassend abdeckt. Im Hinblick auf die Bedeutung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl darf der Gesetzgeber den Kreis derjenigen, die vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, möglichst klein halten und das Ziel verfolgen, niemanden von der Wahl auszuschließen, bei dem die fehlende Einsicht nicht sicher feststeht (BayVerfGH, Entsch. v. 09.07.2002, a.a.O., juris Rn. 40 ff., 53 ff.). So war einfachrechtlich auch für den früheren § 13 Nr. 2 BWahlG - nach dem vom Wahlrecht ausgeschlossen war, wer entmündigt war - anerkannt, dass nicht alle, denen aufgrund einer psychischen Krankheit die notwendige Einsichtsfähigkeit für die Wahlhandlung fehlte, vom Wahlrecht ausgeschlossen waren, sondern Geisteskranke und Geistesschwache, die weder entmündigt waren noch unter Pflegschaft standen, wahlberechtigt waren (Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 3. Aufl. 1986, § 13 Rn. 8). Ebenso wird für den geltenden § 13 Nr. 1 BWahlG - nach der vom Wahlrecht derjenige ausgeschlossen ist, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist - einfachrechtlich davon ausgegangen, dass damit nur ein sehr kleiner Kreis von Betroffenen ausgeschlossen ist, da nach der Konzeption des Betreuungsrechts die Betreuerbestellung für alle Angelegenheiten die Ausnahme ist (Schreiber-Strelen, a.a.O., 9. Aufl., § 13 Rn. 12).
47 
Nach diesem Maßstab ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, eine Regelung zum Ausschluss derjenigen Jugendlichen vom Wahlrecht zu treffen, die - entsprechend der Regelung des § 1896 Abs. 1 BGB - auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht besorgen können. Aufgrund der fehlenden Möglichkeit, nach dem BGB für Minderjährige einen Betreuer zu bestellen, steht für den Gesetzgeber keine praktikable und zugleich rechtssichere Anknüpfungsmöglichkeit für eine Ausschlussregelung zur Verfügung. Hierauf, insbesondere auf das Fehlen einer rechtssicheren Anknüpfungsmöglichkeit für eine Ausschlussregelung Bedacht zu nehmen, ist angesichts der Bedeutung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl zulässig.
48 
Der Gesetzgeber hat damit auch nicht den Grundsatz der Gleichheit der Wahl verletzt.Dieser gebietet, dass alle Wahlberechtigten das aktive und passive Wahlrecht möglichst in formal gleicher Weise ausüben können und ist im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit zu verstehen. Aus dem Grundsatz der Wahlgleichheit folgt, dass die Stimme eines jeden Wahlberechtigten grundsätzlich den gleichen Zählwert und die gleiche rechtliche Erfolgschance haben muss. Er gestattet dem Gesetzgeber nur einen eng bemessenen Spielraum für Differenzierungen (BVerfG, Beschl. v. 22.05.1979 – 2 BvR 193/79 u.a. – BVerfGE 51, 222, juris Rn 52; Urt. v. 10.04.1997 - 2 BvC 3/96 - BVerfGE 95, 408, juris Rn. 45). Dieser Spielraum ist hier nicht überschritten. Das Fehlen der Möglichkeit, für Minderjährige eine Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB durch das Gericht anordnen zu lassen, ist ein zulässiges Differenzierungskriterium. Der Gesetzgeber des BGB hat für Minderjährige die Anordnung einer Betreuung nach den §§ 1896 ff. BGB aufgrund des Personensorgerechts der Erziehungsberechtigten für entbehrlich gehalten. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Einwänden, dass der Landesgesetzgeber an eine sachgerechte Regelung der Betreuung in den §§ 1896 ff. BGB angeknüpft und daher darauf verzichtet hat, in der Gemeindeordnung für wahlberechtigte Jugendliche eine eigene Regelung zum Ausschluss vom Wahlrecht aus vergleichbaren Gründen zu treffen.
49 
Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Anzahl von Neuwählern und geisteskranken Jugendlichen, zur Größe von Gemeinden in Baden-Württemberg und damit zusammenhängende Gesichtspunkte sowie die hierzu schriftsätzlich gemachten Beweisangebote (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 86 - 90; Schriftsatz vom 30.06.2017, S. 4 - 15) kommt es daher nicht an.
50 
Insoweit fehlt es auch an dem behaupteten Verstoß gegen Art. 74 Nr. 1 GG. Denn der Landesgesetzgeber hat keine Regelung zum Betreuungsrecht als Teil des bundesrechtlich abschließend geregelten Bürgerlichen Rechts getroffen.
51 
ccc) Auch gegen die anderen Wahlrechtsgrundsätze wird nicht verstoßen. Der Umstand, dass die Eltern der jugendlichen Wahlberechtigten für diese das Aufenthaltsbestimmungsrecht haben und diese daher an der Ausübung des Wahlrechts am Wahltag hindern könnten, verletzt die Freiheit der Wahl nicht. Zum einen schützt die Freiheit der Wahl nur vor Beeinträchtigungen durch die öffentliche Gewalt. Zudem haben die Jugendlichen die Möglichkeit der Briefwahl. Schließlich haben die Eltern ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht im Rahmen der Rechtsordnung auszuüben, zu der das Wahlrecht der Jugendlichen gehört, mit der Folge, dass jedenfalls eine faktische grundlose Hinderung an der Wahlteilnahme vom Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern kaum gedeckt sein dürfte.
52 
dd) Die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre im kommunalen Bereich ist auch nicht deswegen verfassungswidrig, weil 16 und 17-Jährige nun auch Bürgermeister und Landräte wählen, an Gemeindeversammlungen und Einwohnerversammlungen teilnehmen sowie Vertrauenspersonen von Bürgerbegehren, Ratsbegehren, Einwohneranträgen und Anträgen auf Durchführung von Einwohnerversammlungen werden können. Eine verletzte Verfassungsnorm ist nicht ersichtlich und wird von den Klägern auch nicht benannt. Der Gesetzgeber durfte, wie dargelegt, von einer ausreichenden Verstandesreife 16- und 17-Jähriger ausgehen. Aus welchen Gründen für die genannten Befugnisse insoweit anderes als für das Wahlrecht für die Gemeinderatswahl gelten sollte, ist nicht erkennbar. Auch der Umstand, dass aus dem Bürgerstatus für 16- und 17-Jährige Pflichten folgen können, verletzt keine Verfassungsnorm. Ein allenfalls denkbarer Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Jugendlichen nach Art. 2 Abs. 1 GG und das elterliche Erziehungsrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG wäre auf jeden Fall verhältnismäßig.
53 
Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Unterschriftensammlung für Bürgerbegehren und die damit zusammenhängenden Gesichtspunkte sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 37) kommt es daher nicht an.
54 
ee) Das aktive Wahlrecht für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verstößt nicht gegen einfaches Bundesrecht und verletzt daher auch nicht den Grundsatz der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung.
55 
Für die vom Kläger behauptete Unvereinbarkeit von Jugendlichenwahlrecht und Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern wird auf die obigen Ausführungen zur Freiheit der Wahl verwiesen.
56 
Die Tatsache, dass nach dem BGB die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahrs eintritt, hindert den Landesgesetzgeber nicht, das Wahlalter abweichend hiervon zu regeln. Wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, besteht eine Vielzahl von Regelungen, die Rechte und Verantwortlichkeiten von jungen Menschen ab einem geringeren Alter als 18 Jahre vorsehen. In diesen Bereichen besteht keine Pflicht des Gesetzgebers, stets an das Alter der Volljährigkeit anzuknüpfen. Ebenso wenig besteht ein Rechtssatz, der gebietet, das Wahlrecht erst mit der Volljährigkeit entstehen zu lassen. Unerheblich sind insoweit die detaillierten Ausführungen der Kläger zum genauen Regelungsgehalt der vom Verwaltungsgericht insoweit erörterten Vorschriften. Maßgeblich ist allein, dass die deutsche Rechtsordnung eine Vielzahl von Regelungen enthält, die Rechte und Pflichten von Jugendlichen unter 18 Jahren vorsehen, und daher die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre im kommunalen Bereich nicht gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verstößt. Daher kommt es auch auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Anwendung des § 1303 BGB sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 65) nicht an.
57 
Auch wenn man mit den Klägern davon ausgehen sollte, dass die Regelung des § 41 Abs. 2 KomWG, dass gegen die Zurückweisung eines Antrags auf eine Einwohnerversammlung, eines Einwohnerantrags und eines Bürgerbegehrens jeder Unterzeichner Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erheben kann, im Hinblick auf minderjährige Unterzeichner gegen § 61 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 104 Nr. BGB verstößt, kann das allenfalls einen Verstoß von § 41 Abs. 2 KomWG, nicht jedoch von § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 GemO gegen Bundesrecht begründen.
58 
Auch der behauptete Verstoß gegen das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung im Hinblick auf die Wertungen der §§ 45, 92a, 101, 102, 108c, 108e, 109i StGB und des § 6 JGG liegt nicht vor. Es ist in keiner Weise ersichtlich, warum die von den Klägern angeführten unterschiedlichen Rechtsfolgen einer strafbaren Wahlfälschung für Jugendliche und Volljährige nicht ebenso vor Art. 3 Abs. 1 GG Bestand haben sollen wie sonstige Ungleichbehandlungen von Jugendlichen, Heranwachsenden und Erwachsenen im Strafrecht.
59 
Auch im Hinblick auf §§ 1896 ff. BGB fehlt es an einer Unvereinbarkeit mit Bundesrecht. Auf die obigen Ausführungen zum Wahlrechtausschluss wird verwiesen.
60 
b) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verstößt auch nicht gegen höherrangiges Landesrecht. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, betrifft die Festlegung der Wahlberechtigung auf 18 Jahre in Art. 26 Abs. 1 LV nur die Wahlen zum Landtag. Für Kommunalwahlen kann der Gesetzgeber aufgrund von Art. 26 Abs. 6, Art. 72 Abs. 3 LV eine abweichende Regelung vornehmen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu unter Nr. 3 seiner Urteilsgründe nimmt der Senat Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
61 
2. Auch der geltend gemachte Wahlfehler, dass an der Gemeinderatswahl in Heidelberg Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit doppelt abgestimmt haben könnten, besteht nicht. Zutreffend hat der Beklagte in seinen Bescheiden ausgeführt, dass eine mehrfache Eintragung von Bürgern in das Wählerverzeichnis nicht vorgesehen ist und dass die Bestimmungen des Kommunalwahlrechts (§§ 19 KomWG, 29 KomWO) eine mehrfache Wahlteilnahme eines Wählers an der Kommunalwahl ausschließen. Die von den Klägern im Wahleinspruch aufgestellte Behauptung, es sei lebensfremd und unwahrscheinlich, dass bei der Heidelberger Gemeinderatswahl keine Doppelabstimmungen von EU-Bürgern erfolgt seien, ist vollkommen ins Blaue hinein aufgestellt. Es ist auch nicht ansatzweise erkennbar, wie sich der von den Klägern in Bezug genommene Fall, dass eine Person mit deutscher und italienischer Staatsangehörigkeit bei der Wahl zum Europaparlament im italienischen Konsulat und in einem deutschen Wahlbüro und damit zweimal abgestimmt hat, bei der Heidelberger Gemeinderatswahl in vergleichbarer Art wiederholt haben sollte. Daher hatte der Beklagte auch keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen in diese Richtung.
III.
62 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist zuzulassen, da die Frage, ob die Absenkung des Wahlalters gegen Bestimmungen des Grundgesetzes verstößt, grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat.
63 
Beschluss vom 21. Juli 2017
64 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
21 
Die Berufung ist zurückzuweisen. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
I.
22 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Zwar haben die Kläger mit ihrem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 20.09.2016 Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt, obwohl bereits das Verwaltungsgericht die Berufung gegen sein Urteil zugelassen hatte. Der Schriftsatz vom 20.09.2016 genügt jedoch den Anforderungen für eine Berufungsbegründung. Die Begründung der Berufung nach § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO muss erkennen lassen, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen dieses Urteil nach Ansicht der Berufungskläger unrichtig sein soll und geändert werden muss. Hierfür müssen die Berufungskläger zumindest eine bestimmte tatsächliche Feststellung, eine rechtliche Sachverhaltswürdigung oder eine allgemeine Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die dessen Urteil tragen, angreifen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 17.12.2015 - 6 B 24/15 - juris). Die Ausführungen zu den Zulassungsgründen des § 124 Abs. 2 VwGO lassen zwar nicht immer erkennen, aus welchen Gründen das Urteil des Verwaltungsgerichts i.S.d. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO zu ändern sein soll. Jedoch ist jedenfalls mit den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung hinreichend dargelegt, warum aus Sicht der Kläger das angegriffene Urteil unrichtig und in der Sache anders zu entscheiden sein soll.
II.
23 
Die Berufung ist nicht begründet, denn die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Bescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.07.2014 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Mit diesen Bescheiden hat das Regierungspräsidium zutreffend die Wahleinsprüche der Kläger zurückgewiesen. Die von den Klägern behaupteten Wahlfehler bestehen nicht.
25 
1. Die Tatsache, dass an der Wahl auch 16- und 17-jährige Jugendliche teilnehmen konnten, begründet keinen Wahlfehler.
26 
Nach § 14 Abs. 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 sind die Bürger im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt und haben das Stimmrecht in sonstigen Gemeindeangelegenheiten. Ausgeschlossen vom Wahlrecht und vom Stimmrecht sind nach Absatz 2 dieser Vorschrift Bürger, die infolge Richterspruchs in der Bundesrepublik Deutschland das Wahlrecht oder Stimmrecht nicht besitzen (Nr. 1), sowie diejenigen Bürger, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 BGB bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst (Nr. 2). Bürger der Gemeinde im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 ist, wer Deutscher im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt (Unionsbürger), das 16. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt.
27 
Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO in der Fassung vom 16.04.2013 mit Bundesrecht (a) und der Landesverfassung für Baden-Württemberg (b) vereinbar.
28 
a) aa) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen verstößt nicht gegen das Demokratieprinzip der Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG und Art. 28 Abs. 1 GG. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu unter 1.1 bis 1.3 der Urteilsgründe (UA, S. 10 - 15) nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist zu ergänzen:
29 
Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG enthält den Grundsatz der Volkssouveränität und bestimmt, wer das Volk ist, das in Wahlen, Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Staatsgewalt ausübt: Es ist das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland.Das Volk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgeht, wird nach dem Grundgesetz von den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen gebildet. Die Zugehörigkeit zum Staatsvolk der Bundesrepublik wird also grundsätzlich durch die Staatsangehörigkeit vermittelt (BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 - 2 BvF 2/89 u.a. - BVerfGE 83, 37, juris Rn. 53 ff.; ebenso, statt vieler: StGH Bremen, Urt. v. 31.01.2014 - St 1/13 - juris Rn. 54, m.w.N.; Dreier-Dreier, GG, 3. Aufl., Art. 20 [Demokratie] Rn. 90 sowie Präambel Rn. 67; HStR-Grawert, 3. Aufl., § 16 Rn. 20; Sachs-Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 20 Rn. 72a; HStR-Böckenförde, 3. Aufl., § 24 Rn. 26). Die Staatsangehörigkeit bzw. die Stellung nach Art. 116 Abs. 1 GG ist die einzige Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Staatsvolk i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG (Maunz/Dürig-Grzeszik, GG, Art. 20 II Rn. 79 [Stand: Jan. 2010]). Die Bestimmungen des Art. 28 Abs. Sätze 1 und 2 GG gehen von demselben Begriff des Staatsvolks aus wie Art. 20 Abs. 2 GG (BVerfG, Urt. v. 31.10.1990, a.a.O., Rn. 57 ff.; Kammerbeschl. v. 31.03.2016 - 2 BvR 1576/13 - juris Rn. 58, 60; ebenso: Maunz/Dürig-Mehde, GG, Art. 28 Abs. 1 Rn. 88 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, GG, Art. 28 Rn. 68 [Stand: April 2016]; von Münch/Kunig-Löwer, GG, 6. Aufl., Art. 28 Rn. 26; a.A. Epping/Hillgruber-Huster/Rux, GG, 2. Aufl., Art. 20 Rn. 13).
30 
Die Auffassung der Kläger, zum Staatsvolk i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gehörten nur die volljährigen Deutschen, die nicht unter rechtlicher Betreuung stünden und denen das Wahlrecht nicht aufgrund strafrechtlicher Verurteilung entzogen worden sei, und folglich sei das Wahlrecht für Jugendliche wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip verfassungswidrig, trifft daher nicht zu. Die dargelegte Auslegung des Begriffs des Volks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG durch das Bundesverfassungsgericht im Urteil zum kommunalen Wahlrecht für Ausländer in Schleswig-Holstein hat nach wie vor Bestand. Dem entspricht es, dass das Bundesverfassungsgericht es als aus zwingenden Gründen mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen hat, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird (BVerfG, Beschl. v. 23.10.1973 - 2 BvC 3/73 - BVerfGE 36, 139; Beschl. v. 21.09.1976 - 2 BvR 350/75 - BVerfGE 42, 312; Beschl. v. 09.10.2000 - 2 BvC 2/99 - NVwZ 2002, 69), mithin in der Altersgrenze des Art. 38 Abs. 2 Halbs. 1 GG eine Durchbrechung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl sieht (ebenso: Jarass/Pieroth-Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 38 Rn. 18; Schreiber, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 251 [Stand: August 2013]; Dreier-Morlok, GG, 3. Aufl., Art. 38 Rn. 72; Sachs-Magiera, GG, 7. Aufl., Art. 38 Rn. 81; jedoch ist die Altersgrenze des Art. 38 Abs. 2 Halbs. 1 GG nicht an den Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 38 Abs. 1 GG zu messen, da die Regelungen auf gleicher Rangebene stehen, vgl.: BVerfG, Beschl. v. 15.01.2009 - 2 BvC 4/04 - BVerfGE 122, 304, 309; Beschl. v. 31.01.2012 - 2 BvC 11/11 - juris Rn. 4). Träfe die Auffassung der Kläger zu, dass die deutsche Staatsangehörigkeit nur die notwendige, aber nicht eine hinreichende Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Staatsvolk ist und dass 16- und 17-Jährige bereits nicht zum Volk i.S.v. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gehören, wäre hingegen der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl von vornherein durch die Mindestaltersgrenze von 18 Jahren in Art. 38 Abs. 2 GG in keinster Weise betroffen und nicht zu prüfen.
31 
Aus den von den Klägern in Anspruch genommenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Ob das bereits daraus folgt, dass - wie der Beklagte geltend macht - das Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG die deutschen Staatsangehörigen und die ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellten Personen meine und das Volk in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG die Aktivbürger (vgl. dazu: Sachs-Sachs, a.a.O., Art. 20 Rn. 27a, 28; Dreier-Dreier, a.a.O., Art. 20 [Demokratie] Rn. 90, 93 mit Fn. 361;Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1345; a.A. Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498, m.w.N.) und die von den Klägern herangezogenen Entscheidungen im Wesentlichen Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG beträfen, kann hier offen bleiben. Denn in keiner der Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht die Auslegung aus dem Urteil zum Kommunalwahlrecht für Ausländer in Schleswig-Holstein aufgegeben. Soweit im Urteil zu Frage- und Informationsrechten des Bundestags ausgeführt ist, dass das "Ausgehen der Staatsgewalt" vom Volk für das Volk wie auch für die Staatsorgane jeweils konkret erfahrbar und praktisch wirksam sein müsse (BVerfG, Urt. v. 02.06.2015 - 2 BvE 7/11 - BVerfGE 139, 194, juris Rn. 106), dient dies lediglich der Begründung, warum die Kontrollfunktion des Parlaments Ausdruck des Demokratieprinzips ist und der Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft auch durch den parlamentarischen Einfluss auf die Politik der Regierung hergestellt wird. Aus den Urteilen zum Maastricht-Vertrag, zum Lissabon-Vertrag und zum OMT-Programm folgt keine Begrenzung des Staatsvolks i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auf die wahlberechtigten Deutschen. Soweit in diesen Entscheidungen auch im Zusammenhang mit dem Demokratieprinzip von der Rückführung der Ausübung öffentlichen Gewalt auf die Wähler bzw. den Wahlakt gesprochen wird (BVerfG, Urt. v. 30.06.2009 - 2 BvE 2/08 - BVerfGE 123, 267, juris Rn. 179; Urt. v. 12.10.1993 - 2 BvR 2134/92 u.a. - BVerfGE 89, 155, juris Rn. 61; Urt. v. 21.06.2016 - 2 BvE 13/13 u.a. - NJW 2016, 2473, juris Rn. 82), hat dies seinen Grund darin, dass als im Rahmen der Verfassungsbeschwerde rügefähiges Recht, um eine nationale verfassungsgerichtliche Kontrolle der Aufgabenübertragung an die Europäische Union und der Aufgabenwahrnehmung von Organen der Europäischen Union im Hinblick auf ultra vires-Akte zu erreichen, ernsthaft nur Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit einer „Subjektivierung des Demokratieprinzips“ (vgl. dazu kritisch Dreier-Dreier, a.a.O., Art. 20 [Demokratie] Rn. 80 f.) in Betracht kommt. Die Passage im Beschluss zur Wahlberechtigung Auslandsdeutscher, dass die Möglichkeit, eine reflektierte Wahlentscheidung zu treffen, für die Wahlteilnahme unabdingbar ist (BVerfG, Beschl. v. 04.07.2012 - 2 BvC 1/11 -, BVerfGE 132, 39, juris Rn. 41), erlaubt keine Rückschlüsse auf die von den Klägern postulierte Auslegung des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht im Südweststaat-Urteil zwischen dem Staatsvolk und dem Volk im soziologisch-ethnologisch-politischen Sinn unterschieden hat (BVerfG, Urt. v. 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 - BVerfGE 1, 14, juris Rn. 133), besagt nichts für die Frage, wie der Begriff des Volks in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auszulegen ist. Auch die Entscheidung zur Volksbefragung über Atomwaffen ist hier unergiebig: Soweit das Bundesverfassungsgericht dort von den wahlberechtigten Bürgern als dem Staatsvolk spricht (BVerfG, Beschl. v. 30.07.1958 - 2 BvF 3/58 - BVerfGE 8, 104, juris Rn. 33), geht es um die Qualifikation der Volksbefragung als Mitwirkung an der Staatswillensbildung in Abgrenzung zur Willensbildung des Volkes; an einer begrifflichen Fassung des Begriffs des Staatsvolkes war dem Gericht hier nicht gelegen; es sah sich daher durch diesen Beschluss auch nicht gehindert, im Urteil zum kommunalen Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein den Begriff des Staatsvolkes als nicht auf die Wahlberechtigten beschränkt anzusehen.
32 
Auch folgt aus dem Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts zum Lippeverband nichts zum Begriff des Staatsvolks i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Soweit das Gericht dort das Volk im demokratischen Sinn in Beziehung zur Aktivbürgerschaft gesetzt hat (BVerwG, Beschl. v. 17.12.1997 - 6 C 1/97 - NVwZ 1999, 870, juris Rn. 52), geht es allein darum, dass die hinreichende demokratische Legitimation der Organe und Amtswalter des Lippeverbands durch das Volk erfolgen müsse, eine Legitimation durch die Mitglieder des Verbands hingegen nicht ausreiche.
33 
bb) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17-Jährige bei Kommunalwahlen verstößt auch nicht gegen Art. 38 Abs. 2 GG. Aus dieser Norm folgen keine unmittelbaren Vorgaben für die Festsetzung eines Mindestalters für das aktive Wahlrecht bei Landtags- und Kommunalwahlen durch den Landesgesetzgeber. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht unter 1.2 seiner Urteilsgründe insoweit ausgeführt, dass Art. 38 Abs. 2 GG nur eine Regelung für Bundestagswahlen trifft. Auch aus dem Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG folgt nichts anderes, es verweist nicht auf Art. 38 Abs. 2 GG (Maunz/Dürig-Klein, GG, Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]; Schroeder, JZ 2003, 917, 921, Fn. 50; Schmidt-de Caluwe, NVwZ 2001, 270, 274; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498). Die Länder sind bei der Ausgestaltung des Wahlsystems für Landtags- und Kommunalwahlen gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG an die allgemeinen Wahlrechtsgrundsätze der Freiheit, Gleichheit, Allgemeinheit, Geheimheit und Unmittelbarkeit gebunden, bei Beachtung dieser Grundsätze in der Ausgestaltung des Wahlsystems jedoch frei (BVerfG, Urt. v. 11.08.1954 - 2 BvK 2/54 - BVerfGE 4, 31, juris Rn. 55; Beschl. v. 16.07.1998 - 2 BvR 1953/95 - BVerfGE 99, 1, juris Rn. 30, 45 f.; Epping/Hillgruber-Hellermann, GG, 2. Aufl., Art. 28 Rn. 15; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, GG, 13. Aufl., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, GG, 6. Aufl., Art. 28 Rn. 85, 92, 97).
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cc) Das aktive Wahlrecht für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verletzt keinen der in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG genannten Wahlrechtsgrundsätze.
35 
aaa) Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist durch die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre nicht verletzt. Dieser untersagt den unberechtigten Ausschluss von Staatsbürgern von der Teilnahme an der Wahl überhaupt. Er verbietet dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen. Begrenzungen der Allgemeinheit der Wahl sind verfassungsrechtlich zulässig, sofern für sie ein zwingender Grund besteht. So ist es von jeher aus zwingenden Gründen als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen worden, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird. Ebenso galt es immer als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl vereinbar, dass vom Wahlrecht ausgeschlossen blieb, wer entmündigt war, wer unter vorläufiger Vormundschaft oder wegen geistigen Gebrechens unter Pflegschaft stand oder wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besaß (BVerfG, Beschl. v. 23.10.1973, Beschl. v. 21.09.1976, Beschl. v. 09.10.2000, je a.a.O.).
36 
Zwar wird der Kreis der Wahlberechtigten mit der Absenkung des Wahlalters erweitert und die in einer Altersgrenze liegende Beschränkung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl folglich abgemildert. Gleichwohl ist hier der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl zu prüfen (a.A. Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Oebbecke, JZ 2003, 987, 988). Denn der Gesetzgeber ist bei der Festlegung einer abgesenkten Wahlaltersgrenze nicht frei. Er hat den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz zu beachten, dass das aktive Wahlrecht ein Mindestmaß an Reife und Urteilskraft und daher ein entsprechendes Mindestalter voraussetzt. Voraussetzung für die Gewährung der Wahlberechtigung ist ein gewisser Grad an politischer Einsichtsfähigkeit (VG Stuttgart, Urt. v. 14.12.2015 - 7 K 3140/15 - juris Rn. 42; VG Saarland, Urt. v. 04.11.2016 - 3 K 921/15 - juris Rn. 27; Mußgnug, FS Roellecke, 1995, 165, 173, 175; von Münch, NJW 1995, 3165, 3166; Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1344; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Holste, DÖV 2005, 110, 111; Rolfsen, DÖV 2009, 348, 355; a.A. Oebbecke, JZ 2004, 987, 989 f.: Einsichtsfähigkeit nicht notwendig für Innehabung des Wahlrechts, sondern nur für Ausübung). Dabei besteht bei der Festlegung des Wahlalters ein Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (Breuer, NVwZ 2002, 43, 45; Schreiber, DVBl. 2004, 1341, 1344; Schmidt-de Caluwe, NVwZ 2001, 270, 274). Die Länder können daher im Rahmen der grundgesetzlichen Vorgaben das Wahlalter abweichend von Art. 38 Abs. 2 GG regeln (Maunz/Dürig-Mehde, a.a.O., Art. 28 Abs. 1 Rn. 90 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, a.a.O., Art. 28 Rn. 72 [Stand: April 2016]; Epping/Hillgruber-Hellermann, a.a.O., Art. 28 Rn. 15.1; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, a.a.O., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, a.a.O., Art. 28 Rn. 93; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; ähnlich Maunz/Dürig-Klein, a.a.O., Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]: Absenkung des Wahlalters für Landtage wohl kein Verstoß gegen Bundesverfassungsrecht). In diesem Rahmen ist dem Gesetzgeber eine generalisierende Regelung gestattet, da die Wahlmündigkeit im Einzelfall nicht geprüft werden kann (Schroeder, JZ 2003, 917, 921).Neben der hinreichenden Einsichtsfähigkeit der 16- und 17-Jährigen sind deren kommunalpolitisches Interesse und ein zahlreiches Gebrauchmachen vom Wahlrecht hingegen kein verfassungsrechtliches Erfordernis.
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Für die Entscheidung des Landesgesetzgebers, die Mindestaltersgrenze für das aktive Wahlrecht bei Landtags- und Kommunalwahlen zu regeln, kommt der Festlegung der verfassungsgebenden Gewalt im Bund, dass nach Art. 38 Abs. 2 GG wahlberechtigt ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat, auch keine maßstabsbildende Funktion zu. Eine solche Funktion nimmt indessen Schreiber an: In Bezug auf das Wahlberechtigungsalter komme der Entscheidung des Grundgesetzes – trotz ihrer unmittelbaren Geltung allein für Bundestagswahlen – unter verfassungspolitischen, soziologischen, pädagogischen und entwicklungspsychologischen Erwägungen eine gesamtstaatliche Relevanz für Parlamentswahlen zu (gesamtstaatliche Einschätzungsprärogative des Bundesverfassungsgebers). Die an Art. 28 Abs. 1 und Art. 20 GG gebundenen Landesgesetzgeber hätten sich deshalb hinsichtlich des Wahlberechtigungsalters bei Wahlen zu den Landesparlamenten an der Bundesregelung zu orientieren. Hinsichtlich des Wählbarkeitsalters sei nicht von einer entsprechenden gesamtstaatlichen Bedeutung und Tragweite der Entscheidung des Bundesverfassungsgebers auszugehen. Bezogen auf Kommunalwahlen bestehe verfassungsrechtlich kein „Homogenitätsgebot“, doch spreche insbesondere unter sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen über die politische Reife und Bildung vieles dafür, eine Einheitlichkeit der Regelung auf allen Wahlebenen zu wahren (Schreiber, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 254 [Stand: August 2013]). Verfassungspolitisch mag ein einheitliches Wahlalter für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen wünschenswert sein. Eine rechtliche Bindung bei der Ausübung des Gestaltungsspielraums des jeweiligen Gesetzgebers besteht jedoch nicht. Das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG erfasst allein die fünf dort aufgeführten Wahlrechtsgrundsätze, von denen hier keiner verletzt ist. Für eine Begrenzung der Einschätzungsprärogative des Landesgesetzgebers fehlt daher eine normative Grundlage. Dies zeigen auch die Überlegungen Schreibers selbst. Die Tatsache, dass er Differenzierungen hinsichtlich aktivem und passivem Wahlalter sowie zwischen Landtags- und Kommunalwahlen vornimmt, zeigt, dass es sich lediglich um Fragen der politischen Opportunität handelt, nicht hingegen um normative Bindungen.
38 
Von diesem Maßstab ausgehend, ist die Entscheidung des Gesetzgebers, das Mindestalter für die Ausübung des aktiven Wahlrechts bei Kommunalwahlen in Baden auf 16 Jahre abzusenken, nicht zu beanstanden und von dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt (ebenso für eine Absenkung auf 16 Jahre bei Kommunal- oder Landtagswahlen: Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498;Rolfsen, DÖV 2009, 348, 355;Epping/Hillgruber-Huster/Rux, a.a.O., Art. 20 Rn. 71.1; allgemein für eine Zulässigkeit einer Absenkung durch die Länder: Maunz/Dürig-Mehde, a.a.O., Art. 28 Abs. 1 Rn. 90 [Stand: Dez. 2014]; Bonner Kommentar-Mann, a.a.O., Art. 28 Rn. 72 [Stand: April 2016]; Epping/Hillgruber-Hellermann, a.a.O., Art. 28 Rn. 15.1; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Henneke, a.a.O., Art. 28 Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Tettinger/Schwarz, a.a.O., Art. 28 Rn. 93; Schellenberger, VBlBW 2015, 497, 498; Maunz/Dürig-Klein, a.a.O., Art. 38 Rn. 141 [Stand: Okt. 2010]). Expertenanhörungen in Gesetzgebungsverfahren anderer Länder, die das Wahlalter für Landtags- oder Kommunalwahlen auf 16 Jahre gesenkt haben, zeigen, dass gute Gründe für die Annahme sprechen, dass Jugendliche ab 16 Jahre typsicherweise die notwendige Reife besitzen, um an Kommunalwahlen teilnehmen zu können. So hat Prof. Dr. ... vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für innere Verwaltung des Niedersächsischen Landtags vom 31.10.1995 ausgeführt, dass es im Augenblick kein wissenschaftlich gestütztes seriöses Argument gebe, das Wahlalter im Kommunalwahlrecht, möglicherweise auch für Landtags- und Bundestagswahlen, nicht auf 16 Jahre herabzusetzen. Man könne in der ganzen Jugendentwicklung eine deutliche Verschiebung in den Wertorientierungen im Laufe der letzten zwei oder drei Dekaden feststellen. Dies werde von allen Jugenduntersuchungen, egal unter welchen methodischen Differenzen sie durchgeführt worden seien, bestätigt. Im Hinblick auf die Urteilsfähigkeit werde man im Einzelfall nicht ausschließen können, dass gerade für diese Gruppe noch eine sehr starke Beeinflussung von Seiten der Eltern vorhanden sei. Dies betreffe – so Prof. Dr. ... sinngemäß – jedoch auch jede andere Altersgruppe. Von der Reife her gebe es daher kein Argument, 16- und 17-jährige nicht wählen zu lassen (Niedersächsischer Landtag, Niederschrift über die 50. - öffentliche - Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung am 31. Oktober 1995, S. 16 f., 21 f.). In der Anhörung des Innen- und Rechtsausschusses des schleswig-holsteinischen Landtags hat Prof. Dr. ... in seiner schriftlichen Stellungnahme ausgeführt, die Festlegung eines „Sperralters“ von 18 Jahren sei unter den heutigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und entwicklungspsychologischen Bedingungen nicht mehr haltbar. Jugendliche seien heute selbstständiger als früher. Die Pubertät mit ihren Entwicklungsschüben setze im Durchschnitt schon mit zwölf Jahren ein. Jugendliche seien entsprechend früh für sich selbst verantwortlich. Vor allem ihre Bildungsentscheidungen und -erfolge seien heute von großer biografischer Bedeutung. Die kognitive Entwicklungsforschung zeige, dass in der Altersspanne zwischen 12 und 14 Jahren bei fast allen Jugendlichen ein intellektueller Entwicklungsschub stattfinde, der sie dazu befähige, abstrakt, hypothetisch und logisch zu denken. Parallel hierzu steige in dieser Altersspanne auch die Fähigkeit an, sozial, moralisch und politisch zu denken und entsprechende Urteile abzugeben. Wolle man von einer „Reife“ der Urteilsfähigkeit - nicht der gesamten Persönlichkeit - sprechen, dann sei diese gegeben (Stellungnahme vom 26.09.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/163; in der Sache ebenso in der Anhörung des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses der Bremischen Bürgerschaft am 14.01.2000 [Protokoll, S. 40, 41]). Prof. Dr. ... hat in dieser Anhörung schriftlich ausgeführt, neben einer Veränderung der Lebenssituation Jugendlicher dienten den Befürwortern einer Absenkung des Wahlalters auf das 16. Lebensjahr vor allem entwicklungspsychologische Studien als Begründung. Diese zeigten, dass Kinder und Jugendliche ab einem Alter von ungefähr 14 Jahren sozial und moralisch urteilsfähig seien (Stellungnahme vom 04.03.2013, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/870).
39 
Zwar haben sich andere Experten zurückhaltend und skeptisch zur Urteilsfähigkeit der Jugendlichen geäußert, so z.B. Dr. ... vom Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung, Abteilung Familie, Jugend und soziale Dienste in der Anhörung im niedersächsischen Landtag (Niedersächsischer Landtag, Niederschrift über die 50. - öffentliche - Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung am 31. Oktober 1995, S. 10 ff.) und Prof. Dr. ... in der Anhörung des Landtags Schleswig-Holstein (Stellungnahme vom 16.10.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/238). In anderen Anhörungen sind entwicklungspsychologische oder vergleichbare Sachverständige nicht gehört worden (so in den Anhörungen des Europa- und Rechtsausschusses des Landtags Mecklenburg-Vorpommern vom 13.03.2013 [Protokoll Nr. 36], des Innenausschusses des Landtags Mecklenburg-Vorpommern vom 07.10.2010 [Protokoll Nr. 104], des Verfassungs- und Bezirksausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft vom 28.10.2011 [Drs. Nr. 20/6], des Ausschusses für Kommunalpolitik des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 21.01.1998 [Ausschussprotokoll 12/774], des Innen- und Kommunalausschusses des Thüringer Landtags vom 22.09.2015 [Ergebnisprotokoll sowie Wortprotokoll zur Stellungnahme der Jusos Thüringen (zugleich Beschlussprotokoll)], des Ausschusses für Inneres des Landtags Brandenburg vom 31.03.2011 [Ausschussprotoll Teil 1: P-AI 5/16-1]).
40 
Maßgeblich ist jedoch: Die gesetzgeberische Entscheidung kann sich auf nachvollziehbare, nicht nur vereinzelte fachliche Auffassungen zur Urteilsfähigkeit Jugendlicher stützen. Der Gesetzgeber hat somit von seiner Einschätzungsprärogative rechtmäßig Gebrauch gemacht, zumal in den genannten Anhörungen kein entwicklungspsychologischer oder vergleichbarer Sachverständiger - auch wenn er oder sie sich skeptisch und abratend zu einer Absenkung des Wahlalters geäußert hat - die Auffassung vertreten hat, die Jugendlichen hätten die notwendige Urteilskraft nicht. Soweit in der Literatur davon ausgegangen wird, die notwendige Reife setze erst mit 18 Jahren ein, werden hierfür wissenschaftliche Nachweise nicht angeführt (so z.B. bei Mußgnug, FS Roellecke, 1995, 165, 178 ff.) oder offen eingeräumt, dass solche nicht vorliegen (Schreiber-Strelen, BWahlG, 9. Aufl., § 12 Rn. 9).
41 
Stellungnahmen in den Anhörungen zum Umfang des Politikinteresses Jugendlicher und zu ihrer Wahlbeteiligung - so z.B. die von Dr. ... in der Anhörung im Schleswig-Holsteinischen Landtag, auf die die Kläger sich berufen (Stellungnahme vom 15.10.2012, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/233, sowie Stellungnahme vom 01.03.2013, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/860 [neu]) - sind hier nicht von Belang, da Politikinteresse und Gebrauchmachen vom Wahlrecht keine verfassungrechtlichen Voraussetzungen für die Bestimmung der Wahlaltersgrenze sind.
42 
Der Landesgesetzgeber musste keine Anhörung von Sachverständigen durchführen, bevor er 2013 das aktive Wahlrecht für 16- und 17-Jährige bei Kommunalwahlen einführte. Für eine verfassungsgemäße Ausübung seines bestehenden Einschätzungsspielraums reicht es aus, dass er sich auf nachvollziehbare fachliche Erwägungen stützen kann, dass eine für die Wahlentscheidung bei Kommunalwahlen ausreichende Einsichtsfähigkeit der 16- und 17-Jährigen gegeben ist. Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur biologischen Hirnreifung, zum kommunalpolitischen Interesse von Jugendlichen, zur Wahlbeteiligung von Jugendlichen, zur Bürgerschaftswahl in Bremen, zu kommunalpolitischen Themen, zur Anzahl der Bankkonten Jugendlicher, ihren Wohnverhältnissen und den damit zusammenhängenden Aspekten sowie die hierzu schriftsätzlich gemachten Beweisangebote (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 41 - 51, 59; Schriftsatz vom 31.05.2017, S. 16 - 27, 36 - 45; Schriftsatz vom 30.06.2017, S. 18 f.) und die in Bezug genommenen erstinstanzlichen Beweisangebote (Schriftsatz vom 29.06.2016, S. 95 - 102) kommt es daher nicht an.
43 
Aufgrund der bestehenden Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und des Vorliegens ausreichender Gründe für die gesetzgeberische Entscheidung, das Wahlalter abzusenken, ist auch keine gerichtliche Nachprüfung der einzelnen Erwägungen in der Gesetzesbegründung in der Landtagsdrucksache 15/3119 veranlasst. Es handelt sich insoweit - anders als die Kläger anzunehmen scheinen - nicht um eine Überprüfung vergleichbar derjenigen, wie sie für behördliche Ermessenentscheidungen nach dem Maßstab des § 114 VwGO vorzunehmen ist. Liegen ausreichende Gründe für die erfolgte Ausübung des gesetzgeberischen Einschätzungsspielraums vor, ist verfassungsrechtlich unerheblich, ob sich alle in der Gesetzesbegründung angeführten Überlegungen in der Praxis bewahrheitet haben (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 16.06.2011 - 1 BvR 2394/10 - WM 2011, 1948).
44 
Eine verfassungsrechtliche Pflicht, eine Sachverständigenanhörung durchzuführen, ergibt sich auch nicht aus den von den Klägern angeführten Umständen, dass die Anhörung in Niedersachsen bereits 1995 erfolgte und zwischen den Ländern erhebliche Unterscheide bestehen könnten. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Frage der ausreichenden Einsichtsfähigkeit 16- und 17-Jähriger im Bundesgebiet unterschiedlich beurteilt und dass die Stellungnahmen in der Anhörung in Niedersachsen 1995, die in den Anhörungen in Bremen im Jahr 2000 und in Schleswig-Holstein im Jahr 2013 bestätigt wurden, überholt sind. Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Bildungspolitik der Länder und die damit zusammenhängenden Gesichtspunkte sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 31.05.2017, S. 30) kommt es daher nicht an.
45 
bbb) Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist nicht verletzt, soweit der Gesetzgeber 16- und 17-Jährige, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht besorgen können, vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen hat. Auch insoweit ist trotz der insoweit fehlenden Begrenzung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl dieser Grundsatz zu prüfen. Denn der Gesetzgeber muss - wie bei der Festlegung der Wahlaltersgrenze - bei der Ausgestaltung des Wahlrechts den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz berücksichtigen, dass das Wahlrecht die Fähigkeit, eine bewusste Wahlentscheidung treffen zu können, voraussetzt.
46 
Auch insoweit ist dem Gesetzgeber die Befugnis zu einer typisierenden Regelung eingeräumt (BayVerfGH, Entsch. v. 09.07.2002 - Vf. 9-VII-01 - BayVBl. 2003, 44, zum Wahlrechtsausschluss wegen Anordnung einer Betreuung im bayerischen Landesrecht entsprechend § 13 Nr. 2 BWahlG). Diese Befugnis rechtfertigt eine Regelung, die bewusst nur Bürger, für die vom Vormundschaftsgericht ein Betreuer für alle Angelegenheiten bestellt ist, vom Wahlrecht ausschließt, somit vom Wahlrecht nur einen sehr kleinen Kreis von Betroffenen ausnimmt und sehenden Auges die Fälle einer aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung bestehenden unzureichenden Einsichts- und Wahlfähigkeit nicht umfassend abdeckt. Im Hinblick auf die Bedeutung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl darf der Gesetzgeber den Kreis derjenigen, die vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, möglichst klein halten und das Ziel verfolgen, niemanden von der Wahl auszuschließen, bei dem die fehlende Einsicht nicht sicher feststeht (BayVerfGH, Entsch. v. 09.07.2002, a.a.O., juris Rn. 40 ff., 53 ff.). So war einfachrechtlich auch für den früheren § 13 Nr. 2 BWahlG - nach dem vom Wahlrecht ausgeschlossen war, wer entmündigt war - anerkannt, dass nicht alle, denen aufgrund einer psychischen Krankheit die notwendige Einsichtsfähigkeit für die Wahlhandlung fehlte, vom Wahlrecht ausgeschlossen waren, sondern Geisteskranke und Geistesschwache, die weder entmündigt waren noch unter Pflegschaft standen, wahlberechtigt waren (Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 3. Aufl. 1986, § 13 Rn. 8). Ebenso wird für den geltenden § 13 Nr. 1 BWahlG - nach der vom Wahlrecht derjenige ausgeschlossen ist, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist - einfachrechtlich davon ausgegangen, dass damit nur ein sehr kleiner Kreis von Betroffenen ausgeschlossen ist, da nach der Konzeption des Betreuungsrechts die Betreuerbestellung für alle Angelegenheiten die Ausnahme ist (Schreiber-Strelen, a.a.O., 9. Aufl., § 13 Rn. 12).
47 
Nach diesem Maßstab ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, eine Regelung zum Ausschluss derjenigen Jugendlichen vom Wahlrecht zu treffen, die - entsprechend der Regelung des § 1896 Abs. 1 BGB - auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht besorgen können. Aufgrund der fehlenden Möglichkeit, nach dem BGB für Minderjährige einen Betreuer zu bestellen, steht für den Gesetzgeber keine praktikable und zugleich rechtssichere Anknüpfungsmöglichkeit für eine Ausschlussregelung zur Verfügung. Hierauf, insbesondere auf das Fehlen einer rechtssicheren Anknüpfungsmöglichkeit für eine Ausschlussregelung Bedacht zu nehmen, ist angesichts der Bedeutung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl zulässig.
48 
Der Gesetzgeber hat damit auch nicht den Grundsatz der Gleichheit der Wahl verletzt.Dieser gebietet, dass alle Wahlberechtigten das aktive und passive Wahlrecht möglichst in formal gleicher Weise ausüben können und ist im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit zu verstehen. Aus dem Grundsatz der Wahlgleichheit folgt, dass die Stimme eines jeden Wahlberechtigten grundsätzlich den gleichen Zählwert und die gleiche rechtliche Erfolgschance haben muss. Er gestattet dem Gesetzgeber nur einen eng bemessenen Spielraum für Differenzierungen (BVerfG, Beschl. v. 22.05.1979 – 2 BvR 193/79 u.a. – BVerfGE 51, 222, juris Rn 52; Urt. v. 10.04.1997 - 2 BvC 3/96 - BVerfGE 95, 408, juris Rn. 45). Dieser Spielraum ist hier nicht überschritten. Das Fehlen der Möglichkeit, für Minderjährige eine Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB durch das Gericht anordnen zu lassen, ist ein zulässiges Differenzierungskriterium. Der Gesetzgeber des BGB hat für Minderjährige die Anordnung einer Betreuung nach den §§ 1896 ff. BGB aufgrund des Personensorgerechts der Erziehungsberechtigten für entbehrlich gehalten. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Einwänden, dass der Landesgesetzgeber an eine sachgerechte Regelung der Betreuung in den §§ 1896 ff. BGB angeknüpft und daher darauf verzichtet hat, in der Gemeindeordnung für wahlberechtigte Jugendliche eine eigene Regelung zum Ausschluss vom Wahlrecht aus vergleichbaren Gründen zu treffen.
49 
Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Anzahl von Neuwählern und geisteskranken Jugendlichen, zur Größe von Gemeinden in Baden-Württemberg und damit zusammenhängende Gesichtspunkte sowie die hierzu schriftsätzlich gemachten Beweisangebote (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 86 - 90; Schriftsatz vom 30.06.2017, S. 4 - 15) kommt es daher nicht an.
50 
Insoweit fehlt es auch an dem behaupteten Verstoß gegen Art. 74 Nr. 1 GG. Denn der Landesgesetzgeber hat keine Regelung zum Betreuungsrecht als Teil des bundesrechtlich abschließend geregelten Bürgerlichen Rechts getroffen.
51 
ccc) Auch gegen die anderen Wahlrechtsgrundsätze wird nicht verstoßen. Der Umstand, dass die Eltern der jugendlichen Wahlberechtigten für diese das Aufenthaltsbestimmungsrecht haben und diese daher an der Ausübung des Wahlrechts am Wahltag hindern könnten, verletzt die Freiheit der Wahl nicht. Zum einen schützt die Freiheit der Wahl nur vor Beeinträchtigungen durch die öffentliche Gewalt. Zudem haben die Jugendlichen die Möglichkeit der Briefwahl. Schließlich haben die Eltern ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht im Rahmen der Rechtsordnung auszuüben, zu der das Wahlrecht der Jugendlichen gehört, mit der Folge, dass jedenfalls eine faktische grundlose Hinderung an der Wahlteilnahme vom Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern kaum gedeckt sein dürfte.
52 
dd) Die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre im kommunalen Bereich ist auch nicht deswegen verfassungswidrig, weil 16 und 17-Jährige nun auch Bürgermeister und Landräte wählen, an Gemeindeversammlungen und Einwohnerversammlungen teilnehmen sowie Vertrauenspersonen von Bürgerbegehren, Ratsbegehren, Einwohneranträgen und Anträgen auf Durchführung von Einwohnerversammlungen werden können. Eine verletzte Verfassungsnorm ist nicht ersichtlich und wird von den Klägern auch nicht benannt. Der Gesetzgeber durfte, wie dargelegt, von einer ausreichenden Verstandesreife 16- und 17-Jähriger ausgehen. Aus welchen Gründen für die genannten Befugnisse insoweit anderes als für das Wahlrecht für die Gemeinderatswahl gelten sollte, ist nicht erkennbar. Auch der Umstand, dass aus dem Bürgerstatus für 16- und 17-Jährige Pflichten folgen können, verletzt keine Verfassungsnorm. Ein allenfalls denkbarer Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Jugendlichen nach Art. 2 Abs. 1 GG und das elterliche Erziehungsrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG wäre auf jeden Fall verhältnismäßig.
53 
Auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Unterschriftensammlung für Bürgerbegehren und die damit zusammenhängenden Gesichtspunkte sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 37) kommt es daher nicht an.
54 
ee) Das aktive Wahlrecht für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verstößt nicht gegen einfaches Bundesrecht und verletzt daher auch nicht den Grundsatz der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung.
55 
Für die vom Kläger behauptete Unvereinbarkeit von Jugendlichenwahlrecht und Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern wird auf die obigen Ausführungen zur Freiheit der Wahl verwiesen.
56 
Die Tatsache, dass nach dem BGB die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahrs eintritt, hindert den Landesgesetzgeber nicht, das Wahlalter abweichend hiervon zu regeln. Wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, besteht eine Vielzahl von Regelungen, die Rechte und Verantwortlichkeiten von jungen Menschen ab einem geringeren Alter als 18 Jahre vorsehen. In diesen Bereichen besteht keine Pflicht des Gesetzgebers, stets an das Alter der Volljährigkeit anzuknüpfen. Ebenso wenig besteht ein Rechtssatz, der gebietet, das Wahlrecht erst mit der Volljährigkeit entstehen zu lassen. Unerheblich sind insoweit die detaillierten Ausführungen der Kläger zum genauen Regelungsgehalt der vom Verwaltungsgericht insoweit erörterten Vorschriften. Maßgeblich ist allein, dass die deutsche Rechtsordnung eine Vielzahl von Regelungen enthält, die Rechte und Pflichten von Jugendlichen unter 18 Jahren vorsehen, und daher die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre im kommunalen Bereich nicht gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verstößt. Daher kommt es auch auf die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zur Anwendung des § 1303 BGB sowie das hierzu schriftsätzlich gemachte Beweisangebot (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 65) nicht an.
57 
Auch wenn man mit den Klägern davon ausgehen sollte, dass die Regelung des § 41 Abs. 2 KomWG, dass gegen die Zurückweisung eines Antrags auf eine Einwohnerversammlung, eines Einwohnerantrags und eines Bürgerbegehrens jeder Unterzeichner Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erheben kann, im Hinblick auf minderjährige Unterzeichner gegen § 61 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 104 Nr. BGB verstößt, kann das allenfalls einen Verstoß von § 41 Abs. 2 KomWG, nicht jedoch von § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 GemO gegen Bundesrecht begründen.
58 
Auch der behauptete Verstoß gegen das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung im Hinblick auf die Wertungen der §§ 45, 92a, 101, 102, 108c, 108e, 109i StGB und des § 6 JGG liegt nicht vor. Es ist in keiner Weise ersichtlich, warum die von den Klägern angeführten unterschiedlichen Rechtsfolgen einer strafbaren Wahlfälschung für Jugendliche und Volljährige nicht ebenso vor Art. 3 Abs. 1 GG Bestand haben sollen wie sonstige Ungleichbehandlungen von Jugendlichen, Heranwachsenden und Erwachsenen im Strafrecht.
59 
Auch im Hinblick auf §§ 1896 ff. BGB fehlt es an einer Unvereinbarkeit mit Bundesrecht. Auf die obigen Ausführungen zum Wahlrechtausschluss wird verwiesen.
60 
b) Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17- Jährige bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg verstößt auch nicht gegen höherrangiges Landesrecht. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, betrifft die Festlegung der Wahlberechtigung auf 18 Jahre in Art. 26 Abs. 1 LV nur die Wahlen zum Landtag. Für Kommunalwahlen kann der Gesetzgeber aufgrund von Art. 26 Abs. 6, Art. 72 Abs. 3 LV eine abweichende Regelung vornehmen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu unter Nr. 3 seiner Urteilsgründe nimmt der Senat Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
61 
2. Auch der geltend gemachte Wahlfehler, dass an der Gemeinderatswahl in Heidelberg Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit doppelt abgestimmt haben könnten, besteht nicht. Zutreffend hat der Beklagte in seinen Bescheiden ausgeführt, dass eine mehrfache Eintragung von Bürgern in das Wählerverzeichnis nicht vorgesehen ist und dass die Bestimmungen des Kommunalwahlrechts (§§ 19 KomWG, 29 KomWO) eine mehrfache Wahlteilnahme eines Wählers an der Kommunalwahl ausschließen. Die von den Klägern im Wahleinspruch aufgestellte Behauptung, es sei lebensfremd und unwahrscheinlich, dass bei der Heidelberger Gemeinderatswahl keine Doppelabstimmungen von EU-Bürgern erfolgt seien, ist vollkommen ins Blaue hinein aufgestellt. Es ist auch nicht ansatzweise erkennbar, wie sich der von den Klägern in Bezug genommene Fall, dass eine Person mit deutscher und italienischer Staatsangehörigkeit bei der Wahl zum Europaparlament im italienischen Konsulat und in einem deutschen Wahlbüro und damit zweimal abgestimmt hat, bei der Heidelberger Gemeinderatswahl in vergleichbarer Art wiederholt haben sollte. Daher hatte der Beklagte auch keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen in diese Richtung.
III.
62 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist zuzulassen, da die Frage, ob die Absenkung des Wahlalters gegen Bestimmungen des Grundgesetzes verstößt, grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat.
63 
Beschluss vom 21. Juli 2017
64 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

1.
gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
2.
nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
3.
einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
4.
das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
5.
auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
6.
dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,
darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundespolizei die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei ihre Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind.

(2) Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind.

(3) Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind, bleiben für die Einteilung außer Betracht.

(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.

(2) Der Grenzschutz umfaßt

1.
die polizeiliche Überwachung der Grenzen,
2.
die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich
a)
der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt,
b)
der Grenzfahndung,
c)
der Abwehr von Gefahren,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern und von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, zur Sicherung des Grenzraumes das in Satz 1 Nr. 3 bezeichnete Gebiet von der seewärtigen Begrenzung an durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen, soweit die Grenzüberwachung im deutschen Küstengebiet dies erfordert. In der Rechtsverordnung ist der Verlauf der rückwärtigen Begrenzungslinie des erweiterten Grenzgebietes genau zu bezeichnen. Von der seewärtigen Begrenzung an darf diese Linie eine Tiefe von 80 Kilometern nicht überschreiten.

(3) Das Einvernehmen nach Absatz 1 ist in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist. In der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Polizei des Landes zu regeln.

(4) Nimmt die Polizei eines Landes Aufgaben nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem Bund mit eigenen Kräften wahr, richtet sich die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht.

(1) Das Bundesministerium der Finanzen und die von ihm bestimmten Zollstellen wirken bei der Überwachung der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Betäubungsmitteln mit.

(2) Das Bundesministerium der Finanzen kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat die Beamten der Bundespolizei, die mit Aufgaben des Grenzschutzes nach § 2 des Bundespolizeigesetzes betraut sind, und im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsminister des Innern die Beamten der Bayerischen Grenzpolizei mit der Wahrnehmung von Aufgaben betrauen, die den Zolldienststellen nach Absatz 1 obliegen. Nehmen die im Satz 1 bezeichneten Beamten diese Aufgaben wahr, gilt § 67 Abs. 2 des Bundespolizeigesetzes entsprechend.

(3) Bei Verdacht von Verstößen gegen Verbote und Beschränkungen dieses Gesetzes, die sich bei der Abfertigung ergeben, unterrichten die mitwirkenden Behörden das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte unverzüglich.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

(3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

(3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Verschlusssachen sind im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutz des Wohles des Bundes oder eines Landes, geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsform. Verschlusssachen können auch Produkte und die dazugehörenden Dokumente sowie zugehörige Schlüsselmittel zur Entschlüsselung, Verschlüsselung und Übertragung von Informationen sein (Kryptomittel). Geheimhaltungsbedürftig im öffentlichen Interesse können auch Geschäfts-, Betriebs-, Erfindungs-, Steuer- oder sonstige private Geheimnisse oder Umstände des persönlichen Lebensbereichs sein.

(1a) Von einer Verschlusssache dürfen nur Personen Kenntnis erhalten, die auf Grund ihrer Aufgabenerfüllung Kenntnis haben müssen. Keine Person darf über eine Verschlusssache umfassender oder eher unterrichtet werden, als dies aus Gründen der Aufgabenerfüllung notwendig ist.

(2) Verschlusssachen werden entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit von einer amtlichen Stelle des Bundes oder auf deren Veranlassung in folgende Geheimhaltungsgrade eingestuft:

1.
STRENG GEHEIM, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte den Bestand oder lebenswichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden kann,
2.
GEHEIM, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann,
3.
VS-VERTRAULICH, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder schädlich sein kann,
4.
VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann.

(3) Wer auf Grund dieses Gesetzes oder sonst in berechtigter Weise Zugang zu einer Verschlusssache erlangt,

1.
ist zur Verschwiegenheit über die ihm dadurch zur Kenntnis gelangten Informationen verpflichtet und
2.
hat durch Einhaltung der Schutzmaßnahmen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden sind, dafür Sorge zu tragen, dass keine unbefugte Person Kenntnis von der Verschlusssache erlangt.

(4) Behörden und sonstige öffentliche Stellen des Bundes sind verpflichtet, Verschlusssachen durch Maßnahmen des materiellen Geheimschutzes nach der jeweils für sie geltenden allgemeinen Verwaltungsvorschrift, die nach § 35 zu erlassen ist, so zu schützen, dass Durchbrechungen ihrer Vertraulichkeit entgegengewirkt wird, und darauf hinzuwirken, dass solche Versuche erkannt und aufgeklärt werden können. Dies gilt auch für die Weitergabe von Verschlusssachen an nichtöffentliche Stellen. Die eine Verschlusssache herausgebende Stelle kann weitere Vorgaben zum Schutz der Verschlusssache treffen.

(5) Bei der Durchführung der nach § 35 Absatz 1 erster Halbsatz zu erlassenden allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen Geheimschutz wirkt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik mit. Bei der Durchführung der nach § 35 Absatz 3 zu erlassenden allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen Geheimschutz wirkt der Militärische Abschirmdienst mit. Bei der Betreuung der nichtöffentlichen Stellen im materiellen Geheimschutz sowie bei den Nachrichtendiensten des Bundes wirkt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik auf Ersuchen der jeweils zuständigen Behörde mit.

(6) Das Bundesamt für Verfassungsschutz, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst teilen dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik nichtpersonenbezogene Erkenntnisse, die für den Schutz von Verschlusssachen oder die Aufrechterhaltung des Geheimschutzes von Bedeutung sein können, unverzüglich mit. Das gilt nicht, soweit die Erkenntnisse einem Weitergabeverbot unterliegen. § 23 des Bundesverfassungsschutzgesetzes gilt entsprechend.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.

(2) Der Grenzschutz umfaßt

1.
die polizeiliche Überwachung der Grenzen,
2.
die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich
a)
der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt,
b)
der Grenzfahndung,
c)
der Abwehr von Gefahren,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern und von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, zur Sicherung des Grenzraumes das in Satz 1 Nr. 3 bezeichnete Gebiet von der seewärtigen Begrenzung an durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen, soweit die Grenzüberwachung im deutschen Küstengebiet dies erfordert. In der Rechtsverordnung ist der Verlauf der rückwärtigen Begrenzungslinie des erweiterten Grenzgebietes genau zu bezeichnen. Von der seewärtigen Begrenzung an darf diese Linie eine Tiefe von 80 Kilometern nicht überschreiten.

(3) Das Einvernehmen nach Absatz 1 ist in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist. In der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Polizei des Landes zu regeln.

(4) Nimmt die Polizei eines Landes Aufgaben nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem Bund mit eigenen Kräften wahr, richtet sich die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht.

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

1.
gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
2.
nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
3.
einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
4.
das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
5.
auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
6.
dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,
darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundespolizei die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei ihre Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.

(2) Der Grenzschutz umfaßt

1.
die polizeiliche Überwachung der Grenzen,
2.
die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich
a)
der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt,
b)
der Grenzfahndung,
c)
der Abwehr von Gefahren,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern und von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, zur Sicherung des Grenzraumes das in Satz 1 Nr. 3 bezeichnete Gebiet von der seewärtigen Begrenzung an durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen, soweit die Grenzüberwachung im deutschen Küstengebiet dies erfordert. In der Rechtsverordnung ist der Verlauf der rückwärtigen Begrenzungslinie des erweiterten Grenzgebietes genau zu bezeichnen. Von der seewärtigen Begrenzung an darf diese Linie eine Tiefe von 80 Kilometern nicht überschreiten.

(3) Das Einvernehmen nach Absatz 1 ist in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist. In der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Polizei des Landes zu regeln.

(4) Nimmt die Polizei eines Landes Aufgaben nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem Bund mit eigenen Kräften wahr, richtet sich die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

1.
gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
2.
nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
3.
einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
4.
das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
5.
auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
6.
dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,
darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundespolizei die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei ihre Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.

(2) Der Grenzschutz umfaßt

1.
die polizeiliche Überwachung der Grenzen,
2.
die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich
a)
der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt,
b)
der Grenzfahndung,
c)
der Abwehr von Gefahren,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern und von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, zur Sicherung des Grenzraumes das in Satz 1 Nr. 3 bezeichnete Gebiet von der seewärtigen Begrenzung an durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen, soweit die Grenzüberwachung im deutschen Küstengebiet dies erfordert. In der Rechtsverordnung ist der Verlauf der rückwärtigen Begrenzungslinie des erweiterten Grenzgebietes genau zu bezeichnen. Von der seewärtigen Begrenzung an darf diese Linie eine Tiefe von 80 Kilometern nicht überschreiten.

(3) Das Einvernehmen nach Absatz 1 ist in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist. In der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Polizei des Landes zu regeln.

(4) Nimmt die Polizei eines Landes Aufgaben nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem Bund mit eigenen Kräften wahr, richtet sich die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

Gründe

A.

I.

1

Die Beschwerdeführerin ist ein Unternehmen der Automobilzulieferung. Sie beschäftigt in ihrer Produktionsstätte in Schleswig-Holstein über 1.200 Arbeitnehmer. Mit dem Kläger des Ausgangsverfahrens schloss sie am 18. Februar 2003 für den Zeitraum vom 19. Februar 2003 bis zum 31. März 2004 einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag. Der Kläger wurde als Aushilfe in der Produktion von Bremsbelägen eingesetzt. Insgesamt wurden zu diesem Zeitpunkt von der Beschwerdeführerin 56 befristete Arbeitsverträge mit zuvor arbeitslosen Personen abgeschlossen, um Produktionsspitzen abzudecken. Von diesen 56 neuen Mitarbeitern hatten 13 Arbeitnehmer - unter ihnen der Kläger des Ausgangsverfahrens - das 52. Lebensjahr bereits vollendet. Die zusätzlichen Arbeitnehmer wurden nach den Angaben der Beschwerdeführerin bewusst auf der Grundlage des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG) eingestellt, um Rechtssicherheit vor Entfristungsklagen zu erlangen. Solche Entfristungsklagen seien in der Vergangenheit gegen die Beschwerdeführerin erhoben worden und hätten im Erfolgsfall zu Verwerfungen bei der Personalplanung geführt.

2

Der Kläger machte gegenüber der Beschwerdeführerin kurze Zeit später die Unwirksamkeit der Befristung seines Arbeitsvertrags geltend. Er berief sich auf die Unvereinbarkeit der Befristung auf der Grundlage von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG mit der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl Nr. L 175/43) sowie der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl Nr. L 303/16). Das Arbeitsgericht Lübeck wies seine Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses und auf Weiterbeschäftigung mit Urteil vom 11. März 2004 ab. Der Kläger könne sich nicht auf eine unmittelbare Wirkung der Richtlinien im Verhältnis unter Privaten berufen. Die Berufung des Klägers wies das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein mit Urteil vom 22. Juni 2004 zurück. Neben dem Hinweis auf die Nichtanwendbarkeit von Richtlinien in privatrechtlichen Verhältnissen verwies das Landesarbeitsgericht zusätzlich auf die unzureichende inhaltliche Bestimmtheit und Unbedingtheit der Richtlinien. Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Revision an das Bundesarbeitsgericht. Die Revision hatte in der Sache Erfolg.

II.

3

1. § 14 TzBfG lautete in seiner ursprünglichen Fassung vom 21. Dezember 2000 (BGBl I S. 1966) auszugsweise:

4

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. […]

5

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; […] Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. […]

6

(3) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf keines sachlichen Grundes, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet hat. Die Befristung ist nicht zulässig, wenn zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher enger sachlicher Zusammenhang ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen den Arbeitsverträgen ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten liegt.

7

(4) […]

8

Der Gesetzgeber erweiterte den personellen Anwendungsbereich des § 14 TzBfG im Dezember 2002 (Erstes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, BGBl I S. 4607). Für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2006 wurde die Altersgrenze einer sachgrundlosen Befristungsmöglichkeit vom vollendeten 58. auf das vollendete 52. Lebensjahr abgesenkt. Zu diesem Zweck wurde ein vierter Satz in § 14 Abs. 3 TzBfG eingefügt:

9

Bis zum 31. Dezember 2006 ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des 58. Lebensjahres das 52. Lebensjahr tritt.

10

Mit dieser Änderung, die Bestandteil der Arbeitsmarktreformen war, verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, die statistisch deutlich erhöhte Arbeitslosigkeit unter älteren Menschen durch niedrigere Barrieren für deren Wiedereintritt in das Berufsleben zu verringern. Die über 50-Jährigen seien nicht nur länger arbeitslos als andere Altersgruppen, sondern sie stellten auch einen deutlich größeren Anteil der Langzeitarbeitslosen. Der Gesetzgeber verwies darauf, dass die geringe Einstellungsbereitschaft der Arbeitgeber im Wesentlichen auf eine "psychologische Einstellungsbarriere" zurückzuführen sei, die ihre Ursache in der unzutreffenden Überzeugung habe, ältere Arbeitnehmer könnten bei einem späteren Personalabbau nicht mehr entlassen werden (BTDrucks 15/25, S. 40). Da die Erfahrung gezeigt habe, dass die Befristung von Beschäftigungsverhältnissen die Einstellungsbereitschaft anhebe und die befristeten Arbeitsverhältnisse im Durchschnitt etwa zur Hälfte in unbefristete Beschäftigungen einmündeten, sei § 14 Abs. 3 TzBfG entsprechend zu erweitern.

11

Der Gesetzgeber hielt die mit dieser Regelung verbundene Ungleichbehandlung älterer Arbeitssuchender mit Blick auf das beschäftigungspolitische Ziel, die Chancen älterer Menschen auf einen Arbeitsplatz zu verbessern, für gerechtfertigt. Dies entspreche auch einem wichtigen Ziel der europäischen Beschäftigungspolitik (BTDrucks 15/25, S. 40). Deutschland sei mit Beschluss 2001/63/EG des Rates vom 19. Januar 2001 über die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl Nr. L 22/18) ausdrücklich aufgefordert worden, Hindernisse und negative Faktoren für die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitsloser zu verbessern.

12

2. a) Art. 19 Abs. 1 AEUV (ehemals Art. 13 Abs. 1 EGV) ermächtigt den Rat, im Zuständigkeitsbereich der Union Regelungen unter anderem gegen altersbezogene Diskriminierungen zu erlassen. Ein unmittelbar wirkendes Diskriminierungsverbot enthält die Bestimmung nicht (vgl. Streinz, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 13 EGV Rn. 17; Epiney, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 13 EGV Rn. 1). Art. 19 Abs. 1 AEUV lautet:

13

Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verträge kann der Rat im Rahmen der durch die Verträge auf die Union übertragenen Zuständigkeiten gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmig geeignete Vorkehrungen treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.

14

Demgegenüber enthält Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta - GRCh) ein Diskriminierungsverbot aufgrund des Alters, dem unmittelbare Wirkung zukommt. Die Vorschrift lautet in der überarbeiteten Fassung vom 12. Dezember 2007 (ABl Nr. C 303/1; BGBl 2008 II S. 1165):

15

(1) Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sind verboten.

16

(2) Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.

17

Die Grundrechtecharta war in dem entscheidungserheblichen Zeitraum noch nicht rechtsverbindlich. Sie wurde den Verträgen erst mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 13. Dezember 2007 (Vertrag von Lissabon - ABl Nr. C 306/10; BGBl 2008 II S. 1038) rechtlich gleichgestellt (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EUV).

18

b) Mit der Richtlinie 1999/70/EG soll die zwischen europäischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden getroffene Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge durchgeführt werden (Art. 1 der Richtlinie 1999/70/EG). Der Vereinbarung zufolge, die als Anhang Bestandteil der Richtlinie ist, gilt für befristet beschäftigte Arbeitnehmer der Grundsatz der Nichtdiskriminierung; der Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge ist zu vermeiden (vgl. im Einzelnen §§ 4, 5 des Anhangs der Richtlinie 1999/70/EG). Das Teilzeit- und Befristungsgesetz wurde vom deutschen Gesetzgeber im Jahr 2000 erlassen, um diese Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen.

19

Die Richtlinie 2000/78/EG soll unter anderem Diskriminierungen aufgrund des Alters verhindern. Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG legt den Zweck des Rechtsaktes dahingehend fest, dass ein allgemeiner Rahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen in Beschäftigung und Beruf, unter anderem wegen des Alters, zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten geschaffen werden soll. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird als Verbot bestimmter unmittelbarer oder mittelbarer Diskriminierungen definiert (Art. 2 der Richtlinie 2000/78/EG). Der Anwendungsbereich der Richtlinie erstreckt sich insbesondere auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen in einem Mitgliedstaat, unabhängig von der Existenz eines grenzüberschreitenden Sachverhalts (Art. 3 der Richtlinie 2000/78/EG). Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie sieht ferner vor, dass eine Ungleichbehandlung wegen des Alters gerechtfertigt sein kann. Die Vorschrift lautet:

20

Artikel 6 - Gerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen des Alters

21

(1) Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

22

Derartige Ungleichbehandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

23

a) die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlassung und Entlohnung, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Arbeitnehmern und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen;

24

b) die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile;

25

c) die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand.

26

[…]

27

Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie lief am 2. Dezember 2003 ab (Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG). Die Mitgliedstaaten konnten im Hinblick auf Ungleichbehandlungen wegen des Alters eine Zusatzfrist von drei Jahren bis zum 2. Dezember 2006 in Anspruch nehmen (Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG). Die Europäische Kommission war von der Inanspruchnahme dieser verlängerten Umsetzungsfrist in Kenntnis zu setzen. Ihr war zudem während dieses Zeitraums jährlich Bericht über die ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Altersdiskriminierung und über die Fortschritte, die bei der Umsetzung der Richtlinie erzielt werden konnten, zu erstatten. Die Bundesrepublik Deutschland hat diese Zusatzfrist in Anspruch genommen. Die verlängerte Umsetzungsfrist endete am 2. Dezember 2006.

28

3. a) Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (jetzt Gerichtshof der Europäischen Union) stellte in seinem Urteil vom 22. November 2005 in der Rechtssache Mangold (Rs. C-144/04, Slg. 2005, S. I-9981) fest, dass Gemeinschaftsrecht und insbesondere Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG einer nationalen Regelung wie der des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG entgegenstünden. Es obliege dem nationalen Gericht, die volle Wirksamkeit des allgemeinen Verbots der Diskriminierung wegen des Alters zu gewährleisten, indem es jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lasse, auch wenn die Frist für die Umsetzung der Richtlinie noch nicht abgelaufen sei.

29

Zur Begründung führte der Gerichtshof unter anderem aus, dass eine derartige Regelung zwar das legitime Ziel verfolge, ältere Arbeitnehmer wieder in das Berufsleben einzugliedern. Sie gehe aber über das erforderliche und angemessene Maß hinaus, weil sie allein auf das Alterskriterium abstelle und andere Umstände wie die Struktur des jeweiligen Arbeitsmarktes und die persönliche Situation des Betroffenen unberücksichtigt lasse.

30

Einem Verstoß gegen die Richtlinie 2000/78/EG stehe nicht entgegen, dass deren Umsetzungsfrist zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht abgelaufen gewesen sei. Erstens dürfe ein Mitgliedstaat schon während der Umsetzungsfrist keine Vorschriften erlassen, die geeignet seien, die Erreichung des in einer Richtlinie vorgeschriebenen Ziels ernstlich in Frage zu stellen. Im vorliegenden Fall habe die Bundesrepublik Deutschland darüber hinaus von der Möglichkeit einer dreijährigen Fristverlängerung nach Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG Gebrauch gemacht. Diese Vorschrift impliziere durch Berichtspflichten an die Kommission, dass ein Mitgliedstaat in diesem Zeitraum schrittweise konkrete Maßnahmen ergreife, um seine Rechtsordnung dem Richtlinienziel anzunähern. Dieser Verpflichtung würde jegliche praktische Wirksamkeit genommen, wenn dem Mitgliedstaat gestattet wäre, während der Umsetzungsfrist Maßnahmen zu erlassen, die mit deren Zielen unvereinbar seien. Zweitens sei das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters als ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts anzusehen. Der Gerichtshof begründete die Existenz dieses neuen Grundsatzes mit dem Hinweis auf die Erwägungsgründe der Richtlinie 2000/78/EG, die ihrerseits auf verschiedene völkerrechtliche Verträge und die gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten verwiesen.

31

Die vorliegende nationale Regelung falle in den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts, weil § 14 Abs. 3 TzBfG als Maßnahme zur Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG ergangen und im Jahre 2002 um § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG ergänzt worden sei.

32

b) Nach Eingang der Verfassungsbeschwerde wurde die Frage, ob das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Alters einer nationalen Vorschrift entgegensteht, in den Rechtssachen Palacios (Urteil vom 16. Oktober 2007, Rs. C-411/05, Slg. 2007, S. I-8531), Bartsch (Urteil vom 23. September 2008, Rs. C-427/06, Slg. 2008, S. I-7245) und Kücükdeveci (Urteil vom 19. Januar 2010, Rs. C-555/07, NJW 2010, S. 427) erneut vor dem Gerichtshof aufgeworfen. In der Kücükdeveci-Entscheidung bestätigte der Gerichtshof die Mangold-Entscheidung im Hinblick auf den allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts, der jede Diskriminierung aufgrund des Alters verbiete, und wies zur Begründung auf Art. 21 Abs. 1 GRCh hin.

III.

33

Das Bundesarbeitsgericht stellte mit dem angegriffenen Urteil vom 26. April 2006 fest, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht mit Ablauf des 31. März 2004 durch Befristung geendet habe. Es begründete dies unter anderem mit dem Argument, die Beschwerdeführerin könne sich zur Rechtfertigung der Befristung nicht auf § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG berufen. Zwar lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm vor. Die Vorschrift sei aber mit Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbaren und dürfe daher von den nationalen Gerichten nicht angewendet werden. Dies folge aus der Mangold-Entscheidung des Gerichtshofs.

34

Der Senat sei an den Ausspruch der Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG durch den Gerichtshof gebunden, den dieser mit einem Verstoß gegen das Ziel der Richtlinie 2000/78/EG und mit einem Verstoß gegen das auf allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts beruhende Verbot der Altersdiskriminierung doppelt begründet habe. Die Entscheidung des Gerichtshofs beruhe auf der Auslegung des Gemeinschaftsrechts im Rahmen eines Vorlageverfahrens nach Art. 234 Abs. 1 Buchstabe a EGV (jetzt Art. 267 Abs. 1 Buchstabe a AEUV) und halte sich im Rahmen der dem Gerichtshof nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG übertragenen Zuständigkeiten.

35

Der vom Gerichtshof festgestellte Grundsatz der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, der einer Diskriminierung wegen der in Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG genannten Merkmale entgegenstehe, sei als Unterfall des allgemeinen Grundsatzes der Gleichheit und Nichtdiskriminierung anzusehen, der zu den Gemeinschaftsgrundrechten gehöre. Dieser Grundsatz, auf den sich auch eine Privatperson vor einem nationalen Gericht berufen könne, begrenze den nationalen Gesetzgeber bei der Normsetzung, soweit dessen Regelung in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts falle. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz falle in den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts, da es der Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG diene. Zwar möge es zutreffen, dass das Verbot der Altersdiskriminierung bisher weder in verbindlich geltenden völkerrechtlichen Verträgen noch in einer nennenswerten Anzahl von Verfassungen der Mitgliedstaaten ausdrücklich genannt sei. Dennoch sei eine Herleitung aus offen formulierten Tatbeständen und im Wege partieller Rechtsfortbildung nicht ausgeschlossen.

36

Auch soweit der Gerichtshof die Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aus der Richtlinie 2000/78/EG herleite, habe er seine Kompetenzen nicht überschritten. Die Begründung des Gerichtshofs sei dahingehend zu verstehen, dass ein während der Umsetzungsfrist einer Richtlinie erlassenes nationales Gesetz unanwendbar sei, wenn sein Inhalt im Widerspruch zu dem Richtlinienziel stehe und keine gemeinschaftskonforme Auslegung möglich sei. Rechtsgrundlage für diese Annahme von Vorwirkungen bilde der Grundsatz der Vertragstreue der Mitgliedstaaten nach Art. 10 Abs. 2 und Art. 249 Abs. 3 EGV (jetzt Art. 4 Abs. 3 UAbs. 3 EUV und Art. 288 Abs. 3 AEUV).

37

Die Entscheidung sei jedenfalls im Ergebnis unmissverständlich; es bedürfe deshalb keiner erneuten Vorlage an den Gerichtshof zur Unvereinbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG mit Gemeinschaftsrecht.

38

Das Bundesarbeitsgericht lehnte es ferner ab, § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG aus Gründen des gemeinschaftsrechtlichen oder nationalen Vertrauensschutzes auf eine vor dem 22. November 2005 getroffene Befristungsabrede anzuwenden. Zur zeitlichen Begrenzung der Unanwendbarkeit einer gegen Primärrecht der Gemeinschaft verstoßenden nationalen Norm sei allein der Gerichtshof zuständig. Eine solche Begrenzung sei in der Mangold-Entscheidung jedoch nicht enthalten. Der Senat sah sich auch nicht verpflichtet, dem Gerichtshof durch eine Vorlage die Gelegenheit zur nachträglichen Gewährung von Vertrauensschutz zu eröffnen, weil die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestehenden Voraussetzungen für eine derartige zeitliche Begrenzung von Entscheidungswirkungen nicht vorlägen. Selbst wenn der Senat nach einem Unanwendbarkeitsausspruch des Gerichtshofs befugt wäre, Vertrauensschutz nach nationalem Verfassungsrecht zu gewähren und damit dessen zeitliche Wirkung einzuschränken, bestehe kein Vertrauensschutz zugunsten der Beschwerdeführerin. Denn bis zum Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit dem Kläger habe es keine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts über die Zulässigkeit einer allein auf das Lebensalter gestützten sachgrundlosen Befristung gegeben; darüber hinaus sei diese im arbeitsrechtlichen Schrifttum umstritten gewesen.

IV.

39

Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 (1.) und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (2.).

40

1. Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung ihrer Vertragsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln geltend. Eine Verletzung ergebe sich zunächst daraus, dass das Bundesarbeitsgericht die angegriffene Entscheidung zur Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG maßgeblich auf die Mangold-Entscheidung des Gerichtshofs gestützt habe. Wenn diese Entscheidung so zu verstehen sei, wie sie das Bundesarbeitsgericht in dem angegriffenen Urteil verstanden und angewandt habe, liege eine offensichtliche Kompetenzüberschreitung des Gerichtshofs vor. Soweit das Bundesarbeitsgericht darauf abstelle, dass der Gerichtshof sich auf einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts stütze, sei schon zweifelhaft, ob die Benennung und Anwendung eines Verbots der Altersdiskriminierung nicht in einem untrennbaren funktionalen Zusammenhang mit den Ausführungen zu Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG stehe. Darüber hinaus besitze der Gerichtshof keine Kompetenz zur Prüfung einer innerstaatlichen arbeitsrechtlichen Gesetzgebung bezüglich der Rechtsbeziehung zwischen Privaten. Die Verabschiedung des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG sei nicht als Durchführung von Gemeinschaftsrecht zu qualifizieren. Ferner betreibe der Gerichtshof durch die Postulierung eines unmittelbar anwendbaren allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes des Verbots der Altersdiskriminierung unzulässige Rechtsfortbildung. Außerdem führe die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Richtlinie 2000/78/EG zu einer von den Verträgen nicht gedeckten Vor- und Drittwirkung von Richtlinien.

41

Eine Verletzung ihrer Vertragsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgt nach Ansicht der Beschwerdeführerin des Weiteren daraus, dass das Bundesarbeitsgericht keinen hinreichenden verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz gewährt und die Revision zurückgewiesen habe. Auch nach Gemeinschaftsrecht sei dem Bundesarbeitsgericht nicht versagt gewesen, Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen, da Fragen des Vertrauensschutzes im Mangold-Verfahren weder aufgeworfen noch entschieden worden seien. Der Unanwendbarkeitsausspruch des Gerichtshofs in der Rechtssache Mangold könne insoweit nicht als absolut und unbedingt geltend verstanden werden. Anders als vom Bundesarbeitsgericht angenommen, habe die Beschwerdeführerin sich darauf verlassen dürfen, dass § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG nicht an der noch umzusetzenden Richtlinie 2000/78/EG gemessen werde.

42

2. Die Beschwerdeführerin trägt weiter vor, dass sie auch in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt sei. Das Bundesarbeitsgericht habe seine nach Art. 234 Abs. 3 EGV (jetzt 267 Abs. 3 AEUV) bestehende Vorlagepflicht willkürlich verletzt, weil es den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum in unvertretbarer Weise überschritten habe. Unterstelle man eine Bindung des Bundesarbeitsgerichts an die Mangold-Entscheidung, hätte das Bundesarbeitsgericht dem Gerichtshof die Frage vorlegen müssen, ob auch Vertragsverhältnisse erfasst seien, die vor der Mangold-Entscheidung abgeschlossen wurden, oder ob nicht Grundsätze des gemeinschaftsrechtlichen oder des nationalen Vertrauensschutzes eine zeitliche Einschränkung geböten. Dass der Gerichtshof eine zeitliche Begrenzung seiner Entscheidungswirkungen nur im Ausnahmefall ausspreche, beziehe sich lediglich auf die finanziellen Auswirkungen für die Mitgliedstaaten, nicht aber auf die vorliegende Fallgestaltung. Die fehlende zeitliche Begrenzung in der Mangold-Entscheidung selbst sei darauf zurückzuführen, dass dort keinerlei Veranlassung zu einer zeitlichen Begrenzung bestanden habe.

V.

43

Der Zweite und der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts sowie der Zweite und der Sechste Senat des Bundessozialgerichts haben Stellung genommen.

B.

44

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

I.

45

Das angegriffene Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist als eine Maßnahme der deutschen öffentlichen Gewalt tauglicher Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 1 BVerfGG). Die Pflicht des Bundesverfassungsgerichts zur Wahrung des Grundgesetzes besteht gegenüber allen Maßnahmen der deutschen öffentlichen Gewalt, grundsätzlich auch solchen, die die innerstaatliche Geltung von Gemeinschafts- und Unionsrecht begründen (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>; 123, 267 <329>), Gemeinschafts- und Unionsrecht umsetzen (vgl. BVerfGE 113, 273 <292>; 118, 79 <94>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08 -, NJW 2010, S. 833 <835>) oder vollziehen. Ob und inwieweit die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit solcher Maßnahmen durch das Bundesverfassungsgericht beschränkt ist, ist eine Frage der Begründetheit der Verfassungsbeschwerde, soweit wie hier diesbezüglich offene Fragen zu klären sind.

II.

46

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde genügt den Anforderungen der § 92, § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG. Nach den Darlegungen der Beschwerdeführerin erscheint es insbesondere möglich, dass das angegriffene Urteil des Bundesarbeitsgerichts die Beschwerdeführerin in ihrer Vertragsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzt, weil es zum einen auf einer unzulässigen Rechtsfortbildung des Gerichtshofs beruht, die nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Deutschland nicht anzuwenden ist (vgl. BVerfGE 89, 155 <188>; 123, 267 <353 f.>), und weil es zum anderen verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz nicht gewährt.

47

Die Beschwerdeführerin legt ausreichend dar, warum der Gerichtshof mit der Entscheidung in der Rechtssache Mangold die Grenzen der Auslegung des Gemeinschaftsrechts überschritten und das Gemeinschaftsrecht in einer Weise fortgebildet habe, die von den Kompetenzen der Gemeinschaft nicht mehr gedeckt sei. Dabei setzt sie sich mit der bis zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Kompetenzkontrolle, der für kompetenzwidrig gehaltenen Mangold-Entscheidung des Gerichtshofs und den hierzu ergangenen kritischen Anmerkungen in der Literatur auseinander. Die Beschwerdeführerin war nicht gehalten, antizipierend auf vom Bundesverfassungsgericht erst noch zu präzisierende Einzelheiten der verfassungsgerichtlichen Überprüfung von Handlungen der europäischen Organe und Einrichtungen auf die Beachtung der Grenzen ihrer Kompetenzen einzugehen.

C.

48

Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.

I.

49

Die Beschwerdeführerin ist nicht deswegen in ihrer Vertragsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG verletzt, weil das angegriffene Urteil des Bundesarbeitsgerichts auf einer unzulässigen Rechtsfortbildung des Gerichtshofs beruht.

50

1. a) Sowohl die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie als auch die Garantie der freien Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG schließen das Recht ein, Arbeitsverhältnisse durch die Abgabe übereinstimmender Willenserklärungen zu begründen, auszugestalten und zu befristen (vgl. allgemein für die Gestaltung von Arbeitsverträgen BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. November 2006 - 1 BvR 1909/06 -, NJW 2007, S. 286). Die Vertragsfreiheit als wesentlicher Ausdruck der Privatautonomie wird allgemein durch das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfGE 72, 155 <170>; 81, 242 <254 ff.>; 89, 214 <231 ff.>; 103, 89 <100 f.>). Geht es um die Handlungsfreiheit gerade im Bereich der beruflichen Betätigung, die ihre spezielle Gewährleistung in Art. 12 Abs. 1 GG findet, scheidet die gegenüber anderen Freiheitsrechten subsidiäre allgemeine Handlungsfreiheit als Prüfungsmaßstab allerdings aus (vgl. BVerfGE 89, 1 <13>; 117, 163 <181>). Dies gilt insbesondere im Bereich des Individualarbeitsvertragsrechts (vgl. BVerfGE 57, 139 <158>; BVerfGK 4, 356 <363 f.>).

51

Die Privatrechtsordnung ist gesetzlich gestaltet. Gesetze regeln die Ausübung der Vertragsfreiheit nicht nur zu ihrem institutionellen Schutz, sondern auch um soziale Belange strukturell schwächerer Marktteilnehmer zu wahren. Aus diesem Grund wird der Abschluss befristeter Arbeitsverträge nicht vollständig in die Dispositionsfreiheit der Vertragsparteien gelegt, sondern traditionell an Voraussetzungen gebunden, die die Arbeitnehmer schützen sollen. Denn für Arbeitnehmer ist die Erwerbsarbeit regelmäßig alleinige Existenzgrundlage. Durch Befristung wird zwar den Flexibilitätsbedürfnissen rentabler Unternehmensführung entsprochen. Für die davon betroffenen Arbeitnehmer bedeutet ein befristetes Arbeitsverhältnis aber nicht nur die Chance auf Erwerbsarbeit, sondern ist auch mit Unsicherheit über den Fortbestand des Erwerbseinkommens verbunden. Der insoweit schützende staatliche Eingriff in die Privatautonomie bei der Ausgestaltung befristeter Arbeitsverhältnisse bedarf einer gesetzlichen Grundlage, die sich ihrerseits als verfassungsgemäß erweisen muss.

52

Die für das Verfassungsbeschwerdeverfahren maßgebliche Vorschrift des einfachen Rechts ist § 14 TzBfG in der vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung. Von dem Grundsatz, dass es zur Begründung befristeter Arbeitsverhältnisse eines sachlichen Grundes bedarf, konnte nach § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG abgewichen werden, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat. Diese Ausnahmeregelung hat indes zum Nachteil der Beschwerdeführerin unangewendet zu bleiben, wenn sie gegen Gemeinschaftsrecht (jetzt Unionsrecht) verstößt.

53

b) Das Recht der Europäischen Union kann sich nur wirksam entfalten, wenn es entgegenstehendes mitgliedstaatliches Recht verdrängt. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts führt zwar nicht dazu, dass entgegenstehendes nationales Recht nichtig wäre. Mitgliedstaatliches Recht kann vielmehr weiter seine Geltung entfalten, wenn und soweit es jenseits des Anwendungsbereichs einschlägigen Unionsrechts einen sachlichen Regelungsbereich behält. Im Anwendungsbereich des Unionsrechts dagegen ist entgegenstehendes mitgliedstaatliches Recht grundsätzlich unanwendbar. Der Anwendungsvorrang folgt aus dem Unionsrecht, weil die Union als Rechtsgemeinschaft nicht bestehen könnte, wenn die einheitliche Wirksamkeit des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten nicht gewährleistet wäre (vgl. grundlegend EuGH, Urteil vom 15. Juli 1964, Rs. 6/64, Costa/ENEL, Slg. 1964, S. 1251 Rn. 12). Der Anwendungsvorrang entspricht auch der verfassungsrechtlichen Ermächtigung des Art. 23 Abs. 1 GG, wonach Hoheitsrechte auf die Europäische Union übertragen werden können (vgl. BVerfGE 31, 145 <174>; 123, 267 <402>). Art. 23 Abs. 1 GG erlaubt mit der Übertragung von Hoheitsrechten - soweit vertraglich vorgesehen und gefordert - zugleich deren unmittelbare Ausübung innerhalb der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen. Er enthält somit ein Wirksamkeits- und Durchsetzungsversprechen, dem der unionsrechtliche Anwendungsvorrang entspricht.

54

c) aa) Anders als ein bundesstaatlicher Geltungsvorrang, wie ihn Art. 31 GG für die deutsche Rechtsordnung vorsieht, kann der Anwendungsvorrang des Unionsrechts nicht umfassend sein (vgl. BVerfGE 73, 339 <375>; 123, 267 <398>).

55

Das Unionsrecht bleibt als autonomes Recht von der vertraglichen Übertragung und Ermächtigung abhängig. Die Unionsorgane bleiben für die Erweiterung ihrer Befugnisse auf Vertragsänderungen angewiesen, die von den Mitgliedstaaten im Rahmen der für sie jeweils geltenden verfassungsrechtlichen Bestimmungen vorgenommen und verantwortet werden (vgl. BVerfGE 75, 223 <242>; 89, 155 <187 f., 192, 199>; 123, 267 <349>; vgl. auch BVerfGE 58, 1 <37>; 68, 1 <102>; 77, 170 <231>; 104, 151 <195>; 118, 244 <260>). Es gilt das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EUV). Das Bundesverfassungsgericht ist deshalb berechtigt und verpflichtet, Handlungen der europäischen Organe und Einrichtungen darauf zu überprüfen, ob sie aufgrund ersichtlicher Kompetenzüberschreitungen oder aufgrund von Kompetenzausübungen im nicht übertragbaren Bereich der Verfassungsidentität (Art. 79 Abs. 3 i.V.m. Art. 1 und Art. 20 GG) erfolgen (vgl. BVerfGE 75, 223 <235, 242>; 89, 155 <188>; 113, 273 <296>; 123, 267 <353 f.>), und gegebenenfalls die Unanwendbarkeit kompetenzüberschreitender Handlungen für die deutsche Rechtsordnung festzustellen.

56

bb) Die Pflicht des Bundesverfassungsgerichts, substantiierten Rügen eines Ultra-vires-Handelns der europäischen Organe und Einrichtungen nachzugehen, ist mit der vertraglich dem Gerichtshof übertragenen Aufgabe zu koordinieren, die Verträge auszulegen und anzuwenden und dabei Einheit und Kohärenz des Unionsrechts zu wahren (vgl. Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EUV, Art. 267 AEUV).

57

Wenn jeder Mitgliedstaat ohne weiteres für sich in Anspruch nähme, durch eigene Gerichte über die Gültigkeit von Rechtsakten der Union zu entscheiden, könnte der Anwendungsvorrang praktisch unterlaufen werden, und die einheitliche Anwendung des Unionsrechts wäre gefährdet. Würden aber andererseits die Mitgliedstaaten vollständig auf die Ultra-vires-Kontrolle verzichten, so wäre die Disposition über die vertragliche Grundlage allein auf die Unionsorgane verlagert, und zwar auch dann, wenn deren Rechtsverständnis im praktischen Ergebnis auf eine Vertragsänderung oder Kompetenzausweitung hinausliefe. Dass in den - wie nach den institutionellen und prozeduralen Vorkehrungen des Unionsrechts zu erwarten - seltenen Grenzfällen möglicher Kompetenzüberschreitung seitens der Unionsorgane die verfassungsrechtliche und die unionsrechtliche Perspektive nicht vollständig harmonieren, ist dem Umstand geschuldet, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon Herren der Verträge bleiben und die Schwelle zum Bundesstaat nicht überschritten wurde (vgl. BVerfGE 123, 267 <370 f.>). Die nach dieser Konstruktion im Grundsatz unvermeidlichen Spannungslagen sind im Einklang mit der europäischen Integrationsidee kooperativ auszugleichen und durch wechselseitige Rücksichtnahme zu entschärfen.

58

cc) Die Ultra-vires-Kontrolle darf nur europarechtsfreundlich ausgeübt werden (vgl. BVerfGE 123, 267 <354>).

59

(1) Die Union versteht sich als Rechtsgemeinschaft; sie ist insbesondere durch das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung und die Grundrechte gebunden und achtet die Verfassungsidentität der Mitgliedstaaten (vgl. im Einzelnen Art. 4 Abs. 2 Satz 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 EUV). Nach der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland ist der Anwendungsvorrang des Unionsrechts anzuerkennen und zu gewährleisten, dass die dem Bundesverfassungsgericht verfassungsrechtlich vorbehaltenen Kontrollbefugnisse nur zurückhaltend und europarechtsfreundlich ausgeübt werden.

60

Das bedeutet für die vorliegend in Rede stehende Ultra-vires-Kontrolle, dass das Bundesverfassungsgericht die Entscheidungen des Gerichtshofs grundsätzlich als verbindliche Auslegung des Unionsrechts zu beachten hat. Vor der Annahme eines Ultra-vires-Akts der europäischen Organe und Einrichtungen ist deshalb dem Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV die Gelegenheit zur Vertragsauslegung sowie zur Entscheidung über die Gültigkeit und die Auslegung der fraglichen Rechtsakte zu geben. Solange der Gerichtshof keine Gelegenheit hatte, über die aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragen zu entscheiden, darf das Bundesverfassungsgericht für Deutschland keine Unanwendbarkeit des Unionsrechts feststellen (vgl. BVerfGE 123, 267 <353>).

61

Eine Ultra-vires-Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht kommt darüber hinaus nur in Betracht, wenn ersichtlich ist, dass Handlungen der europäischen Organe und Einrichtungen außerhalb der übertragenen Kompetenzen ergangen sind (vgl. BVerfGE 123, 267 <353, 400>). Ersichtlich ist ein Verstoß gegen das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung nur dann, wenn die europäischen Organe und Einrichtungen die Grenzen ihrer Kompetenzen in einer das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung spezifisch verletzenden Art überschritten haben (Art. 23 Abs. 1 GG), der Kompetenzverstoß mit anderen Worten hinreichend qualifiziert ist (vgl. zur Formulierung "hinreichend qualifiziert" als Tatbestandsmerkmal im unionsrechtlichen Haftungsrecht etwa EuGH, Urteil vom 10. Juli 2003, Rs. C-472/00 P, Fresh Marine, Slg. 2003, S. I-7541 Rn. 26 f.). Dies bedeutet, dass das kompetenzwidrige Handeln der Unionsgewalt offensichtlich ist und der angegriffene Akt im Kompetenzgefüge zwischen Mitgliedstaaten und Union im Hinblick auf das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung und die rechtsstaatliche Gesetzesbindung erheblich ins Gewicht fällt (vgl. Kokott, Deutschland im Rahmen der Europäischen Union - zum Vertrag von Maastricht, AöR 1994, S. 207 <220>: "erhebliche Kompetenzüberschreitungen" und <233>: "drastische" Ultra-vires-Akte; Ukrow, Richterliche Rechtsfortbildung durch den EuGH, 1995, S. 238 für eine Evidenzkontrolle; Isensee, Vorrang des Europarechts und deutsche Verfassungsvorbehalte - offener Dissens, in: Festschrift Stern, 1997, S. 1239 <1255>: "im Falle krasser und evidenter Kompetenzüberschreitung"; Pernice, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2006, Bd. II, Art. 23 Rn. 32: "schwerwiegend, evident und generell"; Oeter, Rechtsprechungskonkurrenz zwischen nationalen Verfassungsgerichten, Europäischem Gerichtshof und Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte, VVDStRL 2007, S. 361 <377>: Rechtsprechung des Gerichtshofs sei verbindlich, "sofern sie sich nicht völlig von den vertraglichen Grundlagen ablöst"; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 23 Rn. 40 : "offensichtlich, anhaltend und schwerwiegend").

62

(2) Der Auftrag, bei der Auslegung und Anwendung der Verträge das Recht zu wahren (Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EUV), beschränkt den Gerichtshof nicht darauf, über die Einhaltung der Vertragsbestimmungen zu wachen. Dem Gerichtshof ist auch die Rechtsfortbildung im Wege methodisch gebundener Rechtsprechung nicht verwehrt. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Befugnis stets ausdrücklich anerkannt (vgl. BVerfGE 75, 223 <242 f.>; BVerfGE 123, 267 <351 f.>). Ihr stehen insbesondere das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung und die Struktur des unionalen Staatenverbundes nicht entgegen. Vielmehr kann die - in den ihr gesetzten Grenzen wahrgenommene - Rechtsfortbildung gerade auch im supranationalen Verbund zu einer der grundlegenden Verantwortung der Mitgliedstaaten über die Verträge gerecht werdenden Kompetenzabgrenzung zu den Regelungsbefugnissen des Unionsgesetzgebers beitragen.

63

Das Primärrecht sieht an einzelnen Stellen ausdrücklich vor, dass die Unionsorgane auf der Grundlage allgemeiner Grundsätze handeln sollen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind (Art. 6 Abs. 3 EUV; Art. 340 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV). Zur Aufgabe des Gerichtshofs gehört es insoweit, die Rechtlichkeit der Union im Sinne der gemeinsamen europäischen Verfassungstraditionen zu sichern. Maßstab ist sowohl das geschriebene Primär- und Sekundärrecht als auch die ungeschriebenen allgemeinen Grundsätze, wie sie aus den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten unter ergänzender Heranziehung der völkerrechtlichen Verträge der Mitgliedstaaten abgeleitet werden (vgl. Wegener, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 220 EGV Rn. 38 m.w.N. zu den allgemeinen Grundsätzen im Völkerrecht Gaja, General Principles of Law, in: Wolfrum, Max Planck Encyclopedia of Public International Law, http://www.mpepil.com, Rn. 7 ff., 17 ff.). Bereits die unter anderem vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobene Notwendigkeit, einen dem Grundgesetz vergleichbaren Grundrechtsschutz auszubilden (vgl. BVerfGE 37, 271 <285>), war seit den 1970er Jahren nur rechtsfortbildend über die Methode der wertenden Rechtsvergleichung möglich (vgl. grundlegend EuGH, Urteil vom 17. Dezember 1970, Rs. 11/70, Internationale Handelsgesellschaft, Slg. 1970, S. 1125 Rn. 4; EuGH, Urteil vom 14. Mai 1974, Rs. 4/73, Nold/Kommission, Slg. 1974, S. 491 Rn. 13).

64

Rechtsfortbildung ist allerdings keine Rechtsetzung mit politischen Gestaltungsfreiräumen, sondern folgt den gesetzlich oder völkervertraglich festgelegten Vorgaben. Sie findet hier Gründe und Grenzen. Anlass zu richterlicher Rechtsfortbildung besteht insbesondere dort, wo Programme ausgefüllt, Lücken geschlossen, Wertungswidersprüche aufgelöst werden oder besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung getragen wird. Rechtsfortbildung überschreitet diese Grenzen, wenn sie deutlich erkennbare, möglicherweise sogar ausdrücklich im Wortlaut dokumentierte (vertrags-)gesetzliche Entscheidungen abändert oder ohne ausreichende Rückbindung an gesetzliche Aussagen neue Regelungen schafft. Dies ist vor allem dort unzulässig, wo Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus politische Grundentscheidungen trifft oder durch die Rechtsfortbildung strukturelle Verschiebungen im System konstitutioneller Macht- und Einflussverteilung stattfinden.

65

Eine wesentliche Grenze richterlicher Rechtsfortbildung auf Unionsebene ist das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EUV). Es gewinnt seine Bedeutung vor dem Hintergrund der stark föderalisierten und kooperativen Organisationsstruktur der Europäischen Union, die in vielen Bereichen sowohl im Umfang der Kompetenzen als auch in der Organisationsstruktur und den Verfahren zwar staatsanalog, aber nicht bundesstaatlich geprägt ist. Die Mitgliedstaaten haben nur jeweils begrenzte Hoheitsrechte übertragen. Generalermächtigungen und die Kompetenz, sich weitere Kompetenzen zu verschaffen, widersprechen diesem Prinzip und würden die verfassungsrechtliche Integrationsverantwortung der Mitgliedstaaten untergraben (vgl. BVerfGE 123, 267 <352 f.>). Dies gilt nicht nur, wenn sich eigenmächtige Kompetenzerweiterungen auf Sachbereiche erstrecken, die zur verfassungsrechtlichen Identität der Mitgliedstaaten rechnen oder besonders vom demokratisch diskursiven Prozess in den Mitgliedstaaten abhängen (vgl. BVerfGE 123, 267 <357 f.>), allerdings wiegen hier Kompetenzüberschreitungen besonders schwer.

66

(3) Soll das supranationale Integrationsprinzip nicht Schaden nehmen, muss die Ultra-vires-Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht zurückhaltend ausgeübt werden. Da es in jedem Fall einer Ultra-vires-Rüge auch über eine Rechtsauffassung des Gerichtshofs zu befinden hat, sind Aufgabe und Stellung der unabhängigen überstaatlichen Rechtsprechung zu wahren. Dies bedeutet zum einen, dass die unionseigenen Methoden der Rechtsfindung, an die sich der Gerichtshof gebunden sieht und die der "Eigenart" der Verträge und den ihnen eigenen Zielen Rechnung tragen (vgl. EuGH, Gutachten 1/91, EWR-Abkommen, Slg. 1991, S. I-6079 Rn. 51), zu respektieren sind. Zum anderen hat der Gerichtshof Anspruch auf Fehlertoleranz. Daher ist es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, bei Auslegungsfragen des Unionsrechts, die bei methodischer Gesetzesauslegung im üblichen rechtswissenschaftlichen Diskussionsrahmen zu verschiedenen Ergebnissen führen können, seine Auslegung an die Stelle derjenigen des Gerichtshofs zu setzen. Hinzunehmen sind auch Interpretationen der vertraglichen Grundlagen, die sich ohne gewichtige Verschiebung im Kompetenzgefüge auf Einzelfälle beschränken und belastende Wirkungen auf Grundrechte entweder nicht entstehen lassen oder einem innerstaatlichen Ausgleich solcher Belastungen nicht entgegenstehen.

67

2. Gemessen an diesen Maßstäben hat das Bundesarbeitsgericht die Tragweite der Vertragsfreiheit der Beschwerdeführerin nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht verkannt. Das angegriffene Urteil erweist sich als verfassungsgemäß, soweit es die Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG angenommen hat.

68

Im Hinblick auf die zugrundegelegte Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine Rechtsfortbildung ultra vires, die zur - allein vom Bundesverfassungsgericht feststellbaren (vgl. BVerfGE 123, 267 <354>) - Unanwendbarkeit der betreffenden Rechtsgrundsätze in Deutschland führen müsste, nicht ersichtlich. Es kann dahinstehen, ob sich das in der Mangold-Entscheidung gefundene Ergebnis durch anerkannte juristische Auslegungsmethoden noch gewinnen lässt und ob gegebenenfalls bestehende Mängel offenkundig wären. Jedenfalls handelt es sich um keine das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung in offensichtlicher und strukturwirksamer Weise verletzende Überschreitung der durch Zustimmungsgesetz auf die Europäische Union übertragenen Hoheitsrechte.

69

a) Der Gerichtshof kam in der Mangold-Entscheidung zu dem Ergebnis, eine nationale Regelung wie § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG verstoße gegen Gemeinschaftsrecht und müsse unangewendet bleiben (EuGH, Urteil vom 22. November 2005, Rs. C-144/04, Slg. 2005, S. I-9981 Rn. 77 f.). Diese Aussage wurde mit zwei Argumenten begründet, deren Beziehung zueinander unklar bleibt (vgl. Thüsing, Europarechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz als Bindung des Arbeitgebers?, ZIP 2005, S. 2149 <2150 f.>). Die Regelung stehe sowohl im Widerspruch zu Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG als auch zu einem allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, der Diskriminierungen aus Gründen des Alters untersage.

70

Während eine Stelle in der englischen und französischen Sprachfassung der Mangold-Entscheidung darauf hindeutet, dass sich der Gerichtshof insbesondere auf das allgemeine Diskriminierungsverbot zu stützen scheint (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2005, a.a.O., Rn. 74: "[z]weitens" , "[i]n the second place and above all" , "[e]n second lieu et surtout" ), könnte eine andere Stelle für das Gegenteil sprechen (EuGH, Urteil vom 22. November 2005, a.a.O., Rn. 78: "insbesondere Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 2000/78"). Dem entspricht die Vermutung, dass die Mangold-Entscheidung, obwohl die Richtlinie 2000/78/EG für Deutschland innerhalb der noch laufenden Umsetzungsfrist noch nicht anwendbar war, die deutsche Befristungsregel am Maßstab dieser Richtlinie prüfte, weil die Richtlinie nur das konkretisiere, was durch den allgemeinen Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung ohnehin und unabhängig von der Richtlinie gelte (vgl. Skouris, Methoden der Grundrechtsgewinnung in der EU, in: Merten/Papier, HGRe, Bd. VI/1, 2010, § 157 Rn. 24).

71

b) Ein hinreichend qualifizierter Verstoß des Gerichtshofs gegen das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung lässt sich nicht feststellen. Weder die Öffnung des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2000/78/EG auf Fälle, die gerade einer beruflichen Eingliederung von älteren Langzeitarbeitslosen dienen sollten (aa), noch die vom Gerichtshof angenommene Vorwirkung der in Deutschland noch umzusetzenden Richtlinie 2000/78/EG (bb) noch die Herleitung eines allgemeinen Grundsatzes des Verbots der Altersdiskriminierung (cc) hat zu einer strukturell bedeutsamen Verschiebung zulasten mitgliedstaatlicher Kompetenzen geführt.

72

aa) Der Gerichtshof hielt den allgemeinen Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung in der Rechtssache Mangold für anwendbar, weil der Sachverhalt grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG falle (EuGH, Urteil vom 22. November 2005, a.a.O., Rn. 51, 64, 75). Diese Weichenstellung war die Voraussetzung dafür, dass eine nationale Regelung wie § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG überhaupt am Gemeinschaftsrecht - und also auch an dessen allgemeinen Grundsätzen - gemessen werden konnte. Die Beschwerdeführerin hat dagegen vorgetragen, dass die einschlägige Vorschrift des Teilzeit- und Befristungsgesetzes der Beschäftigungspolitik gedient habe, welche weiterhin in der mitgliedstaatlichen Zuständigkeit liege.

73

Ob eine bestimmte Maßnahme eines Mitgliedstaates in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt, bestimmt der Gerichtshof jeweils im Einzelfall nach der inhaltlichen Tragweite der Maßnahme in Bezug auf die Sachmaterie und die beteiligten Personen. Auch eine Richtlinie kann den Anwendungsbereich der Verträge eröffnen und so dazu führen, dass die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts in das mitgliedstaatliche Recht einwirken (vgl. von Danwitz, Rechtswirkungen von Richtlinien in der neueren Rechtsprechung des EuGH, JZ 2007, S. 697 <704>). Ob eine Richtlinie den Anwendungsbereich der Verträge eröffnet, wird nach ihren Zielen bestimmt (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 1998, Rs. C-226/97, Lemmens, Slg. 1998, S. I-3711 Rn. 25 und 35 f.). Dagegen kann der nationale Gesetzgeber nicht den sachlichen Anwendungsbereich des Unionsrechts ausschließen, indem er mit einer Maßnahme auch Ziele - wie etwa die Beschäftigungspolitik (vgl. die beschränkten Handlungskompetenzen nach Art. 145 bis Art. 150 AEUV) - verfolgt, zu deren Regelung die Union nicht befugt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 24. November 1998, Bickel und Franz, Rs. C-274/96, Slg. 1998, S. I-7637 Rn. 17; stRspr). Der Gerichtshof rechtfertigt dies mit dem Hinweis, dass die Mitgliedstaaten andernfalls durch unterschiedliche Zielsetzungen die einheitliche Wirkung des Unionsrechts beeinträchtigen könnten.

74

Im konkreten Fall begründete der Gerichtshof die Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts und damit des allgemeinen Verbots der Altersdiskriminierung damit, dass mit dem Teilzeit- und Befristungsgesetz ursprünglich die Richtlinie 1999/70/EG habe umgesetzt werden sollen (EuGH, Urteil vom 22. November 2005, a.a.O., Rn. 75). Dagegen kann eingewendet werden, dass nur der ursprüngliche Erlass des Teilzeit- und Befristungsgesetzes im Jahr 2000 der Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG diente, nicht aber das Änderungsgesetz, mit dem Satz 4 in den bestehenden § 14 Abs. 3 TzBfG eingefügt wurde (vgl. zum fehlenden Verweis auf das Gemeinschaftsrecht BTDrucks 15/25, S. 40). Entscheidende Erwägung, die aus der Binnenlogik des Unionsrechts heraus nicht vollständig zurückgewiesen werden kann, ist jedoch die sachliche Reichweite der Richtlinie 1999/70/EG, insbesondere deren Verschlechterungsverbot (§ 8 Abs. 3 der Richtlinie 1999/70/EG). Sie ist das maßgebende Argument, nicht die jeweilige Zielsetzung des nationalen Gesetzgebers.

75

bb) Eine im Hinblick auf das Ersichtlichkeitskriterium gravierende, das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung verletzende Rechtsfortbildung durch die Mangold-Entscheidung des Gerichtshofs ist auch nicht wegen der vom Gerichtshof angenommenen Vorwirkung der in Deutschland noch umzusetzenden Richtlinie 2000/78/EG gegeben.

76

Der Gerichtshof ging davon aus, dass einem Verstoß einer nationalen Regelung wie § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG gegen Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG nicht entgegenstehe, dass deren Umsetzungsfrist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht abgelaufen gewesen sei (EuGH, Urteil vom 22. November 2005, a.a.O., Rn. 70 ff.). Der während der Umsetzungsfrist bestehende Handlungs- und Konkretisierungsspielraum der Bundesrepublik Deutschland wurde dadurch jedoch nicht so verkürzt, dass eine strukturwirksame Kompetenzverschiebung angenommen werden müsste. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist einer in Kraft getretenen Richtlinie keine Vorschriften zu erlassen, die geeignet sind, das in der Richtlinie vorgeschriebene Ziel ernsthaft in Frage zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Dezember 1997, Rs. C-129/96, Inter-Environnement Wallonie, Slg. 1997, S. I-7411 Rn. 45; EuGH, Urteil vom 8. Mai 2003, Rs. C-14/02, ATRAL, Slg. 2003, S. I-4431 Rn. 58).

77

Die Mangold-Entscheidung lässt sich in die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs zur innerstaatlichen Wirkung von Richtlinien einordnen. Obwohl der Gerichtshof mehrfach entschieden hat, dass eine Richtlinie "nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen kann, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist" (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juli 1994, Rs. C-91/92, Faccini Dori, Slg. 1994, S. I-3325 Rn. 19 ff.; EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004, verb. Rs. C-397-403/01, Pfeiffer, Slg. 2004, S. I-8835 Rn. 108), hat der Gerichtshof anerkannt, dass richtlinienwidrig erlassene innerstaatliche Normen in einem Rechtsstreit zwischen Privaten unangewendet bleiben müssen (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 30. April 1996, Rs. C-194/94, CIA Security, Slg. 1996, S. I-2201; EuGH, Urteil vom 26. September 2000, Rs. C-443/98, Unilever, Slg. 2000, S. I-7535 Rn. 49 ff.). Mit der in der Mangold-Entscheidung angenommenen Vorwirkung von Richtlinien schafft der Gerichtshof eine weitere Fallgruppe für die sogenannte "negative" Wirkung von Richtlinien. Diese dient wie die Rechtsprechung zur "negativen" Wirkung von Richtlinien insgesamt lediglich der Effektuierung bestehender Rechtspflichten der Mitgliedstaaten, schafft aber keine neuen, das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung verletzenden Pflichten der Mitgliedstaaten.

78

cc) Es kann dahinstehen, ob sich ein allgemeiner Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen und den völkerrechtlichen Verträgen der Mitgliedstaaten ableiten ließe, obwohl nur zwei der zum Zeitpunkt der Mangold-Entscheidung 15 Verfassungen der Mitgliedstaaten ein besonderes Verbot der Diskriminierung aufgrund des Alters zu entnehmen war (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Mazák vom 15. Februar 2007, Rs. C-411/05, Palacios, Slg. 2007, S. I-8531 Rn. 88; Hölscheidt, in: Meyer, Kommentar zur Charta der Grundrechte der EU, 2. Aufl. 2006, Art. 21 Rn. 15) und auch die völkerrechtlichen Verträge, auf die sich der Gerichtshof mit seinem Hinweis auf die Erwägungsgründe der Richtlinie 2000/78/EG bezogen hatte, kein spezielles Diskriminierungsverbot enthielten. Denn zu einem ersichtlichen Verstoß im Hinblick auf das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung würde auch eine unterstellte, rechtsmethodisch nicht mehr vertretbare Rechtsfortbildung des Gerichtshofs erst dann, wenn sie auch praktisch kompetenzbegründend wirkte. Mit dem in der Ableitung aus den gemeinsamen mitgliedstaatlichen Verfassungstraditionen umstrittenen allgemeinen Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung wurde aber weder ein neuer Kompetenzbereich für die Union zulasten der Mitgliedstaaten begründet noch eine bestehende Kompetenz mit dem Gewicht einer Neubegründung ausgedehnt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn ohne den Erlass eines - hier als vorwirkend angesehenen - Sekundärrechtsaktes nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten von Bürgern durch Rechtsfortbildung begründet würden, die sich sowohl als Grundrechtseingriffe als auch als Kompetenzverschiebung zulasten der Mitgliedstaaten erweisen würden. Allgemeine Grundsätze dürfen, auch wenn sie den Grundrechtsschutz auf Unionsebene gewährleisten, nicht den Ge-staltungsbereich des Unionsrechts über die eingeräumten Zuständigkeiten der Union hinaus ausdehnen oder gar neue Aufgaben und Zuständigkeiten begründen (vgl. Art. 51 Abs. 2 GRCh).

79

Hier liegt der Fall jedoch anders, weil die an der auf Art. 13 Abs. 1 EGV (jetzt Art. 19 Abs. 1 AEUV) gestützten Rechtsetzung beteiligten Organe unter Einschluss des Rates und des deutschen Vertreters im Rat - und nicht Richter im Zuge der Rechtsfortbildung - den Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung für arbeitsvertragsrechtliche Rechtsbeziehungen verbindlich gemacht und damit auch den Raum für gerichtliche Rechtsinterpretation eröffnet haben (vgl. insoweit oben aa).

II.

80

Die Beschwerdeführerin ist auch nicht dadurch in ihrer Vertragsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzt, dass das angegriffene Urteil keinen Vertrauensschutz gewährt hat.

81

1. a) Zu den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinzips zählt die Rechtssicherheit. Der rechtsunterworfene Bürger soll nicht durch die rückwirkende Beseitigung erworbener Rechte in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung enttäuscht werden (vgl. BVerfGE 45, 142 <167>; 72, 175 <196>; 88, 384 <403>; 105, 48 <57>).

82

Das Vertrauen in den Fortbestand eines Gesetzes kann nicht nur durch die rückwirkende Feststellung seiner Nichtigkeit durch das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 99, 341 <359 f.>), sondern auch durch die rückwirkende Feststellung seiner Nichtanwendbarkeit durch den Gerichtshof berührt werden. Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in ein unionsrechtswidriges Gesetz bestimmt sich insbesondere danach, inwieweit vorhersehbar war, dass der Gerichtshof eine derartige Regelung als unionsrechtswidrig einordnet. Es ist ferner von Belang, dass eine Disposition im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage vorgenommen, das Vertrauen mit anderen Worten betätigt wurde (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>).

83

b) Die Möglichkeiten mitgliedstaatlicher Gerichte zur Gewährung von Vertrauensschutz sind unionsrechtlich vorgeprägt und begrenzt. Entscheidungen des Gerichtshofs im Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV wirken grundsätzlich ex tunc. Die Auslegung des Unionsrechts durch den Gerichtshof ist deshalb von den mitgliedstaatlichen Gerichten auch auf Rechtsverhältnisse anzuwenden, die vor Erlass der Vorabentscheidung begründet wurden. Der Gerichtshof schränkt nur ausnahmsweise in Anbetracht der erheblichen Schwierigkeiten, die seine Entscheidung bei in gutem Glauben begründeten Rechtsverhältnissen für die Vergangenheit hervorrufen kann, die Rückwirkungen seiner Entscheidung ein (vgl. EuGH, Urteil vom 27. März 1980, Rs. C-61/79, Denkavit, Slg. 1980, S. 1205 Rn. 16 f.; stRspr).

84

Vertrauensschutz kann von den mitgliedstaatlichen Gerichten demnach nicht dadurch gewährt werden, dass sie die Wirkung einer Vorabentscheidung zeitlich beschränken, indem sie die nationale Regelung, deren Unvereinbarkeit mit Unionsrecht festgestellt wurde, für die Zeit vor Erlass der Vorabentscheidung anwenden. Eine solche primärwirksame Wirkung des Vertrauensschutzes lässt der Gerichtshof regelmäßig nicht zu, da er im Hinblick auf die einheitliche Geltung des Unionsrechts davon ausgeht, dass nur er selbst die Wirkung der in seinen Entscheidungen vorgenommenen Auslegung zeitlich beschränken könne (vgl. EuGH, Urteil vom 27. März 1980, a.a.O., Rn. 18; stRspr). In der Rechtsprechung des Gerichtshofs finden sich hingegen keine Anhaltspunkte dafür, dass es den mitgliedstaatlichen Gerichten verwehrt wäre, sekundären Vertrauensschutz durch Ersatz des Vertrauensschadens zu gewähren.

85

c) Es ist danach möglich, zur Sicherung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes in Konstellationen der rückwirkenden Nichtanwendbarkeit eines Gesetzes infolge einer Entscheidung des Gerichtshofs innerstaatlich eine Entschädigung dafür zu gewähren, dass ein Betroffener auf die gesetzliche Regelung vertraut und in diesem Vertrauen Dispositionen getroffen hat. Auch das unionsrechtliche Haftungsrecht weist dem Mitgliedstaat die Verantwortung für ein unionsrechtswidriges Gesetz zu und entlastet insoweit den Bürger. Es kann offen bleiben, ob ein entsprechender Anspruch bereits im bestehenden Staatshaftungssystem angelegt ist.

86

2. Das Bundesarbeitsgericht hat die Tragweite eines nach Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG zu gewährenden Vertrauensschutzes nicht verkannt. Wegen des gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs durfte sich das Bundesarbeitsgericht außer Stande sehen, Vertrauensschutz dadurch zu gewähren, dass es die zugunsten der Beschwerdeführerin ergangenen Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Ein ohne Verstoß gegen den unionsrechtlichen Anwendungsvorrang möglicher Anspruch auf Entschädigung gegen die Bundesrepublik Deutschland für Vermögenseinbußen, die die Beschwerdeführerin durch die Entfristung des Arbeitsverhältnisses erlitten hat, war nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesarbeitsgericht.

III.

87

Das angegriffene Urteil verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Anspruch auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

88

1. Der Gerichtshof ist gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Es stellt einen Entzug des gesetzlichen Richters dar, wenn ein deutsches Gericht seiner Pflicht zur Anrufung des Gerichtshofs im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht nachkommt (vgl. BVerfGE 73, 339 <366 ff.>; 75, 223 <233 ff.>; 82, 159 <192 ff.>). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellt allerdings nicht jede Verletzung der unionsrechtlichen Vorlagepflicht zugleich einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Denn das Bundesverfassungsgericht beanstandet die Auslegung und Anwendung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind (vgl. BVerfGE 29, 198 <207>; 82, 159 <194>).

89

Dieser Willkürmaßstab wird auch angelegt, wenn eine Verletzung von Art. 267 Abs. 3 AEUV in Rede steht. Das Bundesverfassungsgericht ist unionsrechtlich nicht verpflichtet, die Verletzung der unionsrechtlichen Vorlagepflicht voll zu kontrollieren und an der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 267 Abs. 3 AEUV auszurichten (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 2419/06 -, NVwZ-RR 2008, S. 658 <660>; anders BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. Februar 2010 - 1 BvR 230/09 -, NJW 2010, S. 1268 <1269>). Art. 267 Abs. 3 AEUV fordert kein zusätzliches Rechtsmittel zur Überprüfung der Einhaltung der Vorlagepflicht (vgl. Kokott/Henze/Sobotta, Die Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof und die Folgen ihrer Verletzung, JZ 2006, S. 633 <635>). Ein letztinstanzliches Gericht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist definitionsgemäß die letzte Instanz, vor der der Einzelne Rechte geltend machen kann, die ihm aufgrund des Unionsrechts zustehen (vgl. EuGH, Urteil vom 30. September 2003, Rs. C-224/01, Köbler, Slg. 2003, S. I-10239 Rn. 34). So behalten die Fachgerichte bei der Auslegung und Anwendung von Unionsrecht einen Spielraum eigener Einschätzung und Beurteilung, der demjenigen bei der Handhabung einfachrechtlicher Bestimmungen der deutschen Rechtsordnung entspricht. Das Bundesverfassungsgericht, das nur über die Einhaltung der Grenzen dieses Spielraums wacht, wird seinerseits nicht zum "obersten Vorlagenkontrollgericht" (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. November 1987 - 2 BvR 808/82 -, NJW 1988, S. 1456 <1457>).

90

Die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV wird insbesondere in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht). Gleiches gilt in den Fällen, in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft). Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit, wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (Unvollständigkeit der Rechtsprechung). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn mögliche Gegenauffassungen zu der entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts gegenüber der vom Gericht vertretenen Meinung eindeutig vorzuziehen sind (vgl. BVerfGE 82, 159 <194 ff.>). Zu verneinen ist in diesen Fällen ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG deshalb bereits dann, wenn das Gericht die entscheidungserhebliche Frage in zumindest vertretbarer Weise beantwortet hat.

91

2. Das angegriffene Urteil verletzt nicht Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, denn das Bundesarbeitsgericht hat durch die Entscheidung, das Verfahren nicht an den Gerichtshof vorzulegen, die Beschwerdeführerin nicht ihrem gesetzlichen Richter entzogen.

92

Das Bundesarbeitsgericht hätte insbesondere nicht wegen Unvollständigkeit der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Vorabentscheidung herbeiführen müssen. Unter der Annahme, dass der Gerichtshof die Unanwendbarkeit des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG in der Mangold-Entscheidung mit der gebotenen Eindeutigkeit festgestellt habe und die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestehenden Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung von Entscheidungswirkungen nicht erfüllt seien, sah das Bundesarbeitsgericht sich nicht als verpflichtet an, dem Gerichtshof durch eine Vorlage die Gelegenheit zur nachträglichen Gewährung von Vertrauensschutz zu eröffnen. Dies stellt ein vertretbares Ergebnis dar. Die Gegenauffassung der Beschwerdeführerin, dass der Gerichtshof die Frage des rückwirkenden Vertrauensschutzes in der Rechtssache Mangold offen gelassen habe und die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur zeitlichen Begrenzung von Entscheidungswirkungen sich nicht auf die vorliegende Fallgestaltung beziehe, ist der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht eindeutig vorzuziehen. Das Bundesarbeitsgericht durfte vielmehr davon ausgehen, dass § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG nach der Mangold-Entscheidung unangewendet bleiben musste.

IV.

93

Diese Entscheidung ist hinsichtlich der Begründung mit 6:2 Stimmen und im Ergebnis mit 7:1 Stimmen ergangen.

Abw. Meinung

94

Entgegen der Ansicht der Senatsmehrheit ist die Verfassungsbeschwerde begründet. Das angefochtene Urteil verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, weil das Bundesarbeitsgericht § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG ohne verfassungsrechtlich tragfähigen Grund unangewendet gelassen und sich so der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) entzogen hat. Auf das Unionsrecht in seiner Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Gerichtshof) in der Rechtssache Mangold konnte sich das Bundesarbeitsgericht von Verfassungs wegen nicht berufen.

95

Die Senatsmehrheit überspannt die Anforderungen an die Feststellung eines Ultra-vires-Handelns der Gemeinschafts- oder Unionsorgane durch das Bundesverfassungsgericht und weicht insofern ohne überzeugende Gründe von dem Senatsurteil zum Vertrag von Lissabon ab (I.). Zu Unrecht verneint sie eine Kompetenzüberschreitung seitens des Gerichtshofs in der Rechtssache Mangold (II.). Auch das Bundesarbeitsgericht hat diese Kompetenzüberschreitung und die hieraus resultierenden Handlungsoptionen verkannt (III.).

I.

96

1. Mit dem Urteil zum Lissabon-Vertrag vom 30. Juni 2009 ist in Erinnerung zu rufen, dass das Handeln von Organen der Europäischen Union nur so lange demokratisch legitimiert ist, wie es sich im Rahmen der Kompetenzen hält, die die Mitgliedstaaten der Union übertragen haben. Die Einhaltung von Zuständigkeitsgrenzen ist nicht allein eine Frage des Austarierens der Machtbefugnisse von Verfassungs- und Gemeinschaftsorganen. Im demokratischen Regierungssystem folgt der Geltungsanspruch einer Norm nicht aus einer einseitigen Machtunterworfenheit des Bürgers, sondern aus ihrer Rückführung auf den Bürger selbst. Demokratische Legitimation erfordert deshalb eine tatsächliche, durchgehende Anknüpfung an das Staatsvolk. Sie darf nicht nur - und sei es im Wege des Ausschlusses einer Überprüfbarkeit - konstruiert sein. Ihre Notwendigkeit endet nicht an der Grenze des nationalen Zustimmungsgesetzes und dem Verbot der Blankettermächtigung, sondern setzt sich innerhalb der Staatengemeinschaft fort. Tätigkeiten, die von den übertragenen Aufgaben nicht umfasst werden, sind dadurch nicht mitlegitimiert (vgl. BVerfGE 93, 37 <68>). In diesem Sinne vermitteln und begrenzen die der Union von den Mitgliedstaaten verliehenen Kompetenzen den (sachlichen) Legitimationszusammenhang, in dem jedes Hoheitsgewalt ausübende Organ stehen muss (vgl. Häberle, Europäische Verfassungslehre, 6. Aufl. 2009, S. 307), und dessen Wahrung auch das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung als Ausdruck der staatsverfassungsrechtlichen Grundlage aller Unionsgewalt zum Ziel hat.

97

Denn die Ermächtigung, hoheitliche Gewalt supranational auszuüben, rührt von den Mitgliedstaaten als den Herren der Verträge her (BVerfGE 123, 267 <349>); für die europäische Unionsgewalt gibt es kein Legitimationssubjekt, das sich unabgeleitet von der Hoheitsgewalt der Staaten auf gleichsam höherer Ebene verfassen könnte. Der Lissabon-Vertrag hat in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EUV das Prinzip begrenzter und kontrollierter Einzelermächtigung bestätigt. Zuständigkeitsausübungsregeln wie Art. 5 Abs. 3 und Abs. 4, Art. 4 Abs. 2 EUV gewährleisten zudem, dass übertragene Kompetenzen in einer die mitgliedstaat-lichen Zuständigkeiten schonenden Weise wahrgenommen werden. Darüber hinaus enthält der Vertrag - bei verfassungsgemäßer Interpretation - keinerlei Vorschriften, die den Unionsorganen die Kompetenz-Kompetenz verschaffen würde (vgl. BVerfGE 123, 267 <392 f.>; zustimmend v. Bogdandy, NJW 2010, S. 1, 4). Dafür wäre auch die Verknüpfung von demokratischer Legitimation mit der Ausübung hoheitlicher Gewalt, die die Lissabon-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hervorhebt, nicht hinreichend ausgeprägt. Der Anwendungsvorrang, der durch Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entwickelt wurde, bleibt ein völkervertraglich übertragenes und damit abgeleitetes Institut (BVerfGE 123, 267 <400>). Er ändert gerade nichts an der Pflicht zur Einhaltung der Kompetenzordnung. Er reicht für in Deutschland ausgeübte Hoheitsgewalt nur so weit, wie die Bundesrepublik dem zugestimmt hat oder zustimmen durfte (BVerfGE 123, 267 <402>). Insbesondere auch die dem Gerichtshof übertragene Kompetenz zur Auslegung und Anwendung des Unionsrechts ist nicht schrankenlos. Die ihr durch das Grundgesetz gezogenen Grenzen unterliegen letztlich der Gerichtsbarkeit des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 75, 223 <235>; 123, 267 <344>).

98

Verfassung und völkerrechtlicher Vertrag begründen Kompetenzen, um damit im Umfang der jeweiligen Zuschreibung rechtmäßige, das heißt rechtsstaatlich und demokratisch legitimierte Hoheitsgewalt zu begründen. Dies stand dem Senat in seinem Urteil vom 30. Juni 2009 vor Augen und hat seine Linienführung bestimmt. Durch die Zuschreibung von Kompetenzen werden unterschiedliche supranationale und nationale Funktionen einander zugeordnet. Sie wollen damit eine sachgemäße Kooperation, sichtbare Verantwortlichkeit gegenüber dem Bürger und gegenseitige Kontrolle sichern und im Ergebnis so den Missbrauch hoheitlicher Gewalt verhindern. Ein Übermaß an Verflechtungen und Überlagerungen höhlt die Substanz demokratischer Verantwortlichkeit aus und verletzt das aus demokratischer Rechtsstaatlichkeit fließende Gebot, dass Organe - nationale oder supranationale - für ihre Entscheidungen Verantwortung zu tragen haben.

99

2. Im Falle von Grenzdurchbrechungen - die diese Verantwortlichkeiten verwischen - hat das Bundesverfassungsgericht die Pflicht zur Ultra-vires-Kontrolle (BVerfGE 123, 267 <353 f.>). Beim derzeitigen Entwicklungsstand des Unionsrechts kommen allein die nationalen Höchstgerichte, insbesondere die Verfassungsgerichte, als Instanzen für die Ausübung einer Kompetenzkontrolle gegenüber den Unionsorganen in Frage, nachdem auf der europäischen Ebene der Gerichtshof den Schlussstein des Systems bildet und diese Position tendenziell gemeinschaftsfreundlich genutzt hat (vgl. Grimm, Der Staat 48 <2009>, S. 475 <494>). Die exekutiven und judikativen Instanzen der Europäischen Union haben weithin die Möglichkeit, das Unionsrecht in der von ihnen für richtig gehaltenen Interpretation durchzusetzen, ohne dass die politischen Instanzen über effektive Mechanismen zur Gegensteuerung für den Fall verfügen würden, dass sie die Folgen der Interpretation für schädlich erachten. Die Möglichkeit, eingetretenen Kompetenzaushöhlungen legislativ oder durch Vertragsrevisionen zu begegnen, ist angesichts der hierfür bestehenden hohen Hürden in einer Union mit 27 Mitgliedstaaten von geringer praktischer Wirksamkeit (vgl. Grimm, a.a.O. <493 f.>; Scharpf, Legitimität im europäischen Mehrebenensystem, Leviathan 2009, S. 244 <248 ff.>).

100

3. Bei der Ausübung dieser Prüfungskompetenz ist der Grundsatz der Europafreundlichkeit des Grundgesetzes als Korrelat des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV) zu beachten und fruchtbar zu machen (BVerfGE 123, 267<354>). Das hier auftretende Spannungsverhältnis zwischen dem Prinzip der Wahrung demokratischer Legitimation und der Funktionsfähigkeit der Union (vgl. Folz, Demokratie und Integration, 1999, S. 395) löst die Mehrheit einseitig zu Gunsten der Funktionsfähigkeit auf.

101

a) In der Entscheidung zum Vertrag von Lissabon hat der Senat ein ausgewogenes Modell entwickelt, das die Kontrolle in materieller Hinsicht auf ersichtliche Grenzdurchbrechungen gegenüber den Mitgliedstaaten beschränkt und sie in formeller Hinsicht unter den Vorrang des Rechtsschutzes auf Unionsebene stellt (BVerfGE 123, 267 <353>). Erfasst ist damit jede ausdehnende Auslegung der Verträge, die einer unzulässigen autonomen Vertragsänderung gleichkommt (vgl. Everling, EuR 2010, S. 91 <103, Fn. 62>). Kompetenzverletzungen peripherer Natur, die einen offensichtlichen und eindeutigen Charakter vermissen lassen und die Substanz demokratischer Verantwortlichkeit nicht in Frage stellen, bleiben außer Betracht; das gleiche gilt selbstverständlich für Kompetenzüberschreitungen, die nur von unionsinterner Bedeutung sind und sich auf die Freiräume der Mitgliedstaaten nicht auswirken. "Ersichtliche", also klare und eindeutige Verletzungen, sind zunächst einer Beurteilung durch den Gerichtshof zugänglich zu machen, wobei die Möglichkeit besteht, bestehende Bedenken in kompetenzieller Hinsicht zu artikulieren. Am vorliegenden Fall zeigt sich geradezu exemplarisch, wie der Vorrang des Rechtsschutzes auf Unionsebene zu realisieren gewesen wäre und welches konstruktive Potential dessen Ausschöpfung gehabt hätte (unten III.). Auf diesem Wege lässt sich hinreichend sicherstellen, dass eine Aktivierung der Reservekompetenz (BVerfGE 123, 267 <401>) des Bundesverfassungsgerichts zur Feststellung der Nichtanwendbarkeit von Unionsrecht wegen Kompetenzüberschreitung auf Ausnahmefälle beschränkt bleibt (vgl. Wahl, Der Staat 48 <2009>, S. 587 <594>).

102

b) Die Senatsmehrheit geht über das Erfordernis einer ersichtlichen - also klaren und offensichtlichen - Kompetenzüberschreitung hinaus und verlässt den der Lissabon-Entscheidung zu Grunde liegenden Konsens, indem sie nun einen "hinreichend qualifizierten" Kompetenzverstoß fordert, der nicht nur offensichtlich ist, sondern zudem zu einer strukturell bedeutsamen Verschiebung im Kompetenzgefüge zwischen Mitgliedstaaten und supranationaler Organisation führt. Damit schießt die Senatsmehrheit über das Ziel einer europarechtsfreundlichen Ausgestaltung der Ultra-vires-Kontrolle hinaus. Sie verkennt die in der Lissabon-Entscheidung hervorgehobene wesentliche Voraussetzung einer zwingenden demokratischen Legitimation bei Ausübung aller hoheitlichen Gewalt, die bei jeder Kompetenzverletzung durchbrochen ist; wird die Ausübung hoheitlicher Gewalt ohne hinreichende demokratische Legitimation zugelassen, so widerspricht dies der Kernaussage des Senatsurteils vom 30. Juni 2009.

103

Mit der Forderung nach einer strukturell bedeutsamen Verschiebung im Kompetenzgefüge (C. I. 2. b) verkennt die Senatsmehrheit zudem, dass spezifische Gefahren für die Wahrung der Kompetenzen und damit der demokratischen Legitimation im Fall der Europäischen Union weniger von schwerwiegenden - und als solchen erkennbaren - Kompetenzanmaßungen im Einzelfall als von schleichenden Entwicklungen ausgehen, in deren Verlauf kleinere, für sich betrachtet möglicherweise geringfügige Kompetenzüberschreitungen kumulativ bedeutende Folgen haben. Die wohl in allen föderalen Systemen naheliegende Gefahr einer "politischen Selbstverstärkung" (vgl. BVerfGE 123, 267 <351 f.>) der höheren Ebene besteht im Fall der Europäischen Union in besonderer Weise, da die Kompetenzverteilung hier - anders als in Bundesstaaten - nicht gegenstandsbezogen, sondern final erfolgt. Das Ziel, die Herstellung und Aufrechterhaltung des Binnenmarktes, wirkt entgrenzend (Grimm, Der Staat 48 <2009>, S. 475 <493>). Ob sich im Rahmen solcher Entwicklungen - die sich anhand der im Fall Mangold kulminierenden steten Erweiterung der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Wirkung von Richtlinienbestimmungen (unten II. 1. b) illustrieren lassen - jemals ein Einzelfall einer Kompetenzüberschreitung ausmachen lässt, der die von der Senatsmehrheit geforderte Schwere aufweist und daher den Gegenmechanismus der Ultra-vires-Kontrolle auslöst, erscheint sehr fraglich - zumal die Eignung eines Einzelakts, strukturelle Verschiebungen im Kompetenzgefüge herbeizuführen, sich vielfach erst im Nachhinein wirklich wird beurteilen lassen (vgl. Scharpf, Legitimität im europäischen Mehrebenensystem, Leviathan 2009, S. 244 <264>).

104

c) Im Ergebnis wird die Senatsmehrheit so ihrer Verantwortung für den rechtsstaatlich-demokratischen Sinngehalt von Kompetenzvorschriften nicht gerecht. Sie verfolgt damit eine schon in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erkennbare problematische Tendenz weiter, das demokratisch begründete nationale Letztentscheidungsrecht über die Anwendung von Hoheitsgewalt im eigenen Territorium und die damit einhergehende Verantwortung auch für die Einhaltung der an die Union verliehenen Kompetenzen nur noch auf dem Papier zu behaupten und vor deren praktisch wirksamer Vollziehung zurückzuschrecken: Hatte das Bundesverfassungsgericht zunächst offen gelassen, ob Gemeinschaftsrecht am Grundgesetz gemessen werden könne (BVerfGE 22, 293 <298 f.>), so hatte es die Frage sodann in der Solange I-Entscheidung im Hinblick auf eine Grundrechtskontrolle bejaht (BVerfGE 37, 271 <280 ff.>), um eben diese Prüfungskompetenz zwölf Jahre später (zur Zwischenzeit siehe BVerfGE 52, 187 <202 f.>) im Hinblick auf die gewachsene Grundrechtsjudikatur des Gerichtshofs zu suspendieren (Solange II, BVerfGE 73, 339 <387>). Sodann entwickelte das Gericht erst in Umrissen, später deutlicher die Vorstellung einer Nachprüfung der Einhaltung der Kompetenzgrenzen (vgl. BVerfGE 75, 223 <242>; 89, 155 <188>). Anstatt allerdings dieses Mittel zu einem effektiven Kontrollinstrument zu machen, kehrte das Gericht praktisch wieder zum status quo der Solange II-Entscheidung zurück (vgl. etwa den Bananenmarkt-Beschluss BVerfGE 102, 147 <163>; zur Entwicklung vgl. Grimm, Der Staat 48 <2009>, S. 475 <478 f.>).

II.

105

Der Gerichtshof hat mit seinem Urteil in der Rechtssache Mangold die ihm verliehenen Kompetenzen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts ersichtlich überschritten und ultra vires gehandelt. Die von der Mehrheit offen gelassene Frage, ob der Gerichtshof mit seinem Urteil den Bereich der vertretbaren Auslegung - einschließlich der Rechtsfortbildung - verlassen hat, ist offensichtlich zu bejahen (1.); die Entscheidung des Gerichtshofs hat sich auch zu Lasten der dem Mitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland nach dem Vertrag verbleibenden Handlungsspielräume ausgewirkt (2.).

106

1. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Gerichtshof im Fall Mangold zu Recht den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts für eröffnet gehalten und zu Recht einen inhaltlichen Widerspruch zwischen § 14 TzBfG und Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG festgestellt hat. Jedenfalls die Erwägungen, mit denen der Gerichtshof sich über den fehlenden Ablauf der Umsetzungsfrist hinweggesetzt hat, stellen sich nicht mehr als noch vertretbare Auslegung und Fortbildung des Unionsrechts dar, sondern als ausdehnende Auslegung der Verträge, die einer unzulässigen autonomen Vertragsänderung gleichkommt.

107

a) Auszugehen ist von einem schlichten Befund, für dessen Wahrnehmung man sich freilich nicht den Blick verstellen darf, indem man die am Gedanken des effet utile orientierte Rechtsprechungstradition des Gerichtshofs von vornherein als gegeben voraussetzt: Der Gerichtshof hat das deutsche Recht an Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG gemessen, obwohl diese Richtlinie zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Bundesrepublik Deutschland nicht verbindlich war; nach dem Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers waren die demokratisch legitimierten Organe der Bundesrepublik zu diesem Zeitpunkt den Bindungen der Richtlinie noch nicht unterworfen. Ferner hat der Gerichtshof der noch nicht in Kraft getretenen Richtlinie trotz der in Art. 249 Abs. 2, 3 des EG-Vertrages in der Gestalt des Vertrages von Nizza (Art. 288 Abs. 2, 3 AEUV) niedergelegten Differenzierung eine (negative) unmittelbare innerstaatliche Wirkung beigemessen, die zur Unanwendbarkeit entgegenstehenden nationalen Rechts führte. Letzteres hat sich schließlich - wie auch dem Gerichtshof klar sein musste - zu Lasten von Grundrechtsträgern ausgewirkt, welche auf die Wirksamkeit des nationalen Arbeitsrechts vertrauten.

108

b) Die für dieses Ergebnis vorgebrachten Begründungsansätze des Gerichtshofs vermögen ersichtlich nicht zu überzeugen; sie führen zu dem Schluss, dass der Gerichtshof ein von ihm im Sinne einer möglichst weitgehenden Geltung des Gemeinschaftsrechts gewolltes Ergebnis ohne Rücksicht auf den entgegenstehenden Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers durchgesetzt und so die Grenzen methodisch vertretbarer Rechtsfortbildung verlassen hat. Zudem verdeutlichen sie, wie unterschiedliche, durchweg unionsfreundliche, aber für sich genommen längst akzeptierte Argumentationsmuster des Gerichtshofs in ihrer Kombination die Gefahr einer schrittweisen, schwer aufzuhaltenden Erosion mitgliedstaatlicher Kompetenzen und demokratischer Legitimation mit sich bringen.

109

aa) Soweit der Gerichtshof das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters als allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts bezeichnet und sich hierauf bezogen hat, lässt sich dies weder anhand der Urteilsgründe noch auch unabhängig davon nachvollziehen. Die Herleitung eines spezifischen Diskriminierungsverbots wegen des Alters aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten oder aus internationalen Verträgen ist nicht vertretbar. Das ist im juristischen Schrifttum und nicht zuletzt von Generalanwalt Mazák bereits hinreichend dargelegt und bislang nicht ernstlich bezweifelt worden; auch die Senatsmehrheit kommt - obwohl sie die Frage formell offenlässt - letztlich nicht umhin, dies zu bemerken (siehe dazu unter C. I. 2. b) cc) mit den dort genannten Nachweisen; vgl. ferner Gerken/Rieble/Roth/Stein/Streinz, "Mangold" als ausbrechender Rechtsakt, 2009, S. 19 ff.; Körner, NZA 2005, S. 1395 <1397>; Krebber, Comparative Labor Law & Policy Journal 2006, S. 377 <390 f.>; Preis, NZA 2006, S. 401 <402>; Riesenhuber, ERCL 2007, S. 62 <66 f.>; Wieland, NJW 2009, S. 1841 <1843>). Vor diesem Hintergrund geht es auch nicht an, das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters kurzerhand zum Anwendungsfall des allgemeinen unionsrechtlichen Gleichheitssatzes (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Oktober 1977 - Rs. C-117/76 -, Slg. 1977, S. 1753 Rn. 7 ff.) zu erklären, wie es der Gerichtshof mit seiner Bezugnahme auf die erste Begründungserwägung der Richtlinie 2000/78/EG in der Rechtssache Mangold (Rn. 74) andeutungsweise und in einer Folgeentscheidung ausdrücklich (EuGH, Urteil vom 19. Januar 2010 - Rs. C-555/07 -, juris, Rn. 50) unternimmt; denn die entscheidende Wertung, dass das Alter ein problematisches, weiter rechtfertigungsbedürftiges Differenzierungskriterium darstellen könnte, ergibt sich aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht. Zudem ist sie - wie dargelegt - den gemeinsamen Verfassungstraditionen fremd und gerade im Kontext des Arbeitsmarkts angesichts der großen Probleme, die für ältere arbeitslose Menschen bei der Suche nach einer festen Anstellung bestehen, alles andere als selbstverständlich. Schließlich verliert der Gerichtshof kein Wort über den durch die Doppelung der Rechtsgrundlagen in Art. 12 und 13 EGV (heute: Art. 18 und 19 AEUV) deutlich zum Ausdruck gekommenen Willen der Mitgliedstaaten, Differenzierungen wegen anderer Merkmale als der Staatsangehörigkeit nur nach (!) sekundärrechtlicher Konkretisierung zu beschränken.

110

bb) Auch der Gedanke einer "Vorwirkung" der Richtlinie (siehe dazu unter C. I. 2. b) bb) kann das Auslegungsergebnis des Urteils in der Rechtssache Mangold weder für sich genommen noch in der Zusammenschau mit dem vermeintlichen ungeschriebenen Diskriminierungsverbot wegen des Alters tragen. Denn das vom Gerichtshof erwünschte Ergebnis ergibt sich insofern erst aus einer Kumulation verschiedener, mitgliedstaatliche Freiräume beschneidender dogmatischer Ansätze, die unter Gesichtspunkten einer transparenten demokratischen Kompetenzverteilung im Ergebnis nicht mehr hinzunehmen ist.

111

Die Anerkennung der unmittelbaren Wirksamkeit von Richtlinienbestimmungen seitens des Gerichtshofs war bereits ein eindeutig über den Wortlaut des Vertrags hinausweisender Schritt der Rechtsfortbildung (Oppermann/Classen/ Nettesheim, Europarecht, 4. Aufl. 2009, S. 184; vgl. auch Alter, Establishing the Supremacy of European Law, 2001, insbesondere S. 16 ff.), den das Bundesverfassungsgericht allerdings - anders als manches andere Gericht (vgl. BFHE 143, 383; Conseil d'Etat, Entscheidung vom 22. Dezember 1978, EuR 1979, S. 292) - mitgegangen ist (BVerfGE 75, 223). Insofern hat sich das Bundesverfassungsgericht vom Gedanken der Europarechtsfreundlichkeit leiten lassen. Es hat gewürdigt, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs sich auf gewichtige sachliche Argumente - namentlich den Gedanken einer effektiven Sanktionierung von Mitgliedstaaten nach fruchtlosem Ablauf der Umsetzungsfrist - stützen konnte und die unmittelbare Wirkung an nicht ohne Weiteres erfüllte Voraussetzungen knüpfte, die eine vertragswidrige Gleichstellung von Richtlinie und Verordnung verhinderte (BVerfGE 75, 223 <237, 241 f., 244>). Diese Zurückhaltung lässt der Gerichtshof in der Rechtssache Mangold vermissen. Er hat das Prinzip, dass die unmittelbare Anwendung von Richtlinienbestimmungen den Ablauf der Umsetzungsfrist voraussetzt (vgl. dazu nur Biervert, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 249 EGV Rn. 28), aufgegeben; zudem hat er in der Sache eine unmittelbare Auswirkung der Richtlinie auf das Verhältnis zwischen Privaten zugelassen (vgl. dagegen noch zurückhaltend EuGH, Urteil vom 14. Juli 1994 - Rs. C-91/92 -, Slg. 1994, S. I-3325 Rn. 19 ff.). Auf den Gedanken der Sanktionierung von (säumigen) Mitgliedstaaten lassen sich diese weitreichenden Schritte nicht mehr stützen. Der Gerichtshof erklärt sie mit dem pauschalen Hinweis auf den Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist einer Richtlinie keine Vorschriften mehr erlassen dürfen, die das in der Richtlinie vorgeschriebene Ziel ernsthaft in Frage stellen können, nur höchst unzureichend. Wenn die Senatsmehrheit hier von einer bloßen "Effektuierung bestehender Rechtspflichten" spricht, die "keine neuen, das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung verletzenden Pflichten der Mitgliedstaaten" schaffe, wird die Problematik verschleiert: Auch eine "Effektuierung" bestehender Pflichten kann schließlich nur bedeuten, dass rechtliche Bindungen über das Maß des Vereinbarten hinaus verstärkt werden.

112

2. Das durch den Gerichtshof in der Rechtssache Mangold entwickelte Verständnis des Gemeinschaftsrechts betrifft die für das Eingreifen der Ultra-vires-Kontrolle entscheidende Abgrenzung der Kompetenzen von Gemeinschaft (Union) und Mitgliedstaaten. Es nimmt den Mitgliedstaaten Handlungsspielräume auf dem Feld der Beschäftigungspolitik, das in weitem Umfang den Mitgliedstaaten vorbehalten ist (vgl. Art. 3 Abs. 1 Buchstabe i, Art. 125 ff. EGV; Art. 2 Abs. 3, Art. 5 Abs. 2, Art. 145 ff. AEUV). Damit sind die Voraussetzungen für das Eingreifen der Ultra-vires-Kontrolle erfüllt, auch wenn man die Bedeutung der vorliegenden Kompetenzüberschreitung angesichts des abzusehenden Ablaufs der Umsetzungsfrist für die Richtlinie nicht überbewerten muss. Wenn die Senatsmehrheit aber eine "praktische kompetenzbegründende Wirkung" mit der Erwägung verneinen möchte, dass die zur Rechtsetzung befugten Organe unter Einschluss des Rates und des deutschen Vertreters dort den Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung für arbeitsvertragliche Rechtsbeziehungen verbindlich gemacht "und damit auch den Raum für gerichtliche Rechtsinterpretation eröffnet" haben, unterstellt sie ohne weitere Anhaltspunkte, dass die Rechtsauffassung des Gerichtshofs vom gesetzgeberischen Willen gedeckt war. Wenn es noch eines gegenteiligen Indizes bedurft hätte, zeigt doch die Verabschiedung des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG sehr deutlich, dass insbesondere die Bundesrepublik Deutschland ihre Handlungsspielräume keinesfalls in der Weise eingeschränkt wissen wollte, wie sie sich aus dem Urteil in der Rechtssache Mangold ergibt. Im Gegenteil: Der deutsche Vertreter im Rat hatte ersichtlich eine die Freiräume der Bundesrepublik Deutschland einschränkende gerichtliche Rechtsinterpretation nicht im Blick und musste diese auch nicht erkennen können.

113

Schließlich macht auch die Tatsache, dass die Kompetenzüberschreitung des Gerichtshofs für die heute geltende Rechtslage keine Folgen mehr haben dürfte, nachdem ein Verbot der Diskriminierung wegen des Alters in Art. 21 Abs. 1 der Grundrechte-Charta enthalten ist, den Verstoß nicht ungeschehen - vor allem nicht mit Blick auf den vorliegenden Fall, den das Bundesarbeitsgericht auf der Grundlage des zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Rechts zu entscheiden hatte (vgl. BAG, Urteil vom 27. November 2003 - 2 AZR 177/03 -, juris, Rn. 16; Krüger, in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2006, Art. 170 EGBGB Rn. 3).

III.

114

Unter diesen Umständen war es dem Bundesarbeitsgericht verwehrt, sich auf das Urteil in der Rechtssache Mangold zu berufen, den klaren Normanwendungsbefehl des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG unangewendet zu lassen und der Entfristungsklage stattzugeben. Da es dem Gericht umgekehrt nach Art. 234 EGV von Gemeinschaftsrechts wegen - und über Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auch von Verfassungs wegen - nicht freistand, unter offener Abweichung von der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu entscheiden, hätte der 7. Senat alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten erwägen oder erörtern müssen, die sich abzeichnende Spannungslage aufzulösen. Dies ist angesichts der Tatsache, dass das Bundesarbeitsgericht - wie die Senatsmehrheit - die Kompetenzüberschreitung durch den Gerichtshof verkannt hat, zu Unrecht unterblieben.

115

Vorrangig wäre insofern die Inanspruchnahme von Rechtsschutz auf Unionsebene in Betracht gekommen, wie es auch im - freilich erst nach der hier angegriffenen Entscheidung ergangenen - Lissabon-Urteil ausgeführt ist. Das Bundesarbeitsgericht wäre ohne Weiteres in der Lage gewesen, den Gerichtshof im Wege des Verfahrens nach Art. 234 EGV erneut und unter Darlegung der bestehenden Bedenken mit der Frage zu befassen, ob das Gemeinschaftsrecht die Unanwendbarkeit des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG verlangte. Das Gemeinschaftsrecht stand einer solchen erneuten, erweitert begründeten Vorlage nicht entgegen (vgl. EuGH, Beschluss vom 5. März 1986 - Rs. C-69/85 -, Slg. 1986, S. 947 Rn. 15). In diesem Rahmen hätte auch die Möglichkeit bestanden, explizit die Frage nach einer möglichen zeitlichen Beschränkung der Urteilswirkungen zu stellen (vgl. nur EuGH, Urteil vom 8. April 1976 - Rs. C-43/75, Slg. 1976, S. 455; Schwarze, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 234 Rn. 67). Schon das Vorlageverfahren hätte mannigfache Möglichkeiten eröffnet, den sich abzeichnenden Konflikt zwischen verfassungsrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Erfordernissen in kooperativer Weise und in einem frühen Stadium aufzulösen oder doch zu entschärfen.

116

Für den Fall einer vollumfänglichen Bestätigung der Mangold-Entscheidung hätte das Bundesarbeitsarbeitsgericht des Weiteren prüfen können und müssen, ob und inwieweit europarechtskonforme Entscheidungsmöglichkeiten bestanden, die den in § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen jedenfalls im Ergebnis respektiert hätten, etwa indem der vorliegende Rechtsstreit unter Nichtanwendung der genannten Vorschriften nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage entschieden worden wäre. Nur wenn auch solche Wege nicht gangbar gewesen wären, hätte das Bundesarbeitsgericht den Weg der Normenkontrolle entsprechend Art. 100 Abs. 1 GG zur förmlichen Feststellung der Kompetenzüberschreitung durch das Bundesverfassungsgericht gehen können und müssen. Dies zeigt im Übrigen, dass die Ultra-vires-Kontrolle über weite Strecken in europarechtsfreundlicher, kooperativer Weise ausgeübt werden kann; der eigentliche Akt der Feststellung von Kompetenzüberschreitung und Unanwendbarkeit durch das Bundesverfassungsgericht bleibt folglich in jedem Fall ultima ratio.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

(1) Zwangsmittel sind:

a)
Ersatzvornahme (§ 10),
b)
Zwangsgeld (§ 11),
c)
unmittelbarer Zwang (§ 12).

(2) Das Zwangsmittel muß in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck stehen. Dabei ist das Zwangsmittel möglichst so zu bestimmen, daß der Betroffene und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt werden.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

(1) Die Zwangsmittel müssen, wenn sie nicht sofort angewendet werden können (§ 6 Abs. 2), schriftlich angedroht werden. Hierbei ist für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb der der Vollzug dem Pflichtigen billigerweise zugemutet werden kann.

(2) Die Androhung kann mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird. Sie soll mit ihm verbunden werden, wenn der sofortige Vollzug angeordnet oder den Rechtsmitteln keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(3) Die Androhung muß sich auf ein bestimmtes Zwangsmittel beziehen. Unzulässig ist die gleichzeitige Androhung mehrerer Zwangsmittel und die Androhung, mit der sich die Vollzugsbehörde die Wahl zwischen mehreren Zwangsmitteln vorbehält.

(4) Soll die Handlung auf Kosten des Pflichtigen (Ersatzvornahme) ausgeführt werden, so ist in der Androhung der Kostenbetrag vorläufig zu veranschlagen. Das Recht auf Nachforderung bleibt unberührt, wenn die Ersatzvornahme einen höheren Kostenaufwand verursacht.

(5) Der Betrag des Zwangsgeldes ist in bestimmter Höhe anzudrohen.

(6) Die Zwangsmittel können auch neben einer Strafe oder Geldbuße angedroht und so oft wiederholt und hierbei jeweils erhöht oder gewechselt werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Eine neue Androhung ist erst dann zulässig, wenn das zunächst angedrohte Zwangsmittel erfolglos ist.

(7) Die Androhung ist zuzustellen. Dies gilt auch dann, wenn sie mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

(1) Die Zwangsmittel müssen, wenn sie nicht sofort angewendet werden können (§ 6 Abs. 2), schriftlich angedroht werden. Hierbei ist für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb der der Vollzug dem Pflichtigen billigerweise zugemutet werden kann.

(2) Die Androhung kann mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird. Sie soll mit ihm verbunden werden, wenn der sofortige Vollzug angeordnet oder den Rechtsmitteln keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(3) Die Androhung muß sich auf ein bestimmtes Zwangsmittel beziehen. Unzulässig ist die gleichzeitige Androhung mehrerer Zwangsmittel und die Androhung, mit der sich die Vollzugsbehörde die Wahl zwischen mehreren Zwangsmitteln vorbehält.

(4) Soll die Handlung auf Kosten des Pflichtigen (Ersatzvornahme) ausgeführt werden, so ist in der Androhung der Kostenbetrag vorläufig zu veranschlagen. Das Recht auf Nachforderung bleibt unberührt, wenn die Ersatzvornahme einen höheren Kostenaufwand verursacht.

(5) Der Betrag des Zwangsgeldes ist in bestimmter Höhe anzudrohen.

(6) Die Zwangsmittel können auch neben einer Strafe oder Geldbuße angedroht und so oft wiederholt und hierbei jeweils erhöht oder gewechselt werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Eine neue Androhung ist erst dann zulässig, wenn das zunächst angedrohte Zwangsmittel erfolglos ist.

(7) Die Androhung ist zuzustellen. Dies gilt auch dann, wenn sie mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

(1) Die Zwangsmittel müssen, wenn sie nicht sofort angewendet werden können (§ 6 Abs. 2), schriftlich angedroht werden. Hierbei ist für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb der der Vollzug dem Pflichtigen billigerweise zugemutet werden kann.

(2) Die Androhung kann mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird. Sie soll mit ihm verbunden werden, wenn der sofortige Vollzug angeordnet oder den Rechtsmitteln keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(3) Die Androhung muß sich auf ein bestimmtes Zwangsmittel beziehen. Unzulässig ist die gleichzeitige Androhung mehrerer Zwangsmittel und die Androhung, mit der sich die Vollzugsbehörde die Wahl zwischen mehreren Zwangsmitteln vorbehält.

(4) Soll die Handlung auf Kosten des Pflichtigen (Ersatzvornahme) ausgeführt werden, so ist in der Androhung der Kostenbetrag vorläufig zu veranschlagen. Das Recht auf Nachforderung bleibt unberührt, wenn die Ersatzvornahme einen höheren Kostenaufwand verursacht.

(5) Der Betrag des Zwangsgeldes ist in bestimmter Höhe anzudrohen.

(6) Die Zwangsmittel können auch neben einer Strafe oder Geldbuße angedroht und so oft wiederholt und hierbei jeweils erhöht oder gewechselt werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Eine neue Androhung ist erst dann zulässig, wenn das zunächst angedrohte Zwangsmittel erfolglos ist.

(7) Die Androhung ist zuzustellen. Dies gilt auch dann, wenn sie mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten mit dem Inhalt von Dateien abgleichen, die sie zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben führt oder für die sie Berechtigung zum Abruf hat,

1.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs oder,
2.
wenn Grund zu der Annahme besteht, daß dies zur Erfüllung einer sonstigen Aufgabe der Bundespolizei erforderlich ist.
Die Bundespolizei kann ferner im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erlangte personenbezogene Daten mit dem Fahndungsbestand abgleichen. Der Betroffene kann für die Dauer des Abgleichs angehalten werden.

(2) Rechtsvorschriften über den Datenabgleich in anderen Fällen bleiben unberührt.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

1.
gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung ihrer Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
2.
nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
3.
einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
4.
das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern der Bundespolizei durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
5.
auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
6.
dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,
darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundespolizei die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundespolizei nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei ihre Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

Die Bundespolizei kann eine Sache sicherstellen,

1.
um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren,
2.
um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen oder
3.
wenn sie von einer Person mitgeführt wird, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten wird, und die Sache verwendet werden kann, um
a)
sich zu töten oder zu verletzen,
b)
Leben oder Gesundheit anderer zu schädigen,
c)
fremde Sachen zu beschädigen oder
d)
sich oder einem anderen die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Die Bundespolizei kann Behörden des Polizeivollzugsdienstes und, wenn sie Aufgaben nach § 2 Abs. 2 oder Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung wahrnehmen, Behörden der Zollverwaltung personenbezogene Daten übermitteln, soweit dies zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben erforderlich ist. Dies gilt auch für die Übermittlung personenbezogener Daten zwischen den Behörden der Bundespolizei.

(2) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten an andere inländische öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies erforderlich ist zur

1.
Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe,
2.
Abwehr von Gefahren,
3.
Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einzelner,
4.
Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Strafvollstreckung und zum Strafvollzug oder
5.
Erledigung besonderer Ersuchen nach § 17 Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes.

(3) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten an öffentliche Stellen anderer Staaten sowie an über- oder zwischenstaatliche Stellen übermitteln, soweit dies erforderlich ist zur

1.
Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe oder
2.
Abwehr einer erheblichen Gefahr oder zur Verhütung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung durch den Empfänger.

(4) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten an nicht-öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies unerläßlich ist zur

1.
Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe oder
2.
Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einzelner.

(5) Besondere Rechtsvorschriften über die Übermittlung personenbezogener Daten bleiben unberührt.

(1) Die Bundespolizei kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach den §§ 1 bis 7 die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren, soweit nicht dieses Gesetz die Befugnisse der Bundespolizei besonders regelt.

(2) Gefahr im Sinne dieses Abschnitts ist eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Bereich der Aufgaben, die der Bundespolizei nach den §§ 1 bis 7 obliegen. Eine erhebliche Gefahr im Sinne dieses Abschnitts ist eine Gefahr für ein bedeutsames Rechtsgut, wie Bestand des Staates, Leben, Gesundheit, Freiheit, wesentliche Vermögenswerte oder andere strafrechtlich geschützte Güter von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben, die der Bundespolizei durch andere Rechtsvorschriften des Bundes zugewiesen sind, hat sie die dort vorgesehenen Befugnisse. Soweit solche Rechtsvorschriften Befugnisse nicht oder nicht abschließend regeln, hat die Bundespolizei die Befugnisse, die ihr nach diesem Gesetz zustehen. Satz 2 gilt auch für die Befugnisse der Bundespolizei im Rahmen der Aufgaben zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs nach § 4, soweit § 5 des Luftsicherheitsgesetzes keine Regelungen enthält.

(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.

(2) Der Grenzschutz umfaßt

1.
die polizeiliche Überwachung der Grenzen,
2.
die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich
a)
der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt,
b)
der Grenzfahndung,
c)
der Abwehr von Gefahren,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern und von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, zur Sicherung des Grenzraumes das in Satz 1 Nr. 3 bezeichnete Gebiet von der seewärtigen Begrenzung an durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen, soweit die Grenzüberwachung im deutschen Küstengebiet dies erfordert. In der Rechtsverordnung ist der Verlauf der rückwärtigen Begrenzungslinie des erweiterten Grenzgebietes genau zu bezeichnen. Von der seewärtigen Begrenzung an darf diese Linie eine Tiefe von 80 Kilometern nicht überschreiten.

(3) Das Einvernehmen nach Absatz 1 ist in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist. In der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Polizei des Landes zu regeln.

(4) Nimmt die Polizei eines Landes Aufgaben nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem Bund mit eigenen Kräften wahr, richtet sich die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1.
zur Abwehr einer Gefahr,
2.
zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
3.
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
4.
wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
5.
zum Schutz privater Rechte.

(1a) Das in Absatz 1 Nr. 3 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner die Identität einer Person feststellen, wenn sie

1.
sich an einem Ort aufhält, in bezug auf den Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort
a)
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder
b)
sich Straftäter verbergen,
2.
sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Bundespolizei eingerichtet worden ist, um
a)
Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
b)
Straftaten im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes
zu verhindern, für deren Begehung Tatsachen sprechen.

(3) Die Bundespolizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Bei der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs kann die Bundespolizei ferner verlangen, daß der Betroffene Grenzübertrittspapiere vorlegt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität oder seine Berechtigung zum Grenzübertritt auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 4 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.

(4) Die Bundespolizei kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verlangen, daß Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.

(5) Die Bundespolizei kann verlangen, daß sich Personen ausweisen, die eine Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3) oder den Amtssitz eines Verfassungsorganes oder eines Bundesministeriums (§ 5) betreten wollen oder darin angetroffen werden. Von den in Satz 1 bezeichneten Personen mitgeführte Sachen können bei der Einlaßkontrolle durchsucht werden, wenn dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

(3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt;
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt;
3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein;
4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann;
5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht;
6.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt;
2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat;
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war;
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn

1.
sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
3.
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Person durchsuchen, wenn sie

1.
sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte aufhält oder
2.
sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(3) Die Bundespolizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, Explosionsmitteln und anderen gefährlichen Gegenständen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Beamten der Bundespolizei, der Person selbst oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(5) Die Person kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

Die Bundespolizei kann eine Sache sicherstellen,

1.
um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren,
2.
um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen oder
3.
wenn sie von einer Person mitgeführt wird, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten wird, und die Sache verwendet werden kann, um
a)
sich zu töten oder zu verletzen,
b)
Leben oder Gesundheit anderer zu schädigen,
c)
fremde Sachen zu beschädigen oder
d)
sich oder einem anderen die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Bundespolizei kann unter Beachtung des § 70 Satz 2 personenbezogene Daten mit den besonderen Mitteln nach Absatz 2 erheben über

1.
die nach § 17 oder § 18 Verantwortlichen oder unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 über die dort bezeichneten Personen zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für Sachen von erheblichem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, oder
2.
die in § 21 Abs. 2 bezeichneten Personen zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 mit erheblicher Bedeutung, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine solche Straftat gewerbs-, gewohnheits-, bandenmäßig oder von einer kriminellen Vereinigung begangen werden soll,
und die Abwehr der Gefahr oder die Verhütung der Straftat auf andere Weise aussichtslos ist oder wesentlich erschwert würde. Die Erhebung kann auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(2) Besondere Mittel der Datenerhebung sind

1.
die planmäßig angelegte Beobachtung einer Person, die durchgehend länger als vierundzwanzig Stunden dauern oder an mehr als zwei Tagen stattfinden soll (längerfristige Observation),
2.
der Einsatz technischer Mittel in einer für den Betroffenen nicht erkennbaren Weise
a)
zur Anfertigung von Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen,
b)
zum Abhören oder Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes,
3.
der Einsatz von Personen, die nicht der Bundespolizei angehören und deren Zusammenarbeit mit der Bundespolizei Dritten nicht bekannt ist und
4.
der Einsatz von Polizeivollzugsbeamten unter einer ihnen auf Dauer angelegten Legende (Verdeckter Ermittler).

(3) Der Einsatz von besonderen Mitteln nach Absatz 2 darf, außer bei Gefahr im Verzug, nur durch den Leiter der in der Rechtsverordnung nach § 58 Abs. 1 bestimmte Bundespolizeibehörde oder seinen Vertreter angeordnet werden. Die Anordnung ist unter Angabe der maßgeblichen Gründe aktenkundig zu machen und auf höchstens einen Monat zu befristen. Die Verlängerung der Maßnahme bedarf einer neuen Anordnung. Die Entscheidung über die Verlängerung der Maßnahme darf in Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 und 2 Buchstabe b nur durch den Richter getroffen werden. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Bundespolizeibehörde nach Satz 1 ihren Sitz hat. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(3a) Maßnahmen nach Absatz 2 Nummer 4, die sich gegen eine bestimmte Person richten oder bei denen der Verdeckte Ermittler eine Wohnung betritt, die nicht allgemein zugänglich ist, dürfen nur durch das Gericht angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug dürfen Maßnahmen nach Satz 1 durch den Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums, seinen Vertreter oder durch den Leiter einer Abteilung des Bundespolizeipräsidiums angeordnet werden. In diesem Fall ist die gerichtliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Soweit die Anordnung nicht binnen drei Tagen durch das Gericht bestätigt wird, tritt sie außer Kraft. Die Anordnung ist unter Angabe der maßgeblichen Gründe aktenkundig zu machen und auf höchstens drei Monate zu befristen. Die Verlängerung einer Maßnahme um jeweils einen Monat ist bei erneuter Anordnung durch ein Gericht möglich. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Bundespolizeipräsidium seinen Sitz hat. Absatz 3 Satz 6 gilt entsprechend.

(4) Unterlagen, die durch Maßnahmen der in Absatz 2 genannten Art erlangt worden sind, sind unverzüglich zu vernichten, soweit sie für den der Anordnung zugrunde liegenden Zweck oder nach Maßgabe der Strafprozeßordnung zur Verfolgung einer Straftat nicht oder nicht mehr erforderlich sind.

(5) Nach Abschluß der in Absatz 2 Nr. 1 und 2 Buchstabe b bezeichneten Maßnahmen ist die Person, gegen die die Maßnahme angeordnet worden ist, zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme oder der öffentlichen Sicherheit geschehen kann. Die Unterrichtung durch die Bundespolizei unterbleibt, wenn wegen des auslösenden Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen durchgeführt wird und durch die Unterrichtung der Untersuchungszweck gefährdet würde; die Entscheidung trifft die Staatsanwaltschaft.

(6) Verdeckte Ermittler dürfen unter einer Legende

1.
zur Erfüllung ihres Auftrages am Rechtsverkehr teilnehmen und
2.
mit Einverständnis des Berechtigten dessen Wohnung betreten; das Einverständnis darf nicht durch ein über die Nutzung der Legende hinausgehendes Vortäuschen eines Zutrittsrechts herbeigeführt werden.
Soweit es für den Aufbau und die Aufrechterhaltung der Legende von Verdeckten Ermittlern unerlässlich ist, dürfen entsprechende Urkunden hergestellt, verändert oder gebraucht werden.

(7) Über eine Maßnahme nach Absatz 2 Nummer 4 sind zu benachrichtigen

1.
die Zielperson,
2.
die erheblich mitbetroffenen Personen sowie
3.
die Personen, deren nicht allgemein zugängliche Wohnung der Verdeckte Ermittler betreten hat.
Die Benachrichtigung unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange einer betroffenen Person entgegenstehen. Nachforschungen zur Feststellung der Identität einer in Satz 1 bezeichneten Person sind nur vorzunehmen, wenn dies unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität der Maßnahme gegenüber dieser Person, des Aufwands für die Feststellung ihrer Identität sowie der daraus für diese oder andere Personen folgenden Beeinträchtigungen geboten ist.

(8) Die Benachrichtigung über eine Maßnahme nach Absatz 2 Nummer 4 erfolgt, sobald dies möglich ist ohne Gefährdung

1.
des Zwecks der Maßnahme,
2.
des Bestandes des Staates,
3.
von Leib, Leben oder Freiheit einer Person,
4.
von Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, oder
5.
der Möglichkeit der weiteren Verwendung des Verdeckten Ermittlers.
Wird wegen des zugrunde liegenden Sachverhaltes ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt, erfolgt die Benachrichtigung durch die Strafverfolgungsbehörde entsprechend den Vorschriften des Strafverfahrensrechts. Wird die Benachrichtigung aus einem der vorgenannten Gründe zurückgestellt, ist dies aktenkundig zu machen.

(9) Erfolgt die nach Absatz 8 zurückgestellte Benachrichtigung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der gerichtlichen Zustimmung. Das Gericht bestimmt die Dauer der weiteren Zurückstellung, jedoch nicht länger als zwölf Monate. Verlängerungen der Zurückstellungsdauer sind zulässig. Fünf Jahre nach Beendigung der Maßnahme kann mit gerichtlicher Zustimmung endgültig von der Benachrichtigung abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen für die Benachrichtigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht eintreten werden.

(1) Die Bundespolizei kann außer in den Fällen des § 23 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 43 durchsucht werden darf,
2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
a)
in Gewahrsam genommen werden darf,
b)
widerrechtlich festgehalten wird oder
c)
hilflos ist,
3.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf, oder
4.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.

(2) Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern kann die Bundespolizei eine Sache auch zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 durchsuchen. Das in Satz 1 genannte Grenzgebiet erstreckt sich im Küstengebiet von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern; darüber hinaus nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung zu § 2 Abs. 2 Satz 2.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 7 kann die Bundespolizei ferner eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sie sich an einem der in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Orte befindet,
2.
sie sich in einem Objekt im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Durchsuchung auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Sache bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
3.
es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(4) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.