Verwaltungsgericht Köln Urteil, 13. Juli 2016 - 24 K 1828/15
Gericht
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 80 % und die Beklagte zu 20 %.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Voll-streckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten um die Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner für rückständige Gewerbesteuerforderungen und Nebenforderungen der Fliesen A. C. mbH (im Folgenden: Primärschuldnerin), die im März 2010 gegründet wurde. Der Kläger war ab diesem Zeitpunkt bis zur Löschung wegen Vermögenslosigkeit im Dezember 2014 deren alleiniger Geschäftsführer.
3Mit Bescheiden vom 26. Juli 2013 veranlagte die Beklagte die Primärschuldnerin auf der Grundlage der durch das zuständige Finanzamt festgesetzten Messbeträge für die Veranlagungsjahre 2010 und 2011 zur Gewerbesteuer nebst Nachforderungszinsen in Höhe von insgesamt 6.126,60 Euro, fällig zum 29. August 2013. Der Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
4Jahr |
Gewerbesteuer |
Zinsen |
2010 |
3.620,20 € |
270,00 € |
2011 |
2.203,40 € |
33,00 € |
Darüber hinaus wurde die Primärschuldnerin zu einer Vorauszahlung für 2013 in Höhe von 2.275,00 Euro, fällig zum 15. November 2013, veranlagt.
6Eine Zahlung erfolgte zum Fälligkeitstermin jeweils nicht.
7Mit Schreiben vom 18. Dezember 2013, eingegangen bei der Beklagten am 16. Januar 2014, beantragte der Kläger als Geschäftsführer der Primärschuldnerin eine Stundung. Er gab an, ab dem 15. Januar 2014 könne man die Schulden monatlich in sechs Raten begleichen. Die laufenden Abgaben werde man pünktlich zahlen.
8Am 14. Januar 2014 beschlagnahmte das Hauptzollamt Köln aufgrund eines gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Köln gegen den Kläger (000 Js 000/00) bei einer Durchsuchung am – zu diesem Zeitpunkt nicht mehr genutzten – Geschäftssitz der Primärschuldnerin, den Privaträumen des Klägers sowie bei verschiedenen mit der Buchführung beauftragten Steuerberatern bzw. externen Mitarbeitern zahlreiche Geschäftsunterlagen unter anderem auch der Primär-schuldnerin.
9Unter dem 29. Januar 2014 gewährte die Beklagte der Primärschuldnerin die Stundung der bis dahin fälligen Gesamtforderung in Höhe von 8.940,60 Euro (Gewerbesteuer-forderungen 2010, 2011 und 2013 nebst Säumniszuschlägen und Vollstreckungs-kosten) in Form einer Ratenzahlung. Die erste Rate von 1.500,00 Euro war sofort fällig, eine weitere Rate von 1.500,00 Euro sollte am 1. März 2014 und der Restbetrag von 5.940,60 Euro nebst Stundungszinsen am 1. April 2014 gezahlt werden.
10Eine Zahlung der fälligen Stundungsraten bzw. Steuer- sowie Nebenforderungen erfolgte in der Folgezeit nicht. Zahlreiche Vollstreckungsversuche in das bewegliche Vermögen der Primärschuldnerin blieben erfolglos, da an deren Geschäftssitz niemand angetroffen wurde.
11Am 18. Dezember 2014 wurde die Löschung der Primärschuldnerin wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 Abs. 1 FamFG in das Handelsregister (Amtsgericht Köln) einge-tragen.
12Nachdem das zuständige Finanzamt am 19. Januar 2015 das Ende der Steuerpflicht der Primärschuldnerin ab 12/2012 wegen Betriebsendes mitgeteilt hatte, hob die Beklagte die für 2013 festgesetzten Vorauszahlungen auf.
13Mit einem an den Kläger persönlich unter der Adresse T. . 00 in C1. adressierten Schreiben vom 28. Januar 2015 hörte die Beklagte den Kläger unter Fristsetzung bis zum 16. Februar 2015 zu einer beabsichtigten Haftungsinanspruchnahme als Geschäftsführer und gesetzlicher Vertreter für die näher bezeichneten noch offenen Gewerbesteuerforderungen einschließlich Nebenforderungen gegen die Primärschuldnerin an. Gleichzeitig forderte sie den Kläger auf, den Umfang der verfügbaren Mittel der Gesellschaft und die Gesellschaftsverbindlichkeiten in den Jahren 2010 bis 2014 mitzuteilen und entsprechende Belege vorzulegen. Eine Stellungnahme seitens des Klägers erfolgte nicht.
14Mit Haftungsbescheid vom 2. März 2015 nahm die Beklagte den Kläger nach § 191 Abs. 1 i.V.m. §§ 34, 69 Abgabenordnung (AO) als Geschäftsführer der Primär-schuldnerin wegen offener Forderungen in Höhe von insgesamt 7.579,10 € in Anspruch und forderte ihn unter Fristsetzung bis zum 7. April 2015 zur Zahlung dieser Forderung auf, welche sie wie folgt berechnete:
15Gewerbesteuer 2010 |
3.620,20 € |
Gewerbesteuer 2011 |
2.203,40 € |
Vollverzinsungszinsen 2010 |
270,00 € |
Vollverzinsungszinsen 2011 |
33,00 € |
Säumniszuschläge |
1.452,50 € |
Summe |
7.579,10 € |
Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger habe als Geschäftsführer der Gesellschaft grob fahrlässig seine Steuerentrichtungspflicht aus § 34 Abs. 1 AO verletzt, indem er trotz Kenntnis von der festgesetzten Gewerbesteuer keinen Ausgleich der Forderungen vorgenommen habe, sodass der Beklagten ein Haftungsschaden entstanden sei. Es sei davon auszugehen, dass die Primär-schuldnerin zum Fälligkeitszeitpunkt zahlungsfähig gewesen sei. Denn andernfalls hätte der Kläger gegen seine Pflichten nach § 64 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) verstoßen, im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen.
17Der Kläger hat am 27. März 2016 Klage gegen den Haftungsbescheid erhoben.
18Mit Beschluss vom 7. April 2015 des Amtsgerichts Köln (00 IN 000/00) ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin auf Antrag des Finanzamtes Bergisch-Gladbach vom 7. April 2014 eröffnet worden. In dem zugrundeliegenden Insolvenzgutachten vom 11. Februar 2015 stellt der Gutachter - nach Einsicht-nahme in die bei dem Hauptzollamt befindlichen Geschäftsunterlagen - die Zahlungs-unfähigkeit zum Zeitpunkt der Vorlage des Gutachtens fest.
19Auf einen zeitgleich mit Klageerhebung gegenüber der Beklagten gestellten Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollziehung, zu dessen Begründung er vorgetragen hat, die Primärschuldnerin habe zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses bereits über keine Mittel mehr verfügt, um die Gewerbesteuerforderung zu begleichen, hat die Beklagte mit Schreiben vom 28. Mai 2015 an den Prozessbevollmächtigten um ergänzende Begründung gebeten. Der Antrag werde abgelehnt, wenn weiter nicht substantiell zur Finanzlage der GmbH vorgetragen werde. Hierauf hat der Prozessbevollmächtigte erwidert, die Beweislast der Zahlungsfähigkeit trage die Beklagte.
20Zur Begründung der Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, die Beklagte habe zu den tatsächlichen finanziellen Verhältnissen der Gesellschaft keine hinreichenden Ermittlungen angestellt. Sie habe z.B. beschaffbare Informationen seitens des Finanzamtes oder aus dem Insolvenzverfahren nicht abgefragt und keine Feststellungen getroffen, in welchem Umfang eine (quotale) Befriedigung möglich gewesen sei. Die von der Beklagten für die Annahme der Zahlungsfähigkeit angeführten Umstände könnten eine Indizwirkung nicht entfalten: Dass ein Stundungsantrag gestellt worden sei, belege allein die Hoffnung auf Liquidität in der Zukunft. Das Argument, wegen der fehlenden Stellung eines Antrages auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens trotz Zahlungsunfähigkeit könne von der Zahlungsfähigkeit der Primärschuldnerin bis zur Antragstellung ausgegangen werden, erweise sich als Scheinargument. Die Rechtsprechung bemühe diesen Vermutungssatz sowie die Vermutungsregel, dass aus der Verletzung von Mitwirkungspflichten Rückschlüsse gezogen werden könnten, contra legem, um der Verwaltung in ihrer praktischen Beweisnot beizuspringen. Wie jeder Gläubiger trage jedoch die öffentliche Hand als Steuergläubigerin die Beweislast für sämtliche Merkmale des Tatbestandes der Anspruchsnorm mithin auch für die Zahlungsfähigkeit bzw. Kausalität der Pflichtverletzung, an deren Nachweis es hier fehle. Die Haftungsinanspruchnahme als (doppelte) Ermessensentscheidung müsse auf der Grundlage eines „ausermittelten“ Sachverhaltes ergehen.
21Im Übrigen habe der Kläger seine Mitwirkungspflichten nicht verletzt, da er davon habe ausgehen dürfen, dass die Beklagte über das vom Finanzamt Bergheim eingeleitete Insolvenzantragsverfahren unterrichtet gewesen sei. Außerdem habe er aufgrund des Insolvenzverfahrens keinen Zugriff auf die Geschäftsunterlagen der Primärschuldnerin gehabt, sodass er keine konkreten Angaben zu deren Vermögensverhältnissen zum Fälligkeitszeitpunkt habe machen können.
22In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend vorgetragen, dass er das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 28. Januar 2015 nicht erhalten habe, weil er das Haus an der Adresse T1.-------straße 00 in C1. im Januar 2015 veräußert habe und ausgezogen sei. Den an die gleiche Adresse gesandten Haftungsbescheid habe ihm die Käuferin übergeben.
23Zudem ergebe sich aus dem Insolvenzgutachten ein negativer Saldo von 75.368,73 € zum 14. August 2014 auf dem Geschäftskonto der Primärschuldnerin
24Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung den Haftungsbescheid und die Zahlungsaufforderung vom 2. März 2015 hinsichtlich der Inanspruchnahme des Klägers für Säumniszuschläge in Höhe von 1.452,50 Euro aufgehoben. Die Beteiligten haben daraufhin den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
25Der Kläger beantragt nunmehr,
26den Haftungsbescheid und die Zahlungsaufforderung vom 2. März 2015 in der Gestalt der Erklärung vom 13. Juli 2016 aufzuheben
27Die Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Dem Einwand des Klägers, dass die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Erlasses des Steuerbescheides über keine liquiden Mittel mehr verfügt habe stehe bereits das eigene Vorbringen des Klägers anlässlich des Stundungsantrages entgegen, dass man ab dem 15. Januar 2014 monatliche Raten bezahlen könne. Da davon auszugehen sei, dass diese Angaben wahrheitsgemäß waren, stehe fest, dass zum Zeitpunkt des Stundungsantrages noch keine Mittellosigkeit der Firma vorgelegen habe. Außerdem habe der Kläger selbst keinen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens für die Primärschuldnerin gestellt. Solange ein solcher Antrag nicht gestellt werde, dürfe die Beklagte grundsätzlich davon ausgehen, dass liquide Mittel zur Zahlung der Steuerschulden zur Verfügung standen, da pflichtwidriges Verhalten insoweit in § 15a Insolvenzordnung (InsO) strafbewehrt sei. Zudem sei der Kläger seiner Pflicht, gerade bei der Frage der Mittellosigkeit der Steuerschuldnerin an der Feststellung der Grundlagen für den Erlass eines Haftungsbescheides mitzuwirken, nicht nachgekommen.
30Darüber hinaus sei die Beklagte ihrer Pflicht zur Sachverhaltsermittlung durch die Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen zur Vermögenssituation der Primärschuldnerin im Rahmen der Anhörung nachgekommen. Da der Kläger hierauf nicht reagiert und auch im weiteren Verlauf jegliche sachbezogenen Aussagen zur finanziellen Situation der Primärschuldnerin verweigert habe, sei es ihr nicht möglich gewesen, weitere Informationen zu erhalten. Es hätten ferner keine Informationen des Finanzamtes Bergheim über die Beantragung der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Primärschuldnerin vorgelegen. Die erstmals im Klageverfahren aufgestellte Behauptung des Klägers, er könne aufgrund des Insolvenzverfahrens keine Auskünfte zur wirtschaftlichen Situation der Primärschuldnerin erteilen, hätte bereits anlässlich der zeitlich vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgten Anhörung vorgebracht werden können.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie den Inhalt der beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Köln (000 Js 000/00; 000/00; 000 Js 000/00; 000 Js 000/00) und der Insolvenzakten des Amtsgerichts Köln (00 IN 000/00; 00 IN 000/00; 00 IN 000/00; 00 IN 000/00; 00 IN 000/00) verwiesen.
32E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
33Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.
34Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet.
35Der Haftungsbescheid und die Zahlungsaufforderung der Beklagten vom 2. März 2015 in der Gestalt der Erklärung vom 13. Juli 2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
36I. Die Inanspruchnahme des Klägers durch den Haftungsbescheid findet ihre Rechtsgrundlage in § 191 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. AO.
37Diese Vorschrift gilt - wie alle im Folgenden in Bezug genommenen Regelungen der Abgabenordnung - für die Gewerbesteuer als Realsteuer gemäß § 1 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 AO entsprechend, da ihre Festsetzung und Erhebung in Nordrhein-Westfalen nach § 1 des Gesetzes über die Zuständigkeit für die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern vom 16. Dezember 1981 (GV. NW. 1981 S. 732) den hebeberechtigten Gemeinden übertragen worden ist.
381. Der Haftungsbescheid ist formell ordnungsgemäß ergangen.
39Insbesondere wurde die gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 AO erforderliche Anhörung durch-geführt.
40Nach dieser Vorschrift soll den Beteiligten vor Erlass eines belastenden Verwaltungs-aktes – wie einem Haftungsbescheid – Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Vorliegend erfolgte dies mit Schreiben der Beklagten vom 28. Januar 2015 an den Kläger unter der Adresse T. . 00 in C1. , in dem die Beklagte den zugrundeliegenden Sach- verhalt und die beabsichtigte Haftungsinanspruchnahme darstellte und dem Kläger Gelegenheit dazu gab, sich bis zum 16. Februar 2015 zu den maßgeblichen Tatsachen zu äußern.
41Die Behauptung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dieses Anhörungs-schreiben nicht erhalten zu haben, da er bereits im Januar 2015 das Haus in der T1.-------straße veräußert habe und ausgezogen sei, vermag nicht zu überzeugen. Vielmehr ist das erkennende Gericht unter Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falles zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 28. Januar 2015 entgegen seines Vortrages erhalten hat.
42Da der Kläger bestreitet, das Anhörungsschreiben erhalten zu haben, trägt zwar die Beklagte die Beweislast dafür, dass dieses dem Kläger zugegangen ist. Weil es sich bei dem Nichtzugang eines Briefes um eine negative Tatsache handelt und die Umstände, die den Nichtzugang verursacht haben, in der Regel außerhalb des Einfluss- und Kenntnisbereiches des Empfängers liegen, reicht zudem grundsätzlich einfaches Bestreiten durch den Empfänger aus, um Zweifel an dem Zugang des Briefes zu begründen. In einem solchen Fall kann der Beweis des Zuganges eines Schriftstückes im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 VwGO jedoch auf Indizien gestützt werden,
43vgl. so ausdrücklich zum Zugang eines Anhörungsschreibens Oberverwaltungs-gericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 4. April 2013 - 8 B 173/13 -, juris Rn. 5 ff., m.w.N.; vgl. auch Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 29. April 2009 - X R 35/08 -, juris Rn. 20 zum Zugang eines Verwaltungsaktes.
44Indizien, die für den Zugang eines Bescheides sprechen, können sich insbesondere aus dem (vor-)prozessualen Verhalten der Beteiligten ergeben, z.B. daraus, dass der Nichtzugang im schriftlichen Verwaltungs- und Klageverfahren nicht geltend gemacht wird, obwohl hierzu Anlass bestand.
45So liegt der Fall hier.
46Der Kläger hat weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren den Zugang des Schreibens bestritten, obwohl sich dies aufgedrängt hätte.
47Bereits in dem angefochtenen Haftungsbescheid hat die Beklagte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dem Kläger mit Schreiben vom 28. Januar 2015 Gelegenheit zur Stellungnahme zur der beabsichtigten Inhaftungnahme gegeben worden sei, ohne dass der Kläger hierauf reagiert habe. Auch im Laufe des gerichtlichen Verfahrens hat die Beklagte mehrfach auf das Anhörungsschreiben, insbesondere auf die darin enthaltene Aufforderung, die Vermögensverhältnisse der Primärschuldnerin darzulegen und diesbezügliche Unterlagen vorzulegen, hingewiesen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat hierzu inhaltlich wiederholt Stellung genommen, ohne den Zugang der Aufforderung zu bestreiten. Vielmehr hat er lediglich vorgetragen, die Beklagte hätte den Sachverhalt selbst weiter aufklären müssen und der Kläger habe davon ausgehen können, dass die Beklagte „im Zeitpunkt der Anfrage“ bei ihm von dem Insolvenz-antragsverfahren durch das Finanzamt unterrichtet gewesen sei. Selbst nach Akten-einsichtnahme in den das Anhörungsschreiben enthaltenden Verwaltungsvorgang im September 2015 erfolgte keine dahingehende Äußerung.
48Erst in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger den Zugang des Schreibens bestritten.
49Dafür, dass der Kläger auch nach Januar 2015 noch postalisch unter der Adresse in der T1.-------straße erreichbar war, spricht außerdem, dass er den ebenfalls an die T1.-------straße versandten Haftungsbescheid erhalten hat. Denn nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung hat ihm die Käuferin und damaligen Bewohnerin des Hauses den dort mit der Post eingegangenen angefochtenen Haftungsbescheid übergeben. Insbesondere konnte darüber hinaus der Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Primärschuldnerin an den Kläger ausweislich einer in der Insolvenzakte befindlichen Postzustellungsurkunde am 21. April 2015 ebenfalls unter der Adresse T. . 21 in C1. zugestellt werden.
50Unabhängig davon wäre ein etwaiger Anhörungsmangel jedenfalls gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 3 AO geheilt worden. Danach ist eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, die - wie hier - nicht den Verwaltungsakt nach § 125 AO nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird, wobei dies bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfolgen kann. Eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung setzt dabei voraus, dass sich die Behörde nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nimmt, die Entscheidung kritisch zu überdenken,
51vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 17. Dezember 2015 - 7 C 5/14 -, juris Rn. 17 m.w.N.
52Ausgehend hiervon hat die Beklagte die Anhörung nachgeholt, indem sie den Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 28. Mai 2015 aufgefordert hat, substantiell zu der Finanzlage der Primärschuldnerin in den betroffenen Steuerzeiträumen vorzutragen, nachdem dieser die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheides beantragt hatte. Hierdurch hat die Beklagte zu verstehen gegeben, dass sie substantiierten Sachvortrag zum Anlass genommen hätte, die Sachentscheidung zu überprüfen.
532. Der Haftungsbescheid ist hinsichtlich des aufrechterhaltenen Teils auch materiell rechtmäßig.
54Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner).
55Gemäß § 69 Satz 1 AO haften die in den §§ 34 und 35 AO bezeichneten Personen unter anderem, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht erfüllt werden.
56Diese Haftungsvoraussetzungen sind in der Person des Klägers gegeben.
57Der Kläger war seit der Gründung der Primärschuldnerin bis zu deren Löschung als alleiniger Geschäftsführer gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG deren gesetzlicher Vertreter. In dieser Eigenschaft war er gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 AO insbesondere verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die gegenüber der Primärschuldnerin festgesetzten Steuern aus den von ihm verwalteten Mitteln der Gesellschaft entrichtet werden.
58Diese Pflicht hat der Kläger verletzt, indem er die mit Bescheiden vom 26. Juli 2013 gegenüber der Primärschuldnerin bestandskräftig festgesetzten Gewerbesteuer-forderungen der Beklagten für die Jahre 2010 und 2011 nebst Nachforderungszinsen zum Fälligkeitszeitpunkt am 29. August 2013 nicht beglichen hat.
59Die nicht fristgerechte Zahlung fälliger Steuern indiziert regelmäßig den von § 69 Satz 1 AO vorausgesetzten Schuldvorwurf in Form der groben Fahrlässigkeit,
60ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 13. März 2003 - VII R 46/02 -, juris Rn. 33; BFH, Beschluss vom 14. September 1999 - VII B 33/99 -, juris Rn. 7; OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2013 - 14 B 535/13 -, juris Rn. 7.
61Umstände, welche geeignet wären, den Schuldvorwurf zu entkräften, hat der Kläger nicht vorgetragen und sind nicht ersichtlich.
62Dass die Beklagte der Primärschuldnerin am 29. Januar 2014 ab diesem Zeitpunkt für die Zukunft eine Stundung in Form einer Ratenzahlung bis zum 1. April 2014 gewährt hat, ändert nichts an der Verwirklichung der Pflichtverletzung zum Fälligkeitszeitpunkt. Aufgrund eines Stundungsantrages wäre dem Kläger wegen der Nichtabführung der von der Primärschuldnerin geschuldeten Steuern im Fälligkeitszeitpunkt ein grob fahrlässiges Verhalten nur dann nicht anzulasten, wenn dieser vor Fälligkeit gestellt worden wäre oder wenn dem Kläger etwa mündliche Zusagen über eine Stundung gemacht worden wären. Ist dies nicht der Fall, kann die einmal zum Fälligkeitszeitpunkt eingetretene Tatbestandsverwirklichung nicht wieder entfallen,
63vgl. BFH, Urteil vom 26. Februar 1991 - VII R 107/89 -, juris Rn. 11.
64Vorliegend stellte der Kläger den Stundungsantrag für die Primärschuldnerin zeitlich erst nach dem Fälligkeitszeitpunkt mit am 16. Januar 2014 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 18. Dezember 2013.
65Durch die schuldhafte Pflichtverletzung des Klägers ist der Beklagten der gemäß § 69 Satz 1 AO erforderliche Haftungsschaden entstanden. Die Haftung erstreckt sich nach § 69 Satz 1, § 37 Abs. 1 AO auf alle Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, zu denen neben der Hauptforderung auch Nachforderungszinsen als steuerliche Nebenleistungen nach § 3 Abs. 4 AO gehören. Der Haftungsschaden besteht hier darin, dass die noch streitgegenständlichen offenen Gewerbesteuer- und Zinsforderungen der Beklagten gegen die Primärschuldnerin aus den Jahren 2010 und 2011 in Höhe von insgesamt 6.126,60 € Euro nicht erfüllt worden sind.
66Darüber hinaus ist entgegen der Auffassung des Klägers die weitere Voraussetzung für seine Haftungsinanspruchnahme nach § 191 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit §§ 69, 34 AO, dass die dem Haftungsschuldner vorgeworfene - schuldhafte - Pflichtverletzung kausal für den Schadenseintritt geworden sein muss, erfüllt.
67In Anwendung der bei zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen geltenden Adäquanztheorie sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, den Erfolg zu verursachen. Sofern ein Unterlassen in Betracht kommt, muss, um die Ursächlichkeit bejahen zu können, ein Hinzudenken der unterbliebenen Handlung zu dem Ergebnis führen, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre; die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts des Erfolgs genügt dazu nicht,
68vgl. BFH, Urteil vom 11. November 2008 - VII R 19/08 -, juris, m.w.N.
69Hiervon ausgehend würde der Kläger aufgrund der pflichtwidrigen Nichtentrichtung der Steuerforderungen nur dann nicht für den Steuerausfall in voller Höhe haften, wenn die Steuerschuldnerin (Primärschuldnerin) bereits im Zeitpunkt der Pflichtverletzung zahlungsunfähig gewesen wäre, sodass die Erfüllung der Steuerforderung auch ohne Pflichtverletzung mangels liquider Mittel nicht in Betracht gekommen wäre.
70Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob die Nichtentrichtung der fälligen Gewerbesteuerforderungen kausal für den Schadenseintritt geworden ist, ist hier der Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung, mithin der Fälligkeitszeitpunkt der festgesetzten Hauptforderungen nebst Nachforderungszinsen am 29. August 2013. Nach den obigen Ausführungen ändert auch die erst deutlich nach Fälligkeit beantragt und gewährte Stundung hieran nichts.
71Es bestehen anhand der vorliegenden Informationen keine Zweifel daran, dass zu diesem Zeitpunkt noch ausreichende Mittel der Primärschuldnerin vorhanden waren, um die offenen Forderungen der Beklagten in voller Höhe zu erfüllen.
72Die damalige Zahlungsfähigkeit wird ausdrücklich schon durch die von dem Kläger in seiner Funktion als Geschäftsführer der Primärschuldnerin im Rahmen des Stundungsantrages mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 gemachten Angaben bestätigt, dass die Primärschuldnerin ab dem 15. Januar 2014 die betreffenden Schulden (in Höhe von insgesamt 8.401,60 Euro) in sechs Raten zahlen könne. Danach standen der Primärschuldnerin noch deutlich nach dem Fälligkeitszeitpunkt den Haftungsbetrag (von ursprünglich 7.579,10 Euro) übersteigende Mittel zur Verfügung. Mit der Einwendung, dies habe nur die Hoffnung auf Liquidität ausgedrückt, kann der Kläger nicht durchdringen. Angesichts dessen, dass die Aussage ohne Einschränkungen oder Hinweise auf eine Unsicherheit bzgl. der Liquidität etc. getätigt wurde und von der Wahrheitsgemäßheit von Angaben der Beteiligten ausgegangen werden muss (vgl. auch § 90 Abs. 1 Satz 2 AO), muss der Kläger sich hieran festhalten lassen. Entsprechend kann allein aus der Tatsache der Beantragung einer Stundung auch nicht auf zu einer Zahlungsunfähigkeit führende Zahlungsschwierigkeiten – zu dem darüber hinaus bereits vier Monate vor dem Stundungsantrag liegenden Fälligkeitszeitpunkt – geschlossen werden.
73Für die Liquidität der Primärschuldnerin spricht zudem, dass der Kläger keinen Eigen-Insolvenzantrag für die Primärschuldnerin gestellt hat. Da der Geschäftsführer als gesetzlicher Vertreter der GmbH gemäß § 15a InsO – unter Strafandrohung – verpflichtet ist, im Falle der Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzeröffnungsantrag zu stellen und pflichtgemäßes Verhalten eines Geschäftsführers unterstellt werden muss, kann jedenfalls ohne entgegenstehenden schlüssigen Sachvortrag davon ausgegangen werden, dass ausreichende Mittel zur Verfügung standen,
74vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2013, - 14 B 535/13 -, juris Rn. 35; Verwaltungsgericht (VG) Koblenz, Urteil vom 13. November 2015 - 5 K 526/15.KO -, juris Rn. 25.
75Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich aus dem auf Antrag des Finanzamtes Bergheim eingeleiteten Insolvenzverfahren ebenfalls nichts anderes. Insoweit belegt insbesondere das Insolvenzgutachten keine Zahlungsunfähigkeit zum 29. August 2013. Nach den Feststellungen des Gutachters lag Zahlungsunfähigkeit i.S.v. § 17 Abs. 2 InsO mit Gewissheit (erst) zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens am 11. Februar 2015, mithin über 17 Monate nach Fälligkeit der Steuerforderung, vor. In diesem Zusammenhang führt der Gutachter aus, dass er für den davorliegenden Zeitraum keine Stellungnahme zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Primär-schuldnerin abgeben könne, weil der letzte Jahresabschluss für 2011 angefertigt worden sei und seit dem Jahr 2012 (nach Durchsicht der beschlagnahmten Unterlagen) keine aussagekräftigen Buchhaltungsunterlagen mehr zur Verfügung stünden. Soweit der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auf die Feststellung in dem Gutachten hingewiesen hat, dass zum 14. August 2014 auf dem Geschäftskonto der Primärschuldnerin ein negativer Saldo von 75.368,73 € zu finden war, ist dem entgegenzuhalten, dass ebenso festgestellt wird, dass dieser Saldo zurückgeführt wurde und dass auch dieser Zeitpunkt fast ein Jahr nach dem für die Kausalität maßgeblichen Zeitpunkt liegt.
76Gleiches gilt für die Eintragung der Löschung wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 394 Abs. 1 FamFG im Handelsregister, die erst am 18. Dezember 2014 erfolgte.
77Dass der Betrieb der Primärschuldnerin ggf. bereits vor der Fälligkeit (nach Angaben des Finanzamtes zu Dezember 2012 bzw. nach mündlichen Angaben des Klägers im Insolvenzverfahren im Juni 2013) eingestellt war, lässt keinen Rückschluss auf die Vermögensverhältnisse bzw. eine Zahlungsunfähigkeit zu, da es zahlreiche andere Gründe für eine Einstellung des Geschäftsbetriebes geben kann. So gab der Kläger selbst in einem (später eingestellten) Insolvenzeröffnungsverfahren (00 IN 000/00) am 12. September 2013 gegenüber dem Gutachter ausweislich des entsprechenden Berichtes an das Amtsgericht Köln an, der Betrieb ruhe lediglich mangels interessanter Aufträge, könne ggf. aber jederzeit wieder aktiviert werden.
78Der Einwand des Klägers, die Beklagte habe zu den finanziellen Verhältnissen der Primärschuldnerin keine hinreichenden Ermittlungen angestellt und keine Fest-stellungen zur Liquidität getroffen, sodass es u.a. am Nachweis der Kausalität fehle, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen.
79Zwar trägt die Beklagte grundsätzlich die Beweislast für das Vorliegen der Voraus-setzungen für den Erlass eines Haftungsbescheids, mithin auch für die Liquidität der Primärschuldnerin im maßgeblichen Zeitpunkt. In diesem Zusammenhang ist sie - wie der Kläger zu Recht vorgetragen hat - gemäß § 88 AO verpflichtet, den Sachverhalt ordnungsgemäß mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln von Amts wegen zu ermitteln.
80Der potentielle Haftungsschuldner ist aber verpflichtet, an der Feststellung der Grund-lagen für den Erlass eines Haftungsbescheides mitzuwirken bzw. diesbezüglich Auskünfte zu erteilen (§ 93 Abs. 1 Satz 1, § 90 Abs. 1 AO). Dieser Mitwirkungspflicht kommt gerade bzgl. der im Rahmen der Kausalität zu prüfenden wirtschaftlichen Verhältnisse der Primärschuldnerin besondere Bedeutung zu, da die steuererhebende Gemeinde hierzu regelmäßig keine Kenntnisse hat und etwa Buchhaltungs- und Kontounterlagen aus der Sphäre des Haftungsschuldners nur von diesem vorgelegt werden können,
81vgl. Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 90 AO Rn. 12(Stand 133. Lieferung 8.2013).
82Wird die Mitwirkungspflicht verletzt, kann dies insofern gegen den potentiellen Haftungsschuldner verwertet werden, als es die Behörde - und das Gericht – dazu berechtigt, zu seinem Nachteil einen Sachverhalt zugrunde zu legen, für den eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, bzw. dazu, auf das Vorhandensein auskömmlicher Mittel aus den sonst vorliegenden Informationen zu schließen,
83vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2012 - 14 B 787/12 -, juris Rn. 6 und Beschluss vom 20. Februar 2015 - 14 A 2071/14 -, juris Rn. 17.
84So liegt der Fall hier.
85Der Kläger ist von der Beklagten wiederholt um Auskunft über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Primärschuldnerin im Haftungszeitraum gebeten worden, zuletzt mit Schreiben vom 28. Mai 2015, ohne dass dieser darauf reagiert hat. Auch nachdem das Gericht den Kläger mit Schreiben vom 2. Februar 2016 aufgefordert hat, die Tatsachen anzugeben und zu belegen, aus denen sich die Vermögensverhältnisse der Primärschuldnerin zum Fälligkeitszeitpunkt der Gewerbesteuerforderungen ergeben, hat er keinerlei Angaben zu den Vermögensverhältnissen der Primärschuldnerin gemacht oder Unterlagen vorgelegt.
86Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegen halten, dass er seiner Mitwirkungspflicht nicht habe nachkommen könne, weil sich die Geschäftsunterlagen bei dem Insolvenzverwalter befunden hätten. Denn aus den beigezogenen Insolvenzakten des Amts-gerichts Köln und den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Köln ergibt sich, dass sich die Buchführungsunterlagen - entgegen der Angaben des Klägers - nicht bei dem Insolvenzverwalter befanden, sondern nach der im Januar 2014 erfolgten Beschlagnahme bei dem zuständigen Hauptzollamt. Der Kläger sprach hier mehrmals vor, um beschlagnahmte Unterlagen und Gegenstände heraus zu verlangen. Dabei wurde ihm am 30. Januar 2014 ausweislich eines entsprechenden Vermerkes (000 Js 000/00) angeboten, alle einbehaltenen Unterlagen jederzeit kopieren zu können. Dies nahm er, soweit ersichtlich, nicht wahr.
87Da der Kläger vor Bescheiderlass entgegen seiner Mitwirkungspflicht insbesondere nicht konkret unter Angabe des Aktenzeichens auf das seit April 2014 anhängige Insolvenzeröffnungsverfahren hinwies, hatte die Beklagte keinen Anlass – wie von dem Kläger gefordert – Informationen bei dem Finanzamt oder dem Insolvenzgericht einzuholen. Die Ansicht des Klägers, er habe davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte über das laufende Insolvenzverfahren informiert sei, ist durch nichts belegt. Soweit ersichtlich erhielt die Beklagte erstmals am 17. April 2015, mithin nach Erlass des Haftungsbescheides, Kenntnis von dem Insolvenzverfahren durch Übersendung des Eröffnungsbeschlusses durch das Amtsgericht Köln (00 IN 000/00).
88Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass die Beklagte, selbst wenn sie die Insolvenz-akte beigezogen hätte, - entgegen der Ansicht des Klägers - genauso wie das Gericht darin keine Erkenntnisse über eine Zahlungsfähigkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt gefunden hätte.
89Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte anhand der sonst vorliegenden Informationen ohne weitere Ermittlung von der Liquidität der Primärschuldnerin bei einer Haftungsquote von 100% ausgegangen ist.
90Entgegen der Auffassung des Klägers sind der Beklagten keine Ermessensfehler unterlaufen.
91Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 Abs. 1 VwGO, § 5 AO).
92Bei einer Uneinbringlichkeit der Steuer, von welcher die Beklagte nach mehreren erfolglosen Vollstreckungsversuchen gegenüber der Primärschuldnerin und der Löschung wegen Vermögenslosigkeit zu Recht ausgehen konnte, ist eine Haftungsinanspruchnahme regelmäßig geboten, weil Steuerausfälle nach Möglichkeit vermieden werden sollen,
93vgl. BFH, Urteile vom 29. Mai 1990 - VII R 81/89 -, juris, und vom 29. September 1987 - VII R 54/84 -, juris.
94Die Ermessensentscheidung ist entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers ferner nicht aufgrund fehlender Sachverhaltsermittlung hinsichtlich der Vermögensverhältnisse der Primärschuldnerin fehlerhaft.
95Eine fehlerfreie Ermessensausübung setzt in jedem Fall voraus, dass die Behörde ihre Entscheidung aufgrund eines vollständig ermittelten Sachverhaltes getroffen und dabei sämtliche Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art berücksichtigt hat, die nach Sinn und Zweck der das Ermessen einräumenden Norm maßgeblich sind, und dass sie diese zutreffend gewertet hat. Hierzu gehört im Rahmen der Inanspruchnahme nach § 191 AO auch, dass entsprechend der in § 88 AO normierten Amtsermittlungspflicht diejenigen Umstände umfassend aufzuklären sind, die sich auf die tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftungsnorm beziehen,
96ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Urteil vom 12. Dezember 1996 - VII R 53/96 -, juris Rn. 16, m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 5. Januar 2012 - 14 B 1144/11 -, juris Rn. 12 ff.
97Kommt der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nach, ist die Aufklärungs- und Ermittlungspflicht der Beklagten jedoch entsprechend begrenzt,
98vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Februar 2015 - 14 A 2071/14 -, juris Rn. 17.
99Da der Kläger hier vor Bescheiderlass keinerlei Angaben zu den Vermögens-verhältnissen der Primärschuldnerin zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Haftungsschuld machte, bestanden für die Beklagte vorliegend keine Anhaltspunkte für eine weitere Sachverhaltsaufklärung. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zur Kausalität der Pflichtverletzung verwiesen.
100Schließlich sind die nach § 191 Abs. 3 AO für den Erlass des Haftungsbescheides geltenden Festsetzungsfristen ebenfalls eingehalten und die Gewerbesteuer-forderungen sind nicht durch Zahlungsverjährung untergegangen, § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. §§ 228, 229 AO.
101II. Die von der Beklagten im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zahlungsauf-forderung ist im nach der mündlichen Verhandlung noch aufrecht erhaltenen Umfang ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 219 Satz 2 AO darf der Haftungsschuldner schon unabhängig von Vollstreckungsmöglichkeiten bei der Primär-schuldnerin auf Zahlung in Anspruch genommen werden, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner gesetzlich verpflichtet war, Steuern zu entrichten. Dies ist hier der Fall. Im Übrigen ist vorliegend angesichts zahlreicher erfolgloser Pfändungsversuche bei der Primärschuldnerin und deren Löschung im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit auch § 219 Satz 1 AO erfüllt, wonach der Haftungs-schuldner in Anspruch genommen werden kann, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde.
102Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils entsprechend der Kostenübernahmeerklärung der Beklagten auf § 161 Abs. 2, hinsichtlich des übrigen Teils auf § 154 Abs. 1 VwGO.
103Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.
104Anlass, die Berufung zuzulassen, bestand nicht, weil die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht erfüllt sind.
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(1) Eine Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft, die kein Vermögen besitzt, kann von Amts wegen oder auf Antrag der Finanzbehörde oder der berufsständischen Organe gelöscht werden. Sie ist von Amts wegen zu löschen, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft durchgeführt worden ist und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gesellschaft noch Vermögen besitzt.
(2) Das Gericht hat die Absicht der Löschung den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft oder Genossenschaft, soweit solche vorhanden sind und ihre Person und ihr inländischer Aufenthalt bekannt ist, bekannt zu machen und ihnen zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung des Widerspruchs zu bestimmen. Auch wenn eine Pflicht zur Bekanntmachung und Fristbestimmung nach Satz 1 nicht besteht, kann das Gericht anordnen, dass die Bekanntmachung und die Bestimmung der Frist durch Bekanntmachung in dem für die Registerbekanntmachungen bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem nach § 10 des Handelsgesetzbuchs erfolgt; in diesem Fall ist jeder zur Erhebung des Widerspruchs berechtigt, der an der Unterlassung der Löschung ein berechtigtes Interesse hat. Vor der Löschung sind die in § 380 bezeichneten Organe, im Fall einer Genossenschaft der Prüfungsverband, zu hören.
(3) Für das weitere Verfahren gilt § 393 Abs. 3 bis 5 entsprechend.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden auf offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, bei denen keiner der persönlich haftenden Gesellschafter eine natürliche Person ist. Eine solche Gesellschaft kann jedoch nur gelöscht werden, wenn die für die Vermögenslosigkeit geforderten Voraussetzungen sowohl bei der Gesellschaft als auch bei den persönlich haftenden Gesellschaftern vorliegen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der eine natürliche Person persönlich haftender Gesellschafter ist.
(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.
Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.
(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.
(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.
(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.
(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag
(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.
(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.
(2) Realsteuern sind die Grundsteuer und die Gewerbesteuer.
(3) Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind Steuern im Sinne dieses Gesetzes. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1, L 287, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.
(4) Steuerliche Nebenleistungen sind
- 1.
Verzögerungsgelder nach § 146 Absatz 2c, - 2.
Verspätungszuschläge nach § 152, - 3.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 und 4a, - 3a.
Mitwirkungsverzögerungsgelder nach § 200a Absatz 2 und Zuschläge zum Mitwirkungsverzögerungsgeld nach § 200a Absatz 3, - 4.
Zinsen nach den §§ 233 bis 237 sowie Zinsen nach den Steuergesetzen, auf die die §§ 238 und 239 anzuwenden sind, sowie Zinsen, die über die §§ 233 bis 237 und die Steuergesetze hinaus nach dem Recht der Europäischen Union auf zu erstattende Steuern zu leisten sind, - 5.
Säumniszuschläge nach § 240, - 6.
Zwangsgelder nach § 329, - 7.
Kosten nach den §§ 89, 89a Absatz 7 sowie den §§ 178 und 337 bis 345, - 8.
Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union, - 9.
Verspätungsgelder nach § 22a Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes und - 10.
Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes.
(5) Das Aufkommen der Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union steht dem Bund zu. Das Aufkommen der übrigen Zinsen steht den jeweils steuerberechtigten Körperschaften zu. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89 steht jeweils der Körperschaft zu, deren Behörde für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89a Absatz 7 steht dem Bund und dem jeweils betroffenen Land je zur Hälfte zu. Das Aufkommen der Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes steht dem Bund zu. Die übrigen steuerlichen Nebenleistungen fließen den verwaltenden Körperschaften zu.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, soll diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt insbesondere, wenn von dem in der Steuererklärung erklärten Sachverhalt zuungunsten des Steuerpflichtigen wesentlich abgewichen werden soll.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint, - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde, - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll, - 4.
die Finanzbehörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will, - 5.
Maßnahmen in der Vollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 125 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Verwaltungsakt erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird, - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird, - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird, - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsakts erforderlich ist, nachträglich gefasst wird, - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 5 können bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsakts unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versäumt worden, so gilt die Versäumung der Einspruchsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 110 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
- 1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt, - 2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann, - 3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, - 4.
der gegen die guten Sitten verstößt.
(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
- 1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, - 2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat, - 3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war, - 4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.
(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.
(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.
Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.
(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.
Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.
(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.
(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.
(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.
(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.
(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.
(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.
Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.
(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.
(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.
(1) Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.
(2) Realsteuern sind die Grundsteuer und die Gewerbesteuer.
(3) Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind Steuern im Sinne dieses Gesetzes. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1, L 287, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.
(4) Steuerliche Nebenleistungen sind
- 1.
Verzögerungsgelder nach § 146 Absatz 2c, - 2.
Verspätungszuschläge nach § 152, - 3.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 und 4a, - 3a.
Mitwirkungsverzögerungsgelder nach § 200a Absatz 2 und Zuschläge zum Mitwirkungsverzögerungsgeld nach § 200a Absatz 3, - 4.
Zinsen nach den §§ 233 bis 237 sowie Zinsen nach den Steuergesetzen, auf die die §§ 238 und 239 anzuwenden sind, sowie Zinsen, die über die §§ 233 bis 237 und die Steuergesetze hinaus nach dem Recht der Europäischen Union auf zu erstattende Steuern zu leisten sind, - 5.
Säumniszuschläge nach § 240, - 6.
Zwangsgelder nach § 329, - 7.
Kosten nach den §§ 89, 89a Absatz 7 sowie den §§ 178 und 337 bis 345, - 8.
Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union, - 9.
Verspätungsgelder nach § 22a Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes und - 10.
Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes.
(5) Das Aufkommen der Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union steht dem Bund zu. Das Aufkommen der übrigen Zinsen steht den jeweils steuerberechtigten Körperschaften zu. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89 steht jeweils der Körperschaft zu, deren Behörde für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89a Absatz 7 steht dem Bund und dem jeweils betroffenen Land je zur Hälfte zu. Das Aufkommen der Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes steht dem Bund zu. Die übrigen steuerlichen Nebenleistungen fließen den verwaltenden Körperschaften zu.
Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.
(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.
(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.
(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.
(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.
(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.
(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.
(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.
(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag
(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.
(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.
(1) Eine Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft, die kein Vermögen besitzt, kann von Amts wegen oder auf Antrag der Finanzbehörde oder der berufsständischen Organe gelöscht werden. Sie ist von Amts wegen zu löschen, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft durchgeführt worden ist und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gesellschaft noch Vermögen besitzt.
(2) Das Gericht hat die Absicht der Löschung den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft oder Genossenschaft, soweit solche vorhanden sind und ihre Person und ihr inländischer Aufenthalt bekannt ist, bekannt zu machen und ihnen zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung des Widerspruchs zu bestimmen. Auch wenn eine Pflicht zur Bekanntmachung und Fristbestimmung nach Satz 1 nicht besteht, kann das Gericht anordnen, dass die Bekanntmachung und die Bestimmung der Frist durch Bekanntmachung in dem für die Registerbekanntmachungen bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem nach § 10 des Handelsgesetzbuchs erfolgt; in diesem Fall ist jeder zur Erhebung des Widerspruchs berechtigt, der an der Unterlassung der Löschung ein berechtigtes Interesse hat. Vor der Löschung sind die in § 380 bezeichneten Organe, im Fall einer Genossenschaft der Prüfungsverband, zu hören.
(3) Für das weitere Verfahren gilt § 393 Abs. 3 bis 5 entsprechend.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden auf offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, bei denen keiner der persönlich haftenden Gesellschafter eine natürliche Person ist. Eine solche Gesellschaft kann jedoch nur gelöscht werden, wenn die für die Vermögenslosigkeit geforderten Voraussetzungen sowohl bei der Gesellschaft als auch bei den persönlich haftenden Gesellschaftern vorliegen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der eine natürliche Person persönlich haftender Gesellschafter ist.
(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Bei der Entscheidung über Art und Umfang der Ermittlungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden.
(3) Zur Gewährleistung eines zeitnahen und gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze können die obersten Finanzbehörden für bestimmte oder bestimmbare Fallgruppen Weisungen über Art und Umfang der Ermittlungen und der Verarbeitung von erhobenen oder erfassten Daten erteilen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist. Bei diesen Weisungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden. Die Weisungen dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Weisungen der obersten Finanzbehörden der Länder nach Satz 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium der Finanzen, soweit die Landesfinanzbehörden Steuern im Auftrag des Bundes verwalten.
(4) Das Bundeszentralamt für Steuern und die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes können auf eine Weiterleitung ihnen zugegangener und zur Weiterleitung an die Landesfinanzbehörden bestimmter Daten an die Landesfinanzbehörden verzichten, soweit sie die Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zuordnen können. Nach Satz 1 einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zugeordnete Daten sind unter Beachtung von Weisungen gemäß Absatz 3 des Bundesministeriums der Finanzen weiterzuleiten. Nicht an die Landesfinanzbehörden weitergeleitete Daten sind vom Bundeszentralamt für Steuern für Zwecke von Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b bis zum Ablauf des 15. Jahres nach dem Jahr des Datenzugangs zu speichern. Nach Satz 3 gespeicherte Daten dürfen nur für Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie zur Datenschutzkontrolle verarbeitet werden.
(5) Die Finanzbehörden können zur Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen und Prüfungen für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Festsetzung von Steuern und Steuervergütungen sowie Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen automationsgestützte Systeme einsetzen (Risikomanagementsysteme). Dabei soll auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung berücksichtigt werden. Das Risikomanagementsystem muss mindestens folgende Anforderungen erfüllen:
- 1.
die Gewährleistung, dass durch Zufallsauswahl eine hinreichende Anzahl von Fällen zur umfassenden Prüfung durch Amtsträger ausgewählt wird, - 2.
die Prüfung der als prüfungsbedürftig ausgesteuerten Sachverhalte durch Amtsträger, - 3.
die Gewährleistung, dass Amtsträger Fälle für eine umfassende Prüfung auswählen können, - 4.
die regelmäßige Überprüfung der Risikomanagementsysteme auf ihre Zielerfüllung.
(1) Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt auch für nicht rechtsfähige Vereinigungen, Vermögensmassen, Behörden und Betriebe gewerblicher Art der Körperschaften des öffentlichen Rechts. Andere Personen als die Beteiligten sollen erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.
(1a) Die Finanzbehörde darf an andere Personen als die Beteiligten Auskunftsersuchen über eine ihr noch unbekannte Anzahl von Sachverhalten mit dem Grunde nach bestimmbaren, ihr noch nicht bekannten Personen stellen (Sammelauskunftsersuchen). Voraussetzung für ein Sammelauskunftsersuchen ist, dass ein hinreichender Anlass für die Ermittlungen besteht und andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung keinen Erfolg versprechen. Absatz 1 Satz 3 ist nicht anzuwenden.
(2) In dem Auskunftsersuchen ist anzugeben, worüber Auskünfte erteilt werden sollen und ob die Auskunft für die Besteuerung des Auskunftspflichtigen oder für die Besteuerung anderer Personen angefordert wird. Auskunftsersuchen haben auf Verlangen des Auskunftspflichtigen schriftlich zu ergehen.
(3) Die Auskünfte sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, haben Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die ihnen zur Verfügung stehen, einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen.
(4) Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft schriftlich, elektronisch, mündlich oder fernmündlich erteilen. Die Finanzbehörde kann verlangen, dass der Auskunftspflichtige schriftlich Auskunft erteilt, wenn dies sachdienlich ist.
(5) Die Finanzbehörde kann anordnen, dass der Auskunftspflichtige eine mündliche Auskunft an Amtsstelle erteilt. Hierzu ist sie insbesondere dann befugt, wenn trotz Aufforderung eine schriftliche Auskunft nicht erteilt worden ist oder eine schriftliche Auskunft nicht zu einer Klärung des Sachverhalts geführt hat. Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.
(6) Auf Antrag des Auskunftspflichtigen ist über die mündliche Auskunft an Amtsstelle eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift soll den Namen der anwesenden Personen, den Ort, den Tag und den wesentlichen Inhalt der Auskunft enthalten. Sie soll von dem Amtsträger, dem die mündliche Auskunft erteilt wird, und dem Auskunftspflichtigen unterschrieben werden. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen.
(7) Ein automatisierter Abruf von Kontoinformationen nach § 93b ist nur zulässig, soweit
- 1.
der Steuerpflichtige eine Steuerfestsetzung nach § 32d Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes beantragt oder - 2.
(weggefallen)
- 3.
zur Feststellung von Einkünften nach den §§ 20 und 23 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in Veranlagungszeiträumen bis einschließlich des Jahres 2008 oder - 4.
zur Erhebung von bundesgesetzlich geregelten Steuern oder Rückforderungsansprüchen bundesgesetzlich geregelter Steuererstattungen und Steuervergütungen oder - 4a.
zur Ermittlung, in welchen Fällen ein inländischer Steuerpflichtiger im Sinne des § 138 Absatz 2 Satz 1 Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person, Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ist, oder - 4b.
zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den Fällen des § 208 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 - 4c.
zur Durchführung der Amtshilfe für andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach § 3a des EU-Amtshilfegesetzes oder
- 5.
der Steuerpflichtige zustimmt oder die von ihm oder eine für ihn nach § 139b Absatz 10 Satz 1 an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelte Kontoverbindung verifiziert werden soll.
(8) Das Bundeszentralamt für Steuern erteilt auf Ersuchen Auskunft über die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b,
- 1.
den für die Verwaltung - a)
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, - b)
der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, - c)
der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, - d)
der Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, - e)
des Wohngeldes nach dem Wohngeldgesetz, - f)
der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und - g)
des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch
- 2.
den Polizeivollzugsbehörden des Bundes und der Länder, soweit dies zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist, und - 3.
den Verfassungsschutzbehörden der Länder, soweit dies für ihre Aufgabenerfüllung erforderlich ist und durch Landesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.
- 1.
die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Vollstreckungsschuldner nicht zustellbar ist und - a)
die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmt, die von einer der in § 755 Absatz 1 und 2 der Zivilprozessordnung genannten Stellen innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Zustellungsversuch mitgeteilt wurde, oder - b)
die Meldebehörde nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist, oder - c)
die Meldebehörde innerhalb von drei Monaten vor Erlass der Vollstreckungsanordnung die Auskunft erteilt hat, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist;
- 2.
der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft in dem dem Ersuchen zugrundeliegenden Vollstreckungsverfahren nicht nachkommt oder - 3.
bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung der Forderung nicht zu erwarten ist.
(8a) Kontenabrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern sind nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmten Schnittstellen zu übermitteln; § 87a Absatz 6 und § 87b Absatz 1 und 2 gelten entsprechend. Das Bundeszentralamt für Steuern kann Ausnahmen von der elektronischen Übermittlung zulassen. Das Bundeszentralamt für Steuern soll der ersuchenden Stelle die Ergebnisse des Kontenabrufs elektronisch übermitteln; § 87a Absatz 7 und 8 gilt entsprechend.
(9) Vor einem Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 ist die betroffene Person auf die Möglichkeit eines Kontenabrufs hinzuweisen; dies kann auch durch ausdrücklichen Hinweis in amtlichen Vordrucken und Merkblättern geschehen. Nach Durchführung eines Kontenabrufs ist die betroffene Person vom Ersuchenden über die Durchführung zu benachrichtigen. Ein Hinweis nach Satz 1 erster Halbsatz und eine Benachrichtigung nach Satz 2 unterbleiben, soweit die Voraussetzungen des § 32b Absatz 1 vorliegen oder die Information der betroffenen Person gesetzlich ausgeschlossen ist. § 32c Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des Absatzes 8 gilt Satz 4 entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden in den Fällen des Absatzes 8 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder soweit dies bundesgesetzlich ausdrücklich bestimmt ist.
(10) Ein Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 und dessen Ergebnis sind vom Ersuchenden zu dokumentieren.
(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.
(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.
(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.
(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.
(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.
(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.
(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Bei der Entscheidung über Art und Umfang der Ermittlungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden.
(3) Zur Gewährleistung eines zeitnahen und gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze können die obersten Finanzbehörden für bestimmte oder bestimmbare Fallgruppen Weisungen über Art und Umfang der Ermittlungen und der Verarbeitung von erhobenen oder erfassten Daten erteilen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist. Bei diesen Weisungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden. Die Weisungen dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Weisungen der obersten Finanzbehörden der Länder nach Satz 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium der Finanzen, soweit die Landesfinanzbehörden Steuern im Auftrag des Bundes verwalten.
(4) Das Bundeszentralamt für Steuern und die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes können auf eine Weiterleitung ihnen zugegangener und zur Weiterleitung an die Landesfinanzbehörden bestimmter Daten an die Landesfinanzbehörden verzichten, soweit sie die Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zuordnen können. Nach Satz 1 einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zugeordnete Daten sind unter Beachtung von Weisungen gemäß Absatz 3 des Bundesministeriums der Finanzen weiterzuleiten. Nicht an die Landesfinanzbehörden weitergeleitete Daten sind vom Bundeszentralamt für Steuern für Zwecke von Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b bis zum Ablauf des 15. Jahres nach dem Jahr des Datenzugangs zu speichern. Nach Satz 3 gespeicherte Daten dürfen nur für Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie zur Datenschutzkontrolle verarbeitet werden.
(5) Die Finanzbehörden können zur Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen und Prüfungen für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Festsetzung von Steuern und Steuervergütungen sowie Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen automationsgestützte Systeme einsetzen (Risikomanagementsysteme). Dabei soll auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung berücksichtigt werden. Das Risikomanagementsystem muss mindestens folgende Anforderungen erfüllen:
- 1.
die Gewährleistung, dass durch Zufallsauswahl eine hinreichende Anzahl von Fällen zur umfassenden Prüfung durch Amtsträger ausgewählt wird, - 2.
die Prüfung der als prüfungsbedürftig ausgesteuerten Sachverhalte durch Amtsträger, - 3.
die Gewährleistung, dass Amtsträger Fälle für eine umfassende Prüfung auswählen können, - 4.
die regelmäßige Überprüfung der Risikomanagementsysteme auf ihre Zielerfüllung.
(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.
(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.
(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.
(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.(1) Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Sie beginnt jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Festsetzung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis, ihre Aufhebung, Änderung oder Berichtigung nach § 129 wirksam geworden ist, aus der sich der Anspruch ergibt; eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung gleich. Wird die Festsetzung oder Anmeldung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so beginnt die Verjährung des gesamten Anspruchs erst mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung wirksam geworden ist.
(2) Ist ein Haftungsbescheid ohne Zahlungsaufforderung ergangen, so beginnt die Verjährung mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlungsaufforderung nachgeholt worden ist, spätestens aber fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Haftungsbescheid wirksam geworden ist.
Wenn nichts anderes bestimmt ist, darf ein Haftungsschuldner auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Diese Einschränkung gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat oder gesetzlich verpflichtet war, Steuern einzubehalten und abzuführen oder zu Lasten eines anderen zu entrichten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.