Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 04. Mai 2017 - 3 K 3046/14

bei uns veröffentlicht am04.05.2017

Tenor

1. Der Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid für 2008 bis 2011 vom 29. Oktober 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. August 2014 wird dahingehend geändert, dass der Nachforderungsbetrag für das Jahr 2008 um 15.974,11 EUR (davon Lohnsteuer 14.262,60 EUR, Solidaritätszuschlag 784,44 EUR, pauschale Kirchensteuer 927,07 EUR) und für das Jahr 2011 um 22.006,22 EUR (davon Lohnsteuer 19.736,52 EUR, Solidaritätszuschlag 1.085,51 EUR, pauschale Kirchensteuer 1.184,19 EUR) reduziert wird.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Streitig ist in erster Linie, ob die Klägerin infolge eines beim falschen Finanzamt eingelegten Einspruchs die Einspruchsfrist versäumt hat bzw. ob ihr insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Die Beteiligten stimmen darin überein, dass der angefochtene Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid materiell zumindest zum Teil rechtswidrig ist (bzw. wäre).
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts [ ... ]. Die Klägerin ist in Deutschland beschränkt steuerpflichtig (vgl. Aktenvermerk, Rechtsbehelfsakte Bl. 59). Sie behält für ihre im Inland beschäftigten Arbeitnehmer Lohnsteuer ein und führt diese aufgrund von Lohnsteuer-Anmeldungen an den Beklagten, das Finanzamt, ab.
Das zentral zuständige Finanzamt X (vgl. Rechtsbehelfsakte Bl. 32) führte im Juli/August 2013 bei der Klägerin eine Lohnsteuer-Außenprüfung durch. Hinsichtlich der Prüfungsanordnung und des Prüfungsberichts wird auf Bl. 34 ff. der Gerichtsakte und Bl. 56 ff. der Lohnsteuerprüfungsakte (Arbeitgeber) Bezug genommen. Auf der Grundlage des Prüfungsberichts erließ das beklagte Finanzamt den streitgegenständlichen Nachforderungsbescheid vom 29. Oktober 2013 (Dienstag). Mit diesem Bescheid forderte das Finanzamt von der Klägerin für die Jahre 2008 bis 2011 einen Gesamtbetrag von 43.923,66 EUR für Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer nach (davon insgesamt 17.745,46 EUR für das Jahr 2008, 847,47 EUR für das Jahr 2009, 794,31 EUR für das Jahr 2010 und 24.536,42 EUR für das Jahr 2011). Zugleich hob das Finanzamt den Vorbehalt der Nachprüfung für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2011 auf. Wegen des genauen Inhalts des Nachforderungsbescheids und der keinen Hinweis auf die Möglichkeit einer elektronischen Einspruchseinlegung enthaltenden Rechtsbehelfsbelehrung wird auf Bl. 33 der Gerichtsakte verwiesen.
Der 1. November 2013 (Freitag) war in Baden-Württemberg ein gesetzlicher Feiertag (Allerheiligen; vgl. Kalender Baden-Württemberg 2013,Gerichtsakte Bl. 206).
Mit Schreiben vom 28. November 2013 legte die Klägerin ohne Einschaltung eines Rechts- oder Steuerberaters gegen den Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid vom 29. Oktober 2013 Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Aus dem Einspruchsschreiben gehen das Datum des angefochtenen Nachforderungsbescheids und die Steuernummer der Klägerin (xxxxx/xxxxx) hervor. Die Klägerin richtete das Einspruchsschreiben ebenso wie die nachfolgende Einspruchsbegründung vom 2. Dezember 2013 versehentlich an das Finanzamt Y.
Das Einspruchsschreiben ging laut Eingangsstempel am Freitag, den 29. November 2013 beim örtlich unzuständigen Finanzamt Y ein, die Einspruchsbegründung ging dort am Mittwoch, den 4. Dezember 2013 ein. Gemäß der Einspruchsbegründung vom 2. Dezember 2013 beantragte die Klägerin die Aussetzung der Vollziehung und die Reduzierung des Nachforderungsbetrags um einen Gesamtbetrag von 38.411,43 EUR, und zwar für 2008 in Höhe von 15.974,11 EUR und für 2011 in Höhe von 22.437,32 EUR. Die begehrten Korrekturen betrafen zwei von der Klägerin in den Jahren 2008 und 2011 durchgeführte Mitarbeiterfeste, die den wesentlichen Teil des Nachforderungsbetrags von 43.923,66 EUR ausmachen. Im Hinblick auf den genauen Inhalt des Einspruchsschreibens und der Einspruchsbegründung wird auf Bl. 41 ff. der Gerichtsakte verwiesen.
Die Einspruchsfrist endete am 4. Dezember 2013 (Mittwoch). Nach Aktenlage durchlief das Original-Einspruchsschreiben in der Zeit vom 29. November bis zum 4. Dezember 2013 beim Finanzamt Y die folgenden Stationen (vgl. Aktenauszug, Gerichtsakte Bl. 155 ff.): Nach Abzeichnung durch den Vorsteher (Herr V) und den Zeugen (Herr W, damaliger Sachgebietsleiter der Lohnsteuer-Arbeitgeberstelle des Finanzamts Y) gelangte das Schreiben zur Zeugin (Frau P, Sachbearbeiterin der Lohnsteuer-Arbeitgeberstelle des Finanzamts Y). Die Zeugin war am 3. Dezember 2013 aufgrund einer Dienstreise nicht im Finanzamt tätig. Am 4. Dezember 2013 erkannte sie sowohl die Unzuständigkeit des Finanzamts Y als auch die Zuständigkeit des beklagten Finanzamts. Noch am selben Tag, dem letzten Tag der Einspruchsfrist, leitete sie den Original-Einspruch durch eine selbst unterzeichnete und per Kurier versandte Kurzmitteilung zuständigkeitshalber an das beklagte Finanzamt weiter. Der Betreff des Weiterleitungsschreibens vom 4. Dezember 2013 lautet: „Einspruch gegen Lohnsteuernachforderungsbescheid vom 29.10.2013 der Firma A Holding AG, Steuernummer: xxxxx/xxxxx“. Am Freitag, den 6. Dezember 2013 ging das weitergeleitete Schreiben beim zuständigen beklagten Finanzamt ein.
Am 9. Dezember 2013 informierte der Zeuge (Sachgebietsleiter) das beklagte Finanzamt zunächst telefonisch, dass die Einspruchsbegründung ebenfalls beim Finanzamt Y eingegangen sei und sie „vorab per Mail“ übermittelt werde (Gerichtsakte Bl. 167 R.). Unter Bezugnahme auf das Telefonat übersandte er am 9. Dezember 2013 per E-Mail die Einspruchsbegründung mit Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als Anlage im pdf-Format. Mit Kurzmitteilung ebenfalls vom 9. Dezember 2013, die am 10. Dezember 2013 beim beklagten Finanzamt einging, übersandte er das Original der Einspruchsbegründung und wies darauf hin, der Vorgang sei „wegen des AdV-Antrages vorweg per eMail übersandt“ worden.
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2013 informierte das beklagte Finanzamt die Klägerin, dass ihr Einspruch nicht innerhalb der am 4. Dezember 2013 abgelaufenen Einspruchsfrist eingegangen sei, und stellte zugleich anheim, Wiedereinsetzungsgründe vorzutragen (Gerichtsakte Bl. 44). Die Klägerin beantragte daraufhin mit Schreiben vom 16. Dezember 2013 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Gerichtsakte Bl. 165 R.). Die zuständigen Mitarbeiter (Leiter Personal und Personalreferentin) begründeten den Antrag damit, dass ihnen leider entgangen sei, dass bei der einheitlichen Lohnsteuer-Außenprüfung von drei geprüften Firmen bei einer (der Klägerin) nicht das Finanzamt Y, sondern das beklagte Finanzamt zuständig sei. Verstärkt worden sei „dieses Nichtwahrnehmen“ durch die Tatsache, dass ein zentraler Lohnsteuer-Außenprüfer des Finanzamts Y (richtig: des Finanzamts X) eingesetzt worden sei. Sie baten „auf dem Billigkeitsweg, uns diesen Irrtum nicht zum Nachteil werden zu lassen und um Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand“.
10 
Das Finanzamt lehnte den Antrag unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. November 2004 III B 81/04 (BFH/NV 2005, 327) und das Verschulden bezüglich der fehlerhaften Adressierung des Einspruchsschreibens mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 (Rechtsbehelfsakte Bl. 23) ab. Die Klägerin erhielt den Antrag auf Wiedereinsetzung aufrecht und ließ ihn durch die prozessbevollmächtigte Kanzlei vertiefend begründen (vgl. Rechtsbehelfsakte Bl. 28 ff.).
11 
Im Hinblick auf den weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens und die vom Finanzamt vorgenommenen Prüfungsschritte wird auf die Rechtsbehelfsakte Bezug genommen. Durch die mit der vorliegenden Klage angefochtene Einspruchsentscheidung vom 14. August 2014 verwarf das beklagte Finanzamt den Einspruch der Klägerin schließlich als unzulässig. Es sieht ihn nach gründlicher Auswertung der Rechtsprechung und Literatur als verfristet an, hält die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für nicht gegeben und betrachtet den Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid vom 29. Oktober 2013 daher als verfahrensrechtlich nicht mehr korrigierbar. Wegen der Einzelheiten der Einspruchsentscheidung wird auf Bl. 190 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.
12 
Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit, dass der Nachforderungsbescheid nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH (vgl. zu den Urteilen vom 12. Dezember 2012 VI R 79/10 sowie vom 16. Mai 2013 VI R 94/10 und VI R 7/11 die Pressemitteilungen vom 20. Februar 2013 und vom 9. Oktober 2013, Gerichtsakte Bl. 121 f.) materiell rechtswidrig ist, soweit er die Nachforderung in Höhe von 15.974,11 EUR für das Personalfest anlässlich der xxx-Jahr-Feier im Jahr 2008 betrifft.
13 
Streit bezüglich der materiellen Rechtmäßigkeit besteht demgegenüber im Hinblick auf das anlässlich der Einweihung eines neuen Werks im Jahr 2011 von der Klägerin durchgeführte Mitarbeiterfest. Streitig war insoweit ursprünglich ein Nachforderungsbetrag in Höhe von 22.437,32 EUR. Das Finanzamt hat zwar anerkannt, dass dem Antrag der Klägerin, die maßgeblichen Gesamtkosten mit nur 65.480,01 EUR anzusetzen, entsprochen werden könnte (vgl. Gerichtsakte Bl. 84). Keine Einigkeit konnte zwischen den Beteiligten jedoch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erzielt werden über die zu berücksichtigende Teilnehmerzahl und daher auch über die Frage, ob die 110-Euro-Freigrenze eingehalten (so die Klägerin) oder aber überschritten ist (so das Finanzamt). Wegen aller Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags der Beteiligten - aus der Sicht des Finanzamt handelt es sich um einen hilfsweisen Vortrag - wird Bezug genommen auf Bl. 84, 96 f., 127, 147 f. (Finanzamt: 110,61 EUR) und auf Bl. 91 ff., 132 ff. (Klägerin: 105,95 EUR, 108,09 EUR bzw. 108,58 EUR) der Gerichtsakte. Abweichend von der Klägerin, die zunächst 644 teilnehmende Mitarbeiter geltend machte, geht das Finanzamt von nur 592 nachgewiesenen Personen (Mitarbeitern) aus, die am Mitarbeiterfest 2011 teilgenommen haben (vgl. Gerichtsakte Bl. 31, 127). Vom Catering-/Partyservice abgerechnet wurden 618 Portionen (vgl. Gerichtsakte Bl. 93). Hinsichtlich aller weiteren vorliegenden Unterlagen zum Mitarbeiterfest 2011 wird ergänzend Bezug genommen auf Bl. 43, 152 ff. und 195 ff. der Gerichtsakte, ferner wird auf die dem Gericht vorgelegten Behördenakten verwiesen.
14 
Mit der im Anschluss an die Einspruchsentscheidung fristgemäß erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Klage richte sich gegen die Auffassung, dass der Einspruch gegen den Nachforderungsbescheid wegen verspäteter Einlegung unzulässig und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren sei. Nach Maßgabe der neueren BFH-Rechtsprechung zur lohnsteuerlichen Behandlung bei Betriebsveranstaltungen sei die Klage begründet.
15 
Das Finanzamt Y habe versäumt, seiner Pflicht zur unverzüglichen Weiterleitung des Einspruchsschreibens an das beklagte Finanzamt nachzukommen. Nach § 357 Abs. 2 Satz 4 der Abgabenordnung (AO) sei das Anbringen eines Einspruchs bei der unrichtigen Behörde unschädlich, sofern der Einspruch innerhalb der Rechtsbehelfsfrist der richtigen Behörde übermittelt werde. Bei der Übermittlung des Einspruchs an die richtige Behörde sei die den Einspruch erhaltende Behörde an gewisse zeitliche Vorgaben gebunden. Es liege ausdrücklich nicht in ihrem freien Ermessen, wann der Einspruch an die richtige Behörde zu übermitteln sei. Gemäß dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) habe die erhaltende Behörde den Einspruch unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten, sofern sie leicht und einwandfrei erkennen könne, dass sie für den erhaltenen Einspruch nicht zuständig sei und welche Behörde zuständig sei.
16 
Im vorliegenden Fall sei das Finanzamt Y, das mit „YY“ beginnende Steuernummern habe, die erhaltende Behörde. Das beklagte Finanzamt sei die zuständige Behörde, dieses habe mit „XX“ beginnende Steuernummern. Das Einspruchsschreiben vom 28. November 2013 führe in der Betreffzeile in größerer und fett gedruckter Schrift die Steuernummer der Klägerin (xxxxx/xxxxx) auf, die auf die alleinige und unzweifelhafte Zuständigkeit des beklagten Finanzamts hingewiesen habe. Die vom nicht zuständigen Finanzamt Y zur Ermittlung des zuständigen Finanzamts durchgeführte sog. LUNA-Abfrage (länderumfassende Namensauskunft) sei überhaupt nicht notwendig gewesen. Anhand der Steuernummer der Klägerin sei die alleinige Zuständigkeit des beklagten Finanzamts zweifelsfrei, eindeutig und ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand festzustellen gewesen. Dies hätte bereits am Tag des Posteingangs (29. November 2013) den Mitarbeitern der Poststelle, spätestens aber dem Vorsteher auffallen müssen. Eine Weiterleitung hätte bereits am Tage des Posteingangs per Post erfolgen müssen. Eine Weiterleitung durch den behördeninternen Kurierdienst sei nicht geeignet, Schreiben im ordentlichen Geschäftsgang zu transportieren, da bekanntermaßen der Kurierdienst längere Transportzeiten habe. Warum weder dem Vorsteher (grüner Strich) noch dem Sachgebietsleiter (blauer Strich) die auf das Finanzamt Z hinweisende Steuernummer aufgefallen sei, sei in keiner Weise nachvollziehbar. Wäre das Finanzamt Y seiner Pflicht zur unverzüglichen Weiterleitung des Einspruchsschreibens am 29. November 2013, spätestens jedoch am 2. Dezember 2013 (Tag der Kenntnisnahme des Sachgebietsleiters) nachgekommen, wäre das Einspruchsschreiben noch problemlos innerhalb der Rechtsbehelfsfrist bis zum 4. Dezember 2013 (bei einer Postlaufzeit von zwei Tagen) beim beklagten Finanzamt eingegangen.
17 
Die von dem beklagten Finanzamt geschilderte Handhabung der Behandlung eines eingegangenen Einspruchs entspreche auch nicht dem ordentlichen Geschäftsgang. Erkennbar fristgebundene Schriftsätze wie ein Einspruchsschreiben seien unverzüglich weiterzuleiten. Durch das unzweifelhaft schuldhafte Versäumnis des Finanzamts Y, den Einspruch unverzüglich weiterzuleiten, habe die Rechtsbehelfsfrist nicht gewahrt werden können. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei zu gewähren, der Einspruch sei ex tunc als fristgerecht und somit als zulässig zu qualifizieren. Dies gelte auch deshalb, weil die für die Klägerin tätigen Mitarbeiter ihre Tätigkeit im schweizerischen W ausübten und insofern sogar davon hätten ausgehen dürfen, dass die Bekanntgabefiktion gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 2 AO greife (Fiktion der Bekanntgabe einen Monat nach Aufgabe zur Post bei einer Übermittlung in das Ausland).
18 
Wenn das Finanzamt sich in der Einspruchsentscheidung auf diverse Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) und des BFH stütze, so sei daraus keinesfalls eine gefestigte Rechtsprechung abzuleiten. Im Wesentlichen wiesen die Urteile darauf hin, dass stets nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden sei, und zwar „mit der Erwartung einer Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang“ (Hinweis auf Beispiel des BGH-Beschlusses vom 27. Februar 2013 XII ZB 6/13, NJW 2013, 1308). Entscheide man nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles, sei eindeutig zu erkennen, dass durch die Poststelle, den Vorsteher oder den Sachgebietsleiter des Finanzamts Y die Zuständigkeit des beklagten Finanzamts anhand der Steuernummer frühzeitig hätte erkannt werden müssen und der fristgemäße Eingang des Einspruchsschreibens beim beklagten Finanzamt problemlos möglich gewesen wäre. Das Finanzamt Y habe die zeitnahe Weiterleitung schuldhaft versäumt.
19 
Auch angesichts der Vorabübersendung der Einspruchsbegründung per E-Mail vom 9. Dezember 2013 (Hinweis auf Rechtsbehelfsakte Bl. 16, vgl. Gerichtsakte Bl. 163) sei fraglich, ob die Weiterleitung des Einspruchs per Behördenkurier am 4. Dezember 2013 noch im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgt sei. Dies sei zu verneinen, weshalb der Klägerin der verspätete Eingang ihres Einspruchs nicht angelastet werden könne. Die Vorabübermittlung der Einspruchsbegründung sei wegen der Dringlichkeit des darin gestellten Antrags auf Aussetzung der Vollziehung erfolgt. Gleiches könne und müsse für einen fristbehafteten Einspruch gelten. Anstelle der Übersendung des Einspruchs per Behördenkurier wäre daher nach Ansicht der Klägerin nur der Versand per E-Mail eine Übermittlung im ordentlichen Geschäftsgang gewesen. Wäre der Einspruch noch am 4. Dezember 2013 per E-Mail weitergeleitet worden, wäre er noch innerhalb der Rechtsbehelfsfrist beim zuständigen beklagten Finanzamt eingegangen. Bestätigt sieht sich die Klägerin insoweit auch durch § 357 AO in seiner ab dem 1. August 2013 geltenden Fassung und die in dessen Absatz 1 Satz 1 gesetzlich normierte Möglichkeit der elektronischen Einspruchseinlegung, die von der Finanzverwaltung gemäß AEAO bereits zuvor anerkannt worden sei.
20 
Die Klägerin beantragt,
den Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid für 2008 bis 2011 vom 29. Oktober 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. August 2014 dahingehend zu ändern, dass der Nachforderungsbetrag für das Jahr 2008 um 15.974,11 EUR und für das Jahr 2011 um 22.006,22 EUR reduziert wird,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
21 
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise Beweis zu erheben über die Anzahl der Teilnehmer am Mitarbeiterfest 2011 und hilfsweise die Revision zuzulassen.
22 
Es hält unter Verweis auf die Einspruchsentscheidung und die dort zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung an seiner Auffassung fest, dass der Einspruch nicht fristgemäß eingegangen und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren sei. Der Einspruch sei daher zu Recht als unzulässig verworfen worden. Ursächlich für den verspäteten Eingang des Einspruchs beim zuständigen beklagten Finanzamt sei die falsche Adressierung des Einspruchsschreibens gewesen. Das Finanzamt Y treffe auch insofern kein Mitverschulden, als es das Schreiben mit der Dienstpost weitergeleitet habe. Die Vorgehensweise entspreche dem ordnungsgemäßen Geschäftsgang.
23 
Bei Sichtung der Eingangspost könne davon ausgegangen werden, dass entsprechend adressierte Schreiben auch tatsächlich für die im Adressfeld genannte Behörde bestimmt seien. Der Klagebegründung könne nicht gefolgt werden, wenn darin unterstellt werde, dass bei unzutreffender Adressierung die Steuernummer immer zutreffend angegeben werde und deshalb im vorliegenden Fall eine nähere Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des Finanzamts Y gar nicht erforderlich gewesen wäre. In der Praxis trete viel häufiger der Fall auf, dass ein Schriftstück zwar an das zutreffende Finanzamt adressiert sei, aber eine falsche Steuernummer angegeben werde. Sowohl die Poststelle als auch der Vorsteher des Finanzamts Y, denen ohnehin nicht die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit obliege, hätten daher zunächst davon ausgehen können, dass das Einspruchsschreiben tatsächlich für das Finanzamt Y bestimmt gewesen sei. Dies umso mehr deshalb, weil auch mehrere Tochterfirmen der Klägerin steuerlich beim Finanzamt Y geführt würden. Aufgrund ihrer Zuständigkeit für Lohnsteuer-Haftungsbescheide und Lohnsteuer-Nachforderungsbescheide sei die Lohnsteuer-Arbeitgeberstelle auch für die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit zuständig. Die Weiterleitung mit dem Kurierdienst habe dem ordentlichen Geschäftsgang entsprochen. Soweit auf die normalen Postlaufzeiten innerhalb Deutschlands und auf den zu erwartenden Eingang am Folgetag verwiesen werde, seien die von der Klägerin angeführten BFH-Entscheidungen nicht auf den vorliegenden Streitfall übertragbar. Jedenfalls lasse sich daraus kein Rechtssatz dahingehend ableiten, dass ein an eine unzuständige Behörde adressiertes Schriftstück umgehend mit der Deutschen Post weitergeleitet werden müsse, damit dieses innerhalb eines Tages der tatsächlich zuständigen Behörde zugehe.
24 
Die Vorschrift des § 122 AO gelte nur für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten und sei in Bezug auf die fristgerechte Einlegung eines Rechtsbehelfs nicht sinngemäß anwendbar. Unabhängig davon gehe das Finanzamt davon aus, dass die Klägerin das Schreiben in Deutschland zur Post gegeben habe, nachdem der Briefverkehr mit den deutschen Finanzämtern über die inländische Postfachanschrift abgewickelt worden sei.
25 
Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 2. September 2002 1 BvR 476/01 (BStBl II 2002, 835) bestehe für Behörden grundsätzlich die Verpflichtung, leicht und einwandfrei als fehlgeleitete fristwahrende Einspruchsschreiben erkennbare Schriftstücke im Zuge des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs ohne schuldhaftes Zögern an die zuständige Behörde weiterzuleiten. Es entspreche aber laut BGH dem ordnungsgemäßen Geschäftsgang, wenn ein solches Schreiben per Kurier im Rahmen des regelmäßigen Aktentransports an das zuständige Gericht bzw. hier die zuständige Behörde weitergeleitet werde. Eine weitergehende Verpflichtung etwa zu einer beschleunigten Weiterleitung an die zuständige Behörde oder zu einer Unterrichtung des Beteiligten oder seines Bevollmächtigten durch Telefonat oder Telefax bestehe gerade nicht. Denn ansonsten würde dem Beteiligten die Verantwortung für die Ermittlung des richtigen Adressaten fristgebundener Schriftsätze vollständig abgenommen und dem nicht empfangszuständigen Gericht bzw. der nicht empfangszuständigen Behörde übertragen. Dieser Rechtsprechung des BGH habe sich der BFH ausdrücklich angeschlossen und ergänzend darauf hingewiesen, dass das unzuständige Gericht bzw. die unzuständige Behörde auch nicht verpflichtet sei, eine eigenständige Fristberechnung zugunsten der Steuerpflichtigen vorzunehmen.
26 
Falls das erkennende Gericht zu dem Schluss gelange, dass dem Finanzamt Y eine taggleiche, fristwahrende Weiterleitung an das zuständige beklagte Finanzamt per Fax oder ein telefonischer Hinweis an die Klägerin zumutbar gewesen sei und dies die Ursächlichkeit der fehlerhaften Adressierung des Einspruchsschreibens durch die Klägerin so weit überlagere, dass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei, stehe dies im eindeutigen Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH und des BFH (Hinweise insbesondere auf die jüngsten Beschlüsse des BFH vom 18. August 2014 III B 16/14, BFH/NV 2015, 42 und des BGH vom 27. Juli 2016 XII ZB 203/15, NJW-RR 2016, 1340 und vom 25. Januar 2017 XII ZB 504/15, NJW-RR 2017, 386 sowie ergänzend auf den Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG vom 3. Januar 2001 1 BvR 2147/00, NJW 2001, 1343). Nach der zuletzt genannten verfassungsgerichtlichen Entscheidung zu einem zivilgerichtlichen Ausgangsverfahren würden die Anforderungen an die richterliche Fürsorgepflicht überspannt, wenn den Parteien und ihren Prozessbevollmächtigten die Verantwortung für die Einhaltung der Formalien vollständig abgenommen und den unzuständigen Gerichten übertragen würden. Es bestehe von Verfassungs wegen für ein im vorausgegangenen Rechtszug mit der Sache befasstes Gericht und damit erst recht für das im Berufungsverfahren erstmals zuständige Gericht keine Verpflichtung, die Partei oder ihre Prozessbevollmächtigten innerhalb der Berufungsfrist durch Telefonat oder Telefax von der Einreichung der Berufung beim unzuständigen Gericht zu unterrichten. Diese Grundsätze gelten nach Auffassung des Finanzamts entsprechend auch für das außergerichtliche finanzbehördliche Rechtsbehelfsverfahren.
27 
Der Berichterstatter führte mit den Beteiligten am 13. September 2016 einen Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstands durch (Protokoll siehe Gerichtsakte Bl. 109 ff.). Er wies insbesondere darauf hin, dass sich dann, wenn man die vom Finanzamt gewählte Form der Weiterleitung als nicht entscheidend für die Fristwahrung bzw. für die „Unschädlichkeit“ im Sinne des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO ansehen wollte, darüber nachdenken ließe, ob im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (vgl. § 85 Satz 1 AO und Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes -GG-) und vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG das Tatbestandsmerkmal „übermittelt wird“ statt bezogen auf den Zeitpunkt des Eingangs bei der zuständigen Behörde als auf den Zeitpunkt der Absendung des Einspruchs durch die unzuständige Behörde bezogen ausgelegt werden könnte.
28 
Am 16. März 2017 fasste der Senat einen Beweisbeschluss (Gerichtsakte Bl. 152 ff.), auf dessen Grundlage in der mündlichen Verhandlung die Zeugen P und W vernommen wurden. Hinsichtlich des Verhandlungsprotokolls wird auf Bl. 200 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen (mit CD der Zeugenaussagen).
29 
Dem Gericht liegen die Akten des Finanzamts vor (Rechtsbehelfsakten, Lohnsteuerprüfungsakten, Prüfer-Handakten). Die Prozessbevollmächtigte hat antragsgemäß Akteneinsicht erhalten.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die zulässige Klage ist begründet. Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist die Klage nicht schon deshalb unbegründet, weil die Klägerin einerseits die Einspruchsfrist versäumt hat und ihr andererseits Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden kann. Vielmehr blieb die Anbringung des Einspruchs bei dem örtlich unzuständigen Finanzamt Y nach § 357 Abs. 2 Satz 4 AO verfahrensrechtlich unschädlich, weil er dem beklagten Finanzamt als der zuständigen Behörde noch vor Ablauf der Einspruchsfrist im Sinne der Vorschrift übermittelt wurde; auf die Frage der Wiedereinsetzung gemäß § 110 AO kommt es nicht mehr an (1). Materiell ist der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur sog. 110-EUR-Freigrenze bei Betriebsveranstaltungen in vollem Umfang begründet (2).
31 
1. a) Die für den Streitfall relevanten Rechtsgrundsätze sind in weiten Teilen geklärt, nach Auffassung des erkennenden Senats nicht jedoch in (mindestens) einem für die Entscheidung erheblichen Punkt, nämlich der Auslegung des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO.
32 
aa) Gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 AO ist der Einspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt nach § 122 Abs. 2 AO als bekannt gegeben bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post (Nr. 1) und bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post (Nr. 2), außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
33 
Die Monatsfrist für die Einspruchseinlegung beginnt nach § 356 Abs. 1 Satz 1 AO nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei (§ 356 Abs. 1 Satz 2 AO).
34 
Weitere Verfahrensvorschriften zur Einlegung des Einspruchs sind in § 357 AO normiert. Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären (Satz 1). Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat (Satz 2), eine unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht (Satz 3, früher Satz 4). Die in § 357 Abs. 1 Satz 3 AO in ihrer bis zum 31. Dezember 2016 gültigen Fassung noch erwähnte Zulässigkeit der Einspruchseinlegung durch Telegramm wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18. Juli 2016 (BGBl I S. 1679) mit Wirkung ab dem 1. Januar 2017 aufgehoben (vgl. zum betreffenden Gesetzentwurf BTDrucks 18/7457, S. 91 zu Nr. 45, wonach Telegramme in der Verwaltungspraxis ihre praktische Bedeutung verloren haben dürften und daher auf die bisherige ohnehin lediglich klarstellende Aussage, dass auch eine Einspruchseinlegung durch Telegramm zulässig sei, verzichtet werden könne).
35 
Durch § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in seiner seit dem 1. August 2013 gültigen Fassung wird im Gesetz ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, den Einspruch auf elektronischem Wege einzureichen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 13. Mai 2015 III R 26/14, BStBl II 2015, 790). Die explizite Erwähnung der elektronischen Einlegung wurde durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013 (BGBl I S. 2749) eingeführt. In der Begründung zum diesbezüglichen Gesetzentwurf (BTDrucks 17/11473, S. 52 zu Nr. 4) wird zu § 357 Abs. 1 Satz 2 AO erläutert, die Neufassung berücksichtige nunmehr auch im Wortlaut der Vorschrift die Möglichkeit der elektronischen Einspruchseinlegung. Die Ergänzung in § 357 Abs. 1 Satz 1 („oder elektronisch“) stelle klar, dass unter der Voraussetzung der Zugangseröffnung (§ 87a Abs. 1 AO) ein Einspruch auch elektronisch ohne qualifizierte elektronische Signatur eingelegt werden könne. Eine Rechtsänderung sei hiermit nicht verbunden, da es im Geltungsbereich der AO bereits der Erlasslage entsprochen habe, dass der Einspruch auch elektronisch ohne qualifizierte elektronische Signatur eingelegt werden könne (Hinweis auf Nummer 1 Satz 2 des damaligen AEAO zu § 357 AO). Die bisherige Erlasslage zur AO habe sich bewährt und werde daher kodifiziert.
36 
Nach § 357 Abs. 2 Satz 1 AO ist der Einspruch im Normalfall bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Sonderfälle werden in § 357 Abs. 2 Sätze 2 und 3 AO geregelt. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden (Satz 2). Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden (Satz 3). Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist gemäß § 357 Abs. 2 Satz 4 AO unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.
37 
Unter den in § 110 AO genannten Voraussetzungen ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.
38 
bb) Nach der Rechtsprechung des BVerfG gebietet die Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes durch Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung der die Einlegung von Rechtsbehelfen regelnden Vorschriften, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. dazu den stattgebenden Kammerbeschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. September 2002 1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835 mit Verweis auf BVerfGE 77, 275 <284>; 78, 88 <99>, den Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG vom 23. Juni 2000 1 BvR 830/00, NVwZ 2000, 1163 und den stattgebenden Kammerbeschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG vom 31. Juli 2001 1 BvR 1061/00, NVwZ 2001, 1392; vgl. auch das dem in BStBl II 2002, 835 veröffentlichten Beschluss des BVerfG vorgehende Urteil des VII. BFH-Senats vom 19. Dezember 2000 VII R 7/99, BStBl II 2001, 158 und das diesem Beschluss nachfolgende Urteil des VII. BFH-Senats vom 22. Oktober 2002 VII R 53/02, juris). Dem Richter ist es verwehrt, durch übermäßig strenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften den Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar zu verkürzen (vgl. BVerfGE 84, 366 <369 f.> und BVerfG in BStBl II 2002, 835). Dies hat der Richter auch bei der Prüfung, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, zu berücksichtigen, weshalb die Anforderungen an das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den hierfür maßgeblichen Vorschriften nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG in BStBl II 2002, 835). Im Zweifel verdient diejenige Interpretation eines Gesetzes den Vorzug, die dem Bürger den Zugang zu den Gerichten eröffnet (vgl. BVerfGE 15, 275 <281 f.> und BVerfG in BStBl II 2002, 835).bb) Nach der Rechtsprechung des BVerfG gebietet die Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes durch Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung der die Einlegung von Rechtsbehelfen regelnden Vorschriften, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. dazu den stattgebenden Kammerbeschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. September 2002 1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835 mit Verweis auf BVerfGE 77, 275 <284>; 78, 88 <99>, den Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG vom 23. Juni 2000 1 BvR 830/00, NVwZ 2000, 1163 und den stattgebenden Kammerbeschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG vom 31. Juli 2001 1 BvR 1061/00, NVwZ 2001, 1392; vgl. auch das dem in BStBl II 2002, 835 veröffentlichten Beschluss des BVerfG vorgehende Urteil des VII. BFH-Senats vom 19. Dezember 2000 VII R 7/99, BStBl II 2001, 158 und das diesem Beschluss nachfolgende Urteil des VII. BFH-Senats vom 22. Oktober 2002 VII R 53/02, juris). Dem Richter ist es verwehrt, durch übermäßig strenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften den Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar zu verkürzen (vgl. BVerfGE 84, 366 <369 f.> und BVerfG in BStBl II 2002, 835). Dies hat der Richter auch bei der Prüfung, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, zu berücksichtigen, weshalb die Anforderungen an das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den hierfür maßgeblichen Vorschriften nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG in BStBl II 2002, 835). Im Zweifel verdient diejenige Interpretation eines Gesetzes den Vorzug, die dem Bürger den Zugang zu den Gerichten eröffnet (vgl. BVerfGE 15, 275 <281 f.> und BVerfG in BStBl II 2002, 835).
39 
cc) Die Finanzverwaltung hat den stattgebenden Kammerbeschluss des BVerfG vom 2. September 2002 (BStBl II 2002, 835) in die Verwaltungsanweisungen zur Anwendung der Abgabenordnung übernommen. Ziffer 2 des AEAO zu § 357 AO lautet:
40 
„Nach § 357 Abs. 2 Satz 4 AO genügt die Einlegung des Einspruchs bei einer unzuständigen Behörde, sofern der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach § 357 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 AO angebracht werden kann; der Steuerpflichtige trägt jedoch das Risiko der rechtzeitigen Übermittlung. Kann eine Behörde leicht und einwandfrei erkennen, dass sie für einen bei ihr eingegangenen Einspruch nicht und welche Finanzbehörde zuständig ist, hat sie diesen Einspruch unverzüglich an die zuständige Finanzbehörde weiterzuleiten. Geschieht dies nicht und wird dadurch die Einspruchsfrist versäumt, kommt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) in Betracht (BVerfG-Beschluss vom 2.9.2002, 1 BvR 476/01, BStBl II S. 835).“
41 
b) Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Klage hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags in vollem Umfang begründet. Der Senat gelangt zu der Stattgabe deshalb, weil er die Anbringung des Einspruchs beim unzuständigen Finanzamt Y unter den Umständen des Streitfalls (unzweifelhafte Weiterleitung bzw. Absendung durch das Finanzamt Y am letzten Tag der Einspruchsfrist) gemäß § 357 Abs. 2 Satz 4 AO als unschädlich beurteilt (aa). Die Frage, ob der Klägerin andernfalls - nämlich bei angenommener Verfristung ihres Einspruchs und trotz ihres insoweit nicht in Abrede zu stellenden Verschuldens - unter den gegebenen besonderen Umständen des Einzelfalls gemäß § 110 AO in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG aus verfassungsrechtlichen Gründen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre, kann dahinstehen (bb), auch auf weitere Fragen kommt es nicht mehr an (cc und dd). Die 110-EUR-Freigrenze wurde nach der Überzeugung des erkennenden Senats beim Mitarbeiterfest 2011 eingehalten (näher dazu unten 2).
42 
aa) Aufgrund der am letzten Tag der Einspruchsfrist von der Zeugin vorgenommenen Übermittlung des Einspruchsschreibens an das zuständige beklagte Finanzamt wurde die Einspruchsfrist gemäß der „Unschädlichkeitsklausel“ des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO gewahrt. Übermittelt wird ein Einspruch vom unzuständigen an das zuständige Finanzamt nach Wortlaut, Sinn und Zweck und vor dem Hintergrund der im Grundgesetz verankerten Garantie des effektiven Rechtsschutzes nicht erst im Zeitpunkt des Übermittlungserfolgs (Eingang beim zuständigen Finanzamt), sondern bereits im Zeitpunkt der Vornahme der Übermittlungshandlung (Absenden durch das unzuständige Finanzamt an das zuständige Finanzamt).
43 
(1) Der Nachforderungsbescheid vom 29. Oktober 2013 wurde ausweislich der Akten des beklagten Finanzamts von diesem am Dienstag, den 29. Oktober 2013 (Datum des Bescheids) abgesandt. Die Einspruchsfrist beträgt im Streitfall einen Monat und lief am 4. Dezember 2013 ab.
44 
In der Rechtsprechung des BFH ist für den Bereich des Steuerrechts seit dem Urteil vom 14. Oktober 2003 IX R 68/98 (BStBl II 2003, 898) anerkannt, dass die Dreitagesfrist nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO in den Fällen des § 108 Abs. 3 AO verlängert wird (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Mai 2014 III B 85/13, BFH/NV 2014, 1186, mit Hinweis auf die BFH-Urteile vom 4. November 2003 IX R 4/01, BFH/NV 2004, 159, vom 17. Dezember 2003 I R 4/03, BFH/NV 2004, 758, vom 6. Oktober 2004 IX R 60/03, BFH/NV 2005, 327, vom 11. März 2004 VII R 13/03, BFH/NV 2004, 1065, und vom 19. November 2009 IV R 89/06, BFH/NV 2010, 818 sowie die BFH-Beschlüsse vom 30. November 2006 XI B 13/06, BFH/NV 2007, 389 und vom 5. August 2011 III B 76/11, BFH/NV 2011, 1845).
45 
Die Beteiligten gehen hiernach in zutreffender Weise davon aus, dass die Frist für die Einlegung des Einspruchs erst am 4. Dezember 2013 ablief. Wegen des Feiertags am 1. November 2013 (Freitag), dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post, und wegen des Wochenendes vom 2./3. November 2013 war Tag der Bekanntgabe gemäß §§ 122 Abs. 2 Nr. 1, 108 Abs. 3 AO erst der Montag, der 4. November 2013. Aufgrund des Inlandspostfachs der Klägerin waren die Voraussetzungen einer Auslandsbekanntgabe (§ 122 Abs. 2 Nr. 2 AO) trotz der Auslandsansässigkeit der Klägerin nicht erfüllt. Da die Klägerin auch keinen späteren tatsächlichen Zugang dargelegt hat (vgl. § 122 Abs. 2 AO), endete die einmonatige Einspruchsfrist ausgehend vom Fristbeginn am Dienstag, den 5. November 2013 0:00 Uhr gemäß § 355 Abs. 1 AO in Verbindung mit den §§ 122 Abs. 2 Nr. 1, 108 Abs. 1, 3 AO und den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) am Mittwoch, den 4. Dezember 2013, 24:00 Uhr.
46 
(2) Der versehentlich an den falschen Adressaten gerichtete Einspruch ging zwar schon am Freitag, den 29. November 2013 beim unzuständigen Finanzamt Y ein, ferner ging auch die Einspruchsbegründung ebenfalls noch innerhalb der Monatsfrist am Mittwoch, den 4. Dezember 2013 beim unzuständigen Finanzamt Y ein. Dies allein vermag die Einspruchsfrist nach § 357 Abs. 2 AO jedoch nicht zu wahren. Denn beim Finanzamt Y handelt es sich weder um die erlassende Behörde im Sinne des § 357 Abs. 2 Satz 1 AO, deren Bescheid die Klägerin angefochten hat, noch konnte die Klägerin ihr Einspruchsschreiben vom 28. November 2013 gemäß § 357 Abs. 2 Sätze 2 und 3 AO beim Finanzamt Y anbringen. Die Anbringung war vielmehr nur beim beklagten Finanzamt möglich.
47 
Von entscheidender Bedeutung für die Wahrung der Einspruchsfrist ist daher § 357 Abs. 2 Satz 4 AO. Danach ist die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde dann unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann. Im Streitfall hat das unzuständige Finanzamt Y das Einspruchsschreiben am 4. Dezember 2013 und damit noch vor Ablauf der Einspruchsfrist an das zuständige beklagte Finanzamt übermittelt.
48 
Der erkennende Senat übersieht nicht, dass das Prädikat des Konditionalsatzes („übermittelt wird“) in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und im steuerrechtlichen Schrifttum bisher, wenn es überhaupt interpretiert wurde, im Sinne des Zeitpunkts des Zugangs des Einspruchsschreibens bei der zuständigen Behörde verstanden wurde (vgl. das Urteil des FG Hamburg vom 5. Mai 2006 2 K 92/05, juris, in dem die Auslegungsfrage in einem Fall mit Eingang des Einspruchs bei der zuständigen Finanzbehörde einen Tag nach Ablauf der Einspruchsfrist trotz Entscheidungserheblichkeit nicht behandelt wurde und die Norm des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO unerwähnt geblieben ist; vgl. auch das Urteil des FG München vom 19. Oktober 2005 1 K 2894/05, juris und aus dem Schrifttum Bartone in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 357 AO, Rn. 41, Klein/Rätke, AO, 13. Aufl. 2016, § 357 Rz. 21, Keß in Schwarz/Pahlke, AO, § 357 Rz. 64 und Szymczak in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 357 Rn. 11; etwas unklarer Szymczak, eKomm, § 357 AO, Rz. 11: „unschädlich, wenn diese Behörde den Einspruch bis zum Ablauf der Einspruchsfrist an die zuständige Finanzbehörde … weiterleitet. Im Gegensatz zu den Fällen des § 357 Abs. 2 Satz 2 und 3 AO trägt somit der Einspruchsführer das Risiko der rechtzeitigen Weiterleitung.“; mit Blick auf die Fallkonstellation des vorliegenden Streitfalls ebenfalls nicht ganz klar Siegers in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 357 AO, Rn. 38, wo ausgeführt wird, wenn der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist von der unzuständigen Behörde an eine der Behörden, bei denen ein Einspruch fristwahrend angebracht werden kann, gelange, wahre dies die Rechtsbehelfsfrist „nicht nur dann, wenn der Rechtsbehelf vor Fristablauf der zur Entscheidung berufenen Behörde zugeht, sondern auch, wenn er der Finanzbehörde, deren VA angefochten wird bzw. von der der Erlass eines VA begehrt wird, oder einer „Notadresse“ übermittelt wird (Absatz 2 Satz 4)“). Festzustellen ist zudem, dass im Schrifttum nicht selten nur der Gesetzeswortlaut des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO wiedergegeben wird (vgl. zum Beispiel Hardtke in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 20. Auflage 2011, § 357 AO, Rn. 11, Hettler, Das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren nach der Abgabenordnung, 1999, S. 71, Koenig/Cöster, AO, § 357 Rn. 26 und Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 357 AO, Rn. 26). Hinzu kommt, dass es in den meisten Fällen, die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen zugrunde lagen, anders als in den vorstehend zitierten Urteilen des FG Hamburg und des FG München nicht auf die Frage ankam, ob der Einspruch der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist von der unzuständigen Behörde abgesandt worden war oder aber bereits bei der zuständigen Behörde angekommen war.
49 
(3) Nach Auffassung des erkennenden Senats hat das unzuständige Finanzamt Y den Einspruch im Streitfall im Sinne des Gesetzes bereits am 4. Dezember 2013 an das zuständige beklagte Finanzamt „übermittelt“. Übermittelt wird ein Einspruch nämlich nicht erst bei Eintritt des Übermittlungserfolgs (Eingang bei der zuständigen Behörde), sondern nach Wortlaut, Historie, Systematik und Zweck der Vorschrift sowie jedenfalls bei verfassungskonformer Auslegung bereits bei Vornahme der Übermittlungshandlung (Absendung durch die unzuständige Behörde).
50 
(a) Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „übermittelt wird“ ist wie bei jeder Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift zunächst vom Wortlaut der Norm auszugehen. Übermitteln bedeutet nach dem Wortlautverständnis des Senats „bewirken, dass Informationen zu jemandem gelangen“. Im Duden Online-Wörterbuch wird die Bedeutung von „übermitteln“ wie folgt beschrieben: „(mithilfe von etwas) zukommen, an jemanden gelangen lassen; (als Mittler) überbringen“. Der Wortlaut erscheint im Hinblick auf die Frage, ob in § 357 Abs. 2 Satz 4 AO die Übermittlungshandlung oder aber der Übermittlungserfolg in Bezug genommen werden soll, in dem Sinne nicht ganz eindeutig, dass die Grenzen des Wortlauts wohl beide Auslegungsvarianten einschließen. Gleichwohl tendiert der erkennende Senat nach dem Wortlaut der Vorschrift zu dem Verständnis, dass ein Einspruch bereits dann übermittelt wird, wenn er von der weiterleitenden Behörde abgesandt wird, d.h. die Übermittlungshandlung vollzogen wird.
51 
(b) Die Historie des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO führt gleichfalls zu keinem ganz eindeutigen Ergebnis. Erwähnenswert erscheint insofern § 249 Abs. 3 der Reichsabgabenordnung (RAO). Die Sätze 4 und 5 dieser Vorschrift lauteten: „Das Rechtsmittel ist in den Fällen der Sätze 2 und 3 der zuständigen Stelle zu übermitteln. Die schriftliche Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn das Rechtsmittel rechtzeitig der zur Entscheidung berufenen Stelle oder einer für eine frühere Rechtsstufe zuständigen Behörde übermittelt wird.“. Das Tatbestandsmerkmal „übermittelt wird“ war in § 249 Abs. 3 Satz 5 RAO ebenso enthalten wie in § 357 Abs. 2 Satz 4 AO, so dass sich schon damals das hier zu behandelnde Auslegungsproblem stellte. Verglichen mit „vor Ablauf der Einspruchsfrist“ noch etwas unpräziser gefasst war das Tatbestandsmerkmal „rechtzeitig“, ohne dass ein Bedeutungsunterschied bestanden hätte.
52 
§ 249 Abs. 3 Satz 4 RAO wurde sodann in die Abgabenordnung 1977 übernommen. § 357 Abs. 2 Satz 4 AO 1977 in seiner Fassung bis zum 31. Dezember 1995 lautete: „Der Rechtsbehelf ist in den Fällen der Sätze 2 und 3 der zuständigen Finanzbehörde zu übermitteln.“ Die frühere Fassung des Satzes 4 (§ 249 Abs. 3 RAO und § 357 Abs. 2 AO 1977) deutet eher auf eine Auslegung des Übermittelns im Sinne des Weiterleitens bzw. der Übermittlungshandlung hin (vgl. Keßin Schwarz/Pahlke, AO, § 357 Rz. 3 zum gestrichenen § 357 Abs. 2 S. 4 AO a.F., „wonach der bei dem FA des Folgebescheids eingelegte Rechtsbehelf gegen einen Grundlagenbescheid an die zuständige Finanzbehörde weiterzuleiten war“). Der Satz 4 des § 357 Abs. 2 AO 1977 wurde allerdings mit Wirkung ab dem 1. Januar 1996 aus dem Gesetz genommen, so dass der vorherige Satz 5 an dessen Stelle trat (vgl. Gesetz zur einkommensteuerlichen Entlastung von Grenzpendlern und anderen beschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen und zur Änderung anderer gesetzlicher Vorschriften - Grenzpendlergesetz - vom 24. Juni 1994, BGBl I S. 1395 <1400, 1405>; vgl. dazu BTDrucks 12/7427, S. 32 und 12/6959, S. 124 und 130, wo die Änderungen der §§ 355, 357 AO als „redaktionelle Änderungen“ beschrieben wurden).
53 
(c) Zu einem klareren Auslegungsergebnis führt demgegenüber die Systematik des Gesetzes (zum Begriff des Übermittelns vgl. die §§ 72a, 80a, 87a, 87b, 87d, 93a, 93c, 117, 117a, 117b, 117c, 122, 123, 138a, 139b, 150, 175b, 344, 383b AO) und vor allem die Systematik der §§ 355, 357 AO. Sie spricht für die Auslegung von „vor Ablauf der Einspruchsfrist … übermittelt wird“ im Sinne der Vornahme der Übermittlungshandlung durch die unzuständige Behörde vor Ablauf der Einspruchsfrist, ungeachtet des Zeitpunkts des späteren Eingangs des weitergeleiteten Einspruchs bei der zuständigen Behörde. Denn andernfalls entbehrte § 357 Abs. 2 Satz 4 AO insofern einer Regelungsnotwendigkeit, als der fristgemäße Eingang des Einspruchsschreibens bei der zuständigen Behörde schon nach der Grundnorm des § 355 Abs. 1 AO unproblematisch ist. Warum das Gesetz für einen ohnehin unproblematischen Fall ausdrücklich gesondert anordnen sollte, dass es „unschädlich“ ist, wenn der weitergeleitete Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist bei der zuständigen Behörde eingeht, würde sich im Normgefüge nicht erschließen. Dass ein innerhalb einer gesetzlichen Frist bei der zutreffenden Instanz eingehender Rechtsbehelf im Hinblick auf die Einhaltung der Rechtsbehelfsfrist „unschädlich“ ist, bedürfte keiner Regelung, weil sich dies denknotwendig von selbst versteht. Wäre „übermittelt wird“ also im Sinne des Eintritts des Übermittlungserfolgs auszulegen, würde § 357 Abs. 2 Satz 4 AO ohne Grund eines eigenständigen Regelungsbereichs beraubt, den er nach dem Wortlaut der Vorschrift haben kann und nach seinem Zweck unter Berücksichtigung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz auch haben sollte.
54 
Die Existenz des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO ergibt nur dann einen wirklichen Sinn, wenn für das Tatbestandsmerkmal „übermittelt wird“ genügt, dass der falsch angebrachte Einspruch von der unzuständigen Behörde, die ihn erhalten hat, im Sinne des Auf-den-Weg-Bringens bzw. des Absendens „weitergeleitet wird“. Zweck des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO ist es, den sich an eine nach dem Gesetz (§ 357 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 AO) ungeeignete Behörde wendenden Steuerpflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen von den Folgen der Verfristung seines Einspruchs zu verschonen. Dies ist im Normkontext der §§ 355 ff., 110 AO insbesondere auch vor dem Hintergrund des Umstands zu sehen, dass einem - entgegen einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung (vgl. andernfalls § 356 Abs. 2 AO) - bei einer unzuständigen Behörde angebrachten Einspruch regelmäßig ein Sorgfaltsverstoß des Einspruchsführers zugrunde liegt mit der Folge, dass selbst bei leichter Fahrlässigkeit ein die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich sperrendes Verschulden im Sinne des § 110 AO gegeben ist (vgl. dazu nur den BVerfG-Beschluss in BStBl II 2002, 835).
55 
(d) Im Rahmen der systematisch-teleologischen Auslegung des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO ist schließlich ein Aspekt zu bedenken, der im vorliegenden Streitfall besonders deutlich wird und der sich anhand dessen sehr gut beschreiben lässt. Dieser Aspekt betrifft die Frage, wie die unzuständige Behörde, die ihre eigene Unzuständigkeit erkannt hat und zugleich positive Kenntnis von der zuständigen Behörde, dem Vorliegen eines Einspruchs und dessen Fristgebundenheit hat, mit diesem Wissen umgeht. Dies wiederum betrifft vor allen Dingen die Frage, wie sie ihrer durch Verwaltungsanweisung (vgl. AEAO zu § 357 AO, Ziff. 2) festgelegten Verpflichtung zur unverzüglichen Weiterleitung des Einspruchs nachkommt. Angesichts der erheblich divergierenden Konsequenzen der Fristwahrung einerseits bzw. der Fristversäumnis andererseits kann es für betroffene Einspruchsführer hierauf entscheidend ankommen. Legt man „übermittelt wird“ im Sinne der Übermittlungshandlung aus, so genügt für die Steuerpflichtigen das unverzügliche „Ob der Weiterleitung“, auf das „Wie der Weiterleitung“ (per Briefpost bzw. per Behördenkurier oder - gemessen an der vom Finanzamt angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH und des BGH möglicherweise überobligationsmäßig - per Fax bzw. per E-Mail mit pdf-Anlage) kommt es für die Unschädlichkeit im Sinne des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO nicht mehr an. Eben dies erscheint im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (vgl. § 85 Satz 1 AO und Art. 3 Abs. 1 GG) aus rechtlichen wie auch aus praktischen Gründen vorzugswürdig. Ansonsten nämlich würde in Fällen wie dem vorliegenden nur ein „glücklicher“ Steuerpflichtiger von der Unschädlichkeit gemäß § 357 Abs. 2 Satz 4 AO profitieren können, bei dem die unzuständige Finanzbehörde möglicherweise überobligationsmäßig, wenn auch im Interesse effektiven Rechtsschutzes handelnd, bewirkt, dass der fehlerhaft angebrachte Einspruch beschleunigt und bei Bedarf sogar taggleich in den Machtbereich der zuständigen Behörde gelangt. Sinnvollerweise sollte es auf derartiges im Leben eher zufällig verteiltes Glück oder Pech eines Steuerpflichtigen im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht ankommen.
56 
(e) Für die hier vertretene Auslegung spricht hilfsweise auch das Argument verfassungskonformer Auslegung. Wie in den oben dargelegten Rechtsgrundsätzen ausgeführt, verdient nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 19 Abs. 4 GG im Zweifel diejenige Interpretation eines Gesetzes den Vorzug, die dem Bürger den Zugang zu den Gerichten eröffnet (vgl. BVerfGE 15, 275 <281 f.> und BVerfG in BStBl II 2002, 835). Ginge man also davon aus, dass die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „übermittelt wird“ Zweifeln begegnet, spräche die Auslegung des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO im Lichte des in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantierten Gebots effektiven Rechtsschutzes dafür, derjenigen Auslegung den Vorzug zu geben, die zur Fristwahrung und damit zur Zulässigkeit eines eingelegten Rechtsbehelfs führt.
57 
(f) Wertungsmäßig spricht auch die ihrerseits im Interesse effektiven Rechtsschutzes stehende Vorschrift des § 89 AO für das vom Senat als vorzugswürdig angesehene Auslegungsergebnis. Danach „soll“ die Finanzbehörde die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Eine Finanzbehörde, die - wie hier - ihre eigene Unzuständigkeit erkannt hat, positive Kenntnis von der zuständigen Behörde, dem Vorliegen eines Einspruchs und dessen Fristgebundenheit hat, könnte den Einspruchsführer eines falsch angebrachten Einspruchs bei bekannten Kontaktdaten - wie etwa im vorliegenden Streitfall aus dem Einspruchsschreiben ersichtlich - auf diversen einfachen Wegen (beispielsweise per Telefon, Fax oder E-Mail), wenn auch möglicherweise überobligationsmäßig, über das erkennbare und erkannte Versehen informieren und so die Möglichkeit einer taggleichen Einspruchsanbringung bei der zuständigen Finanzbehörde durch den Einspruchsführer selbst eröffnen. In der finanzgerichtlichen Praxis ist indes zu beobachten, dass es erheblich wahrscheinlicher ist, dass - wie im Streitfall geschehen - Finanzbeamte eines Finanzamts telefonisch oder per E-Mail Finanzbeamte eines anderen Finanzamts kontaktieren, als dass sie auf eben diesem Weg mit Steuerpflichtigen oder ihren steuerlichen Beratern in Kontakt treten. Ausnahmen mögen auch hier die Regel bestätigen, von der ausgehend sich der erkennende Senat allerdings in seinem Auslegungsergebnis bestärkt sieht. Denn es erscheint sachlich nicht gerechtfertigt, Steuerpflichtige je nach der dem grundrechtlich geschützten Anspruch auf effektiven Rechtsschutzes dienenden „Kontaktfreudigkeit“ der im Einzelfall handelnden Finanzbeamten unterschiedlich zu behandeln. Durch die hier vertretene Auslegung des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO wird eine wünschenswerte und auch aus verfassungsrechtlichen Gründen vorzugswürdige Gleichbehandlung bewirkt.
58 
(g) Erwähnt sei an dieser Stelle schließlich noch, dass die Auffassung des erkennenden Senats nicht im Widerspruch zu der Aussage steht, dass der Steuerpflichtige das Risiko der rechtzeitigen Übermittlung trägt (vgl. AEAO zu § 357 AO, Ziffer 2, Hardtke in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 20. Auflage 2011, § 357 AO, Rn. 11, Hettler, a.a.O., S. 71, Koenig/Cöster, AO, § 357 Rn. 26 und Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 357 AO, Rn. 26). Bei der Auslegung als „Bewirken der Übermittlung durch Weiterleitung“ bzw. als „Vornahme der Übermittlungshandlung“ trägt der Steuerpflichtige nämlich insoweit unverändert das Risiko der rechtzeitigen Übermittlung. Ungeachtet eher theoretischer Fälle der bewusst bzw. willkürlich verzögerten oder unterlassenen Weiterleitung, die gegebenenfalls über § 110 AO lösbar sind (vgl. BVerfG in BStBl II 2002, 835 zu solchen Fällen „willkürlichen, offenkundig nachlässigen und nachgewiesenen Fehlverhaltens“; vgl. auch Klein/Rätke, § 357 AO, Rz. 21 und Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 357 AO Rn. 2), lassen sich die praxistypischeren Fälle, zu denen der vorliegende Streitfall zu rechnen ist, über die „Unschädlichkeit“ gemäß § 357 Abs. 2 Satz 4 AO in angemessener Weise lösen.
59 
bb) Da das Finanzamt Y den Einspruch der Klägerin vor Ablauf der Einspruchsfrist, nämlich am letzten Tag vor Fristablauf am 4. Dezember 2013 an das zuständige beklagte Finanzamt übermittelt hat, blieb die Anbringung beim unzuständigen Finanzamt nach alledem im Streitfall zu Gunsten der Klägerin gemäß § 357 Abs. 2 Satz 4 AO unschädlich. Auf die Frage, wie die Vorschrift zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG mit Blick auf den konkreten Einzelfall andernfalls auszulegen wäre, muss nicht mehr eingegangen werden. Dies gilt auch für die vom Finanzamt zitierten Entscheidungen des BGH und des BFH.
60 
cc) Offenbleiben kann ferner die Frage, ob und gegebenenfalls welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, dass in der Rechtsbehelfsbelehrung des mit der Klage angegriffenen Nachforderungsbescheids vom 29. Oktober 2013 aufgrund eines Versehens des beklagten Finanzamts noch nicht auf die durch § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in seiner seit dem 1. August 2013 gültigen Fassung nunmehr auch gesetzlich ausdrücklich eröffnete Möglichkeit, den Einspruch auf elektronischem Wege einzureichen (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 2015, 790 und vom 18. Juni 2015 IV R 18/13, BFH/NV 2015, 1349), hingewiesen worden war (vgl. Gerichtsakte Bl. 33 R. unten).
61 
Die Rechtsbehelfsbelehrung muss dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz Rechnung tragen (vgl. nur BFH-Urteil vom 20. November 2013 X R 2/12, BStBl II 2014, 236 mit Verweis auf das BFH-Urteil vom 7. März 2006 X R 18/05, BStBl II 2006, 455 und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie auf Art. 19 Abs. 4 GG). In der bisherigen Rechtsprechung wurde eine Wiedergabe des Gesetzeswortlauts in der Rechtsbehelfsbelehrung für hinreichend und ein expliziter Hinweis auf die Möglichkeit der elektronischen Einlegung zur Vermeidung einer unrichtigen Belehrung nicht für erforderlich erachtet (vgl. die Entscheidungen des BFH vom 2. Februar 2010 III B 20/09, BFH/NV 2010, 830, vom 12. Oktober 2012 III B 66/12, BFH/NV 2013, 177, vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BStBl II 2013, 272, in BStBl II 2014, 236, vom 5. März 2014 VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010, vom 18. März 2014 VIII R 33/12, BStBl II 2014, 922, vom 28. April 2015 VI R 65/13, BFH/NV 2015, 1074, in BFH/NV 2015, 1349 und vom 10. November 2016 X B 85/16, BFH/NV 2017, 261). Vor diesem Hintergrund wird nunmehr allerdings die Auffassung vertreten, dass es infolge der seit dem 1. August 2013 in § 357 Abs. 1 Satz 1 AO normierten Möglichkeit elektronischer Einspruchseinlegung erforderlich sein dürfte, hierauf in der Rechtsbehelfsbelehrung hinzuweisen (so Szymczak, eKomm, § 356 AO, Rz. 8 mit weiteren Nachweisen; vgl. a.a.O. auch § 366 AO, Rz. 4 zu der bislang noch etwas anders liegenden Frage der Rechtsbehelfsbelehrung in der Einspruchsentscheidung hinsichtlich einer Klage zum Finanzgericht, vgl. in diesem Kontext Leipold in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 55 FGO, Rz. 34a, Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 356 AO, Rn. 7 und Siegers in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 356 AO, Rn. 33 sowie das Urteil des VG Oldenburg vom 11. Januar 2016 11 A 892/15, juris).
62 
Soweit der BFH sich mit diesem Problem bisher befasst hat, hat er jedoch an der früheren Rechtsprechung festgehalten (vgl. Beschluss des VII. BFH-Senats vom 18. Januar 2017 VII B 158/16, BFH/NV 2017, 603; vgl. auch die Urteile des FG Berlin-Brandenburg vom 3. Juli 2014 10 K 10238/13, EFG 2014, 1893, des FG Hamburg vom 19. Mai 2016 2 K 138/15, juris - die betreffende Nichtzulassungsbeschwerde hat der VII. BFH-Senat durch Beschluss vom 13. Oktober 2016 VII B 93/16 als unzulässig verworfen - und vom 27. Februar 2017 6 K 141/16, EFG 2017, 1062; vgl. auch das frühere Urteil des VIII. BFH-Senats in BFH/NV 2014, 1010, in dem mangels Entscheidungserheblichkeit noch offen gelassen werden konnte, ob sich aufgrund der mit Wirkung ab 1. August 2013 durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013 (BGBl I 2013, 2749) eingeführten Neufassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO für danach erteilte Rechtsbehelfsbelehrungen etwas anderes ergebe).
63 
dd) Gleichfalls dahinstehen kann die Frage, ob die Klägerin sich als Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts auf den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG berufen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2011 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78 zur erweiternden Auslegung des Art. 19 Abs. 3 GG bzw. zur Erstreckung der Grundrechtsberechtigung auf juristische Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgrund des Anwendungsvorrangs der unionsrechtlichen Grundfreiheiten; vgl. ergänzend zum steuerlichen Diskriminierungsverbot im Verhältnis zur Schweiz das zu Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 ergangene BFH-Urteil vom 8. September 2010 I R 6/09, BStBl II 2013, 186). Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin sich als Kapitalgesellschaft eines Drittstaats auf Art. 19 Abs. 4 GG ebenso wie auch auf andere grundrechtsgleiche Verfahrensrechte wie diejenigen auf den gesetzlichen Richter und das rechtliche Gehör berufen kann (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 103 Abs. 1 GG; vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 1967 1 BvR 578/63, BVerfGE 21, 362 und Urteil vom 12. März 2003 1 BvR 330/96, BVerfGE 107, 299; vgl. auch den stattgebenden Kammerbeschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. Februar 2008 1 BvR 2327/07, NJW 2008, 2167).
64 
2. Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag ist nicht nur bezüglich des Mitarbeiterfests 2008, sondern auch im Hinblick auf das Mitarbeiterfest 2011 begründet, ohne dass dem (ersten) Hilfsantrag des Finanzamts nachgegangen werden müsste. Der Senat ist davon überzeugt, dass bei der Aufteilung der Gesamtkosten des Mitarbeiterfests (Dividend) von mindestens 596 Personen (Divisor) auszugehen ist mit der Folge, dass der Wert des Quotienten höchstens 109,87 EUR und damit weniger als 110 EUR beträgt. Einer genaueren Festlegung des Senats bedarf es aufgrund der somit jedenfalls zu bejahenden Unterschreitung der 110-EUR-Freigrenze nicht.
65 
a) Zeitlich noch nicht anwendbar ist im vorliegenden Streitfall die zum 1. Januar 2015 in Kraft getretene Vorschrift des § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG, in welcher der Begriff der Betriebsveranstaltung als Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter definiert wird (Satz 1). Für die bei einem solchem Anlass vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen erfolgenden Zuwendungen (vgl. dazu die Legaldefinition in Satz 2) gilt nunmehr gemäß Satz 3 ein Freibetrag von 110 EUR je Betriebsveranstaltung (maximal zwei pro Jahr, Satz 4) und teilnehmendem Arbeitnehmer (zu dem von § 8 Abs. 2 EStG abweichenden Wertansatz vgl. Satz 5).
66 
b) Die für den Streitfall maßgeblichen früheren Regeln wurden noch vor Inkrafttreten einer gesetzlichen Bestimmung entwickelt. Arbeitslohn liegt danach dann nicht vor, wenn die Arbeitnehmer durch Sachzuwendungen des Arbeitgebers bereichert werden, der Arbeitgeber jedoch mit seinen Leistungen ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 22. Oktober 1976 VI R 26/74, BStBl II 1977, 99, vom 17. September 1982 VI R 75/79, BStBl II 1983, 39, vom 21. Januar 2010 VI R 2/08, BStBl II 2010, 639, vom 21. Januar 2010 VI R 51/08, BStBl II 2010, 700 und vom 16. Mai 2013 VI R 7/11, BStBl II 2015, 189, VI R 94/10, BStBl II 2015, 186, VI R 93/10, BFH/NV 2014, 14, VI R 95/10, BFH/NV 2014, 16, VI R 96/10, BFH/NV 2014, 18 jeweils mit weiteren Nachweisen). Nach ständiger Rechtsprechung konnten auch Zuwendungen des Arbeitgebers aus Anlass von Betriebsveranstaltungen (Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht) im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen (Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer untereinander und Verbesserung des Betriebsklimas). Die Teilnahme von Familienangehörigen und Gästen wurde als unschädlich angesehen (BFH-Urteil in BStBl II 2015, 189). Insbesondere zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung hatte der BFH typisierend festgelegt, ab wann den teilnehmenden Arbeitnehmern geldwerte Vorteile von solchem Eigengewicht zugewendet werden, dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann. Danach waren bei Überschreiten einer Freigrenze von 110 EUR die Zuwendungen des Arbeitgebers in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil vom 12. Dezember 2012 VI R 79/10, BFH/NV 2013, 637 mit weiteren Nachweisen). Die Bewertung der Leistungen war nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bestimmen, wobei grundsätzlich nicht zu beanstanden war, den Wert der den Arbeitnehmern anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewandten Leistungen anhand der Kosten zu schätzen, die der Arbeitgeber dafür seinerseits aufgewendet hat, und zu gleichen Teilen sämtlichen Teilnehmern zuzurechnen; aufzuteilen war der Gesamtbetrag hierbei auch auf Familienangehörige und Gäste, die den Arbeitnehmer bei der Betriebsveranstaltung begleitet haben (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2013, 637 und in BStBl II 2015, 189, d.h. keine Zurechnung der Aufwendungen für die Familienangehörigen an den betreffenden Arbeitnehmer; früher noch anders gesehen im BFH-Urteil vom 25. Mai 1992 VI R 85/90, BStBl II 1992, 655;vgl. nunmehr § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 5 EStG).
67 
c) Nach der früheren BFH-Rechtsprechung galt also - anders als heute nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG - kein Freibetrag, sondern eine bloße Freigrenze, bei deren Überschreiten der volle Betrag (nicht nur der 110 EUR übersteigende Betrag) als steuerpflichtig zu behandeln war. Aus diesem Grund streiten die Beteiligten darüber, ob der Betrag je Teilnehmer von 110 EUR beim Mitarbeiterfest 2011 überschritten wurde oder nicht. Lediglich beim Mitarbeiterfest 2008 ist die Unterschreitung der 110-EUR-Freigrenze unstreitig.
68 
Die zwischen den Beteiligten zunächst unstreitigen Gesamtkosten für das Mitarbeiterfest 2011 beliefen sich auf 65.480,01 EUR (Dividend). Fraglich ist hier sodann primär der Teiler (Divisor). Aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Listen ist der erkennende Senat in dem zwischen den Beteiligten unstreitigen Ausgangspunkt gleichfalls davon überzeugt, dass 592 Mitarbeiter als Teilnehmer des Mitarbeiterfests Berücksichtigung finden können. Darüber hinaus ist der erkennende Senat nach Gesamtwürdigung aller Einzelfallumstände auch davon überzeugt, dass unter den weiteren Anwesenden (wie etwa Künstler, Eventmanager, Fotograf, Busfahrer u.a.) mindestens vier weitere Personen bei der personalen Kostenaufteilung in dem Sinne als Teilnehmer zu berücksichtigen sind, dass sie als den Divisor erhöhend zu qualifizieren sind (vgl. die vom Caterer abgerechneten 618 Portionen).
69 
Ausgehend davon gelangt der Senat durch Division zu einem rechnerischen geldwerten Vorteil von maximal 109,87 EUR pro Mitarbeiter (Quotient aus den Gesamtkosten von 65.480,01 EUR geteilt durch den Divisor von mindestens 596). Die Freigrenze von 110 EUR wurde damit zur Überzeugung des Senats jedenfalls unterschritten. Auf alle anderen denkbaren, die 110-EUR-Freigrenze betreffenden Fragen bzw. Details, z.B. die Einwendungen der Klägerin betreffend die zu berücksichtigenden Gesamtkosten, muss der Senat hiernach nicht mehr eingehen. Hingewiesen sei an dieser Stelle lediglich noch darauf, dass der Senat erwogen hat, ob das nachlässige Umgehen der Klägerin bzw. ihrer Prozessbevollmächtigten mit der Aufforderung des Gerichts zur Vorlage aller noch verfügbaren, das Mitarbeiterfest 2011 betreffenden Unterlagen (vgl. Gerichtsakte Bl. 119, 129, 149) seiner zu Gunsten der Klägerin erfolgten Überzeugungsbildung entgegensteht. Diese Frage hat der erkennende Senat nach umfassender Gesamtwürdigung aller Umstände im Ergebnis verneint. Das sorglose (Nicht)Reagieren der prozessbevollmächtigten Kanzlei auf die wiederholte Aufforderung des Gerichts hat sich somit im Ergebnis nicht zu Ungunsten der Klägerin ausgewirkt.
70 
d) Der Hilfsantrag des Finanzamts, „hilfsweise Beweis zu erheben über die Anzahl der Teilnehmer am Mitarbeiterfest 2011“, ist unzureichend substantiiert, da er jedenfalls kein konkretes Beweismittel für das beschriebene Beweisthema benennt. Eine Beweiserhebung etwa durch die Vernehmung von Zeugen (welcher?) drängt sich für den Senat insofern nicht auf. Gemäß § 82 FGO in Verbindung mit § 373 der Zivilprozessordnung (ZPO) wird der Zeugenbeweis durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten. Schon an der Benennung eines konkreten Zeugen fehlt es, ebenso wenig sind aus der Sicht des erkennenden Senats andere geeignete und für die Würdigung erforderliche Beweismittel ersichtlich. Auf die Frage, ob das Finanzamt mit seinem Antrag das Beweisthema in hinreichender Weise substantiiert hat oder der Antrag vielmehr als bloßer Beweisermittlungsantrag zu qualifizieren ist, kommt es nicht mehr an (vgl. zur Substantiierung des Beweisthemas den BFH-Beschluss vom 7. Juli 2016 III B 39/16, BFH/NV 2016, 1731 mit weiteren Nachweisen).
71 
3. a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, der Zuziehungsbeschluss auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Soweit die Klägerin ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung um ca. 1% eingeschränkt hat, führt dies angesichts der Geringfügigkeit nicht zu einer anteiligen Kostentragung (vgl. § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO).
72 
b) Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils im Kostenpunkt folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
73 
4. a) Die Revisionszulassung beruht auf § 115 Abs. 2 FGO. Der Senat misst der für das Urteil entscheidungserheblichen Auslegung des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO und insbesondere dem Tatbestandsmerkmal „übermittelt wird“ grundsätzliche Bedeutung bei und weicht mit seiner Auslegung von finanzgerichtlichen Entscheidungen, in denen die sich stellende Auslegungsproblematik indes nicht näher thematisiert wurde, und von der wohl herrschenden, wenn auch nicht vertieft begründeten Meinung im Schrifttum ab.
74 
b) Für den Fall, dass der BFH das Merkmal „übermittelt wird“ abweichend vom vorliegenden erstinstanzlichen Urteil nicht im Sinne der Übermittlungshandlung, sondern im Sinne des Übermittlungserfolgs auslegen sollte, dürfte sich der Streitfall ferner zur Fortbildung des Rechts bzw. zur verfassungsrechtlichen Klärung der Auslegung des § 110 AO vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eignen (vgl. zur Relevanz des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG im Kontext des § 110 AO den stattgebenden Kammerbeschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG in BStBl II 2002, 835; vgl. hierzu ferner das Protokoll zum Erörterungstermin vom 13. September 2016, Gerichtsakte Bl. 109 ff.).
75 
c) Gleichfalls potenziell klärungsfähig ist im Streitfall die rechtsgrundsätzliche Frage, ob die Möglichkeit der elektronischen Einspruchseinlegung nach ihrer Aufnahme in das Gesetz (vgl. § 357 Abs. 1 Satz 1 AO) nunmehr auch ein notwendiger Bestandteil der Rechtsbehelfsbelehrung ist und bei fehlendem Hinweis darauf eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne des § 356 Abs. 2 AO vorliegt. Wäre diese Frage zu bejahen, würde auch dies der vorliegenden Klage zum Erfolg verhelfen.
76 
d) Angemerkt sei schließlich noch, dass die in der BFH-Rechtsprechung vertretene 110-EUR-Freigrenze und deren Anwendung durch das Tatgericht auf den Einzelfall für sich genommen nicht die Zulassung der Revision begründen könnten, zumal sie das zum Jahresende 2014 ausgelaufene frühere Recht vor Inkrafttreten des neuen § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG betreffen.

Gründe

 
30 
Die zulässige Klage ist begründet. Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist die Klage nicht schon deshalb unbegründet, weil die Klägerin einerseits die Einspruchsfrist versäumt hat und ihr andererseits Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden kann. Vielmehr blieb die Anbringung des Einspruchs bei dem örtlich unzuständigen Finanzamt Y nach § 357 Abs. 2 Satz 4 AO verfahrensrechtlich unschädlich, weil er dem beklagten Finanzamt als der zuständigen Behörde noch vor Ablauf der Einspruchsfrist im Sinne der Vorschrift übermittelt wurde; auf die Frage der Wiedereinsetzung gemäß § 110 AO kommt es nicht mehr an (1). Materiell ist der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur sog. 110-EUR-Freigrenze bei Betriebsveranstaltungen in vollem Umfang begründet (2).
31 
1. a) Die für den Streitfall relevanten Rechtsgrundsätze sind in weiten Teilen geklärt, nach Auffassung des erkennenden Senats nicht jedoch in (mindestens) einem für die Entscheidung erheblichen Punkt, nämlich der Auslegung des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO.
32 
aa) Gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 AO ist der Einspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt nach § 122 Abs. 2 AO als bekannt gegeben bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post (Nr. 1) und bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post (Nr. 2), außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
33 
Die Monatsfrist für die Einspruchseinlegung beginnt nach § 356 Abs. 1 Satz 1 AO nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei (§ 356 Abs. 1 Satz 2 AO).
34 
Weitere Verfahrensvorschriften zur Einlegung des Einspruchs sind in § 357 AO normiert. Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären (Satz 1). Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat (Satz 2), eine unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht (Satz 3, früher Satz 4). Die in § 357 Abs. 1 Satz 3 AO in ihrer bis zum 31. Dezember 2016 gültigen Fassung noch erwähnte Zulässigkeit der Einspruchseinlegung durch Telegramm wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18. Juli 2016 (BGBl I S. 1679) mit Wirkung ab dem 1. Januar 2017 aufgehoben (vgl. zum betreffenden Gesetzentwurf BTDrucks 18/7457, S. 91 zu Nr. 45, wonach Telegramme in der Verwaltungspraxis ihre praktische Bedeutung verloren haben dürften und daher auf die bisherige ohnehin lediglich klarstellende Aussage, dass auch eine Einspruchseinlegung durch Telegramm zulässig sei, verzichtet werden könne).
35 
Durch § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in seiner seit dem 1. August 2013 gültigen Fassung wird im Gesetz ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, den Einspruch auf elektronischem Wege einzureichen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 13. Mai 2015 III R 26/14, BStBl II 2015, 790). Die explizite Erwähnung der elektronischen Einlegung wurde durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013 (BGBl I S. 2749) eingeführt. In der Begründung zum diesbezüglichen Gesetzentwurf (BTDrucks 17/11473, S. 52 zu Nr. 4) wird zu § 357 Abs. 1 Satz 2 AO erläutert, die Neufassung berücksichtige nunmehr auch im Wortlaut der Vorschrift die Möglichkeit der elektronischen Einspruchseinlegung. Die Ergänzung in § 357 Abs. 1 Satz 1 („oder elektronisch“) stelle klar, dass unter der Voraussetzung der Zugangseröffnung (§ 87a Abs. 1 AO) ein Einspruch auch elektronisch ohne qualifizierte elektronische Signatur eingelegt werden könne. Eine Rechtsänderung sei hiermit nicht verbunden, da es im Geltungsbereich der AO bereits der Erlasslage entsprochen habe, dass der Einspruch auch elektronisch ohne qualifizierte elektronische Signatur eingelegt werden könne (Hinweis auf Nummer 1 Satz 2 des damaligen AEAO zu § 357 AO). Die bisherige Erlasslage zur AO habe sich bewährt und werde daher kodifiziert.
36 
Nach § 357 Abs. 2 Satz 1 AO ist der Einspruch im Normalfall bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Sonderfälle werden in § 357 Abs. 2 Sätze 2 und 3 AO geregelt. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden (Satz 2). Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden (Satz 3). Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist gemäß § 357 Abs. 2 Satz 4 AO unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.
37 
Unter den in § 110 AO genannten Voraussetzungen ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.
38 
bb) Nach der Rechtsprechung des BVerfG gebietet die Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes durch Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung der die Einlegung von Rechtsbehelfen regelnden Vorschriften, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. dazu den stattgebenden Kammerbeschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. September 2002 1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835 mit Verweis auf BVerfGE 77, 275 <284>; 78, 88 <99>, den Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG vom 23. Juni 2000 1 BvR 830/00, NVwZ 2000, 1163 und den stattgebenden Kammerbeschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG vom 31. Juli 2001 1 BvR 1061/00, NVwZ 2001, 1392; vgl. auch das dem in BStBl II 2002, 835 veröffentlichten Beschluss des BVerfG vorgehende Urteil des VII. BFH-Senats vom 19. Dezember 2000 VII R 7/99, BStBl II 2001, 158 und das diesem Beschluss nachfolgende Urteil des VII. BFH-Senats vom 22. Oktober 2002 VII R 53/02, juris). Dem Richter ist es verwehrt, durch übermäßig strenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften den Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar zu verkürzen (vgl. BVerfGE 84, 366 <369 f.> und BVerfG in BStBl II 2002, 835). Dies hat der Richter auch bei der Prüfung, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, zu berücksichtigen, weshalb die Anforderungen an das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den hierfür maßgeblichen Vorschriften nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG in BStBl II 2002, 835). Im Zweifel verdient diejenige Interpretation eines Gesetzes den Vorzug, die dem Bürger den Zugang zu den Gerichten eröffnet (vgl. BVerfGE 15, 275 <281 f.> und BVerfG in BStBl II 2002, 835).bb) Nach der Rechtsprechung des BVerfG gebietet die Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes durch Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung der die Einlegung von Rechtsbehelfen regelnden Vorschriften, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. dazu den stattgebenden Kammerbeschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. September 2002 1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835 mit Verweis auf BVerfGE 77, 275 <284>; 78, 88 <99>, den Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG vom 23. Juni 2000 1 BvR 830/00, NVwZ 2000, 1163 und den stattgebenden Kammerbeschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG vom 31. Juli 2001 1 BvR 1061/00, NVwZ 2001, 1392; vgl. auch das dem in BStBl II 2002, 835 veröffentlichten Beschluss des BVerfG vorgehende Urteil des VII. BFH-Senats vom 19. Dezember 2000 VII R 7/99, BStBl II 2001, 158 und das diesem Beschluss nachfolgende Urteil des VII. BFH-Senats vom 22. Oktober 2002 VII R 53/02, juris). Dem Richter ist es verwehrt, durch übermäßig strenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften den Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar zu verkürzen (vgl. BVerfGE 84, 366 <369 f.> und BVerfG in BStBl II 2002, 835). Dies hat der Richter auch bei der Prüfung, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, zu berücksichtigen, weshalb die Anforderungen an das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den hierfür maßgeblichen Vorschriften nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG in BStBl II 2002, 835). Im Zweifel verdient diejenige Interpretation eines Gesetzes den Vorzug, die dem Bürger den Zugang zu den Gerichten eröffnet (vgl. BVerfGE 15, 275 <281 f.> und BVerfG in BStBl II 2002, 835).
39 
cc) Die Finanzverwaltung hat den stattgebenden Kammerbeschluss des BVerfG vom 2. September 2002 (BStBl II 2002, 835) in die Verwaltungsanweisungen zur Anwendung der Abgabenordnung übernommen. Ziffer 2 des AEAO zu § 357 AO lautet:
40 
„Nach § 357 Abs. 2 Satz 4 AO genügt die Einlegung des Einspruchs bei einer unzuständigen Behörde, sofern der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach § 357 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 AO angebracht werden kann; der Steuerpflichtige trägt jedoch das Risiko der rechtzeitigen Übermittlung. Kann eine Behörde leicht und einwandfrei erkennen, dass sie für einen bei ihr eingegangenen Einspruch nicht und welche Finanzbehörde zuständig ist, hat sie diesen Einspruch unverzüglich an die zuständige Finanzbehörde weiterzuleiten. Geschieht dies nicht und wird dadurch die Einspruchsfrist versäumt, kommt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) in Betracht (BVerfG-Beschluss vom 2.9.2002, 1 BvR 476/01, BStBl II S. 835).“
41 
b) Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Klage hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags in vollem Umfang begründet. Der Senat gelangt zu der Stattgabe deshalb, weil er die Anbringung des Einspruchs beim unzuständigen Finanzamt Y unter den Umständen des Streitfalls (unzweifelhafte Weiterleitung bzw. Absendung durch das Finanzamt Y am letzten Tag der Einspruchsfrist) gemäß § 357 Abs. 2 Satz 4 AO als unschädlich beurteilt (aa). Die Frage, ob der Klägerin andernfalls - nämlich bei angenommener Verfristung ihres Einspruchs und trotz ihres insoweit nicht in Abrede zu stellenden Verschuldens - unter den gegebenen besonderen Umständen des Einzelfalls gemäß § 110 AO in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG aus verfassungsrechtlichen Gründen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre, kann dahinstehen (bb), auch auf weitere Fragen kommt es nicht mehr an (cc und dd). Die 110-EUR-Freigrenze wurde nach der Überzeugung des erkennenden Senats beim Mitarbeiterfest 2011 eingehalten (näher dazu unten 2).
42 
aa) Aufgrund der am letzten Tag der Einspruchsfrist von der Zeugin vorgenommenen Übermittlung des Einspruchsschreibens an das zuständige beklagte Finanzamt wurde die Einspruchsfrist gemäß der „Unschädlichkeitsklausel“ des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO gewahrt. Übermittelt wird ein Einspruch vom unzuständigen an das zuständige Finanzamt nach Wortlaut, Sinn und Zweck und vor dem Hintergrund der im Grundgesetz verankerten Garantie des effektiven Rechtsschutzes nicht erst im Zeitpunkt des Übermittlungserfolgs (Eingang beim zuständigen Finanzamt), sondern bereits im Zeitpunkt der Vornahme der Übermittlungshandlung (Absenden durch das unzuständige Finanzamt an das zuständige Finanzamt).
43 
(1) Der Nachforderungsbescheid vom 29. Oktober 2013 wurde ausweislich der Akten des beklagten Finanzamts von diesem am Dienstag, den 29. Oktober 2013 (Datum des Bescheids) abgesandt. Die Einspruchsfrist beträgt im Streitfall einen Monat und lief am 4. Dezember 2013 ab.
44 
In der Rechtsprechung des BFH ist für den Bereich des Steuerrechts seit dem Urteil vom 14. Oktober 2003 IX R 68/98 (BStBl II 2003, 898) anerkannt, dass die Dreitagesfrist nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO in den Fällen des § 108 Abs. 3 AO verlängert wird (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Mai 2014 III B 85/13, BFH/NV 2014, 1186, mit Hinweis auf die BFH-Urteile vom 4. November 2003 IX R 4/01, BFH/NV 2004, 159, vom 17. Dezember 2003 I R 4/03, BFH/NV 2004, 758, vom 6. Oktober 2004 IX R 60/03, BFH/NV 2005, 327, vom 11. März 2004 VII R 13/03, BFH/NV 2004, 1065, und vom 19. November 2009 IV R 89/06, BFH/NV 2010, 818 sowie die BFH-Beschlüsse vom 30. November 2006 XI B 13/06, BFH/NV 2007, 389 und vom 5. August 2011 III B 76/11, BFH/NV 2011, 1845).
45 
Die Beteiligten gehen hiernach in zutreffender Weise davon aus, dass die Frist für die Einlegung des Einspruchs erst am 4. Dezember 2013 ablief. Wegen des Feiertags am 1. November 2013 (Freitag), dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post, und wegen des Wochenendes vom 2./3. November 2013 war Tag der Bekanntgabe gemäß §§ 122 Abs. 2 Nr. 1, 108 Abs. 3 AO erst der Montag, der 4. November 2013. Aufgrund des Inlandspostfachs der Klägerin waren die Voraussetzungen einer Auslandsbekanntgabe (§ 122 Abs. 2 Nr. 2 AO) trotz der Auslandsansässigkeit der Klägerin nicht erfüllt. Da die Klägerin auch keinen späteren tatsächlichen Zugang dargelegt hat (vgl. § 122 Abs. 2 AO), endete die einmonatige Einspruchsfrist ausgehend vom Fristbeginn am Dienstag, den 5. November 2013 0:00 Uhr gemäß § 355 Abs. 1 AO in Verbindung mit den §§ 122 Abs. 2 Nr. 1, 108 Abs. 1, 3 AO und den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) am Mittwoch, den 4. Dezember 2013, 24:00 Uhr.
46 
(2) Der versehentlich an den falschen Adressaten gerichtete Einspruch ging zwar schon am Freitag, den 29. November 2013 beim unzuständigen Finanzamt Y ein, ferner ging auch die Einspruchsbegründung ebenfalls noch innerhalb der Monatsfrist am Mittwoch, den 4. Dezember 2013 beim unzuständigen Finanzamt Y ein. Dies allein vermag die Einspruchsfrist nach § 357 Abs. 2 AO jedoch nicht zu wahren. Denn beim Finanzamt Y handelt es sich weder um die erlassende Behörde im Sinne des § 357 Abs. 2 Satz 1 AO, deren Bescheid die Klägerin angefochten hat, noch konnte die Klägerin ihr Einspruchsschreiben vom 28. November 2013 gemäß § 357 Abs. 2 Sätze 2 und 3 AO beim Finanzamt Y anbringen. Die Anbringung war vielmehr nur beim beklagten Finanzamt möglich.
47 
Von entscheidender Bedeutung für die Wahrung der Einspruchsfrist ist daher § 357 Abs. 2 Satz 4 AO. Danach ist die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde dann unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann. Im Streitfall hat das unzuständige Finanzamt Y das Einspruchsschreiben am 4. Dezember 2013 und damit noch vor Ablauf der Einspruchsfrist an das zuständige beklagte Finanzamt übermittelt.
48 
Der erkennende Senat übersieht nicht, dass das Prädikat des Konditionalsatzes („übermittelt wird“) in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und im steuerrechtlichen Schrifttum bisher, wenn es überhaupt interpretiert wurde, im Sinne des Zeitpunkts des Zugangs des Einspruchsschreibens bei der zuständigen Behörde verstanden wurde (vgl. das Urteil des FG Hamburg vom 5. Mai 2006 2 K 92/05, juris, in dem die Auslegungsfrage in einem Fall mit Eingang des Einspruchs bei der zuständigen Finanzbehörde einen Tag nach Ablauf der Einspruchsfrist trotz Entscheidungserheblichkeit nicht behandelt wurde und die Norm des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO unerwähnt geblieben ist; vgl. auch das Urteil des FG München vom 19. Oktober 2005 1 K 2894/05, juris und aus dem Schrifttum Bartone in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 357 AO, Rn. 41, Klein/Rätke, AO, 13. Aufl. 2016, § 357 Rz. 21, Keß in Schwarz/Pahlke, AO, § 357 Rz. 64 und Szymczak in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 357 Rn. 11; etwas unklarer Szymczak, eKomm, § 357 AO, Rz. 11: „unschädlich, wenn diese Behörde den Einspruch bis zum Ablauf der Einspruchsfrist an die zuständige Finanzbehörde … weiterleitet. Im Gegensatz zu den Fällen des § 357 Abs. 2 Satz 2 und 3 AO trägt somit der Einspruchsführer das Risiko der rechtzeitigen Weiterleitung.“; mit Blick auf die Fallkonstellation des vorliegenden Streitfalls ebenfalls nicht ganz klar Siegers in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 357 AO, Rn. 38, wo ausgeführt wird, wenn der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist von der unzuständigen Behörde an eine der Behörden, bei denen ein Einspruch fristwahrend angebracht werden kann, gelange, wahre dies die Rechtsbehelfsfrist „nicht nur dann, wenn der Rechtsbehelf vor Fristablauf der zur Entscheidung berufenen Behörde zugeht, sondern auch, wenn er der Finanzbehörde, deren VA angefochten wird bzw. von der der Erlass eines VA begehrt wird, oder einer „Notadresse“ übermittelt wird (Absatz 2 Satz 4)“). Festzustellen ist zudem, dass im Schrifttum nicht selten nur der Gesetzeswortlaut des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO wiedergegeben wird (vgl. zum Beispiel Hardtke in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 20. Auflage 2011, § 357 AO, Rn. 11, Hettler, Das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren nach der Abgabenordnung, 1999, S. 71, Koenig/Cöster, AO, § 357 Rn. 26 und Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 357 AO, Rn. 26). Hinzu kommt, dass es in den meisten Fällen, die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen zugrunde lagen, anders als in den vorstehend zitierten Urteilen des FG Hamburg und des FG München nicht auf die Frage ankam, ob der Einspruch der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist von der unzuständigen Behörde abgesandt worden war oder aber bereits bei der zuständigen Behörde angekommen war.
49 
(3) Nach Auffassung des erkennenden Senats hat das unzuständige Finanzamt Y den Einspruch im Streitfall im Sinne des Gesetzes bereits am 4. Dezember 2013 an das zuständige beklagte Finanzamt „übermittelt“. Übermittelt wird ein Einspruch nämlich nicht erst bei Eintritt des Übermittlungserfolgs (Eingang bei der zuständigen Behörde), sondern nach Wortlaut, Historie, Systematik und Zweck der Vorschrift sowie jedenfalls bei verfassungskonformer Auslegung bereits bei Vornahme der Übermittlungshandlung (Absendung durch die unzuständige Behörde).
50 
(a) Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „übermittelt wird“ ist wie bei jeder Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift zunächst vom Wortlaut der Norm auszugehen. Übermitteln bedeutet nach dem Wortlautverständnis des Senats „bewirken, dass Informationen zu jemandem gelangen“. Im Duden Online-Wörterbuch wird die Bedeutung von „übermitteln“ wie folgt beschrieben: „(mithilfe von etwas) zukommen, an jemanden gelangen lassen; (als Mittler) überbringen“. Der Wortlaut erscheint im Hinblick auf die Frage, ob in § 357 Abs. 2 Satz 4 AO die Übermittlungshandlung oder aber der Übermittlungserfolg in Bezug genommen werden soll, in dem Sinne nicht ganz eindeutig, dass die Grenzen des Wortlauts wohl beide Auslegungsvarianten einschließen. Gleichwohl tendiert der erkennende Senat nach dem Wortlaut der Vorschrift zu dem Verständnis, dass ein Einspruch bereits dann übermittelt wird, wenn er von der weiterleitenden Behörde abgesandt wird, d.h. die Übermittlungshandlung vollzogen wird.
51 
(b) Die Historie des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO führt gleichfalls zu keinem ganz eindeutigen Ergebnis. Erwähnenswert erscheint insofern § 249 Abs. 3 der Reichsabgabenordnung (RAO). Die Sätze 4 und 5 dieser Vorschrift lauteten: „Das Rechtsmittel ist in den Fällen der Sätze 2 und 3 der zuständigen Stelle zu übermitteln. Die schriftliche Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn das Rechtsmittel rechtzeitig der zur Entscheidung berufenen Stelle oder einer für eine frühere Rechtsstufe zuständigen Behörde übermittelt wird.“. Das Tatbestandsmerkmal „übermittelt wird“ war in § 249 Abs. 3 Satz 5 RAO ebenso enthalten wie in § 357 Abs. 2 Satz 4 AO, so dass sich schon damals das hier zu behandelnde Auslegungsproblem stellte. Verglichen mit „vor Ablauf der Einspruchsfrist“ noch etwas unpräziser gefasst war das Tatbestandsmerkmal „rechtzeitig“, ohne dass ein Bedeutungsunterschied bestanden hätte.
52 
§ 249 Abs. 3 Satz 4 RAO wurde sodann in die Abgabenordnung 1977 übernommen. § 357 Abs. 2 Satz 4 AO 1977 in seiner Fassung bis zum 31. Dezember 1995 lautete: „Der Rechtsbehelf ist in den Fällen der Sätze 2 und 3 der zuständigen Finanzbehörde zu übermitteln.“ Die frühere Fassung des Satzes 4 (§ 249 Abs. 3 RAO und § 357 Abs. 2 AO 1977) deutet eher auf eine Auslegung des Übermittelns im Sinne des Weiterleitens bzw. der Übermittlungshandlung hin (vgl. Keßin Schwarz/Pahlke, AO, § 357 Rz. 3 zum gestrichenen § 357 Abs. 2 S. 4 AO a.F., „wonach der bei dem FA des Folgebescheids eingelegte Rechtsbehelf gegen einen Grundlagenbescheid an die zuständige Finanzbehörde weiterzuleiten war“). Der Satz 4 des § 357 Abs. 2 AO 1977 wurde allerdings mit Wirkung ab dem 1. Januar 1996 aus dem Gesetz genommen, so dass der vorherige Satz 5 an dessen Stelle trat (vgl. Gesetz zur einkommensteuerlichen Entlastung von Grenzpendlern und anderen beschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen und zur Änderung anderer gesetzlicher Vorschriften - Grenzpendlergesetz - vom 24. Juni 1994, BGBl I S. 1395 <1400, 1405>; vgl. dazu BTDrucks 12/7427, S. 32 und 12/6959, S. 124 und 130, wo die Änderungen der §§ 355, 357 AO als „redaktionelle Änderungen“ beschrieben wurden).
53 
(c) Zu einem klareren Auslegungsergebnis führt demgegenüber die Systematik des Gesetzes (zum Begriff des Übermittelns vgl. die §§ 72a, 80a, 87a, 87b, 87d, 93a, 93c, 117, 117a, 117b, 117c, 122, 123, 138a, 139b, 150, 175b, 344, 383b AO) und vor allem die Systematik der §§ 355, 357 AO. Sie spricht für die Auslegung von „vor Ablauf der Einspruchsfrist … übermittelt wird“ im Sinne der Vornahme der Übermittlungshandlung durch die unzuständige Behörde vor Ablauf der Einspruchsfrist, ungeachtet des Zeitpunkts des späteren Eingangs des weitergeleiteten Einspruchs bei der zuständigen Behörde. Denn andernfalls entbehrte § 357 Abs. 2 Satz 4 AO insofern einer Regelungsnotwendigkeit, als der fristgemäße Eingang des Einspruchsschreibens bei der zuständigen Behörde schon nach der Grundnorm des § 355 Abs. 1 AO unproblematisch ist. Warum das Gesetz für einen ohnehin unproblematischen Fall ausdrücklich gesondert anordnen sollte, dass es „unschädlich“ ist, wenn der weitergeleitete Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist bei der zuständigen Behörde eingeht, würde sich im Normgefüge nicht erschließen. Dass ein innerhalb einer gesetzlichen Frist bei der zutreffenden Instanz eingehender Rechtsbehelf im Hinblick auf die Einhaltung der Rechtsbehelfsfrist „unschädlich“ ist, bedürfte keiner Regelung, weil sich dies denknotwendig von selbst versteht. Wäre „übermittelt wird“ also im Sinne des Eintritts des Übermittlungserfolgs auszulegen, würde § 357 Abs. 2 Satz 4 AO ohne Grund eines eigenständigen Regelungsbereichs beraubt, den er nach dem Wortlaut der Vorschrift haben kann und nach seinem Zweck unter Berücksichtigung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz auch haben sollte.
54 
Die Existenz des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO ergibt nur dann einen wirklichen Sinn, wenn für das Tatbestandsmerkmal „übermittelt wird“ genügt, dass der falsch angebrachte Einspruch von der unzuständigen Behörde, die ihn erhalten hat, im Sinne des Auf-den-Weg-Bringens bzw. des Absendens „weitergeleitet wird“. Zweck des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO ist es, den sich an eine nach dem Gesetz (§ 357 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 AO) ungeeignete Behörde wendenden Steuerpflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen von den Folgen der Verfristung seines Einspruchs zu verschonen. Dies ist im Normkontext der §§ 355 ff., 110 AO insbesondere auch vor dem Hintergrund des Umstands zu sehen, dass einem - entgegen einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung (vgl. andernfalls § 356 Abs. 2 AO) - bei einer unzuständigen Behörde angebrachten Einspruch regelmäßig ein Sorgfaltsverstoß des Einspruchsführers zugrunde liegt mit der Folge, dass selbst bei leichter Fahrlässigkeit ein die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich sperrendes Verschulden im Sinne des § 110 AO gegeben ist (vgl. dazu nur den BVerfG-Beschluss in BStBl II 2002, 835).
55 
(d) Im Rahmen der systematisch-teleologischen Auslegung des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO ist schließlich ein Aspekt zu bedenken, der im vorliegenden Streitfall besonders deutlich wird und der sich anhand dessen sehr gut beschreiben lässt. Dieser Aspekt betrifft die Frage, wie die unzuständige Behörde, die ihre eigene Unzuständigkeit erkannt hat und zugleich positive Kenntnis von der zuständigen Behörde, dem Vorliegen eines Einspruchs und dessen Fristgebundenheit hat, mit diesem Wissen umgeht. Dies wiederum betrifft vor allen Dingen die Frage, wie sie ihrer durch Verwaltungsanweisung (vgl. AEAO zu § 357 AO, Ziff. 2) festgelegten Verpflichtung zur unverzüglichen Weiterleitung des Einspruchs nachkommt. Angesichts der erheblich divergierenden Konsequenzen der Fristwahrung einerseits bzw. der Fristversäumnis andererseits kann es für betroffene Einspruchsführer hierauf entscheidend ankommen. Legt man „übermittelt wird“ im Sinne der Übermittlungshandlung aus, so genügt für die Steuerpflichtigen das unverzügliche „Ob der Weiterleitung“, auf das „Wie der Weiterleitung“ (per Briefpost bzw. per Behördenkurier oder - gemessen an der vom Finanzamt angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH und des BGH möglicherweise überobligationsmäßig - per Fax bzw. per E-Mail mit pdf-Anlage) kommt es für die Unschädlichkeit im Sinne des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO nicht mehr an. Eben dies erscheint im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (vgl. § 85 Satz 1 AO und Art. 3 Abs. 1 GG) aus rechtlichen wie auch aus praktischen Gründen vorzugswürdig. Ansonsten nämlich würde in Fällen wie dem vorliegenden nur ein „glücklicher“ Steuerpflichtiger von der Unschädlichkeit gemäß § 357 Abs. 2 Satz 4 AO profitieren können, bei dem die unzuständige Finanzbehörde möglicherweise überobligationsmäßig, wenn auch im Interesse effektiven Rechtsschutzes handelnd, bewirkt, dass der fehlerhaft angebrachte Einspruch beschleunigt und bei Bedarf sogar taggleich in den Machtbereich der zuständigen Behörde gelangt. Sinnvollerweise sollte es auf derartiges im Leben eher zufällig verteiltes Glück oder Pech eines Steuerpflichtigen im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht ankommen.
56 
(e) Für die hier vertretene Auslegung spricht hilfsweise auch das Argument verfassungskonformer Auslegung. Wie in den oben dargelegten Rechtsgrundsätzen ausgeführt, verdient nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 19 Abs. 4 GG im Zweifel diejenige Interpretation eines Gesetzes den Vorzug, die dem Bürger den Zugang zu den Gerichten eröffnet (vgl. BVerfGE 15, 275 <281 f.> und BVerfG in BStBl II 2002, 835). Ginge man also davon aus, dass die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „übermittelt wird“ Zweifeln begegnet, spräche die Auslegung des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO im Lichte des in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantierten Gebots effektiven Rechtsschutzes dafür, derjenigen Auslegung den Vorzug zu geben, die zur Fristwahrung und damit zur Zulässigkeit eines eingelegten Rechtsbehelfs führt.
57 
(f) Wertungsmäßig spricht auch die ihrerseits im Interesse effektiven Rechtsschutzes stehende Vorschrift des § 89 AO für das vom Senat als vorzugswürdig angesehene Auslegungsergebnis. Danach „soll“ die Finanzbehörde die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Eine Finanzbehörde, die - wie hier - ihre eigene Unzuständigkeit erkannt hat, positive Kenntnis von der zuständigen Behörde, dem Vorliegen eines Einspruchs und dessen Fristgebundenheit hat, könnte den Einspruchsführer eines falsch angebrachten Einspruchs bei bekannten Kontaktdaten - wie etwa im vorliegenden Streitfall aus dem Einspruchsschreiben ersichtlich - auf diversen einfachen Wegen (beispielsweise per Telefon, Fax oder E-Mail), wenn auch möglicherweise überobligationsmäßig, über das erkennbare und erkannte Versehen informieren und so die Möglichkeit einer taggleichen Einspruchsanbringung bei der zuständigen Finanzbehörde durch den Einspruchsführer selbst eröffnen. In der finanzgerichtlichen Praxis ist indes zu beobachten, dass es erheblich wahrscheinlicher ist, dass - wie im Streitfall geschehen - Finanzbeamte eines Finanzamts telefonisch oder per E-Mail Finanzbeamte eines anderen Finanzamts kontaktieren, als dass sie auf eben diesem Weg mit Steuerpflichtigen oder ihren steuerlichen Beratern in Kontakt treten. Ausnahmen mögen auch hier die Regel bestätigen, von der ausgehend sich der erkennende Senat allerdings in seinem Auslegungsergebnis bestärkt sieht. Denn es erscheint sachlich nicht gerechtfertigt, Steuerpflichtige je nach der dem grundrechtlich geschützten Anspruch auf effektiven Rechtsschutzes dienenden „Kontaktfreudigkeit“ der im Einzelfall handelnden Finanzbeamten unterschiedlich zu behandeln. Durch die hier vertretene Auslegung des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO wird eine wünschenswerte und auch aus verfassungsrechtlichen Gründen vorzugswürdige Gleichbehandlung bewirkt.
58 
(g) Erwähnt sei an dieser Stelle schließlich noch, dass die Auffassung des erkennenden Senats nicht im Widerspruch zu der Aussage steht, dass der Steuerpflichtige das Risiko der rechtzeitigen Übermittlung trägt (vgl. AEAO zu § 357 AO, Ziffer 2, Hardtke in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 20. Auflage 2011, § 357 AO, Rn. 11, Hettler, a.a.O., S. 71, Koenig/Cöster, AO, § 357 Rn. 26 und Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 357 AO, Rn. 26). Bei der Auslegung als „Bewirken der Übermittlung durch Weiterleitung“ bzw. als „Vornahme der Übermittlungshandlung“ trägt der Steuerpflichtige nämlich insoweit unverändert das Risiko der rechtzeitigen Übermittlung. Ungeachtet eher theoretischer Fälle der bewusst bzw. willkürlich verzögerten oder unterlassenen Weiterleitung, die gegebenenfalls über § 110 AO lösbar sind (vgl. BVerfG in BStBl II 2002, 835 zu solchen Fällen „willkürlichen, offenkundig nachlässigen und nachgewiesenen Fehlverhaltens“; vgl. auch Klein/Rätke, § 357 AO, Rz. 21 und Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 357 AO Rn. 2), lassen sich die praxistypischeren Fälle, zu denen der vorliegende Streitfall zu rechnen ist, über die „Unschädlichkeit“ gemäß § 357 Abs. 2 Satz 4 AO in angemessener Weise lösen.
59 
bb) Da das Finanzamt Y den Einspruch der Klägerin vor Ablauf der Einspruchsfrist, nämlich am letzten Tag vor Fristablauf am 4. Dezember 2013 an das zuständige beklagte Finanzamt übermittelt hat, blieb die Anbringung beim unzuständigen Finanzamt nach alledem im Streitfall zu Gunsten der Klägerin gemäß § 357 Abs. 2 Satz 4 AO unschädlich. Auf die Frage, wie die Vorschrift zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG mit Blick auf den konkreten Einzelfall andernfalls auszulegen wäre, muss nicht mehr eingegangen werden. Dies gilt auch für die vom Finanzamt zitierten Entscheidungen des BGH und des BFH.
60 
cc) Offenbleiben kann ferner die Frage, ob und gegebenenfalls welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, dass in der Rechtsbehelfsbelehrung des mit der Klage angegriffenen Nachforderungsbescheids vom 29. Oktober 2013 aufgrund eines Versehens des beklagten Finanzamts noch nicht auf die durch § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in seiner seit dem 1. August 2013 gültigen Fassung nunmehr auch gesetzlich ausdrücklich eröffnete Möglichkeit, den Einspruch auf elektronischem Wege einzureichen (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 2015, 790 und vom 18. Juni 2015 IV R 18/13, BFH/NV 2015, 1349), hingewiesen worden war (vgl. Gerichtsakte Bl. 33 R. unten).
61 
Die Rechtsbehelfsbelehrung muss dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz Rechnung tragen (vgl. nur BFH-Urteil vom 20. November 2013 X R 2/12, BStBl II 2014, 236 mit Verweis auf das BFH-Urteil vom 7. März 2006 X R 18/05, BStBl II 2006, 455 und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie auf Art. 19 Abs. 4 GG). In der bisherigen Rechtsprechung wurde eine Wiedergabe des Gesetzeswortlauts in der Rechtsbehelfsbelehrung für hinreichend und ein expliziter Hinweis auf die Möglichkeit der elektronischen Einlegung zur Vermeidung einer unrichtigen Belehrung nicht für erforderlich erachtet (vgl. die Entscheidungen des BFH vom 2. Februar 2010 III B 20/09, BFH/NV 2010, 830, vom 12. Oktober 2012 III B 66/12, BFH/NV 2013, 177, vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BStBl II 2013, 272, in BStBl II 2014, 236, vom 5. März 2014 VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010, vom 18. März 2014 VIII R 33/12, BStBl II 2014, 922, vom 28. April 2015 VI R 65/13, BFH/NV 2015, 1074, in BFH/NV 2015, 1349 und vom 10. November 2016 X B 85/16, BFH/NV 2017, 261). Vor diesem Hintergrund wird nunmehr allerdings die Auffassung vertreten, dass es infolge der seit dem 1. August 2013 in § 357 Abs. 1 Satz 1 AO normierten Möglichkeit elektronischer Einspruchseinlegung erforderlich sein dürfte, hierauf in der Rechtsbehelfsbelehrung hinzuweisen (so Szymczak, eKomm, § 356 AO, Rz. 8 mit weiteren Nachweisen; vgl. a.a.O. auch § 366 AO, Rz. 4 zu der bislang noch etwas anders liegenden Frage der Rechtsbehelfsbelehrung in der Einspruchsentscheidung hinsichtlich einer Klage zum Finanzgericht, vgl. in diesem Kontext Leipold in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 55 FGO, Rz. 34a, Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 356 AO, Rn. 7 und Siegers in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 356 AO, Rn. 33 sowie das Urteil des VG Oldenburg vom 11. Januar 2016 11 A 892/15, juris).
62 
Soweit der BFH sich mit diesem Problem bisher befasst hat, hat er jedoch an der früheren Rechtsprechung festgehalten (vgl. Beschluss des VII. BFH-Senats vom 18. Januar 2017 VII B 158/16, BFH/NV 2017, 603; vgl. auch die Urteile des FG Berlin-Brandenburg vom 3. Juli 2014 10 K 10238/13, EFG 2014, 1893, des FG Hamburg vom 19. Mai 2016 2 K 138/15, juris - die betreffende Nichtzulassungsbeschwerde hat der VII. BFH-Senat durch Beschluss vom 13. Oktober 2016 VII B 93/16 als unzulässig verworfen - und vom 27. Februar 2017 6 K 141/16, EFG 2017, 1062; vgl. auch das frühere Urteil des VIII. BFH-Senats in BFH/NV 2014, 1010, in dem mangels Entscheidungserheblichkeit noch offen gelassen werden konnte, ob sich aufgrund der mit Wirkung ab 1. August 2013 durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013 (BGBl I 2013, 2749) eingeführten Neufassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO für danach erteilte Rechtsbehelfsbelehrungen etwas anderes ergebe).
63 
dd) Gleichfalls dahinstehen kann die Frage, ob die Klägerin sich als Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts auf den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG berufen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2011 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78 zur erweiternden Auslegung des Art. 19 Abs. 3 GG bzw. zur Erstreckung der Grundrechtsberechtigung auf juristische Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgrund des Anwendungsvorrangs der unionsrechtlichen Grundfreiheiten; vgl. ergänzend zum steuerlichen Diskriminierungsverbot im Verhältnis zur Schweiz das zu Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 ergangene BFH-Urteil vom 8. September 2010 I R 6/09, BStBl II 2013, 186). Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin sich als Kapitalgesellschaft eines Drittstaats auf Art. 19 Abs. 4 GG ebenso wie auch auf andere grundrechtsgleiche Verfahrensrechte wie diejenigen auf den gesetzlichen Richter und das rechtliche Gehör berufen kann (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 103 Abs. 1 GG; vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 1967 1 BvR 578/63, BVerfGE 21, 362 und Urteil vom 12. März 2003 1 BvR 330/96, BVerfGE 107, 299; vgl. auch den stattgebenden Kammerbeschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. Februar 2008 1 BvR 2327/07, NJW 2008, 2167).
64 
2. Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag ist nicht nur bezüglich des Mitarbeiterfests 2008, sondern auch im Hinblick auf das Mitarbeiterfest 2011 begründet, ohne dass dem (ersten) Hilfsantrag des Finanzamts nachgegangen werden müsste. Der Senat ist davon überzeugt, dass bei der Aufteilung der Gesamtkosten des Mitarbeiterfests (Dividend) von mindestens 596 Personen (Divisor) auszugehen ist mit der Folge, dass der Wert des Quotienten höchstens 109,87 EUR und damit weniger als 110 EUR beträgt. Einer genaueren Festlegung des Senats bedarf es aufgrund der somit jedenfalls zu bejahenden Unterschreitung der 110-EUR-Freigrenze nicht.
65 
a) Zeitlich noch nicht anwendbar ist im vorliegenden Streitfall die zum 1. Januar 2015 in Kraft getretene Vorschrift des § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG, in welcher der Begriff der Betriebsveranstaltung als Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter definiert wird (Satz 1). Für die bei einem solchem Anlass vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen erfolgenden Zuwendungen (vgl. dazu die Legaldefinition in Satz 2) gilt nunmehr gemäß Satz 3 ein Freibetrag von 110 EUR je Betriebsveranstaltung (maximal zwei pro Jahr, Satz 4) und teilnehmendem Arbeitnehmer (zu dem von § 8 Abs. 2 EStG abweichenden Wertansatz vgl. Satz 5).
66 
b) Die für den Streitfall maßgeblichen früheren Regeln wurden noch vor Inkrafttreten einer gesetzlichen Bestimmung entwickelt. Arbeitslohn liegt danach dann nicht vor, wenn die Arbeitnehmer durch Sachzuwendungen des Arbeitgebers bereichert werden, der Arbeitgeber jedoch mit seinen Leistungen ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 22. Oktober 1976 VI R 26/74, BStBl II 1977, 99, vom 17. September 1982 VI R 75/79, BStBl II 1983, 39, vom 21. Januar 2010 VI R 2/08, BStBl II 2010, 639, vom 21. Januar 2010 VI R 51/08, BStBl II 2010, 700 und vom 16. Mai 2013 VI R 7/11, BStBl II 2015, 189, VI R 94/10, BStBl II 2015, 186, VI R 93/10, BFH/NV 2014, 14, VI R 95/10, BFH/NV 2014, 16, VI R 96/10, BFH/NV 2014, 18 jeweils mit weiteren Nachweisen). Nach ständiger Rechtsprechung konnten auch Zuwendungen des Arbeitgebers aus Anlass von Betriebsveranstaltungen (Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht) im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen (Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer untereinander und Verbesserung des Betriebsklimas). Die Teilnahme von Familienangehörigen und Gästen wurde als unschädlich angesehen (BFH-Urteil in BStBl II 2015, 189). Insbesondere zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung hatte der BFH typisierend festgelegt, ab wann den teilnehmenden Arbeitnehmern geldwerte Vorteile von solchem Eigengewicht zugewendet werden, dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann. Danach waren bei Überschreiten einer Freigrenze von 110 EUR die Zuwendungen des Arbeitgebers in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil vom 12. Dezember 2012 VI R 79/10, BFH/NV 2013, 637 mit weiteren Nachweisen). Die Bewertung der Leistungen war nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bestimmen, wobei grundsätzlich nicht zu beanstanden war, den Wert der den Arbeitnehmern anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewandten Leistungen anhand der Kosten zu schätzen, die der Arbeitgeber dafür seinerseits aufgewendet hat, und zu gleichen Teilen sämtlichen Teilnehmern zuzurechnen; aufzuteilen war der Gesamtbetrag hierbei auch auf Familienangehörige und Gäste, die den Arbeitnehmer bei der Betriebsveranstaltung begleitet haben (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2013, 637 und in BStBl II 2015, 189, d.h. keine Zurechnung der Aufwendungen für die Familienangehörigen an den betreffenden Arbeitnehmer; früher noch anders gesehen im BFH-Urteil vom 25. Mai 1992 VI R 85/90, BStBl II 1992, 655;vgl. nunmehr § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 5 EStG).
67 
c) Nach der früheren BFH-Rechtsprechung galt also - anders als heute nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG - kein Freibetrag, sondern eine bloße Freigrenze, bei deren Überschreiten der volle Betrag (nicht nur der 110 EUR übersteigende Betrag) als steuerpflichtig zu behandeln war. Aus diesem Grund streiten die Beteiligten darüber, ob der Betrag je Teilnehmer von 110 EUR beim Mitarbeiterfest 2011 überschritten wurde oder nicht. Lediglich beim Mitarbeiterfest 2008 ist die Unterschreitung der 110-EUR-Freigrenze unstreitig.
68 
Die zwischen den Beteiligten zunächst unstreitigen Gesamtkosten für das Mitarbeiterfest 2011 beliefen sich auf 65.480,01 EUR (Dividend). Fraglich ist hier sodann primär der Teiler (Divisor). Aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Listen ist der erkennende Senat in dem zwischen den Beteiligten unstreitigen Ausgangspunkt gleichfalls davon überzeugt, dass 592 Mitarbeiter als Teilnehmer des Mitarbeiterfests Berücksichtigung finden können. Darüber hinaus ist der erkennende Senat nach Gesamtwürdigung aller Einzelfallumstände auch davon überzeugt, dass unter den weiteren Anwesenden (wie etwa Künstler, Eventmanager, Fotograf, Busfahrer u.a.) mindestens vier weitere Personen bei der personalen Kostenaufteilung in dem Sinne als Teilnehmer zu berücksichtigen sind, dass sie als den Divisor erhöhend zu qualifizieren sind (vgl. die vom Caterer abgerechneten 618 Portionen).
69 
Ausgehend davon gelangt der Senat durch Division zu einem rechnerischen geldwerten Vorteil von maximal 109,87 EUR pro Mitarbeiter (Quotient aus den Gesamtkosten von 65.480,01 EUR geteilt durch den Divisor von mindestens 596). Die Freigrenze von 110 EUR wurde damit zur Überzeugung des Senats jedenfalls unterschritten. Auf alle anderen denkbaren, die 110-EUR-Freigrenze betreffenden Fragen bzw. Details, z.B. die Einwendungen der Klägerin betreffend die zu berücksichtigenden Gesamtkosten, muss der Senat hiernach nicht mehr eingehen. Hingewiesen sei an dieser Stelle lediglich noch darauf, dass der Senat erwogen hat, ob das nachlässige Umgehen der Klägerin bzw. ihrer Prozessbevollmächtigten mit der Aufforderung des Gerichts zur Vorlage aller noch verfügbaren, das Mitarbeiterfest 2011 betreffenden Unterlagen (vgl. Gerichtsakte Bl. 119, 129, 149) seiner zu Gunsten der Klägerin erfolgten Überzeugungsbildung entgegensteht. Diese Frage hat der erkennende Senat nach umfassender Gesamtwürdigung aller Umstände im Ergebnis verneint. Das sorglose (Nicht)Reagieren der prozessbevollmächtigten Kanzlei auf die wiederholte Aufforderung des Gerichts hat sich somit im Ergebnis nicht zu Ungunsten der Klägerin ausgewirkt.
70 
d) Der Hilfsantrag des Finanzamts, „hilfsweise Beweis zu erheben über die Anzahl der Teilnehmer am Mitarbeiterfest 2011“, ist unzureichend substantiiert, da er jedenfalls kein konkretes Beweismittel für das beschriebene Beweisthema benennt. Eine Beweiserhebung etwa durch die Vernehmung von Zeugen (welcher?) drängt sich für den Senat insofern nicht auf. Gemäß § 82 FGO in Verbindung mit § 373 der Zivilprozessordnung (ZPO) wird der Zeugenbeweis durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten. Schon an der Benennung eines konkreten Zeugen fehlt es, ebenso wenig sind aus der Sicht des erkennenden Senats andere geeignete und für die Würdigung erforderliche Beweismittel ersichtlich. Auf die Frage, ob das Finanzamt mit seinem Antrag das Beweisthema in hinreichender Weise substantiiert hat oder der Antrag vielmehr als bloßer Beweisermittlungsantrag zu qualifizieren ist, kommt es nicht mehr an (vgl. zur Substantiierung des Beweisthemas den BFH-Beschluss vom 7. Juli 2016 III B 39/16, BFH/NV 2016, 1731 mit weiteren Nachweisen).
71 
3. a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, der Zuziehungsbeschluss auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Soweit die Klägerin ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung um ca. 1% eingeschränkt hat, führt dies angesichts der Geringfügigkeit nicht zu einer anteiligen Kostentragung (vgl. § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO).
72 
b) Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils im Kostenpunkt folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
73 
4. a) Die Revisionszulassung beruht auf § 115 Abs. 2 FGO. Der Senat misst der für das Urteil entscheidungserheblichen Auslegung des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO und insbesondere dem Tatbestandsmerkmal „übermittelt wird“ grundsätzliche Bedeutung bei und weicht mit seiner Auslegung von finanzgerichtlichen Entscheidungen, in denen die sich stellende Auslegungsproblematik indes nicht näher thematisiert wurde, und von der wohl herrschenden, wenn auch nicht vertieft begründeten Meinung im Schrifttum ab.
74 
b) Für den Fall, dass der BFH das Merkmal „übermittelt wird“ abweichend vom vorliegenden erstinstanzlichen Urteil nicht im Sinne der Übermittlungshandlung, sondern im Sinne des Übermittlungserfolgs auslegen sollte, dürfte sich der Streitfall ferner zur Fortbildung des Rechts bzw. zur verfassungsrechtlichen Klärung der Auslegung des § 110 AO vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eignen (vgl. zur Relevanz des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG im Kontext des § 110 AO den stattgebenden Kammerbeschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG in BStBl II 2002, 835; vgl. hierzu ferner das Protokoll zum Erörterungstermin vom 13. September 2016, Gerichtsakte Bl. 109 ff.).
75 
c) Gleichfalls potenziell klärungsfähig ist im Streitfall die rechtsgrundsätzliche Frage, ob die Möglichkeit der elektronischen Einspruchseinlegung nach ihrer Aufnahme in das Gesetz (vgl. § 357 Abs. 1 Satz 1 AO) nunmehr auch ein notwendiger Bestandteil der Rechtsbehelfsbelehrung ist und bei fehlendem Hinweis darauf eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne des § 356 Abs. 2 AO vorliegt. Wäre diese Frage zu bejahen, würde auch dies der vorliegenden Klage zum Erfolg verhelfen.
76 
d) Angemerkt sei schließlich noch, dass die in der BFH-Rechtsprechung vertretene 110-EUR-Freigrenze und deren Anwendung durch das Tatgericht auf den Einzelfall für sich genommen nicht die Zulassung der Revision begründen könnten, zumal sie das zum Jahresende 2014 ausgelaufene frühere Recht vor Inkrafttreten des neuen § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG betreffen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 04. Mai 2017 - 3 K 3046/14

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Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 04. Mai 2017 - 3 K 3046/14 zitiert 49 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 151


(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; §

Einkommensteuergesetz - EStG | § 19


(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören1.Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;1a.Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 136


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 139


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Aufwendungen der Fin

Einkommensteuergesetz - EStG | § 8 Einnahmen


(1) 1Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 zufließen. 2Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen,

Abgabenordnung - AO 1977 | § 122 Bekanntgabe des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden

Abgabenordnung - AO 1977 | § 110 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen. (2) Der Antrag ist innerhal

Abgabenordnung - AO 1977 | § 150 Form und Inhalt der Steuererklärungen


(1) Eine Steuererklärung ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben, wenn1.keine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben ist,2.nicht freiwillig eine gesetzlich oder amtlich zugelassene elektronische Steuererklärung abgegeben wird,3.kei

Abgabenordnung - AO 1977 | § 89 Beratung, Auskunft


(1) Die Finanzbehörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder g

Abgabenordnung - AO 1977 | § 139b Identifikationsnummer


(1) Eine natürliche Person darf nicht mehr als eine Identifikationsnummer erhalten. Jede Identifikationsnummer darf nur einmal vergeben werden. (2) Die Finanzbehörden dürfen die Identifikationsnummer verarbeiten, wenn die Verarbeitung zur Erfüllu

Abgabenordnung - AO 1977 | § 93c Datenübermittlung durch Dritte


(1) Sind steuerliche Daten eines Steuerpflichtigen auf Grund gesetzlicher Vorschriften von einem Dritten (mitteilungspflichtige Stelle) an Finanzbehörden elektronisch zu übermitteln, so gilt vorbehaltlich abweichender Bestimmungen in den Steuergesetz

Abgabenordnung - AO 1977 | § 87a Elektronische Kommunikation


(1) Die Übermittlung elektronischer Dokumente ist zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet. Ein elektronisches Dokument ist zugegangen, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung es in für den Empfänger bearbeitbarer Weise a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 373 Beweisantritt


Der Zeugenbeweis wird durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 85 Besteuerungsgrundsätze


Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unre

Abgabenordnung - AO 1977 | § 355 Einspruchsfrist


(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den

Abgabenordnung - AO 1977 | § 356 Rechtsbehelfsbelehrung


(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in

Abgabenordnung - AO 1977 | § 108 Fristen und Termine


(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist. (2) Der Lauf einer Frist, die von einer

Abgabenordnung - AO 1977 | § 357 Einlegung des Einspruchs


(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht. (2) Der Einspruch ist b

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 82


Soweit §§ 83 bis 89 nicht abweichende Vorschriften enthalten, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 371, 372 bis 377, 380 bis 382, 386 bis 414 und 450 bis 494 der Zivilprozessordnung sinngemäß anzuwenden.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 55


(1) Die Frist für einen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehr

Abgabenordnung - AO 1977 | § 72a Haftung Dritter bei Datenübermittlungen an Finanzbehörden


(1) Der Hersteller von Programmen im Sinne des § 87c haftet, soweit die Daten infolge einer Verletzung seiner Pflichten nach § 87c unrichtig oder unvollständig verarbeitet und dadurch Steuern verkürzt oder zu Unrecht steuerliche Vorteile erlangt werd

Abgabenordnung - AO 1977 | § 138a Länderbezogener Bericht multinationaler Unternehmensgruppen


(1) Ein Unternehmen mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland (inländisches Unternehmen), das einen Konzernabschluss aufstellt oder nach anderen Regelungen als den Steuergesetzen aufzustellen hat (inländische Konzernobergesellschaft), hat nach Ablauf

Abgabenordnung - AO 1977 | § 117 Zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe in Steuersachen


(1) Die Finanzbehörden können zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe nach Maßgabe des deutschen Rechts in Anspruch nehmen. (2) Die Finanzbehörden können zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe auf Grund innerstaatlich anwendbarer völkerrechtli

Abgabenordnung - AO 1977 | § 366 Form, Inhalt und Erteilung der Einspruchsentscheidung


Die Einspruchsentscheidung ist zu begründen, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und den Beteiligten schriftlich oder elektronisch zu erteilen. Betrifft die Einspruchsentscheidung eine gesonderte und einheitliche Feststellung im Sinne des §

Abgabenordnung - AO 1977 | § 87b Bedingungen für die elektronische Übermittlung von Daten an Finanzbehörden


(1) Das Bundesministerium der Finanzen kann in Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder die Datensätze und weitere technische Einzelheiten der elektronischen Übermittlung von Steuererklärungen, Unterlagen zur Steuererklärung, Daten über

Abgabenordnung - AO 1977 | § 123 Bestellung eines Empfangsbevollmächtigten


Ein Beteiligter ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, hat

Abgabenordnung - AO 1977 | § 80a Elektronische Übermittlung von Vollmachtsdaten an Landesfinanzbehörden


(1) Daten aus einer Vollmacht zur Vertretung in steuerlichen Verfahren, die nach amtlich bestimmtem Formular erteilt worden sind, können den Landesfinanzbehörden nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmten Schnittstellen überm

Abgabenordnung - AO 1977 | § 117c Umsetzung innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten


(1) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Erfüllung der Verpflichtungen aus innerstaatlich anwendbaren völkerrechtlichen Vereinbarungen, die der Förderung der Steuerehrlichkeit durch systematische Erhebung und Übermittlung steuerlic

Abgabenordnung - AO 1977 | § 87d Datenübermittlungen an Finanzbehörden im Auftrag


(1) Mit der Übermittlung von Daten, die nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung über die amtlich bestimmten Schnittstellen für steuerliche Zwecke an die Finanzverwaltung zu übermitteln sind oder freiwillig übermittelt werde

Abgabenordnung - AO 1977 | § 175b Änderung von Steuerbescheiden bei Datenübermittlung durch Dritte


(1) Ein Steuerbescheid ist aufzuheben oder zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten im Sinne des § 93c bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden. (2) Gelten

Abgabenordnung - AO 1977 | § 93a Allgemeine Mitteilungspflichten


(1) Zur Sicherung der Besteuerung nach § 85 kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Behörden und andere öffentliche Stellen einschließlich öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten (§ 6 Absatz 1 bis 1c) verpflich

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(1) Als Auslagen werden erhoben:1.Schreibauslagen für nicht von Amts wegen zu erteilende oder per Telefax übermittelte Abschriften; die Schreibauslagen betragen unabhängig von der Art der Herstellunga)für die ersten 50 Seiten je Seite 0,50 Euro,b)für

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Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen des Arbeitgebers für eine Betriebsveranstaltung zu Arbeitslohn führen.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten mit Niederlassungen in A, B und C. Sie veranstaltet jährlich für ihre Mitarbeiter am Standort A ein Sommerfest und in der Adventszeit eine Weihnachtsfeier. Für das Sommerfest im Streitjahr (2007) mietete sie ... entsprechende Räumlichkeiten, organisierte Speisen, Getränke und Live-Musik sowie die An- und Abreise der Teilnehmer. Laut Teilnehmerliste nahmen 302 Personen an der Veranstaltung teil. Es handelte sich dabei um 252 Arbeitnehmer der Klägerin, 44 Partner bzw. Gäste oder sog. Externe sowie 6 Mitarbeiter einer mit der Klägerin assoziierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Die Kosten beliefen sich auf insgesamt 52.877 €, je Teilnehmer auf durchschnittlich 175 €.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat die Auffassung, dass die Zuwendungen anlässlich des Sommerfestes lohnsteuerpflichtig seien. Das FA erhob daher mit Bescheid vom 9. Januar 2008 entsprechend § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) pauschal Lohnsteuer in Höhe von 11.005 € nach.

4

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 443 veröffentlichten Gründen ab.

5

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

6

Sie beantragt, das angefochtene Urteil und den angefochtenen Nachforderungsbescheid aufzuheben.

7

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

8

Das Bundesministerium der Finanzen hat den Beitritt zum Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

10

Die tatsächlichen Feststellungen des FG rechtfertigen nicht den Schluss, dass die Leistungen der Klägerin anlässlich der Betriebsveranstaltung in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind. Allerdings hat das FG zutreffend entschieden, dass die Freigrenze auch im Streitjahr 110 € beträgt.

11

1. Die Nachforderung von Lohnsteuer beim Arbeitgeber durch Steuerbescheid kommt in Betracht, wenn die Lohnsteuer vorschriftswidrig nicht angemeldet worden ist und es sich um eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers handelt. Eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers liegt auch vor, wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG gegeben sind (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. April 2009 VI R 55/07, BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726).

12

Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, wenn er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Maßgeblich ist insoweit § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

13

2. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dem Tatbestandsmerkmal "für" ist nach ständiger Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass der Einnahme eine konkrete Dienstleistung des Arbeitnehmers zugeordnet werden kann (BFH-Urteile vom 21. Januar 2010 VI R 2/08, BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639; vom 22. März 1985 VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; vom 21. Februar 1986 VI R 21/84, BFHE 146, 87, BStBl II 1986, 406).

14

a) Arbeitslohn liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH u.a. dann nicht vor, wenn die Arbeitnehmer durch Sachzuwendungen des Arbeitgebers bereichert werden, der Arbeitgeber jedoch mit seinen Leistungen ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt (BFH-Urteile vom 22. Oktober 1976 VI R 26/74, BFHE 120, 379, BStBl II 1977, 99; vom 17. September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39; in BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639; vom 21. Januar 2010 VI R 51/08, BFHE 228, 85, BStBl II 2010, 700; jeweils m.w.N.; s. auch Drenseck in Festschrift für Lang, Köln 2010, 477, 482; Schmidt/Krüger, EStG, 31. Aufl., § 19 Rz 30 ff.; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 19 Rz 64 ff.; Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG Rz 225 ff.).

15

b) Ebenfalls in ständiger Rechtsprechung bejaht der Senat bei Zuwendungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen ein eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers, sofern er die Aufwendungen tätigt, um den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima zu fördern (BFH-Urteile in BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; in BFHE 146, 87, BStBl II 1986, 406; vom 25. Mai 1992 VI R 85/90, BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655; vom 6. Dezember 1996 VI R 48/94, BFHE 182, 142, BStBl II 1997, 331; vom 16. November 2005 VI R 68/00, BFHE 212, 51, BStBl II 2006, 440; VI R 151/99, BFHE 211, 321, BStBl II 2006, 439; VI R 157/98, BFHE 212, 48, BStBl II 2006, 437; VI R 118/01, BFHE 212, 55, BStBl II 2006, 444; VI R 151/00, BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442; vom 15. Januar 2009 VI R 22/06, BFHE 224, 136, BStBl II 2009, 476; in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726). Maßgebend für diese Beurteilung ist, dass die fraglichen Zuwendungen der Belegschaft als ganzer angeboten und dass die Vorteile unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie der Stellung und Leistung im Betrieb gewährt werden. In diesem Fall fehlt es regelmäßig an einer Beziehung der Arbeitgeberleistung zur individuellen Arbeitsleistung der betroffenen Arbeitnehmer und damit an der Entlohnung (BFH-Urteil in BFHE 146, 87, BStBl II 1986, 406).

16

c) Geldwerte Vorteile, die den Arbeitnehmern bei Betriebsveranstaltungen zufließen, können allerdings dann als Ertrag ihrer individuellen Dienstleistung angesehen werden, wenn eine Betriebsveranstaltung lediglich zum Anlass genommen wird, die Arbeitnehmer zusätzlich zu entgelten. Nach der früheren Rechtsprechung des Senats war dies der Fall, wenn bei solchen Veranstaltungen der "übliche Rahmen von Aufwendungen" der Höhe nach überschritten wird (BFH-Urteile in BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; vom 22. März 1985 VI R 82/83, BFHE 143, 550, BStBl II 1985, 532).

17

d) Später hat der Senat die lohnsteuerrechtliche Wertung derartiger Zuwendungen nicht mehr davon abhängig gemacht, ob die Vorteilsgewährung der Höhe nach üblich ist, sondern er hat eine Freigrenze angenommen, bei deren Überschreitung die Zuwendungen in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind (BFH-Urteile in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655; in BFHE 182, 142, BStBl II 1997, 331; in BFHE 212, 51, BStBl II 2006, 440; in BFHE 211, 321, BStBl II 2006, 439; in BFHE 212, 48, BStBl II 2006, 437; in BFHE 212, 55, BStBl II 2006, 444; in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442; in BFHE 224, 136, BStBl II 2009, 476; in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726; s. auch Küttner/Thomas, Personalbuch 2012, Stichwort Betriebsveranstaltung, Rz 3). Der Senat ging bisher davon aus, dass er mit der Festlegung der Freigrenze die Befugnisse richterlicher Rechtsanwendung nicht überschritten hat (BFH-Urteile in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655; in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442).

18

e) Für die Jahre 1983 bis 1992 hatte der BFH die Freigrenze auf 150 DM beziffert. Die Finanzverwaltung hatte bald nach dem Ergehen des Senatsurteils in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655 mit Wirkung ab 1993 die Freigrenze auf 200 DM heraufgesetzt. Ab Veranlagungszeitraum 2002 legt die Finanzverwaltung eine Freigrenze von 110 € je Veranstaltung zugrunde (BFH-Urteil in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442; s. für das Streitjahr R 72 Abs. 4 Satz 2 der Lohnsteuer-Richtlinien --LStR-- 2005). Der BFH hatte seinerseits für die Jahre 1996 und 1997 die Freigrenze auf 200 DM festgelegt (BFH-Urteil in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442; zum Jahr 2001 s. BFH-Urteil in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726).

19

In die Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, sind grundsätzlich die den Arbeitgeber treffenden Gesamtkosten der Veranstaltung einzubeziehen und zu gleichen Teilen sämtlichen Teilnehmern zuzurechnen (BFH-Urteile in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655 mit Hinweis auf Abschn. 72 Abs. 4 LStR 1990; in BFHE 212, 48, BStBl II 2006, 437; in BFHE 212, 55, BStBl II 2006, 444). Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, mit den üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Bei diesem Wert, der im Schätzungsweg zu ermitteln ist, handelt es sich um den Betrag, den ein Fremder unter gewöhnlichen Verhältnissen für Güter gleicher Art im freien Verkehr aufwenden muss. Nach Auffassung des Senats ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, den Wert der dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewandten Leistungen anhand der Kosten zu schätzen, die der Arbeitgeber dafür seinerseits aufgewendet hat. Denn es kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass auch ein Fremder diesen Betrag für die Veranstaltung hätte aufwenden müssen. Sofern sich ein Beteiligter für die Bewertung auf eine abweichende Wertbestimmung beruft, muss er konkret darlegen, dass eine Schätzung des üblichen Endpreises am Abgabeort anhand der vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten dem objektiven Wert der Veranstaltung nicht entspricht (BFH-Urteil vom 18. August 2005 VI R 32/03, BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30, zur Zuwendung einer Reise).

20

3. Die Festlegung einer höheren Freigrenze für das Streitjahr durch den Senat kommt nicht in Betracht.

21

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sind Finanzgerichte im Steuerrecht zur Typisierung befugt, sofern es sich dabei um Gesetzesauslegung handelt (Entscheidungen des BVerfG vom 31. Mai 1988  1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214; vom 4. Februar 2005  2 BvR 1572/01, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2005, 352; s. auch BFH-Urteile vom 21. September 2011 I R 7/11, BFHE 235, 273, BFH/NV 2012, 310; vom 27. Januar 2010 IX R 31/09, BFHE 229, 90, BStBl II 2011, 28; vom 15. März 2005 X R 39/03, BFHE 209, 320, BStBl II 2005, 817; Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 1 FGO Rz 144; Kanzler, Finanz-Rundschau 2009, 527; Pahlke, Beiheft zum Deutschen Steuerrecht, Heft 31/2011, 66).

22

Es kann hier dahinstehen, ob an der, wie erwähnt, bisher vom Senat vertretenen Auffassung, dass sich die Rechtsprechung mit der Bildung der genannten Freigrenze noch im Rahmen ihrer Ermächtigung zur typisierenden Gesetzesauslegung bewegt, zukünftig uneingeschränkt festgehalten werden kann. Denn der Senat ist der Meinung, dass zumindest eine ständige Anpassung des Höchstbetrags an die Geldentwicklung nicht Aufgabe des Gerichts ist, zumal auch der Gesetz- und Verordnungsgeber Pauschbeträge nicht laufend, sondern allenfalls von Zeit zu Zeit korrigiert (BFH-Urteile in BFHE 182, 142, BStBl II 1997, 331; in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442). Der Senat hält auch zur Gewährleistung von Rechtsanwendungsgleichheit und Rechtssicherheit für den streitigen Zeitraum an dem Höchstbetrag von 110 € fest, zumal nach seiner Einschätzung der Betrag noch ausreicht, um im Rahmen einer Betriebsveranstaltung den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima zu fördern (gl.A. Zimmermann, EFG 2011, 446). Er ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass die Finanzverwaltung erwägen sollte, alsbald den Höchstbetrag, ab dem Zuwendungen des Arbeitgebers bei Betriebsveranstaltungen beim teilnehmenden Arbeitnehmer in vollem Umfang als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind, neu und auf der Grundlage von Erfahrungswissen zu bemessen. Im Übrigen behält sich der Senat vor, ggf. seine bisherige Rechtsprechung zur Zulässigkeit typisierender Gesetzesauslegung im hier fraglichen Bereich zu überprüfen.

23

4. Hält der Senat danach zunächst an der Bedeutung und Wirksamkeit einer Freigrenze prinzipiell fest, besteht jedoch Anlass, auf Folgendes hinzuweisen:

24

Es muss sich bei den Kosten des Arbeitgebers, die in die Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, einbezogen werden, um Arbeitslohn aus Anlass einer Betriebsveranstaltung handeln. Nach der Rechtsprechung des BFH sind nur solche Leistungen des Arbeitgebers, die den Rahmen und das Programm der Betriebsveranstaltung betreffen, zu berücksichtigen. Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen und durch die der Arbeitnehmer deshalb nicht bereichert ist (s. dazu BFH-Urteil vom 14. November 2012 VI R 56/11, BFHE 239, 410), sind kein Lohn und daher weder in die Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, einzubeziehen noch gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG zu besteuern (BFH-Urteil vom 7. November 2006 VI R 58/04, BFHE 215, 249, BStBl II 2007, 128). Entsprechendes gilt für Aufwendungen des Arbeitgebers, die nicht direkt der Betriebsveranstaltung zuzuordnen sind (z.B. Kosten der Buchhaltung oder für die Beschäftigung eines "Event-Managers"). Zudem ist zu beachten, dass eine Betriebsveranstaltung Elemente einer sonstigen betrieblichen Veranstaltung enthalten kann, die nicht zur Lohnzuwendung führt (BFH-Urteil in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726, m.w.N.).

25

In die angesprochene Gesamtkostenermittlung dürfen im Übrigen nur solche Kosten des Arbeitgebers einfließen, die untrennbar Kosten der Betriebsveranstaltung sind. Individualisierbare und als Arbeitslohn zu berücksichtigende Leistungen sind gesondert zu erfassen, ggf. unter Beachtung von § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG.

26

5. Die Sache ist nicht spruchreif.

27

Das FG hat zwar festgestellt, dass sich die Gesamtkosten der Veranstaltung auf 52.877 € beliefen. Dem Urteil lassen sich jedoch keine Angaben zur Struktur der Kosten entnehmen. Insbesondere steht nicht fest, ob, nach Maßgabe der genannten Grundsätze, die entsprechenden Leistungen insgesamt in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung standen und deshalb Lohncharakter anzunehmen ist. Auch ist nicht geklärt, welche Leistungen untrennbare Teile der Betriebsveranstaltung sind und welche einzelnen Arbeitnehmern zugeordnet werden können. Soweit sich etwa den Unterlagen entnehmen lässt, dass auch Kosten für Fahrten mit Taxen angesetzt wurden, weist der Senat daraufhin, dass es sich dabei allenfalls um Zuwendungen an einzelne Arbeitnehmer handeln kann.

28

Das FG wird demnach im zweiten Rechtsgang nach den genannten Grundsätzen die Ermittlung der als Arbeitslohn zu beurteilenden Gesamtkosten der Betriebsveranstaltung und die Aufteilung des Gesamtbetrags auf die Arbeitnehmer der Klägerin, soweit sie teilgenommen haben, erneut vornehmen. Nur wenn das FG zu dem Ergebnis gelangt, dass der Höchstbetrag von 110 € überschritten wurde, sind die Gesamtkosten in vollem Umfang als Arbeitslohn zu werten und können gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG pauschal versteuert werden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), inzwischen eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, firmierte in den Streitjahren (2003 bis 2006) als A-AG. Die Firmen X, Y und Z sind Tochtergesellschaften der Klägerin.

2

Im Jahr 2005 feierte die Klägerin das 125-jährige Firmenjubiläum der gesamten Firmengruppe. Zur Feier des Firmenjubiläums fanden am 2. und am 4. September 2005 (Sonntag) Veranstaltungen im Fußballstadion in B statt. Zum Termin am 2. September 2005 waren 684 (lt. Einladungsliste) Gäste aus Wirtschaft und Politik geladen. Es handelte sich um ein sogenanntes "VIP-Event".

3

Für den 4. September 2005 wurde hingegen die gesamte Belegschaft der Firmengruppe, insgesamt 20 604 Personen, zur Teilnahme aufgefordert. Bis zum 17. Juni 2005 ließen sich 18 589 Mitarbeiter als Teilnehmer registrieren.

4

Mit der Gesamtorganisation wurde ein Eventveranstalter, die C-GmbH, beauftragt. Von einer ursprünglich angedachten zusätzlichen Einladung aller Pensionäre der Firmengruppe war wegen des organisatorischen und logistischen Aufwandes Abstand genommen worden. Die Versammlungsgenehmigung wurde, noch ausgehend von einer Einladung der Pensionäre, für 26 809 Personen beantragt. Es standen Anreisekapazitäten für 23 129 Personen bereit (153 Busse, 9 Sonderzüge und 4 000 Parkplätze). Der Stadionmietvertrag wurde am 7. Juli 2005 für den Zeitraum vom 29. August bis zum 8. September 2005 abgeschlossen. Darin war für den Termin am 4. September 2005 von voraussichtlich ca. 15 000 teilnehmenden Personen die Rede.

5

Nach Auffassung der Klägerin beliefen sich die Kosten für die Veranstaltung am 4. September 2005 auf 1.812.822,51 €. Dabei handelte es sich im Wesentlichen um Kosten für Künstler, Eventveranstalter, Stadionmiete und Catering. Der Lohnsteueraußenprüfer des Finanzamts D ermittelte dagegen Kosten für die Veranstaltung am 4. September 2005 in Höhe von 2.095.235,04 €. Die Differenzen erklären sich vor allem durch die unterschiedliche Zuordnung und Aufteilung von Kosten zu den Veranstaltungen am 2. bzw. 4. September 2005.

6

Nach Auffassung des Lohnsteueraußenprüfers hat, ausgehend von einer (geschätzten) Teilnehmerzahl von 15 000 Personen, der Aufwand der Klägerin mehr als 110 € pro Person betragen. Damit sei die in R 72 Abs. 4 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 2005 genannte Grenze, bis zu der von einer Annehmlichkeit und nicht von einem geldwerten Vorteil auszugehen sei, überschritten und eine Lohnversteuerung durchzuführen. Die Klägerin habe deshalb zusätzlich Lohn in Höhe von 1.990.052 € zu versteuern. Dies entspräche einem Anteil von 94,98 % der insgesamt durch die Veranstaltung am 4. September 2005 den Arbeitnehmern vermittelten Vorteile.

7

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) schloss sich der Meinung des Prüfers an und forderte im Bescheid vom 11. Dezember 2007 gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Lohnsteuer in Höhe von 497.513 € nebst Solidaritätszuschlag und Kirchensteuern nach.

8

Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) sind die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG zu bejahen. Bei der Jubiläumsfeier am 4. September 2005 habe es sich um eine übliche Betriebsveranstaltung gehandelt. Die danach zu beachtende Freigrenze habe auch im Jahr 2005  110 € betragen. Die bei der Ermittlung der Freigrenze zugrunde zu legenden Gesamtkosten der Firmengruppe hätten sich auf 1.795.868 € belaufen. Die Teilnehmerzahl werde auf 15 000 bis 16 000 Personen geschätzt. Der Aufwand pro Teilnehmer habe daher 112,24 € betragen. Im Übrigen müsse der geldwerte Vorteil noch um die von der Klägerin verauslagten Reiseaufwendungen der Arbeitnehmer in Höhe von insgesamt 581.820 € erhöht werden. Das Gericht sehe sich jedoch verfahrensrechtlich an einer Verböserung gehindert.

9

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

10

Sie beantragt, das angefochtene Urteil und den angefochtenen Nachforderungsbescheid aufzuheben, soweit die Kosten des Firmenjubiläums im Streit sind.

11

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

12

Das Bundesministerium der Finanzen hat den Beitritt zum Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt. Es hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

14

1. Die Nachforderung von Lohnsteuer beim Arbeitgeber durch Steuerbescheid kommt in Betracht, wenn die Lohnsteuer vorschriftswidrig nicht angemeldet worden ist und es sich um eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers handelt. Eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers liegt auch vor, wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG gegeben sind (Senatsurteil vom 30. April 2009 VI R 55/07, BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726).

15

Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, wenn er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Maßgeblich ist insoweit § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

16

2. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören u.a. Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Arbeitslohn sind nach § 2 Abs. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen; dabei ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung und in welcher Form die Einnahmen gewährt werden.

17

a) Arbeitslohn liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) u.a. dann nicht vor, wenn die Arbeitnehmer durch Sachzuwendungen des Arbeitgebers zwar bereichert werden, der Arbeitgeber jedoch mit seinen Leistungen ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt (Senatsurteile vom 22. Oktober 1976 VI R 26/74, BFHE 120, 379, BStBl II 1977, 99; vom 17. September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39; vom 21. Januar 2010 VI R 2/08, BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639; VI R 51/08, BFHE 228, 85, BStBl II 2010, 700, jeweils m.w.N.; s. auch Drenseck in Festschrift für Lang, Köln 2010, 477, 482; Schmidt/Krüger, EStG, 32. Aufl., § 19 Rz 55 ff.; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 19 Rz 64 ff.; Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG Rz 225 ff.).

18

b) Nach ständiger Rechtsprechung können auch Zuwendungen des Arbeitgebers aus Anlass von Betriebsveranstaltungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen. Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht. Das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Durchführung solcher Veranstaltungen ist in der Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer untereinander und in der Verbesserung des Betriebsklimas zu sehen. Insbesondere zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung hat der BFH jedoch typisierend festgelegt, ab wann den teilnehmenden Arbeitnehmern geldwerte Vorteile von solchem Eigengewicht zugewendet werden, dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann. Danach sind bei Überschreiten einer Freigrenze von 110 € die Zuwendungen des Arbeitgebers in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 12. Dezember 2012 VI R 79/10, BFHE 240, 44, m.w.N.).

19

c) Die Bewertung der Leistungen bestimmt sich nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Bei diesem Wert, der im Schätzungsweg ermittelt werden kann, handelt es sich um den Betrag, den ein Fremder unter gewöhnlichen Verhältnissen für Güter gleicher Art im freien Verkehr aufwenden muss. Rechtsprechung und Verwaltung (R 72 Abs. 4 LStR für die Streitjahre) beanstanden es jedoch grundsätzlich nicht, den Wert der dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewandten Leistungen anhand der Kosten zu schätzen, die dem Arbeitgeber dafür seinerseits erwachsen sind. Denn es kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass auch ein Fremder diesen Betrag für die Veranstaltung hätte aufwenden müssen. Sofern sich ein Beteiligter für die Bewertung auf eine abweichende Bestimmung beruft, muss er grundsätzlich konkret darlegen, dass eine Schätzung des üblichen Endpreises am Abgabeort anhand der vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten dem objektiven Wert der Veranstaltung nicht entspricht (Senatsurteil in BFHE 240, 44, m.w.N.).

20

In die Schätzungsgrundlage zur Bemessung des dem Arbeitnehmer zugewandten Vorteils sind jedoch nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Dem entsprechend hat der Senat Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen und durch die der Arbeitnehmer deshalb nicht bereichert ist, nicht als Lohn beurteilt und folglich auch nicht bei der Prüfung, ob die Freigrenze überschritten ist, einbezogen; so hat er etwa Kosten der Buchhaltung oder für die Beschäftigung eines Eventmanagers ausgenommen (Senatsurteil in BFHE 240, 44, m.w.N.). Dies gründet darin, dass Arbeitgeber, insbesondere, wenn sie mit mehreren Hundert Besuchern rechnen, häufig nicht in der Lage sind, selbst eine Betriebsveranstaltung auszurichten; sie müssen sich daher der Hilfe eines Eventmanagers bedienen, der diese gestaltet. Die Organisation einer Betriebsfeier durch ein fremdes Unternehmen erhöht zwar die Kosten des Arbeitgebers hierfür, nicht aber den Vorteil, der dem Arbeitnehmer zufließt und der allein Gegenstand der Einkommensbesteuerung ist.

21

Gleiches gilt im Grundsatz für Mietkosten. Ein Unternehmen, das eine übliche Betriebsfeier veranstaltet oder sein Firmenjubiläum mit den eigenen Arbeitnehmern und --wie die Klägerin im Streitfall-- den Arbeitnehmern von Tochterunternehmen begeht, wird regelmäßig auf eigenem Firmengelände nicht über ausreichende Raumkapazitäten verfügen, sodass es eine Örtlichkeit mieten muss, in der sämtliche Arbeitnehmer Platz finden. Allein das Abhalten einer Betriebsveranstaltung in gemieteten statt in eigenen Räumen des Arbeitgebers begründet jedoch für sich betrachtet regelmäßig noch keinen geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers. Nur wenn hierbei Leistungen an die Arbeitnehmer erbracht werden, die einen marktgängigen Wert haben, kann bei den Arbeitnehmern eine objektive Bereicherung und damit Arbeitslohn angenommen werden. Zu einer objektiven Bereicherung führen typischerweise nur solche Leistungen, die die teilnehmenden Arbeitnehmer unmittelbar konsumieren können, also vor allem Speisen, Getränke und Musikdarbietungen. Aufwendungen des Arbeitgebers, die die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung selbst betreffen, etwa Mietkosten und Kosten für die organisatorischen Tätigkeiten eines Eventveranstalters, bewirken bei den Teilnehmern dagegen keinen unmittelbaren Wertzugang; sie bleiben daher bei der angesprochenen Gesamtkostenermittlung grundsätzlich außer Betracht.

22

Zwar hat der Senat in seiner Entscheidung vom 25. Mai 1992 VI R 85/90 (BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655) die Auffassung vertreten, dass auch Ausgaben für den "äußeren Rahmen" von Betriebsveranstaltungen zu berücksichtigen seien (s. aber dagegen Senatsurteile vom 7. Juli 1961 VI 176/60 S, BFHE 73, 485, BStBl III 1961, 443; vom 26. August 1966 VI 248/65, BFHE 86, 783, BStBl III 1966, 659). Soweit dies jedoch so verstanden werden konnte, dass sämtliche Aufwendungen eines Arbeitgebers für eine Betriebsveranstaltung im Rahmen der Gesamtkostenermittlung zu berücksichtigen und auf die teilnehmenden Arbeitnehmer umzulegen seien, hält der Senat daran nicht mehr fest. Denn Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer durch die Leistung des Arbeitgebers einen unmittelbaren geldwerten Vorteil erlangt.

23

3. Die Entscheidung des FG entspricht diesen Grundsätzen nicht. Zwar hat die Vorinstanz die Freigrenze zu Recht mit 110 € bemessen (s. dazu Senatsentscheidung in BFHE 240, 44). Sie hat jedoch bei der Ermittlung der Gesamtkosten der Veranstaltung am 4. September 2005 zu Unrecht auch die Kosten des äußeren Rahmens (u.a. Eventveranstalter, Mietkosten) berücksichtigt.

24

Die Sache ist entscheidungsreif. Denn auf der Grundlage der Feststellungen des FG führt bereits die Nichtberücksichtigung der Stadionmiete in Höhe von 121.299,93 € zu einem Unterschreiten der Freigrenze:

25
        

Gesamtaufwand lt. FG

1.795.868,00 €

./. Stadionmiete

121.299,93 €

Verbleibender Gesamtaufwand

1.674.568,07 €

Dividiert durch die Teilnehmerzahl

16 000  

Aufwand je Teilnehmer

104,66 €

26

Entgegen der Auffassung des FG hat das FA die Reisekosten zu Recht nicht in die Berechnung einbezogen. Die Arbeitnehmer waren durch die von der Klägerin verauslagten Reiseaufwendungen nicht bereichert. Da die Teilnahme an der Veranstaltung beruflich veranlasst war, handelte es sich bei den Reisekosten um steuerfreien Werbungskostenersatz gemäß § 3 Nr. 16 EStG.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Lohnsteuer-Nachforderungsbescheids aus Anlass einer Betriebsveranstaltung.

2

Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein zum A-Konzern gehörendes Unternehmen mit Sitz in A. Die Klägerin, die 340 Arbeitnehmer beschäftigt, produziert an den Standorten A und B Zubehörteile für die Automobilindustrie. Im Streitjahr 2005 richtete sie erstmals für die gesamte Belegschaft ein Sommerfest aus. Da eine zuvor durchgeführte Umfrage eine Teilnehmerzahl von 600 (Arbeitnehmer und Familienangehörige) ergeben hatte, waren --auf dieser Basis-- Angebote eingeholt und Bestellungen vorgenommen worden. Tatsächlich nahmen an der Veranstaltung nur insgesamt 348 Personen teil, nämlich 67 Arbeitnehmer ohne Begleitung, 43 Arbeitnehmer mit einer Begleitperson (zusammen 86 Personen), sowie 54 Arbeitnehmer mit zwei oder mehr Begleitpersonen (zusammen 195 Personen).

3

Die Gesamtaufwendungen der Klägerin für das Fest betrugen 27.166,36 € (inklusive Umsatzsteuer). Von diesem Betrag entfallen 20.247,38 € auf die Kosten der Cateringfirma.

4

Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, Zuwendungen des Arbeitgebers bei Betriebsveranstaltungen würden im ganz überwiegend betrieblichen Interesse des Arbeitgebers erbracht und gehörten daher nicht zum Arbeitslohn, sofern es sich um herkömmliche (übliche) Veranstaltungen und bei solchen Veranstaltungen übliche Zuwendungen handele. Der Begriff der üblichen Zuwendung werde durch die Freigrenze von 110 € je Veranstaltung definiert. Dabei würden Zuwendungen an Angehörige und andere Gäste des Arbeitnehmers dem Arbeitnehmer zugerechnet. Bei der Ermittlung des Durchschnittsbetrags seien alle Kosten einschließlich der Aufwendungen für den äußeren Rahmen zu summieren und durch die Anzahl der Teilnehmer zu teilen. Die Ermittlung des Werts der Zuwendung für den einzelnen Arbeitnehmer in der Weise, dass der Gesamtaufwand für die Betriebsveranstaltung durch die Zahl der Veranstaltungsteilnehmer geteilt werde (sog. Durchschnittsberechnung), könne allerdings ausnahmsweise zu einem unzutreffenden Ergebnis führen, z.B. wenn Arbeitnehmer, deren Teilnahme vorgesehen gewesen sei, nicht teilgenommen hätten. In diesem Fall dürften Sachzuwendungen, die weder ihnen noch den anderen Arbeitnehmern zugewendet worden seien, nicht in die Durchschnittsbewertung einbezogen und den teilnehmenden Personen wertmäßig zugerechnet werden, selbst wenn dem Arbeitgeber dafür entsprechende Betriebsausgaben entstanden seien. Dementsprechend sei der Gesamtaufwand der Klägerin um die für 600 Personen berechnete Speisenpauschale in Höhe von 12,50 € (netto) pro Person zu vermindern. Der verbleibende Gesamtaufwand sei zur Durchschnittsberechnung heranzuziehen, so dass sich ein wie folgt zu ermittelnder Durchschnittsbetrag von 67,56 € pro Teilnehmer ergebe:

Gesamtaufwand

        

27.166,36 €

        

Speisenpauschale

252 nicht teilnehmende Arbeitnehmer x 12,50 € zzgl. 16 % MwSt./Person

3.654,00 €

        

Verbleibender Gesamtaufwand

        

23.512,36 €

        

Dividiert durch die Teilnehmerzahl (348)

        

67,56 €

        
5

Somit liege bei allen Teilnehmern, die mit zumindest einer Begleitperson erschienen seien, steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Insgesamt sei ein Betrag in Höhe von 18.984,36 € (281 Personen x 67,56 €/Person) nachzuversteuern.

6

Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) schloss sich der Auffassung des Prüfers an und forderte im Bescheid vom 26. Januar 2009 insoweit Lohnsteuer für das Streitjahr in Höhe von 4.746,09 € nach.

7

Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage teilweise statt. Nach Meinung des FG ist auch im Streitjahr an der Freigrenze in Höhe von 110 € festzuhalten. Das FA habe jedoch den nachzuversteuernden Arbeitslohn nicht zutreffend ermittelt. Entgegen der Auffassung des FA seien nicht nur die Kosten für Speisen und Getränke, sondern sämtliche Kosten, die auf die nicht teilnehmenden Arbeitnehmer entfallen seien, aus der Durchschnittsberechnung auszuscheiden. Weder die überzähligen Speisen und Getränke noch die überdimensionierten sonstigen Sachleistungen für den äußeren Rahmen (Kinderanimation, Live-Musik, Zelt etc.) seien den teilnehmenden Arbeitnehmern der Klägerin zugewendet worden. Sie hätten durch die Nichtteilnahme eines Großteils der angemeldeten Arbeitnehmer keine Bereicherung erfahren. Von der Differenz zwischen den Gesamtkosten in Höhe von 27.166,36 € und den ohnehin nur für 348 Teilnehmer berechneten Aufwendungen für Getränke in Höhe von 6.837,78 € (Getränkepauschale zuzüglich Getränke nach 18 Uhr) --mithin 20.328,58 €-- seien nur 348/600 --dies entspräche 11.790,58 €-- in die Durchschnittsberechnung einzubeziehen. Dividiere man die Summe aus diesem Betrag und den Getränkeaufwendungen (insgesamt 18.628,36 €) durch die Zahl der Teilnehmer (348), ergäbe sich ein Durchschnittswert von 53,53 €. Dementsprechend werde die Freigrenze von 110 € nur überschritten, sofern ein Arbeitnehmer mit mehr als einem Angehörigen an dem Betriebsfest teilgenommen habe. Der geldwerte Vorteil betrage daher 10.438,35 € (195 Teilnehmer x 53,53 €/Person). Daraus resultiere eine Lohnsteuer von 2.609,58 € (25 %).

8

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

9

Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

11

Die Klägerin hat ebenfalls Revision eingelegt.

12

Sie beantragt, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Nachforderungsbescheid dahingehend abzuändern, dass der Nachforderungsbetrag um 4.746,09 € auf eine verbleibende Lohnsteuer von 556,10 € herabgesetzt wird, hilfsweise um 3.824,04 € auf eine verbleibende Lohnsteuer von 1.478,15 €.

13

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und antragsgemäßen Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung). Die Revision des FA ist unbegründet.

15

1. Die Nachforderung von Lohnsteuer beim Arbeitgeber durch Steuerbescheid kommt in Betracht, wenn die Lohnsteuer vorschriftswidrig nicht angemeldet worden ist und es sich um eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers handelt. Eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers liegt auch vor, wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gegeben sind (Senatsurteil vom 30. April 2009 VI R 55/07, BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726).

16

Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, wenn er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Maßgeblich ist insoweit § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

17

2. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dem Tatbestandsmerkmal "für" ist nach ständiger Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass der Einnahme eine konkrete Dienstleistung des Arbeitnehmers zugeordnet werden kann (Senatsurteile vom 21. Januar 2010 VI R 2/08, BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639; vom 22. März 1985 VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; vom 21. Februar 1986 VI R 21/84, BFHE 146, 87, BStBl II 1986, 406).

18

a) Arbeitslohn liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) u.a. dann nicht vor, wenn die Arbeitnehmer durch Sachzuwendungen des Arbeitgebers bereichert werden, der Arbeitgeber jedoch mit seinen Leistungen ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt (Senatsurteile vom 22. Oktober 1976 VI R 26/74, BFHE 120, 379, BStBl II 1977, 99; vom 17. September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39; in BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639; vom 21. Januar 2010 VI R 51/08, BFHE 228, 85, BStBl II 2010, 700; jeweils m.w.N.; s. auch Drenseck in Festschrift für Lang, Köln 2010, 477, 482; Schmidt/Krüger, EStG, 32. Aufl., § 19 Rz 55 ff.; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 19 Rz 64 ff.; Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG Rz 225 ff.).

19

b) Nach ständiger Rechtsprechung können auch Zuwendungen des Arbeitgebers aus Anlass von Betriebsveranstaltungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen. Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht. Das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Durchführung solcher Veranstaltungen ist in der Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer untereinander und in der Verbesserung des Betriebsklimas zu sehen. Dabei ist die Teilnahme von Familienangehörigen und Gästen unschädlich (Schmidt/Krüger, EStG, 32. Aufl., § 19 Rz 100, Stichwort Betriebsveranstaltungen).

20

Insbesondere zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung hat der BFH jedoch typisierend festgelegt, ab wann den teilnehmenden Arbeitnehmern geldwerte Vorteile von solchem Eigengewicht zugewendet werden, dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann. Danach sind bei Überschreiten einer Freigrenze vorliegend in Höhe von 110 € die Zuwendungen des Arbeitgebers in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 12. Dezember 2012 VI R 79/10, BFHE 240, 44, m.w.N.).

21

c) Die Bewertung der Leistungen bestimmt sich nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Bei diesem Wert, der im Schätzungsweg ermittelt werden kann, handelt es sich um den Betrag, den ein Fremder unter gewöhnlichen Verhältnissen für Güter gleicher Art im freien Verkehr aufwenden muss (Senatsurteil vom 16. Mai 2013 VI R 94/10, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Nach Auffassung des Senats ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, den Wert der den Arbeitnehmern anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewandten Leistungen anhand der Kosten zu schätzen, die der Arbeitgeber dafür seinerseits aufgewendet hat, und zu gleichen Teilen sämtlichen Teilnehmern zuzurechnen (Senatsurteil in BFHE 240, 44). Aufzuteilen ist der Gesamtbetrag daher auch auf Familienangehörige und Gäste, die den Arbeitnehmer bei der Betriebsveranstaltung begleitet haben. Die genannte Freigrenze gilt auch in diesem Fall je Teilnehmer. Der auf die Familienangehörigen entfallende Aufwand wird aber den Arbeitnehmern bei der Berechnung, ob die Freigrenze überschritten ist, nicht zugerechnet (Breinersdorfer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 19 Rz B 370). Die Übernahme der Kosten durch den Arbeitgeber für diesen Personenkreis im Rahmen von Betriebsveranstaltungen stellt regelmäßig keine Entlohnung dar (Senatsurteil vom 22. März 1985 VI R 82/83, BFHE 143, 550, BStBl II 1985, 532). Soweit der Senat im Urteil vom 25. Mai 1992 VI R 85/90 (BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er daran nicht mehr fest.

22

Denn in Fällen, in denen sich die Vorteile für den Arbeitnehmer --wie hier-- auf eine Beköstigung in angemessenem Umfang, eine musikalische Unterhaltung und ein Animationsprogramm für Kinder beschränken, steht durch die Einladung auch der Familienangehörigen aus der Sicht des Arbeitnehmers nicht dessen Entlohnung für geleistete Dienste, sondern das Interesse des Arbeitgebers an der Förderung des Betriebsklimas im Vordergrund. Letztlich ist die Teilnahme der Familienangehörigen an derartigen Feiern in besonderem Maße geeignet, das Betriebsklima und die Arbeitsfreude der Arbeitnehmer zu fördern. Solche Feiern stärken die Verbundenheit zwischen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und den Kollegen; sie können überdies das Verständnis der Familienangehörigen für betriebliche Arbeitsabläufe --etwa Arbeitseinsätze des Arbeitnehmers zu außergewöhnlichen Zeiten-- fördern und erhöhen die Bereitschaft der Arbeitnehmer, an der Betriebsveranstaltung überhaupt teilzunehmen. Dagegen tritt der Vorteil, der dem Arbeitnehmer durch die Einladung auch seiner Familie zugewandt wird, deutlich zurück. Eine Bewirtung, eine musikalische Umrahmung und ggf. ein Unterhaltungsprogramm für die Kinder sind bei derartigen Betriebsfeiern auf gesellschaftlicher Grundlage üblich und werden daher weder vom Arbeitgeber noch von den Arbeitnehmern als besondere Entlohnung für geleistete Dienste beurteilt.

23

Eine andere Beurteilung kann bei Betriebsfeiern angezeigt sein, die ihrer Art nach den Schluss zulassen, dass über die Familienangehörigen dem Arbeitnehmer ein Vorteil zugewendet werden soll. Dies kommt insbesondere bei Veranstaltungen in Betracht, die bereits für sich selbst einen marktgängigen Wert besitzen und die vom Arbeitgeber nicht selbst durchgeführt werden könnten, so etwa, wenn die Belegschaft zusammen mit Familienangehörigen gemeinschaftlich ein Musical besucht oder Konzerte weltberühmter Künstler anlässlich von Betriebsfeiern gegeben werden.

24

3. Nach diesen Grundsätzen war der Klage der Klägerin vollumfänglich stattzugeben. Die Klägerin hat mit den Aufwendungen für die Betriebsveranstaltung den Arbeitnehmern keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn zugewendet. Die Aufwendungen je Arbeitnehmer beliefen sich bereits nach Auffassung des FA auf höchstens 67,56 € und überschritten damit nicht die im Streitjahr maßgebliche Freigrenze von 110 € (s. dazu Senatsentscheidung in BFHE 240, 44). Wie dargestellt, kommt es nicht darauf an, ob die Arbeitnehmer mit oder ohne Begleitung an der Veranstaltung teilgenommen haben. Die entsprechenden Kosten der Begleitpersonen finden keinen Eingang in die Berechnung, ob die Freigrenze überschritten ist. Damit kommt es weder auf die Frage an, ob das FG bei der Ermittlung der Gesamtkosten der Betriebsveranstaltung die der Klägerin entstandenen Kosten nur anteilig berücksichtigt hat, noch ist in diesem Verfahren zu klären, welche Kosten der Betriebsveranstaltung im Hinblick auf § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG überhaupt zu berücksichtigen waren.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 6/13
vom
27. Februar 2013
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Enthält die Beschwerdeentscheidung eines Oberlandesgerichts in einer Familienstreitsache
, mit der die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen
worden ist, nicht die gemäß § 39 FamFG erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung
, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur
bei Kausalität zwischen der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung und der Fristversäumung
in Betracht (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 13. Juni
2012 - XII ZB 592/11 - FamRZ 2012, 1287 und vom 23. Juni 2010
- XII ZB 82/10 - FamRZ 2010, 1425 Rn. 11).

b) An dieser Kausalität fehlt es nicht nur bei einem anwaltlich vertretenen Beteiligten
, sondern auch bei einer Behörde, die sich im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof
von einem Beschäftigten mit der Befähigung zum Richteramt
vertreten lässt (im Anschluss an BGH Beschluss vom 23. November 2011
- IV ZB 15/11 - FamRZ 2012, 367).
BGH, Beschluss vom 27. Februar 2013 - XII ZB 6/13 - OLG Oldenburg
AG Nordhorn
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Februar 2013 durch
den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Dr. Vézina und die Richter
Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Botur

beschlossen:
Der Antrag des Antragsgegners auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 29. November 2012 wird zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde gegen den vorgenannten Beschluss wird auf Kosten des Antragsgegners als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 10.416 €

Gründe:

I.

1
Durch Beschluss vom 29. November 2012 hat das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht die Zwangsvollstreckung aus einem Unterhaltstitel, aus dem der antragsgegnerische Landkreis aus übergegangenem Recht die Zwangsvollstreckung gegen den Antragsteller betrieb, teilweise für unzulässig erklärt. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, hat das Oberlandesgericht zugelassen.
2
Die Entscheidung ist dem Antragsgegner am 30. November 2012 zugestellt worden. Am Mittag des 21. Dezember 2012 (Freitag) hat der Antragsgegner vorab per Telefax bei dem Oberlandesgericht eine von einem Beschäftigten mit Befähigung zum Richteramt unterzeichnete Rechtsbeschwerdeschrift nebst Begründung eingereicht; das Original dieses Schriftsatzes ist am 28. Dezember 2012 (Freitag) bei dem Oberlandesgericht eingegangen. Am 3. Januar 2013 hat der Vorsitzende des Beschwerdesenats die Übersendung der Akten an den Bundesgerichtshof verfügt und dem Antragsgegner mitgeteilt, dass die Rechtsbeschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof einzureichen gewesen wäre und eine vorherige Weiterleitung der Rechtsbeschwerdeschrift an das Rechtsbeschwerdegericht aufgrund der Weihnachtsfeiertage im geordneten Geschäftsgang nicht mehr möglich gewesen sei.
3
Die Rechtsmittelschrift ist mit den Verfahrensakten am 7. Januar 2013 bei dem Bundesgerichtshof eingegangen; mit Schriftsatz vom 10. Januar 2013 beantragt der Antragsgegner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist.

II.

4
1. Die nach § 70 Abs. 1 FamFG statthafte Rechtsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht binnen der Notfrist von einem Monat nach der am 30. November 2012 erfolgten Zustellung des Beschlusses des Oberlandesgerichts , mithin spätestens am 31. Dezember 2012 (Montag), bei dem Bundesgerichtshof eingelegt worden ist.
5
2. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 10. Januar 2013 ist zurückzuweisen , weil der Antragsgegner nicht ohne sein Verschulden verhindert war, die Notfrist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde einzuhalten (§ 117 Abs. 5 FamFG i.V.m. § 233 ZPO). Diese Beurteilung wird weder durch die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung noch durch die Behandlung des Rechtsbeschwerdeschriftsatzes im Geschäftsbetrieb des Oberlandesgerichts in Frage gestellt.
6
a) Richtig ist im Ausgangspunkt, dass nach der Rechtsprechung des Senats die Verpflichtung des Gerichts zur Erteilung einer Rechtsbehelfsbelehrung unterschiedslos für alle nach dem FamFG geführten Verfahren besteht und in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 2 FamFG auch in Ehesachen und Familienstreitsachen ein Fehlen des Verschuldens vermutet wird, wenn die erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Juni 2012 - XII ZB 592/11 - FamRZ 2012, 1287 Rn. 7).
7
aa) Allerdings kommt auch unter der Geltung des § 17 Abs. 2 FamFG eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann in Betracht, wenn die fehlende oder unvollständige Rechtsbehelfsbelehrung für die Fristversäumnis ursächlich geworden ist. An einer solchen Ursächlichkeit fehlt es in denjenigen Fällen, in denen der Beteiligte wegen vorhandener Kenntnis über seine Rechtsmittel keiner Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedarf; dies ist bei einem anwaltlich vertretenen Beteiligten regelmäßig der Fall (Senatsbeschlüsse vom 13. Juni 2012 - XII ZB 592/11 - FamRZ 2012, 1287 Rn. 8 und vom 23. Juni 2010 - XII ZB 82/10 - FamRZ 2010, 1425 Rn. 11).
8
bb) Die Grundsätze dieser Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof auch auf Behörden angewendet, die ein gerichtliches Verfahren in einem ihnen zugewiesenen Aufgabenkreis führen. Es obliegt grundsätzlich der Behörde, durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass ihre mit der Sachbearbeitung betrauten Mitarbeiter die für die Erfüllung ihrer täglichen Aufgaben benötigten Rechtskenntnisse erwerben (BGH Beschluss vom 23. November 2011 - IV ZB 15/11 - FamRZ 2012, 367 Rn. 12 f.) oder die Vorgänge in Zweifelsfällen einem Beschäftigten vorgelegt werden, der über die erforderlichen Rechtskenntnisse verfügt.
9
Familiengerichtliche Verfahren im Zusammenhang mit der Geltendmachung und Beitreibung übergegangener Unterhaltsansprüche gehören zweifellos zu den wiederkehrend anfallenden Vorgängen im Geschäftsbereich eines Landkreises als Träger öffentlicher Sozialleistungen. Auch der Hinweis darauf, dass von dem Antragsgegner in den letzten zehn Jahren noch kein Rechtsbeschwerdeverfahren in einer Familiensache vor dem Bundesgerichtshof eingeleitet worden sei, rechtfertigt hier keine andere Beurteilung. In Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit können sich Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 FamFG bzw. § 114 Abs. 3 Satz 2 FamFG vor dem Bundesgerichtshof (nur) durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen. Mit der Einführung einer besonderen juristischen Qualifikation des Behördenvertreters in den Verfahren vor dem Bundesgerichtshof sollten gerade die zur Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens erforderlichen "hohen Rechtskenntnisse" sichergestellt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Juli 2010 - XII ZB 149/10 - FamRZ 2010, 1544 Rn. 9 mit Hinweis auf die Begründung zum Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechtes; BT-Drucks. 16/3655 S. 85, dort zu § 78 Abs. 2 ZPO nF). Damit stünde es nicht im Einklang, wenn an die Rechtskenntnisse eines juristisch qualifizierten Behördenvertreters mit Befähigung zum Richteramt grundlegend andere Maßstäbe angelegt werden würden als an die Rechtskenntnisse eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten. Wie von einem Rechtsanwalt kann und muss daher auch von ihm erwartet werden, dass er die sich aus dem Gesetz ergebenden Voraussetzungen für die Einlegung eines Rechtsmittels kennt oder sich diese Kenntnis unschwer zu verschaffen vermag. Im Übrigen weist das familiengerichtliche Ver- fahren im Hinblick auf die Empfangszuständigkeit des Bundesgerichtshofs für einen Rechtsmittelschriftsatz in der Rechtsbeschwerdeinstanz (§ 71 Abs. 1 Satz 1 FamFG) keine Besonderheiten gegenüber den Vorschriften der Zivilprozessordnung über Revision und Rechtsbeschwerde (§§ 549 Abs. 1 Satz 1, 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO) auf.
10
b) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Fürsorgepflicht des unzuständigen Gerichts bei der Behandlung von fehlgeleiteten Schriftsätzen nicht in Betracht.
11
aa) Geht ein fristgebundener Rechtsmittelschriftsatz statt beim Rechtsmittelgericht bei dem in der Vorinstanz befasst gewesenen Gericht ein, ist dieses verpflichtet, den Schriftsatz im ordentlichen Geschäftsgang an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch des Rechtssuchenden auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Geht der Schriftsatz so zeitig bei dem mit der Sache befasst gewesenen Gericht ein, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann, darf der Beteiligte darauf vertrauen, dass der Schriftsatz noch rechtzeitig beim Rechtsmittelgericht eingeht. Geschieht dies tatsächlich nicht, wirkt sich das Verschulden des Beteiligten oder seines Verfahrensbevollmächtigten nicht mehr aus, so dass ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (BVerfGE 93, 99, 115 f. = FamRZ 1995, 1559, 1561; BVerfG FamRZ 2001, 827).
12
Eine weitergehende Verpflichtung, etwa eine beschleunigte Weiterleitung an das zuständige Gericht oder eine Verpflichtung, den Beteiligten oder dessen Verfahrensbevollmächtigten durch Telefonat oder Telefax von der Einreichung des Rechtsmittels bei einem unzuständigen Gericht zu unterrichten, ergibt sich von Verfassungs wegen jedoch nicht. Denn sonst würde dem Beteiligten die Verantwortung für die Ermittlung des richtigen Adressaten fristgebundener Schriftsätze vollständig abgenommen und dem nicht empfangszuständigen Gericht übertragen (BVerfG FamRZ 2001, 827; ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. Juli 2011 - XII ZB 468/10 - FamRZ 2011, 1389, 1390 und vom 17. August 2011 - XII ZB 50/11 - FamRZ 2011, 1649, 1650).
13
bb) Die Erwartung, dass der Rechtsmittelschriftsatz bei einer Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang noch rechtzeitig den Bundesgerichtshof erreichen würde, war unter den hier obwaltenden Umständen nicht gerechtfertigt.
14
Zwischen dem Eingang der Rechtsmittelschrift bei dem Oberlandesgericht am Mittag des 21. Dezember 2012 (Freitag) und dem Ablauf der Rechtsbeschwerdefrist am 31. Dezember 2012 (Montag) lagen mit dem 27. Dezember 2012 (Donnerstag) und dem 28. Dezember 2012 (Freitag) lediglich zwei Arbeitstage. Selbst wenn der Vorsitzende des Beschwerdesenats oder dessen Vertreter schon am nächsten Arbeitstag nach dem Eingang des Schriftsatzes dessen Weiterleitung an den Bundesgerichtshof angeordnet hätte - was im Rahmen eines gewöhnlichen Geschäftsganges noch nicht einmal geboten gewesen wäre (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Dezember 2012 - XII ZB 61/12 - juris Rn. 8 und vom 15. Juni 2011 - XII ZB 468/10 - FamRZ 2011, 1389 Rn. 13) - und diese Weiterleitung am nächsten Tag von der Geschäftsstelle veranlasst worden wäre, hätte (weil es inzwischen Freitag war) wegen des bevorstehenden Wochenendes nicht erwartet werden können, dass das Schreiben noch am selben Tag an das Postbeförderungsunternehmen zur Übermittlung an den Bundesgerichtshof gelangte (vgl. auch BGH Beschluss vom 6. November 2008 - IX ZB 208/06 - FamRZ 2009, 320, 321). Es konnte daher auch nicht damit gerechnet werden, dass der Schriftsatz im gewöhnlichen Ge- schäftsgang noch rechtzeitig vor dem Fristablauf am Montag bei dem Bundesgerichtshof eingehen würde, ohne dass es für diese Beurteilung noch darauf ankäme, dass in der Urlaubszeit zwischen Weihnachten und Neujahr ohnehin einer erheblichen personellen Unterbesetzung sowohl des richterlichen als auch des nichtrichterlichen Dienstes bei dem Oberlandesgericht hätte Rechnung getragen werden müssen. Dose Vézina Klinkhammer Günter Botur
Vorinstanzen:
AG Nordhorn, Entscheidung vom 23.05.2012 - 11 F 799/11 UK -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 29.11.2012 - 13 UF 77/12 -

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

Tatbestand

1

I. Durch das angefochtene Urteil wies das Finanzgericht (FG) die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) wegen Einkommensteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2003 bis 2006 ab. Das Urteil wurde den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 27. Dezember 2013 zugestellt. Mit Schreiben vom 27. Januar 2014 legten die Prozessbevollmächtigten des Klägers, eine Rechtsanwaltskanzlei, Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil ein. Das Schreiben war an das FG adressiert und von einem der Rechtsanwälte unterschrieben. Es wurde per Telefax übermittelt und ging am 27. Januar 2014 um 15:52 Uhr beim FG ein. Am 29. Januar 2014 übermittelte das FG die Nichtzulassungsbeschwerde per Telefax an den Bundesfinanzhof (BFH), nachdem zuvor die Senatsvorsitzende noch mit der Sache befasst war.

2

Mit Schreiben vom 24. Februar 2014, das den Prozessbevollmächtigten am 27. Februar 2014 zugestellt wurde, wies der Vorsitzende des beschließenden Senats auf den nach Aktenlage verspäteten Eingang der Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH und auf § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hin.

3

Mit beim BFH am 13. März 2014 eingegangenem Telefax beantragten die Prozessbevollmächtigten des Klägers Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung verwiesen sie im Wesentlichen darauf, dass die Falschadressierung auf einem Büroversehen beruhe. Zwar habe der Entwurf der Nichtzulassungsbeschwerde die zutreffende Adressierung an den BFH enthalten. Durch eine Verkettung mehrerer Ereignisse habe das unter Mitwirkung einer Rechtsanwaltsfachangestellten und einer Auszubildenden zustande gekommene und versandte Original des Schreibens dann aber die Adressierung an das FG erhalten. Dem unterzeichnenden Rechtsanwalt sei der Schriftsatz zur Unterschrift vorgelegt worden, indem die zweite Seite zur Unterschrift aufgeklappt gewesen sei. Er habe die Rechtsanwaltsfachangestellte bei der Unterzeichnung noch gefragt, ob alle Angaben kontrolliert seien und sie angewiesen, vorsorglich noch einmal alle Angaben zu überprüfen. Diese habe dann aber die weitere Abwicklung des Versands auf die Auszubildende übertragen.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde ist unzulässig, da sie verspätet beim BFH eingegangen ist.

5

1. Nach § 116 Abs. 1 FGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim BFH einzulegen (§ 116 Abs. 2 Satz 1 FGO).

6

Im Streitfall wurde das Urteil den Prozessbevollmächtigten am 27. Dezember 2013 zugestellt. Die einmonatige Beschwerdefrist endete daher gemäß § 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Ablauf des 27. Januar 2014 (Montag). Die Beschwerde wurde indessen --entgegen der zutreffenden Rechtsmittelbelehrung des FG-- nicht an den BFH, sondern an das FG adressiert. Es ist diesem per Telefax am 27. Januar 2014 zugegangen und erst am 29. Januar 2014 per Telefax an den BFH weitergeleitet worden.

7

2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1 FGO) ist nicht zu gewähren, da der Prozessbevollmächtigte, dessen Verhalten sich der Kläger zurechnen lassen muss (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO), nicht ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten.

8

a) Letzteres ergibt sich daraus, dass der Bevollmächtigte es versäumt hat, die von ihm unterzeichnete Beschwerdeschrift zu überprüfen (BFH-Beschluss vom 11. August 2005 VIII B 291/04, BFH/NV 2006, 80). Der Prozessbevollmächtigte hat auch dann, wenn er bei der Anfertigung einer Rechtsmittelschrift geschultes Büropersonal einsetzt, das Arbeitsergebnis jeweils sorgfältig zu überprüfen. Insbesondere muss er prüfen, ob die Rechtsmittelschrift vollständig ist, alle notwendigen Angaben richtig enthält und an das richtige Gericht adressiert ist (BFH-Beschlüsse vom 8. September 2011 VIII R 29/09, juris; vom 7. Juni 1991 IV R 32/91, BFH/NV 1991, 761, m.w.N.).

9

Ein Prozessbevollmächtigter darf sich bei der Unterzeichnung des Originals des Schriftsatzes nicht darauf verlassen, dass ein von ihm freigegebener Entwurf des Schriftsatzes keine Fehler enthielt. Denn wie sich bereits aus dem eigenen Vortrag des Prozessbevollmächtigten ergibt, ist insbesondere aufgrund möglicher Fehler bei der Speicherung des Entwurfs und bei der Durchführung weiterer Arbeitsschritte (z.B. Einfügung des Entwurfstextes in den Kanzleibriefbogen) nicht sichergestellt, dass das Originalschreiben dem Entwurfsschreiben entspricht. Daher muss der Prozessbevollmächtigte auch prüfen, ob das von ihm unterzeichnete Originalschreiben an das richtige Gericht adressiert ist. Dies gilt umso mehr, wenn der Fehler --wie im Streitfall-- ohne weiteres erkennbar ist, weil sich der Inhalt des Schreibens im Wesentlichen auf die Angabe des Adressaten, des angefochtenen Urteils und des Antrags beschränkt. Auch darf sich der Prozessbevollmächtigte seiner Pflicht zur abschließenden Kontrolle des Arbeitsergebnisses nicht dadurch entziehen, dass er auch diese Aufgabe auf seine Büroangestellten delegiert.

10

b) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass das FG die Beschwerdeschrift nicht noch innerhalb der Beschwerdefrist an den BFH weitergeleitet hat.

11

Zwar kommt eine Wiedereinsetzung in Betracht, wenn der fristgebundene Schriftsatz so zeitig eingereicht worden ist, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann (z.B. BFH-Beschluss vom 28. Juni 2012 XI B 44/12, BFH/NV 2012, 1811).

12

Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall jedoch nicht vor. Die Beschwerdeschrift wurde erst am letzten Tag der Frist gegen Dienstschluss eingereicht. Dass der Schriftsatz dann am Folgetag der Vorsitzenden des im Schriftsatz durch das angegebene Aktenzeichen benannten Senats übermittelt und erst im Laufe eines weiteren Tages an den BFH übermittelt wurde, ist als Bearbeitung im ordentlichen Geschäftsgang zu werten (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 9. März 2004 X B 7/04, BFH/NV 2004, 976).

13

c) Der Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die fehlerhafte Adressierung bei Unterzeichnung der Beschwerdeschrift nicht bemerkt hat, ist deshalb als ihm allein (und nicht seinen Bürokräften oder den Bediensteten des FG) zuzurechnendes Verschulden anzusehen. Mangels Vorliegens eines Wiedereinsetzungsgrundes kommt es nicht darauf an, ob auch die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 FGO gewahrt wurden.

14

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

15

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 FGO.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 203/15
vom
27. Juli 2016
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Anforderungen an die Weiterleitung einer beim unzuständigen Gericht eingereichten
Rechtsmittelbegründungsschrift.
BGH, Beschluss vom 27. Juli 2016 - XII ZB 203/15 - OLG Rostock
AG Waren (Müritz)
ECLI:DE:BGH:2016:270716BXIIZB203.15.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Juli 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Nedden-Boeger und Guhling und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Familiensenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 4. Mai 2015 wird auf Kosten der Antragsgegnerin verworfen. Wert: 27.570 €

Gründe:

I.

1
Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute. Sie streiten um einen Vermögensausgleich nach Veräußerung des ehemaligen Familienhausgrundstücks.
2
Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin mit seinem später berichtigten Beschluss verpflichtet, an den Antragsteller 27.569,58 € nebst Zinsen zu zahlen. Der Beschluss ist den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 24. November 2014 zugestellt worden. Die neue Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat gegen den Beschluss mit am 23. Dezember 2014 beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und zugleich "Prozesskostenhilfe" beantragt. Einen weiteren, die Beschwerdebegründung enthaltenden Schriftsatz hat die Verfahrensbevollmächtigte am 20. Januar 2015 per Fax an das Amtsgericht gesandt. Der Schriftsatz ist vom Amtsgericht an das Oberlandesgericht weitergeleitet worden, bei diesem aber erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (26. Januar 2015) eingegangen.
3
Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen und das von der Antragsgegnerin gestellte Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG in Verbindung mit §§ 113 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 5 FamFG und §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig , weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
5
1. Das Oberlandesgericht hat die Verwerfung der Beschwerde damit begründet , dass die Beschwerdebegründungsschrift erst nach dem 26. Januar 2015, einem Montag, bei ihm eingegangen sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei der Antragsgegnerin nicht zu gewähren, weil die Fristversäumung auf dem ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden ihrer Verfahrensbevollmächtigten beruhe, die die Rechtsmittelbegründungsschrift beim unzuständigen Gericht eingereicht habe. Für das Amtsgericht habe auch nicht ausreichend Zeit bestanden, die Beschwerdebegründung im ordentlichen Geschäftsgang innerhalb der Begründungsfrist an das Oberlandesgericht weiterzuleiten.
6
2. Diese Ausführungen bewegen sich im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und lassen keinen Zulassungsgrund im Sinne des § 574 Abs. 2 ZPO erkennen.
7
a) Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beschwerdebegründungsfrist auch im Hinblick auf den Berichtigungsbeschluss des Amtsgerichts vom 22. Dezember 2014 versäumt worden ist. Denn die Berichtigung eines Beschlusses wegen offenbarer Unrichtigkeit hat grundsätzlich keinen Einfluss auf Beginn und Lauf von Rechtsmittelfristen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Juni 2000 – XII ZB 157/99 – FamRZ 2000, 1499 mwN). Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn etwa die berichtigte Fassung die Beschwer des Rechtsmittelführers erst hinreichend erkennen lässt (vgl. Senatsbeschluss vom 9. November 1994 – XII ZR 184/93 – FamRZ 1995, 155, 156 mwN). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier indes nicht vor. Für die Antragsgegnerin war vielmehr schon anhand der Begründung des Ausgangsbeschlusses unschwer zu erkennen, dass der vom Amtsgericht dem Antragsteller zugesprochene Betrag bei bekannten Ausgangsgrößen der Hauptforderung und der begründeten Gegenforderung, die die Antragsgegnerin zur Aufrechnung gestellt hat, offensichtlich fehlerhaft ermittelt worden ist und der letztlich eingesetzte Betrag der richtige ist. Die Rechtsbeschwerde hat diesbezüglich auch keine Rüge erhoben.
8
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde wird die Kausalität des Anwaltsverschuldens nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Antragsgegnerin aufgrund verzögerter Vorlage der Beschwerdeschrift bis zum Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist noch keine Eingangsbestätigung des Oberlandesgerichts und kein Aktenzeichen mitgeteilt worden waren. Denn die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage der Beschwerde (§ 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FamFG) dient zwar der Beschleunigung des Verfahrens, kann und soll den Rechtsanwalt aber nicht von der eigenständigen Prüfung des richtigen Adressaten der Beschwerdebegründung und des Ablaufs der Beschwerdebegründungsfrist entlasten.
9
c) Etwas anderes gilt auch nicht wegen nicht rechtzeitiger Weiterleitung der Beschwerdebegründung an das Oberlandesgericht oder weil das Oberlandesgericht vor seiner Entscheidung das mit der Rechtsbeschwerdeschrift verbundene Verfahrenskostenhilfegesuch der Antragsgegnerin nicht beschieden hat.
10
aa) Der Antragsgegnerin konnte wegen des von ihr gestellten Verfahrenskostenhilfegesuchs unabhängig von der Frage, ob sie sich für bedürftig halten durfte, keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden. Denn selbst bei bestehender Bedürftigkeit wäre eine solche für die Fristversäumung nicht ursächlich geworden. Die Rechtsanwältin der Antragsgegnerin hat die Beschwerde nämlich auch ohne Verfahrenskostenhilfebewilligung vorbehaltlos eingelegt und begründet (vgl. BGH Beschluss vom 19. September 2013 – IX ZB 67/12 – NJW 2014, 1307 Rn. 7 f. mwN).
11
bb) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auch nicht deshalb zu gewähren, weil die Beschwerdebegründung nicht rechtzeitig weitergeleitet worden wäre.
12
Geht eine fristgebundene Rechtsmittelbegründung statt beim Rechtsmittelgericht bei dem erstinstanzlichen Gericht ein, ist dieses grundsätzlich verpflichtet , den Schriftsatz im ordentlichen Geschäftsgang an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten (Senatsbeschlüsse vom 16. Januar 2014 – XII ZB 571/12 – FamRZ 2014, 550 Rn. 14; vom 23. Mai 2012 – XII ZB 375/11 – FamRZ 2012, 1205 Rn. 26 und vom 15. Juni 2011 – XII ZB 468/10 – FamRZ 2011, 1389 Rn. 12). Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch des Rechtsu- chenden auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip ). Geht der Schriftsatz so zeitig ein, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann, darf die Partei darauf vertrauen, dass der Schriftsatz noch rechtzeitig beim Rechtsmittelgericht eingeht. Geschieht dies tatsächlich nicht, wirkt sich das Verschulden der Partei oder ihrer Verfahrensbevollmächtigten nicht mehr aus, so dass ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (Senatsbeschluss vom 23. Mai 2012 – XII ZB 375/11 – FamRZ 2012, 1205 Rn. 23 und BGH Beschluss vom 6. November 2008 – IX ZB 208/06 – FamRZ 2009, 320 Rn. 7 mwN).
13
cc) Gemessen daran konnte die Antragsgegnerin nicht erwarten, dass die Beschwerdebegründung noch bis zum 26. Januar 2015 beim Oberlandesgericht eingehen würde. Der zuständige Richter verfügte am 21. Januar 2015 die Weiterleitung der am 20. Januar 2015 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerdebegründung an das Oberlandesgericht. Insoweit unterscheidet sich der Fall von der mit der Rechtsbeschwerde angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3. Juli 2006 (II ZB 24/05 – NJW 2006, 3499). In jenem Fall war die Weiterleitung vom Vorsitzenden erst 15 Tage nach Eingang verfügt worden und betrug die in der Entscheidung angenommene übliche Postlaufzeit zwischen Land- und Oberlandesgericht nur zwei Tage. Das lässt sich auf den vorliegenden Fall nicht ohne weiteres übertragen, weil hier die Versendung durch Kurier erfolgt ist. Dass der Schriftsatz nicht binnen der folgenden drei Arbeitstage (22., 23. und 26. Januar 2015) beim Oberlandesgericht einging und die Kuriersendung erst am 26. Januar 2015 abging, widerspricht nicht dem ordentlichen Geschäftsablauf und begründet daher nicht den Vorwurf eines Verstoßes gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens. Denn das Amtsgericht war als unzuständiges Gericht nur gehalten, die ersichtlich in die Empfangszuständigkeit des Oberlandesgerichts fallende Beschwerdebegründung an dieses wei- terzuleiten. Es war hingegen nicht verpflichtet, den Fristablauf zu prüfen und den Schriftsatz sodann als besonders eilig oder etwa per Fax weiterzuleiten. Die Rechtsbeschwerde verkennt schließlich nicht, dass auch keine Verpflichtung des Amtsgerichts bestand, die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin telefonisch über ihren Fehler zu informieren (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Januar 2014 – XII ZB 571/12 – FamRZ 2014, 550 Rn. 15 mwN).
14
Wenn somit der Kurierdienst den Schriftsatz nicht so zeitig zum Rechtsmittelgericht befördert hat, dass dadurch die Frist gewahrt werden konnte, ist dieses Risiko von dem Verfahrensbeteiligten zu tragen, dessen Rechtsanwalt den Schriftsatz an das falsche Gericht adressiert hat (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2012 – XII ZB 61/12 – FamRZ 2013, 436 Rn. 12). Es bleibt daher bei der alleinigen Ursächlichkeit des Anwaltsverschuldens, so dass das Oberlandesgericht zu Recht keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt hat. Dose Klinkhammer Nedden-Boeger Guhling Krüger
Vorinstanzen:
AG Waren (Müritz), Entscheidung vom 25.08.2014 - 206 F 525/11 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 04.05.2015 - 11 UF 20/15 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 504/15
vom
25. Januar 2017
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
a) Der Lauf der Beschwerdefrist in einer Familienstreitsache setzt voraus, dass die
Entscheidung ordnungsgemäß verkündet worden ist, was nur durch ein vom
Richter unterzeichnetes Verkündungsprotokoll nachgewiesen werden kann (im
Anschluss an Senatsbeschluss vom 13. Juni 2012 - XII ZB 592/11 - FamRZ
2012, 1287).
b) Die Unterschrift unter dem Protokoll muss einen individuellen Charakter aufweisen
und einem Dritten, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, ermöglichen
, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauszulesen. Die Unterschrift
muss zwar nicht unbedingt lesbar sein, mindestens einzelne Buchstaben müssen
aber – wenn auch nur andeutungsweise – zu erkennen sein (im Anschluss
an Senatsbeschluss vom 19. Oktober 2011 - XII ZB 250/11 - FamRZ 2012,
106).
c) Hat der Beschwerdeführer die Begründung seines Rechtsmittels in einer Familienstreitsache
irrtümlich beim Amtsgericht eingereicht, ist dieses lediglich gehalten
, die Begründungsschrift im ordentlichen Geschäftsgang an das Rechtsmittelgericht
weiterzuleiten. Auch wenn sich die Verfahrensakte noch beim
Amtsgericht befindet, muss dieses nicht prüfen, ob die Weiterleitung besonders
eilbedürftig ist. Es ist auch nicht gehalten, den Rechtsmittelführer telefonisch
darauf hinzuweisen, dass er das Rechtsmittel beim falschen Gericht eingelegt
hat (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 27. Juli 2016 - XII ZB 203/15 -
FamRZ 2016, 1762).
BGH, Beschluss vom 25. Januar 2017 - XII ZB 504/15 - OLG Saarbrücken
AG Homburg
ECLI:DE:BGH:2017:250117BXIIZB504.15.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Botur und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats – Senat für Familiensachen II – des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 1. Oktober 2015 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen. Beschwerdewert: 27.625 Euro

Gründe:

I.

1
Der Antragsgegner wendet sich gegen die Verwerfung seiner Beschwerde und die Ablehnung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist.
2
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin zu 1 rückständigen Trennungsunterhalt sowie an die Antragstellerin zu 3 rückständigen und laufenden Kindesunterhalt zu zahlen.
3
Der Beschluss ist dem Antragsgegner am 29. April 2015 zugestellt worden. Am 26. Mai 2015 hat er beim Amtsgericht hiergegen Beschwerde eingelegt. Die – ebenfalls an das Amtsgericht gerichtete – Beschwerdebegründung ist dort am 24. Juni 2015 (Mittwoch) um 10.40 Uhr per Telefax eingegangen. Bei dem Oberlandesgericht ist sie – zusammen mit der Verfahrensakte – am 30. Juni 2015 (Dienstag) eingegangen. Nach entsprechendem Hinweis hat das Oberlandesgericht die Beschwerde des Antragsgegners verworfen. Hiergegen wendet er sich mit der Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nach § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig und deshalb gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 FamFG zu verwerfen.
5
Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner nicht in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten , den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 11. März 2015 - XII ZB 317/14 - FamRZ 2015, 838 Rn. 5 mwN.).
6
Die angefochtene Entscheidung steht im Einklang mit der Senatsrechtsprechung.
7
1. Zu Recht ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass die Beschwerde gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen war, weil der Antragsgegner sie entgegen § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG nicht innerhalb von zwei Monaten nach der schriftlichen Bekanntgabe des amtsgerichtlichen Beschlusses begründet hat. Dem Antragsgegner wurde der Beschluss am 29. April 2015 zugestellt. Die Beschwerdebegründung ist jedoch erst am Dienstag, dem 30. Juni 2015, und damit nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG beim Oberlandesgericht eingegangen.
8
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die Beschwerdebegründungsfrist mit der schriftlichen Bekanntgabe des amtsgerichtlichen Beschlusses an den Antragsgegner in Gang gesetzt worden.
9
a) Die Rechtsbeschwerde geht zwar zutreffend davon aus, dass Entscheidungen in einer – hier vorliegenden – Familienstreitsache nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 311 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu verkünden sind und dass bei Fehlen einer wirksamen Verkündung des Beschlusses die Rechtsmittelfristen nicht zu laufen beginnen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. Juni 2012 - XII ZB 592/11 - FamRZ 2012, 1287 Rn. 15 ff. und vom 19. Oktober 2011 - XII ZB 250/11 - FamRZ 2012, 106 Rn. 12 f.).
10
b) Die Entscheidung ist indes am 23. April 2015 ordnungsgemäß verkündet worden.
11
Soweit die Rechtsbeschwerde die Verkündung des Beschlusses für unwirksam hält, weil die Richterin das Verkündungsprotokoll nur mit einer Paraphe unterzeichnet habe, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar ist es richtig, dass das Protokoll, das gemäß § 160 Abs. 1 Nr. 7 ZPO die Verkündung der Entscheidung enthält, gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom Vorsitzenden zu unterschreiben ist und dass es am Nachweis einer Verkündung gemäß § 310 ZPO fehlt, wenn kein ordnungsgemäßes Protokoll besteht (BGH Urteil vom 31. Mai 2007 - X ZR 172/04 - NJW 2007, 3210 Rn. 13 unter Hinweis auf BGHZ-GSZ 14, 39; s. auch Senatsbeschlüsse vom 13. Juni 2012 - XII ZB 592/11 - FamRZ 2012, 1287 Rn. 15 und vom 19. Oktober 2011 - XII ZB 250/11 - FamRZ 2012, 106 Rn. 14).
12
Eine ordnungsgemäße Unterschrift liegt hier jedoch vor.
13
aa) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt als Unterschrift ein Schriftzug, der individuellen Charakter aufweist und einem Dritten , der den Namen des Unterzeichnenden kennt, ermöglicht, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauszulesen, der Unterzeichnende also erkennbar bleibt. Die Unterschrift muss zwar nicht unbedingt lesbar sein, mindestens einzelne Buchstaben müssen aber – wenn auch nur andeutungsweise – zu erkennen sein, weil es sonst an dem Merkmal einer Schrift fehlt. Anzulegen ist ein großzügiger Maßstab, wenn im Übrigen an der Autorenschaft und der Absicht, eine volle Unterschrift zu leisten, keine Zweifel bestehen. Dagegen stellt ein Schriftzug, der als bewusste und gewollte Namensabkürzung erscheint, keine formgültige Unterschrift dar (Senatsbeschluss vom 19. Oktober 2011 - XII ZB 250/11 - FamRZ 2012, 106 Rn. 14 mwN; vgl. auch BGH Beschluss vom 29. November 2016 - VI ZB 16/16 - juris Rn. 7).
14
bb) Gemessen hieran reicht die Unterschrift der Richterin unter dem Verkündungsprotokoll aus, um von einer hinreichenden Individualisierbarkeit auszugehen. Dabei besteht hier die Besonderheit, dass der Nachname der Richterin ohnehin sehr kurz ist. Hinzu kommt, dass die Richterin ausweislich der Gerichtsakte auch im Übrigen mit demselben Schriftzug unterzeichnet, sei es unter dem angefochtenen Beschluss, unter dem Berichtigungsbeschluss oder unter den verschiedenen Protokollen, wie namentlich unter dem Verkündungsprotokoll. Die Unterschrift ist zwar nicht unbedingt lesbar, es lassen sich ihr jedoch mindestens andeutungsweise einzelne Buchstaben entnehmen. Das Erschei- nungsbild macht zudem deutlich, dass eine volle Unterschriftsleistung gewollt war.
15
2. Ebenso wenig ist die angefochtene Entscheidung zu beanstanden, soweit das Oberlandesgericht eine Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist abgelehnt hat. Der Antragsgegner war nicht ohne Verschulden i.S.v. § 117 Abs. 5 FamFG i.V.m. § 233 ZPO daran gehindert , diese Frist einzuhalten.
16
Dass die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners die Fristversäumung deshalb verschuldet hat, weil sie die Beschwerdebegründung statt beim Oberlandesgericht beim Amtsgericht eingereicht hat, stellt die Rechtsbeschwerde genauso wenig in Frage wie den Umstand, dass ihre Weiterleitung an das Oberlandesgericht im ordentlichen Geschäftsgang erfolgt ist (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 27. Juli 2016 - XII ZB 203/15 - FamRZ 2016, 1762 Rn. 11 ff.) und dass danach die Begründungsfrist nicht gewahrt werden konnte.
17
Soweit die Rechtsbeschwerde jedoch meint, der Umstand, dass sich die Verfahrensakten noch beim Amtsgericht befunden hätten, führe dazu, dass sich das Gericht aus dem Inhalt der Akten über den Zeitpunkt der Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses habe vergewissern und damit Kenntnis über die besondere Eilbedürftigkeit der Sache gewinnen und entsprechend handeln müssen, kann ihr nicht gefolgt werden.
18
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist das Ausgangsgericht nicht verpflichtet, den Fristablauf zu prüfen und den Schriftsatz sodann als besonders eilig oder sogar per Fax weiterzuleiten. Es besteht auch keine Verpflichtung des Amtsgerichts, den Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers telefonisch über seinen Fehler zu informieren (Senatsbeschluss vom 27. Juli 2016 - XII ZB 203/15 - FamRZ 2016, 1762 Rn. 13 mwN). Wenn die Akte nach Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang verfristet beim Beschwerdegericht eingeht, liegt dies im Risikobereich des Verfahrensbeteiligten, dessen Rechtsanwalt den Schriftsatz an das falsche Gericht adressiert hat (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Juli 2016 - XII ZB 203/15 - FamRZ 2016, 1762 Rn. 14 mwN).
Dose Klinkhammer Schilling Botur Guhling

Vorinstanzen:
AG Homburg, Entscheidung vom 23.04.2015 - 17 F 579/10 UEUK -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 01.10.2015 - 9 UF 48/15 -

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, einzulegen.

(2) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 ist unbefristet.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei. § 110 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 2. Juli 2014  8 K 1658/13 aufgehoben.

Die Sache wird an das Hessische Finanzgericht zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Mutter ihres im Dezember 1992 geborenen Sohnes (S). S beendete im Juni 2012 seine schulische Ausbildung mit dem Abitur.

2

Mit Bescheid vom 17. Januar 2013 hob die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) die zugunsten der Klägerin für S erfolgte Kindergeldfestsetzung für die Monate August bis November 2012 auf und forderte das insoweit bereits ausbezahlte Kindergeld von der Klägerin zurück. Zur Begründung verwies sie auf das Fehlen eines Berücksichtigungstatbestands nach § 32 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im Bescheid war die E-Mail-Adresse der Familienkasse angegeben.

3

Gegen den Aufhebungsbescheid erhob die Klägerin mit einfacher E-Mail vom 23. Januar 2013 unter Berufung auf eine Arbeitsuchendmeldung vom 24. September 2012 Einspruch, den die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 2013 als unbegründet zurückwies.

4

Im Rahmen des hiergegen geführten Klageverfahrens wies der beim Finanzgericht (FG) zur Bearbeitung des Streitfalls bestellte Berichterstatter mit Schreiben vom 2. April 2014 die Beteiligten erstmals u.a. darauf hin, dass seiner Ansicht nach kein wirksamer Einspruch erhoben worden sei, da für eine Einspruchseinlegung durch E-Mail nach § 87a Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich gewesen sei.

5

Dem folgend wies das FG die Klage als unbegründet ab, da der angegriffene Bescheid mangels wirksamer Anfechtung Bestandskraft erlangt habe. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1749 veröffentlicht.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

7

Die Klägerin beantragt, das angegriffene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

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Die Familienkasse beantragt, der Revision stattzugeben.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrer einfachen E-Mail vom 23. Januar 2013 keinen wirksamen Einspruch eingelegt hat.

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1.a) Gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung ist der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer ihn eingelegt hat (§ 357 Abs. 1 Satz 2 AO). Einlegung durch Telegramm ist zulässig (§ 357 Abs. 1 Satz 3 AO).

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b) Gemäß § 87a Abs. 1 Satz 1 AO ist die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat. Nach § 87a Abs. 3 Satz 1 AO kann eine durch Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen an die Finanzbehörden angeordnete Schriftform, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. In diesem Fall ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen (§ 87a Abs. 3 Satz 2 AO). Die Signierung mit einem Pseudonym ist nicht zulässig (§ 87a Abs. 3 Satz 3 AO).

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2. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) umfasst die für den Einspruch geforderte Schriftlichkeit nicht auch das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift des Einspruchsführers (Senatsurteil vom 30. Oktober 1997 III R 27/93, BFH/NV 1998, 942, Rz 15; ebenso Siegers in Hübschmann/Hepp/ Spitaler --HHSp-- § 357 AO Rz 16; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 357 AO Rz 12). Dies folgt vor allem aus § 357 Abs. 1 Satz 2 AO. Danach reicht es aus, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Insofern findet § 126 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wonach bei einer durch Gesetz vorgeschriebenen schriftlichen Form die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden muss, keine Anwendung. Das bedeutet, dass der schriftliche Einspruch auch ohne Unterschrift des Einspruchsführers wirksam ist, sofern das Schriftstück aus seinem sonstigen Inhalt den Einspruchsführer und den Gegenstand des Einspruchs erkennen lässt (Bartone in Beermann/ Gosch, AO § 357 Rz 20).

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3. Wird der Einspruch elektronisch eingelegt, setzt dessen Wirksamkeit keine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz voraus. § 87a Abs. 3 Satz 2 AO findet für die Einlegung eines Einspruchs keine Anwendung.

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a) Diese Auslegung steht im Einklang mit dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften.

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aa) § 357 Abs. 1 Satz 1 AO fordert nur eine schriftliche Einlegung des Einspruchs. Dabei kann aus dem Begriff "schriftlich" nicht ohne Weiteres auf ein die eigenhändige Unterschrift umfassendes "Schriftform"-Erfordernis geschlossen werden (Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 87a Rz 72). Vielmehr ist in den Fällen, in denen das Gesetz Begriffe wie "Schriftstück" oder "schriftlich" verwendet, im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die schriftliche Erklärung eine der Funktionen (Abschluss-, Perpetuierungs-, Identitäts-, Echtheits-, Verifikations-, Beweis- und Warnfunktion, s. zu den Begriffsinhalten im Einzelnen BTDrucks 14/9000, S. 31, zu § 3a Abs. 2 Satz 1 und 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes --VwVfG--) erfüllen muss, die der Unterschrift zugeordnet werden, und aus diesem Grund auch eine Unterschrift zu fordern ist (Thürmer in HHSp § 87a AO Rz 98, 107; Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 87a Rz 72 f.). Ein solches Unterschriftserfordernis besteht im Falle der Einspruchseinlegung --wie unter II.2. ausgeführt-- jedoch gerade nicht.

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bb) Demgegenüber bezieht sich § 87a Abs. 3 Satz 1 AO auf die Substitution der durch Gesetz angeordneten "Schriftform" durch die "elektronische Form". Nur in diesem Fall ist das von der Schriftform umfasste Unterschriftserfordernis gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 AO durch die elektronische Signatur zu ersetzen. Der Wortlaut des § 87a Abs. 3 Satz 1 und 2 AO steht daher der Zulassung eines einfachen elektronischen Dokuments nicht entgegen, wenn das Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen nicht die Schriftform verlangt, sondern eine Erklärung genügen lässt, die zwar schriftlich, d.h. in Text- oder Papierform erfolgen, aber keine eigenhändige Unterschrift enthalten muss.

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b) Für diese Auslegung sprechen auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers sowie der Sinn und Zweck und die Systematik der betroffenen Regelungen.

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aa) Nach der Begründung zum Entwurf der Bundesregierung zum Dritten Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (3. VwVfGÄndG) sollten einerseits allgemeine Schriftformerfordernisse in Verwaltungsverfahren, die rechtsverbindliches Handeln des Bürgers verlangen, stets durch eine mit einer qualifizierten elektronischen Signatur verbundene elektronische Form ersetzt werden können (BTDrucks 14/9000, S. 28). Entsprechend sollte ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, gesetzlich angeordneten Schriftformerfordernissen genügen und die der Schriftform zugeordneten Funktionen erfüllen (BTDrucks 14/9000, S. 31, zu § 3a Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVfG). Andererseits sollte durch die Ergänzung des Begriffs "schriftlich" zum Begriffspaar "schriftlich oder elektronisch" auch die Möglichkeit der Nutzung einfacher elektronischer Kommunikation eröffnet werden, soweit der Schriftform im jeweiligen Normkontext über z.B. den Dokumentations- und Nachweischarakter hinaus keine eigenständige, vor allem rechtliche Bedeutung zukommt (BTDrucks 14/9000, S. 28 f.). Dieses Grundverständnis lag auch dem an § 3a VwVfG angelehnten § 87a AO zu Grunde. Entsprechend sollten abweichende Regelungen, die z.B. eine Verpflichtung der Finanzbehörden vorsehen, elektronische Anträge oder Erklärungen entgegenzunehmen, vorrangig gegenüber § 87a AO berücksichtigt werden (BTDrucks 14/9000, S. 35 f., zu 87a Abs. 1 AO).

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bb) Zwar hat es der Gesetzgeber versäumt, bereits im Rahmen des 3. VwVfGÄndG vom 21. August 2002 (BGBl I 2002, 3322, BStBl I 2002, 820) in § 357 Abs. 1 Satz 1 AO den Begriff "schriftlich" zum Begriffspaar "schriftlich oder elektronisch" zu ergänzen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber dies mit dem Ziel unterlassen hat, die elektronische Einspruchseinlegung von einer qualifizierten elektronischen Signatur abhängig zu machen. Vielmehr ergibt sich aus der Begründung zur Einführung des § 87a Abs. 3 bis 5 AO, dass der Gesetzgeber die qualifizierte elektronische Signatur vor allem für die Fälle vorsehen wollte, in denen das Gesetz insbesondere bei der Abgabe von Steuererklärungen --anders als bei § 357 Abs. 1 Satz 2 AO-- eine eigenhändige Unterschrift fordert (BTDrucks 14/9000, S. 36, zu § 87a Abs. 3 bis 5 AO).

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cc) Für dieses Verständnis spricht auch die Begründung zum Entwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften. Danach sollte die mit diesem Gesetz nachgeholte Ergänzung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO lediglich eine Klarstellung und keine Rechtsänderung bewirken. Entsprechend der bisherigen Handhabung durch die Finanzverwaltung sollte der Einspruch weiterhin elektronisch ohne qualifizierte elektronische Signatur eingelegt werden können (BTDrucks 17/11473, S. 52, zu Nr. 4 Buchst. a). Nichts anderes ergibt sich aus den vom FG angeführten Passagen aus dem Gesetzgebungsverfahren, wonach neben der in der Praxis wenig verbreiteten qualifizierten elektronischen Signatur weitere elektronische Äquivalente zur Schriftform geschaffen werden sollten. Da "Schriftform"-Äquivalente nur dort erforderlich sind, wo das Gesetz tatsächlich (strenge) Schriftform erfordert, lässt sich aus diesen Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren für den vorliegend zu beurteilenden Fall des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO, der nur Schriftlichkeit voraussetzt, nichts ableiten.

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dd) Für die vom erkennenden Senat vertretene Auslegung spricht ferner die durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013 (BGBl I 2013, 2749) erfolgte Einfügung einer Legaldefinition des Begriffes "elektronische Form" in § 87a Abs. 3 Satz 2 AO. Danach genügt der elektronischen Form ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist. Damit sollte --ohne Änderung des Regelungsgehalts-- klargestellt werden, dass "elektronische Form" nicht --wie möglicherweise im allgemeinen Sprachgebrauch-- als Abgrenzung zu papiergebundenen Verfahren verstanden wird, sondern es sich um eine Formvorschrift handelt (elektronische Form = elektronisches Dokument + qualifizierte elektronische Signatur), die das Gegenstück zur "Schriftform" beschreiben soll (BTDrucks 17/11473, S. 48 f., zu Art. 3 Nr. 2).

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Insoweit ist die vom FG vertretene Auffassung, wonach auch nach der ab 1. August 2013 in Kraft getretenen Änderung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO eine Einspruchseinlegung nicht mit einfacher E-Mail, sondern nur mit den in § 87a Abs. 3 AO vorgesehenen Kommunikationsmitteln möglich sein soll, zwar in sich konsequent. Sie missachtet jedoch zum einen, dass der Gesetzgeber in § 357 Abs. 1 Satz 1 AO nur den Begriff "elektronisch" und gerade nicht den Begriff "elektronische Form" eingefügt hat. Zum anderen widerspricht diese Auslegung auch dem im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO klar zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers.

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ee) § 357 AO verfolgt den Zweck, nur geringe formale Anforderungen an die wirksame Einlegung eines Einspruchs zu stellen (so bereits Senatsurteil vom 10. Juli 1964 III 120/61 U, BFHE 80, 325, BStBl III 1964, 590, zu § 249 Reichsabgabenordnung; ebenso Steinhauff, jurisPR-SteuerR 50/2013 Anm. 2). Die niedrigen Formanforderungen sollen es auch dem nicht schriftgewandten oder rechtlich versierten Steuerbürger ermöglichen, eine Überprüfung des von ihm für unrichtig erachteten Steuerverwaltungsakts zu erreichen (Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 6). Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass § 357 Abs. 1 Satz 3 AO nur das Telegramm als besondere Form der Einspruchseinlegung ausdrücklich erwähnt. Entgegen der Auffassung des FG kommt hierin keine Ablehnung anderer Telekommunikationsformen zum Ausdruck. Vielmehr bringt das Gesetz hierdurch seine grundsätzliche Offenheit gegenüber neuen Kommunikationsformen zum Ausdruck, auch wenn § 357 Abs. 1 Satz 3 AO nicht an jede technische Neuentwicklung im Kommunikationsbereich angepasst wurde. Entsprechend werden von der ganz herrschenden Meinung auch andere Übermittlungsformen als zulässig angesehen, selbst wenn diese keine eigene Erwähnung im Gesetzestext gefunden haben und im Einzelfall mit keiner Unterschrift des Einspruchsführers verbunden sind (s. etwa die Beispiele bei Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 21, 26; Bartone in Beermann/Gosch, AO § 357 Rz 21; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 357 AO Rz 7; Koenig/ Cöster, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 357 Rz 20).

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ff) Nicht überzeugend ist dagegen der vom FG angeführte systematische Auslegungsansatz. Eine Einschränkung kann § 87a Abs. 1 AO durch den spezielleren § 87a Abs. 3 AO nur insoweit erfahren, als der Anwendungsbereich des § 87a Abs. 3 AO eröffnet ist. Wo das Gesetz kein formales, die eigenhändige Unterschrift umfassendes Schriftformerfordernis aufstellt, vermag § 87a Abs. 3 AO den Anwendungsbereich des § 87a Abs. 1 AO nicht zu beschränken. Im Übrigen ist kein Grund ersichtlich, warum an einen elektronisch eingelegten Einspruch weitergehende Anforderungen im Hinblick auf die zu erfüllenden Formfunktionen zu stellen sein sollten als an einen schriftlich eingelegten Einspruch. Auch bei einem schriftlich, aber ohne Unterschrift eingelegten Einspruch genügt es, wenn sich aus dem weiteren Inhalt des Schreibens ergibt, wer der Einspruchsführer ist und dass dieser die Absicht hat, Einspruch einzulegen (Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 15 f.). Entsprechende Anhaltspunkte können --wie der Streitfall zeigt-- auch aus einem per einfacher E-Mail eingelegten Einspruch gewonnen werden (z.B. E-Mail-Adresse des Einspruchsführers, die der Behörde bereits aus der bisherigen Korrespondenz bekannt ist und Name unter dem E-Mailtext).

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gg) Die hier vertretene Auslegung wird auch --worauf das FG zu Recht hinweist-- von der herrschenden Meinung in der Literatur (z.B. Bartone in Beermann/Gosch, AO § 357 Rz 23; Seer in Tipke/Kruse, § 357 AO Rz 7; Koenig/Cöster, a.a.O., § 357 Rz 13; Keß in Schwarz/Pahlke, AO, § 357 Rz 11; Klein/ Brockmeyer, AO, 12. Aufl., § 357 Rz 1; zu weiteren Nachweisen für diese Auffassung und zur Gegenauffassung s.a. Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 19) und in der Rechtsprechung (FG Niedersachsen vom 24. November 2011  10 K 275/11, EFG 2012, 292; FG Köln vom 30. Mai 2012  10 K 3264/11, EFG 2012, 1813) geteilt.

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4. Im Übrigen muss der Senat nicht entscheiden, ob dem FG die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind. Führt die Revision --wie im Streitfall-- aus materiellen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung, ist nicht mehr darüber zu entscheiden, ob außerdem ein Verfahrensfehler vorliegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 228, 85, BStBl II 2010, 700; Lange in HHSp, § 118 FGO Rz 256).

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5. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang die noch fehlenden tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen eines Berücksichtigungstatbestands nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG nachzuholen haben. Zur Frage des Wegfalls der Arbeitsuchendmeldung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 38 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung verweist der Senat auf sein Urteil vom 10. April 2014 III R 19/12 (BFHE 245, 200, BStBl II 2015, 29).

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6. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO i.V.m. § 121 Satz 1 FGO).

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7. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Die Übermittlung elektronischer Dokumente ist zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet. Ein elektronisches Dokument ist zugegangen, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung es in für den Empfänger bearbeitbarer Weise aufgezeichnet hat; § 122 Absatz 2a sowie die §§ 122a und 123 Satz 2 und 3 bleiben unberührt. Übermittelt die Finanzbehörde Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen, sind diese Daten mit einem geeigneten Verfahren zu verschlüsseln; soweit alle betroffenen Personen schriftlich eingewilligt haben, kann auf eine Verschlüsselung verzichtet werden. Die kurzzeitige automatisierte Entschlüsselung, die beim Versenden einer De-Mail-Nachricht durch den akkreditierten Diensteanbieter zum Zweck der Überprüfung auf Schadsoftware und zum Zweck der Weiterleitung an den Adressaten der De-Mail-Nachricht erfolgt, verstößt nicht gegen das Verschlüsselungsgebot des Satzes 3. Eine elektronische Benachrichtigung über die Bereitstellung von Daten zum Abruf oder über den Zugang elektronisch an die Finanzbehörden übermittelter Daten darf auch ohne Verschlüsselung übermittelt werden.

(1a) Verhandlungen und Besprechungen können auch elektronisch durch Übertragung in Ton oder Bild und Ton erfolgen. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Ist ein der Finanzbehörde übermitteltes elektronisches Dokument für sie zur Bearbeitung nicht geeignet, hat sie dies dem Absender unter Angabe der für sie geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitzuteilen. Macht ein Empfänger geltend, er könne das von der Finanzbehörde übermittelte elektronische Dokument nicht bearbeiten, hat sie es ihm erneut in einem geeigneten elektronischen Format oder als Schriftstück zu übermitteln.

(3) Eine durch Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen an die Finanzbehörden angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Bei der Signierung darf eine Person ein Pseudonym nur verwenden, wenn sie ihre Identität der Finanzbehörde nachweist. Die Schriftform kann auch ersetzt werden

1.
durch unmittelbare Abgabe der Erklärung in einem elektronischen Formular, das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird;
2.
durch Versendung eines elektronischen Dokuments an die Behörde mit der Versandart nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes.
In den Fällen des Satzes 4 Nummer 1 muss bei einer Eingabe über öffentlich zugängliche Netze ein elektronischer Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen.

(4) Eine durch Gesetz für Verwaltungsakte oder sonstige Maßnahmen der Finanzbehörden angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Schriftform kann auch ersetzt werden durch Versendung einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt. Für von der Finanzbehörde aufzunehmende Niederschriften gelten die Sätze 1 und 3 nur, wenn dies durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(5) Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand eines Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Übermittlung der Datei angetreten; befindet diese sich nicht im Besitz des Steuerpflichtigen oder der Finanzbehörde, gilt § 97 entsprechend. Für die Beweiskraft elektronischer Dokumente gilt § 371a der Zivilprozessordnung entsprechend.

(6) Soweit nichts anderes bestimmt ist, ist bei der elektronischen Übermittlung von amtlich vorgeschriebenen Datensätzen an Finanzbehörden ein sicheres Verfahren zu verwenden, das den Datenübermittler authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Nutzt der Datenübermittler zur Authentisierung seinen elektronischen Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes, so dürfen die dazu erforderlichen Daten zusammen mit den übrigen übermittelten Daten gespeichert und verwendet werden.

(7) Wird ein elektronisch erlassener Verwaltungsakt durch Übermittlung nach § 122 Absatz 2a bekannt gegeben, ist ein sicheres Verfahren zu verwenden, das die übermittelnde Stelle oder Einrichtung der Finanzverwaltung authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Ein sicheres Verfahren liegt insbesondere vor, wenn der Verwaltungsakt

1.
mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und mit einem geeigneten Verfahren verschlüsselt ist oder
2.
mit einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes versandt wird, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt.

(8) Wird ein elektronisch erlassener Verwaltungsakt durch Bereitstellung zum Abruf nach § 122a bekannt gegeben, ist ein sicheres Verfahren zu verwenden, das die für die Datenbereitstellung verantwortliche Stelle oder Einrichtung der Finanzverwaltung authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Die abrufberechtigte Person hat sich zu authentisieren. Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist.

(2) Der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn der betroffenen Person etwas anderes mitgeteilt wird.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags.

(4) Hat eine Behörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, so endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.

(5) Der von einer Behörde gesetzte Termin ist auch dann einzuhalten, wenn er auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt.

(6) Ist eine Frist nach Stunden bestimmt, so werden Sonntage, gesetzliche Feiertage oder Sonnabende mitgerechnet.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger war im Jahr 2001 (Streitjahr) nacheinander als Rechtsanwalt an zwei Sozietäten beteiligt. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erließ im Mai 2003 einen Einkommensteuerbescheid 2001, in dem Einkünfte aus selbständiger Arbeit in der geschätzten Höhe von … DM angesetzt wurden. Aufgrund von späteren Gewinnfeststellungsbescheiden erließ das FA im weiteren Verlauf des Verfahrens geänderte Einkommensteuerbescheide 2001. Zuletzt berücksichtigte es im Bescheid vom 21. September 2004 Einkünfte aus der Tätigkeit des Klägers als Rechtsanwalt in Höhe von … DM.

2

Im Jahr 2009 wurde eine Außenprüfung bei der Kanzlei "K Rechtsanwälte" abgeschlossen. An dieser Kanzlei war der Kläger beteiligt gewesen. In einem Bescheid vom 30. Dezember 2009 über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit für das Jahr 2001 wurden auf den Kläger entfallende Einkünfte von … DM festgestellt. Der Bescheid wurde am selben Tag zur Post gegeben. Die entsprechende Mitteilung des Feststellungs-FA wurde beim beklagten FA zunächst nicht ausgewertet. Zu einer Auswertung kam es erst Ende 2011.

3

Eine Mitarbeiterin des FA warf den geänderten Einkommensteuerbescheid 2001, durch welchen die Folgerungen aus dem Feststellungsbescheid vom 30. Dezember 2009 gezogen wurden, am 4. Januar 2012 persönlich in einen Briefkasten, der sich bei der Wohnung der Kläger befand. Gegen diesen Bescheid wandten sich die Kläger mit Einspruch. Zur Begründung trugen sie vor, die Frist für den Erlass eines geänderten Einkommensteuerbescheids sei abgelaufen, auch sei der Bescheid nicht wirksam bekannt gegeben worden.

4

Der Rechtsbehelf hatte keinen Erfolg, ebenso wenig die anschließend erhobene Klage. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, der geänderte Einkommensteuerbescheid 2001 sei rechtmäßig. Festsetzungsverjährung sei zum Zeitpunkt seines Erlasses noch nicht eingetreten. Der Feststellungsbescheid vom 30. Dezember 2009 habe am 4. Januar 2010 (Montag) den Bereich des FA verlassen. Dies stehe aufgrund der als Zeugen vernommenen Mitarbeiter des FA fest. Die zweijährige Frist zur Auswertung dieses Grundlagenbescheids sei durch die wirksame Bekanntgabe gewahrt worden.

5

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geltend. Das FG habe den Rechtssatz aufgestellt, dass sich die Dreitagesfrist zwischen der Aufgabe eines Verwaltungsakts zur Post und seiner vermuteten Bekanntgabe verlängere, wenn das Fristende auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend falle. Dieser Rechtssatz habe zwar Eingang in die Rechtsprechung des BFH gefunden (Urteil vom 14. Oktober 2003 IX R 68/98, BFHE 203, 26, BStBl II 2003, 898). Er widerspreche jedoch dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6. Mai 2010 B 14 AS 12/09 R (Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2011, 1099). Nach Ansicht des BSG sei die Argumentation des BFH auf das Sozialrecht nicht übertragbar, da im Sozialrecht eine Bevollmächtigung der Sozialleistungsempfänger nicht die Regel sei. Diese Überlegung sei zweifelhaft. Sie gelte im Streitfall nicht, weil der Steuerbescheid ihnen --den Klägern-- selbst bekannt gegeben worden sei. Die Rechtsprechung des BFH beruhe auf Billigkeitserwägungen zugunsten des Steuerpflichtigen. Eine Auslegung zu seinen Ungunsten und gegen den klaren Gesetzeswortlaut verstoße gegen das Gebot des gesetzlichen Verwaltungshandelns und gegen das Rechtsstaatsprinzip und sei daher unzulässig.

6

Die angefochtene Entscheidung basiere auf dem Rechtssatz, dass sich die Zugangsfiktion sowohl zugunsten als auch zuungunsten von Steuerpflichtigen auswirken könne. Dieser Rechtssatz sei falsch, sofern es um das Ende einer Verjährungsfrist gehe. Diese Frage sei bislang nicht vom BFH beantwortet worden. In den Entscheidungen vom 6. Juni 2001 XI B 130/99 (juris) und vom 13. Dezember 2000 X R 96/98 (BFHE 193, 512, BStBl II 2001, 274), welche das FG zitiert habe, fänden sich hierzu keine Ausführungen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die von den Klägern vorgebrachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

8

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

9

a) Die Kläger halten die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob sich die Dreitagesfrist des § 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) nach § 108 Abs. 3 AO verlängert, wenn der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt.

10

aa) Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn eine für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2011 III B 72/11, BFH/NV 2012, 379).

11

bb) Die von den Klägern herausgestellte Rechtsfrage ist bereits geklärt. In der Rechtsprechung des BFH ist für den Bereich des Steuerrechts seit dem Urteil in BFHE 203, 26, BStBl II 2003, 898 anerkannt, dass die Dreitagesfrist nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO in den Fällen des § 108 Abs. 3 AO verlängert wird (s. BFH-Urteile vom 4. November 2003 IX R 4/01, BFH/NV 2004, 159; vom 17. Dezember 2003 I R 4/03, BFH/NV 2004, 758; vom 6. Oktober 2004 IX R 60/03, BFH/NV 2005, 327; vom 11. März 2004 VII R 13/03, BFH/NV 2004, 1065, und vom 19. November 2009 IV R 89/06, BFH/NV 2010, 818; BFH-Beschlüsse vom 30. November 2006 XI B 13/06, BFH/NV 2007, 389; vom 5. August 2011 III B 76/11, BFH/NV 2011, 1845). Insoweit besteht kein Klärungsbedarf.

12

cc) Klärungsbedarf ist auch nicht dadurch entstanden, dass das BSG in dem Urteil in NJW 2011, 1099 für den Bereich des Sozialrechts zu § 37 Abs. 2 Satz 1 und zu § 26 Abs. 3 Satz 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch entschieden hat, dass sich an der Zugangsvermutung nichts ändert, wenn der Tag, für den der Zugang eines Bescheids unterstellt wird, ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag ist. Das BSG war der Ansicht, es weiche nicht von der BFH-Rechtsprechung ab, da der BFH auf die von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Erschütterung der Zugangsvermutung abgestellt habe sowie auf die besondere Situation im Steuerrecht mit der dort üblichen Vertretung durch Bevollmächtigte steuerberatender Berufe, die ihre Postfächer an Samstagen generell nicht leerten. Wegen der bewussten Abgrenzung des BSG hat der BFH keinen Anlass, seine Rechtsauffassung zu überdenken. Aufgrund der generellen Anwendbarkeit des § 108 Abs. 3 AO in den Fällen, in denen der Bekanntgabezeitpunkt nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO vermutet wird, kann es im Einzelfall auch keinen Unterschied machen, ob ein Steuerpflichtiger durch einen Bevollmächtigten vertreten wird oder nicht.

13

b) Auch hinsichtlich der Rechtsfrage, ob sich die Rechtsprechung des BFH zur Verlängerung der Dreitagesfrist in den Fällen des § 108 Abs. 3 AO zu Lasten von Steuerpflichtigen auswirken kann, besteht kein Klärungsbedarf. Ist die Vorschrift anwendbar, so folgt daraus zwangsläufig, dass sie auch dann gilt, wenn sie sich für einen Steuerpflichtigen nachteilig auswirkt.

14

2. Die Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

15

a) Der Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO ist ein Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (s. Senatsbeschluss vom 22. August 2011 III B 192/10, BFH/NV 2011, 2043). Die Rechtssache hat jedoch --wie ausgeführt-- keine grundsätzliche Bedeutung.

16

b) Das FG ist auch nicht von einem im BSG-Urteil in NJW 2011, 1099 enthaltenen Rechtssatz abgewichen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO). Das BSG hat zu den § 122 Abs. 2 Nr. 1, § 108 Abs. 3 AO keinen Rechtssatz aufgestellt, vielmehr hat es sich --wie oben dargelegt-- bewusst von der hierzu ergangenen BFH-Rechtsprechung abgegrenzt.

17

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhob nach erfolglosem Einspruch gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ab September 2008 für seine Tochter mit Schriftsatz vom 9. April 2010 Klage beim Finanzgericht (FG). Die mit einfacher Post übermittelte Klageschrift ging am 13. April 2010 beim FG ein und enthielt den Hinweis, der Einspruchsbescheid vom 3. März 2010 sei am 24. März 2010 "zugestellt" worden. Auf den Hinweis der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Familienkasse), die Klage sei verfristet, forderte das FG den Kläger auf, durch substantiierte Erklärungen darzulegen, dass er nicht rechtzeitig in den Besitz des Schriftstücks gelangt sei. Dem Kläger werde aufgegeben, mitzuteilen, worauf seine Erinnerung beruhe, die Einspruchsentscheidung erst am 24. März 2010 erhalten zu haben. Ferner solle er den betreffenden Briefumschlag vorlegen. Der Kläger legte daraufhin eine --von ihm selbst verfasste-- eidesstattliche Erklärung vom 18. November 2010 vor, in der es heißt: "Ich ..., geb. ..., erkläre hiermit, dass die Einspruchsentscheidung drei Wochen nach Aufgabe zur Post, bei mir eingegangen ist. Eine schuldhafte Fristversäumung liegt nicht vor." In dem begleitenden Schriftsatz führten die Prozessbevollmächtigten ergänzend aus, der Briefumschlag zu der Einspruchsentscheidung liege bedauerlicherweise nicht mehr vor. Es sei allerdings erinnerlich, dass der Kläger unverzüglich nach Eingang der Einspruchsentscheidung diese beim Unterzeichner vorgelegt habe. Dies sei am 26. März 2010 gewesen. Auf der Einspruchsentscheidung habe der Kläger handschriftlich den Eingang am 24. März 2010 vermerkt.

2

Das FG wies die Klage am 14. März 2011 als unzulässig ab. Es begründete seine Entscheidung damit, die Einspruchsentscheidung gelte am 6. März 2010 (Samstag) als bekanntgegeben. § 122 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) enthalte eine an den Tag der Aufgabe des Verwaltungsakts zur Post anknüpfende Zugangsvermutung und darüber hinaus eine Zugangsfiktion. Danach sei im Streitfall davon auszugehen, dass die Einspruchsentscheidung mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gelte. Der Kläger habe den Zugangszeitpunkt auch nicht substantiiert bestritten. So habe er nicht erklären können, warum es zu einer dreiwöchigen Verzögerung in der Postbeförderung gekommen sein könne. Könne der Adressat einen atypisch langen Postlauf anhand des Poststempels oder des Bescheiddatums erkennen, bestehe eine Obliegenheit zur Beweisvorsorge, welcher der Kläger nicht nachgekommen sei. So habe er auf Anfrage des FG den Briefumschlag nicht vorlegen können. Dem handschriftlichen Vermerk auf der Einspruchsentscheidung sowie der eidesstattlichen Versicherung komme bei dieser Sach- und Rechtslage keine ausschlaggebende Bedeutung zu.

3

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision, weil sein Anspruch auf Wahrung des rechtlichen Gehörs verletzt sei. Darüber hinaus sei, bezogen auf den konkreten Sachverhalt, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Ein Zulassungsgrund liegt nicht vor oder wurde bereits nicht in der gebotenen Form (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) dargelegt.

5

1. Der Kläger rügt sinngemäß, das FG habe die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Hierdurch macht er im Kern einen Verfahrensfehler nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. April 2004 VII B 181/03, BFH/NV 2004, 1284).

6

a) Gemäß § 47 Abs. 1 FGO ist eine Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung einzulegen. Diese gilt nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO mit dem dritten Tage nach ihrer Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn sie nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Die Vorschrift fingiert den Zugang eines mit der Post übermittelten Verwaltungsakts am dritten Tag nach dessen Aufgabe zur Post. Bestreitet der Steuerpflichtige oder Kindergeldberechtigte nicht den Zugang des Schriftstücks überhaupt, sondern den Erhalt innerhalb des Dreitageszeitraums des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO, so hat er sein Vorbringen im Rahmen des Möglichen zu substantiieren, um Zweifel an der Dreitagesvermutung zu begründen. Er muss Tatsachen vortragen, die den Schluss darauf zulassen, dass ein anderer Geschehensablauf als der typische --Zugang binnen dreier Tage nach Aufgabe zur Post-- ernstlich in Betracht zu ziehen ist (BFH-Urteil vom 17. Juni 1997 IX R 79/95, BFH/NV 1997, 828; Senatsurteil vom 3. Mai 2001 III R 56/98, BFH/NV 2001, 1365; Senatsbeschluss vom 20. April 2011 III B 124/10, BFH/NV 2011, 1110). Es obliegt dann dem Gericht, den Vortrag des Steuerpflichtigen und die festgestellten oder unstreitigen Umstände im Wege freier Beweiswürdigung nach § 96 Abs. 1 FGO abzuwägen. Auf die Beweislastregel des § 122 Abs. 2 Halbsatz 2 AO kann erst dann zurückgegriffen werden, wenn trotz erfolgter Sachaufklärung noch Zweifel am gesetzlich vermuteten Zugang eines Bescheides verbleiben (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2001, 1365).

7

b) Das FG ist von diesen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es hat die tatsächlichen Umstände im Wege freier Beweiswürdigung nach § 96 Abs. 1 FGO gegeneinander abgewogen (Senatsbeschluss vom 31. März 2008 III B 151/07, BFH/NV 2008, 1335). Wenn es danach der Behauptung des Klägers über den verspäteten Zugang der Einspruchsentscheidung nicht folgte und keinen Zweifel am Zugang innerhalb der Drei-Tages-Frist hatte, so war dies nicht verfahrensfehlerhaft. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, wenn es den handschriftlichen Eingangsvermerk durch den Kläger nicht als ausreichend angesehen hat, da auch nach der Rechtsprechung des BFH ein abweichender Eingangsvermerk zur Begründung von Zweifeln am Zugang innerhalb der Drei-Tages-Frist nicht ausreicht (BFH-Beschlüsse vom 30. November 2006 XI B 13/06, BFH/NV 2007, 389; vom 25. Februar 2010 IX B 149/09, BFH/NV 2010, 1115, jeweils m.w.N.).

8

Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das FG bei seiner Würdigung zum Nachteil des Klägers berücksichtigt hat, dass dieser weder erläutern konnte, warum es zu der behaupteten dreiwöchigen Verzögerung bei der Postbeförderung gekommen sein könne, noch dass er die --angesichts der mit dem Datum des 3. März 2010 versehenen Einspruchsentscheidung-- gebotene Beweisvorsorge getroffen habe. Entgegen der Auffassung des Klägers ist dem Adressaten, der einen atypisch langen Postlauf anhand des Poststempels oder des Bescheiddatums erkennen konnte, diese nicht nur zuzumuten, vielmehr besteht nach der Rechtsprechung in derartigen Situationen eine Obliegenheit zur Beweisvorsorge (z.B. BFH-Beschluss vom 1. Dezember 2010 VIII B 123/10, BFH/NV 2011, 410, m.w.N.).

9

Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht zu beanstanden, dass das FG der von dem Kläger vorgelegten eidesstattlichen Erklärung keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat, zumal sich aus dieser weder die Umstände des behaupteten Zugangs "drei Wochen nach Aufgabe zur Post" noch ein konkretes Datum ergeben. Lediglich im Zusammenhang mit der vom 3. März 2010 (Mittwoch) datierenden Einspruchsentscheidung und dem Eingangsvermerk (Mittwoch, den 24. März 2010) lässt sich der Inhalt der Erklärung in den von dem Kläger behaupteten Zugang am 24. März 2010 spezifizieren. Mit dieser Erklärung hat der Kläger die Aufgabe der Einspruchsentscheidung am 3. März 2010 zur Post allerdings zugleich unstreitig gestellt, so dass die nun im Beschwerdeverfahren vorgebrachte Rüge, nach dem Vortrag der Familienkasse stehe der 3. März 2010 als Postaufgabetag nicht fest, nicht schlüssig ist. Bei Zweifeln an der Postaufgabe am 3. März 2010 durch die Familienkasse hätte der --durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene-- Kläger dies bereits vor dem FG rügen und ggf. einen entsprechenden Beweisantrag stellen müssen.

10

c) Unerheblich ist, dass das FG den Ablauf der Drei-Tages-Frist --und damit die Klagefrist-- unzutreffend berechnet hat. Durch die höchstrichterliche Rechtsprechung ist geklärt, dass sich die Frist bis zum nächstfolgenden Werktag verlängert (§ 108 Abs. 3 AO), wenn das Fristende --wie nach den Feststellungen des FG im Streitfall-- auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt (BFH-Urteile vom 14. Oktober 2003 IX R 68/98, BFHE 203, 26, BStBl II 2003, 898; vom 11. März 2004 VII R 13/03, BFH/NV 2004, 1065). Bei einer Bekanntgabevermutung der Einspruchsentscheidung am 8. März 2010 (Montag) endete die Klagefrist mithin richtigerweise erst am 8. April 2010 (Donnerstag), wurde jedoch auch in diesem Fall nicht gewahrt.

11

2. Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) kommt nicht in Betracht. Insoweit entspricht die Beschwerdebegründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, eine konkrete Rechtsfrage zu formulieren und auf ihre Klärungsbedürftigkeit einzugehen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 389). Letztlich setzt der Kläger lediglich seine eigene Rechtsansicht anstelle der des FG, um in der Art einer Revisionsbegründung dessen (vermeintlich) fehlerhafte Rechtsanwendung zu rügen.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, einzulegen.

(2) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 ist unbefristet.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, einzulegen.

(2) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 ist unbefristet.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Hersteller von Programmen im Sinne des § 87c haftet, soweit die Daten infolge einer Verletzung seiner Pflichten nach § 87c unrichtig oder unvollständig verarbeitet und dadurch Steuern verkürzt oder zu Unrecht steuerliche Vorteile erlangt werden. Die Haftung entfällt, soweit der Hersteller nachweist, dass die Pflichtverletzung nicht auf grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beruht.

(2) Wer als Auftragnehmer (§ 87d) Programme zur Verarbeitung von Daten im Auftrag im Sinne des § 87c einsetzt, haftet, soweit

1.
auf Grund unrichtiger oder unvollständiger Übermittlung Steuern verkürzt oder zu Unrecht steuerliche Vorteile erlangt werden oder
2.
er seine Pflichten nach § 87d Absatz 2 verletzt hat und auf Grund der von ihm übermittelten Daten Steuern verkürzt oder zu Unrecht steuerliche Vorteile erlangt werden.
Die Haftung entfällt, soweit der Auftragnehmer nachweist, dass die unrichtige oder unvollständige Übermittlung der Daten oder die Verletzung der Pflichten nach § 87d Absatz 2 nicht auf grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beruht.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Zusammenfassende Meldungen im Sinne des § 18a Absatz 1 des Umsatzsteuergesetzes.

(4) Wer nach Maßgabe des § 93c Daten an die Finanzbehörden zu übermitteln hat und vorsätzlich oder grob fahrlässig

1.
unrichtige oder unvollständige Daten übermittelt oder
2.
Daten pflichtwidrig nicht übermittelt,
haftet für die entgangene Steuer.

(1) Daten aus einer Vollmacht zur Vertretung in steuerlichen Verfahren, die nach amtlich bestimmtem Formular erteilt worden sind, können den Landesfinanzbehörden nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmten Schnittstellen übermittelt werden. Im Datensatz ist auch anzugeben, ob der Vollmachtgeber den Bevollmächtigten zum Empfang von für ihn bestimmten Verwaltungsakten oder zum Abruf von bei den Finanzbehörden zu seiner Person gespeicherten Daten ermächtigt hat. Die übermittelten Daten müssen der erteilten Vollmacht entsprechen. Wird eine Vollmacht, die nach Satz 1 übermittelt worden ist, vom Vollmachtgeber gegenüber dem Bevollmächtigten widerrufen oder verändert, muss der Bevollmächtigte dies unverzüglich den Landesfinanzbehörden nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz mitteilen.

(2) Werden die Vollmachtsdaten von einem Bevollmächtigten, der nach § 3 des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, nach Maßgabe des Absatzes 1 übermittelt, so wird eine Bevollmächtigung im mitgeteilten Umfang vermutet, wenn die zuständige Kammer sicherstellt, dass Vollmachtsdaten nur von den Bevollmächtigten übermittelt werden, die zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind. Die für den Bevollmächtigten zuständige Kammer hat den Landesfinanzbehörden in diesem Fall auch den Wegfall einer Zulassung unverzüglich nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz mitzuteilen.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend für Vollmachtsdaten, die von einem anerkannten Lohnsteuerhilfeverein im Sinne des § 4 Nummer 11 des Steuerberatungsgesetzes übermittelt werden, sofern die für die Aufsicht zuständige Stelle in einem automatisierten Verfahren die Zulassung zur Hilfe in Steuersachen bestätigt.

(1) Die Übermittlung elektronischer Dokumente ist zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet. Ein elektronisches Dokument ist zugegangen, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung es in für den Empfänger bearbeitbarer Weise aufgezeichnet hat; § 122 Absatz 2a sowie die §§ 122a und 123 Satz 2 und 3 bleiben unberührt. Übermittelt die Finanzbehörde Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen, sind diese Daten mit einem geeigneten Verfahren zu verschlüsseln; soweit alle betroffenen Personen schriftlich eingewilligt haben, kann auf eine Verschlüsselung verzichtet werden. Die kurzzeitige automatisierte Entschlüsselung, die beim Versenden einer De-Mail-Nachricht durch den akkreditierten Diensteanbieter zum Zweck der Überprüfung auf Schadsoftware und zum Zweck der Weiterleitung an den Adressaten der De-Mail-Nachricht erfolgt, verstößt nicht gegen das Verschlüsselungsgebot des Satzes 3. Eine elektronische Benachrichtigung über die Bereitstellung von Daten zum Abruf oder über den Zugang elektronisch an die Finanzbehörden übermittelter Daten darf auch ohne Verschlüsselung übermittelt werden.

(1a) Verhandlungen und Besprechungen können auch elektronisch durch Übertragung in Ton oder Bild und Ton erfolgen. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Ist ein der Finanzbehörde übermitteltes elektronisches Dokument für sie zur Bearbeitung nicht geeignet, hat sie dies dem Absender unter Angabe der für sie geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitzuteilen. Macht ein Empfänger geltend, er könne das von der Finanzbehörde übermittelte elektronische Dokument nicht bearbeiten, hat sie es ihm erneut in einem geeigneten elektronischen Format oder als Schriftstück zu übermitteln.

(3) Eine durch Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen an die Finanzbehörden angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Bei der Signierung darf eine Person ein Pseudonym nur verwenden, wenn sie ihre Identität der Finanzbehörde nachweist. Die Schriftform kann auch ersetzt werden

1.
durch unmittelbare Abgabe der Erklärung in einem elektronischen Formular, das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird;
2.
durch Versendung eines elektronischen Dokuments an die Behörde mit der Versandart nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes.
In den Fällen des Satzes 4 Nummer 1 muss bei einer Eingabe über öffentlich zugängliche Netze ein elektronischer Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen.

(4) Eine durch Gesetz für Verwaltungsakte oder sonstige Maßnahmen der Finanzbehörden angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Schriftform kann auch ersetzt werden durch Versendung einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt. Für von der Finanzbehörde aufzunehmende Niederschriften gelten die Sätze 1 und 3 nur, wenn dies durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(5) Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand eines Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Übermittlung der Datei angetreten; befindet diese sich nicht im Besitz des Steuerpflichtigen oder der Finanzbehörde, gilt § 97 entsprechend. Für die Beweiskraft elektronischer Dokumente gilt § 371a der Zivilprozessordnung entsprechend.

(6) Soweit nichts anderes bestimmt ist, ist bei der elektronischen Übermittlung von amtlich vorgeschriebenen Datensätzen an Finanzbehörden ein sicheres Verfahren zu verwenden, das den Datenübermittler authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Nutzt der Datenübermittler zur Authentisierung seinen elektronischen Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes, so dürfen die dazu erforderlichen Daten zusammen mit den übrigen übermittelten Daten gespeichert und verwendet werden.

(7) Wird ein elektronisch erlassener Verwaltungsakt durch Übermittlung nach § 122 Absatz 2a bekannt gegeben, ist ein sicheres Verfahren zu verwenden, das die übermittelnde Stelle oder Einrichtung der Finanzverwaltung authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Ein sicheres Verfahren liegt insbesondere vor, wenn der Verwaltungsakt

1.
mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und mit einem geeigneten Verfahren verschlüsselt ist oder
2.
mit einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes versandt wird, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt.

(8) Wird ein elektronisch erlassener Verwaltungsakt durch Bereitstellung zum Abruf nach § 122a bekannt gegeben, ist ein sicheres Verfahren zu verwenden, das die für die Datenbereitstellung verantwortliche Stelle oder Einrichtung der Finanzverwaltung authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Die abrufberechtigte Person hat sich zu authentisieren. Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Das Bundesministerium der Finanzen kann in Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder die Datensätze und weitere technische Einzelheiten der elektronischen Übermittlung von Steuererklärungen, Unterlagen zur Steuererklärung, Daten über Vollmachten nach § 80a, Daten im Sinne des § 93c und anderer für das Besteuerungsverfahren erforderlicher Daten mittels amtlich vorgeschriebener Datensätze bestimmen. Einer Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder bedarf es nicht, soweit die Daten ausschließlich an Bundesfinanzbehörden übermittelt werden.

(2) Bei der elektronischen Übermittlung von amtlich vorgeschriebenen Datensätzen an Finanzbehörden hat der Datenübermittler die hierfür nach Absatz 1 für den jeweiligen Besteuerungszeitraum oder -zeitpunkt amtlich bestimmten Schnittstellen ordnungsgemäß zu bedienen. Die amtlich bestimmten Schnittstellen werden über das Internet zur Verfügung gestellt.

(3) Für die Verfahren, die über die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes durchgeführt werden, kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze der Datenübermittlung sowie die Zuständigkeit für die Vollstreckung von Bescheiden über Forderungen der zentralen Stelle bestimmen. Dabei können insbesondere geregelt werden:

1.
das Verfahren zur Identifikation der am Verfahren Beteiligten,
2.
das Nähere über Form, Inhalt, Verarbeitung und Sicherung der zu übermittelnden Daten,
3.
die Art und Weise der Übermittlung der Daten,
4.
die Mitwirkungspflichten Dritter und
5.
die Erprobung der Verfahren.
Zur Regelung der Datenübermittlung kann in der Rechtsverordnung auf Veröffentlichungen sachverständiger Stellen verwiesen werden. Hierbei sind das Datum der Veröffentlichung, die Bezugsquelle und eine Stelle zu bezeichnen, bei der die Veröffentlichung archivmäßig gesichert niedergelegt ist.

(1) Mit der Übermittlung von Daten, die nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung über die amtlich bestimmten Schnittstellen für steuerliche Zwecke an die Finanzverwaltung zu übermitteln sind oder freiwillig übermittelt werden, können Dritte (Auftragnehmer) beauftragt werden.

(2) Der Auftragnehmer muss sich vor Übermittlung der Daten Gewissheit über die Person und die Anschrift seines Auftraggebers verschaffen (Identifizierung) und die entsprechenden Angaben in geeigneter Form festhalten. Von einer Identifizierung kann abgesehen werden, wenn der Auftragnehmer den Auftraggeber bereits bei früherer Gelegenheit identifiziert und die dabei erhobenen Angaben aufgezeichnet hat, es sei denn, der Auftragnehmer muss auf Grund der äußeren Umstände bezweifeln, dass die bei der früheren Identifizierung erhobenen Angaben weiterhin zutreffend sind. Der Auftragnehmer hat sicherzustellen, dass er jederzeit Auskunft darüber geben kann, wer Auftraggeber der Datenübermittlung war. Die Aufzeichnungen nach Satz 1 sind fünf Jahre aufzubewahren; die Aufbewahrungsfrist beginnt nach Ablauf des Jahres der letzten Datenübermittlung. Die Pflicht zur Herstellung der Auskunftsbereitschaft nach Satz 3 endet mit Ablauf der Aufbewahrungsfrist nach Satz 4.

(3) Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber die Daten in leicht nachprüfbarer Form zur Zustimmung zur Verfügung zu stellen. Der Auftraggeber hat die ihm zur Verfügung gestellten Daten unverzüglich auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen.

(1) Zur Sicherung der Besteuerung nach § 85 kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Behörden und andere öffentliche Stellen einschließlich öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten (§ 6 Absatz 1 bis 1c) verpflichten,

1.
den Finanzbehörden Folgendes mitzuteilen:
a)
den Empfänger gewährter Leistungen sowie den Rechtsgrund, die Höhe, den Zeitpunkt dieser Leistungen und bei unbarer Auszahlung die Bankverbindung, auf die die Leistung erbracht wurde
b)
Verwaltungsakte, die für die betroffene Person die Versagung oder Einschränkung einer steuerlichen Vergünstigung zur Folge haben oder die der betroffenen Person steuerpflichtige Einnahmen ermöglichen,
c)
vergebene Subventionen und ähnliche Förderungsmaßnahmen sowie
d)
Anhaltspunkte für Schwarzarbeit, unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung oder unerlaubte Ausländerbeschäftigung,
e)
die Adressaten und die Höhe von im Verfahren nach § 335 des Handelsgesetzbuchs festgesetzten Ordnungsgeldern;
2.
den Empfänger im Sinne der Nummer 1 Buchstabe a über die Summe der jährlichen Leistungen sowie über die Auffassung der Finanzbehörden zu den daraus entstehenden Steuerpflichten zu unterrichten.
In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, inwieweit die Mitteilungen nach Maßgabe des § 93c zu übermitteln sind oder übermittelt werden können; in diesem Fall ist § 72a Absatz 4 nicht anzuwenden. Die Verpflichtung der Behörden, anderer öffentlicher Stellen und der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu Mitteilungen, Auskünften, Anzeigen und zur Amtshilfe auf Grund anderer Vorschriften bleibt unberührt.

(2) Schuldenverwaltungen, Kreditinstitute, Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, öffentliche Beteiligungsunternehmen ohne Hoheitsbefugnisse, Berufskammern und Versicherungsunternehmen sind von der Mitteilungspflicht ausgenommen. Dies gilt nicht, soweit die in Satz 1 genannten Stellen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.

(3) In der Rechtsverordnung sind die mitteilenden Stellen, die Verpflichtung zur Unterrichtung der betroffenen Personen, die mitzuteilenden Angaben und die für die Entgegennahme der Mitteilungen zuständigen Finanzbehörden näher zu bestimmen sowie der Umfang, der Zeitpunkt und das Verfahren der Mitteilung zu regeln. In der Rechtsverordnung können Ausnahmen von der Mitteilungspflicht, insbesondere für Fälle geringer steuerlicher Bedeutung, zugelassen werden.

(4) Ist die mitteilungspflichtige Stelle nach der Mitteilungsverordnung verpflichtet, in der Mitteilung die Identifikationsnummer nach § 139b oder ein anderes steuerliches Ordnungsmerkmal

1.
des Empfängers der gewährten Leistung im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a,
2.
des Inhaltsadressaten des Verwaltungsakts im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b oder e,
3.
des Empfängers der vergebenen Subvention im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c oder
4.
der betroffenen Personen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe d
anzugeben, haben die Mitwirkungspflichtigen (§ 90) nach den Nummern 1 bis 4 der mitteilungspflichtigen Stelle diese Daten zu übermitteln. Wird der Mitwirkungspflicht nach Satz 1 nicht innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung durch die mitteilungspflichtige Stelle entsprochen und weder die Identifikationsnummer noch ein anderes steuerliches Ordnungsmerkmal übermittelt, hat die mitteilungspflichtige Stelle die Möglichkeit, die Identifikationsnummer der betroffenen Mitwirkungspflichtigen nach Satz 1 Nummer 1 bis 4 nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz beim Bundeszentralamt für Steuern abzufragen. Die Abfrage ist mindestens zwei Wochen vor dem Zeitpunkt zu stellen, zu dem die Mitteilung nach der Mitteilungsverordnung zu übermitteln ist. In der Abfrage dürfen nur die in § 139b Absatz 3 genannten Daten der betroffenen Mitwirkungspflichtigen nach Satz 1 Nummer 1 bis 4 angegeben werden. Das Bundeszentralamt für Steuern entspricht dem Ersuchen, wenn die übermittelten Daten den beim Bundeszentralamt für Steuern hinterlegten Daten entsprechen.

(1) Sind steuerliche Daten eines Steuerpflichtigen auf Grund gesetzlicher Vorschriften von einem Dritten (mitteilungspflichtige Stelle) an Finanzbehörden elektronisch zu übermitteln, so gilt vorbehaltlich abweichender Bestimmungen in den Steuergesetzen Folgendes:

1.
Die mitteilungspflichtige Stelle muss die Daten nach Ablauf des Besteuerungszeitraums bis zum letzten Tag des Monats Februar des folgenden Jahres nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung über die amtlich bestimmte Schnittstelle übermitteln; bezieht sich die Übermittlungspflicht auf einen Besteuerungszeitpunkt, sind die Daten bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats nach Ablauf des Monats zu übermitteln, in dem der Besteuerungszeitpunkt liegt.
2.
Der Datensatz muss folgende Angaben enthalten:
a)
den Namen, die Anschrift, das Ordnungsmerkmal und die Kontaktdaten der mitteilungspflichtigen Stelle sowie ihr Identifikationsmerkmal nach den §§ 139a bis 139c oder, soweit dieses nicht vergeben wurde, ihre Steuernummer;
b)
hat die mitteilungspflichtige Stelle einen Auftragnehmer im Sinne des § 87d mit der Datenübermittlung beauftragt, so sind zusätzlich zu den Angaben nach Buchstabe a der Name, die Anschrift und die Kontaktdaten des Auftragnehmers sowie dessen Identifikationsmerkmal nach den §§ 139a bis 139c oder, wenn dieses nicht vergeben wurde, dessen Steuernummer anzugeben;
c)
den Familiennamen, den Vornamen, den Tag der Geburt, die Anschrift des Steuerpflichtigen und dessen Identifikationsnummer nach § 139b;
d)
handelt es sich bei dem Steuerpflichtigen nicht um eine natürliche Person, so sind dessen Firma oder Name, Anschrift und Wirtschafts-Identifikationsnummer nach § 139c oder, wenn diese noch nicht vergeben wurde, dessen Steuernummer anzugeben;
e)
den Zeitpunkt der Erstellung des Datensatzes oder eines anderen Ereignisses, anhand dessen die Daten in der zeitlichen Reihenfolge geordnet werden können, die Art der Mitteilung, den betroffenen Besteuerungszeitraum oder Besteuerungszeitpunkt und die Angabe, ob es sich um eine erstmalige, korrigierte oder stornierende Mitteilung handelt.
3.
Die mitteilungspflichtige Stelle hat den Steuerpflichtigen darüber zu informieren, welche für seine Besteuerung relevanten Daten sie an die Finanzbehörden übermittelt hat oder übermitteln wird. Diese Information hat in geeigneter Weise, mit Zustimmung des Steuerpflichtigen elektronisch, und binnen angemessener Frist zu erfolgen. Auskunftspflichten nach anderen Gesetzen bleiben unberührt.
4.
Die mitteilungspflichtige Stelle hat die übermittelten Daten aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen sowie die der Mitteilung zugrunde liegenden Unterlagen bis zum Ablauf des siebten auf den Besteuerungszeitraum oder Besteuerungszeitpunkt folgenden Kalenderjahres aufzubewahren; die §§ 146 und 147 Absatz 2, 5 und 6 gelten entsprechend.

(2) Die mitteilungspflichtige Stelle soll Daten nicht übermitteln, wenn sie erst nach Ablauf des siebten auf den Besteuerungszeitraum oder Besteuerungszeitpunkt folgenden Kalenderjahres erkennt, dass sie zur Datenübermittlung verpflichtet war.

(3) Stellt die mitteilungspflichtige Stelle bis zum Ablauf des siebten auf den Besteuerungszeitraum oder Besteuerungszeitpunkt folgenden Kalenderjahres fest, dass

1.
die nach Maßgabe des Absatzes 1 übermittelten Daten unzutreffend waren oder
2.
ein Datensatz übermittelt wurde, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen,
so hat die mitteilungspflichtige Stelle dies vorbehaltlich abweichender Bestimmungen in den Steuergesetzen unverzüglich durch Übermittlung eines weiteren Datensatzes zu korrigieren oder zu stornieren. Absatz 1 Nummer 2 bis 4 gilt entsprechend.

(4) Die nach den Steuergesetzen zuständige Finanzbehörde kann ermitteln, ob die mitteilungspflichtige Stelle

1.
ihre Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Absatz 3 erfüllt und
2.
den Inhalt des Datensatzes nach den Vorgaben des jeweiligen Steuergesetzes bestimmt hat.
Die Rechte und Pflichten der für die Besteuerung des Steuerpflichtigen zuständigen Finanzbehörde hinsichtlich der Ermittlung des Sachverhalts bleiben unberührt.

(5) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die nach den Steuergesetzen für die Entgegennahme der Daten zuständige Finanzbehörde auch für die Anwendung des Absatzes 4 und des § 72a Absatz 4 zuständig.

(6) Die Finanzbehörden dürfen von den mitteilungspflichtigen Stellen mitgeteilte Daten im Sinne der Absätze 1 und 3 verarbeiten, wenn dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die ihnen übertragen wurde, erforderlich ist.

(7) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, darf die mitteilungspflichtige Stelle die ausschließlich zum Zweck der Übermittlung erhobenen und gespeicherten Daten des Steuerpflichtigen nur für diesen Zweck verwenden.

(8) Die Absätze 1 bis 7 sind nicht anzuwenden auf

1.
Datenübermittlungspflichten nach § 51a Absatz 2c oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes,
2.
Datenübermittlungspflichten gegenüber den Zollbehörden,
3.
Datenübermittlungen zwischen Finanzbehörden und
4.
Datenübermittlungspflichten ausländischer öffentlicher Stellen.

(1) Die Finanzbehörden können zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe nach Maßgabe des deutschen Rechts in Anspruch nehmen.

(2) Die Finanzbehörden können zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe auf Grund innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen, innerstaatlich anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Union sowie des EU-Amtshilfegesetzes leisten.

(3) Die Finanzbehörden können nach pflichtgemäßem Ermessen zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe auf Ersuchen auch in anderen Fällen leisten, wenn

1.
die Gegenseitigkeit verbürgt ist,
2.
der ersuchende Staat gewährleistet, dass die übermittelten Auskünfte und Unterlagen nur für Zwecke seines Besteuerungs- oder Steuerstrafverfahrens (einschließlich Ordnungswidrigkeitenverfahren) verwendet werden, und dass die übermittelten Auskünfte und Unterlagen nur solchen Personen, Behörden oder Gerichten zugänglich gemacht werden, die mit der Bearbeitung der Steuersache oder Verfolgung der Steuerstraftat befasst sind,
3.
der ersuchende Staat zusichert, dass er bereit ist, bei den Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen eine mögliche Doppelbesteuerung im Verständigungswege durch eine sachgerechte Abgrenzung der Besteuerungsgrundlagen zu vermeiden und
4.
die Erledigung des Ersuchens die Souveränität, die Sicherheit, die öffentliche Ordnung oder andere wesentliche Interessen des Bundes oder seiner Gebietskörperschaften nicht beeinträchtigt und keine Gefahr besteht, dass dem inländischen Beteiligten ein mit dem Zweck der Rechts- und Amtshilfe nicht zu vereinbarender Schaden entsteht, falls ein Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren, das auf Grund des Ersuchens offenbart werden soll, preisgegeben wird.
Soweit die zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe Steuern betrifft, die von den Landesfinanzbehörden verwaltet werden, entscheidet das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Landesbehörde.

(4) Bei der Durchführung der Rechts- und Amtshilfe richten sich die Befugnisse der Finanzbehörden sowie die Rechte und Pflichten der Beteiligten und anderer Personen nach den für Steuern im Sinne von § 1 Abs. 1 geltenden Vorschriften. § 114 findet entsprechende Anwendung. Bei der Übermittlung von Auskünften und Unterlagen gilt für inländische Beteiligte § 91 entsprechend; soweit die Rechts- und Amtshilfe Steuern betrifft, die von den Landesfinanzbehörden verwaltet werden, hat eine Anhörung des inländischen Beteiligten abweichend von § 91 Abs. 1 stets stattzufinden, es sei denn, die Umsatzsteuer ist betroffen, es findet ein Informationsaustausch auf Grund des EU-Amtshilfegesetzes statt oder es liegt eine Ausnahme nach § 91 Abs. 2 oder 3 vor.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Förderung der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates völkerrechtliche Vereinbarungen über die gegenseitige Rechts- und Amtshilfe auf dem Gebiete des Zollwesens in Kraft zu setzen, wenn sich die darin übernommenen Verpflichtungen im Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen zwischenstaatlichen Rechts- und Amtshilfe halten.

(1) Auf ein Ersuchen einer für die Verhütung und Verfolgung von Straftaten zuständigen öffentlichen Stelle eines Mitgliedstaates der Europäischen Union können die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Finanzbehörden personenbezogene Daten, die in Zusammenhang mit dem in § 208 bestimmten Aufgabenbereich stehen, zum Zweck der Verhütung von Straftaten übermitteln. Für die Übermittlung dieser Daten gelten die Vorschriften über die Datenübermittlung im innerstaatlichen Bereich entsprechend.

(2) Die Übermittlung personenbezogener Daten nach Absatz 1 ist nur zulässig, wenn das Ersuchen mindestens folgende Angaben enthält:

1.
die Bezeichnung und die Anschrift der ersuchenden Behörde,
2.
die Bezeichnung der Straftat, zu deren Verhütung die Daten benötigt werden,
3.
die Beschreibung des Sachverhalts, der dem Ersuchen zugrunde liegt,
4.
die Benennung des Zwecks, zu dem die Daten erbeten werden,
5.
den Zusammenhang zwischen dem Zweck, zu dem die Informationen oder Erkenntnisse erbeten werden, und der Person, auf die sich diese Informationen beziehen,
6.
Einzelheiten zur Identität der betroffenen Person, sofern sich das Ersuchen auf eine bekannte Person bezieht, und
7.
Gründe für die Annahme, dass sachdienliche Informationen und Erkenntnisse im Inland vorliegen.

(3) Die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Finanzbehörden können auch ohne Ersuchen personenbezogene Daten im Sinne von Absatz 1 an eine für die Verhütung und Verfolgung von Straftaten zuständige öffentliche Stelle eines Mitgliedstaates der Europäischen Union übermitteln, wenn im Einzelfall die Gefahr der Begehung einer Straftat im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1), der zuletzt durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, besteht und konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Übermittlung dieser personenbezogenen Daten dazu beitragen könnte, eine solche Straftat zu verhindern.

(4) Für die Übermittlung der Daten nach Absatz 3 gelten die Vorschriften über die Datenübermittlung im innerstaatlichen Bereich entsprechend. Die Datenübermittlung unterbleibt, soweit, auch unter Berücksichtigung des besonderen öffentlichen Interesses an der Datenübermittlung, im Einzelfall schutzwürdige Interessen der betroffenen Person überwiegen. Zu den schutzwürdigen Interessen gehört auch das Vorhandensein eines angemessenen Datenschutzniveaus im Empfängerstaat. Die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen können auch dadurch gewahrt werden, dass der Empfängerstaat oder die empfangende zwischen- oder überstaatliche Stelle im Einzelfall einen Schutz der übermittelten Daten garantiert.

(5) Die Datenübermittlung nach den Absätzen 1 und 3 unterbleibt, wenn

1.
hierdurch wesentliche Sicherheitsinteressen des Bundes oder der Länder beeinträchtigt würden,
2.
die Übermittlung der Daten zu den in Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union enthaltenen Grundsätzen in Widerspruch stünde,
3.
die zu übermittelnden Daten bei der ersuchten Behörde nicht vorhanden sind und nur durch das Ergreifen von Zwangsmaßnahmen erlangt werden können oder
4.
die Übermittlung der Daten unverhältnismäßig wäre oder die Daten für die Zwecke, für die sie übermittelt werden sollen, nicht erforderlich sind.

(6) Die Datenübermittlung nach den Absätzen 1 und 3 kann unterbleiben, wenn

1.
die zu übermittelnden Daten bei den mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Finanzbehörden nicht vorhanden sind, jedoch ohne das Ergreifen von Zwangsmaßnahmen erlangt werden können,
2.
hierdurch der Erfolg laufender Ermittlungen oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person gefährdet würde oder
3.
die Tat, zu deren Verhütung die Daten übermittelt werden sollen, nach deutschem Recht mit einer Freiheitsstrafe von im Höchstmaß einem Jahr oder weniger bedroht ist.

(7) Als für die Verhütung und Verfolgung von Straftaten zuständige öffentliche Stelle eines Mitgliedstaates der Europäischen Union im Sinne der Absätze 1 und 3 gilt jede Stelle, die von diesem Staat gemäß Artikel 2 Buchstabe a des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI des Rates vom 18. Dezember 2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 89, L 75 vom 15.3.2007, S. 26) benannt wurde.

(8) Die Absätze 1 bis 7 sind auch anzuwenden auf die Übermittlung von personenbezogenen Daten an für die Verhütung und Verfolgung von Straftaten zuständige öffentliche Stellen eines Schengen-assoziierten Staates im Sinne von § 91 Absatz 3 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen.

(1) Daten, die nach dem Rahmenbeschluss 2006/960/JI an die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Finanzbehörden übermittelt worden sind, dürfen nur für die Zwecke, für die sie übermittelt wurden, oder zur Abwehr einer gegenwärtigen und erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit verwendet werden. Für einen anderen Zweck oder als Beweismittel in einem gerichtlichen Verfahren dürfen sie nur verwendet werden, wenn der übermittelnde Staat zugestimmt hat. Von dem übermittelnden Staat für die Verwendung der Daten gestellte Bedingungen sind zu beachten.

(2) Die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Finanzbehörden erteilen dem übermittelnden Staat auf dessen Ersuchen zu Zwecken der Datenschutzkontrolle Auskunft darüber, wie die übermittelten Daten verwendet wurden.

(1) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Erfüllung der Verpflichtungen aus innerstaatlich anwendbaren völkerrechtlichen Vereinbarungen, die der Förderung der Steuerehrlichkeit durch systematische Erhebung und Übermittlung steuerlich relevanter Daten dienen, durch Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates Regelungen zu treffen über

1.
die Erhebung der nach diesen Vereinbarungen erforderlichen Daten durch in diesen Vereinbarungen dem Grunde nach bestimmte Dritte,
2.
die Übermittlung dieser Daten nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz im Wege der Datenfernübertragung an das Bundeszentralamt für Steuern,
3.
die Weiterleitung dieser Daten an die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaates sowie
4.
die Entgegennahme entsprechender Daten von dem anderen Vertragsstaat und deren Weiterleitung nach Maßgabe des § 88 Absatz 3 und 4 an die zuständige Landesfinanzbehörde.
In einer Rechtsverordnung nach Satz 1 kann dem Bundeszentralamt für Steuern das Recht eingeräumt werden, die Daten und Meldungen nach § 9 Absatz 1 und 2 der FATCA-USA-Umsetzungsverordnung zur Erfüllung der dem Bundeszentralamt für Steuern gesetzlich übertragenen Aufgaben auszuwerten. Auswertungen der Meldungen nach § 9 Absatz 2 der FATCA-USA-Umsetzungsverordnung durch die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde bleiben hiervon unberührt.

(2) Bei der Übermittlung von Daten durch das Bundeszentralamt für Steuern an die zuständige Finanzbehörde des anderen Vertragsstaates nach einer auf Grund des Absatzes 1 Satz 1 erlassenen Rechtsverordnung findet eine Anhörung der Beteiligten nicht statt.

(3) Das Bundeszentralamt für Steuern ist berechtigt, Verhältnisse, die für die Erfüllung der Pflichten zur Erhebung und Übermittlung von Daten nach einer auf Grund des Absatzes 1 erlassenen Rechtsverordnung von Bedeutung sind oder der Aufklärung bedürfen, bei den zur Erhebung dieser Daten und deren Übermittlung an das Bundeszentralamt für Steuern Verpflichteten zu prüfen. Die §§ 193 bis 203 gelten sinngemäß.

(4) Die auf Grund einer Rechtsverordnung nach Absatz 1 oder im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 3 vom Bundeszentralamt für Steuern erhobenen Daten dürfen nur für die in den zugrunde liegenden völkerrechtlichen Vereinbarungen festgelegten Zwecke verwendet werden. Bei der Übermittlung der länderbezogenen Berichte durch das Bundeszentralamt für Steuern gemäß § 138a Absatz 7 Satz 1 bis 3 findet keine Anhörung der Beteiligten statt.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

Ein Beteiligter ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, hat der Finanzbehörde auf Verlangen innerhalb einer angemessenen Frist einen Empfangsbevollmächtigten im Inland zu benennen. Unterlässt er dies, so gilt ein an ihn gerichtetes Schriftstück einen Monat nach der Aufgabe zur Post und ein elektronisch übermitteltes Dokument am dritten Tage nach der Absendung als zugegangen. Dies gilt nicht, wenn feststeht, dass das Schriftstück oder das elektronische Dokument den Empfänger nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erreicht hat. Auf die Rechtsfolgen der Unterlassung ist der Beteiligte hinzuweisen.

(1) Ein Unternehmen mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland (inländisches Unternehmen), das einen Konzernabschluss aufstellt oder nach anderen Regelungen als den Steuergesetzen aufzustellen hat (inländische Konzernobergesellschaft), hat nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres für dieses Wirtschaftsjahr einen länderbezogenen Bericht dieses Konzerns zu erstellen und dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln, wenn

1.
der Konzernabschluss mindestens ein Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland (ausländisches Unternehmen) oder eine ausländische Betriebsstätte umfasst und
2.
die im Konzernabschluss ausgewiesenen, konsolidierten Umsatzerlöse im vorangegangenen Wirtschaftsjahr mindestens 750 Millionen Euro betragen.
Die Verpflichtung nach Satz 1 besteht vorbehaltlich der Absätze 3 und 4 nicht, wenn das inländische Unternehmen im Sinne des Satzes 1 in den Konzernabschluss eines anderen Unternehmens einbezogen wird.

(2) Der länderbezogene Bericht im Sinne von Absatz 1 enthält

1.
eine nach Steuerhoheitsgebieten gegliederte Übersicht, wie sich die Geschäftstätigkeit des Konzerns auf die Steuerhoheitsgebiete verteilt, in denen der Konzern durch Unternehmen oder Betriebsstätten tätig ist; zu diesem Zweck sind in der Übersicht folgende Positionen auszuweisen:
a)
die Umsatzerlöse und sonstigen Erträge aus Geschäftsvorfällen mit nahestehenden Unternehmen,
b)
die Umsatzerlöse und sonstigen Erträge aus Geschäftsvorfällen mit fremden Unternehmen,
c)
die Summe aus den Umsatzerlösen und sonstigen Erträgen gemäß den Buchstaben a und b,
d)
die im Wirtschaftsjahr gezahlten Ertragsteuern,
e)
die im Wirtschaftsjahr für dieses Wirtschaftsjahr gezahlten und zurückgestellten Ertragsteuern,
f)
das Jahresergebnis vor Ertragsteuern,
g)
das Eigenkapital,
h)
der einbehaltene Gewinn,
i)
die Zahl der Beschäftigten und
j)
die materiellen Vermögenswerte;
2.
eine nach Steuerhoheitsgebieten gegliederte Auflistung aller Unternehmen und Betriebsstätten, zu denen Angaben in der Übersicht nach Nummer 1 erfasst sind, jeweils unter Angabe deren wichtigster Geschäftstätigkeiten sowie
3.
zusätzliche Informationen, die nach Ansicht der inländischen Konzernobergesellschaft zum Verständnis der Übersicht nach Nummer 1 und der Auflistung nach Nummer 2 erforderlich sind.

(3) Umfasst der Konzernabschluss eines ausländischen Unternehmens, das nach Absatz 1 zur Abgabe des länderbezogenen Berichts verpflichtet wäre, wenn es Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hätte (ausländische Konzernobergesellschaft), ein inländisches Unternehmen (einbezogene inländische Konzerngesellschaft) und beauftragt die ausländische Konzernobergesellschaft die einbezogene inländische Konzerngesellschaft damit, einen länderbezogenen Bericht für den Konzern abzugeben (beauftragte Gesellschaft), so hat die beauftragte Gesellschaft den länderbezogenen Bericht dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln.

(4) Eine einbezogene inländische Konzerngesellschaft ist im Regelfall verpflichtet, den länderbezogenen Bericht für einen Konzern mit einer ausländischen Konzernobergesellschaft, die nach Absatz 1 zur Übermittlung des länderbezogenen Berichts verpflichtet wäre, wenn sie Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hätte, dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln, wenn das Bundeszentralamt für Steuern keinen länderbezogenen Bericht erhalten hat. Übermittelt eine einbezogene inländische Konzerngesellschaft den länderbezogenen Bericht, entfällt die Verpflichtung für alle anderen einbezogenen inländischen Konzerngesellschaften dieses Konzerns. Kann eine einbezogene inländische Konzerngesellschaft die Übermittlung innerhalb der Frist des Absatzes 6 Satz 1 nicht sicherstellen, insbesondere weil sie den länderbezogenen Bericht weder beschaffen noch erstellen kann, so hat sie dies innerhalb der Frist des Absatzes 6 Satz 1 dem Bundeszentralamt für Steuern mitzuteilen und dabei alle Angaben im Sinne von Absatz 2 zu machen, über die sie verfügt oder die sie beschaffen kann. Konnte eine einbezogene inländische Konzerngesellschaft davon ausgehen, dass der länderbezogene Bericht fristgerecht übermittelt wird, und stellt sich nachträglich heraus, dass dies ohne Verschulden der einbezogenen inländischen Konzerngesellschaft nicht geschehen ist, so hat diese ihre Pflichten nach Satz 1 oder Satz 3 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Nichtübermittlung zu erfüllen. Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die inländische Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens, das als ausländische Konzernobergesellschaft oder als einbezogene ausländische Konzerngesellschaft in einen Konzernabschluss einbezogen wird.

(5) Ein inländisches Unternehmen hat in der Steuererklärung anzugeben, ob es

1.
eine inländische Konzernobergesellschaft im Sinne von Absatz 1 ist,
2.
eine beauftragte Gesellschaft ist oder
3.
eine einbezogene inländische Konzerngesellschaft eines Konzerns mit ausländischer Konzernobergesellschaft ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 ist auch anzugeben, bei welcher Finanzbehörde und von welchem Unternehmen der länderbezogene Bericht des Konzerns abgegeben wird. Fehlt diese Angabe, ist die einbezogene inländische Konzerngesellschaft selbst zur fristgerechten Übermittlung des länderbezogenen Berichts verpflichtet. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die inländische Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens, das als ausländische Konzernobergesellschaft oder als einbezogene ausländische Konzerngesellschaft in einen Konzernabschluss einbezogen wird.

(6) Die Übermittlung des länderbezogenen Berichts an das Bundeszentralamt für Steuern hat spätestens ein Jahr nach Ablauf des Wirtschaftsjahres zu erfolgen, für das der länderbezogene Bericht zu erstellen ist. Abweichend von Satz 1 gilt in den Fällen von Absatz 4 Satz 4 die dort genannte Frist für die Übermittlung des länderbezogenen Berichts. Die Übermittlung hat nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu erfolgen.

(7) Das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt alle ihm zugegangenen länderbezogenen Berichte an die jeweils zuständige Finanzbehörde. Enthält ein länderbezogener Bericht Angaben im Sinne von Absatz 2 für einen Vertragsstaat der völkerrechtlichen Vereinbarungen, übermittelt das Bundeszentralamt für Steuern auf Grundlage dieser völkerrechtlichen Vereinbarungen den ihm zugegangenen länderbezogenen Bericht an die zuständige Behörde des jeweiligen Vertragsstaates. Das Bundeszentralamt für Steuern nimmt die länderbezogenen Berichte entgegen, die ihm von den zuständigen Behörden der in Satz 2 genannten Vertragsstaaten übermittelt worden sind, und übermittelt diese an die jeweils zuständige Finanzbehörde. Das Bundeszentralamt für Steuern kann länderbezogene Berichte im Rahmen der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben auswerten. Das Bundeszentralamt für Steuern speichert die länderbezogenen Berichte und löscht sie mit Ablauf des 15. Jahres, das dem Jahr der Übermittlung folgt.

(8) § 2a Absatz 5 Nummer 2 gilt nicht.

(1) Eine natürliche Person darf nicht mehr als eine Identifikationsnummer erhalten. Jede Identifikationsnummer darf nur einmal vergeben werden.

(2) Die Finanzbehörden dürfen die Identifikationsnummer verarbeiten, wenn die Verarbeitung zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift die Verarbeitung der Identifikationsnummer ausdrücklich erlaubt oder anordnet. Andere öffentliche oder nicht-öffentliche Stellen dürfen ohne Einwilligung der betroffenen Person

1.
die Identifikationsnummer nur verarbeiten, soweit dies für Datenübermittlungen zwischen ihnen und den Finanzbehörden erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift die Verarbeitung der Identifikationsnummer ausdrücklich erlaubt oder anordnet,
2.
ihre Dateisysteme nur insoweit nach der Identifikationsnummer ordnen oder für den Zugriff erschließen, als dies für regelmäßige Datenübermittlungen zwischen ihnen und den Finanzbehörden erforderlich ist,
3.
eine rechtmäßig erhobene Identifikationsnummer eines Steuerpflichtigen zur Erfüllung aller Mitteilungspflichten gegenüber Finanzbehörden verwenden, soweit die Mitteilungspflicht denselben Steuerpflichtigen betrifft und die Verarbeitung nach Nummer 1 zulässig wäre,
4.
eine durch ein verbundenes Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes oder ein Unternehmen einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe rechtmäßig erhobene Identifikationsnummer eines Steuerpflichtigen zur Erfüllung aller steuerlichen Mitwirkungspflichten verwenden, soweit die Mitwirkungspflicht denselben Steuerpflichtigen betrifft und die verwendende Stelle zum selben Unternehmensverbund wie die Stelle gehört, die die Identifikationsnummer erhoben hat und die Verarbeitung nach Nummer 1 zulässig wäre.

(3) Das Bundeszentralamt für Steuern speichert zu natürlichen Personen folgende Daten:

1.
Identifikationsnummer,
2.
Wirtschafts-Identifikationsnummern,
3.
Familienname,
4.
frühere Namen,
5.
Vornamen,
6.
Doktorgrad,
7.
(weggefallen),
8.
Tag und Ort der Geburt,
9.
Geschlecht,
10.
gegenwärtige oder letzte bekannte Anschrift,
11.
zuständige Finanzbehörden,
12.
Auskunftssperren nach dem Bundesmeldegesetz,
13.
Sterbetag,
14.
Tag des Ein- und Auszugs.

(3a) Außerdem speichert das Bundeszentralamt für Steuern zu natürlichen Personen die für sie nach Absatz 10 zuletzt übermittelte internationale Kontonummer (IBAN), bei ausländischen Kreditinstituten auch den internationalen Banken-Identifizierungsschlüssel (BIC).

(4) Die in Absatz 3 aufgeführten Daten werden gespeichert, um

1.
sicherzustellen, dass eine Person nur eine Identifikationsnummer erhält und eine Identifikationsnummer nicht mehrfach vergeben wird,
2.
die Identifikationsnummer eines Steuerpflichtigen festzustellen,
3.
zu erkennen, welche Finanzbehörden für einen Steuerpflichtigen zuständig sind,
4.
Daten, die auf Grund eines Gesetzes oder nach über- und zwischenstaatlichem Recht entgegenzunehmen sind, an die zuständigen Stellen weiterleiten zu können,
5.
den Finanzbehörden die Erfüllung der ihnen durch Rechtsvorschrift zugewiesenen Aufgaben zu ermöglichen.
Die in Absatz 3 Nummer 1 und 8 aufgeführten Daten werden auch zur Ermittlung des Einkommens nach § 97a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gespeichert und können von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung zu diesem Zweck verarbeitet werden. Die Regelungen des Identifikationsnummerngesetzes bleiben unberührt.

(4a) Die in Absatz 3 Nummer 3 bis 6, 8 und 10 aufgeführten Daten werden bei einer natürlichen Person, die ein Nutzerkonto im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes nutzt, auch zum Nachweis der Identität als Nutzer dieses Nutzerkontos gespeichert; diese Daten dürfen elektronisch an das Nutzerkonto übermittelt werden, wenn der Nutzer zuvor in die Übermittlung eingewilligt hat.

(4b) Die in Absatz 3 Nummer 1 und 8 aufgeführten Daten werden bei einer natürlichen Person auch für Zwecke der Digitalen Rentenübersicht gespeichert.

(4c) Die nach Absatz 3a gespeicherten Daten werden gespeichert, um eine unbare Auszahlung von Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu ermöglichen, bei denen die Verwendung der nach Absatz 3a gespeicherten Daten vorgesehen ist. Die in Absatz 3 aufgeführten Daten werden bei einer natürlichen Person auch für die in Satz 1 genannten Zwecke gespeichert.

(5) Die in Absatz 3 aufgeführten Daten dürfen nur für die in den Absätzen 4 bis 4c genannten Zwecke verarbeitet werden. Die in Absatz 3a aufgeführten Daten dürfen nur für die in Absatz 4c genannten Zwecke verarbeitet werden; eine Übermittlung, Verwendung oder Beschlagnahme dieser Daten nach anderen Rechtsvorschriften ist unzulässig. Auskunftssperren nach dem Bundesmeldegesetz sind zu beachten und im Fall einer zulässigen Datenübermittlung ebenfalls zu übermitteln. Der Dritte, an den die Daten übermittelt werden, hat die Übermittlungssperren ebenfalls zu beachten. Die Regelungen des Identifikationsnummerngesetzes bleiben unberührt.

(6) Zum Zwecke der erstmaligen Zuteilung der Identifikationsnummer übermitteln die Meldebehörden dem Bundeszentralamt für Steuern für jeden in ihrem Zuständigkeitsbereich mit alleiniger Wohnung oder Hauptwohnung im Melderegister registrierten Einwohner folgende Daten:

1.
Familienname,
2.
frühere Namen,
3.
Vornamen,
4.
Doktorgrad,
5.
(weggefallen),
6.
Tag und Ort der Geburt,
7.
Geschlecht,
8.
gegenwärtige Anschrift der alleinigen Wohnung oder der Hauptwohnung,
9.
Tag des Ein- und Auszugs,
10.
Auskunftssperren nach dem Bundesmeldegesetz.
Hierzu haben die Meldebehörden jedem in ihrem Zuständigkeitsbereich mit alleiniger Wohnung oder Hauptwohnung registrierten Einwohner ein Vorläufiges Bearbeitungsmerkmal zu vergeben. Dieses übermitteln sie zusammen mit den Daten nach Satz 1 an das Bundeszentralamt für Steuern. Das Bundeszentralamt für Steuern teilt der zuständigen Meldebehörde die dem Steuerpflichtigen zugeteilte Identifikationsnummer zur Speicherung im Melderegister unter Angabe des Vorläufigen Bearbeitungsmerkmals mit und löscht das Vorläufige Bearbeitungsmerkmal anschließend.

(7) Die Meldebehörden haben im Falle der Speicherung einer Geburt im Melderegister sowie im Falle der Speicherung einer Person, für die bisher keine Identifikationsnummer zugeteilt worden ist, dem Bundeszentralamt für Steuern die Daten nach Absatz 6 Satz 1 zum Zwecke der Zuteilung der Identifikationsnummer zu übermitteln. Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Wird im Melderegister eine Person gespeichert, der nach eigenen Angaben noch keine Identifikationsnummer zugeteilt worden ist, so können die Meldebehörden dies in einem maschinellen Verfahren beim Bundeszentralamt für Steuern überprüfen; dabei dürfen nur die Daten nach Absatz 3 verwendet werden. Stimmen die von der Meldebehörde übermittelten Daten mit den beim Bundeszentralamt für Steuern nach Absatz 3 gespeicherten Daten überein, teilt das Bundeszentralamt für Steuern der Meldebehörde die in Absatz 3 Nummer 1, 3, 5, 8 und 10 genannten Daten mit; andernfalls teilt es der Meldebehörde mit, dass keine Zuordnung möglich war.

(8) Die Meldebehörde teilt dem Bundeszentralamt für Steuern Änderungen der in Absatz 6 Satz 1 Nr. 1 bis 10 bezeichneten Daten sowie bei Sterbefällen den Sterbetag unter Angabe der Identifikationsnummer oder, sofern diese noch nicht zugeteilt wurde, unter Angabe des Vorläufigen Bearbeitungsmerkmals mit.

(9) Das Bundeszentralamt für Steuern unterrichtet die Meldebehörden, wenn ihm konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der ihm von den Meldebehörden übermittelten Daten vorliegen.

(10) Natürliche Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, können dem Bundeszentralamt für Steuern die IBAN, bei ausländischen Kreditinstituten auch den BIC, des für Auszahlungen in den Fällen des Absatzes 4c zu verwendenden Kontos unter Angabe der in Absatz 3 Nummer 1 und 8 genannten Daten in einem sicheren Verfahren

1.
übermitteln,
2.
durch ihren Bevollmächtigten im Sinne des § 80 Absatz 2 übermitteln lassen oder
3.
durch das kontoführende Kreditinstitut übermitteln lassen; die Kreditinstitute haben zu diesem Zweck ein geeignetes Verfahren bereitzustellen.
Für natürliche Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für die nach § 63 des Einkommensteuergesetzes Kindergeld festgesetzt worden ist, teilt die zuständige Familienkasse als mitteilungspflichtige Stelle dem Bundeszentralamt für Steuern für die in Absatz 4c genannten Zwecke unter Angabe der in Absatz 3 Nummer 1 und 8 genannten Daten der natürlichen Person die IBAN, bei ausländischen Kreditinstituten auch den BIC, des Kontos mit, auf welches das Kindergeld zuletzt ausgezahlt worden ist; dies gilt nicht, wenn es sich bei dem tatsächlichen Zahlungsempfänger weder um den Kindergeldberechtigten noch um das Kind handelt. Änderungen der nach den Sätzen 1 oder 2 bereits mitgeteilten IBAN, bei ausländischen Kreditinstituten auch des BIC, sind dem Bundeszentralamt für Steuern unter Angabe der in Absatz 3 Nummer 1 und 8 genannten Daten umgehend mitzuteilen.

(11) Die Übermittlung der in Absatz 10 genannten Daten an das Bundeszentralamt für Steuern muss elektronisch nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle erfolgen.

(12) Das Bundeszentralamt für Steuern stellt den für ein Verfahren im Sinne des Absatzes 4c zuständigen Stellen die in Absatz 3 Nummer 1, 3, 5, 8, 10, 12 und 13 sowie Absatz 3a genannten Daten zum automationsgestützten Abgleich oder zum Abruf durch Datenfernübertragung zur Verfügung.

(13) Eine Datenübermittlung an das Bundeszentralamt für Steuern nach Absatz 10 Satz 1 ist erstmals zu einem vom Bundesministerium der Finanzen zu bestimmenden und im Bundesgesetzblatt bekanntzumachenden Zeitpunkt zulässig. Die nach Absatz 10 Satz 2 mitteilungspflichtigen Stellen haben die von ihnen mitzuteilenden Daten erstmals zu einem vom Bundesministerium der Finanzen zu bestimmenden und im Bundesgesetzblatt bekanntzumachenden Zeitpunkt an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Wird Kindergeld erstmals nach dem vom Bundesministerium der Finanzen nach Satz 2 bestimmten Zeitpunkt ausgezahlt, gilt Satz 2 entsprechend.

(1) Eine Steuererklärung ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben, wenn

1.
keine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben ist,
2.
nicht freiwillig eine gesetzlich oder amtlich zugelassene elektronische Steuererklärung abgegeben wird,
3.
keine mündliche oder konkludente Steuererklärung zugelassen ist und
4.
eine Aufnahme der Steuererklärung an Amtsstelle nach § 151 nicht in Betracht kommt.
§ 87a Absatz 1 Satz 1 ist nur anzuwenden, soweit eine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben oder zugelassen ist. Der Steuerpflichtige hat in der Steuererklärung die Steuer selbst zu berechnen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist (Steueranmeldung).

(2) Die Angaben in den Steuererklärungen sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen.

(3) Ordnen die Steuergesetze an, dass der Steuerpflichtige die Steuererklärung eigenhändig zu unterschreiben hat, so ist die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nur dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist. Die eigenhändige Unterschrift kann nachträglich verlangt werden, wenn der Hinderungsgrund weggefallen ist.

(4) Den Steuererklärungen müssen die Unterlagen beigefügt werden, die nach den Steuergesetzen vorzulegen sind. Dritte Personen sind verpflichtet, hierfür erforderliche Bescheinigungen auszustellen.

(5) In die Steuererklärungsformulare können auch Fragen aufgenommen werden, die zur Ergänzung der Besteuerungsunterlagen für Zwecke einer Statistik nach dem Gesetz über Steuerstatistiken erforderlich sind. Die Finanzbehörden können ferner von Steuerpflichtigen Auskünfte verlangen, die für die Durchführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes erforderlich sind. Die Finanzbehörden haben bei der Überprüfung der Angaben dieselben Befugnisse wie bei der Aufklärung der für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse.

(6) Zur Erleichterung und Vereinfachung des automatisierten Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen Steuererklärungen oder sonstige für das Besteuerungsverfahren erforderliche Daten ganz oder teilweise durch Datenfernübertragung oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern übermittelt werden können. In der Rechtsverordnung können von den §§ 72a und 87b bis 87d abweichende Regelungen getroffen werden. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit die Kraftfahrzeugsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungsteuer und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betroffen sind.

(7) Können Steuererklärungen, die nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abgegeben oder nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelt werden, nach § 155 Absatz 4 Satz 1 zu einer ausschließlich automationsgestützten Steuerfestsetzung führen, ist es dem Steuerpflichtigen zu ermöglichen, Angaben, die nach seiner Auffassung Anlass für eine Bearbeitung durch Amtsträger sind, in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung zu machen. Daten, die von mitteilungspflichtigen Stellen nach Maßgabe des § 93c an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, gelten als Angaben des Steuerpflichtigen, soweit sie in den Steuererklärungsformularen als eDaten gekennzeichnet sind oder bei nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelten Steuererklärungen für den Belegabruf bereitgestellt werden und er nicht in einem dafür vorzusehenden Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung abweichende Angaben macht.

(8) Ordnen die Steuergesetze an, dass die Finanzbehörde auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten kann, ist einem solchen Antrag zu entsprechen, wenn eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.

(1) Ein Steuerbescheid ist aufzuheben oder zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten im Sinne des § 93c bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden.

(2) Gelten Daten, die von mitteilungspflichtigen Stellen nach Maßgabe des § 93c an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, nach § 150 Absatz 7 Satz 2 als Angaben des Steuerpflichtigen, ist der Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit diese Daten zu Ungunsten des Steuerpflichtigen unrichtig sind.

(3) Ist eine Einwilligung des Steuerpflichtigen in die Übermittlung von Daten im Sinne des § 93c an die Finanzbehörden Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung der Daten, so ist ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit die Einwilligung nicht vorliegt.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn nachträglich übermittelte Daten im Sinne des § 93c Absatz 1 oder 3 nicht rechtserheblich sind.

(1) Als Auslagen werden erhoben:

1.
Schreibauslagen für nicht von Amts wegen zu erteilende oder per Telefax übermittelte Abschriften; die Schreibauslagen betragen unabhängig von der Art der Herstellung
a)
für die ersten 50 Seiten je Seite 0,50 Euro,
b)
für jede weitere Seite 0,15 Euro,
c)
für die ersten 50 Seiten in Farbe je Seite 1,00 Euro,
d)
für jede weitere Seite in Farbe 0,30 Euro.
Werden anstelle von Abschriften elektronisch gespeicherte Dateien überlassen, betragen die Auslagen 1,50 Euro je Datei. Für die in einem Arbeitsgang überlassenen oder in einem Arbeitsgang auf einen Datenträger übertragenen Dokumente werden insgesamt höchstens 5 Euro erhoben. Werden zum Zweck der Überlassung von elektronisch gespeicherten Dateien Dokumente zuvor auf Antrag von der Papierform in die elektronische Form übertragen, beträgt die Pauschale für Schreibauslagen nach Satz 2 nicht weniger, als die Pauschale im Fall von Satz 1 betragen würde,
2.
Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, ausgenommen die Entgelte für Telefondienstleistungen im Orts- und Nahbereich,
3.
Entgelte für Zustellungen durch die Post mit Zustellungsurkunde; wird durch die Behörde zugestellt (§ 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes), so werden 7,50 Euro erhoben,
4.
Kosten, die durch öffentliche Bekanntmachung entstehen,
5.
an die zum Öffnen von Türen und Behältnissen sowie an die zur Durchsuchung von Vollstreckungsschuldnern zugezogenen Personen zu zahlende Beträge,
6.
Kosten für die Beförderung, Verwahrung und Beaufsichtigung gepfändeter Sachen, Kosten für die Aberntung gepfändeter Früchte und Kosten für die Verwahrung, Fütterung, Pflege und Beförderung gepfändeter Tiere,
7.
Beträge, die in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes an Auskunftspersonen und Sachverständige (§ 107) sowie Beträge, die an Treuhänder (§ 318 Abs. 5) zu zahlen sind,
7a.
Kosten, die von einem Kreditinstitut erhoben werden, weil ein Scheck des Vollstreckungsschuldners nicht eingelöst wurde,
7b.
Kosten für die Umschreibung eines auf einen Namen lautenden Wertpapiers oder für die Wiederinkurssetzung eines Inhaberpapiers,
8.
andere Beträge, die auf Grund von Vollstreckungsmaßnahmen an Dritte zu zahlen sind, insbesondere Beträge, die bei der Ersatzvornahme oder beim unmittelbaren Zwang an Beauftragte und an Hilfspersonen gezahlt werden, und sonstige durch Ausführung des unmittelbaren Zwanges oder Anwendung der Ersatzzwangshaft entstandene Kosten.

(2) Steuern, die die Finanzbehörde auf Grund von Vollstreckungsmaßnahmen schuldet, sind als Auslagen zu erheben.

(3) Werden Sachen oder Tiere, die bei mehreren Vollstreckungsschuldnern gepfändet worden sind, in einem einheitlichen Verfahren abgeholt und verwertet, so werden die Auslagen, die in diesem Verfahren entstehen, auf die beteiligten Vollstreckungsschuldner verteilt. Dabei sind die besonderen Umstände des einzelnen Falls, vor allem Wert, Umfang und Gewicht der Gegenstände, zu berücksichtigen.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer den Finanzbehörden vorsätzlich oder leichtfertig

1.
entgegen § 80a Absatz 1 Satz 3 unzutreffende Vollmachtsdaten übermittelt oder
2.
entgegen § 80a Absatz 1 Satz 4 den Widerruf oder die Veränderung einer nach § 80a Absatz 1 übermittelten Vollmacht durch den Vollmachtgeber nicht unverzüglich mitteilt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.

(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, einzulegen.

(2) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 ist unbefristet.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, einzulegen.

(2) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 ist unbefristet.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei. § 110 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Finanzbehörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.

(2) Die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern können auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die Finanzbehörde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde. Bei Antragstellern, für die im Zeitpunkt der Antragstellung nach den §§ 18 bis 21 keine Finanzbehörde zuständig ist, ist auf dem Gebiet der Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, abweichend von Satz 2 das Bundeszentralamt für Steuern zuständig; in diesem Fall bindet die verbindliche Auskunft auch die Finanzbehörde, die bei der Verwirklichung des der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts zuständig ist. Über den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft soll innerhalb von sechs Monaten ab Eingang des Antrags bei der zuständigen Finanzbehörde entschieden werden; kann die Finanzbehörde nicht innerhalb dieser Frist über den Antrag entscheiden, ist dies dem Antragsteller unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu Form, Inhalt und Voraussetzungen des Antrages auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und zur Reichweite der Bindungswirkung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich zu erteilen ist und welche Finanzbehörde in diesem Fall für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Versicherungsteuer betrifft.

(3) Für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach Absatz 2 wird eine Gebühr erhoben. Wird eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt, ist nur eine Gebühr zu erheben; in diesem Fall sind alle Antragsteller Gesamtschuldner der Gebühr. Die Gebühr ist vom Antragsteller innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe ihrer Festsetzung zu entrichten. Die Finanzbehörde kann die Entscheidung über den Antrag bis zur Entrichtung der Gebühr zurückstellen.

(4) Die Gebühr wird nach dem Wert berechnet, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert). Der Antragsteller soll den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände in seinem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft darlegen. Die Finanzbehörde soll der Gebührenfestsetzung den vom Antragsteller erklärten Gegenstandswert zugrunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt.

(5) Die Gebühr wird in entsprechender Anwendung des § 34 des Gerichtskostengesetzes mit einem Gebührensatz von 1,0 erhoben. § 39 Absatz 2 des Gerichtskostengesetzes ist entsprechend anzuwenden. Beträgt der Gegenstandswert weniger als 10 000 Euro, wird keine Gebühr erhoben.

(6) Ist ein Gegenstandswert nicht bestimmbar und kann er auch nicht durch Schätzung bestimmt werden, ist eine Zeitgebühr zu berechnen; sie beträgt 50 Euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit. Beträgt die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden, wird keine Gebühr erhoben.

(7) Auf die Gebühr kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Gebühr kann insbesondere ermäßigt werden, wenn ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vor Bekanntgabe der Entscheidung der Finanzbehörde zurückgenommen wird.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 13. Januar 2012  2 K 128/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurde in den Streitjahren 2006 bis 2008 mit Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und der verrechenbaren Verluste nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (im Weiteren Gewinnfeststellungsbescheide) zunächst jeweils erklärungsgemäß veranlagt. Aufgrund einer Außenprüfung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Aufwendungen der Klägerin nicht als Betriebsausgaben an und erließ unter dem 28. März 2011 entsprechend geänderte Gewinnfeststellungsbescheide.

2

Den dagegen erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 27. Mai 2011, zur Post gegeben am selben Tag, als unbegründet zurück.

3

Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2011, eingegangen beim Finanzgericht (FG) am selben Tag, hat die Klägerin gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 2006 bis 2008 Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2011 beantragte die Klägerin hinsichtlich der versäumten Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, dass sie wegen der Fristversäumung kein persönliches Verschulden treffe. In dem Büro ihrer Prozessbevollmächtigten sei im hier relevanten Zeitraum der O allein für die Fristenkontrolle zuständig gewesen. Bei diesem handele es sich um einen erfahrenen und fachlich vorgebildeten Mitarbeiter, der regelmäßig im Hinblick auf die Aufgabe der Fristenkontrolle von dem Steuerberater und Rechtsanwalt H überwacht werde. Bisher habe die Tätigkeit des Mitarbeiters O insbesondere im Hinblick auf die Fristenbearbeitung keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben.

4

Die Fristenkontrolle werde so vorgenommen, dass regelmäßig am Tag des Fristablaufs für die jeweils ablaufenden Fristen des Tages ein "roter Fristenkontrollzettel" ausgedruckt und mit der Handakte des jeweiligen Aktenvorgangs H, dem einzigen Steuerberater in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten, zur fristwahrenden Bearbeitung vorgelegt werde. Zum Ende des Arbeitstages erfolge an Hand des Fristenkontrollzettels eine Rückkopplung mit H, ob und wie die Fristen bearbeitet worden seien. Die Art und Weise der Fristeneinhaltung werde sodann auf dem roten Fristenkontrollzettel vermerkt. Vor dem Tag des Fristablaufs gebe es zwei Vorfristen, die zehn bzw. fünf Tage vor dem Fristablauf lägen. Es sei organisatorisch vorgesehen, dass der jeweilige Vorgang auch bei diesen Fristen H vorgelegt werde.

5

Im vorliegenden Fall sei der Fristablauf ausweislich des Fristenkontrollzettels ordnungsgemäß notiert worden. Am 30. Juni 2011 habe es der sonst sehr pflichtbewusst und gewissenhaft arbeitende O aufgrund einer aufkommenden Magenverstimmung übersehen, die ablaufende Frist zu überwachen und H unter erneuter Vorlage der Akte darauf hinzuweisen, dass in der Angelegenheit spätestens mit Ablauf des 30. Juni 2011 Klage zu erheben sei. Infolge des fehlenden roten Fristenkontrollzettels sei der Fristablauf von H unentdeckt geblieben. Erst durch eine Nachfrage von Seiten der Klägerin sei man am 4. Juli 2011 auf den Ablauf der Klagefrist aufmerksam geworden. Bei dem Vorgang habe sich lediglich ein gelber Fristenkontrollzettel befunden, der im Zeitpunkt der Erfassung der Frist angelegt worden sei.

6

Dass das D-Fristenkontrollsystem, mit dem die Prozessbevollmächtigte der Klägerin gearbeitet habe, nicht wie andere Fristenkontrollsysteme ein "Alarmfenster" aufweise, sei "rechtlich unschädlich".

7

Das FG hat, nachdem es O als Zeugen zu den Umständen der Fristversäumung gehört hatte, die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin habe die Klagefrist versäumt. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, da die Klägerin nicht dargelegt habe, dass die Organisation des Bürobetriebs der Prozessbevollmächtigten geeignet gewesen sei, etwaige Fristversäumnisse auszuschließen. Das Büro müsse so organisiert sein, dass die Versäumung von Fristen aufgrund menschlichen Versagens bei normalem Lauf der Dinge möglichst ausgeschlossen sei. Es habe im Büro der Prozessbevollmächtigten aber keine abschließende Kontrolle gegeben, aufgrund derer sichergestellt gewesen sei, dass die vorgemerkten Fristen eines Tages tatsächlich abgerufen und abgearbeitet würden.

8

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Zu Unrecht habe das FG eine Fristversäumung angenommen. Die Klägerin habe gemäß § 55 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) innerhalb eines Jahres Klage erheben können, da die der Einspruchsentscheidung beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig gewesen sei. Die Rechtsbehelfsbelehrung habe keinen Hinweis dazu enthalten, dass eine Klageerhebung auch per E-Mail mittels qualifizierter elektronischer Signatur möglich sei.

9

Zudem habe das FG auch im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes die Anforderungen an die Büroorganisation kleinerer Steuerberaterkanzleien im Zusammenhang mit der Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand überspannt. Die im Büro des Prozessbevollmächtigten nach dem D-Fristenkontrollsystem zweistufig aufgebaute Fristenkontrolle sei ausreichend, um sicherzustellen, dass es nach menschlichem Ermessen nicht zu einer Fristversäumung komme. Es sei aufgrund eines Verschuldens des O zu einem Kontrolldefizit der vorliegenden Klagefrist gekommen. Da O jahrelang zuverlässig als Büroleiter gearbeitet habe, habe sich H auf ihn verlassen dürfen und sei deshalb exkulpiert. Im Übrigen seien etwaige Mängel im Fristenkontrollsystem im konkreten Fall für das Fristversäumnis nicht ursächlich gewesen. Ursächlich sei allein der Umstand gewesen, dass H entgegen der Weisung kein roter Fristenkontrollzettel vorgelegt worden sei.

10

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

11

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

12

Die Klage sei nicht fristgerecht erhoben worden. Die der Einspruchsentscheidung beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung entspreche den gesetzlichen Anforderungen des § 55 Abs. 1 FGO; sie sei daher nicht unrichtig i.S. des § 55 Abs. 2 FGO.

13

Die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht erfüllt. Das FG habe ein Verschulden der Prozessbevollmächtigten, welches sich die Klägerin habe zurechnen lassen müssen, zutreffend bejaht.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

15

Zutreffend hat das FG die Klage als unzulässig abgewiesen, da die Klägerin die Klage erst nach Ablauf der Klagefrist erhoben hat (dazu unter 1.) und der Klägerin wegen der Versäumung der Klagefrist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war (dazu unter 2.).

16

1. Die Klägerin hat die Klage erst nach Ablauf der Klagefrist erhoben.

17

a) Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO beträgt die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf (Einspruchsentscheidung). Die Klagefrist beginnt allerdings nur dann zu laufen, wenn die der Einspruchsentscheidung beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung den Anforderungen des § 55 Abs. 1 FGO entsprechend erteilt worden ist. Ist die Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden, ist die Erhebung der Klage gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung zulässig.

18

b) Die Einspruchsentscheidung ist laut Absendevermerk des FA am Freitag, dem 27. Mai 2011, zur Post gegeben worden. Sie gilt daher der Klägerin als am Montag, dem 30. Mai 2011, bekanntgegeben (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung --AO--). Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Senat sieht insoweit von weiteren Ausführungen ab.

19

c) Die einmonatige Klagefrist begann mit dem Tage der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO), da die Klägerin über die Erhebung der Klage mit der der Einspruchsentscheidung beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung den Anforderungen des § 55 Abs. 1 FGO entsprechend belehrt worden ist. Die Rechtsbehelfsbelehrung gibt den Wortlaut des § 64 Abs. 1 FGO zutreffend wieder und ist deshalb nicht "unrichtig" i.S. des § 55 Abs. 2 FGO.

20

Die Rechtsbehelfsbelehrung zur Einspruchsentscheidung ist nicht gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO unrichtig erteilt worden, weil sie keinen Hinweis auf die Möglichkeit der Übermittlung der Klage mittels eines elektronischen Dokumentes gemäß § 52a FGO enthielt.

21

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in jüngerer Zeit mit Urteilen vom 20. November 2013 X R 2/12 (BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236) und vom 18. März 2014 VIII R 33/12 (BFHE 246, 1, BStBl II 2014, 922) entschieden, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung, die den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergibt, nicht "unrichtig" i.S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO ist. Da § 357 Abs. 1 Satz 1 AO für die in den jeweiligen Streitfällen maßgeblichen Verfahrenszeiträume 2010 und 2011 nur bestimme, dass der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären sei, sei ein Verweis auf § 87a AO (elektronische Kommunikation) nicht geboten (BFH-Urteile in BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236, und in BFHE 246, 1, BStBl II 2014, 922).

22

Diese Rechtsprechung hat der BFH auch auf die insoweit vergleichbare Regelung in § 55 Abs. 2 FGO zur Rechtsbehelfsbelehrung in einer Einspruchsentscheidung übertragen und ausgeführt, dass das Fehlen eines Verweises auf § 52a FGO (Übermittlung elektronischer Dokumente) ebenfalls nicht dazu führe, dass die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig i.S. des § 55 Abs. 2 FGO erteilt worden sei (BFH-Urteil vom 5. März 2014 VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010). Dem schließt sich der erkennende Senat an. Denn gemäß § 64 Abs. 1 FGO ist, insoweit inhaltsgleich mit der Regelung in § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung (geändert ab 1. August 2013 durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013, BGBl I 2013, 2749), die Klage bei dem Gericht schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben. Einen Verweis auf die Möglichkeit der Übermittlung der Klageschrift mittels elektronischen Dokuments enthält § 64 Abs. 1 FGO nicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die Entscheidungsgründe in den BFH-Urteilen in BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236 und in BFH/NV 2014, 1010 Bezug genommen.

23

d) Die einmonatige Klagefrist endete daher gemäß § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 der Zivilprozessordnung (ZPO), § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Ablauf des 30. Juni 2011. Die Klage ist am 4. Juli 2011 und damit nach Ablauf der Monatsfrist beim FG erhoben worden.

24

2. Der Klägerin war wegen der Versäumung der Klagefrist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

25

a) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 56 Abs. 1 FGO). Der Antrag ist bei Versäumung der Klagefrist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zu seiner Begründung sind glaubhaft zu machen und die versäumte Rechtshandlung ist innerhalb der Antragsfrist nachzuholen (§ 56 Abs. 2 FGO). Jedes Verschulden --also auch einfache Fahrlässigkeit-- schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (u.a. BFH-Beschluss vom 30. April 2013 IV R 38/11, BFH/NV 2013, 1117, m.w.N.). Ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten ist dem Kläger nach § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.

26

b) Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe müssen für eine zuverlässige Fristenkontrolle sorgen und, soweit sie die Fristenkontrolle dem Büropersonal überlassen, die Organisation des Bürobetriebs so gestalten, dass Fristversäumnisse vermieden werden (u.a. BFH-Beschlüsse vom 27. Juli 2011 IV B 131/10, BFH/NV 2011, 1909, und in BFH/NV 2013, 1117, m.w.N.). Wird --wie im Streitfall-- Wiedereinsetzung wegen eines entschuldbaren Büroversehens begehrt, muss substantiiert und schlüssig vorgetragen werden, dass kein Organisationsfehler vorliegt, d.h. dass der Prozessbevollmächtigte alle Vorkehrungen getroffen hat, die nach vernünftigem Ermessen die Nichtbeachtung von Fristen auszuschließen geeignet sind (u.a. BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 1117). Zur Überwachung der Fristen bedarf es der Einrichtung eines Fristenkontrollbuchs oder einer gleichwertigen Einrichtung. Zudem ist im Rahmen einer abendlichen Erledigungskontrolle sicherzustellen, dass die Fristsachen ordnungsgemäß erledigt worden sind (Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 12. Oktober 1998 II ZB 11/98, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1999, 670, und vom 6. November 2001 XI ZB 11/01, BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 17). Bei einer elektronischen Fristenkontrolle gelten keine geringeren Anforderungen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 1117).

27

c) Danach hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Frist zur Erhebung der Klage nicht ohne Verschulden versäumt. Sie hat, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, nicht dargelegt, dass die Organisation des Bürobetriebs dergestalt beschaffen war, Fristversäumnisse grundsätzlich auszuschließen. Es kann dahinstehen, ob das von der Prozessbevollmächtigten geführte elektronische Fristenkontrollbuch überhaupt geeignet war, die Einhaltung und Überwachung der Fristen sicherzustellen. Jedenfalls fehlte es, worauf das FG zutreffend abgestellt hat, an der Durchführung einer erforderlichen abendlichen Kontrolle der in dem elektronischen Fristenkontrollbuch erfassten Fristen. Dass die Büroorganisation ersichtlich nicht ausreichend beschaffen war, wird nicht zuletzt durch das Vorbringen der Prozessbevollmächtigten belegt, dass die Fristversäumnis nicht von ihr entdeckt, sie vielmehr erst aufgrund der telefonischen Nachfrage der Klägerin auf die Versäumung der Klagefrist aufmerksam geworden sei. Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten ist der Klägerin zuzurechnen.

(Anmerkung: Satz 1 der Randnummer geändert aufgrund des Berichtigungsbeschlusses des BFH vom 25. August 2015 IV R 18/13, nicht dokumentiert).

28

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

29

4. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 121 Satz 1, 90 Abs. 2 FGO).

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) schätzte den gesondert festzustellenden Gewinn des Gewerbetriebs "P" des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) für die Streitjahre 2006 und 2007. Diese Schätzungsbescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nachdem der Kläger im Dezember 2010 seine Gewinnermittlungen für alle Streitjahre eingereicht hatte, hob das FA mit Bescheiden vom 30. März 2011 die Vorbehalte der Nachprüfung für die Streitjahre 2006 und 2007 auf. Am gleichen Tag erließ das FA einen Feststellungsbescheid für das Streitjahr 2008. Alle drei Bescheide waren mit Rechtsbehelfsbelehrungen versehen, die hinsichtlich der Form der Einspruchseinlegung den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) wiederholten. Daneben enthielten diese Bescheide die E-Mail-Adresse des FA. Infolge der bereits am 14. Januar 2011 ergangenen Aufforderung, Nachweise hinsichtlich der Gewinnermittlungen zu übersenden, bat der Kläger am 20. Mai 2011, die Schätzungen zurückzunehmen. Er habe krankheitsbedingt erst verspätet antworten können. Auf einen Hinweis des FA auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand reagierte der Kläger nicht. Das Schreiben des Klägers vom 20. Mai 2011 wertete das FA als Einspruch gegen die Bescheide vom 30. März 2011, die es durch Entscheidung vom 26. Juli 2011 als unzulässig verwarf.

2

Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) hob mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 292 veröffentlichten Urteil die Einspruchsentscheidung auf. Der Einspruch sei fristgerecht eingegangen, da aufgrund des fehlenden Hinweises in den Rechtsbehelfsbelehrungen auf die Möglichkeit der Einlegung eines Einspruchs per E-Mail die Jahresfrist aus § 356 Abs. 2 AO zum Tragen komme.

3

Das FA begründet seine Revision damit, dass die Einlegung eines Einspruchs per E-Mail ein Unterfall der schriftlichen Einspruchseinlegung sei und eine Erweiterung der Rechtsbehelfsbelehrung zur Unübersichtlichkeit führe. Die Nichterwähnung der E-Mail führe nicht zu einer Erschwerung oder gar Gefährdung der Rechtsverfolgung und Fristwahrung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise.

4

Das FA beantragt sinngemäß,
das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

7

Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass die Rechtsbehelfsbelehrungen der Bescheide vom 30. März 2011 unvollständig seien, da ein Hinweis auf die Möglichkeit der Einlegung eines Einspruchs per E-Mail fehle. Das zutreffend als Einspruch zu wertende Schreiben des Klägers (unten 1.) hat die einmonatige Einspruchsfrist nicht gewahrt, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war nicht zu gewähren (unten 2.). Die Jahresfrist des § 356 Abs. 2 AO ist nicht anwendbar, da die Rechtsbehelfsbelehrungen richtig und vollständig sind (unten 3.).

8

1. Zutreffend haben FA und FG das Schreiben des Klägers vom 20. Mai 2011 als Einspruch gewertet. Auch außerprozessuale Verfahrenserklärungen --wie dieses Schreiben-- sind in entsprechender Anwendung des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Juli 1986 IX R 123/82, BFH/NV 1987, 359). Im vorliegenden Fall liegt in der Bitte des Klägers, die Schätzungen zurückzunehmen, ein Begehren i.S. des § 350 AO, das als Einspruch anzusehen ist.

9

Der Einspruch ist schriftlich und damit jedenfalls formgerecht i.S. des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO eingelegt worden.

10

2. Das FA ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Einspruch nicht innerhalb der Monatsfrist gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 AO eingelegt wurde. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 AO war --auch von Amts wegen-- nicht zu gewähren, da der Kläger Tatsachen zur Begründung eines solchen Antrags trotz eines Hinweises des FA nicht dargelegt hat. Die bloße Erwähnung einer Krankheit im Einspruchsschreiben zwingt das FA nicht zu einer Prüfung der Wiedereinsetzung von Amts wegen. Da Krankheit nur ausnahmsweise eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründen kann (vgl. statt vieler: Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 110 AO Rz 147; Klein/ Rätke, AO, 11. Aufl., § 110 Rz 9, jeweils m.w.N.), hätte der Kläger weitere Tatsachen darlegen und --spätestens im Klageverfahren (vgl. Klein/Rätke, a.a.O., § 110 Rz 46; Pahlke/ Koenig/Pahlke, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 110 Rz 89, jeweils m.w.N.)-- gemäß § 110 Abs. 2 Satz 2 AO auch glaubhaft machen müssen. Für Amtsermittlungen ist in einem solchen Verfahren grundsätzlich kein Raum (BFH-Beschluss vom 23. Januar 2008 I B 101/07, BFH/NV 2008, 1290).

11

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 AO wäre auch dann nicht zu gewähren, wenn man den Vortrag der Klägerseite so verstünde, dass dem Kläger die Möglichkeit der Einlegung eines Einspruchs per E-Mail nicht bekannt gewesen sei und er sich deshalb im Rechtsirrtum befunden habe. Es fehlt insoweit bereits an der Darlegung entsprechender Tatsachen innerhalb der in § 110 Abs. 2 Satz 1 AO festgesetzten Monatsfrist. Ein Nachschieben von Wiedereinsetzungsgründen nach Ablauf dieser Antragsfrist ist unzulässig (BFH-Beschluss vom 26. Februar 2004 VI B 101/01, nicht veröffentlicht).

12

3. Die Einspruchsfrist ist nicht gemäß § 356 Abs. 2 Satz 1 AO auf ein Jahr seit Bekanntgabe der Bescheide verlängert worden, da die Rechtsbehelfsbelehrungen der Bescheide vom 30. März 2011 vollständig und richtig erteilt worden sind. Hinsichtlich der Anforderungen an die Form der Einspruchseinlegung reicht es insoweit aus, dass die Rechtsbehelfsbelehrungen den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergeben.

13

a) Die Rechtsbehelfsbelehrung muss dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes --GG--; Art. 19 Abs. 4 GG) Rechnung tragen, soll aber auch so einfach und klar wie möglich sein (Senatsurteil vom 7. März 2006 X R 18/05, BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455).

14

Unrichtig ist eine Belehrung daher erst dann, wenn sie in wesentlichen Aussagen unzutreffend oder derart unvollständig oder missverständlich gefasst ist, dass hierdurch --bei objektiver Betrachtung-- die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint (Senatsurteil vom 29. Juli 1998 X R 3/96, BFHE 186, 324, BStBl II 1998, 742; auch BFH-Beschluss vom 9. November 2009 IV B 54/09, BFH/NV 2010, 448, jeweils m.w.N.).

15

b) Der BFH hat bereits mehrfach entschieden, dass die Rechtsbehelfsbelehrung auch dann noch vollständig und richtig ist, wenn sie hinsichtlich der Form der Einlegung des Rechtsbehelfs nur den Wortlaut des Gesetzes --im Fall der Einlegung des Einspruchs also den des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO-- wiederholt, und zwar auch in Bezug auf die Einlegung des Rechtsbehelfs per E-Mail. So stellte der III. Senat bereits in seiner Entscheidung vom 2. Februar 2010 III B 20/09 (BFH/NV 2010, 830) klar, dass die Rechtsbehelfsbelehrung richtig und vollständig sei, wenn sie den Wortlaut des § 357 Abs. 1 AO wiedergebe. Auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Form brauche die Behörde auch dann nicht hinzuweisen, wenn in der Erwähnung der Internetseite in der Fußzeile des Bescheides die konkludente Eröffnung eines "Zugangs" i.S. von § 87a Abs. 1 Satz 1 AO zu sehen sein sollte. Diese Rechtsprechung hat der III. Senat in seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2012 III B 66/12 (BFH/NV 2013, 177) bestätigt.

16

In seinem Beschluss vom 12. Dezember 2012 I B 127/12 (BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272) hat sich der I. Senat des BFH dieser Rechtsprechung angeschlossen. Nach dem maßgebenden objektiven Verständnishorizont sei bei Wiederholung des Wortlautes des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO kein unrichtiger bzw. missverständlicher Hinweis zu den Formerfordernissen erteilt worden. Das FA sei weder gehalten, einen ergänzenden Hinweis auf § 87a AO (elektronische Form als Alternative zur Schriftlichkeit im Sinne der hergebrachten Schriftform) zu geben, ebenso wie es umgekehrt nicht gehalten sei, angesichts der ergänzenden Regelung des § 87a AO einen Hinweis, der sich auf § 357 Abs. 1 Satz 1 AO beschränke, zu unterlassen. Eine Belehrung entsprechend dem Gesetzeswortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO sei nicht geeignet, bei einem "objektiven" Empfänger die Fehlvorstellung hervorzurufen, die Einlegung eines Einspruchs in elektronischer Form werde den geltenden Formvorschriften nicht gerecht. Der Hinweis auf die "Schriftlichkeit" entsprechend § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wirke weder irreführend noch rechtsschutzbeeinträchtigend. Der Betroffene werde in die Lage versetzt, sich im Rahmen seiner verfahrensrechtlichen Mitverantwortung darüber kundig zu machen, ob das herkömmliche Verständnis dessen, was unter "schriftlich" aufzufassen sei, angesichts der technischen Weiterentwicklungen zu modifizieren sei.

17

c) Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des I. und III. Senats an und knüpft hierbei an seine Entscheidung in BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455 an, die es ausreichen lässt, dass die Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich der Berechnung der Einspruchsfrist den Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen wiedergibt.

18

aa) Nach § 356 Abs. 1 AO beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form (schriftlich oder elektronisch) belehrt worden ist. Über die Form des Einspruchs selbst ist hiernach nicht (zwingend) zu belehren.

19

Allerdings muss eine Rechtsbehelfsbelehrung auch Angaben, die nicht zwingend vorgeschrieben sind, richtig, vollständig und unmissverständlich darstellen (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juni 2007 III R 70/06, BFH/NV 2007, 2064, unter II.2.a, m.w.N.). Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Maßstäben, die der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455 aufgestellt hat (s.o. unter 3.a).

20

bb) Der Senat hat gerade mit Rücksicht auf die im Interesse des Steuerpflichtigen liegende Klarheit der Rechtsbehelfsbelehrung in dieser Entscheidung zu einem Fall, in dem die Frage des Fristbeginns in Rede stand, ausgeführt (unter II.2.c d), es sei ausreichend, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung den Gesetzeswortlaut der einschlägigen Bestimmung wiedergebe und verständlich über die allgemeinen Merkmale des Fristbeginns unterrichte. Letzteres setze nach allgemeiner Meinung nicht voraus, dass in der Rechtsbehelfsbelehrung den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung zu tragen wäre. Vielmehr genüge eine abstrakte Belehrung anhand des Gesetzestextes über die vorgeschriebene Anfechtungsfrist. Die konkrete Berechnung sei den Beteiligten überlassen. Auf sämtliche Modalitäten könne kaum hingewiesen werden.

21

cc) Es besteht keine Veranlassung, bei Angaben in der Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht Pflichtangaben nach § 356 Abs. 1 AO sind, höhere Anforderungen an die Detailliertheit der Rechtsbehelfsbelehrung zu stellen als bei solchen Angaben, die notwendiges Element der Rechtsbehelfsbelehrung sind.

22

Die Frist ist eine solche Pflichtangabe. Wenn es aber selbst zu der --im Einzelfall sehr komplizierten-- Berechnung der Frist ausreicht, den Wortlaut der einschlägigen Bestimmung wiederzugeben, so muss dies erst recht gelten, wenn Angaben zur Form gemacht werden, die schon dem Grunde nach nicht zwingender Bestandteil der Rechtsbehelfsbelehrung sind.

23

Das bedeutet für die Form der Einspruchseinlegung, dass es genügt, den Wortlaut der insoweit maßgeblichen Vorschrift, nämlich des § 357 Abs. 1 AO, wiederzugeben. Dies ist in den Bescheiden vom 30. März 2011 unstreitig geschehen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tatbestand

1

I. Die damals verheiratete Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erhielt aufgrund eines Festsetzungsbescheids vom 16. April 2004 für ihre im März 1981 geborene Tochter und ihren Sohn ab Oktober 2002 laufend Kindergeld ausgezahlt. Nachdem die damals zuständige Familienkasse X mehrfach erfolglos versucht hatte, der Klägerin unter der von ihr benannten Anschrift (A-Straße, B-Stadt) Schreiben zuzusenden, und auch Anfragen beim Einwohnermeldeamt keine andere Adresse ergaben, hob sie mit Bescheid vom 15. April 2008 die Kindergeldfestsetzung ab November 2003 auf und forderte das für den Zeitraum November 2003 bis Oktober 2007 bereits ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 7.392 € von der Klägerin zurück. Der Bescheid enthielt keine E-Mail-Adresse der Familienkasse, war mit der üblichen Rechtsbehelfsbelehrung versehen und wurde öffentlich zugestellt.

2

Am 2. Oktober 2008 ging bei der Familienkasse X eine Mitteilung der Klägerin ein, wonach sich ihre Anschrift geändert habe (C-Straße, D-Stadt) und sie nunmehr getrennt lebe. Zudem legte die Klägerin eine Studienbescheinigung der Tochter vor, aus der sich ergab, dass die Tochter vom Wintersemester 2005/2006 bis zum Wintersemester 2008/2009 durchgehend immatrikuliert war. Am 15. April 2009 ging bei der inzwischen zuständig gewordenen Beklagten und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) ein Kindergeldantrag der Klägerin für beide Kinder und eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen der Tochter in den Jahren 2007 und 2008 ein.

3

Mit Bescheid vom 7. Mai 2009 lehnte die Familienkasse den Antrag u.a. wegen der Bestandskraft des --in Kopie beigefügten-- Bescheids vom 15. April 2008 ab. Der Bescheid enthielt im Briefkopf die Angabe der E-Mail-Adresse der Familienkasse und war mit der üblichen Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Den gegen beide Bescheide gerichteten Einspruch vom 17. September 2009 verwarf die Familienkasse mit Einspruchsentscheidungen vom 23. November 2009 wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unzulässig.

4

In dem gegen beide Bescheide gerichteten Klageverfahren führte der zuständige Berichterstatter einen Erörterungstermin durch. Den auf Äußerungen in diesem Termin gestützten Befangenheitsantrag wies das Finanzgericht (FG) ohne Mitwirkung des abgelehnten Berichterstatters mit Beschluss vom 24. Januar 2012 als unbegründet zurück. Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen.

5

Mit der dagegen gerichteten Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) und wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Sofern Zulassungsgründe überhaupt in einer den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form geltend gemacht wurden, liegen sie jedenfalls nicht vor.

7

1. Die Revision ist nicht wegen des Vorliegens von Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen.

8

a) Ein solcher Verfahrensmangel ergibt sich nicht aus der Rüge, das FG habe unter Verstoß gegen § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 47 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter Teilnahme eines Richters, der wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden sei, mündlich verhandelt und entschieden.

9

Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen --d.h. auch die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs-- können gemäß § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Sie unterliegen deshalb gemäß § 124 Abs. 2 FGO nicht der Prüfung im Revisionsverfahren; anderes gilt nur dann, wenn die unberechtigte Ablehnung eines Befangenheitsantrages die Vorenthaltung des gesetzlichen Richters zur Folge hat, was nur bei einer greifbar gesetzwidrigen, d.h. willkürlichen Zurückweisung eines Befangenheitsantrages der Fall ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. Januar 2010 I B 83/09, BFH/NV 2010, 913, m.w.N; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 119 Rz 6, m.w.N.).

10

b) Im Streitfall sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass das Ablehnungsgesuch der Klägerin aus willkürlichen Erwägungen zurückgewiesen wurde.

11

aa) Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Ein derartiger Grund besteht, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus --jedoch nach Maßgabe einer vernünftigen, objektiven Betrachtung-- davon ausgehen kann, der Richter werde nicht unvoreingenommen, sondern unsachlich oder willkürlich entscheiden. Freimütige oder saloppe Formulierungen geben grundsätzlich keinen Anlass zur Besorgnis der Befangenheit (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Mai 2001 IV B 118/00, BFH/NV 2001, 1431, m.w.N.). Evident unsachliche oder unangemessene sowie herabsetzende und beleidigende Äußerungen des Richters können aber die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn sie den nötigen Abstand zwischen Person und Sache vermissen lassen.

12

bb) Das FG hat bei seiner Entscheidung über das Ablehnungsgesuch der Klägerin sowohl die Darstellung der Prozessbevollmächtigten zu den zur Ablehnung führenden Äußerungen des Berichterstatters im Erörterungstermin als auch die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters hierzu in Betracht gezogen. Eine greifbare Gesetzwidrigkeit der Entscheidung ergibt sich hieraus nicht.

13

Die Befangenheit des abgelehnten Richters beruht nach Auffassung der Klägerin darauf, dass der Richter im Erörterungstermin auf das Angebot, das Vorbringen der Klägerin eidesstattlich zu versichern, erklärt habe: "Ich muss ja nicht alles glauben." Zudem habe er vor dem Hintergrund, dass die Klägerin im gerichtlichen Verfahren nach einem erneuten Umzug ihre neue Anschrift nicht mitgeteilt habe, geäußert, dass sie es mit solchen Dingen und insbesondere mit Fristen nicht sehr genau nehme.

14

Das von der Klägerin daraufhin gestellte Ablehnungsgesuch wurde ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters zurückgewiesen. Der Berichterstatter hatte in seiner dienstlichen Äußerung hierzu im Wesentlichen erklärt, er habe mit seinen Bemerkungen darauf aufmerksam machen wollen, dass es zum einen auf den genauen Inhalt einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung ankäme und zum anderen keine ausnahmslose Bindung des Gerichts an diese bestehe. Ferner sei das Verhalten der Klägerin im Prozess im Hinblick auf die strittigen Punkte der Zulässigkeit der öffentlichen Zustellung und der behaupteten rechtzeitigen Einspruchseinlegung zur Sprache gekommen.

15

Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Prozessförderungspflicht des Berichterstatters im vorbereitenden Verfahren (§ 76 Abs. 2 FGO) erscheint das vom FG gefundene Ergebnis, dass die Äußerungen des Berichterstatters die Grenze der zulässigen Meinungsäußerung nicht überschritten haben und insbesondere keinen evident unsachlichen Inhalt hatten, jedenfalls nicht willkürlich.

16

2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen, da die Beschwerde insoweit nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt.

17

a) Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH "erfordert". Die Erforderlichkeit einer BFH-Entscheidung bildet neben dem Erfordernis der Sicherung der Rechtseinheit eine eigenständige Voraussetzung für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO (Senatsbeschluss vom 29. März 2012 III B 94/10, BFH/NV 2012, 1147, m.w.N). Denn das Allgemeininteresse an einer Entscheidung des BFH wird bei vorliegender Divergenz nicht kraft Gesetzes vermutet, sondern ist bei der Entscheidung über die Zulassung gesondert zu prüfen (Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz 65). Macht der Beschwerdeführer geltend, dass die angegriffene FG-Entscheidung von der Entscheidung eines anderen FG abweicht, ist daher im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen eine Entscheidung des BFH erforderlich ist (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 116 FGO Rz 198).

18

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Sie legt zwar dar, dass das FG in der angefochtenen Entscheidung einen von der Entscheidung des Niedersächsischen FG vom 24. November 2011  10 K 275/11 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 292) abweichenden Rechtssatz formuliert habe. Sie setzt sich jedoch nicht mit der Frage auseinander, ob und inwieweit die angefochtene Entscheidung mit der Rechtsprechung des BFH in Einklang steht. Da die angefochtene Entscheidung von den durch die Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 2. Februar 2010 III B 20/09, BFH/NV 2010, 830) aufgestellten Rechtsgrundsätzen ausgeht, wonach eine Rechtsbehelfsbelehrung, die den Wortlaut der einschlägigen Bestimmung des § 357 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) wiedergibt und verständlich über allgemeine Merkmale des Fristbeginns sowie der Fristdauer informiert, ausreichend ist, und die Divergenzentscheidung bereits dem BFH in einem anderen Verfahren (Az. des anhängigen Verfahrens: X R 2/12) zur Prüfung vorliegt, hätte die Klägerin im Einzelnen darlegen müssen, weshalb gleichwohl eine Entscheidung des BFH zur Sicherung der Rechtseinheit erforderlich ist.

19

Nicht ausreichend ist insoweit der Vortrag, der BFH habe in der Entscheidung in BFH/NV 2010, 830 nur über die Frage zu entscheiden gehabt, ob die Angabe einer Internetadresse eine geänderte Rechtsbehelfsbelehrung notwendig mache, während im vorliegenden Fall im Bescheid eine E-Mail-Adresse genannt worden sei. Denn aus den Gründen des Senatsbeschlusses in BFH/NV 2010, 830 ergibt sich, dass der Senat die Anforderungen an die Ordnungsgemäßheit der Rechtsbehelfsbelehrung vor dem Hintergrund der --unterstellten-- Eröffnung des elektronischen Zugangs beurteilt hat. Entscheidungserheblicher Sachverhalt war daher nur der Umstand, dass ein elektronischer Zugang --möglicherweise-- eröffnet wurde, nicht dagegen wie dies gegebenenfalls geschehen ist.

20

3. Die Revision ist schließlich auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist.

21

Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob eine Familienkasse, die in einem Bescheid auf ihre E-Mail-Adresse hinweist, in der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheids darauf hinweisen muss, dass auch per E-Mail Einspruch eingelegt werden kann.

22

Entsprechend den Ausführungen des Senats im Beschluss in BFH/NV 2010, 830 ist diese Frage jedoch nicht klärungsbedürftig, weil sich ihre Beantwortung aus dem Gesetz ergibt. Nach § 157 Abs. 1 Satz 3 AO hat eine Belehrung darüber zu erfolgen, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde er einzulegen ist. Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die --wie im Streitfall-- den Wortlaut der einschlägigen Bestimmung des § 357 Abs. 1 AO wiedergibt und verständlich über allgemeine Merkmale des Fristbeginns sowie der Fristdauer informiert, ist ausreichend (BFH-Urteil vom 7. März 2006 X R 18/05, BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455, m.w.N.). Auf die Möglichkeit einer Einspruchseinlegung in elektronischer Form brauchte die Familienkasse somit auch dann nicht hinzuweisen, wenn sie durch Angabe einer E-Mail-Adresse konkludent einen "Zugang" i.S. von § 87a Abs. 1 Satz 1 AO eröffnet hat.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob eine Anordnung eines Steuerabzuges gemäß § 50a Abs. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2009) mit Blick auf ein zwischenzeitlich über das Vermögen des Vergütungsgläubigers eröffnetes Insolvenzverfahren von der Vollziehung auszusetzen ist; ein Einspruch gegen die Anordnung wurde nach Ablauf der Monatsfrist eingelegt.

2

Unternehmensgegenstand der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), einer GmbH, ist der Erwerb, der Umbau, die Verwaltung, Bewirtschaftung und spätere Veräußerung einer im Inland belegenen Gewerbeimmobilie. Die Immobilie war mit notariellem Vertrag vom 28. September 2011 von einer niederländischen Kapitalgesellschaft mit Sitz in den Niederlanden für 10.500.000 € erworben worden. Eine "1. Rate" des Kaufpreises (525.000 €) hatte die Antragstellerin bereits vor der Vertragsbeurkundung auflagenfrei auf ein Notaranderkonto eingezahlt. Der Restkaufpreis war innerhalb von zehn Arbeitstagen nach dem Absenden der schriftlichen Bestätigung des Notars über den Eintritt weiterer Fälligkeitsvoraussetzungen zu zahlen.

3

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ordnete unter dem 10. Oktober 2011 (Bekanntgabe am 12. Oktober 2011) gegenüber der Antragstellerin gemäß § 50a Abs. 7 (i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) EStG 2009 den Abzug von Körperschaftsteuer in Höhe von 7 % der Vergütungen aus dem Grundstückskaufvertrag an (735.000 €). Der Bescheid trägt keinen Hinweis auf eine E-Mail-Adresse des FA, die sich allerdings aus der allgemeinen Homepage www.finanzamt.nrw.de ergibt; die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung lautet: "Gegen die Anordnung des Steuerabzuges ist der Einspruch gegeben. ... Der Einspruch ist bei dem auf Seite 1 bezeichneten Finanzamt schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Auch der Steuerschuldner kann Einspruch einlegen. Die Frist für die Einlegung beträgt ..."

4

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 bat das FA die Antragstellerin um Mitteilung, wann der Kaufpreis gezahlt und warum gegebenenfalls kein Steuerabzug durchgeführt worden sei. Die Antragstellerin zahlte den "Restkaufpreis" am 20. Januar 2012; später wurde sie als Eigentümerin des Objektes in das Grundbuch eingetragen.

5

Die Antragstellerin informierte das FA über die Zahlung des Kaufpreises. Sie verwies zudem auf eine notarielle Bestätigung vom 7. Februar 2012 über den Bestand eines Notaranderkontos in Höhe von 805.925 €. Gemäß der Treuhandabrede habe sie einen entsprechenden Teil des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto hinterlegt. Durch diese Gestaltung habe vermieden werden sollen, dass im Falle einer tatsächlich niedrigeren Steuerfestsetzung aus dem Veräußerungsvorgang die Steuererstattung an die Grundstücksverkäuferin erfolge, um die Bank nicht wirtschaftlich unverhältnismäßig zu benachteiligen.

6

Mit Schreiben vom 13. Februar 2012 forderte das FA die Antragstellerin erneut auf, die Anmeldung und Zahlung des Betrages von 735.000 € zzgl. Solidaritätszuschlag vorzunehmen. Die Antragstellerin wies darauf hin, dass zur Sicherung eines eventuellen Steueranspruchs ein Notaranderkonto eingerichtet worden sei. Zugleich beantragte sie, die Anordnung des Steuerabzuges gemäß § 131 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) zu widerrufen. Denn über das Vermögen der Grundstücksverkäuferin sei in den Niederlanden am 16. Februar 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Dieser Umstand sei bei der Anordnung des Steuerabzuges jedenfalls im Rahmen der Ermessenserwägungen zu berücksichtigen, da es ein Fiskusprivileg nicht gebe. Durch den Vollzug des Steuerabzuges würde jedoch der Fiskus gegenüber anderen Gläubigern der insolventen Gesellschaft bevorzugt, was parallel zur Rechtslage bei der Bauabzugsteuer gemäß §§ 48 ff. EStG (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. November 2002 I B 147/02, BFHE 201, 80, BStBl II 2003, 716) unrechtmäßig sei. Das FA lehnte den Widerruf der Anordnung mit Schreiben vom 28. März 2012 ab. Über den hiergegen gerichteten Einspruch der Antragstellerin vom 5. April 2012 hat das FA noch nicht entschieden.

7

Mit Schreiben vom 13. April 2012 legte die Antragstellerin Einspruch gegen die Anordnung des Steuerabzuges vom 10. Oktober 2011 ein. Sie vertrat unter Hinweis auf ein Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG) vom 24. November 2011  10 K 275/11 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 292) und das hierzu beim BFH anhängige Revisionsverfahren (Az. X R 2/12) die Auffassung, dass der Einspruch rechtzeitig erhoben worden sei. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides sei unrichtig; ein Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per E-Mail fehle (Hinweis auf § 356 Abs. 2 AO).

8

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der streitigen Anordnung lehnte das FA ab, da der Einspruch verfristet sei. Ein beim FG Münster gestellter AdV-Antrag blieb ebenfalls erfolglos (FG Münster, Beschluss vom 6. Juli 2012  11 V 1706/12 E, abgedruckt in EFG 2012, 1811).

9

Die Antragstellerin macht mit ihrer --vom FG zugelassenen-- Beschwerde geltend, der Einspruch gegen die streitgegenständliche Anordnung sei fristgerecht eingelegt worden. Es bestünden auch ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Vollziehung der Anordnung des Steuerabzuges gemäß § 50a Abs. 7 EStG 2009 vom 10. Oktober 2011 ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung in voller Höhe ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

10

Das FA hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

11

II. Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthafte Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Das FG hat die beantragte AdV zu Recht abgelehnt. Es fehlt angesichts der verspäteten Einlegung des Rechtsbehelfs und der daran anschließenden formellen Bestandskraft der streitgegenständlichen Anordnung an den für die AdV-Gewährung erforderlichen ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsakts.

12

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen u.a. dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen bewirken (ständige Rechtsprechung des BFH seit dem Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; z.B. Senatsbeschluss vom 13. März 2012 I B 111/11, BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611).

13

2. Bei der im Verfahren auf AdV gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Anordnung des FA vom 10. Oktober 2011 wegen des Eintritts der formellen Bestandskraft nicht ernstlich zweifelhaft. Der Einspruch der Antragstellerin vom 13. April 2012 ist --was zwischen den Beteiligten nicht in Streit steht-- erst nach Ablauf der Frist des § 355 Abs. 1 Satz 1 AO beim FA eingegangen; Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 Abs. 1 Satz 1 AO) sind von der Antragstellerin weder vorgetragen worden noch sind sie sonst ersichtlich. Die Antragstellerin kann sich nicht mit Erfolg auf § 356 Abs. 2 Satz 1 AO berufen.

14

a) Nach § 356 Abs. 1 AO beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs (§ 355 Abs. 1 AO) bei einem schriftlich oder elektronisch ergangenen Verwaltungsakt nur dann, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist. Ist die Belehrung i.S. des § 356 Abs. 1 AO unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist nach § 356 Abs. 2 Satz 1 AO die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei.

15

b) Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig i.S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn sie die in § 356 Abs. 1 AO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Sie ist dies aber auch dann, wenn sie geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (BFH-Urteile vom 29. Juli 1998 X R 3/96, BFHE 186, 324, BStBl II 1998, 742; vom 21. Juni 2007 III R 70/06, BFH/NV 2007, 2064; s. auch zur vergleichbaren Konstellation des § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung im allgemeinen Verwaltungsprozess Bundesverwaltungsgericht --BVerwG--, Urteile vom 13. Dezember 1978  6 C 77/78, BVerwGE 57, 188; vom 27. April 1990  8 C 70/88, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1991, 508; vom 21. März 2002  4 C 2/01, Deutsches Verwaltungsblatt 2002, 1553, m.w.N.). Enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung daher weiter gehende (nicht nur notwendige) Angaben, so müssen jene auch richtig, vollständig und unmissverständlich sein (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2005 XI B 46/05, juris; BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 2064; BFH-Beschluss vom 9. November 2009 IV B 54/09, BFH/NV 2010, 448). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich danach, wie der Erklärungsempfänger die Rechtsbehelfsbelehrung nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände verstehen musste (sog. objektiver Verständnishorizont; s. BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 448, m.w.N.).

16

c) Die in dem Bescheid vom 10. Oktober 2011 enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung ist nach diesem Maßstab --und der gebotenen summarischen Prüfung-- nicht unrichtig; die Monatsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 1 AO konnte deshalb nicht unbeachtet bleiben.

17

aa) Zwischen den Beteiligten ist nicht in Streit, dass die Rechtsbehelfsbelehrung die in § 356 Abs. 1 AO ausdrücklich angeführten Bestandteile (Belehrung "über den Einspruch", über die Behörde als Adressaten und über die Frist) in der danach notwendigen Form (im konkreten Fall: schriftlich) enthält. Damit ist den gesetzlichen Anforderungen, die an den Inhalt der Belehrung "über den Einspruch" zu stellen sind, genügt. Weiterer über den Wortlaut von § 356 Abs. 1 AO hinausgehender Belehrungen zur Zulässigkeit des Rechtsbehelfs bedarf es nicht (ebenso z.B. Werth in Beermann/Gosch, AO § 356 Rz 15), auch nicht über die Form des Rechtsbehelfs (z.B. BVerwG-Urteile in BVerwGE 57, 188; in NJW 1991, 508; Meissner in Schoch/ Schneider/Bier, VwGO, § 58 Rz 32; Eyermann/Schmidt, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl., § 58 Rz 5; Pahlke in Pahlke/ Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 356 Rz 14; a.A. Dumke in Schwarz, AO, § 356 Rz 20; Große/Bludau, Der Betrieb --DB-- 2012, 655, 657; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 18. Aufl., § 58 Rz 10). Dem Zweck der Rechtsbehelfsbelehrung, zu verhindern, dass ein Bürger aus verfahrensrechtlicher Unkenntnis von der Einlegung eines Rechtsbehelfs absieht oder die hierfür vorgesehene Frist versäumt (z.B. Senatsurteil vom 17. Mai 2000 I R 4/00, BFHE 192, 15, BStBl II 2000, 539; BFH-Urteil vom 7. März 2006 X R 18/05, BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455), ist durch die "Mindestangaben" in § 356 Abs. 1 AO und durch die ergänzende Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei unverschuldeten Verfahrensirrtümern in ausreichender Weise Rechnung getragen (s. auch Meissner in Schoch/Schneider/Bier, a.a.O.).

18

bb) Dass die der streitgegenständlichen Anordnung beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung --dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO entsprechend-- einen Hinweis auf die (Schrift-)Form des Einspruchs enthält, steht dem nicht entgegen. Das FA hat dadurch nach dem maßgebenden objektiven Verständnishorizont keinen unrichtigen bzw. missverständlichen Hinweis zu den Formerfordernissen erteilt. Das FA war deshalb auch nicht gehalten, einen ergänzenden Hinweis auf § 87a AO (elektronische Form als Alternative zur Schriftlichkeit im Sinne der hergebrachten Schriftform) zu geben, ebenso wie es (umgekehrt) nicht gehalten war, angesichts der (ergänzenden) Regelung des § 87a AO einen Hinweis ausschließlich auf § 357 Abs. 1 Satz 1 AO zu unterlassen.

19

Zwar ist der Antragstellerin darin zuzustimmen, dass die Abgabenordnung nach dem Inkrafttreten des § 87a AO eine elektronische Kommunikation zwischen der Finanzbehörde und dem Steuerpflichtigen ermöglicht. Es ist auch zutreffend, insoweit von einer "elektronischen Form" der Rechtsbehelfseinlegung zu sprechen (s. dazu die im BFH-Beschluss vom 26. Juli 2011 VII R 30/10, BFHE 234, 118, BStBl II 2011, 925 zitierte landesrechtliche Regelung), die die (hergebrachte) Schriftform ersetzen kann (s. für das Verwaltungsverfahren § 87a Abs. 3 Satz 1 AO). Eine Belehrung entsprechend dem Gesetzeswortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO ist aber nicht geeignet, bei einem "objektiven" Empfänger die Fehlvorstellung hervorzurufen, die Einlegung eines Einspruchs in elektronischer Form werde den geltenden Formvorschriften nicht gerecht (so im Ergebnis auch BFH-Beschluss vom 2. Februar 2010 III B 20/09, BFH/NV 2010, 830; FG Köln, Urteil vom 30. Mai 2012  10 K 3264/11, EFG 2012, 1813; FG Düsseldorf, Urteil vom 20. November 2012  10 K 766/12 E, juris; ebenso Klein/Brockmeyer, AO, 11. Aufl., § 356 Rz 2; Schmieszek in Beermann/Gosch, AO, § 87a Rz 71; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 87a AO Rz 5; s. auch Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 22. September 2011  4 K 540/11.NW, juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München, Beschluss vom 18. April 2011  20 ZB 11.349, juris; Skrobotz, jurisPR-ITR 7/2011 Anm. 6; Braun, jurisPR-ITR 15/2011 Anm. 5; a.A. Niedersächsisches FG, Urteil in EFG 2012, 292; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Februar 2011 OVG 2 N 10.10, juris; Böwing-Schmalenbrock, Deutsches Steuerrecht 2012, 444; Große/Bludau, DB 2012, 655, 657 f.; Geuer/ Jarasch, jurisPR-ITR 16/2012 Anm. 5; Pfützenreuter, EFG 2012, 1815 f.). Vielmehr lässt sich aus einer solchen, an den gesetzlichen Anforderungen als "Mindeststandard" ausgerichteten Belehrung allenfalls schlussfolgern, dass eine mündliche Einspruchseinlegung (soweit nicht bei der Behörde zur Niederschrift erklärt) ausgeschlossen ist. Zur (Un-)Möglichkeit der elektronischen Form wird jedoch keine positive Aussage getroffen und kann daher auch keine negative Aussage abgeleitet werden. Der Hinweis auf die "Schriftlichkeit" entsprechend § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wirkt deshalb weder irreführend noch rechtsschutzbeeinträchtigend. Er versetzt vielmehr --wie der BFH in seinem Urteil in BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455 zur insoweit vergleichbaren Situation der Fristberechnung ausgeführt hat-- den Betroffenen lediglich in die Lage --und gibt ihm Anlass--, sich im Rahmen seiner verfahrensrechtlichen Mitverantwortung darüber kundig zu machen, ob das herkömmliche Verständnis dessen, was unter "schriftlich" aufzufassen ist, angesichts technischer Weiterentwicklungen zu modifizieren ist, sei es durch den "Einsatz" beispielsweise sog. Computerfaxe, sei es durch die elektronische Kommunikation, wie diese zwischenzeitlich durch § 87a AO für das Einspruchsverfahren ermöglicht wird. Erforderlichenfalls ist er gehalten, einschlägigen Rechtsrat oder aber eine finanzbehördliche Auskunft einzuholen. Für eine bloß "mechanische" Übernahme des Schriftformerfordernisses gibt die Belehrung indessen nichts her.

20

Dieses Ergebnis ist schließlich unabhängig davon, ob das FA im streitgegenständlichen Bescheid durch einen direkten Verweis auf eine eigene Homepage oder mittelbar durch den Verweis auf "www.finanzamt.nrw.de" den Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente i.S. des § 87a Abs. 1 Satz 1 AO (ohne Signaturerfordernis) tatsächlich eröffnet hat. Ebenfalls kommt es nicht darauf an, ob eine Finanzbehörde durch die Anweisung im sog. Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 357 (dort Nr. 1 Satz 2) zur rechtswirksamen Einlegung eines Einspruchs rechtsverbindlich (zweifelnd z.B. Martin/Bergan, Betriebs-Berater 2012, 432) von dem gesetzlichen Erfordernis der qualifizierten Signatur bei einer elektronischen Übermittlung (§ 87a Abs. 3 Satz 2 AO) befreit haben sollte.

21

3. Die Antragstellerin hat nicht geltend gemacht, dass ihrem Aussetzungsantrag nach dem alternativen Aussetzungsgrund der unbilligen Härte zu entsprechen wäre (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 FGO); es ist auch nicht ersichtlich, dass die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Die Beschwerde ist hiernach zurückzuweisen.

Tatbestand

1

I. In der Sache ist streitig, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) Aufwendungen in Höhe von … € als Sonderbetriebsausgaben steuerlich geltend machen kann; verfahrensrechtlich ist streitig, ob das Finanzgericht (FG) die Klage zu Recht als verfristet beurteilt hat.

2

Nach einer Außenprüfung erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) geänderte Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007 und hob den zuvor ergangenen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 auf. Zudem änderte das FA den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2007 für das von dem Kläger und seinem Neffen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebene …büro und versagte dabei den Abzug der zuvor berücksichtigten Sonderbetriebsausgaben von … €, die nach der Feststellungserklärung in Höhe von … € auf den Kläger entfallen sollten.

3

Gegen diese Bescheide, sämtlich vom 17. Juli 2009, legte der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten, der A Steuerberatungsgesellschaft mbH in B (A), Einspruch ein und beantragte zugleich u.a. Vollziehungsaussetzung der Einkommensteuer für 2006 und 2007. Zur Begründung kündigte die A eine Stellungnahme der bereits in die Außenprüfung eingeschalteten Rechtsanwältin C an, die sich sodann in einem Schriftsatz vom 21. August 2009 auf den "namens und in Vollmacht des Mandanten" durch den Steuerberater D in A eingelegten Einspruch --insbesondere gegen die Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007-- bezog und diesen begründete.

4

Im Laufe des Einspruchsverfahrens nahm das FA die Vollziehungsaussetzung vor und schrieb an die A, während diese wiederum ihren Antrag im Einspruchsverfahren auf den Solidaritätszuschlag für 2007 erweiterte.

5

Die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007 sowie gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007, jeweils vom 17. Juli 2009, wies das FA durch zusammengefasste Einspruchsentscheidung vom 1. März 2010 als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung wurde der A bekannt gegeben.

6

Mit Schriftsatz der Rechtsanwältin C vom 7. Februar 2011 erhob diese namens des Klägers Klage wegen des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2007 vom 10. Juli 2009 sowie die Bescheide über Einkommensteuer für 2006 und 2007.

7

Noch im Klageschriftsatz stellte die Prozessbevollmächtigte die Anträge, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 vom 17. Juli 2009 unter "Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 03.01.2011" und die Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007, jeweils vom 17. Juli 2009, aufzuheben. Hingegen bezog sich das FA in seiner ersten Erwiderung nur auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2007.

8

Die auf eine Anfrage des FG hin erfolgte Mitteilung, dass die Klage "bezüglich der Folgebescheide" nicht aufrechterhalten bleibe, führte sodann zur Einstellung des Verfahrens wegen Einkommensteuer 2006 und 2007, die jedoch durch Gerichtsbeschluss vom 15. November 2011 antragsgemäß wieder aufgehoben wurde.

9

Mit Beschluss vom 17. November 2011 lehnte das FG den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe (PKH) ab. In den Gründen führte es aus, dass die Klage keine Erfolgsaussicht habe, soweit sie sich gegen die Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 richte. Diese Klage sei bereits unzulässig, da das diesbezügliche Rechtsbehelfsverfahren durch die Einspruchsentscheidung vom 1. März 2010 abgeschlossen worden und demzufolge die Klagefrist gemäß § 47 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bereits vor Klageerhebung am 7. Februar 2011 abgelaufen gewesen sei.

10

Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2012 wies das FG die Klage ab, hinsichtlich des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2007 als unbegründet, im Übrigen als unzulässig.

11

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Revision nur zugelassen, soweit das Urteil die Einkommensteuer 2006 und 2007 und die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 betrifft.

12

Zur Begründung seiner Revision trägt der Kläger vor, das FG habe verfahrensfehlerhaft ein Prozessurteil erlassen. Die Klagefrist nach § 47 Abs. 1 FGO sei nicht durch die Einspruchsentscheidung des FA in Gang gesetzt worden. Sei ein Bevollmächtigter insbesondere auch zur Entgegennahme von Verwaltungsakten ermächtigt, so sei die Finanzbehörde verpflichtet, ihm Bescheide bekanntzugeben. Der durch § 122 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung (AO) eröffnete Ermessensspielraum bei der Bekanntgabe sei dann auf Null reduziert. Werde ein Verwaltungsakt dieser Verpflichtung zuwider dem Steuerpflichtigen selbst bekannt gegeben, beginne der Lauf der Rechtsbehelfsfrist erst mit tatsächlichem Zugang des Verwaltungsakts beim Bevollmächtigten. Diese Grundsätze hätten entsprechend zu gelten, wenn im Rahmen des Einspruchsverfahrens neben dem bisher Bevollmächtigten ein weiterer zur Vertretung in Steuersachen Befugter auftrete und sich aus den gegenüber der Behörde abgegebenen Erklärungen eindeutig ergebe, dass dieser der einzige Ansprechpartner für das Finanzamt sein solle. So habe es im Streitfall gelegen, weil die Prozessvertreterin der ersten Instanz, die Rechtsanwältin C, bereits im Rahmen der Schlussbesprechung der Betriebsprüfung im Mai 2009 dem FA ihre Bevollmächtigung mitgeteilt und im Folgenden die Einsprüche gegen sämtliche erstinstanzlich streitgegenständlichen Bescheide begründet habe. Ihre vorgelegte schriftliche Vollmacht habe auch eine Empfangsbevollmächtigung umfasst. Damit habe sich klar und unmissverständlich ergeben, dass sie hinsichtlich der Einspruchsverfahren alleinige Ansprechpartnerin sein sollte. Die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung an die A habe somit die Klagefrist nicht wirksam in Gang gesetzt.

13

Auch wenn die Klagefrist durch die Einspruchsentscheidung vom 1. März 2010 zu laufen begonnen hätte, wäre sie im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen gewesen, da hier die auf ein Jahr verlängerte Frist nach § 55 Abs. 2 FGO wegen unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung gelte. Der Kläger hätte die Klage gegen die Einspruchsentscheidung auch elektronisch erheben können (§ 52a FGO), die hierzu erforderliche Rechtsverordnung bestehe in Hamburg seit 2002. Diese Möglichkeit der Klageerhebung sei nicht Gegenstand der Rechtsbehelfsbelehrung gewesen.

14

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil des FG hinsichtlich der Streitgegenstände Einkommensteuer 2006 und 2007 sowie gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

15

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

II. Die Revision ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Im Ergebnis zu Recht hat das FG die Klage wegen Einkommensteuer 2006 und 2007 sowie gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31. Dezember 2007 abgewiesen.

17

1. Die einmonatige Klagefrist begann mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung vom 1. März 2010 (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO) zu laufen.

18

a) Die Bekanntgabe an die bevollmächtigte A war wirksam (§ 122 Abs. 1 Satz 3 AO), da die A im Einspruchsverfahren für den Kläger aufgetreten ist. Die weitere Bevollmächtigte im Einspruchsverfahren und Prozessbevollmächtigte im Klageverfahren, die Rechtsanwältin C, hat die Bevollmächtigung der A nochmals bestätigt.

19

b) Die Bekanntgabe war auch nicht etwa wegen Auswahl der falschen Empfangsbevollmächtigten unwirksam.

20

aa) Nach dem tatsächlichen Verfahrensverlauf war es entgegen der Revisionsbegründung aus der insoweit maßgeblichen Sicht des FA keineswegs klar, dass die ebenfalls bevollmächtigte Rechtsanwältin C alleinige Ansprechpartnerin im Einspruchsverfahren sein sollte. Denn der Einspruch war von der A eingelegt worden, die zudem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt und im Verfahren noch einen weiteren Schriftsatz an das FA gesandt hatte. Zwar hatte die A auf die zum Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs noch ausstehende Begründung durch die Rechtsanwältin C verwiesen. Diese äußerte sich dann aber nach dem Inhalt ihres Begründungsschreibens auch für die A ("Zur Begründung der eingelegten Einsprüche führen wir nunmehr wie folgt aus:"). Unter diesen Umständen lässt die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung an die A keinen Ermessensfehler erkennen. Um eine Bekanntgabe an die Bevollmächtigte C zu bewirken und sicherzustellen, hätte es der Klägerseite oblegen, zuvor dem FA gegenüber diese eindeutig als gewünschte Bekanntgabeadressatin zu benennen. Eine derartige Benennung ist vom FG jedoch nicht festgestellt worden, aus den Akten nicht zu ersehen und im Verfahren vor dem FG auch nicht vorgetragen worden.

21

bb) Hätte die Prozessbevollmächtigte in erster Instanz die Fehlerhaftigkeit der Bekanntgabe geltend machen und diesbezügliche Tatsachen vortragen wollen, hätte sie dazu jedenfalls Anlass und Gelegenheit gehabt, nachdem das FG die Erfolgsaussicht der Klage wegen der hier streitgegenständlichen Bescheide schon im Beschluss vom 17. November 2011 zur beantragten PKH wegen Versäumung der Klagefrist verneint hat. Soweit die Revisionsbegründung insoweit neue, erstinstanzlich nicht vorgetragene Tatsachen enthält, können diese im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteile vom 17. April 1969 V R 123/68, BFHE 95, 558, BStBl II 1969, 505; vom 24. April 1991 XI R 9/87, BFHE 164, 279, BStBl II 1991, 723; BFH-Beschluss vom 22. Februar 2005 X B 177/03, BFH/NV 2005, 909).

22

2. Zutreffend hat das FG erkannt, dass die einmonatige Klagefrist gemäß § 47 FGO vor der Erhebung der Klage am 7. Februar 2011 abgelaufen war.

23

a) Ausweislich der Rechtsbehelfsakten des FA ist die Einspruchsentscheidung am 1. März 2010 mit einfachem Brief zur Post aufgegeben worden und galt damit am Donnerstag, den 4. März 2010, als bekannt gegeben (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 AO), sodass die Frist am 5. März 2010 zu laufen begann und mit Ablauf des 6. April 2010, dem Dienstag nach Ostern, endete (§ 54 Abs. 1 und 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung). Die Klage ist somit um zehn Monate verspätet erhoben worden.

24

b) Der Fristanlauf war nicht nach § 55 Abs. 1 FGO gehemmt, denn dem Kläger ist eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden. Es liegt kein Fall einer unterbliebenen oder unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung vor, die nach § 55 Abs. 2 FGO die Verlängerung der Klagefrist auf ein Jahr zur Folge hätte.

25

Die Rechtsmittelbelehrung zur Einspruchsentscheidung ist nicht wegen fehlenden Hinweises auf die Möglichkeit der Klageerhebung auf elektronischem Wege rechtsfehlerhaft. Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Rechtsbehelfsbelehrung, die die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestangaben des § 356 Abs. 1 AO enthält, nicht "unrichtig" i.S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn sie ergänzend den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergibt, der für den im Streitfall maßgeblichen Verfahrenszeitraum (2010) bestimmte, dass der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären sei. Ein Verweis auf § 87a AO (elektronische Kommunikation) war insoweit nicht geboten (BFH-Urteil vom 20. November 2013 X R 2/12, BFHE 243, 158; BFH-Beschlüsse vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272; vom 12. Oktober 2012 III B 66/12, BFH/NV 2013, 177; s. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 20. November 2012  10 K 766/12 E, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2013, 190; FG Münster, Beschluss vom 6. Juli 2012  11 V 1706/12 E, EFG 2012, 1811; ebenso zur Rechtsmittelbelehrung nach § 66 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. März 2013  B 13 R 19/12 R, Kranken- und Pflegeversicherung 2013, 120, sowie zur Rechtsbehelfsbelehrung nach der Verwaltungsgerichtsordnung Oberverwaltungsgericht --OVG-- der Freien Hansestadt Bremen, Urteil vom 8. August 2012  2 A 53/12. A, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungs-Report --NVwZ-RR-- 2012, 950; a.A. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Februar 2013 L 3 R 879/10, juris; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. November 2010  4 L 115/09, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. März 2012, NVwZ-RR 2012, 457).

26

Der Senat folgt der zitierten Rechtsprechung des BFH und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe im BFH-Urteil in BFHE 243, 158 Bezug. Die Rechtsausführungen in jener Entscheidung gelten entsprechend für § 55 Abs. 1 FGO (Belehrung über die Rechtsmittelfrist) und § 52a FGO (Übermittlung elektronischer Dokumente), wenn es --wie im Streitfall-- um die für die Klageerhebung maßgebliche Rechtsbehelfsbelehrung in einer Einspruchsentscheidung geht.

27

Ob sich insoweit aufgrund der mit Wirkung ab 1. August 2013 durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013 (BGBl I 2013, 2749) eingeführten Neufassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO für danach erteilte Rechtsbehelfsbelehrungen etwas anderes ergibt, ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich.

28

3. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist hinsichtlich der versäumten Klagefrist nicht möglich.

29

a) Ein im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten im erstinstanzlichen Verfahren vom 24. Juni 2011 ausdrücklich --wenn auch nur vorsorglich-- gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezog sich nicht auf die Klagefrist, sondern auf einen Einstellungsbeschluss wegen Einkommensteuer 2006 und 2007. Dieser Wiedereinsetzungsantrag hat sich ungeachtet seiner unklaren prozessualen Zielrichtung schon dadurch erledigt, dass das FG den Einstellungsbeschluss durch einen weiteren Beschluss vom 15. November 2011  2 K 74/11 wieder aufgehoben hat.

30

b) Im selben Schriftsatz hat die Prozessbevollmächtigte außerdem geäußert, dass auch und "nur dann" über die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entscheiden wäre, sollte das Gericht "tatsächlich ... eine Berücksichtigung der Sonderbetriebsausgaben für das Jahr 2007 ablehnen und für das Jahr 2006 annehmen wollen ...". Sofern in dieser Äußerung überhaupt ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erkennen sein sollte, wäre dieser, sofern er sich auf die versäumte Klagefrist beziehen sollte, nicht wirksam gestellt. Denn Prozesshandlungen können nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., vor § 33 Rz 14, m.w.N.). Sollte der Prozessbevollmächtigten hingegen ein Wiedereinsetzungsantrag in Bezug auf eine gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2006 (für die GbR) vorgeschwebt haben, wäre dieser für das erstinstanzliche Verfahren von vornherein unbeachtlich gewesen, da eine solche Feststellung nicht zu dessen Streitgegenständen gehörte.

31

c) Selbst wenn man einen sachlich ausreichenden Antrag unterstellt, war der Schriftsatz vom 24. Juni 2011, der sich offenkundig auf Äußerungen der Berichterstatterin des FG im Erörterungstermin vom 13. Mai 2011 bezog, jedenfalls nicht geeignet, die zweiwöchige Antragsfrist nach § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO zu wahren. Zudem hat die Prozessbevollmächtigte weder innerhalb der Antragsfrist noch danach tatsächliche Gründe vorgetragen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigten. Derartige Tatsachen sind im Streitfall auch sonst nicht offenkundig, aktenkundig oder gerichtsbekannt, sodass eine antragslose Wiedereinsetzung durch das FG ebenfalls nicht in Betracht kam (vgl. Senatsbeschluss vom 6. April 1995 VIII B 61/94, BFH/NV 1996, 137).

Tatbestand

1

I. Dem Rechtsstreit liegt ein Schätzungsbescheid vom 22. Februar 2011 zur Einkommensteuer für 2009 für die zusammen veranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger) zu Grunde.

2

Gegen diesen Bescheid legte die seinerzeitige Bevollmächtigte der Kläger, die Z Steuerberatungsgesellschaft mbH (Z), mit Schriftsatz vom 11. März 2011 Einspruch ein, der erst am 28. März 2011 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) zusammen mit dem Ausdruck einer elektronisch erstellten Einkommensteuererklärung nebst Anlagen einging.

3

Nach Hinweis des FA auf den Ablauf der Einspruchsfrist bereits am 25. März 2011 beantragte die Z mit Schreiben vom 5. April 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Steuererklärung sei am 11. März fertig gestellt worden. Da eine Vollziehungsaussetzung bei Schätzungsbescheiden nur bei Abgabe der Steuererklärung erfolge, sei das gleichzeitig erstellte Einspruchsschreiben auf die Steuererklärung geheftet worden. Die ansonsten sehr zuverlässige Angestellte habe den Einspruch zuvor an das FA faxen sollen. Dies sei jedoch unterblieben, da sie offenbar die Telefaxnummer nicht sofort zur Hand gehabt habe. Auf diesen Sachverhalt sei man erst durch das Schreiben des FA aufmerksam geworden.

4

Das FA lehnte die Wiedereinsetzung wegen schuldhafter Fristversäumnis ab und verwarf den Einspruch als unzulässig. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos.

5

Mit ihrer Revision tragen die Kläger vor, das angefochtene Urteil verletze sie in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz gemäß Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip sowie in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG. Es beruhe zudem auf einer Verletzung des materiellen Rechts in Gestalt von § 356 Abs. 2 und § 110 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Sie rügen die Unvollständigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung im Einkommensteuerbescheid, die sich nicht zu der Möglichkeit der wirksamen Einspruchseinlegung per E-Mail verhalte. Darüber hinaus beziehe sich die Rechtsbehelfsbelehrung zum Teil nicht auf den konkreten Einzelfall und enthalte weitere Bestandteile, die letztlich auch zu ihrer Unverständlichkeit führten. Noch nicht einmal das konkret zuständige Finanzamt sei als zuständige Behörde ausdrücklich benannt.

6

Auch in Bezug auf die versagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei die Vorentscheidung fehlerhaft. Denn nach dem an Eides statt versicherten Vortrag der Kläger habe sich eine konkrete Einzelanweisung der Z durch ihren Steuerberater E.Z. an ihre Mitarbeiterin auch darauf erstreckt, dass diese den Einspruch sofort an das FA zu faxen und die Frist im Postausgangsbuch erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls zu streichen habe. Warum die sonst zuverlässige und seit fast 15 Jahren in der Kanzlei sorgfältig und tadellos arbeitende Angestellte dem nicht nachgekommen sei, könne nicht nachvollzogen werden. Der glaubhaft gemachte Sachverhalt genüge aber, um ein für die Verspätung ursächliches Verschulden des Steuerberaters der Kläger auszuschließen.

7

Die Kläger beantragen,
den Bescheid vom 22. Februar 2010 über Einkommensteuer 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Juni 2011, diese in Gestalt des Änderungsbescheids vom 25. Juli 2012, aufzuheben und die Behörde anzuweisen, die Kläger entsprechend der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,
hilfsweise,
das Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf und die Einspruchsentscheidung vom 3. Juni 2011 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

8

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

10

1. Das Urteil wird durch den am 25. Juli 2012 ergangenen Bescheid nicht berührt, der die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr unverändert belässt und Änderungen nur bei der Anrechnung von Kapitalertragsteuer und im Abrechnungsteil ausweist.

11

2. Zu Recht hat das FG erkannt, dass die Kläger die Einspruchsfrist gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 AO versäumt haben. Zwischen den Beteiligten ist auch nicht umstritten, dass der Einspruch erst später als einen Monat nach Bekanntgabe des ursprünglich angefochtenen Bescheids vom 22. Februar 2010 eingelegt worden ist.

12

a) Der Fristanlauf war nicht nach § 356 Abs. 1 AO gehemmt, denn den Klägern ist eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden. Es liegt kein Fall einer unterbliebenen oder unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung vor, die nach § 356 Abs. 2 AO die Verlängerung der Einspruchsfrist auf ein Jahr zur Folge hätte.

13

aa) Die Einspruchsentscheidung ist nicht deswegen rechtsfehlerhaft, weil sie nicht auf die Möglichkeit hinweist, den Einspruch auf elektronischem Wege einzulegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine Rechtsbehelfsbelehrung, die die Angaben des § 356 Abs. 1 AO enthält, nicht "unrichtig" i.S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn sie ergänzend den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO (Schriftform) wiedergibt und nicht zugleich auf § 87a AO (elektronische Kommunikation) verweist (BFH-Urteile vom 20. November 2013 X R 2/12, BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236; vom 5. März 2014 VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010; BFH-Beschlüsse vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272; vom 12. Oktober 2012 III B 66/12, BFH/NV 2013, 177; s. auch Urteil des FG Düsseldorf vom 20. November 2012  10 K 766/12 E, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2013, 190; Beschluss des FG Münster vom 6. Juli 2012  11 V 1706/12 E, EFG 2012, 1811; ebenso zur Rechtsmittelbelehrung nach § 66 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. März 2013 B 13 R 19/12 R, Kranken- und Pflegeversicherung 2013, 120, sowie zur Rechtsbehelfsbelehrung nach der Verwaltungsgerichtsordnung Urteil des Oberverwaltungsgerichts --OVG-- Bremen vom 8. August 2012  2 A 53/12.A, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungs-Report --NVwZ-RR-- 2012, 950; a.A. Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Februar 2013 L 3 R 879/10, juris; Urteil des OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom 24. November 2010  4 L 115/09, juris; Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 8. März 2012  1 A 11258/11, NVwZ-RR 2012, 457).

14

Der Senat folgt der zitierten Rechtsprechung des BFH und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des BFH-Urteils in BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236 Bezug.

15

bb) Die weiteren von den Klägern vorgebrachten Rügen zur Fassung der Rechtsbehelfsbelehrung im angefochtenen Steuerbescheid greifen nicht durch. Sie berühren weder die Vollständigkeit der Belehrung noch deren Richtigkeit. Insbesondere lässt die Belehrung bei verständiger Würdigung keinen Zweifel über das zuständige Finanzamt, an das ggf. der Einspruch zu richten ist.

16

b) Zutreffend hat das FG erkannt, dass das FA die Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist zu Recht nicht gewährt hat.

17

aa) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist (hier: die Einspruchsfrist) einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO). Zudem ist er zu begründen (§ 110 Abs. 2 Satz 2 AO); dabei sind die Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der einmonatigen Antragsfrist darzulegen, soweit sie nicht für die Behörde offenkundig oder amtsbekannt sind (ständige Rechtsprechung, s. BFH-Urteile vom 27. März 1985 II R 118/83, BFHE 144, 1, BStBl II 1985, 586; vom 15. September 1992 VIII R 26/91, BFH/NV 1993, 219; BFH-Beschlüsse vom 17. Juni 2010 IX B 32/10, BFH/NV 2010, 1655; vom 17. August 2010 X B 190/09, BFH/NV 2010, 2285). Der Kern des geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes muss innerhalb der Antragsfrist schlüssig vorgetragen werden (BFH-Urteil vom 13. Dezember 2007 VI R 75/04, BFHE 220, 18, BStBl II 2009, 577, m.w.N.). Nach Ablauf der Monatsfrist können unvollständige Angaben noch erläutert und ergänzt werden (BFH-Urteile in BFHE 220, 18, BStBl II 2009, 577; vom 24. August 1990 VI R 178/85, BFH/NV 1991, 140), das spätere Nachschieben von Wiedereinsetzungsgründen ist hingegen nicht zulässig.

18

bb) Zutreffend hat das FG des Näheren ausgeführt, dass in diesem Zusammenhang unterschieden wird zwischen Organisationsmängeln, die als solche einem Rechtsanwalt oder Steuerberater und den von ihm Vertretenen als Verschulden i.S. von § 110 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO zuzurechnen sind, einerseits und nicht zurechenbarem Büroversehen andererseits. Wird --wie im Streitfall-- ein dem Prozessbevollmächtigten und dem von ihm Vertretenen nicht zuzurechnendes reines Büroversehen geltend gemacht, gehört zum erforderlichen schlüssigen Vortrag des "Kerns" der Wiedereinsetzungsgründe (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Januar 2000 VII B 281/99, BFH/NV 2000, 823) die Darlegung, warum ein Organisationsverschulden auszuschließen ist. Es müssen also die Organisationsmaßnahmen vorgetragen werden, die den konkreten Fehler als Büroversehen erkennen lassen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. April 2013 V R 24/12, BFH/NV 2013, 970; vom 14. Mai 2007 VIII B 47/07, BFH/NV 2007, 1684; Klein/Rätke, AO, § 110 Rz 65).

19

cc) Der Vortrag der Kläger im Antragsverfahren während der Antragsfrist genügte diesen Anforderungen nicht. Im Streitfall begann die einmonatige Antragsfrist (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO) spätestens mit der Übersendung des Schreibens des FA vom 31. März 2011, in dem auf die Fristversäumnis und zugleich darauf hingewiesen wurde, dass bei begehrter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb der Monatsfrist die Tatsachen vorzutragen seien, aus denen sich ggf. ergebe, dass die Einspruchsfrist ohne Verschulden versäumt wurde. Im Streitfall bestand im Besonderen Anlass zur Darlegung der organisatorischen Vorkehrungen gegen eine Fristversäumnis, weil das FA nach einer ersten knappen Antragsbegründung von einem Organisationsverschulden ausging (Schreiben an die Z vom 15. April 2011). Die Kläger erklärten daraufhin durch ihre Prozessbevollmächtigte Z, dass im Postausgangsbuch unter dem 11. März 2011 sowohl die an die Kläger versendete Steuererklärung als auch der an das FA zu versendende Einspruch eingetragen worden seien. Zum Beleg haben sie einen kopierten Auszug aus dem Postausgangsbuch vorgelegt. Da der Einspruch erst mit der Einreichung der Einkommensteuererklärung habe begründet und auch erst dann die beantragte Vollziehungsaussetzung habe genehmigt werden können, habe der Einspruch in Papierform der Steuererklärung beigefügt werden sollen, um das Aussetzungsverfahren zu beschleunigen. Selbstverständlich habe der Einspruch zur Fristwahrung vorab per Telefax versendet werden sollen. Dies habe die langjährige zuverlässige Mitarbeiterin im Sekretariat aus unerklärlichen Gründen versäumt. Erst nach Postausgang werde die Frist aus dem Fristenkontrollbuch ausgetragen. Eine weitere Kontrolle der Fristen werde durch das in der Kanzlei der Z verwendete Dokumenten-Management-System gewährleistet. In diesem revisionssicheren System sei ebenfalls am 11. März 2011, 17:24 Uhr Greenwich-Time, der Einspruch als Postausgang verbucht worden. Beide Kontrollsysteme würden vom Steuerberater K persönlich laufend überwacht.

20

In diesem Vortrag fehlt es jedoch an substantiierten und in sich schlüssigen Ausführungen dazu, auf welche Weise die Fristen im Büro der Z überwacht wurden (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Februar 2008 X B 95/07, BFH/NV 2008, 969), so insbesondere an einer Darlegung, wann, wie und von wem nach Maßgabe der Büroorganisation im Falle eines per Telefax übermittelten Schriftstücks die Absendung dokumentiert wurde und ob und ggf. welche Vorgaben und Belehrungen die Berufsträger innerhalb der Z insoweit erteilt hatten. Die Darstellung im Antragsverfahren bietet insbesondere keine schlüssige Erklärung dafür, dass der in Kopie vorgelegte Auszug aus dem Postausgangsbuch unter dem Datum des 11. März 2011 ein Einspruchsschreiben in Sachen der Kläger an das FA ausweist, wenn gerade für diesen Tag ein versehentliches Unterlassen der Telefax-Übermittlung geltend gemacht wird. Daraus ist vielmehr zu ersehen, dass dort --und nach Angaben der Z auch im Dokumenten-Management-System-- fälschlich ein tatsächlich so nicht erfolgter Postausgang dokumentiert worden ist, was auf einen Organisationsmangel hinweist. Zudem darf nach der Rechtsprechung bei Übermittlung eines fristwahrenden Schriftstücks durch Telefax die betreffende Frist erst gelöscht werden, wenn ein von dem Telefaxgerät des Absenders ausgedruckter Einzelnachweis (Sendebericht) vorliegt, der die ordnungsgemäße Übermittlung belegt (s. etwa BFH-Beschlüsse vom 19. März 1996 VII S 17/95, BFH/NV 1996, 818; vom 22. April 2004 VII B 369/03, BFH/NV 2004, 1285; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. April 1994 V ZR 62/93, Neue Juristische Wochenschrift 1994, 18, 79). Die Büroabläufe müssen also so organisiert sein, dass Fristversäumnisse grundsätzlich ausgeschlossen sind; das setzt u.a. voraus, dass der Ausgang eines Schriftstücks, das eine gesetzliche Frist wahren soll, nicht dokumentiert wird, solange die zur Absendung erforderlichen Arbeitsschritte nicht vollständig getan sind und eine Frist nicht vorher gelöscht wird. Die Gründe dafür, warum im Streitfall offensichtlich anders verfahren wurde, sind nicht erkennbar.

21

dd) Zwar kann auch nach Ablauf der Antragsfrist der Tatsachenvortrag zu den Wiedereinsetzungsgründen noch zulässig erläutert und ergänzt werden (BFH-Urteile in BFH/NV 1991, 140; in BFHE 220, 18, BStBl II 2009, 577, m.w.N.). Dies gilt jedoch nur, wenn innerhalb der Antragsfrist die Wiedereinsetzungsgründe im Kern schlüssig vorgetragen worden sind (s.o. unter II.2.b aa). Die Schließung von Lücken eines zuvor noch nicht schlüssigen Vortrags erst nach Ablauf der Antragsfrist wird von der Rechtsprechung nicht berücksichtigt (BFH-Beschluss vom 8. Mai 1996 X B 12/96, BFH/NV 1996, 833, m.w.N.), ebenso wenig wie das Nachschieben zuvor nicht vorgetragener Wiedereinsetzungsgründe (s. etwa BFH-Beschluss vom 15. Dezember 1995 V B 88/95, BFH/NV 1996, 452).

22

Im Streitfall ist ein lückenloser schlüssiger Vortrag während der Antragsfrist nicht erfolgt (s.o. unter II.2.b cc). Neues Vorbringen nach Ablauf der Antragsfrist war aus den vorgenannten Gründen grundsätzlich nicht geeignet, diesen Mangel zu beheben. Das gilt insbesondere auch für die eidesstattlich versicherten Tatsachenangaben der Angestellten im Klageverfahren, die sich die Kläger zu eigen gemacht haben. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Vortrag nicht schon deshalb unbeachtlich ist, weil er erst nach Abschluss des Einspruchsverfahrens erfolgte und die diesbezügliche eidesstattliche Versicherung der Angestellten auch erst dann vorgelegt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 19. Dezember 1968 V R 19-20/68, BFHE 94, 563, BStBl II 1969, 272; offengelassen im BFH-Beschluss vom 18. Juli 1985 VI B 123/84, BFH/NV 1986, 166). Selbst wenn man in der dort erstmals ausdrücklich dargetanen Einzelanweisung des Steuerberaters E.Z. an die Angestellte, das Einspruchsschreiben vorab per Telefax an das FA zu senden, eine noch zulässige Ergänzung des vorgetragenen Wiedereinsetzungsgrundes sieht und dies auch noch im Klageverfahren für zulässig hält, ergibt sich daraus kein schlüssiger Vortrag, der das FG in die Lage versetzt hätte zu entscheiden, dass die Z kein Verschulden an der Fristversäumnis getroffen hat (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 823). Dieser Vortrag war weiterhin nicht geeignet, einen Organisationsmangel auszuschließen, denn er erklärt nicht, weshalb bei der behaupteten sicheren Fristenkontrolle die tatsächlich noch nicht erfolgte Absendung des Telefaxes unbemerkt bleiben konnte. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, warum auch ohne Übermittlung des Einspruchsschreibens per Telefax und demzufolge auch ohne einen entsprechenden ausgedruckten Sendebericht der Postausgang vermerkt und die Frist gelöscht wurde. Zudem ist die behauptete Anweisung, dass die Frist erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls gestrichen werden durfte, von der eidesstattlichen Versicherung der Angestellten nicht erfasst und auch nicht auf andere Weise glaubhaft gemacht worden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 16. April 2013  8 K 2388/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob der Einspruch gegen einen Einkommensteuerbescheid fristgerecht eingelegt wurde.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war im Streitjahr (2010) selbständig tätig. Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte sie Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen in Höhe von insgesamt … € (Vergleich: … €, Gerichtskosten: 328 €, Darlehenszinsen … €) geltend.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer für 2010 mit Einkommensteuerbescheid vom 6. März 2012 fest und wies in den Erläuterungen des Bescheids darauf hin, dass als außergewöhnliche Belastungen lediglich die Kosten des Zivilprozesses in Höhe von 328 € zu berücksichtigen seien.

4

Gegen diesen Bescheid erhob die Prozessbevollmächtigte per Telefax vom 30. März 2012 Einspruch. Ausweislich der auf dem Telefax abgedruckten Sendezeile ist das Telefax am 17. April 2012 um 07:11 Uhr an die Telefax-Nummer des FA gesendet worden. Der Eingangsstempel des FA weist ebenfalls den 17. April 2012 als Eingangsdatum aus.

5

Nachdem eine Mitarbeiterin der Prozessbevollmächtigten telefonisch von der Bearbeiterin des Rechtsbehelfs am 10. Oktober 2012 darauf hingewiesen worden war, dass im Rahmen der abschließenden Bearbeitung die Verspätung des Einspruchs festgestellt worden sei, verwarf das FA den Einspruch als unzulässig.

6

Mit der dagegen erhobenen Klage machte die Klägerin weiterhin die Berücksichtigung ihrer Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen geltend.

7

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen, weil die Einspruchsfrist versäumt worden sei.

8

Mit der Revision macht die Klägerin weiterhin geltend, die Einspruchsfrist sei nicht abgelaufen, denn diese betrage wegen unvollständiger und damit unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung ein Jahr. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei unvollständig, weil sie nicht darauf hingewiesen habe, dass der Einspruch auch per E-Mail eingelegt werden könnte.

9

Sie beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 6. März 2012 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10./11. Oktober 2012 dahingehend abzuändern, dass weitere … € als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd berücksichtigt werden und die Einkommensteuer auf 0 € herabgesetzt wird.

10

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Der Senat entscheidet gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss. Er hält die Revision einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind vorher darüber unterrichtet worden; sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

12

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der streitige Einkommensteuerbescheid ist wegen Versäumung der Einspruchsfrist bestandskräftig geworden.

13

1. Die Einspruchsfrist beträgt nach § 355 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) in der im Streitfall anwendbaren Fassung (AO vor der Änderung durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013, BGBl I 2013, 2749) einen Monat. Im Streitfall verlängert sich die Einspruchsfrist nicht nach § 356 Abs. 2 Satz 1 AO auf ein Jahr seit Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids vom 6. März 2012. Denn die Belehrung über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, war i.S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO weder unterblieben noch unrichtig erteilt.

14

a) Die Frist für die Einlegung des Einspruchs beginnt nach § 356 Abs. 1 AO nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist. Nach § 356 Abs. 2 Satz 1 AO ist die Einlegung des Einspruchs binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, wenn die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden ist. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist in diesem Sinne allerdings dann nicht unrichtig erteilt, wenn sie in Bezug auf das Formerfordernis für die Einlegung des Einspruchs den Wortlaut des Gesetzes wiedergibt.

15

b) Nachdem der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) schon früher entschieden hatte, dass eine Rechtsmittelbelehrung so einfach und klar wie möglich gehalten werden solle, um im Interesse rechtsunkundiger Beteiligter eine inhaltliche Überfrachtung zu vermeiden, und es deshalb ausreiche, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung den Gesetzeswortlaut der einschlägigen Bestimmung wiedergebe und verständlich über die allgemeinen Merkmale des Fristbeginns unterrichte (BFH-Urteil vom 7. März 2006 X R 18/05, BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455), haben sich dieser Rechtsprechung verschiedene Senate des BFH angeschlossen. Danach ist eine Rechtsbehelfsbelehrung erst dann unrichtig, wenn sie in wesentlichen Aussagen unzutreffend oder derart unvollständig oder missverständlich abgefasst ist, dass durch sie die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint (BFH-Beschlüsse vom 9. November 2009 IV B 54/09, BFH/NV 2010, 448; vom 2. Februar 2010 III B 20/09, BFH/NV 2010, 830; vom 12. Oktober 2012 III B 66/12, BFH/NV 2013, 177; vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272). Auf dieser Grundlage hat der X. Senat des BFH seine Rechtsprechung sodann dahingehend fortgeführt, dass es ausreiche, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich des Formerfordernisses für die Einlegung eines Einspruchs den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergebe (BFH-Urteil vom 20. November 2013 X R 2/12, BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236). Denn an die Angaben in der Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht Pflichtangaben nach § 356 Abs. 1 AO seien, seien keine höheren Anforderungen an die Detailliertheit der Rechtsbehelfsbelehrung zu stellen als bei solchen Angaben, die notwendiges Element der Rechtsbehelfsbelehrung seien. Wenn es schon bei der im Einzelfall mitunter sehr komplizierten Berechnung der Frist ausreiche, den Wortlaut der einschlägigen Bestimmung wiederzugeben, müsse dies erst recht gelten, wenn Angaben zur Form gemacht werden, die schon dem Grunde nach nicht zwingender Bestandteil der Rechtsbehelfsbelehrung seien.

16

2. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an. Im Streitfall gibt die Rechtsbehelfsbelehrung den Gesetzeswortlaut wieder und unterrichtet auch im Übrigen verständlich über den Fristbeginn.

17

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 13. April 2016  9 K 1558/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.   

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.   

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 8. Dezember 2014 die Einkommensteuer des Streitjahres des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) fest. Dieser Bescheid wurde, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, am gleichen Tag zur Post gegeben.

2

Mit Schreiben vom 12. Januar 2015 legte der Kläger Einspruch ein. Es ging am 13. Januar 2015 beim FA ein. Das FA teilte dem Kläger mit Schreiben vom 16. Januar 2015 mit, dass der Einspruch verfristet eingelegt worden sei und wies ihn auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hin.

3

Mit Schreiben vom 27. Januar 2015 beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er habe sich darüber geirrt, dass für die Einlegung des Einspruchs nicht die Absendung des Schriftstücks, sondern der Eingang beim FA maßgeblich sei. Hierüber habe das FA im Rahmen seiner formularmäßigen Rechtsbehelfsbelehrung nicht belehrt.

4

Das FA lehnte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Den Einspruch verwarf es als unzulässig. Die Klage blieb ebenfalls erfolglos. Auch das Finanzgericht (FG) sah den Einspruch als verfristet an. Die Rechtsbehelfsbelehrung, die den Gesetzeswortlaut des § 356 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) wiederhole, sei richtig erteilt worden, so dass die Jahresfrist nicht zum Tragen komme. Eine Belehrung darüber, dass die Einspruchsfrist nur gewahrt sei, wenn der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist zugehe, sehe das Gesetz nicht vor. Zu Recht habe das FA auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Soweit der Kläger sich in einem Rechtsirrtum hinsichtlich der Wahrung der Einspruchsfrist befunden habe, sei dieser nicht unverschuldet gewesen. Soweit er trotz der Rechtsbehelfsbelehrung insoweit verfahrensrechtliche Zweifel gehabt habe, habe er es unterlassen, Rechtsrat einzuholen, den er auch kostenfrei beim FA hätte erhalten können.

5

Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und aufgrund eines Verfahrensmangels.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

7

Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit sie überhaupt in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügenden Form dargelegt worden sind, jedenfalls nicht vor. Weder ist die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen noch liegt ein Ver-fahrensmangel vor.

8

1. Für die Darlegung des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) muss der Beschwerdeführer konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Er muss zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche ab-strakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Erforderlich ist ferner ein konkreter und substantiierter Vortrag, warum im Einzelnen die Klärung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/ oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt, also ein Vortrag zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die in Rede stehende Rechtsfrage bereits durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Senatsbeschluss vom 2. Februar 2016 X B 95/15, BFH/NV 2016, 732, unter II.1., m.w.N.). Insbesondere in einem solchen Fall muss sich der Beschwerdeführer auch mit der bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandersetzen und substantiiert darlegen, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt hat (so auch BFH-Beschluss vom 14. April 2016 III B 108/15, BFH/NV 2016, 1250, unter II.1.a, m.w.N.). Bei Streitfragen, die maßgeblich von der Beurteilung des Einzelfalls abhängen, bedarf es substantiierter Darlegungen, weshalb der Rechtsfrage ausnahmsweise eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll (BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2015 VII B 176/14, BFH/NV 2016, 595, unter II.1., m.w.N.).

9

a) Soweit der Kläger eine Revisionszulassung zur (weiteren) Klärung des Umfangs der Rechtsbehelfsbelehrung begehrt, ist bereits zweifelhaft, ob die von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen im Allgemeininteresse liegen. Jedenfalls aber lassen sie sich anhand der bereits vorliegenden Rechtsprechung des BFH und des Gesetzes beantworten, so dass eine Klärungsbedürftigkeit nicht vorliegt.

10

aa) Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache reicht nicht der Hinweis darauf, die Revisionsentscheidung sei für eine größere Zahl von Fällen von Bedeutung; denn daraus ergibt sich nicht, dass die Rechtsfrage inhaltlich klärungsbedürftig ist (so schon Senatsbeschluss vom 27. März 2014 X B 75/13, BFH/NV 2014, 1073, unter II.1.a, m.w.N.). Auch reicht es nicht aus, darauf zu verweisen, die aufgeworfenen Fragen seien in der veröffentlichten finanzgerichtlichen Rechtsprechung bislang nicht erörtert worden. Ebenso wenig vermag der Hinweis auf eine fehlende Entscheidung des BFH die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit ersetzen (vgl. nur BFH-Beschluss vom 21. September 2011 XI B 24/11, BFH/NV 2012, 277, unter II.2.b).

11

Änderungen an diesem Erfordernis haben sich auch nicht durch die Neufassung des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) ergeben. Wie vor dieser Änderung muss die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. BFH-Beschluss vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837, unter II.1.a, m.w.N. auf die bisherige ständige Rechtsprechung).

12

Allerdings kann auf eine ausführliche Darlegung der Klärungsbedürftigkeit verzichtet werden, wenn sie offenkundig ist und nähere Angaben unnötige Förmelei wären (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 1073, unter II.1.a, m.w.N.).

13

bb) Jedenfalls aber lassen sich die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, soweit sie im Zusammenhang mit der Richtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung stehen, anhand der bereits vorliegenden Rechtsprechung des BFH und des Gesetzes beantworten. Es fehlt deshalb an der Klärungsbedürftigkeit.

14

(1) Soweit der Kläger die Fragen geklärt wissen will,

- ob durch eine Belehrung über das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren des Einspruchs nach §§ 347 ff. AO, die keinen Hinweis auf § 130 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und die sich hieraus für die Fristwahrung ergebenden Folgen enthält, die Einspruchsfrist in Gang gesetzt wird ("beginnt") und

- ob im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren eine Rechtsbehelfsbelehrung einen Hinweis darüber enthalten muss, dass die Rechtsbehelfsfrist nur durch Eingang bei der zuständigen Finanzbehörde gewahrt wird, nicht aber durch Absendung des an die Finanzbehörde zu adressierenden Einspruchsschreibens,

begehrt er sinngemäß die Klärung, ob es ausreichen kann, wenn im Rahmen einer (formularmäßigen) Rechtsbehelfsbelehrung der Hinweis fehlt, dass der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist bei der Finanzbehörde eingegangen sein muss.

15

(a) Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig i.S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn sie die in § 356 Abs. 1 AO zwingend geforderten Angaben nicht enthält (vgl. nur BFH-Beschluss in BFH/NV 2016, 1250, unter II.1.b aa, m.w.N.). Sie ist dies aber auch dann, wenn sie geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen und materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abhält, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272, unter II.2.b, m.w.N.). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich danach, wie der Erklärungsempfänger die Rechtsbehelfsbelehrung nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände verstehen musste (sog. objektiver Verständnishorizont, vgl. BFH-Beschluss in BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272, unter II.2.b, m.w.N.). Unerheblich ist, ob eine unrichtige Belehrung für die Fristversäumung ursächlich war (BFH-Beschluss vom 9. November 2009 IV B 54/09, BFH/NV 2010, 448, Rz 7, m.w.N.).

16

(b) Nachdem der Senat schon früher entschieden hatte, dass eine Rechtsmittelbelehrung so einfach und klar wie möglich gehalten werden solle, um im Interesse rechtsunkundiger Beteiligter eine inhaltliche Überfrachtung zu vermeiden, und es deshalb ausreiche, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung den Gesetzeswortlaut der einschlägigen Bestimmung wiedergebe und verständlich über die allgemeinen Merkmale des Fristbeginns unterrichte (Senatsurteil vom 7. März 2006 X R 18/05, BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455, unter II.2.c), haben sich dieser Rechtsprechung verschiedene Senate des BFH angeschlossen (vgl. nur BFH-Beschluss vom 28. April 2015 VI R 65/13, BFH/NV 2015, 1074, unter II.1.b, m.w.N.). Auf dieser Grundlage hat der Senat seine Rechtsprechung sodann dahingehend fortgeführt, dass es ausreiche, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich des Formerfordernisses für die Einlegung eines Einspruchs den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergebe (Senatsurteil vom 20. November 2013 X R 2/12, BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236, unter II.3.b). Denn an die Angaben in der Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht Pflichtangaben nach § 356 Abs. 1 AO seien, seien keine höheren Anforderungen an die Detailliertheit der Rechtsbehelfsbelehrung zu stellen als bei solchen Angaben, die notwendiges Element der Rechtsbehelfsbelehrung seien. Wenn es schon bei der im Einzelfall mitunter sehr komplizierten Berechnung der Frist ausreiche, den Wortlaut der einschlägigen Bestimmung wiederzugeben, müsse dies erst recht gelten, wenn Angaben zur Form gemacht werden, die schon dem Grunde nach nicht zwingender Bestandteil der Rechtsbehelfsbelehrung seien (Senatsurteil in BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236, unter II.3.c).

17

(c) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist klar, dass eine Belehrung über das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren nach §§ 347 ff. AO keines Hinweises auf § 130 Abs. 3 BGB bedarf, da der Wortlaut des § 356 Abs. 1 AO dies nicht vorsieht. Somit bedarf es auch keines Hinweises (ohne Nennung der Norm), dass die Rechtsbehelfsfrist nur durch Eingang bei der zuständigen Finanzbehörde gewahrt wird, nicht aber durch Absendung des an die Finanzbehörde adressierten Einspruchs.

18

(2) Gleichzeitig ergibt sich aus der gefestigten bisherigen Rechtsprechung, dass die Rechtsbehelfsbelehrung auch nicht auf §§ 108 ff., 122, 347, 355 Abs. 1, 357 Abs. 1, 357 Abs. 2 Satz 1 AO hinweisen muss, sondern allein eine --hier vorliegende-- Nennung der Voraussetzungen des § 356 Abs. 1 AO genügt. Einer vollständigen Wiederholung des Gesetzestextes des § 356 Abs. 1 AO bedarf es nicht (so auch schon Senatsbeschluss in BFH/NV 2016, 732, unter II.1.c). Eine darüber hinausgehende Auslegung, die den Beginn der dort genannten Einspruchsfrist betrifft und letztlich auch auf § 130 Abs. 3 BGB verweisen muss, ist nicht nötig.

19

(3) Der Kläger hat weder dargelegt noch ist sonst ersichtlich, warum bzw. unter welchen Gesichtspunkten es im Streitfall einer neuerlichen Entscheidung des BFH zu den von ihm gestellten Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Umfang der Rechtsbehelfsbelehrung bedarf.

20

(a) Soweit der Kläger darauf verweist, dass die bisherige BFH-Rechtsprechung im Konkreten noch nicht zur Frage des Hinweises auf § 130 Abs. 3 BGB entschieden habe, verkennt er die Ab-straktheit dieser Entscheidungen, die, wie gezeigt, auch die Fragen im Zusammenhang mit § 130 Abs. 3 BGB eindeutig entscheiden - wenn auch nicht im Sinne des Klägers.

21

(b) Die Hinweise und Ausführungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Gebot des aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) sind ebenfalls nicht geeignet, den Senat davon zu überzeugen, im Rahmen eines Revisionsverfahrens erneut zum Umfang der Rechtsbehelfsbelehrung zu entscheiden. Aus Sicht des Senats wahrt die bisherige BFH-Rechtsprechung durch ihre Deutlichkeit und Klarheit dieses Rechtsstaatsprinzip, da sie dazu beiträgt, die Rechtsbehelfsbelehrung nicht zu überfrachten und damit dem Steuerpflichtigen, auch wenn er nicht beraten ist, hilft, rechtzeitig den Einspruch einzulegen. Denn anders als im Fall des Klägers wird davon auszugehen sein, dass ein Steuerpflichtiger grundsätzlich annimmt, diese Frist werde erst durch den Eingang gewahrt. Hinweise auf § 130 Abs. 3 BGB oder die Unterscheidung zwischen Absendung beim Steuerpflichtigen oder Eingang bei der Finanzbehörde schaffen eher Verwirrung.

22

(c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der Hinweise des Klägers auf die Rechtsprechung in anderen Gerichtszweigen.

23

(aa) Soweit der Kläger auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 14. November 1969 II WDB 28.69 (BVerwGE 43, 26) abstellt, der eine Rechtsmittelbelehrung, aus der sich nicht ergibt, dass die Einlegungsfrist nur gewahrt sei, wenn der schriftliche Rechtsbehelf vor Ablauf dieser Frist bei Gericht eingehe, als unrichtig ansieht, ist diese Rechtsprechung --worauf bereits das FG zutreffend hingewiesen hat-- durch nachfolgende Entscheidungen des BVerwG aufgegeben worden. Inzwischen ist geklärt, dass sich die Rechtsbehelfsbelehrung nicht hierauf beziehen muss (vgl. statt aller BVerwG-Beschluss vom 16. März 1989  8 B 26/89).

24

(bb) Nicht vergleichbar sind die vom Kläger dargelegten Fälle, bei denen Rechtsmittelbelehrungen zu Fristen der Strafprozessordnung, die einen Antrag oder ein Rechtsmittel in Gang setzen sollen, jeweils auf die Notwendigkeit des Eingangs innerhalb dieser Frist hinweisen müssen. Aussagekraft für andere Gerichtszweige haben diese Fälle nicht. Insbesondere ergeben sich hieraus keine Folgen für Steuerverfahrensvorschriften.

25

b) Grundsätzliche Bedeutung kommt auch den Rechtsfragen des Klägers im Zusammenhang mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu. Diese zielen auf eine Klärung des Verschuldens des Klägers ab. Sie sind, obwohl wie abstrakte Fragen aufgeworfen, erkennbar auf den vorliegenden Einzelfall hin formuliert worden. Der Kläger macht insoweit letztlich geltend, das FG habe bei seiner Bewertung einen falschen Verschuldensmaßstab herangezogen bzw. unzulässigerweise eine Wahlfeststellung vorgenommen. Damit wendet sich der Kläger gegen die sachliche Richtigkeit der Entscheidung. Hieraus ergibt sich kein Zulassungsgrund (vgl. etwa BFH-Beschluss in BFH/NV 2016, 1250, unter II.1.b cc).

26

2. Sollte der Kläger aufgrund der aufgeworfenen Rechtsfragen auch eine Revisionszulassung zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) begehren, kann dieser Vortrag ebenfalls keinen Erfolg haben. Dieser Zulassungsgrund ist ein Spezialfall der Grundsatzrevision (vgl. nur Senatsbeschluss vom 28. Mai 2015 X B 171/14, BFH/NV 2015, 1243, unter II.5., m.w.N.). Es sind deshalb die gleichen Voraussetzungen --insbesondere auch eine im Allgemeininteresse liegende klärungsbedürftige Rechtsfrage-- zu verlangen, die hier, wie unter II.1. gezeigt, nicht vorliegen.

27

3. Das FG-Urteil leidet nicht unter einem vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

28

a) Das FG hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt.

29

aa) Bei dem von ihm geltend gemachten Gehörsverstoß (Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO) handelt es sich nicht um eine Rüge nach § 119 Nr. 3 FGO, bei der die Kausalität des Verfahrensmangels für die Entscheidung unwiderleglich vermutet wird. Denn eine solche Rüge betrifft nach ständiger Rechtsprechung nur solche Fälle, in denen die behauptete Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör das Gesamtergebnis des Verfahrens erfasst. Bezieht sich der vermeintliche Gehörsverstoß dagegen, wie im Streitfall, lediglich auf einzelne Feststellungen --hier den "Zweifel des Klägers über den genauen Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist"--, so ist die mögliche Kausalität des beanstandeten Verfahrensmangels für das Urteil --unter Zugrundelegung des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG-- vom Kläger darzulegen und vom Beschwerdegericht zu prüfen (vgl. Senatsbeschluss vom 26. März 2015 X B 92/14, BFH/NV 2015, 955, unter II.2.a, m.w.N.).

30

bb) Das FG hat vorliegend bei Prüfung des Verschuldens (Seite 11 f.) dem Kläger solche Zweifel nicht unterstellt. Vielmehr hat es darauf hingewiesen, dass er sich Gewissheit über die Richtigkeit seiner Rechtsansicht hätte verschaffen müssen, weil die Rechtsbehelfsbelehrung auf eine Einspruchs-frist von einem Monat hinwies und keine Aussagen darüber ent-hielt, in welcher Weise er diese Einspruchsfrist hätte wahren können oder müssen.

31

In einer solchen Situation wäre es ihm --so das FG zu Recht-- als Verschulden anzurechnen, von dem für ihn günstigsten Fall auszugehen. Selbst für den Fall, dass eine rechtzeitige Absendung wie im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Verbraucherschutzrechte ausreiche, hätten ihm Zweifel kommen müssen, ob dies auch für den Einspruch nach der AO gelte.

32

Damit macht das FG deutlich, dass es selbst für den Fall, dass der Kläger zweifelsfrei von der Richtigkeit seiner Rechtsansicht ausgegangen wäre, ein Verschulden annehme. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätte selbst dann keinen Erfolg haben können.

33

Unter Zugrundelegung dieses materiell-rechtlichen Standpunkts des FG ist nicht erkennbar, wie die vom Kläger angemahnte weitergehende Erörterung eines ggf. vorhandenen Zweifels das Gesamtergebnis des Verfahrens hätte beeinflussen sollen.

34

b) Soweit der Kläger im Zusammenhang mit seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf eine mögliche fehlerhafte Sachverhaltsdarstellung im FG-Urteil abstellt, kann er diese im vorliegenden Verfahren nicht rügen. Vielmehr muss der Kläger dies durch einen fristgebundenen Antrag auf Tatbestandsberichtigung (§ 108 FGO) geltend machen (Senatsbeschluss vom 4. März 2015 X B 39/14, BFH/NV 2015, 805, unter II.4.d, m.w.N.). Einen solchen Antrag hat der Kläger jedoch nicht gestellt.

35

4. Letztlich zielt die Beschwerdebegründung allein darauf ab, dass der Kläger eine andere Beurteilung der Voraussetzungen der Einlegung eines fristgerechten Einspruchs wie auch der Berücksichtigung des Verschuldens im Rahmen eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vornimmt und sich somit gegen die Rechtsausführungen des FG insoweit wendet. Hierin liegt jedoch nicht eine Geltendmachung eines Revisionsgrunds, sondern allein die Geltendmachung einer falschen materiellen Rechtsanwendung, die grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führt (ständige BFH-Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 31. Januar 2013 X B 21/12, BFH/NV 2013, 759, m.w.N.).

36

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

37

6. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei. § 110 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.

Die Einspruchsentscheidung ist zu begründen, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und den Beteiligten schriftlich oder elektronisch zu erteilen. Betrifft die Einspruchsentscheidung eine gesonderte und einheitliche Feststellung im Sinne des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a und sind mehr als 50 Personen gemäß § 359 am Verfahren beteiligt, so kann auf die Nennung sämtlicher Einspruchsführer und Hinzugezogenen im Rubrum der Einspruchsentscheidung verzichtet werden, wenn dort die Person, der diese Einspruchsentscheidung jeweils bekannt gegeben wird, und die Anzahl der übrigen nicht namentlich bezeichneten Beteiligten angegeben wird.

(1) Die Frist für einen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe im Sinne des § 54 Abs. 1 zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 56 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.

(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei. § 110 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 11. März 2016  9 K 2161/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat die  Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) mit Haftungsbescheid vom 3. Juli 2012 als Haftungsschuldnerin in Anspruch genommen. Der Einspruch hatte nur teilweise Erfolg. Die vom zuständigen Sachbearbeiter des FA Herrn K erstellte Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 2014, der eine Rechtsbehelfsbelehrung unter Angabe der Telefaxnummer des FA, nicht jedoch der Telefaxnummer des Finanzgerichts (FG) beigefügt war, wurde mit einfachem Brief an die Klägerin persönlich versendet. Am 27. Juni 2014 ging die gegen die Verwaltungsentscheidungen gerichtete Klage beim FG ein, die das FG als unzulässig zurückwies. Zur Begründung führte es aus, dass nach erfolgter Beweiserhebung und Vernehmung des K als Zeugen feststehe, dass die Einspruchsentscheidung am 22. Mai 2014 zur Post aufgegeben und der Klägerin gemäß § 122 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) am 26. Mai 2014 bekanntgegeben worden sei. Infolgedessen habe der Klageeingang erst am 27. Juni 2014 die Monatsfrist des § 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht gewahrt. Entgegen der Auffassung der Klägerin erfordere eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung nicht die Angabe der Telefaxnummer des FG. Darauf deute bereits der insoweit eindeutige Wortlaut des § 55 Abs. 1 FGO hin. Hinsichtlich der Einspruchseinlegung (§ 357 Abs. 1 Satz 1 AO) habe der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass eine Rechtsmittelbelehrung, die nur den Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung wiederhole, nicht wegen des fehlenden Hinweises auf die Möglichkeit der Klageerhebung auf elektronischem Wege rechtsfehlerhaft sei. Im Übrigen hätte die Klägerin die Klage fristwahrend beim FA erheben können, worauf in der streitgegenständlichen Rechtsbehelfsbelehrung ausdrücklich hingewiesen worden sei.

2

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Für die Aufgabe der Einspruchsentscheidung zur Post trage das FA die Feststellungslast. Ein Absendevermerk durch K oder die Poststelle des FA sei weder auf der Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 2014 noch in den Akten. Zur Klärung der Frage, wann die Einspruchsentscheidung zur Post aufgegeben worden sei, sei die Vernehmung des K nicht geeignet gewesen, zumal dieser lediglich ausgesagt habe, die Entscheidung in das in seinem Zimmer befindliche Postausgangsfach gelegt zu haben. Eine Vernehmung eines Mitarbeiters der Poststelle des FA --z.B. zum Beweisthema der Sortierung der versandfertigen Bescheide nach Datum in unterschiedliche Fächer-- habe das FG unterlassen. Zu ihren Gunsten sei im Streitfall davon auszugehen, dass die Einspruchsentscheidung nicht vor dem 26. Mai 2014 zur Post gegeben worden sei. Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Rechtsfrage, ob eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung nach § 55 Abs. 1 FGO neben der Angabe des Sitzes des Gerichts, bei dem die Klage anzubringen ist, auch die Angabe der Telefaxnummer erfordert bzw. ob eine Rechtsbehelfsbelehrung in einer Einspruchsentscheidung jedenfalls dann nicht unrichtig i.S. des § 55 FGO ist, wenn dort zwar das anzurufende FG nicht konkret angegeben ist, zugleich jedoch auf die Möglichkeit des Anbringens der Klage beim FA hingewiesen wird und das hierfür zuständige FA zutreffend bezeichnet worden ist.

3

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen. Der aufgeworfenen Frage kommt mangels Klärungsbedürftigkeit keine grundsätzliche Bedeutung zu. Der behauptete Verfahrensmangel unzureichender Sachaufklärung liegt nicht vor.

5

1. Einer Rechtsfrage kommt nur dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie klärungsbedürftig ist. Das ist sie, wenn ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt, so dass mehrere Lösungen vertretbar sind (vgl. Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 115 Rz 28). An der zu fordernden Klärungsbedürftigkeit fehlt es jedoch, wenn sich die Beantwortung der Rechtsfrage ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG in seiner Entscheidung getan hat, wenn die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231, und vom 31. Mai 2000 X B 111/99, BFH/NV 2000, 1461). Darüber hinaus ist eine Rechtsfrage auch dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar oder vorgetragen sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH geboten erscheinen lassen (BFH-Beschluss vom 4. Mai 1999 IX B 38/99, BFHE 188, 395, BStBl II 1999, 587).

6

Nach § 55 Abs. 1 FGO beginnt die Frist für einen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Zutreffend hat das FG darauf hingewiesen, dass dem Wortlaut dieser Bestimmung das Erfordernis der Angabe einer Telefaxnummer nicht zu entnehmen ist. Zudem ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine Rechtsmittelbelehrung nicht deshalb unrichtig, weil das FA nicht auf die Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsbehelfs statt in schriftlicher in elektronischer Form hingewiesen hat (BFH-Urteile vom 20. November 2013 X R 2/12, BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236; vom 5. März 2014 VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010; vom 18. März 2014 VIII R 33/12, BFHE 246, 1, BStBl II 2014, 922, und vom 18. Juni 2015 IV R 18/13, BFH/NV 2015, 1349) oder wenn dort zwar das anzurufende FG nicht konkret angegeben, jedoch auf die Möglichkeit des Anbringens der Klage beim FA hingewiesen und das hierfür zuständige FA zutreffend bezeichnet worden ist (BFH-Urteil vom 17. Mai 2000 I R 4/00, BFHE 192, 15, BStBl II 2000, 539). Daraus folgt, dass die Angabe des Gerichts und seines Sitzes als ausreichend zu betrachten ist, wobei es offen bleiben kann, ob die Bezeichnung des Sitzes die Angabe der postalischen Anschrift erfordert. Über die Wiedergabe des Wortlauts des § 55 Abs. 1 FGO hinaus ist es somit nicht erforderlich, in der Rechtsbehelfsbelehrung zusätzlich eine Internet-Verbindung oder eine Telefaxnummer anzugeben, zumal die Ermittlung einer Internet-Verbindung oder einer Telefaxnummer bei Nutzung moderner Recherchemöglichkeiten keine besonderen Schwierigkeiten bereiten dürfte.

7

Auch die überwiegende Ansicht im Schrifttum geht davon aus, dass die Angabe der Telefaxnummer nicht erforderlich ist (Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 55 FGO Rz 26; Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 55 Rz 16; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 55 Rz 17; Dumke in Schwarz/ Pahlke, AO, FGO, § 55 FGO Rz 16b; a.A. Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 55 FGO Rz 9, und Rößler, Muss die Rechtsbehelfsbelehrung die Telefax-Nummer des FG angeben?, Deutsche Steuer-Zeitschrift 1995, 563). Selbst eine unterlassene Angabe des Gerichts ist dann unschädlich, wenn in der Rechtsbehelfsbelehrung auf die Möglichkeit hingewiesen wird, dass die Klageschrift fristwahrend bei der Finanzbehörde eingereicht werden kann. Der von der Klägerin aufgeworfenen Frage kommt daher keine grundsätzliche Bedeutung zu.

8

Im Übrigen ergaben sich im Streitfall die Bezeichnung des Gerichts und dessen postalische Anschrift sowie der Hinweis auf die fristwahrende Klageerhebung durch die Anbringung der Klage beim FA aus der vom FA erteilten Rechtsbehelfsbelehrung, so dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, ihre Klage fristwahrend beim FA oder schriftlich beim FG einzureichen. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass sie zur Wahrnehmung ihrer Rechte auf die Angabe einer Telefaxnummer des FG angewiesen gewesen wäre.

9

2. Soweit die Klägerin eine Verletzung der dem FG nach § 76 Abs. 1 FGO obliegenden Sachaufklärungspflicht rügt, liegt der behauptete Verfahrensmangel nicht vor. Das FG hat in seiner Urteilsbegründung nachvollziehbar dargelegt, warum es zu dem Ergebnis einer Absendung der Einspruchsentscheidung am 22. Mai 2014 gekommen ist. Dabei hat es sich auf die Aussage des als Zeugen vernommenen K und auf das beim FA praktizierte Postausgangsverfahren bezogen. In verfahrensrechtlich zulässiger Weise hat es als zusätzliches Indiz für das angenommene Absendedatum den Umstand gewertet, dass ein weiteres Schreiben mit Datum vom 22. Mai 2014 nachweisbar am Folgetag eingegangen war. Dabei hat es ersichtlich einer Sortierung der versandfertigen Bescheide nach Datum in unterschiedliche Fächer keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Die Schlussfolgerungen des FG sind zwar nicht zwingend, jedoch möglich (BFH-Urteil vom 9. Dezember 2009 II R 52/07, BFH/NV 2010, 824).

10

Soweit die Klägerin beanstandet, das FG habe die Vernehmung eines Mitarbeiters der Poststelle unterlassen, ist dem Protokoll über die mündliche Verhandlung ein entsprechender Beweisantrag nicht zu entnehmen, so dass die in der Verhandlung fachkundig vertretene Klägerin insoweit ihr Rügerecht verloren hat (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597).

11

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtzeitigkeit eines Einspruchs und die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides.

2

Der Kläger wurde ohne vorherige Anhörung durch den Beklagten mit Haftungsbescheid vom 17. September 2013 für Steuerschulden einschließlich Nebenleistungen der A GmbH in Höhe von insgesamt 224.695,35 € als faktischer Geschäftsführer gemäß § 191 Abs. 1 i. V. m. §§ 69, 34, 35 der Abgabenordnung (AO) in Anspruch genommen. Für den Haftungsbescheid wurde vom Beklagten ein Zustellungsauftrag an die Deutsche Post AG erteilt.

3

Ausweislich der Postzustellungsurkunde (PZU) wurde das zuzustellende Schriftstück auf der Urkunde mit dem Aktenzeichen ...-1 und dem Zusatz "H-Bescheid v. 17.09.2013" bezeichnet und am 20. September 2013 in den zur Wohnung des Klägers, X-Straße ..., B, gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt, weil die Übergabe des Schriftstücks nicht möglich war. Die Urkunde wurde vom Zusteller unterschrieben und am 25. September 2013 in Bezug auf das Zustelldatum durch ein saubereres Schriftbild handschriftlich berichtigt. Auf den weiteren Inhalt der Urkunde, Bl. 25 der Haftungsakte des Beklagten, wird ergänzend Bezug genommen.

4

Am 4. November 2013 meldete sich die Steuerberater-Gesellschaft des Klägers schriftlich beim Beklagten und bezogen sich auf ein Telefongespräch am 1. November 2013. Darin machten sie geltend, dass dem Kläger am 31. Oktober 2013 eine Vollstreckungsankündigung zugegangen sei. Darin werde auf einen Haftungsbescheid vom 17. September 2013 Bezug genommen. Dieser Bescheid sei dem Kläger nicht zugegangen. Zudem wäre ein Haftungsbescheid nach wirksamer Bekanntgabe nicht rechtmäßig. Der Kläger sei kein faktischer Geschäftsführer der A GmbH gewesen.

5

Der Beklagte teilte den Steuerberatern des Klägers mit Schreiben vom 7. November 2013 mit, dass der Haftungsbescheid am 20. September 2013 zugestellt worden sei. Dies belege die PZU. Der Haftungsbescheid sei rechtskräftig und vollstreckbar, weil die Rechtsbehelfsfrist verstrichen sei.

6

Die Steuerberater-Gesellschaft des Klägers beantragte daraufhin am 15. November 2013 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich des Haftungsbescheids. Der Bescheid sei trotz der Beweiskraft der PZU nicht zugegangen. Der Kläger habe sich am 20. September 2013 in C befunden. Nach seiner Rückkehr am 25. September 2013 habe er den Haftungsbescheid nicht in seinem Briefkasten vorgefunden. Dies versichere der Kläger an Eides statt. Es werde die Bekanntgabe des Bescheides beantragt und vorsorglich Einspruch eingelegt.

7

Mit Schreiben vom 25. März 2015 lehnte der Beklagte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Wiedereinsetzungsgründe lägen nicht vor. Am 20. Mai 2015 verwarf der Beklagte den Einspruch als unzulässig.

8

Der Kläger hat am 22. Juni 2015 Klage erhoben. Es sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ihm, dem Kläger, sei von anderen Mietern des Hauses X-Straße ..., B, im Nachhinein bestätigt worden, dass es im fraglichen Zeitraum im September 2013 wiederholt zu Diebstählen von Postsendungen aus den insbesondere für die Besucher des im Souterrain des Hauses befindlichen Lokals XX frei zugänglichen Postkästen gekommen sei. Insofern sei es naheliegend, dass auch der Haftungsbescheid vom 17. September 2013 im Wege eines Postdiebstahls abhandengekommen sei. Er, der Kläger, sei deshalb ohne Verschulden gehindert gewesen, fristgerecht Einspruch gegen den Haftungsbescheid einzulegen. Der Bescheid sei ihm im Übrigen erst als Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 23. Juli 2015 zur Kenntnis gegeben worden.

9

Die Zustellung sei fehlerhaft. Sowohl die PZU als auch der Umschlag der Sendung müssten einen Hinweis auf das zuzustellende Schriftstück, insbesondere die Geschäftsnummer, enthalten. Aus der Haftungsakte sei zu entnehmen, dass der Vorgang unter der Steuernummer ...-2 geführt werde. Sowohl der Haftungsbescheid als auch die PZU wiesen demgegenüber die Steuernummer ...-1 auf. Die Zustellung sei deshalb unwirksam. Zudem sei die Rechtsbehelfsbelehrung nicht ordnungsgemäß. Sie entspreche nicht dem seit dem 1. August 2013 geltenden Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO. Die Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Form werde nicht erwähnt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) müsse die Rechtsbehelfsbelehrung die gesetzlichen Voraussetzungen eines Rechtsbehelfs richtig, vollständig und unmissverständlich darstellen. Die Einspruchsfrist habe sich deshalb gemäß § 356 Abs. 2 AO auf ein Jahr seit Bekanntgabe des Haftungsbescheides verlängert, so dass der Einspruch vom 15. November 2013 fristgerecht sei.

10

Der Haftungsbescheid sei rechtswidrig, weil er, der Kläger, nicht als faktischer Geschäftsführer der A GmbH angesehen werden könne. Er habe weder Zugang zu den Konten der Gesellschaft noch mit deren steuerlichen Angelegenheiten zu tun gehabt. Der Beklagte habe den Haftungsbescheid allein auf telefonische Angaben des Steuerberaters des formellen Geschäftsführers der Gesellschaft gestützt und auf einen einseitigen Auszug einer Anklageschrift beim Landgericht D. Das Urteil des Landgerichts D habe nicht vorgelegen. Damit seien die gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf die Sachverhaltsermittlung nicht erfüllt worden. Es werde bestritten, dass die streitgegenständlichen Steuerforderungen gegenüber der A GmbH zutreffend festgesetzt worden seien und bestünden. Ein haftungsbegründendes Verschulden liege nicht vor. Der Beklagte habe zudem das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, weil er, der Kläger, nicht vor Erlass des Bescheides angehört worden sei. Es habe auch keine Heilung des Anhörungsmangels vorgelegen, weil sich der Beklagte auf den Standpunkt gestellt habe, dass der Haftungsbescheid bestandskräftig und deshalb ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig sei.

11

Der Kläger beantragt,
1) den Haftungsbescheid vom 17. September 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2015 aufzuheben.
2) die Zuziehung des Steuerberaters E, F Steuerberater Gesellschaft mbH, im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

12

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

13

Der Einspruch des Klägers sei verfristet. Die PZU erbringe als öffentliche Urkunde i. S. v. § 418 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) vollen Beweis für die in ihr bezeugten Tatsachen. Ein Gegenbeweis erfordere den vollen Nachweis eines anderen Geschehensablaufs und keine bloßen Zweifel an der Richtigkeit der urkundlichen Feststellungen. Ein schlichtes Bestreiten und die vom Kläger vorgelegte eidesstattliche Versicherung reichten dafür nicht aus. Zweifel an der PZU bestünden nicht. Anhand des Aktenzeichens des Haftungsbescheides und des Zusatzes "H-Bescheid v. 17.09.2013" lasse sich das zugestellte Dokument zweifelsfrei identifizieren. Der Anhörungsmangel sei geheilt. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers hätten im Telefonat vom 1. November 2013 und im anschließenden Schriftverkehr Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Der Kläger sei als faktischer Geschäftsführer in Haftung zu nehmen gewesen. Dies ergebe sich aus den Ermittlungsakten des Finanzamtes für Prüfdienste und Strafsachen, der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft D vom ... 2012 und dem Urteil des Landgerichts D vom ... 2012.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Haftungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

16

Der Haftungsbescheid vom 17. September 2013 ist bestandskräftig geworden und kann deshalb vom Gericht nicht mehr aufgehoben werden.

17

Der Haftungsbescheid ist am 20. September 2013 wirksam zugestellt und damit bekannt gegeben worden (1), der Einspruch des Klägers vom 15. November 2013 gegen den Bescheid ist verspätet (2) und eine Widereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht erfolgen (3).

1)

18

Ausweislich der PZU ist der Haftungsbescheid vom 17. September 2013 am 20. September 2013 durch Einwurf in den zur Wohnung des Klägers in X-Straße ..., B, gehörenden Briefkasten zugestellt worden, weil eine Übergabe des Schriftstücks nicht möglich war.

a)

19

Die Zustellung durch die Post mit PZU ist wirksam vorgenommen worden. Es oblag gemäß § 122 Abs. 5 AO dem Beklagten, ob er - wie hier - die Zustellung des Haftungsbescheides anordnet. Die Zustellung richtet sich nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG - (§ 122 Abs. 5 Satz 2 AO). Bei einer Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde (§ 3 Abs. 1 VwZG). Dies ist vorliegend erfolgt. Für die Ausführung der Zustellung gelten nach § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG die §§ 177 bis 182 ZPO entsprechend. Nach § 180 Satz 1 ZPO kann die Zustellung unter anderem durch Einlegung in einen zur Wohnung gehörenden Briefkasten erfolgen, wenn eine Übergabe des Schriftstücks nicht möglich ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück nach § 180 Satz 2 ZPO als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung (§ 180 Satz 3 ZPO).

20

Zum Nachweis der Zustellung ist gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 ZPO eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen. Für die PZU gilt § 418 ZPO182 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die PZU muss gemäß § 182 Abs. 2 ZPO - soweit hier relevant - folgende Angaben enthalten:
- Die Bezeichnung der Person, der zugestellt werden soll (Nr. 1).
- Die Angabe des Grundes, der eine Zustellung nach § 180 ZPO rechtfertigt (Nr. 4).
- Die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist (Nr. 6).
- Den Ort und das Datum der Zustellung (Nr. 7).
- Name, Vorname und Unterschrift des Zustellers sowie die Angabe des ersuchten Unternehmens (Nr. 8).

21

Ausweislich der PZU liegt eine wirksame Zustellung durch Einlegung in den zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung vor. Unstreitig war ein Briefkasten vorhanden. Nach der Urkunde war eine Übergabe des zuzustellenden Schriftstücks nicht möglich und ist deshalb der Einwurf erfolgt. Als Tag der Zustellung wird handschriftlich der 20. September 2013 angegeben. Diese Angabe war zunächst nicht besonders ordentlich geschrieben, ist dann ausweislich eines Vermerks auf der Urkunde am 25. September 2013 vom Zusteller handschriftlich berichtigt worden, obwohl sie schon vorher lesbar war. Diese Berichtigung berührt den Beweiswert der Urkunde nicht. Die Urkunde enthält ferner die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung vom Zusteller auf dem Umschlag des Schriftstücks vermerkt worden ist, und den Namen und Vornamen des Zustellers G sowie dessen Unterschrift. Ferner sind der Name des Klägers und dessen Anschrift, X-Straße ..., B, im Adressatenfeld der Urkunde aufgeführt. Durch die Angabe der Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung ergibt sich auch der Ort der Zustellung aus der Urkunde. Die Deutsche Post AG wird als beauftragtes Unternehmen in der Urkunde genannt. Damit sind die in § 182 Abs. 2 ZPO genannten "Pflichtangaben" in der PZU enthalten.

22

Die Bezeichnung des Sendungsinhalts auf der PZU oder auf dem Umschlag ist bei der Zustellung gemäß § 3 VwZG durch die Post nach der Reform des Zustellungsrechts durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren (Zustellungsreformgesetz) vom 25. Juni 2001 (BGBl I S. 1206) nicht mehr Voraussetzung für die Wirksamkeit der Zustellung, sondern nur noch für deren Nachweis (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2011 VIII B 199/10, BFH/NV 2012, 597; BGH-Beschluss vom 11. Juli 2005, NotZ 12/05, NJW 2005, 3216). Auf der PZU ist das zuzustellende Schriftstück durch die Angabe des Aktenzeichens des Haftungsbescheides (...-1) und die Abkürzung "H-Bescheid vom 17.09.2013" so deutlich bezeichnet, dass es eindeutig identifiziert werden kann. Es gibt nur einen Bescheid betreffend den Kläger unter diesem Datum und mit diesem Aktenzeichen. Die Abkürzung "H-Bescheid" deutet an, dass es sich um einen Haftungsbescheid handelt, auch wenn es für einen Laien nicht zwingend erkennbar ist. Mehr ist zur Identifizierung des Schriftstücks nicht erforderlich, insbesondere nicht die Mitteilung des Erklärungsinhalts (vgl. BFH-Urteil vom 18. März 2004 V R 11/02, BStBl. II 2004, 540). Soweit der Kläger geltend macht, dass in der Haftungsakte des Beklagten auch Schriftstücke mit anderen Steuernummern enthalten sind, berührt das den Haftungsbescheid nicht, weil es sich dabei um andere Steuerpflichtige handelt.

b)

23

Gemäß § 418 ZPO i. V. m. § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO erbringt die PZU als öffentliche Urkunde den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen. Die Beweiskraft erstreckt sich nicht nur auf das Einlegen des darin bezeichneten Schriftstücks in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung, sondern insbesondere auch darauf, dass der Postbedienstete unter der ihm angegebenen Anschrift weder den Adressaten persönlich noch eine zur Entgegennahme einer Ersatzzustellung in Betracht kommende Person angetroffen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Juli 2008 IV R 78/05, BFH/NV 2008, 1860; BVerfG-Beschluss vom 3. Juni 1991 2 BvR 511/89, NJW 1992, 224). Dies gilt nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung auch nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost (vgl. BFH-Beschluss vom 24. April 2007 VIII B 249/05, BFH/NV 2007, 1465, m. w. N.). Ein Gegenbeweis kann nach § 418 Abs. 2 ZPO nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden.

24

Dieser Gegenbeweis erfordert den Beweis eines anderen als des beurkundeten Geschehensablaufs, der damit ein Fehlverhalten des Zustellers und eine Falschbeurkundung in der Zustellungsurkunde belegt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. Juli 2008 IV R 78/05, BFH/NV 2008, 1860; vom 8. Februar 1999 VIII R 61/98, BFH/NV 1999, 961; vom 27. Januar 1988 VII B 165/87, BFH/NV 1988, 790; vom 17. Dezember 1996 IX R 5/96, BStBl II 1997, 638, und vom 10. November 2003 VII B 366/02, BFH/NV 2004, 509). Gefordert wird der volle Gegenbeweis, d. h. der Beweis der Unrichtigkeit der Postzustellungsurkunde in der Weise, dass ihre Beweiswirkung vollständig entkräftet wird (vgl. BVerfG-Beschluss vom 20. Februar 2002 2 BvR 2017/01, NJW-RR 2002, 1008; BGH-Urteile vom 7. Juni 1990 III ZR 216/89, NJW 1990, 2125, und vom 10. November 2005 III ZR 104/05, NJW 2006, 150; BFH-Beschluss vom 4. Juli 2008 IV R 78/05, BFH/NV 2008, 1860; BFH-Urteil vom 28. September 1993 II R 34/92, BFH/NV 1994, 291).

25

Der Kläger hat diesen Gegenbeweis nicht erbracht. Hierzu hätte es zumindest der substantiierten Darlegung der Umstände bedurft, die gegen die Richtigkeit des Inhalts der PZU sprechen (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Juli 2008 IV R 78/05, BFH/NV 2008, 1860; BVerfG-Beschluss vom 20. Februar 2002 2 BvR 2017/01, NJW-RR 2002, 1008). Der Kläger hätte Umstände darlegen müssen, die ein Fehlverhalten des Postzustellers bei der Zustellung und damit eine Falschbeurkundung in der Postzustellungsurkunde zu belegen geeignet sind. Derartige Umstände lassen sich dem klägerischen Vortrag nicht entnehmen. Der Kläger trägt - eidesstattlich versichert - nur vor, dass sich die Sendung nach seiner Urlaubsrückkehr am 25. September 2013 nicht in seinem Briefkasten befunden und keine andere Person Zugang zu dem Briefkasten gehabt habe. Diese Behauptung ist nicht ausreichend, um eine unrichtige Beurkundung annehmen zu können. Die Beweiskraft der PZU als öffentliche Urkunde kann nicht durch die bloße Behauptung entkräftet werden, keine Kenntnis von der Zustellung erlangt zu haben (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Mai 2002 VII S 25/01, BFH/NV 2002, 1169). Auf Grund der mehrtägigen Abwesenheit des Klägers ist insbesondere nicht auszuschließen, dass sich viel Post im Briefkasten angesammelt hat und die Sendung deshalb nicht bemerkt wurde und beim Kläger "untergegangen" ist. Im Übrigen trägt der Kläger selbst vor, dass die Postsendung auch aus seinem Briefkasten entwendet worden sein könne, weil es im Zeitraum um die Zustellung herum zu Postdiebstählen im Haus gekommen sei. Damit wird die Wirksamkeit der Zustellung nicht in Zweifel gezogen, sondern der Sache nach ein Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht.

2)

26

Der Einspruch vom 15. November 2013 ist nach Ablauf der einmonatigen Frist (§ 355 Abs. 1 Satz 1 AO) erfolgt und damit verspätet. Die Einspruchsfrist begann mit der Bekanntgabe des Haftungsbescheides durch Zustellung am 20. September 2013 (einem Freitag) und lief am 21. Oktober 2013 (einem Montag) ab.

a)

27

Entgegen der Auffassung des Klägers verlängert sich die Einspruchsfrist nicht gemäß § 356 Abs. 2 AO. Danach ist die Einlegung des Einspruchs binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zulässig, wenn die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden ist. Die Rechtsbehelfsbelehrung im Haftungsbescheid vom 17. September 2013 ist nicht fehlerhaft. Die Belehrung muss gemäß § 356 Abs. 1 AO die Möglichkeit des Einspruchs, die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt erforderlichen Form enthalten. Dies ist in der Rechtsbehelfsbelehrung, die dem schriftlich erlassenen Haftungsbescheid beigefügt ist, unstreitig der Fall. Damit ist den gesetzlichen Anforderungen an eine Rechtsbehelfsbelehrung genügt.

28

Wenn die Rechtsbehelfsbelehrung zusätzliche, gesetzlich nicht zwingend geforderte Angaben enthält, ist sie unrichtig, wenn sie geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen. Enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung daher weitergehende (nicht nur notwendige) Angaben so müssen jene auch richtig, vollständig und unmissverständlich sein. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich danach, wie der Empfänger die Belehrung nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände verstehen musste (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BStBl II 2013, 272; BFH-Urteile vom 29. Juli 1998 X R 3/96, BStBl II 1998, 742; vom 21. Juni 2007 III R 70/06, BFH/NV 2007, 2064).

b)

29

Der Umstand, dass die Rechtsbehelfsbelehrung entsprechend der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO (a. F.) in Bezug auf die Form des Einspruchs ausführt, dass der Einspruch "schriftlich" einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären ist und nicht zusätzlich auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Form hinweist, so wie es in § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung geregelt ist, macht sie nicht unrichtig im Sinne von § 356 Abs. 2 Satz 1 AO.

30

Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Rechtsbehelfsbelehrung auch dann noch vollständig und richtig, wenn sie hinsichtlich der Form der Einlegung des Rechtsbehelfs keinen Hinwies auf die Möglichkeit der Einlegung per E-Mail, sondern nur den Wortlaut des Gesetzes - in den entschiedenen Fällen den des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO a. F. - wiederholt. Auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Form brauche die Behörde auch dann nicht hinzuweisen, wenn in der Erwähnung der Internetseite in der Fußzeile des Bescheides die konkludente Eröffnung eines "Zugangs" i. S. von § 87a Abs. 1 Satz 1 AO zu sehen sein sollte (vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. Februar 2010 III B 20/09, BFH/NV 2010, 830; vom 12. Oktober 2012 III B 66/12, BFH/NV 2013, 177; vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BStBl II 2013, 272; vom 28. April 2015 VI R 65/13, BFH/NV 2015, 1074; BFH-Urteile vom 20. November 2013 X R 2/12, BStBl II 2014, 236; vom 5. März 2014 VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010).

31

Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an und hält daran anknüpfend auch nach der Neuregelung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO einen fehlenden Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Form nicht für einen Umstand, der die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig macht (offen gelassen in BFH-Beschluss vom 5. März 2014 VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010). Eine Belehrung über die Form der Einspruchseinlegung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben und letztlich ein "Service" der Finanzbehörden für die Steuerpflichtigen, um ihnen die Einspruchseinlegung zu erleichtern. Eine Verpflichtung des Finanzamtes, den Gesetzestext in der Rechtsbehelfsbelehrung im Wortlaut zu zitieren besteht nicht (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Februar 2016 X B 95/15, BFH/NV 2016, 732). Der bloße Hinweis auf die "Schriftlichkeit" entsprechend § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wirkt weder irreführend noch rechtsschutzbeeinträchtigend. Daraus kann allenfalls geschlossen werden, dass eine mündliche Einspruchseinlegung (außer zur Niederschrift der Behörde) nicht zulässig ist. Zur Zulässigkeit der elektronischen Form wird keine negative Aussage getroffen. Der Betroffene wird durch die Erwähnung der Schriftform in die Lage versetzt, sich im Rahmen seiner verfahrensrechtlichen Mitverantwortung darüber kundig zu machen, ob das herkömmliche Verständnis dessen, was unter "schriftlich" aufzufassen sei, angesichts der technischen Weiterentwicklungen zu modifizieren ist, sei es durch den Einsatz beispielsweise von sog. Computerfaxen, sei es durch elektronische Kommunikation, wie es schon vor der Neufassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO durch § 87a AO für das Einspruchsverfahren möglich war (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BStBl II 2013, 272).

3)

32

Der Beklagte hat auch zu Recht eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf die Einspruchsfrist abgelehnt.

33

Nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 110 Abs. 2 AO). Nach einem Jahr seit Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 110 Abs. 3 AO).

a)

34

Der Wiedereinsetzungsantrag vom 15. November 2013 dürfte zwar fristgemäß innerhalb eines Monats nach Kenntnis von der Zustellung des Haftungsbescheids erfolgt sein. Es liegt aber kein Wiedereinsetzungsgrund vor.

b)

35

Ein solcher ist nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger vor Erlass des Haftungsbescheids nicht angehört worden ist (§ 91 AO). Nach § 126 Abs. 3 Satz 1 AO gilt die Versäumung der Einspruchsfrist als nicht verschuldet, wenn die erforderliche Anhörung vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben ist und dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versäumt worden ist. Letzteres liegt hier nicht vor. Es ist weder vorgetragen worden noch ansonsten erkennbar, dass die fehlende Anhörung ursächlich für den verspäteten Einspruch des Klägers war. Der Kläger hat dies vielmehr damit begründet, dass er den Haftungsbescheid nicht erhalten habe. Der von § 126 Abs. 3 Satz 1 AO vorausgesetzte kausale Zusammenhang mit der fehlenden Anhörung (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1988 IX R 158/85, BFH/NV 1989, 561; von Wedelstedt in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 126 AO Rz. 15 ff. m. w. N.) ist insoweit nicht gegeben.

c)

36

Die ursprüngliche Begründung des Klägers für seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand reicht nicht aus, um einen Wiedereinsetzungsgrund anzunehmen. Der Kläger hat mit seinem Antrag lediglich vorgetragen, den Haftungsbescheid nicht erhalten zu haben. Er habe ihn nach seiner Rückkehr aus C nicht in seinem Briefkasten vorgefunden und andere Personen hätten keinen Zugang zu dem Briefkasten gehabt. Damit wird nicht glaubhaft gemacht, dass der Kläger ohne Verschulden daran gehindert war, rechtzeitig Einspruch gegen den Haftungsbescheid einzulegen. Der Glaubhaftmachung steht die Beweiskraft der PZU entgegen, die nach den obigen Darlegungen vollen Beweis für die Zustellung des Haftungsbescheides durch Einwurf in den Briefkasten erbringt. Ein Gegenbeweis ist vom Kläger nicht erbracht worden.

d)

37

Der erstmals mit der Klage vom 22. Juni 2015 erfolgte Vortrag, dass dem Kläger "im Nachhinein" von anderen Mietern des Hauses X-Straße, ... B, bestätigt worden sei, dass es im fraglichen Zeitraum im September 2013 wiederholt zu Diebstählen von Postsendungen aus den Briefkästen gekommen sei, weshalb es naheliegend sei, dass auch der Haftungsbescheid im Wege eines Postdiebstals abhandengekommen sei, begründet ebenfalls keinen Wiedereinsetzungsgrund. Zum einen ist dieser Vortrag zu unsubstantiiert, um daraus nachvollziehbar schließen zu können, dass der Kläger ohne Verschulden an der rechtzeitigen Einspruchseinlegung gehindert war. Die Möglichkeit eines Postdiebstahls wird nur als naheliegend bezeichnet und damit vermutet, ohne dazu konkrete Anhaltspunkte aufzuzeigen, etwa Beschädigungen des Briefkastens, Verlust auch anderer Briefe oder Sendungen, die eigentlich hätten im Briefkasten sein müssen, Daten und Umfang der behaupteten Postdiebstähle im Haus.

38

Zudem ist der Vortrag nicht fristgemäß erfolgt. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind innerhalb der Antragsfrist vorzutragen, während die Glaubhaftmachung noch später im Laufe des Verfahrens erfolgen kann. Nach Ablauf der Antragsfrist können nur noch unklare oder unvollständige Angaben zum Wiedereinsetzungsgrund ergänzt werden. Dieser muss "im Kern" fristgemäß dargelegt worden sein (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 28. Januar 2000 VII B 281/99, BFH/NV 2000, 823; BFH-Urteil vom 18. März 2014 VIII R 33/12, BStBl II 2014, 922; Kuczynski in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 110 AO Rz. 81 m. w. N.). Der Umstand eines möglichen Diebstahls ist ein neuer Sachverhalt, der mit dem ursprünglichen Vortrag des Nichtvorfindens des Haftungsbescheides im Briefkasten nicht zwingend zusammenhängt und diesen nicht lediglich ergänzt. Vielmehr handelt es sich um einen eigenständigen Erklärungsansatz für die ursprünglich fehlende Kenntnisnahme des Haftungsbescheides. Der diesbezügliche Vortrag erfolgte erstmals am 22. Juni 2015 und damit sowohl nach Ablauf der einmonatigen Antragsfrist als auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 110 Abs. 3 AO, bis zu der spätestens nach Ablauf der einmonatigen Frist bekannt gewordenen Wiedereinsetzungsgründe geltend zu machen sind. Deshalb kommt auch eine Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist nicht mehr in Betracht. Der Kläger hat zudem nicht - wie erforderlich, um die Einhaltung der Antragsfrist zu prüfen (vgl. Kuczynski in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 110 AO Rz. 81 m. w. N.) - vorgetragen, wann er von den Diebstählen von Postsendungen Kenntnis erlangt hat.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

40

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine Zulassungsgründe vorliegen (§ 115 Abs. 2 FGO).

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde wirft die Frage auf, ob sich juristische Personen mit Sitz außerhalb Deutschlands, jedoch in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union auf Grundrechte des Grundgesetzes berufen können. Sie betrifft darüber hinaus die Beachtung des Grundrechts auf Eigentum bei der Auslegung und Anwendung nationalen, auf Unionsrecht beruhenden Rechts.

I.

2

1. Das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil des Bundesgerichtshofs betrifft die inhaltliche Reichweite des dem Urheber vorbehaltenen Verbreitungsrechts nach § 17 Urheberrechtsgesetz (UrhG) in der für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Fassung vom 23. Juni 1995 (BGBl I S. 842) und nach § 96 UrhG in der Fassung vom 10. September 2003 (BGBl I S. 1774). Die Auslegungsfragen ergeben sich im Streitfall aus der Aufstellung von Nachbildungen von Le-Corbusier-Möbeln in einer Zigarrenlounge der Beklagten des Ausgangsverfahrens. Für Herstellung und Vertrieb der Möbel sind der Beschwerdeführerin urheberrechtliche Exklusivrechte eingeräumt.

3

a) § 17 UrhG erhielt durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 23. Juni 1995 (BGBl I S. 842) folgende Fassung:

4

Verbreitungsrecht

5

(1) Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

6

(2) Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, so ist ihre Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig.

7

(3) Vermietung im Sinne der Vorschriften dieses Gesetzes ist die zeitlich begrenzte, unmittelbar oder mittelbar Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung. Als Vermietung gilt jedoch nicht die Überlassung von Originalen oder Vervielfältigungsstücken

8

1. von Bauwerken und Werken der angewandten Kunst oder

9

2. im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses zu dem ausschließlichen Zweck, bei der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis benutzt zu werden.

10

Die Gesetzesnovelle diente der Umsetzung der Richtlinie 92/100/EWG des Rates vom 19. November 1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl Nr. L 346 vom 27. November 1992, S. 61), inzwischen abgelöst durch die Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 (ABl Nr. L 376 vom 27. Dezember 2006, S. 28; im Folgenden: Vermiet- und Verleih-Richtlinie). Diese betrifft nach ihrem Art. 3 Abs. 2 ausdrücklich nicht das Vermieten oder Verleihen von Werken der angewandten Kunst.

11

In der Begründung des Gesetzentwurfs vom 21. Dezember 1994 (BTDrucks 13/115, S. 7, 12) wird der Begriff der Verbreitung vorausgesetzt. Er wurde stets weit verstanden als "jede Art des Inverkehrbringens von Werkstücken" (vgl. die Einzelbegründung zu § 17 im Regierungsentwurf des Urheberrechtsgesetzes vom 23. März 1962, BTDrucks IV/270, S. 47 f.). Nach bis zum Erlass der angegriffenen Entscheidung allgemeiner Meinung bedeutete "Inverkehrbringen" im Sinne von § 17 Abs. 1 UrhG jede Handlung, durch die das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werks aus der internen Betriebssphäre der allgemeinen Öffentlichkeit zugeführt werden; dafür sollte jede Besitzüberlassung ausreichen (vgl. BGHZ 113, 159 <160 ff.>; Loewenheim, in: Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, § 17 Rn. 12 m.w.N.). Entsprechend beurteilte etwa das Kammergericht die Ausstattung von Hotelzimmern mit imitierten Le-Corbusier-Möbeln als Verletzung des Verbreitungsrechts und ließ dabei die Frage der bürgerlich-rechtlichen Besitzüberlassung offen (Urteil vom 30. April 1993 - 5 U 2548/91 -, GRUR 1996, S. 968 <969 f.>).

12

b) § 96 UrhG lautet:

13

Verwertungsverbot

14

(1) Rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden.

15

(2) Rechtswidrig veranstaltete Funksendungen dürfen nicht auf Bild- oder Tonträger aufgenommen oder öffentlich wiedergegeben werden.

16

Diese mit Ausnahme der Überschrift wortgleich schon im Urheberrechtsgesetz vom 9. September 1965 (BGBl I S. 1273) enthaltene Vorschrift dient nach der Entwurfsbegründung der Klarstellung, dass derjenige, der aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Erlaubnis zur Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines Werks berechtigt ist, hierzu keine rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungsstücke benutzen darf (vgl. die Einzelbegründung zu § 106, BTDrucks IV/270, S. 103). Als ein Hauptanwendungsfall wurde die Verbreitung von im Ausland rechtmäßig hergestellten und von dort importierten Vervielfältigungen in Deutschland angesehen, deren Herstellung hier rechtswidrig gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 1994 - I ZR 155/90 "Cliff Richard II" -, NJW 1995, S. 868 <870>; Meckel, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 2. Aufl. 2009, § 96 Rn. 1).

17

c) § 97 Abs. 1 UrhG gibt dem Inhaber eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts unter bestimmten Bedingungen einen Unterlassungsanspruch. Die Vorschrift lautet:

18

Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz

19

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. …

20

2. a) § 17 UrhG dient zugleich der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10; im Folgenden: Urheberrechtsrichtlinie). Diese hat ihre Rechtsgrundlage in den Vorschriften über die Rechtskoordinierung und -angleichung im Binnenmarkt (Art. 47 Abs. 2, Art. 55, Art. 95 EG, heute Art. 53 Abs. 1, Art. 62, Art. 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV). Ihr Harmonisierungszweck wird insbesondere in den Erwägungsgründen 1, 3, 4, 6 und 7 angesprochen, während in den Erwägungsgründen 4, 9 bis 12 und 22 das angestrebte hohe Schutzniveau im Bereich des geistigen Eigentums betont wird.

21

Die Urheberrechtsrichtlinie dient, wie sich aus ihrem Erwägungsgrund 15 ergibt, zugleich der Umsetzung zweier völkerrechtlicher Verträge vom 20. Dezember 1996, nämlich des WIPO-Urheberrechtsvertrags (WCT; UNTS Bd. 2186, S. 121; ABl Nr. L 89 [2000], S. 6; BGBl 2003 II S. 754, in Kraft getreten am 6. März 2002, für Deutschland und die Europäische Union am 14. März 2010) und des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträger (WPPT; UNTS Bd. 2186, S. 203; ABl Nr. L 89 [2000], S. 6; BGBl 2003 II S. 754, 770, in Kraft getreten am 20. Mai 2002, für Deutschland und die Europäische Union am 14. März 2010). Ausweislich ihrer Präambeln sollen die Verträge insbesondere die Rechte von Autoren, darbietenden Künstlern und Tonträgerherstellern erhalten und weiterentwickeln.

22

b) Die Urheberrechtsrichtlinie regelt das Verbreitungsrecht in ihrem Artikel 4:

23

Verbreitungsrecht

24

(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten.

25

(2) Das Verbreitungsrecht erschöpft sich in der Gemeinschaft in Bezug auf das Original oder auf Vervielfältigungsstücke eines Werks nur, wenn der Erstverkauf dieses Gegenstands oder eine andere erstmalige Eigentumsübertragung in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung erfolgt.

26

Zur Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie holte der Bundesgerichtshof in einem Parallelverfahren zum hiesigen Ausgangsverfahren mit Beschluss vom 5. Oktober 2006 - I ZR 247/03 - (GRUR 2007, S. 50) eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Europäischer Gerichtshof) gemäß Art. 267 AEUV unter anderem zu der Frage ein, ob von einer Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form auf sonstige Weise auszugehen ist, wenn Dritten der Gebrauch von Werkstücken urheberrechtlich geschützter Werke ermöglicht wird, ohne dass mit der Gebrauchsüberlassung eine Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die Werkstücke verbunden ist. Gegenstand dieses Verfahrens, das ebenfalls die Beschwerdeführerin des vorliegenden Verfahrens eingeleitet hatte, war das Aufstellen in Italien erworbener Imitate von Le-Corbusier-Möbeln zur Benutzung durch Kunden in der Ruhezone eines Kaufhauses und zu Dekorationszwecken in dessen Schaufenstern.

27

In seinem Vorlagebeschluss verwies der Bundesgerichtshof auf seine Rechtsprechung, derzufolge ein Verbreiten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie regelmäßig vorliege, wenn das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werks aus der internen Betriebssphäre durch Überlassung des Eigentums oder des (auch vorübergehenden) Besitzes der Öffentlichkeit zugeführt würden (a.a.O., <51>). Als noch nicht geklärt sah der Bundesgerichtshof die Frage an, ob dies auch gelte, wenn Werkstücke ohne Übertragung des Eigentums oder des Besitzes und damit ohne Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden. Seiner Ansicht nach sei dies aufgrund des Wortlauts von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie und der ein hohes Schutzniveau verlangenden Erwägungsgründe zu bejahen (a.a.O., <52>).

28

Der Europäische Gerichtshof entschied indessen, dass eine Verbreitung im Sinne der Richtlinie nur bei einer Übertragung des Eigentums vorliege (Urteil vom 17. April 2008 - C-456/06 Peek&Cloppenburg/Cassina -, Slg. 2008, S. I-2731, Rn. 41). Zur Begründung führte er aus (Rn. 29 ff.), die Richtlinie präzisiere den Begriff der Verbreitung nicht, er werde aber in Art. 6 Abs. 1 WCT und in Art. 8 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 WPPT definiert. Die Urheberrechtsrichtlinie diene ausweislich ihres Erwägungsgrundes 15 dazu, den Verpflichtungen der Gemeinschaft aus diesen Verträgen nachzukommen, denen zufolge eine Verbreitung nur bei einer Eigentumsübertragung vorliege. Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie sei daher ebenso auszulegen. Diese Schlussfolgerungen würden durch die Erwägungsgründe 9 bis 11 der Richtlinie nicht entkräftet; ein hohes Schutzniveau könne nur in dem vom Gemeinschaftsgesetzgeber geschaffenen Rahmen verwirklicht werden (Rn. 37 ff.).

II.

29

1. Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach italienischem Recht mit Sitz in Italien, produziert Polstermöbel, die nach Entwürfen des 1965 verstorbenen Charles-Édouard Jeanneret-Gris, genannt Le Corbusier, gefertigt sind. Zwischen ihr und der Fondation Le Corbusier in Paris, welche die Rechte des verstorbenen Urhebers wahrnimmt, sowie zwei weiteren Rechtsnachfolgerinnen Le Corbusiers bestehen seit 1965 urheberrechtliche Exklusivverträge für die weltweite Herstellung und den Verkauf bestimmter von Le Corbusier entworfener Möbel. Die Verträge erlauben der Beschwerdeführerin auch das Vorgehen gegen Rechtsverletzungen.

30

Die Beklagte des Ausgangsverfahrens, eine Zigarrenherstellerin, richtete in einer Kunst- und Ausstellungshalle eine Zigarrenlounge ein. Sie erwarb bei einer in Bologna geschäftsansässigen Firma (zugleich Streithelferin der Beklagten im Ausgangsverfahren) Nachbildungen von Sesseln und Sofas der Le-Corbusier-Möbel und stellte diese in der Lounge auf. Urheberrechtliche Nutzungsrechte an den Möbelmodellen sind der Streithelferin nicht eingeräumt.

31

Die Beschwerdeführerin erwirkte beim Landgericht und beim Oberlandesgericht eine Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, von ihr nicht genehmigte Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Le-Corbusier-Möbelmodelle in der Bundesrepublik Deutschland zu verwerten, insbesondere in der genannten Zigarrenlounge aufzustellen und gewerblich zu benutzen. Die Gerichte stützten den Unterlassungsanspruch auf § 97 Abs. 1 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 UrhG und legten dabei einen weiten Begriff der Verbreitung zugrunde. Leitender Grundgedanke sei die tunlichst angemessene Beteiligung des Urhebers am wirtschaftlichen Nutzen seines Werks. Demgemäß solle der Urheber möglichst umfassend an jedem neuen Verwertungsvorgang teilhaben. Eine Besitzübertragung im Sinne von §§ 854 ff. BGB sei dafür nicht erforderlich, die rein tatsächliche Überlassung an die Kunden der Zigarrenlounge genüge.

32

Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Oberlandesgericht erhob die Streithelferin der Beklagten Beschwerde zum Bundesgerichtshof.

33

2. In dem Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde stellte der Bundesgerichtshof die Entscheidung im Hinblick auf das in dem oben genannten Parallelverfahren eingeleitete Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV zunächst zurück.

34

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Parallelverfahren vom 17. April 2008 (a.a.O.) ließ der Bundesgerichtshof die Revision im Ausgangsverfahren zu. Mit dem angegriffenen Urteil vom 22. Januar 2009 (ZUM-RD 2009, S. 531) hob er das Urteil des Oberlandesgerichts auf und wies die Klage unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung ab. Im Parallelverfahren entschied der Bundesgerichtshof in gleicher Weise (Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 247/03 -, GRUR 2009, S. 840).

35

Zur Begründung führte der Bundesgerichtshof aus, der Beschwerdeführerin stehe ein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG nicht zu, denn die Beklagte habe das Verbreitungsrecht im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 UrhG durch das Aufstellen der Möbel nicht verletzt und auch nicht gegen das Verwertungsverbot nach § 96 UrhG verstoßen.

36

a) Da es sich bei dem Verbreitungsrecht nach Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie um harmonisiertes Recht handele, sei § 17 UrhG richtlinienkonform auszulegen. Die Richtlinie begründe insoweit nicht nur einen Mindestschutz, hinter dem die Mitgliedstaaten bei der Bestimmung ihres Schutzniveaus nicht zurückbleiben dürften, sondern stelle eine verbindliche Regelung des Verbreitungsrechts auch im Sinne eines Maximalschutzes dar. Dies folge aus dem Zweck der Richtlinie, unterschiedliche einzelstaatliche Rechtsvorschriften über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte im Interesse der Rechtssicherheit und der Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts anzupassen und ein uneinheitliches Vorgehen der Mitgliedstaaten zu vermeiden. Die zum Teil im Schrifttum vertretene gegenteilige Ansicht stelle darauf ab, dass die Regelungen des Verbreitungsrechts in den WIPO-Verträgen nur Mindestrechte gewährten und es den Vertragsstaaten unbenommen bleibe, über diesen Mindestschutz hinauszugehen. Die sich daraus ergebenden Folgerungen beträfen aber nur die Auslegung der Vorschrift des Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie und damit die vom Europäischen Gerichtshof nunmehr bejahte Frage, ob eine Verbreitung im Sinne dieser Richtlinienbestimmung nur bei einer Übertragung des Eigentums vorliege.

37

Aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelte, dass ein Dritter nicht in das ausschließlich dem Urheber nach § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 UrhG zustehende Verbreitungsrecht eingreife, wenn er Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Modelle von Möbeln der Öffentlichkeit lediglich zum Gebrauch zugänglich mache.

38

b) Die geltend gemachten Ansprüche stünden der Beschwerdeführerin auch nicht wegen Verletzung des Verwertungsverbots aus § 96 Abs. 1 UrhG zu. Nach dieser Vorschrift dürften rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke nicht verbreitet werden. Eine unmittelbare Anwendung des § 96 Abs. 1 UrhG scheide aus, weil der Begriff der Verbreitung demjenigen des § 17 UrhG entspreche und dessen Voraussetzungen nicht vorlägen. Für eine analoge Anwendung fehle es an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs habe der Gemeinschaftsgesetzgeber das Verbreitungsrecht bewusst auf Sachverhalte beschränkt, die mit der Übertragung des Eigentums des Originals des Werks oder eines Vervielfältigungsstücks verbunden seien.

III.

39

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

40

1. Die Beschwerdeführerin hält sich für beschwerdebefugt. Als ausländische juristische Person mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat könne sie ungeachtet Art. 19 Abs. 3 GG auch eine Verletzung ihres Eigentumsgrundrechts rügen. Dabei sei auch ohne Bedeutung, dass sie nicht selbst als Urheberin, sondern nur aufgrund vertraglicher Absprachen mit der Fondation Le Corbusier berechtigt sei.

41

2. Das angegriffene Urteil verletze Art. 14 Abs. 1 GG.

42

a) Die Auslegung von § 17 Abs. 1 UrhG durch den Bundesgerichtshof habe zur Folge, dass der Urheber andere Verbreitungsformen als die Eigentumsübertragung nicht mehr unterbinden könne. Mit der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung dieses Eingriffs habe sich der Bundesgerichtshof nicht befasst, weil er davon ausgegangen sei, europarechtlich an diese Auslegung gebunden zu sein. Dabei habe er übersehen, dass Verbreitungsformen, die nicht in einer Eigentumsübertragung bestehen, von vornherein nicht vom Regelungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie erfasst seien, so dass die Auslegung des nationalen Rechts insoweit durch die Richtlinie nicht determiniert werde. Wollte man dies anders sehen, hätte der Bundesgerichtshof jedenfalls nicht von einem Maximalschutzcharakter der Richtlinie ausgehen dürfen. Die Urheberrechtsrichtlinie regle nur einen Mindestschutz, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 9 bis 12 ergebe. § 17 Abs. 1 UrhG hätte verfassungskonform so ausgelegt werden müssen, dass auch die Besitz- und Gebrauchsüberlassung erfasst würde. Dies entspreche der jahrzehntelangen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (bis zur angegriffenen Entscheidung) und der Obergerichte sowie der Auffassung des deutschen Gesetzgebers.

43

Die Auslegung durch den Bundesgerichtshof führe dazu, dass der Kernbestand des Urheberrechts, nämlich über die Rechte am Werk in eigener Verantwortung verfügen und Dritte von der Nutzung des Werks ausschließen zu können, nicht mehr gewährleistet sei. Die Streithelferin umgehe bewusst das deutsche Urheberrecht, indem sie ihre Plagiate in Italien veräußere und vom Käufer nach Deutschland schaffen lasse. Die Gebrauchs- oder Besitzüberlassung in Deutschland werde damit zum einzigen Rechtsakt, auf den der Urheber Zugriff habe oder nach bisheriger Rechtsprechung gehabt habe.

44

b) Die Argumentation des Bundesgerichtshofs sei auch im Hinblick auf § 96 UrhG nicht tragfähig. Die Vorschrift bezwecke gerade, dass kein Dritter das Ergebnis einer rechtswidrigen Handlung für sich ausnutzen könne. Der Bundesgerichtshof dürfe nicht auf den Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers abstellen, denn § 96 UrhG sei nicht gemeinschaftsrechtlich harmonisiert.

45

3. Weiter verletze das Urteil das Recht der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen Richter. Die Vorlagefragen im Parallelverfahren seien unzureichend gewesen. Nach deren Beantwortung habe der Bundesgerichtshof die Sache erneut dem Europäischen Gerichtshof vorlegen und fragen müssen, ob der Gebrauch von Werkstücken urheberrechtlich geschützter Werke ohne Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt überhaupt in den Anwendungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie falle. Bei Verneinung dieser Frage hätte es keine gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Auslegung der "Verbreitung" im Sinne von § 17 Abs. 1 UrhG gegeben. Ebenso zwingend sei eine Vorlage der Frage gewesen, ob Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie einen Mindest- oder zugleich einen Maximalschutz definiere. Der Bundesgerichtshof beantworte diese entscheidungserhebliche Frage hingegen selbst. Die fehlende Vorlage an den Europäischen Gerichtshof sei offensichtlich unhaltbar, weil eine mögliche Gegenauffassung der vertretenen Meinung eindeutig vorzuziehen sei; die Literatur gehe einhellig von einem bloßen Mindestschutzcharakter aus, was der Bundesgerichtshof durchaus erkannt habe.

IV.

46

Die Streithelferin der Beklagten und die Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. (GRUR) haben zur Verfassungsbeschwerde Stellungnahmen abgegeben (letztere abgedruckt in GRUR 2010, S. 698).

47

1. Nach Auffassung der Streithelferin auf Beklagtenseite, der Herstellerin der Möbelnachbildungen, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil die Beschwerdeführerin nicht beschwerdebefugt sei. Der urheberrechtliche Exklusivvertrag beschränke sich auf die Rechte auf Herstellung und Verkauf der Möbel. Die Beschwerdeführerin könne sich zudem als ausländische juristische Person nicht auf eine Verletzung des deutschen Eigentumsgrundrechts stützen. Die Verletzung solle aus einer richtlinienkonformen Auslegung des deutschen Urheberrechts herrühren; die Richtlinie sei aber allein vom Europäischen Gerichtshof an Grundrechten des Unionsrechts zu messen.

48

Aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 17. April 2008 (a.a.O.) gehe hervor, dass er von einem voll harmonisierten Verbreitungsbegriff ausgehe. Durch die Definition des Verbreitungsbegriffs würden lediglich Inhalt und Schranken des Eigentums in zulässiger Weise bestimmt.

49

2. Der Stellungnahme der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht zufolge ist die aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17. April 2008 vom Bundesgerichtshof gezogene Schlussfolgerung, die Urheberrechtsrichtlinie regle einen Maximalschutz, nicht zwingend. Auch bei vollständiger Harmonisierung des Verbreitungsrechts seien die Mitgliedstaaten nicht gehindert, weitere Ausschließlichkeitsrechte zu gewähren.

50

Eine Lücke im Schutz des Urheberrechts bestehe aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs allerdings nur in den Fällen, in denen im Ausland schutzfrei hergestellte Werkexemplare erworben und diese im Inland ohne Eigentumsübergang genutzt würden, ohne dass das ausschließliche Vermietrecht eingreife (was bei Werken der angewandten Kunst der Fall sei, § 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UrhG). Demgegenüber erfasse das Verbreitungsrecht nach wie vor, auch bei angewandter Kunst, den Fall, dass im Ausland erworbene Werkexemplare im Inland weiterveräußert würden.

B.

51

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

I.

52

Das angegriffene Urteil des Bundesgerichtshofs ist, auch soweit es Rechtsvorschriften betrifft, die Unionsrecht in deutsches Recht umsetzen, als eine Maßnahme der deutschen öffentlichen Gewalt tauglicher Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde im Sinne von § 90 Abs. 1 BVerfGG (vgl. BVerfGE 126, 286 <298 f.>).

53

Zwar übt das Bundesverfassungsgericht seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von Unionsrecht, das als Grundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, grundsätzlich nicht aus und überprüft dieses Recht nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union, auch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <162 f.>; 125, 260 <306>). Dies gilt auch für innerstaatliche Rechtsvorschriften, die zwingende Vorgaben einer Richtlinie in deutsches Recht umsetzen. Verfassungsbeschwerden, die sich gegen die Anwendung unionsrechtlich vollständig determinierter Bestimmungen des nationalen Rechts richten, sind grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfGE 125, 260 <306>).

54

Diese Grundsätze stehen einer Überprüfung des angegriffenen Urteils jedoch nicht entgegen. Wird wie hier die Verfassungsbeschwerde gegen eine Gerichtsentscheidung darauf gestützt, dass ein Gericht bei der Auslegung nationalen Umsetzungsrechts einen den Mitgliedstaaten verbleibenden Umsetzungsspielraum verkannt habe, beruft sich der Beschwerdeführer auf eine Verletzung deutscher Grundrechte im Bereich des unionsrechtlich nicht vollständig determinierten Rechts. Insoweit kann er auch geltend machen, das Gericht habe sich zu Unrecht durch Unionsrecht gebunden gesehen.

II.

55

Die Beschwerdeführerin ist gemäß § 90 Abs. 1 BVerfGG beschwerdefähig und -befugt. Für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde reicht es aus, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung eines für ihn verfassungsbeschwerdefähigen Rechts aufzeigt (vgl. BVerfGE 125, 39 <73> m.w.N.).

56

1. a) Art. 19 Abs. 3 GG steht der Beschwerdefähigkeit für die Rüge einer Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG nicht entgegen.

57

In seiner bisherigen Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht die Geltung der materiellen Grundrechte allgemein für ausländische juristische Personen unter Berufung auf den Wortlaut des Art. 19 Abs. 3 GG zwar abgelehnt (vgl. BVerfGE 21, 207 <208 f.>; 23, 229 <236>; 100, 313 <364>). Neuere Kammerbeschlüsse haben hingegen offen gelassen, ob diese Rechtsprechung auch auf juristische Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden ist (vgl. Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 2. April 2004 - 1 BvR 1620/03 -, NJW 2004, S. 3031, und vom 27. Dezember 2007 - 1 BvR 853/06 -, NVwZ 2008, S. 670 f.). Angesichts der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote in ihrer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - verb. Rs. C-92/92 und C-326/92 Phil Collins -, Slg. 1993, S. I-5145, Rn. 30 ff., 35; Urteil vom 5. November 2002 - C-208/00 Überseering -, Slg. 2002, S. I-9919, Rn. 76 ff.) erscheint es jedenfalls möglich, dass die Beschwerdeführerin mit Sitz in Italien Trägerin des Grundrechts auf Eigentum ist.

58

b) Der Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihr Eigentumsgrundrecht lässt sich nicht entgegenhalten, dass sie nicht selbst Urheberin der Möbelmodelle ist, sondern mit den Rechtsnachfolgern von Le Corbusier Exklusivverträge über die Herstellung und Vermarktung der Möbelmodelle Le Corbusiers geschlossen hat. Die Beschwerdeführerin ist dadurch in deren durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Schutzrechte des geistigen Eigentums eingerückt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. Mai 2000 - 1 BvR 1864/95 -, GRUR 2001, S. 43). Demgegenüber handelt es sich nicht um den Fall einer grundsätzlich unzulässigen Prozessstandschaft, bei der fremde Rechte im eigenen Namen geltend gemacht werden (vgl. BVerfGE 25, 256 <263>; 31, 275 <280>; 56, 296 <297>).

59

2. Die Beschwerdefähigkeit und -befugnis im Hinblick auf die Rüge einer Entziehung des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sind gegeben. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, da die Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG jedem zustehen können, gleichgültig ob er eine natürliche oder juristische, eine inländische oder ausländische Person ist (vgl. BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 64, 1 <11>).

III.

60

Die Beschwerdeführerin ist bezüglich der Rüge eines Entzugs des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auch dem Grundsatz der Subsidiarität gerecht geworden.

61

1. Der Beschwerdeführer einer Verfassungsbeschwerde muss, über die bloße formelle Erschöpfung des Rechtswegs hinaus, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60>; stRspr). Die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens sind allerdings grundsätzlich nicht gehalten, Rechtsausführungen zu machen, sofern nicht das einfache Verfahrensrecht rechtliche Darlegungen verlangt. Dementsprechend obliegt es dem Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren einer Verfassungsbeschwerde lediglich, den Sachverhalt so darzulegen, dass eine verfassungsrechtliche Prüfung möglich ist; diese ist dann von den Gerichten vorzunehmen. Der Beschwerdeführer muss das fachgerichtliche Verfahren nicht im Sinne eines vorgezogenen Verfassungsrechtsstreits führen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60 ff.>).

62

Etwas anderes kann in Fällen gelten, in denen bei verständiger Einschätzung der Rechtslage und der jeweiligen verfahrensrechtlichen Situation ein Begehren nur Aussicht auf Erfolg haben kann, wenn verfassungsrechtliche Erwägungen in das fachgerichtliche Verfahren eingeführt werden (vgl. BVerfGE 112, 50 <62>). Weiter ist zu beachten, dass die Rüge der Verletzung von Verfahrensgrundrechten, insbesondere Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG, nicht mehr im Verfahren der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden kann, wenn nicht zuvor alle Mittel des Prozessrechts genutzt wurden, um diesen Verstoß zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 95, 96 <127>; 112, 50 <62>). Das bedeutet insbesondere, dass von der Rechtsordnung eröffnete Rechtsbehelfe in zulässiger Weise ergriffen werden müssen (vgl. BVerfGE 95, 96 <127>).

63

Die Beachtung der hieraus folgenden Anforderungen muss der Beschwerdeführer, wenn sie nicht offensichtlich gewahrt sind, in seiner Verfassungsbeschwerde gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG substantiiert darlegen (vgl. BVerfGK 4, 102 <103 f.>).

64

2. Im Rahmen einer Rüge der Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erstreckt sich die damit umschriebene Obliegenheit des Beschwerdeführers regelmäßig darauf, durch entsprechende Anträge oder Anregungen an das Fachgericht eine Befassung des gesetzlichen Richters zu erreichen.

65

Handelt es sich beim gesetzlichen Richter um den Europäischen Gerichtshof, ist ein entsprechender Antrag der Beteiligten auf Vorlage allerdings nicht vorgesehen, vielmehr ist ein letztinstanzliches nationales Gericht unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV von Amts wegen gehalten, den Europäischen Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>). Es genügt daher dem Grundsatz der Subsidiarität, wenn das Vorbringen bei rechtlicher Prüfung durch das Fachgericht eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof als naheliegend erscheinen lässt.

66

3. Danach hat die Beschwerdeführerin die Rüge eines Entzugs des gesetzlichen Richters zulässig erhoben. Sie hat dem Bundesgerichtshof ein Gutachten unter anderem zur Frage der Voll- oder Teilharmonisierung des Verbreitungsrechts durch Art. 4 der Urheberrechtsrichtlinie vorgelegt und damit den sich aus dem Grundsatz der Subsidiarität ergebenden Anforderungen noch Genüge getan. Das Gutachten gab dem Bundesgerichtshof hinreichenden Anlass, die Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsverfahrens selbst zu klären.

C.

67

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet. Zwar kann sich die Beschwerdeführerin darauf stützen, Trägerin von Grundrechten des Grundgesetzes einschließlich des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG zu sein (I.). Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG durch das angegriffene Urteil lässt sich jedoch nicht feststellen (II.). Das Urteil verletzt die Beschwerdeführerin auch nicht in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (III.).

I.

68

Die Beschwerdeführerin als juristische Person mit Sitz in Italien ist Trägerin von Grundrechten des Grundgesetzes. Die Erstreckung der Grundrechtsberechtigung auf juristische Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union stellt eine aufgrund des Anwendungsvorrangs der Grundfreiheiten im Binnenmarkt (Art. 26 Abs. 2 AEUV) und des allgemeinen Diskriminierungsverbots wegen der Staatsangehörigkeit (Art. 18 AEUV) vertraglich veranlasste Anwendungserweiterung des deutschen Grundrechtsschutzes dar.

69

1. Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Die "wesensmäßige Anwendbarkeit" ist bei den hier als verletzt gerügten Grundrechten ohne weiteres gegeben (vgl. zu Art. 14 Abs. 1 GG: BVerfGE 4, 7<17>; 23, 153 <163>; 35, 348 <360>; 53, 336 <345>; 66, 116 <130>; zu den Prozessgrundrechten: BVerfGE 3, 359 <363>; 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 19, 52 <55 f.>; 64, 1 <11>; 75, 192 <200>).

70

a) Demgegenüber hat der Senat bislang entschieden, dass sich ausländische juristische Personen auf materielle Grundrechte - anders als auf prozessuale Grundrechte wie Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 21, 362 <373>; 64, 1 <11>) - nicht berufen können. Zur Begründung hat er auf Wortlaut und Sinn von Art. 19 Abs. 3 GG verwiesen, die eine entsprechende ausdehnende Auslegung verböten (vgl. BVerfGE 21, 207 <208 f.>; 23, 229 <236>; 100, 313 <364>). In anderen Entscheidungen haben beide Senate des Bundesverfassungsgerichts die Grundrechtsberechtigung ausländischer juristischer Personen ausdrücklich dahingestellt (vgl. allgemein BVerfGE 12, 6 <8>; 34, 338 <340>; 64, 1 <11>; sowie BVerfGE 18, 441 <447> hinsichtlich Art. 14 Abs. 1 GG).

71

Mit der spezielleren Frage, ob ausländische juristische Personen, die ihren Sitz in der Europäischen Union haben, Träger materieller Grundrechte des Grundgesetzes sein können, hat sich das Bundesverfassungsgericht hingegen bislang nicht näher befasst. Allerdings wurde in einer Entscheidung aus dem Jahr 1968 die Verfassungsbeschwerde einer Vereinigung französischen Rechts mit Sitz in Frankreich ohne weitere Begründung für unzulässig erklärt (BVerfGE 23, 229 <236>); in der Entscheidung aus dem Jahr 1973 zu einer französischen Handelsgesellschaft blieb deren Grundrechtsfähigkeit ausdrücklich dahingestellt (BVerfGE 34, 338 <340>). In der Literatur ist die Frage umstritten (vgl. befürwortend Drathen, Deutschengrundrechte im Lichte des Gemeinschaftsrechts, 1994; H. Dreier, in: ders., GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 19 Abs. 3 Rn. 20 f., 83 f.; Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 19 Abs. 3 Rn. 305 ff.; Kotzur, DÖV 2001, S. 192 <195 ff.>; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 3 Rn. 93 ff. ; ablehnend Bethge, Die Grundrechtsberechtigung juristischer Personen nach Art. 19 Abs. 3 Grundgesetz, 1985, S. 46 ff.; Quaritsch, in: Isensee/Kirchhof, HStR V, 2. Aufl. 2000, § 120 Rn. 36 ff.; v. Mutius, in: Bonner Kommentar zum GG 1975, Art. 19 Abs. 3 Rn. 50, 52; Weinzierl, Europäisierung des deutschen Grundrechtsschutzes?, 2006).

72

b) Nach dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte "für inländische juristische Personen". Wegen der Beschränkung auf inländische juristische Personen lässt sich eine Anwendungserweiterung nicht mit dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 3 GG begründen. Es würde die Wortlautgrenze übersteigen, wollte man seine unionsrechtskonforme Auslegung auf eine Deutung des Merkmals "inländische" als "deutsche einschließlich europäische" juristische Personen stützen. Auch wenn das Territorium der Mitgliedstaaten der Europäischen Union angesichts des ihren Bürgern gewährleisteten Raumes "der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen" mit freiem Personenverkehr (Art. 3 Abs. 2 EUV) nicht mehr "Ausland" im klassischen Sinne sein mag, wird es dadurch nicht zum "Inland" im Sinne der territorialen Gebietshoheit (vgl. BVerfGE 123, 267 <402 f.>).

73

Der Vorschrift lag jedoch kein Wille des Verfassungsgebers zugrunde, eine Berufung auf die Grundrechte auch seitens juristischer Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union dauerhaft auszuschließen. Der Allgemeine Redaktionsausschuss des Parlamentarischen Rats kam in einem Entwurf eines Art. 20a GG, der dem heutigen Art. 19 Abs. 3 GG entsprach, zu dem Schluss, es "dürfte kein Anlass bestehen, auch ausländischen juristischen Personen den verfassungsmäßigen Schutz der Grundrechte zu gewähren" (Parlamentarischer Rat, Drucks. 370 vom 13. Dezember 1948). Aus diesem Grund hatte der Vorsitzende des Ausschusses für Grundsatzfragen, v. Mangoldt, vorgeschlagen, das Wort "inländische" einzufügen, womit sich der Ausschuss einverstanden erklärte (Kurzprotokoll der 32. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen, Drucks. 578 vom 11. Januar 1949, S. 10).

74

In den Jahren 1948/49 stand die Entwicklung eines gemeinsamen Europas noch am Anfang. Seitdem hat die Europäische Union zunehmend Gestalt angenommen und ist heute als hochintegrierter "Staatenverbund" (BVerfGE 123, 267 <348>) ausgestaltet, an dem die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 23 Abs. 1 GG mitwirkt. Die Anwendungserweiterung von Art. 19 Abs. 3 GG nimmt diese Entwicklung auf.

75

2. Die Anwendungserweiterung des Grundrechtsschutzes auf juristische Personen aus der Europäischen Union entspricht den durch die europäischen Verträge übernommenen vertraglichen Verpflichtungen, wie sie insbesondere in den europäischen Grundfreiheiten und - subsidiär - dem allgemeinen Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV zum Ausdruck kommen. Die Grundfreiheiten und das allgemeine Diskriminierungsverbot stehen im Anwendungsbereich des Unionsrechts einer Ungleichbehandlung in- und ausländischer Unternehmen aus der Europäischen Union entgegen und drängen insoweit die in Art. 19 Abs. 3 GG vorgesehene Beschränkung der Grundrechtserstreckung auf inländische juristische Personen zurück.

76

a) Das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ist seit 1957 in den europäischen Verträgen verankert und wurde im Lissabonner Vertrag unverändert in Art. 18 AEUV übernommen. Es ist ein Grundprinzip des Unionsrechts (EuGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 - C-115/08 Österreich/ČEZ -, EuZW 2010, S. 26, Rn. 89; vgl. schon H. P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 592), das in den Grundfreiheiten weiter ausgestaltet wird. Das Diskriminierungsverbot gehört zum Kernbestand der Unionsbürgerschaft und ist unmittelbar vor mitgliedstaatlichen Gerichten anwendbar; es begünstigt neben natürlichen auch juristische Personen (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - Phil Collins -, a.a.O., Rn. 30 ff.). Das allgemeine und die speziellen Diskriminierungsverbote verpflichten die Mitgliedstaaten und alle ihre Organe und Stellen, juristische Personen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat auch im Hinblick auf den zu erlangenden Rechtsschutz Inländern gleichzustellen. In einem Vorabentscheidungsverfahren auf Vorlage des Bundesgerichtshofs hat der Europäische Gerichtshof bereits entschieden, dass die europarechtliche Niederlassungsfreiheit eine nichtdiskriminierende Beurteilung der Rechts- und damit Parteifähigkeit vor deutschen Zivilgerichten verlangt (Urteil vom 5. November 2002 - Überseering -, a.a.O., Rn. 76 ff.).

77

b) Eine Anwendungserweiterung erübrigt sich nicht, weil ein gleichwertiger Schutz der Beschwerdeführerin anderweitig gesichert wäre. Zwar können sich juristische Personen mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat in fachgerichtlichen Verfahren ohnehin auf die unmittelbare Geltung des primären Unionsrechts stützen und bleiben somit auch ohne Berufung auf die deutschen Grundrechte nicht ohne Rechtsschutz. Für einen gleichwertigen Schutz im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote reicht es jedoch nicht aus, wenn ausländische juristische Personen zwar im fachgerichtlichen Verfahren auf eine materielle Gleichstellung mit inländischen juristischen Personen hinwirken, ihre Rechte aber gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG mangels Grundrechtsträgerschaft nicht auch mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts durchsetzen können.

78

c) Ein Eingreifen der aus den Grundfreiheiten und Art. 18 AEUV abgeleiteten unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote setzt voraus, dass die betroffenen juristischen Personen aus der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Unionsrechts tätig werden. Der Anwendungsbereich der Verträge richtet sich insoweit nach dem jeweiligen Stand des Primär- und Sekundärrechts der Europäischen Union und damit nach den ihr in den europäischen Verträgen übertragenen Hoheitsrechten (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EUV, vgl. BVerfGE 123, 267 <349 ff.>; 126, 286 <302>). Insbesondere ist er bei der Verwirklichung der Grundfreiheiten des Vertrags und dem Vollzug des Unionsrechts eröffnet. Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin, die sich unter anderem auf unionsrechtlich (teil-)harmonisiertes Urheberrecht beruft, welches durch wirtschaftliche Aktivitäten in Deutschland verletzt worden sein soll, fällt in den Anwendungsbereich der Verträge in diesem Sinne (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - Phil Collins -, a.a.O., Rn. 22, 27; Urteil vom 6. Juni 2002 - C-360/00 Ricordi -, Slg. 2002, S. I-5088, Rn. 24).

79

d) Durch die Anwendungserweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG werden juristische Personen mit einem Sitz im EU-Ausland ebenso behandelt wie inländische juristische Personen. Dies impliziert umgekehrt, dass EU-Ausländern die gleichen Vorschriften der Verfassung wie inländischen juristischen Personen entgegengehalten werden können. Voraussetzung der Berufungsmöglichkeit auf die Grundrechte ist demnach ein hinreichender Inlandsbezug der ausländischen juristischen Person, der die Geltung der Grundrechte in gleicher Weise wie für inländische juristische Personen geboten erscheinen lässt. Dies wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn die ausländische juristische Person in Deutschland tätig wird und hier vor den Fachgerichten klagen und verklagt werden kann (so der Sache nach zu den Prozessgrundrechten bereits BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>).

80

e) Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof durch das Bundesverfassungsgericht bedarf es nicht. Die nationalen Gerichte sind selbst dazu befugt, eine unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts vorzunehmen. Die richtige Auslegung der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote ist hier so offenkundig, dass keinerlei Raum für vernünftige Zweifel bleibt ("acte clair"; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 C.I.L.F.I.T. -, Slg. 1982, S. 3415, Rn. 16).

81

3. Die Anwendungserweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG auf juristische Personen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union reagiert auf die europäische Vertrags- und Rechtsentwicklung und vermeidet eine Kollision mit dem Unionsrecht. Die Bundesrepublik Deutschland ist an Art. 18 AEUV und die sich aus den Grundfreiheiten ergebenden Diskriminierungsverbote einschließlich ihres Anwendungsvorrangs vor nationalem Recht (vgl. BVerfGE 126, 286 <301 f.>) gebunden. Die Anwendungserweiterung beachtet den Grundsatz, dass das supranational begründete Recht der Europäischen Union keine rechtsvernichtende, derogierende Wirkung gegenüber dem mitgliedstaatlichen Recht entfaltet, sondern nur dessen Anwendung soweit zurückdrängt, wie es die Verträge erfordern und es die durch das Zustimmungsgesetz erteilten Rechtsanwendungsbefehle erlauben. Mitgliedstaatliches Recht wird insoweit lediglich unanwendbar (vgl. BVerfGE 123, 267 <398 ff.>; 126, 286 <301 f.>). Die europarechtlichen Vorschriften verdrängen Art. 19 Abs. 3 GG nicht, sondern veranlassen lediglich die Erstreckung des Grundrechtsschutzes auf weitere Rechtssubjekte des Binnenmarkts. Art. 23 Abs. 1 Satz 2, 3 GG erlaubt, unter Wahrung der in Art. 79 Abs. 2, 3 GG genannten Voraussetzungen Hoheitsgewalt auch insoweit auf die Europäische Union zu übertragen, als dadurch die Reichweite der Gewährleistungen des Grundgesetzes geändert oder ergänzt wird, ohne dass dabei das Zitiergebot des Art. 79 Abs. 1 Satz 1 GG eingreift (vgl. Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission vom 5. November 1993, BTDrucks 12/6000, S. 21; Pernice, in: H. Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 23 Rn. 87; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Oktober 2009, Art. 23 Rn. 115). Mit der vertraglichen Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland zu den Vorläuferregelungen zu Art. 18 AEUV und zu den Grundfreiheiten wurde unter Wahrung der Grenzen des Art. 79 Abs. 2, 3 GG auch der Anwendungsvorrang der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote mit der von Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG geforderten Mehrheit gebilligt (vgl. BVerfGE 126, 286 <302>). Dies wirkt sich auch auf den Anwendungsbereich der Grundrechte aus, sofern eine Erstreckung der Grundrechtsgeltung auf juristische Personen aus der Europäischen Union veranlasst ist, um im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote eine Ungleichbehandlung hinsichtlich der Grundrechtsträgerschaft zu vermeiden. Die einzelnen Grundrechte des Grundgesetzes verändern sich durch die Erweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG jedoch nicht.

82

4. Die dem Bundesverfassungsgericht aufgegebene Kontrolle des europäischen Rechts auf Erhaltung der Identität der nationalen Verfassung, auf Einhaltung der nach dem System der begrenzten Einzelermächtigung überlassenen Kompetenzen und der Gewährleistung eines im Wesentlichen dem deutschen Grundrechtsschutz gleichkommenden Schutzniveaus bleibt erhalten. Die Identität der Verfassung (vgl. BVerfGE 123, 267 <354, 398 ff.>; 126, 286 <302 f.>) wird durch die Erweiterung der Anwendung des Art. 19 Abs. 3 GG offensichtlich nicht berührt.

II.

83

Art. 14 Abs. 1 GG ist durch das angegriffene Urteil nicht verletzt. Zwar unterfällt das Urheberrecht der Beschwerdeführerin dem verfassungsmäßigen Recht am Eigentum (1.), welches die Gerichte bei der Auslegung nationalen Rechts zu beachten haben, soweit das europäische Recht hierbei Auslegungsspielräume lässt (2.). Die richtlinienkonforme Auslegung der streitentscheidenden Vorschriften der §§ 17, 96 UrhG durch den Bundesgerichtshof ist aber mit dem Grundgesetz vereinbar (3.).

84

1. Das in §§ 17, 96 UrhG gesetzlich ausgestaltete Recht des Urhebers, die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken seines Werks zu kontrollieren, stellt Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG dar. Nach diesen Vorschriften kommen auch Urheber angewandter Kunst in den Genuss dieses Rechts, soweit das Design die erforderliche Gestaltungshöhe besitzt. Dies ist hier unstreitig der Fall.

85

Zu den konstituierenden Merkmalen des Urheberrechts als Eigentum im Sinne der Verfassung gehören die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege privatrechtlicher Normierung sowie seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen zu können. Im Einzelnen ist es Sache des Gesetzgebers, im Rahmen der inhaltlichen Ausgestaltung des Urheberrechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte Maßstäbe festzulegen, die eine der Natur und der sozialen Bedeutung des Rechts entsprechende Nutzung und angemessene Verwertung sicherstellen (vgl. BVerfGE 31, 229 <240 f.>; 79, 1 <25>). Dabei hat der Gesetzgeber einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsraum (vgl. BVerfGE 21, 73 <83>; 79, 1 <25>; 79, 29 <40>). Die Eigentumsgarantie gebietet nicht, dem Urheber jede nur denkbare wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit zuzuordnen (vgl. BVerfGE 31, 248 <252>; 31, 275 <287>).

86

2. a) Die Zivilgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Urheberrechts die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten und müssen die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den Eigentumsschutz der Urheber ebenso wie etwaige damit konkurrierende Grundrechtspositionen beachtet und unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen vermeidet (vgl. BVerfGE 89, 1 <9>). Sind bei der gerichtlichen Auslegung und Anwendung einfachrechtlicher Normen mehrere Deutungen möglich, so verdient diejenige den Vorzug, die den Wertentscheidungen der Verfassung entspricht (vgl. BVerfGE 8, 210 <221>; 88, 145 <166>) und die die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung bringt. Der Einfluss der Grundrechte auf die Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Normen ist nicht auf Generalklauseln beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle auslegungsfähigen und -bedürftigen Tatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften (vgl. BVerfGE 112, 332 <358> m.w.N.).

87

Wie etwa im Mietrecht und im Arbeitsrecht ist es allerdings auch in urheberrechtlichen Streitigkeiten regelmäßig nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, den Zivilgerichten vorzugeben, wie sie im Ergebnis zu entscheiden haben (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2760/08 -, GRUR 2011, S. 223, Rn. 19 m.w.N.). Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist vielmehr erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Eigentumsgarantie, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind, insbesondere weil darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet (vgl. BVerfGE 89, 1 <9 f.>; 95, 28 <37>; 97, 391 <401>; 112, 332 <358 f.>).

88

b) Ein Grundrechtsverstoß liegt insbesondere auch dann vor, wenn das Zivilgericht den grundrechtlichen Einfluss überhaupt nicht berücksichtigt oder unzutreffend eingeschätzt hat und die Entscheidung auf der Verkennung des Grundrechtseinflusses beruht (vgl. BVerfGE 97, 391 <401>). Dies kann der Fall sein, wenn sich ein Gericht in der Annahme, an vermeintlich zwingendes Unionsrecht gebunden zu sein, an der Berücksichtigung der Grundrechte des Grundgesetzes gehindert sieht. Lässt das Unionsrecht den Mitgliedstaaten einen Umsetzungsspielraum, ist dieser grundgesetzkonform auszufüllen (vgl. BVerfGE 113, 273 <300 ff.>). Die Fachgerichte müssen den Einfluss der Grundrechte bei der Auslegung zivilrechtlicher Vorschriften des nationalen Rechts, die unionsrechtlich nicht oder nicht vollständig determiniert sind, zur Geltung bringen (vgl. BVerfGE 118, 79 <95 ff.>).

89

Ob ein Umsetzungsspielraum besteht, ist durch Auslegung des dem nationalen Umsetzungsrecht zugrunde liegenden Unionsrechts, insbesondere also der umgesetzten Richtlinien zu ermitteln. Die Auslegung unionsrechtlicher Sekundärrechtsakte obliegt auf nationaler Ebene zuvörderst den Fachgerichten. Diese haben dabei gegebenenfalls die Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV - auch in Bezug auf den Schutz der Grundrechte - in Betracht zu ziehen.

90

Halten die Fachgerichte eine vollständige Bindung durch das Unionsrecht ohne Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof für eindeutig, unterliegt dies der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Hierbei ist es nicht auf eine bloße Willkürkontrolle beschränkt. Denn mit der Feststellung oder Verneinung eines unionsrechtlichen Umsetzungsspielraums wird zunächst durch die Fachgerichte darüber entschieden, ob Grundrechte des Grundgesetzes berücksichtigt werden müssen und ob das Bundesverfassungsgericht nach seiner Rechtsprechung die Überprüfung nationaler Umsetzungsakte am Maßstab des Grundgesetzes zurücknimmt, solange die Europäische Union einschließlich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs einen wirksamen Schutz der Grundrechte gewährleisten, der nach Inhalt und Wirksamkeit dem Grundrechtsschutz, wie er nach dem Grundgesetz unabdingbar ist, im Wesentlichen gleichkommt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <161>; 123, 267 <335>).

91

c) Fehlt es an einem mitgliedstaatlichen Umsetzungsspielraum, muss das Fachgericht das anwendbare Unionsrecht bei gegebenem Anlass auf seine Vereinbarkeit mit den Unionsgrundrechten prüfen und, wenn erforderlich, ein Vorab-entscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV einleiten (vgl. BVerfGE 118, 79 <97>). Dasselbe gilt, wenn das Unionsrecht, einschließlich der europäischen Grundrechte (vgl. Art. 6 EUV in Verbindung mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten), bislang ungeklärte Auslegungsfragen aufwirft. Eine Vorlage kann aus grundrechtlicher Sicht insbesondere dann erforderlich sein, wenn das Gericht Zweifel an der Übereinstimmung eines europäischen Rechtsakts oder einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs mit den Grundrechten des Unionsrechts, die einen den Grundrechten des Grundgesetzes entsprechenden Grundrechtsschutz gewährleisten, hat oder haben muss.

92

3. Ein Verstoß des angegriffenen Urteils gegen die Eigentumsfreiheit der Beschwerdeführerin gemäß Art. 14 Abs. 1 GG lässt sich nach diesen Maßstäben nicht feststellen. Die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Urheberrechtsricht-linie in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof lasse keinen Spielraum für die Einbeziehung der bloßen Gebrauchsüberlassung nachgeahmter Möbelstücke in den Schutz des Verbreitungsrechts nach § 17 Abs. 1 UrhG (a) und § 96 Abs. 1 UrhG (b), ist unter diesen Umständen von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Bedeutung und Tragweite der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG sind damit nicht verkannt.

93

a) Zur Harmonisierung des Verbreitungsrechts durch die Urheberrechtsrichtlinie werden verschiedene Auffassungen vertreten (vgl. die Nachweise im angegriffenen Urteil, a.a.O., Rn. 13 f., sowie Goldmann/Möller, GRUR 2009, S. 551 <554 f.>; v. Lewinski, in: Hilty/Drexl/Nordemann, Festschrift für Loewenheim, 2009, S. 175 <180 ff.>; Schulze, GRUR 2009, S. 812 <813 f.>; vgl. auch die Stellungnahme der GRUR im vorliegenden Verfahren, a.a.O.). Der Bundesgerichtshof verweist zutreffend darauf, dass § 17 UrhG richtlinienkonform auszulegen ist. Er durfte von Verfassungs wegen davon ausgehen, dass die Annahme einer bloßen Teilharmonisierung mit dem Harmonisierungszweck der Richtlinie, wie er insbesondere in den Erwägungsgründen 1, 4, 6, 7 niedergelegt ist, und der Warenverkehrsfreiheit des Unionsrechts unvereinbar wäre. Der Europäische Gerichtshof hat im Parallelverfahren etwaige Umsetzungsspielräume nicht erwähnt und Erweiterungen des Verbreitungsbegriffs ausdrücklich dem Unionsgesetzgeber vorbehalten (Urteil vom 17. April 2008, a.a.O., Rn. 37 ff.). Die Generalanwältin hatte sich für eine Auslegung im Sinne eines abschließenden Verbreitungsbegriffs zudem auf die Notwendigkeit des Schutzes der unionsrechtlichen Warenverkehrsfreiheit aus Art. 28 EG (jetzt Art. 34 AEUV) gestützt (Schlussanträge vom 17. Januar 2008, Slg. 2008, S. I-2731, Rn. 33 ff.). Der Bundesgerichtshof konnte demnach davon ausgehen, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ihm keinen Auslegungsspielraum lässt, um im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung von § 17 UrhG den in der Richtlinie vorgesehenen Schutz des Verbreitungsrechts zu überschreiten. Damit hat der Bundesgerichtshof die Frage des Umsetzungsspielraums aufgeworfen und ohne Verfassungsverstoß unter Beachtung des Unionsrechts und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs beantwortet.

94

b) Der Bundesgerichtshof konnte auch den Verbreitungsbegriff in § 96 UrhG mit § 17 UrhG übereinstimmend auslegen sowie davon ausgehen, dass er mittelbar ebenfalls von der Harmonisierung durch Art. 4 der Urheberrechtsrichtlinie erfasst wird und demnach kein Spielraum für eine verfassungskonforme Auslegung blieb. Dass sich die Verbreitungsbegriffe der §§ 17, 96 UrhG entsprechen, steht im Einklang mit der allgemeinen Meinung (vgl. nur Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 96 Rn. 9).

III.

95

Das angegriffene Urteil entzieht die Beschwerdeführerin nicht ihrem gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).

96

1. Der Europäische Gerichtshof ist gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das nationale Gericht ist unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV von Amts wegen gehalten, den Europäischen Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>).

97

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muss ein nationales letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, "dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende gemeinschaftsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt" (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 21). Die Entscheidungserheblichkeit der europarechtlichen Frage für den Ausgangsrechtsstreit hingegen beurteilt allein das nationale Gericht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 10; Urteil vom 27. Juni 1991 - C-348/89 Mecanarte -, Slg. 1991, S. I-3277, Rn. 47; BVerfGE 82, 159 <194>).

98

Das Bundesverfassungsgericht überprüft allerdings nur, ob die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 82, 159 <194 ff.>; 126, 286 <315 ff.>). Die Vorlagepflicht wird insbesondere in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht), oder in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft). Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Gemeinschaftsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit, so wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (Unvollständigkeit der Rechtsprechung; vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>). Dabei kommt es für die Prüfung einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht in erster Linie auf die Vertretbarkeit der fachgerichtlichen Auslegung des für den Streitfall maßgeblichen materiellen Unionsrechts an, sondern auf die Vertretbarkeit der Handhabung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 -, NJW 2011, S. 1427, Rn. 104 f.; der Sache nach ebenso gehandhabt in BVerfGE 126, 286 <317 f.>).

99

2. Nach diesen Maßstäben liegt keine unhaltbare Handhabung der Vorlagepflicht vor.

100

Indem der Bundesgerichtshof die von ihm für entscheidungserheblich gehaltenen Fragen im Parallelverfahren dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt hat, hat er Art. 267 Abs. 3 AEUV auch im Streitfall nicht grundsätzlich verkannt. Auch wenn das Unionsrecht die Vorlage einer gleichen oder ähnlichen Auslegungsfrage erlaubt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 1986 - C-14/86 Pretore di Salò -, Slg. 1987, S. 2545, Rn. 12; stRspr), musste der Bundesgerichtshof aus verfassungsrechtlicher Sicht die Sache nicht erneut dem Europäischen Gerichtshof vorlegen, wenn nach seiner Einschätzung die Antwort des Gerichtshofs keinen Raum für "vernünftigen Zweifel" (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 21) ließ. Dem angegriffenen Urteil ist die vertretbare Überzeugung des Bundesgerichtshofs zu entnehmen, dass Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie eine vollharmonisierte Regelung des Verbreitungsrechts darstellt und der Europäische Gerichtshof die Auslegung des Verbreitungsbegriffs der Richtlinie abschließend und umfassend geklärt hat.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine AG Schweizer Rechts mit statutarischem Sitz in der Schweiz, die in den Streitjahren 1999 bis 2001 ihre Geschäftsleitung in Deutschland hatte. Ihr alleiniger Aktionär war der in der Schweiz wohnhafte GH.

2

1991 erwarb die Klägerin das Eigentum an einem in Deutschland belegenen Grundstück, das mit einem Hotel bebaut war. Das Hotel war zunächst an eine GmbH verpachtet. In den Monaten Januar bis April 1998 und in den Streitjahren wurde es von der Klägerin von Deutschland aus betrieben.

3

Mit zwei Verträgen vom 1. November 1991 gewährte GH der Klägerin Darlehen in Höhe von 600.000 DM und 150.000 DM zu einem Zinssatz in Höhe von 8 v.H. Die Verträge sahen vor, dass der Darlehenszins den wirtschaftlichen Gegebenheiten zum Beginn eines jeden Jahres angepasst und der Zins nachschüssig jeweils am 15. Januar eines jeden Jahres ausgezahlt werden sollte. Die Laufzeiten der Darlehen waren bis zum 30. September 2001 fest vereinbart, danach sollten die Kredite in Darlehen von unbestimmter Dauer umgewandelt werden. In den Jahren 1992 bis 2001 gewährten GH (1993 bis 2001) sowie die ebenfalls in dessen alleinigem Anteilsbesitz stehende H-AG, Schweiz, (1992) der Klägerin weitere, vereinbarungsgemäß jeweils mit 6 v.H. zu verzinsende Darlehen in Höhe von insgesamt 2.214.623 DM. Die Darlehensverträge enthalten hinsichtlich der Rückzahlungstermine die Bemerkung "gem. gegenseitiger Vereinbarung, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten". Sicherheiten wurden nicht gewährt. Eine Auszahlung der Zinsbeträge erfolgte nicht, die Zinsen wurden in den Streitjahren dem Darlehenskonto von GH am Jahresende gutgeschrieben und wieder verzinst.

4

Aufgrund von Verlusten in den Vorjahren betrug das Eigenkapital der Klägerin in den Streitjahren ./. 2.338.349 DM (1999), ./. 2.664.318 DM (2000) und ./. 2.935.983 DM (2001).

5

Insgesamt machte die Klägerin aus den vorgenannten Darlehen Zinsen in Höhe von 163.318 DM (1999), 174.006 DM (2000) und 192.865 DM (2001) als Betriebsausgaben geltend. Alle Zinsen waren nach einem Zinssatz von 6 v.H. berechnet.

6

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) behandelte die Zinsen hingegen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) und rechnete sie dem Gewinn der Klägerin gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1999) außerbilanziell hinzu. Unabhängig davon seien die Darlehenszinsen ohnehin auch als Fremdkapitalvergütungen i.S. von § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. zu behandeln.

7

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide war überwiegend erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) verneinte das Vorliegen einer vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1999 und sah die an sich einschlägigen Vorschriften in § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. als unanwendbar an, weil sie gegen Art. 25 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) i.d.F. des Protokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl II 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) --DBA-Schweiz 1971/1992-- verstießen (FG Köln, Urteil vom 22. Oktober 2008  13 K 1164/05, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 509).

8

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

10

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) unterstützt das FA in der Sache, hat jedoch keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision ist unbegründet. Das FG hat in den gewährten Zinszahlungen zu Recht keine vGA gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1999 gesehen (2.). Es hat auch zu Recht angenommen, dass § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. gegen das abkommensrechtliche Diskriminierungsverbot in Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 verstößt und deshalb unanwendbar bleibt (3.).

12

1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1999 sind Kapitalgesellschaften, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben, unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Die Klägerin ist nach den insoweit für den Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) eine nach Schweizer Recht errichtete Kapitalgesellschaft, deren Geschäftsleitung sich in den Streitjahren im Inland befand. Auch ausländische Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung im Inland können unbeschränkt steuerpflichtig sein (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 1993 I R 31/92, BFH/NV 1994, 661; vom 16. Dezember 1998 I R 138/97, BFHE 188, 251, BStBl II 1999, 437; vom 29. Januar 2003 I R 6/99, BFHE 201, 463, BStBl II 2004, 1043; s. auch Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 23. Juni 1992 IX R 182/87, BFHE 168, 285, BStBl II 1992, 972; Wassermeyer in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Bd. 20, S. 83).

13

2. Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1999 ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) --i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999 und für die Gewerbesteuer mit § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1999)-- auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (vgl. z.B. Senatsurteile vom 4. September 2002 I R 48/01, BFH/NV 2003, 347; vom 22. Oktober 2003 I R 37/02, BFHE 204, 96, BStBl II 2004, 121, jeweils m.w.N.). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BFHE 185, 224, BStBl II 1998, 545, m.w.N.). Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (Senatsurteil vom 7. August 2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131); diese Einschränkung spielt jedoch im Streitfall keine Rolle.

14

Diesen Anforderungen, die an die Annahme einer vGA zu stellen sind, genügen die im Streitfall in Rede stehenden Darlehensverträge und die daraufhin seitens der Klägerin gezahlten Zinsen nicht. Das hat das FG erschöpfend und beanstandungsfrei ausgeführt und ist unter den Beteiligten im Kern auch nicht mehr streitig. Das beigetretene BMF macht allerdings im Revisionsverfahren geltend, die geschlossenen Verträge zwischen der Klägerin und GH seien zivilrechtlich unwirksam. Die Klägerin als Schweizer Kapitalgesellschaft sei infolge der Verlagerung des Ortes ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung von der Schweiz nach Deutschland fortan nicht als Kapitalgesellschaft, sondern als rechtsfähige Personengesellschaft anzusehen, für die --da GH Alleingesellschafter sei-- die Regelungen für Einzelkaufleute gälten. Das ergebe sich aus internationalem Gesellschaftsrecht und der danach gegenüber sog. Drittstaaten --wie hier der Schweiz-- fortgeltenden "Sitztheorie" (vgl. dazu Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Oktober 2009 IX ZR 227/06, GmbH-Rundschau 2010, 211, m.w.N.). Eine natürliche Person, wie vorliegend GH, könne aber nicht mit sich selbst wirksame Verträge abschließen. Konsequenz sei die Annahme von vGA.

15

Dem ist nicht zu folgen. Die erwähnte Indizwirkung, die zivilrechtlich unwirksamen Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter für die Annahme einer vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1999 beizumessen sein kann (s. z.B. Senatsurteil vom 23. Oktober 1996 I R 71/95, BFHE 181, 328, BStBl II 1999, 35; s. auch BFH-Urteil vom 12. Mai 2009 IX R 46/08, BFHE 225, 112, zur entsprechenden Rechtslage bei sog. Angehörigenverträgen, jeweils m.w.N.), greift unter den beschriebenen Gegebenheiten des Streitfalls unabhängig davon, ob das BMF in seiner gesellschaftsrechtlichen Einschätzung richtig liegt, nicht. Denn auch dann bliebe es dabei, dass die Klägerin als Steuersubjekt existent wäre. Vereinbarungen, die sie mit ihrem Gesellschafter trifft, sind dementsprechend aus steuerlicher Sicht zu akzeptieren. Stellt man demgegenüber allein auf die gesellschaftsrechtliche Existenz und Rechtsfähigkeit der Gesellschaft und deren etwaiges Fehlen ab, entfiele andernfalls auch die Eignung des beanstandeten Vorteils, beim Empfänger eine gesellschaftlich veranlasste Zuwendung als Kapitaleinkunft i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Unabhängig davon kann es weder der Klägerin noch GH angelastet werden, die komplexe international-gesellschaftsrechtliche Regelungslage nicht im Vorwege hinreichend erkannt und durchdrungen zu haben. Auch das spricht dagegen, in einer etwaigen zivilrechtlichen Unwirksamkeit ein tragfähiges Beweisanzeichen gegen die Ernstlichkeit des Vereinbarten zu erblicken (s. auch dazu die zitierten Rechtsprechungsnachweise).

16

In Anbetracht dessen kann unbeantwortet bleiben, ob die besonderen Anforderungen, die steuerlich an die Leistungsbeziehung zwischen der Kapitalgesellschaft und ihren beherrschenden Gesellschafter gestellt werden, möglicherweise aus abkommensrechtlichen Gründen des Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 6 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development --OECD-MustAbk-- (hier Art. 9 und Art. 11 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992) ohnehin nicht oder nur eingeschränkt anwendbar sind (vgl. dazu z.B. Senatsurteil vom 9. November 2005 I R 27/03, BFHE 211, 493, BStBl II 2006, 564; FG Köln, Urteil vom 22. August 2007  13 K 647/03, EFG 2008, 161, jeweils m.w.N.).

17

3. Nach § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F. (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999, § 7 GewStG 1999) gelten Vergütungen für Fremdkapital, das eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft von einem nicht zur Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigten Anteilseigner erhalten hat, der zu einem Zeitpunkt im Wirtschaftsjahr wesentlich am Grund- oder Stammkapital beteiligt gewesen ist, dann als vGA, wenn eine in einem Bruchteil des Kapitals bemessene Vergütung vereinbart ist und soweit das Fremdkapital zu einem Zeitpunkt des Wirtschaftsjahrs das Dreifache des anteiligen Eigenkapitals des Anteilseigners übersteigt. Die Hinzurechnung als vGA unterbleibt, wenn die Kapitalgesellschaft dieses Fremdkapital bei sonst gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten erhalten hätte.

18

Nach § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 n.F. (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999, § 7 GewStG 1999) stellen Vergütungen für Fremdkapital, das eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft von einem Anteilseigner erhalten hat, der zu einem Zeitpunkt im Wirtschaftsjahr wesentlich am Grund- oder Stammkapital beteiligt gewesen ist, vGA dar, wenn eine in einem Bruchteil des Kapitals bemessene Vergütung vereinbart gewesen ist und soweit das Fremdkapital zu einem Zeitpunkt des Wirtschaftsjahrs das Eineinhalbfache des anteiligen Eigenkapitals des Anteilseigners übersteigt. Zu einer solchen Umqualifizierung kommt es auch dann, wenn die Vergütung an eine dem Anteilseigner nahe stehende Person i.S. des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz) oder einen Dritten gezahlt worden ist, der auf den Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person hat zurückgreifen können. Auch hier unterbleibt die Hinzurechnung als vGA, wenn die Kapitalgesellschaft nachweisen kann, dass sie das Fremdkapital unter sonst gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten erhalten hätte. Nach § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG 1999 n.F. unterbleibt eine Hinzurechnung zudem dann, wenn die Vergütung bei dem Anteilseigner im Inland im Rahmen einer Veranlagung erfasst worden ist.

19

a) Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die Voraussetzungen dieser Regelungen erfüllt sind. Der Senat hat auch in diesem Punkt keine Veranlassung, etwas anderes anzunehmen. Die Zinsen, welche die Klägerin in den Streitjahren an GH gezahlt hat, waren folglich dem Gewinn der Klägerin als vGA außerbilanziell hinzuzurechnen.

20

b) Das FG hat der Klage der Klägerin dennoch entsprochen, weil es in der Umqualifizierung der Zinsen in vGA nach Maßgabe von § 8a KStG 1999 in seinen jeweiligen für die Streitjahre einschlägigen Fassungen einen Verstoß gegen das abkommensrechtliche Diskriminierungsverbot des Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 angenommen hat. Dem ist beizupflichten (ebenso --bezogen auf die entsprechende Regelung des Art. 24 Abs. 5 OECD-MustAbk-- z.B. Hageböke in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, Art. 24 OECD-MA Rz 108.1; Rust in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 24 Rz 165a; Obser, Gesellschafter-Fremdfinanzierung im europäischen Konzern, 2005, S. 41 ff.; Hirsch, Gesellschafterfremdfinanzierung inländischer Kapitalgesellschaften durch ausländische Anteilseigner, 1999, S. 295; Gosch, KStG, 1. Aufl., § 8a Rz 29).

21

aa) Die Unternehmen eines Vertragsstaats, deren Kapital ganz oder teilweise, unmittelbar oder mittelbar, einer in dem anderen Vertragsstaat ansässigen Person oder mehreren solchen Personen gehört oder ihrer Kontrolle unterliegt, dürfen nach Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 in dem erstgenannten Vertragsstaat weder einer Besteuerung noch einer damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender sind als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen andere ähnliche Unternehmen des erstgenannten Staats unterworfen sind oder unterworfen werden können. Das ist unter den hier in Rede stehenden Gegebenheiten der Fall.

22

aaa) Die Klägerin ist ein Unternehmen eines Vertragsstaats i.S. von Art. 25 Abs. 3 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. f DBA-Schweiz 1971/1992. Sie hat ihren Sitz in der Schweiz, hatte jedoch ihre Geschäftsleitung in den Streitjahren in Deutschland und war damit nach Lage der Dinge in beiden Vertragsstaaten unbeschränkt steuerpflichtig und zugleich i.S. von Art. 4 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1992 in beiden Vertragsstaaten ansässig. Eine derart doppelansässige Gesellschaft gilt aus Abkommenssicht als in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sich der Mittelpunkt ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung befindet (Art. 4 Abs. 8 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992). Dies war nach den tatrichterlichen Feststellungen in den Streitjahren in Deutschland. Die Klägerin kann also den Diskriminierungsschutz des Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 beanspruchen.

23

bbb) Für die der Klägerin nachteilige Umqualifizierung der geleisteten Zinsen in vGA unterscheiden sowohl § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F. als auch § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 KStG 1999 n.F. in ihren tatbestandlichen Voraussetzungen im Ergebnis danach, ob es sich um eine im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft mit einem nicht zur Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigten Anteilseigner bzw. mit einem im Inland veranlagten Anteilseigner handelt. Ist dies der Fall, unterbleibt die Umqualifizierung und Hinzurechnung. Damit werden stets und insbesondere diejenigen Unternehmen eines Vertragsstaats, deren Kapital ganz oder teilweise, unmittelbar oder mittelbar einer in dem anderen Vertragsstaat ansässigen Person oder mehreren solchen Personen gehört oder ihrer Kontrolle unterliegt, gegenüber entsprechenden Unternehmen mit im Inland ansässigen Anteilseignern steuerlich benachteiligt. Dass die tatbestandlichen Unterscheidungsmerkmale der fehlenden Anrechnungsberechtigung zur Körperschaftsteuer (in § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F.) bzw. der fehlenden Veranlagung (in § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 KStG 1999 n.F.) unmittelbar nicht auf die Ansässigkeit der Anteilseigner abstellen, tut insoweit nichts zur Sache. Vielmehr ist unbeschadet aller sonstigen Unterschiede zwischen den unionsrechtlichen Diskriminierungsverboten einerseits und den abkommensrechtlichen Diskriminierungsverboten andererseits jedenfalls in diesem Punkt vollumfänglich auf die insoweit --was den Vergleichsmaßstab anbelangt-- parallele gemeinschaftsrechtliche Sicht zu verweisen (s. auch Senatsurteil in BFHE 201, 463, BStBl II 2004, 1043), wie sie sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, jetzt Gerichtshof der Europäischen Union, vom 12. Dezember 2002 C-324/00 "Lankhorst-Hohorst" (Slg. 2002, I-11779) ergibt. Ausschlaggebend ist hier wie dort, dass sowohl von der fehlenden Nichtanrechnungsberechtigung als auch von der fehlenden Veranlagungsmöglichkeit vorrangig im anderen Vertragsstaat ansässige Anteilseigner betroffen sind und dadurch im Ergebnis eine diskriminierende Ungleichbehandlung von Kapitalgesellschaften mit in- und ausländischen Anteilseignern bewirkt wird. Damit ist die steuerliche Behandlung von Inlandsgesellschaften mit in der Schweiz ansässigen Anteilseignern i.S. von Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 --und zwar unmittelbar und nicht lediglich mittelbar-- anders oder belastender als die Besteuerung, denen --nach Tätigkeit ebenso wie nach Rechtsform (vgl. dazu z.B. Rust in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 24 Rz 168)-- "andere ähnliche Unternehmen" in Deutschland unterworfen sind oder unterworfen werden können. Der Umstand, dass § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. in bestimmten Situationen gleichermaßen auch für Gesellschaften mit inländischen Anteilseignern einschlägig werden kann, tritt dahinter zurück; Zielrichtung der genannten Vorschriften zur steuerlichen Beschränkung der Gesellschafter-Fremdfinanzierung bei Kapitalgesellschaften ist nach Regelungssinn und -zweck in erster Linie und in der tatsächlichen Auswirkung die Erfassung grenzüberschreitender Sachverhalte der Gesellschafter-Fremdfinanzierung mit ausländischen Anteilseignern. Konsequenz dieser Ungleichbehandlung und des daraus abzuleitenden Verstoßes gegen Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 ist die Nichtanwendung der diskriminierenden Steuerregelungen.

24

bb) Das Vorbringen der Revision ist nicht geeignet, an diesem Ergebnis etwas zu ändern. Das betrifft namentlich das Vorbringen, eine schädliche Ungleichbehandlung scheide schon deswegen aus, weil die durch § 8a KStG 1999 a.F./n.F. bewirkte Rechtsfolge --die Umqualifizierung der Zinsen in vGA und deren außerbilanzielle Hinzurechnung-- in Einklang mit den allgemeinen Verrechnungspreisgrundsätzen stünde, wie sie in Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 6 OECD-MustAbk und in Einklang damit auch in Art. 9 und Art. 11 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992 niedergelegt seien.

25

Diese Abkommensregelungen betreffen den sog. Fremdvergleichsgrundsatz ("dealing at arm's length") bei Unternehmen oder Personen, die nach Maßgabe qualifizierter, auch im Streitfall zwischen der Klägerin und der H-AG gegebener Merkmale miteinander verbunden sind (Art. 9 DBA-Schweiz 1971/1992), oder Schuldner und Gläubiger, zwischen denen --wie im Streitfall zwischen der Klägerin und ihrem Alleingesellschafter GH-- besondere Beziehungen bestehen (Art. 11 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992). Sind solche miteinander verbundene Unternehmen oder Personen in ihren kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen an vereinbarte oder auferlegte Bedingungen gebunden, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, dürfen die Gewinne, die eines der Unternehmen ohne diese Bedingungen erzielt hätte, wegen jener Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieses Unternehmens zugerechnet oder entsprechend besteuert werden (Art. 9 DBA-Schweiz 1971/1992). Entsprechendes regelt Art. 11 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992 für Schuldner und Gläubiger, zwischen denen besondere Beziehungen bestehen: Übersteigen wegen dieser Beziehungen die gezahlten Zinsen, gemessen an den zugrunde liegenden Forderungen, den Betrag, den Schuldner und Gläubiger ohne diese Beziehungen vereinbart hätten, so wird Art. 11 DBA-Schweiz 1971/1992 nur auf diesen letzten Betrag angewandt (Art. 11 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992) und kann der übersteigende Betrag nach dem Recht jedes Vertragsstaats und unter Berücksichtigung der anderen Bestimmungen dieses Abkommens besteuert werden (Art. 11 Abs. 4 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992).

26

Den wiedergegebenen abkommensrechtlichen Berichtigungserlaubnissen soll nach Ansicht der Finanzverwaltung auch § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. unterfallen. Denn in Nr. 3 des OECD-Musterkommentars (OECD-MustKomm) 2008 zu Art. 9 OECD-MustAbk wird die Auffassung vertreten, dass "zwischen den Abkommen und den innerstaatlichen Regelungen über die Unterkapitalisierung eine Wechselwirkung (besteht), die für den Anwendungsbereich des Artikels von Bedeutung" ist. Diese Auffassung ist seit 1992 in den OECD-Musterkommentar aufgenommen worden. Es mag dahinstehen, ob sie gleichwohl auch für das ursprünglich schon im Jahre 1971 vereinbarte DBA-Schweiz 1971/1992 bedeutsam ist (vgl. zu einem derartigen sog. dynamischen in Abgrenzung zu einem sog. statischen Verständnis aber auch z.B. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2010 I B 191/09, BFHE 229, 322). Es mag ebenfalls dahinstehen, ob dann, wenn man dies bejahen würde, § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. infolge der in § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG 1999 a.F./§ 8a Abs. 1 Satz 3 KStG 1999 n.F. enthaltenen, dem Steuerpflichtigen eingeräumten Nachweismöglichkeit, dass die Zinszahlung mit dem Fremdvergleichsmaßstab übereinstimmt, tatsächlich in Einklang mit Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 6 OECD-MustAbk stünde (vgl. dazu z.B. Rust in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 24 Rz 147; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 9 MA Rz 107; Gosch, a.a.O., § 8a Rz 29; Köplin/Koch in Erle/Sauter, KStG, 2. Aufl., § 8a KStG Rz 19 ff.; ferner Wunderlich in Endres/Jacob/Gohr/Klein, DBA Deutschland/USA, Art. 24 Rz 42, jeweils m.w.N.). Und dahinstehen mag schließlich, ob es sich bei § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. bezogen auf vorgängig abgeschlossene Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht im Ergebnis um ein faktisches sog. Treaty override handelt, dessen völkerrechtliche und verfassungsrechtliche Zulässigkeit bezweifelt werden kann (vgl. auch dazu Senatsbeschluss in BFHE 229, 322; s. zu § 8a KStG auch Knobbe-Keuk, Der Betrieb 1993, 60).

27

Denn unabhängig davon kann von einem derartigen tatbestandlichen Vorbehalt für das DBA-Schweiz 1971/1992 keine Rede sein. Es trifft zwar zu, dass solche Regelungsvorbehalte in Art. 24 Abs. 4 OECD-MustAbk enthalten sind. Nach dessen Satz 1 sind u.a. Zinsen, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Gewinne dieses Unternehmens unter den gleichen Bedingungen wie Zahlungen an eine im erstgenannten Staat ansässige Person zum Abzug zuzulassen, vorausgesetzt, es ist nicht Art. 9 Abs. 1, Art. 11 Abs. 6 oder Art. 12 Abs. 4 OECD-MustAbk anzuwenden. Unterstellt, § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. ist mit Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 6 OECD-MustAbk vereinbar, entfiele folglich auch ein Verstoß gegen Art. 24 Abs. 4 OECD-MustAbk (s. dazu Rust, ebenda; s. auch Nr. 79 und Nr. 74 OECD-MustKomm 1992/2008 zu Art. 24 Abs. 4 OECD-MustAbk). Eine derartige Abkommensregelung, wie sie Art. 24 Abs. 4 OECD-MustAbk vorgibt, fehlt im DBA-Schweiz 1971/1992 indessen. Aus diesem Fehlen lässt sich jedoch keineswegs ableiten, dass hinsichtlich von Zinszahlungen ein Diskriminierungsschutz nach dem Willen der Vertragsstaaten des DBA-Schweiz 1971/1992 von vornherein entzogen wäre: Das OECD-Musterabkommen stellt, wie schon das Wort "Musterabkommen" belegt, keine zwingende inhaltliche Verständigungsvorgabe für die Vertragsstaaten dar; etwaige Abweichungen lassen mithin keinen Rückschluss auf inhaltliche Einschränkungen zu. Es gibt deshalb auch keinen Grund, Zinszahlungen vom Anwendungsbereich des Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 auszunehmen. Überdies wurde Art. 24 Abs. 4 OECD-MustAbk erst seit 1977 Bestandteil des Musterabkommens und war darin vordem --und damit auch bei Abschluss des DBA-Schweiz 1971 in seiner ursprünglichen und insoweit maßgeblichen Fassung-- nicht enthalten (vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 24 MA Rz 9). Auch für die Annahme eines entsprechenden --ungeschriebenen-- Anwendungsvorrangs von Art. 9 Abs. 1 sowie Art. 11 Abs. 6 OECD-MustAbk (hier Art. 9 und Art. 11 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992) zum Nachteil von Art. 24 Abs. 5 OECD-MustAbk (und hier von Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992) ist nicht nur vom Regelungswortlaut her "auf den ersten Blick" (so aber neuerdings Nr. 79 Satz 1 OECD-MustKomm 2008 zu Art. 24 Abs. 5 OECD-MustAbk), sondern auch in historischer und systematischer Sicht nichts ersichtlich. Es verbleibt deswegen allein bei denjenigen Anforderungen an eine Abkommensgleichbehandlung, wie sie in Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 enthalten sind (ebenso zu Art. 24 Abs. 5 OECD-MustAbk z.B. Rust in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 24 Rz 165a; von Pannwitz in Haase, AStG/DBA, Art. 24 MA Rz 7; unklar Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 24 MA Rz 102). Und diese Voraussetzungen sind, wie dargestellt, hier erfüllt.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören

1.
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;
1a.
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung).2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen;
2.
Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, auch soweit sie von Arbeitgebern ausgleichspflichtiger Personen an ausgleichsberechtigte Personen infolge einer nach § 10 oder § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes durchgeführten Teilung geleistet werden;
3.
laufende Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung.2Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben den laufenden Beiträgen und Zuwendungen an eine solche Versorgungseinrichtung leistet, mit Ausnahme der Zahlungen des Arbeitgebers
a)
zur erstmaligen Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätskapitalanforderung nach den §§ 89, 213, 234g oder 238 des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
b)
zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung nach unvorhersehbaren Verlusten oder zur Finanzierung der Verstärkung der Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse, wobei die Sonderzahlungen nicht zu einer Absenkung des laufenden Beitrags führen oder durch die Absenkung des laufenden Beitrags Sonderzahlungen ausgelöst werden dürfen,
c)
in der Rentenbezugszeit nach § 236 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder
d)
in Form von Sanierungsgeldern;
Sonderzahlungen des Arbeitgebers sind insbesondere Zahlungen an eine Pensionskasse anlässlich
a)
seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung oder
b)
des Wechsels von einer nicht im Wege der Kapitaldeckung zu einer anderen nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung.
3Von Sonderzahlungen im Sinne des Satzes 2 zweiter Halbsatz Buchstabe b ist bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf nur auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach dem Wechsel die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt des Wechsels übersteigt.4Sanierungsgelder sind Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse anlässlich der Systemumstellung einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung auf der Finanzierungs- oder Leistungsseite, die der Finanzierung der zum Zeitpunkt der Umstellung bestehenden Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften dienen; bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf ist nur von Sanierungsgeldern auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach der Systemumstellung die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt der Systemumstellung übersteigt.
2Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht.

(2)1Von Versorgungsbezügen bleiben ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei.2Versorgungsbezüge sind

1.
das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug
a)
auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften,
b)
nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften
oder
2.
in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge; Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
3Der maßgebende Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr des
Versorgungs-
beginns
VersorgungsfreibetragZuschlag zum
Versorgungs-
freibetrag
in Euro
in % der
Versorgungs-
bezüge
Höchstbetrag
in Euro
bis 200540,03 000900
ab 200638,42 880864
200736,82 760828
200835,22 640792
200933,62 520756
201032,02 400720
201130,42 280684
201228,82 160648
201327,22 040612
201425,61 920576
201524,01 800540
201622,41 680504
201720,81 560468
201819,21 440432
201917,61 320396
202016,01 200360
202115,21 140342
202214,41 080324
202313,61 020306
202412,8960288
202512,0900270
202611,2840252
202710,4780234
20289,6720216
20298,8660198
20308,0600180
20317,2540162
20326,4480144
20335,6420126
20344,8360108
20354,030090
20363,224072
20372,418054
20381,612036
20390,86018
20400,000


4Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag ist
a)
bei Versorgungsbeginn vor 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für Januar 2005,
b)
bei Versorgungsbeginn ab 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den ersten vollen Monat,
jeweils zuzüglich voraussichtlicher Sonderzahlungen im Kalenderjahr, auf die zu diesem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch besteht.5Der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag darf nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag geminderten Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden.6Bei mehreren Versorgungsbezügen mit unterschiedlichem Bezugsbeginn bestimmen sich der insgesamt berücksichtigungsfähige Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach dem Jahr des Beginns des ersten Versorgungsbezugs.7Folgt ein Hinterbliebenenbezug einem Versorgungsbezug, bestimmen sich der Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag für den Hinterbliebenenbezug nach dem Jahr des Beginns des Versorgungsbezugs.8Der nach den Sätzen 3 bis 7 berechnete Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gelten für die gesamte Laufzeit des Versorgungsbezugs.9Regelmäßige Anpassungen des Versorgungsbezugs führen nicht zu einer Neuberechnung.10Abweichend hiervon sind der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag neu zu berechnen, wenn sich der Versorgungsbezug wegen Anwendung von Anrechnungs-, Ruhens-, Erhöhungs- oder Kürzungsregelungen erhöht oder vermindert.11In diesen Fällen sind die Sätze 3 bis 7 mit dem geänderten Versorgungsbezug als Bemessungsgrundlage im Sinne des Satzes 4 anzuwenden; im Kalenderjahr der Änderung sind der höchste Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag maßgebend.12Für jeden vollen Kalendermonat, für den keine Versorgungsbezüge gezahlt werden, ermäßigen sich der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in diesem Kalenderjahr um je ein Zwölftel.

(3)1Die Energiepreispauschale nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz oder vergleichbare Leistungen zum Ausgleich gestiegener Energiepreise nach Landesrecht sind als Einnahmen nach Absatz 2 zu berücksichtigen.2Sie gelten nicht als Sonderzahlung im Sinne von Absatz 2 Satz 4, jedoch als regelmäßige Anpassung des Versorgungsbezugs im Sinne von Absatz 2 Satz 9.3Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind die Energiepreispauschale und vergleichbare Leistungen bei der Berechnung einer Vorsorgepauschale nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe b und c nicht zu berücksichtigen.4In den Fällen des Satzes 1 sind die §§ 3 und 24a nicht anzuwenden.

(1)1Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 zufließen.2Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten.3Satz 2 gilt nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen.

(2)1Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge), sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen.2Für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten gilt § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 entsprechend.3Kann das Kraftfahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 genutzt werden, erhöht sich der Wert in Satz 2 für jeden Kalendermonat um 0,03 Prozent des Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie der Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3.4Der Wert nach den Sätzen 2 und 3 kann mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.5Die Nutzung des Kraftfahrzeugs zu einer Familienheimfahrt im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung ist mit 0,002 Prozent des Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstands und dem Beschäftigungsort anzusetzen; dies gilt nicht, wenn für diese Fahrt ein Abzug von Werbungskosten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 und 6 in Betracht käme; Satz 4 ist sinngemäß anzuwenden.6Bei Arbeitnehmern, für deren Sachbezüge durch Rechtsverordnung nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch Werte bestimmt worden sind, sind diese Werte maßgebend.7Die Werte nach Satz 6 sind auch bei Steuerpflichtigen anzusetzen, die nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen.8Wird dem Arbeitnehmer während einer beruflichen Tätigkeit außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte oder im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, ist diese Mahlzeit mit dem Wert nach Satz 6 (maßgebender amtlicher Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung) anzusetzen, wenn der Preis für die Mahlzeit 60 Euro nicht übersteigt.9Der Ansatz einer nach Satz 8 bewerteten Mahlzeit unterbleibt, wenn beim Arbeitnehmer für ihm entstehende Mehraufwendungen für Verpflegung ein Werbungskostenabzug nach § 9 Absatz 4a Satz 1 bis 7 in Betracht käme.10Die oberste Finanzbehörde eines Landes kann mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen für weitere Sachbezüge der Arbeitnehmer Durchschnittswerte festsetzen.11Sachbezüge, die nach Satz 1 zu bewerten sind, bleiben außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 50 Euro im Kalendermonat nicht übersteigen; die nach Absatz 1 Satz 3 nicht zu den Einnahmen in Geld gehörenden Gutscheine und Geldkarten bleiben nur dann außer Ansatz, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.12Der Ansatz eines Sachbezugs für eine dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber, auf dessen Veranlassung von einem verbundenen Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes) oder bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als Arbeitgeber auf dessen Veranlassung von einem entsprechend verbundenen Unternehmen zu eigenen Wohnzwecken überlassene Wohnung unterbleibt, soweit das vom Arbeitnehmer gezahlte Entgelt mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts und dieser nicht mehr als 25 Euro je Quadratmeter ohne umlagefähige Kosten im Sinne der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten beträgt.

(3)1Erhält ein Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 pauschal versteuert wird, so gelten als deren Werte abweichend von Absatz 2 die um 4 Prozent geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet.2Die sich nach Abzug der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile sind steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis insgesamt 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

(4)1Im Sinne dieses Gesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn

1.
die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
2.
der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
3.
die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
4.
bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht
wird.2Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 ist von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung auch dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder auf Grund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen des Arbeitgebers für eine Betriebsveranstaltung zu Arbeitslohn führen.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten mit Niederlassungen in A, B und C. Sie veranstaltet jährlich für ihre Mitarbeiter am Standort A ein Sommerfest und in der Adventszeit eine Weihnachtsfeier. Für das Sommerfest im Streitjahr (2007) mietete sie ... entsprechende Räumlichkeiten, organisierte Speisen, Getränke und Live-Musik sowie die An- und Abreise der Teilnehmer. Laut Teilnehmerliste nahmen 302 Personen an der Veranstaltung teil. Es handelte sich dabei um 252 Arbeitnehmer der Klägerin, 44 Partner bzw. Gäste oder sog. Externe sowie 6 Mitarbeiter einer mit der Klägerin assoziierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Die Kosten beliefen sich auf insgesamt 52.877 €, je Teilnehmer auf durchschnittlich 175 €.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat die Auffassung, dass die Zuwendungen anlässlich des Sommerfestes lohnsteuerpflichtig seien. Das FA erhob daher mit Bescheid vom 9. Januar 2008 entsprechend § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) pauschal Lohnsteuer in Höhe von 11.005 € nach.

4

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 443 veröffentlichten Gründen ab.

5

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

6

Sie beantragt, das angefochtene Urteil und den angefochtenen Nachforderungsbescheid aufzuheben.

7

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

8

Das Bundesministerium der Finanzen hat den Beitritt zum Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

10

Die tatsächlichen Feststellungen des FG rechtfertigen nicht den Schluss, dass die Leistungen der Klägerin anlässlich der Betriebsveranstaltung in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind. Allerdings hat das FG zutreffend entschieden, dass die Freigrenze auch im Streitjahr 110 € beträgt.

11

1. Die Nachforderung von Lohnsteuer beim Arbeitgeber durch Steuerbescheid kommt in Betracht, wenn die Lohnsteuer vorschriftswidrig nicht angemeldet worden ist und es sich um eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers handelt. Eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers liegt auch vor, wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG gegeben sind (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. April 2009 VI R 55/07, BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726).

12

Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, wenn er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Maßgeblich ist insoweit § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

13

2. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dem Tatbestandsmerkmal "für" ist nach ständiger Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass der Einnahme eine konkrete Dienstleistung des Arbeitnehmers zugeordnet werden kann (BFH-Urteile vom 21. Januar 2010 VI R 2/08, BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639; vom 22. März 1985 VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; vom 21. Februar 1986 VI R 21/84, BFHE 146, 87, BStBl II 1986, 406).

14

a) Arbeitslohn liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH u.a. dann nicht vor, wenn die Arbeitnehmer durch Sachzuwendungen des Arbeitgebers bereichert werden, der Arbeitgeber jedoch mit seinen Leistungen ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt (BFH-Urteile vom 22. Oktober 1976 VI R 26/74, BFHE 120, 379, BStBl II 1977, 99; vom 17. September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39; in BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639; vom 21. Januar 2010 VI R 51/08, BFHE 228, 85, BStBl II 2010, 700; jeweils m.w.N.; s. auch Drenseck in Festschrift für Lang, Köln 2010, 477, 482; Schmidt/Krüger, EStG, 31. Aufl., § 19 Rz 30 ff.; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 19 Rz 64 ff.; Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG Rz 225 ff.).

15

b) Ebenfalls in ständiger Rechtsprechung bejaht der Senat bei Zuwendungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen ein eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers, sofern er die Aufwendungen tätigt, um den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima zu fördern (BFH-Urteile in BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; in BFHE 146, 87, BStBl II 1986, 406; vom 25. Mai 1992 VI R 85/90, BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655; vom 6. Dezember 1996 VI R 48/94, BFHE 182, 142, BStBl II 1997, 331; vom 16. November 2005 VI R 68/00, BFHE 212, 51, BStBl II 2006, 440; VI R 151/99, BFHE 211, 321, BStBl II 2006, 439; VI R 157/98, BFHE 212, 48, BStBl II 2006, 437; VI R 118/01, BFHE 212, 55, BStBl II 2006, 444; VI R 151/00, BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442; vom 15. Januar 2009 VI R 22/06, BFHE 224, 136, BStBl II 2009, 476; in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726). Maßgebend für diese Beurteilung ist, dass die fraglichen Zuwendungen der Belegschaft als ganzer angeboten und dass die Vorteile unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie der Stellung und Leistung im Betrieb gewährt werden. In diesem Fall fehlt es regelmäßig an einer Beziehung der Arbeitgeberleistung zur individuellen Arbeitsleistung der betroffenen Arbeitnehmer und damit an der Entlohnung (BFH-Urteil in BFHE 146, 87, BStBl II 1986, 406).

16

c) Geldwerte Vorteile, die den Arbeitnehmern bei Betriebsveranstaltungen zufließen, können allerdings dann als Ertrag ihrer individuellen Dienstleistung angesehen werden, wenn eine Betriebsveranstaltung lediglich zum Anlass genommen wird, die Arbeitnehmer zusätzlich zu entgelten. Nach der früheren Rechtsprechung des Senats war dies der Fall, wenn bei solchen Veranstaltungen der "übliche Rahmen von Aufwendungen" der Höhe nach überschritten wird (BFH-Urteile in BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; vom 22. März 1985 VI R 82/83, BFHE 143, 550, BStBl II 1985, 532).

17

d) Später hat der Senat die lohnsteuerrechtliche Wertung derartiger Zuwendungen nicht mehr davon abhängig gemacht, ob die Vorteilsgewährung der Höhe nach üblich ist, sondern er hat eine Freigrenze angenommen, bei deren Überschreitung die Zuwendungen in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind (BFH-Urteile in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655; in BFHE 182, 142, BStBl II 1997, 331; in BFHE 212, 51, BStBl II 2006, 440; in BFHE 211, 321, BStBl II 2006, 439; in BFHE 212, 48, BStBl II 2006, 437; in BFHE 212, 55, BStBl II 2006, 444; in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442; in BFHE 224, 136, BStBl II 2009, 476; in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726; s. auch Küttner/Thomas, Personalbuch 2012, Stichwort Betriebsveranstaltung, Rz 3). Der Senat ging bisher davon aus, dass er mit der Festlegung der Freigrenze die Befugnisse richterlicher Rechtsanwendung nicht überschritten hat (BFH-Urteile in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655; in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442).

18

e) Für die Jahre 1983 bis 1992 hatte der BFH die Freigrenze auf 150 DM beziffert. Die Finanzverwaltung hatte bald nach dem Ergehen des Senatsurteils in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655 mit Wirkung ab 1993 die Freigrenze auf 200 DM heraufgesetzt. Ab Veranlagungszeitraum 2002 legt die Finanzverwaltung eine Freigrenze von 110 € je Veranstaltung zugrunde (BFH-Urteil in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442; s. für das Streitjahr R 72 Abs. 4 Satz 2 der Lohnsteuer-Richtlinien --LStR-- 2005). Der BFH hatte seinerseits für die Jahre 1996 und 1997 die Freigrenze auf 200 DM festgelegt (BFH-Urteil in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442; zum Jahr 2001 s. BFH-Urteil in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726).

19

In die Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, sind grundsätzlich die den Arbeitgeber treffenden Gesamtkosten der Veranstaltung einzubeziehen und zu gleichen Teilen sämtlichen Teilnehmern zuzurechnen (BFH-Urteile in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655 mit Hinweis auf Abschn. 72 Abs. 4 LStR 1990; in BFHE 212, 48, BStBl II 2006, 437; in BFHE 212, 55, BStBl II 2006, 444). Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, mit den üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Bei diesem Wert, der im Schätzungsweg zu ermitteln ist, handelt es sich um den Betrag, den ein Fremder unter gewöhnlichen Verhältnissen für Güter gleicher Art im freien Verkehr aufwenden muss. Nach Auffassung des Senats ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, den Wert der dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewandten Leistungen anhand der Kosten zu schätzen, die der Arbeitgeber dafür seinerseits aufgewendet hat. Denn es kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass auch ein Fremder diesen Betrag für die Veranstaltung hätte aufwenden müssen. Sofern sich ein Beteiligter für die Bewertung auf eine abweichende Wertbestimmung beruft, muss er konkret darlegen, dass eine Schätzung des üblichen Endpreises am Abgabeort anhand der vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten dem objektiven Wert der Veranstaltung nicht entspricht (BFH-Urteil vom 18. August 2005 VI R 32/03, BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30, zur Zuwendung einer Reise).

20

3. Die Festlegung einer höheren Freigrenze für das Streitjahr durch den Senat kommt nicht in Betracht.

21

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sind Finanzgerichte im Steuerrecht zur Typisierung befugt, sofern es sich dabei um Gesetzesauslegung handelt (Entscheidungen des BVerfG vom 31. Mai 1988  1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214; vom 4. Februar 2005  2 BvR 1572/01, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2005, 352; s. auch BFH-Urteile vom 21. September 2011 I R 7/11, BFHE 235, 273, BFH/NV 2012, 310; vom 27. Januar 2010 IX R 31/09, BFHE 229, 90, BStBl II 2011, 28; vom 15. März 2005 X R 39/03, BFHE 209, 320, BStBl II 2005, 817; Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 1 FGO Rz 144; Kanzler, Finanz-Rundschau 2009, 527; Pahlke, Beiheft zum Deutschen Steuerrecht, Heft 31/2011, 66).

22

Es kann hier dahinstehen, ob an der, wie erwähnt, bisher vom Senat vertretenen Auffassung, dass sich die Rechtsprechung mit der Bildung der genannten Freigrenze noch im Rahmen ihrer Ermächtigung zur typisierenden Gesetzesauslegung bewegt, zukünftig uneingeschränkt festgehalten werden kann. Denn der Senat ist der Meinung, dass zumindest eine ständige Anpassung des Höchstbetrags an die Geldentwicklung nicht Aufgabe des Gerichts ist, zumal auch der Gesetz- und Verordnungsgeber Pauschbeträge nicht laufend, sondern allenfalls von Zeit zu Zeit korrigiert (BFH-Urteile in BFHE 182, 142, BStBl II 1997, 331; in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442). Der Senat hält auch zur Gewährleistung von Rechtsanwendungsgleichheit und Rechtssicherheit für den streitigen Zeitraum an dem Höchstbetrag von 110 € fest, zumal nach seiner Einschätzung der Betrag noch ausreicht, um im Rahmen einer Betriebsveranstaltung den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima zu fördern (gl.A. Zimmermann, EFG 2011, 446). Er ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass die Finanzverwaltung erwägen sollte, alsbald den Höchstbetrag, ab dem Zuwendungen des Arbeitgebers bei Betriebsveranstaltungen beim teilnehmenden Arbeitnehmer in vollem Umfang als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind, neu und auf der Grundlage von Erfahrungswissen zu bemessen. Im Übrigen behält sich der Senat vor, ggf. seine bisherige Rechtsprechung zur Zulässigkeit typisierender Gesetzesauslegung im hier fraglichen Bereich zu überprüfen.

23

4. Hält der Senat danach zunächst an der Bedeutung und Wirksamkeit einer Freigrenze prinzipiell fest, besteht jedoch Anlass, auf Folgendes hinzuweisen:

24

Es muss sich bei den Kosten des Arbeitgebers, die in die Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, einbezogen werden, um Arbeitslohn aus Anlass einer Betriebsveranstaltung handeln. Nach der Rechtsprechung des BFH sind nur solche Leistungen des Arbeitgebers, die den Rahmen und das Programm der Betriebsveranstaltung betreffen, zu berücksichtigen. Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen und durch die der Arbeitnehmer deshalb nicht bereichert ist (s. dazu BFH-Urteil vom 14. November 2012 VI R 56/11, BFHE 239, 410), sind kein Lohn und daher weder in die Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, einzubeziehen noch gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG zu besteuern (BFH-Urteil vom 7. November 2006 VI R 58/04, BFHE 215, 249, BStBl II 2007, 128). Entsprechendes gilt für Aufwendungen des Arbeitgebers, die nicht direkt der Betriebsveranstaltung zuzuordnen sind (z.B. Kosten der Buchhaltung oder für die Beschäftigung eines "Event-Managers"). Zudem ist zu beachten, dass eine Betriebsveranstaltung Elemente einer sonstigen betrieblichen Veranstaltung enthalten kann, die nicht zur Lohnzuwendung führt (BFH-Urteil in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726, m.w.N.).

25

In die angesprochene Gesamtkostenermittlung dürfen im Übrigen nur solche Kosten des Arbeitgebers einfließen, die untrennbar Kosten der Betriebsveranstaltung sind. Individualisierbare und als Arbeitslohn zu berücksichtigende Leistungen sind gesondert zu erfassen, ggf. unter Beachtung von § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG.

26

5. Die Sache ist nicht spruchreif.

27

Das FG hat zwar festgestellt, dass sich die Gesamtkosten der Veranstaltung auf 52.877 € beliefen. Dem Urteil lassen sich jedoch keine Angaben zur Struktur der Kosten entnehmen. Insbesondere steht nicht fest, ob, nach Maßgabe der genannten Grundsätze, die entsprechenden Leistungen insgesamt in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung standen und deshalb Lohncharakter anzunehmen ist. Auch ist nicht geklärt, welche Leistungen untrennbare Teile der Betriebsveranstaltung sind und welche einzelnen Arbeitnehmern zugeordnet werden können. Soweit sich etwa den Unterlagen entnehmen lässt, dass auch Kosten für Fahrten mit Taxen angesetzt wurden, weist der Senat daraufhin, dass es sich dabei allenfalls um Zuwendungen an einzelne Arbeitnehmer handeln kann.

28

Das FG wird demnach im zweiten Rechtsgang nach den genannten Grundsätzen die Ermittlung der als Arbeitslohn zu beurteilenden Gesamtkosten der Betriebsveranstaltung und die Aufteilung des Gesamtbetrags auf die Arbeitnehmer der Klägerin, soweit sie teilgenommen haben, erneut vornehmen. Nur wenn das FG zu dem Ergebnis gelangt, dass der Höchstbetrag von 110 € überschritten wurde, sind die Gesamtkosten in vollem Umfang als Arbeitslohn zu werten und können gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG pauschal versteuert werden.

(1)1Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 zufließen.2Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten.3Satz 2 gilt nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen.

(2)1Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge), sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen.2Für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten gilt § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 entsprechend.3Kann das Kraftfahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 genutzt werden, erhöht sich der Wert in Satz 2 für jeden Kalendermonat um 0,03 Prozent des Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie der Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3.4Der Wert nach den Sätzen 2 und 3 kann mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.5Die Nutzung des Kraftfahrzeugs zu einer Familienheimfahrt im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung ist mit 0,002 Prozent des Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstands und dem Beschäftigungsort anzusetzen; dies gilt nicht, wenn für diese Fahrt ein Abzug von Werbungskosten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 und 6 in Betracht käme; Satz 4 ist sinngemäß anzuwenden.6Bei Arbeitnehmern, für deren Sachbezüge durch Rechtsverordnung nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch Werte bestimmt worden sind, sind diese Werte maßgebend.7Die Werte nach Satz 6 sind auch bei Steuerpflichtigen anzusetzen, die nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen.8Wird dem Arbeitnehmer während einer beruflichen Tätigkeit außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte oder im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, ist diese Mahlzeit mit dem Wert nach Satz 6 (maßgebender amtlicher Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung) anzusetzen, wenn der Preis für die Mahlzeit 60 Euro nicht übersteigt.9Der Ansatz einer nach Satz 8 bewerteten Mahlzeit unterbleibt, wenn beim Arbeitnehmer für ihm entstehende Mehraufwendungen für Verpflegung ein Werbungskostenabzug nach § 9 Absatz 4a Satz 1 bis 7 in Betracht käme.10Die oberste Finanzbehörde eines Landes kann mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen für weitere Sachbezüge der Arbeitnehmer Durchschnittswerte festsetzen.11Sachbezüge, die nach Satz 1 zu bewerten sind, bleiben außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 50 Euro im Kalendermonat nicht übersteigen; die nach Absatz 1 Satz 3 nicht zu den Einnahmen in Geld gehörenden Gutscheine und Geldkarten bleiben nur dann außer Ansatz, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.12Der Ansatz eines Sachbezugs für eine dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber, auf dessen Veranlassung von einem verbundenen Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes) oder bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als Arbeitgeber auf dessen Veranlassung von einem entsprechend verbundenen Unternehmen zu eigenen Wohnzwecken überlassene Wohnung unterbleibt, soweit das vom Arbeitnehmer gezahlte Entgelt mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts und dieser nicht mehr als 25 Euro je Quadratmeter ohne umlagefähige Kosten im Sinne der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten beträgt.

(3)1Erhält ein Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 pauschal versteuert wird, so gelten als deren Werte abweichend von Absatz 2 die um 4 Prozent geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet.2Die sich nach Abzug der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile sind steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis insgesamt 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

(4)1Im Sinne dieses Gesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn

1.
die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
2.
der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
3.
die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
4.
bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht
wird.2Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 ist von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung auch dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder auf Grund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat.

(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören

1.
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;
1a.
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung).2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen;
2.
Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, auch soweit sie von Arbeitgebern ausgleichspflichtiger Personen an ausgleichsberechtigte Personen infolge einer nach § 10 oder § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes durchgeführten Teilung geleistet werden;
3.
laufende Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung.2Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben den laufenden Beiträgen und Zuwendungen an eine solche Versorgungseinrichtung leistet, mit Ausnahme der Zahlungen des Arbeitgebers
a)
zur erstmaligen Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätskapitalanforderung nach den §§ 89, 213, 234g oder 238 des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
b)
zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung nach unvorhersehbaren Verlusten oder zur Finanzierung der Verstärkung der Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse, wobei die Sonderzahlungen nicht zu einer Absenkung des laufenden Beitrags führen oder durch die Absenkung des laufenden Beitrags Sonderzahlungen ausgelöst werden dürfen,
c)
in der Rentenbezugszeit nach § 236 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder
d)
in Form von Sanierungsgeldern;
Sonderzahlungen des Arbeitgebers sind insbesondere Zahlungen an eine Pensionskasse anlässlich
a)
seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung oder
b)
des Wechsels von einer nicht im Wege der Kapitaldeckung zu einer anderen nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung.
3Von Sonderzahlungen im Sinne des Satzes 2 zweiter Halbsatz Buchstabe b ist bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf nur auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach dem Wechsel die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt des Wechsels übersteigt.4Sanierungsgelder sind Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse anlässlich der Systemumstellung einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung auf der Finanzierungs- oder Leistungsseite, die der Finanzierung der zum Zeitpunkt der Umstellung bestehenden Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften dienen; bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf ist nur von Sanierungsgeldern auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach der Systemumstellung die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt der Systemumstellung übersteigt.
2Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht.

(2)1Von Versorgungsbezügen bleiben ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei.2Versorgungsbezüge sind

1.
das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug
a)
auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften,
b)
nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften
oder
2.
in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge; Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
3Der maßgebende Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr des
Versorgungs-
beginns
VersorgungsfreibetragZuschlag zum
Versorgungs-
freibetrag
in Euro
in % der
Versorgungs-
bezüge
Höchstbetrag
in Euro
bis 200540,03 000900
ab 200638,42 880864
200736,82 760828
200835,22 640792
200933,62 520756
201032,02 400720
201130,42 280684
201228,82 160648
201327,22 040612
201425,61 920576
201524,01 800540
201622,41 680504
201720,81 560468
201819,21 440432
201917,61 320396
202016,01 200360
202115,21 140342
202214,41 080324
202313,61 020306
202412,8960288
202512,0900270
202611,2840252
202710,4780234
20289,6720216
20298,8660198
20308,0600180
20317,2540162
20326,4480144
20335,6420126
20344,8360108
20354,030090
20363,224072
20372,418054
20381,612036
20390,86018
20400,000


4Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag ist
a)
bei Versorgungsbeginn vor 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für Januar 2005,
b)
bei Versorgungsbeginn ab 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den ersten vollen Monat,
jeweils zuzüglich voraussichtlicher Sonderzahlungen im Kalenderjahr, auf die zu diesem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch besteht.5Der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag darf nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag geminderten Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden.6Bei mehreren Versorgungsbezügen mit unterschiedlichem Bezugsbeginn bestimmen sich der insgesamt berücksichtigungsfähige Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach dem Jahr des Beginns des ersten Versorgungsbezugs.7Folgt ein Hinterbliebenenbezug einem Versorgungsbezug, bestimmen sich der Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag für den Hinterbliebenenbezug nach dem Jahr des Beginns des Versorgungsbezugs.8Der nach den Sätzen 3 bis 7 berechnete Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gelten für die gesamte Laufzeit des Versorgungsbezugs.9Regelmäßige Anpassungen des Versorgungsbezugs führen nicht zu einer Neuberechnung.10Abweichend hiervon sind der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag neu zu berechnen, wenn sich der Versorgungsbezug wegen Anwendung von Anrechnungs-, Ruhens-, Erhöhungs- oder Kürzungsregelungen erhöht oder vermindert.11In diesen Fällen sind die Sätze 3 bis 7 mit dem geänderten Versorgungsbezug als Bemessungsgrundlage im Sinne des Satzes 4 anzuwenden; im Kalenderjahr der Änderung sind der höchste Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag maßgebend.12Für jeden vollen Kalendermonat, für den keine Versorgungsbezüge gezahlt werden, ermäßigen sich der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in diesem Kalenderjahr um je ein Zwölftel.

(3)1Die Energiepreispauschale nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz oder vergleichbare Leistungen zum Ausgleich gestiegener Energiepreise nach Landesrecht sind als Einnahmen nach Absatz 2 zu berücksichtigen.2Sie gelten nicht als Sonderzahlung im Sinne von Absatz 2 Satz 4, jedoch als regelmäßige Anpassung des Versorgungsbezugs im Sinne von Absatz 2 Satz 9.3Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind die Energiepreispauschale und vergleichbare Leistungen bei der Berechnung einer Vorsorgepauschale nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe b und c nicht zu berücksichtigen.4In den Fällen des Satzes 1 sind die §§ 3 und 24a nicht anzuwenden.

Soweit §§ 83 bis 89 nicht abweichende Vorschriften enthalten, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 371, 372 bis 377, 380 bis 382, 386 bis 414 und 450 bis 494 der Zivilprozessordnung sinngemäß anzuwenden.

Der Zeugenbeweis wird durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 11. Februar 2016  1 K 464/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachte Revisionszulassungsgrund liegt, soweit er überhaupt den Darlegungsanforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt, jedenfalls nicht vor.

2

1. Mit dem Vorbringen, das Finanzgericht (FG) habe die angebotenen Zeugenbeweise (Zeugen H und G) zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, rügt die Klägerin die Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) und damit einen Verfahrensmangel gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Diese Rüge geht fehl.

3

a) Ausweislich des angefochtenen Urteils hat die Klägerin zwei Zeugen (Zeugen H und G) benannt, die bekunden sollten, dass Sanierungsarbeiten durchgeführt worden seien. Darüber hinaus könne der Zeuge H bekunden, dass er für die durchgeführten Arbeiten seiner Subunternehmer bar bezahlt worden sei. Er habe in einem Schreiben vom 4. August 2010 ausgeführt, dass er im Rahmen des Bauvorhabens ... diverse Rechnungen gestellt habe, die von der Klägerin bezahlt worden seien.

4

b) Diesen Beweisanträgen ist das FG mit der Begründung, die Anträge seien unsubstantiiert, nicht nachgekommen. Die Klägerin habe nicht dargetan, welche Arbeiten der Zeuge H oder seine Subunternehmer ausgeführt hätten. Die angeblichen Barzahlungen seien darüber hinaus weder mit Quittungen belegt noch habe die Klägerin angegeben, wann und wo sie wem und in welcher Höhe Bargeld überbracht habe.

5

c) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass das FG einem Beweisantrag nur dann nachkommen muss, wenn dieser substantiiert ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Dezember 2007 I B 134/07, BFH/NV 2008, 736, unter II.2.b, m.w.N.). Das setzt voraus, dass das Beweisthema und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme in Bezug auf einzelne konkrete Tatsachen genau angegeben werden (BFH-Beschluss vom 14. September 2015 VIII B 40/15, nicht veröffentlicht, Rz 10, m.w.N.). Unsubstantiiert sind aber nicht nur Beweisanträge, die das Beweisthema nicht hinreichend konkretisieren, sondern auch solche Anträge, die dazu dienen sollen, unsubstantiierte Behauptungen zu stützen (BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2001 VIII B 132/00, BFH/NV 2002, 661, unter 2.b). In welchem Maße eine solche Substantiierung zu fordern ist, hängt von der im Einzelfall bestehenden Mitwirkungspflicht des Beteiligten ab. Zu berücksichtigen ist deshalb auch, ob die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, dem Wissens- und Einflussbereich des Beteiligten (Beweisführers) zuzurechnen sind, der die Verletzung der Sachaufklärungspflicht rügt (BFH-Beschluss vom 7. November 2011 I B 172/11, BFH/NV 2013, 561, Rz 11). Beweisanträge, denen unsubstantiierte Behauptungen zugrunde liegen, lösen als sog. Beweisermittlungsanträge keine Pflicht des Gerichts zur Beweiserhebung aus (BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 661, unter 2.b).

6

d) Gemessen daran hat das FG im Streitfall zu Recht angenommen, dass die bloße Behauptung der Barzahlung für die angeblich erfolgten Sanierungsaufwendungen den gestellten Beweisantrag, den Zeugen H hierzu zu vernehmen, nicht als hinreichend bestimmt erscheinen lasse. Der Zeuge H hatte hierzu in seiner Stellungnahme vom 4. August 2010 lediglich ausgeführt, dass er das Geld erhalten habe. Auch aus diesem Schreiben ergeben sich keine weiteren Einzelheiten. Sind allerdings --wie hier-- die maßgebenden Tatsachenfragen von Anfang an streitig gewesen und geblieben, darf das FG davon ausgehen, dass jedenfalls ein fachkundig vertretener Steuerpflichtiger bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz das ihm Mögliche tut, um die für seine Position günstigen und in seinem Wissensbereich liegenden Tatsachen im Einzelnen vorzutragen. Deshalb hätte es der Klägerin oblegen, die einzelnen Zahlungsvorgänge näher zu konkretisieren, beispielsweise anhand von Quittungen, Kontoabhebungen (Herkunft der Mittel), Angabe zur Höhe der einzelnen Beträge, Zeit und Ort der Übergabe des Geldes sowie Angaben zum Überbringer und Empfänger. An der demnach notwendigen Konkretisierung der behaupteten Umstände fehlt es jedoch, weshalb das FG von der Beweiserhebung zu Recht abgesehen hat.

7

e) Da sich das FG schon nicht die Überzeugung bilden konnte, dass und in welchem Umfang die Klägerin die Aufwendungen für die behaupteten Sanierungsarbeiten selbst getragen hat, kam es auf den Umstand, ob überhaupt Sanierungsarbeiten getätigt worden sind, nicht an. Es bedarf hier deshalb keiner Entscheidung, ob der Zeugenbeweis durch Herrn G insoweit ein taugliches Beweismittel gewesen wäre.

8

f) Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am Sitzungstag des anberaumten Erörterungstermins (15. Dezember 2015) telefonisch der zuständigen Berichterstatterin mitgeteilt hat, dass er zum Erörterungstermin nicht erscheinen werde. Nach Aufhebung des Erörterungstermins und nach der Stellung der Beweisanträge hat die Klägerin nach entsprechender Anfrage auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und damit zu erkennen gegeben, dass sie eine weitere Beweiserhebung nicht für erforderlich hält (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. Februar 2016 XI B 53/15, BFH/NV 2016, 954, Rz 34, und vom 28. August 2006 V B 56/06, BFH/NV 2007, 70).

9

2. Von einer weiteren Begründung und der Sachverhaltsdarstellung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

10

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei. § 110 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.

(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören

1.
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;
1a.
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung).2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen;
2.
Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, auch soweit sie von Arbeitgebern ausgleichspflichtiger Personen an ausgleichsberechtigte Personen infolge einer nach § 10 oder § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes durchgeführten Teilung geleistet werden;
3.
laufende Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung.2Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben den laufenden Beiträgen und Zuwendungen an eine solche Versorgungseinrichtung leistet, mit Ausnahme der Zahlungen des Arbeitgebers
a)
zur erstmaligen Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätskapitalanforderung nach den §§ 89, 213, 234g oder 238 des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
b)
zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung nach unvorhersehbaren Verlusten oder zur Finanzierung der Verstärkung der Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse, wobei die Sonderzahlungen nicht zu einer Absenkung des laufenden Beitrags führen oder durch die Absenkung des laufenden Beitrags Sonderzahlungen ausgelöst werden dürfen,
c)
in der Rentenbezugszeit nach § 236 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder
d)
in Form von Sanierungsgeldern;
Sonderzahlungen des Arbeitgebers sind insbesondere Zahlungen an eine Pensionskasse anlässlich
a)
seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung oder
b)
des Wechsels von einer nicht im Wege der Kapitaldeckung zu einer anderen nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung.
3Von Sonderzahlungen im Sinne des Satzes 2 zweiter Halbsatz Buchstabe b ist bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf nur auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach dem Wechsel die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt des Wechsels übersteigt.4Sanierungsgelder sind Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse anlässlich der Systemumstellung einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung auf der Finanzierungs- oder Leistungsseite, die der Finanzierung der zum Zeitpunkt der Umstellung bestehenden Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften dienen; bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf ist nur von Sanierungsgeldern auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach der Systemumstellung die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt der Systemumstellung übersteigt.
2Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht.

(2)1Von Versorgungsbezügen bleiben ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei.2Versorgungsbezüge sind

1.
das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug
a)
auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften,
b)
nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften
oder
2.
in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge; Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
3Der maßgebende Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr des
Versorgungs-
beginns
VersorgungsfreibetragZuschlag zum
Versorgungs-
freibetrag
in Euro
in % der
Versorgungs-
bezüge
Höchstbetrag
in Euro
bis 200540,03 000900
ab 200638,42 880864
200736,82 760828
200835,22 640792
200933,62 520756
201032,02 400720
201130,42 280684
201228,82 160648
201327,22 040612
201425,61 920576
201524,01 800540
201622,41 680504
201720,81 560468
201819,21 440432
201917,61 320396
202016,01 200360
202115,21 140342
202214,41 080324
202313,61 020306
202412,8960288
202512,0900270
202611,2840252
202710,4780234
20289,6720216
20298,8660198
20308,0600180
20317,2540162
20326,4480144
20335,6420126
20344,8360108
20354,030090
20363,224072
20372,418054
20381,612036
20390,86018
20400,000


4Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag ist
a)
bei Versorgungsbeginn vor 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für Januar 2005,
b)
bei Versorgungsbeginn ab 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den ersten vollen Monat,
jeweils zuzüglich voraussichtlicher Sonderzahlungen im Kalenderjahr, auf die zu diesem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch besteht.5Der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag darf nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag geminderten Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden.6Bei mehreren Versorgungsbezügen mit unterschiedlichem Bezugsbeginn bestimmen sich der insgesamt berücksichtigungsfähige Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach dem Jahr des Beginns des ersten Versorgungsbezugs.7Folgt ein Hinterbliebenenbezug einem Versorgungsbezug, bestimmen sich der Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag für den Hinterbliebenenbezug nach dem Jahr des Beginns des Versorgungsbezugs.8Der nach den Sätzen 3 bis 7 berechnete Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gelten für die gesamte Laufzeit des Versorgungsbezugs.9Regelmäßige Anpassungen des Versorgungsbezugs führen nicht zu einer Neuberechnung.10Abweichend hiervon sind der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag neu zu berechnen, wenn sich der Versorgungsbezug wegen Anwendung von Anrechnungs-, Ruhens-, Erhöhungs- oder Kürzungsregelungen erhöht oder vermindert.11In diesen Fällen sind die Sätze 3 bis 7 mit dem geänderten Versorgungsbezug als Bemessungsgrundlage im Sinne des Satzes 4 anzuwenden; im Kalenderjahr der Änderung sind der höchste Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag maßgebend.12Für jeden vollen Kalendermonat, für den keine Versorgungsbezüge gezahlt werden, ermäßigen sich der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in diesem Kalenderjahr um je ein Zwölftel.

(3)1Die Energiepreispauschale nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz oder vergleichbare Leistungen zum Ausgleich gestiegener Energiepreise nach Landesrecht sind als Einnahmen nach Absatz 2 zu berücksichtigen.2Sie gelten nicht als Sonderzahlung im Sinne von Absatz 2 Satz 4, jedoch als regelmäßige Anpassung des Versorgungsbezugs im Sinne von Absatz 2 Satz 9.3Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind die Energiepreispauschale und vergleichbare Leistungen bei der Berechnung einer Vorsorgepauschale nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe b und c nicht zu berücksichtigen.4In den Fällen des Satzes 1 sind die §§ 3 und 24a nicht anzuwenden.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, einzulegen.

(2) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 ist unbefristet.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei. § 110 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 2. Juli 2014  8 K 1658/13 aufgehoben.

Die Sache wird an das Hessische Finanzgericht zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Mutter ihres im Dezember 1992 geborenen Sohnes (S). S beendete im Juni 2012 seine schulische Ausbildung mit dem Abitur.

2

Mit Bescheid vom 17. Januar 2013 hob die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) die zugunsten der Klägerin für S erfolgte Kindergeldfestsetzung für die Monate August bis November 2012 auf und forderte das insoweit bereits ausbezahlte Kindergeld von der Klägerin zurück. Zur Begründung verwies sie auf das Fehlen eines Berücksichtigungstatbestands nach § 32 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im Bescheid war die E-Mail-Adresse der Familienkasse angegeben.

3

Gegen den Aufhebungsbescheid erhob die Klägerin mit einfacher E-Mail vom 23. Januar 2013 unter Berufung auf eine Arbeitsuchendmeldung vom 24. September 2012 Einspruch, den die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 2013 als unbegründet zurückwies.

4

Im Rahmen des hiergegen geführten Klageverfahrens wies der beim Finanzgericht (FG) zur Bearbeitung des Streitfalls bestellte Berichterstatter mit Schreiben vom 2. April 2014 die Beteiligten erstmals u.a. darauf hin, dass seiner Ansicht nach kein wirksamer Einspruch erhoben worden sei, da für eine Einspruchseinlegung durch E-Mail nach § 87a Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich gewesen sei.

5

Dem folgend wies das FG die Klage als unbegründet ab, da der angegriffene Bescheid mangels wirksamer Anfechtung Bestandskraft erlangt habe. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1749 veröffentlicht.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

7

Die Klägerin beantragt, das angegriffene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

8

Die Familienkasse beantragt, der Revision stattzugeben.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrer einfachen E-Mail vom 23. Januar 2013 keinen wirksamen Einspruch eingelegt hat.

10

1.a) Gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung ist der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer ihn eingelegt hat (§ 357 Abs. 1 Satz 2 AO). Einlegung durch Telegramm ist zulässig (§ 357 Abs. 1 Satz 3 AO).

11

b) Gemäß § 87a Abs. 1 Satz 1 AO ist die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat. Nach § 87a Abs. 3 Satz 1 AO kann eine durch Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen an die Finanzbehörden angeordnete Schriftform, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. In diesem Fall ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen (§ 87a Abs. 3 Satz 2 AO). Die Signierung mit einem Pseudonym ist nicht zulässig (§ 87a Abs. 3 Satz 3 AO).

12

2. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) umfasst die für den Einspruch geforderte Schriftlichkeit nicht auch das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift des Einspruchsführers (Senatsurteil vom 30. Oktober 1997 III R 27/93, BFH/NV 1998, 942, Rz 15; ebenso Siegers in Hübschmann/Hepp/ Spitaler --HHSp-- § 357 AO Rz 16; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 357 AO Rz 12). Dies folgt vor allem aus § 357 Abs. 1 Satz 2 AO. Danach reicht es aus, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Insofern findet § 126 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wonach bei einer durch Gesetz vorgeschriebenen schriftlichen Form die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden muss, keine Anwendung. Das bedeutet, dass der schriftliche Einspruch auch ohne Unterschrift des Einspruchsführers wirksam ist, sofern das Schriftstück aus seinem sonstigen Inhalt den Einspruchsführer und den Gegenstand des Einspruchs erkennen lässt (Bartone in Beermann/ Gosch, AO § 357 Rz 20).

13

3. Wird der Einspruch elektronisch eingelegt, setzt dessen Wirksamkeit keine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz voraus. § 87a Abs. 3 Satz 2 AO findet für die Einlegung eines Einspruchs keine Anwendung.

14

a) Diese Auslegung steht im Einklang mit dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften.

15

aa) § 357 Abs. 1 Satz 1 AO fordert nur eine schriftliche Einlegung des Einspruchs. Dabei kann aus dem Begriff "schriftlich" nicht ohne Weiteres auf ein die eigenhändige Unterschrift umfassendes "Schriftform"-Erfordernis geschlossen werden (Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 87a Rz 72). Vielmehr ist in den Fällen, in denen das Gesetz Begriffe wie "Schriftstück" oder "schriftlich" verwendet, im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die schriftliche Erklärung eine der Funktionen (Abschluss-, Perpetuierungs-, Identitäts-, Echtheits-, Verifikations-, Beweis- und Warnfunktion, s. zu den Begriffsinhalten im Einzelnen BTDrucks 14/9000, S. 31, zu § 3a Abs. 2 Satz 1 und 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes --VwVfG--) erfüllen muss, die der Unterschrift zugeordnet werden, und aus diesem Grund auch eine Unterschrift zu fordern ist (Thürmer in HHSp § 87a AO Rz 98, 107; Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 87a Rz 72 f.). Ein solches Unterschriftserfordernis besteht im Falle der Einspruchseinlegung --wie unter II.2. ausgeführt-- jedoch gerade nicht.

16

bb) Demgegenüber bezieht sich § 87a Abs. 3 Satz 1 AO auf die Substitution der durch Gesetz angeordneten "Schriftform" durch die "elektronische Form". Nur in diesem Fall ist das von der Schriftform umfasste Unterschriftserfordernis gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 AO durch die elektronische Signatur zu ersetzen. Der Wortlaut des § 87a Abs. 3 Satz 1 und 2 AO steht daher der Zulassung eines einfachen elektronischen Dokuments nicht entgegen, wenn das Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen nicht die Schriftform verlangt, sondern eine Erklärung genügen lässt, die zwar schriftlich, d.h. in Text- oder Papierform erfolgen, aber keine eigenhändige Unterschrift enthalten muss.

17

b) Für diese Auslegung sprechen auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers sowie der Sinn und Zweck und die Systematik der betroffenen Regelungen.

18

aa) Nach der Begründung zum Entwurf der Bundesregierung zum Dritten Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (3. VwVfGÄndG) sollten einerseits allgemeine Schriftformerfordernisse in Verwaltungsverfahren, die rechtsverbindliches Handeln des Bürgers verlangen, stets durch eine mit einer qualifizierten elektronischen Signatur verbundene elektronische Form ersetzt werden können (BTDrucks 14/9000, S. 28). Entsprechend sollte ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, gesetzlich angeordneten Schriftformerfordernissen genügen und die der Schriftform zugeordneten Funktionen erfüllen (BTDrucks 14/9000, S. 31, zu § 3a Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVfG). Andererseits sollte durch die Ergänzung des Begriffs "schriftlich" zum Begriffspaar "schriftlich oder elektronisch" auch die Möglichkeit der Nutzung einfacher elektronischer Kommunikation eröffnet werden, soweit der Schriftform im jeweiligen Normkontext über z.B. den Dokumentations- und Nachweischarakter hinaus keine eigenständige, vor allem rechtliche Bedeutung zukommt (BTDrucks 14/9000, S. 28 f.). Dieses Grundverständnis lag auch dem an § 3a VwVfG angelehnten § 87a AO zu Grunde. Entsprechend sollten abweichende Regelungen, die z.B. eine Verpflichtung der Finanzbehörden vorsehen, elektronische Anträge oder Erklärungen entgegenzunehmen, vorrangig gegenüber § 87a AO berücksichtigt werden (BTDrucks 14/9000, S. 35 f., zu 87a Abs. 1 AO).

19

bb) Zwar hat es der Gesetzgeber versäumt, bereits im Rahmen des 3. VwVfGÄndG vom 21. August 2002 (BGBl I 2002, 3322, BStBl I 2002, 820) in § 357 Abs. 1 Satz 1 AO den Begriff "schriftlich" zum Begriffspaar "schriftlich oder elektronisch" zu ergänzen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber dies mit dem Ziel unterlassen hat, die elektronische Einspruchseinlegung von einer qualifizierten elektronischen Signatur abhängig zu machen. Vielmehr ergibt sich aus der Begründung zur Einführung des § 87a Abs. 3 bis 5 AO, dass der Gesetzgeber die qualifizierte elektronische Signatur vor allem für die Fälle vorsehen wollte, in denen das Gesetz insbesondere bei der Abgabe von Steuererklärungen --anders als bei § 357 Abs. 1 Satz 2 AO-- eine eigenhändige Unterschrift fordert (BTDrucks 14/9000, S. 36, zu § 87a Abs. 3 bis 5 AO).

20

cc) Für dieses Verständnis spricht auch die Begründung zum Entwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften. Danach sollte die mit diesem Gesetz nachgeholte Ergänzung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO lediglich eine Klarstellung und keine Rechtsänderung bewirken. Entsprechend der bisherigen Handhabung durch die Finanzverwaltung sollte der Einspruch weiterhin elektronisch ohne qualifizierte elektronische Signatur eingelegt werden können (BTDrucks 17/11473, S. 52, zu Nr. 4 Buchst. a). Nichts anderes ergibt sich aus den vom FG angeführten Passagen aus dem Gesetzgebungsverfahren, wonach neben der in der Praxis wenig verbreiteten qualifizierten elektronischen Signatur weitere elektronische Äquivalente zur Schriftform geschaffen werden sollten. Da "Schriftform"-Äquivalente nur dort erforderlich sind, wo das Gesetz tatsächlich (strenge) Schriftform erfordert, lässt sich aus diesen Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren für den vorliegend zu beurteilenden Fall des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO, der nur Schriftlichkeit voraussetzt, nichts ableiten.

21

dd) Für die vom erkennenden Senat vertretene Auslegung spricht ferner die durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013 (BGBl I 2013, 2749) erfolgte Einfügung einer Legaldefinition des Begriffes "elektronische Form" in § 87a Abs. 3 Satz 2 AO. Danach genügt der elektronischen Form ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist. Damit sollte --ohne Änderung des Regelungsgehalts-- klargestellt werden, dass "elektronische Form" nicht --wie möglicherweise im allgemeinen Sprachgebrauch-- als Abgrenzung zu papiergebundenen Verfahren verstanden wird, sondern es sich um eine Formvorschrift handelt (elektronische Form = elektronisches Dokument + qualifizierte elektronische Signatur), die das Gegenstück zur "Schriftform" beschreiben soll (BTDrucks 17/11473, S. 48 f., zu Art. 3 Nr. 2).

22

Insoweit ist die vom FG vertretene Auffassung, wonach auch nach der ab 1. August 2013 in Kraft getretenen Änderung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO eine Einspruchseinlegung nicht mit einfacher E-Mail, sondern nur mit den in § 87a Abs. 3 AO vorgesehenen Kommunikationsmitteln möglich sein soll, zwar in sich konsequent. Sie missachtet jedoch zum einen, dass der Gesetzgeber in § 357 Abs. 1 Satz 1 AO nur den Begriff "elektronisch" und gerade nicht den Begriff "elektronische Form" eingefügt hat. Zum anderen widerspricht diese Auslegung auch dem im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO klar zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers.

23

ee) § 357 AO verfolgt den Zweck, nur geringe formale Anforderungen an die wirksame Einlegung eines Einspruchs zu stellen (so bereits Senatsurteil vom 10. Juli 1964 III 120/61 U, BFHE 80, 325, BStBl III 1964, 590, zu § 249 Reichsabgabenordnung; ebenso Steinhauff, jurisPR-SteuerR 50/2013 Anm. 2). Die niedrigen Formanforderungen sollen es auch dem nicht schriftgewandten oder rechtlich versierten Steuerbürger ermöglichen, eine Überprüfung des von ihm für unrichtig erachteten Steuerverwaltungsakts zu erreichen (Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 6). Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass § 357 Abs. 1 Satz 3 AO nur das Telegramm als besondere Form der Einspruchseinlegung ausdrücklich erwähnt. Entgegen der Auffassung des FG kommt hierin keine Ablehnung anderer Telekommunikationsformen zum Ausdruck. Vielmehr bringt das Gesetz hierdurch seine grundsätzliche Offenheit gegenüber neuen Kommunikationsformen zum Ausdruck, auch wenn § 357 Abs. 1 Satz 3 AO nicht an jede technische Neuentwicklung im Kommunikationsbereich angepasst wurde. Entsprechend werden von der ganz herrschenden Meinung auch andere Übermittlungsformen als zulässig angesehen, selbst wenn diese keine eigene Erwähnung im Gesetzestext gefunden haben und im Einzelfall mit keiner Unterschrift des Einspruchsführers verbunden sind (s. etwa die Beispiele bei Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 21, 26; Bartone in Beermann/Gosch, AO § 357 Rz 21; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 357 AO Rz 7; Koenig/ Cöster, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 357 Rz 20).

24

ff) Nicht überzeugend ist dagegen der vom FG angeführte systematische Auslegungsansatz. Eine Einschränkung kann § 87a Abs. 1 AO durch den spezielleren § 87a Abs. 3 AO nur insoweit erfahren, als der Anwendungsbereich des § 87a Abs. 3 AO eröffnet ist. Wo das Gesetz kein formales, die eigenhändige Unterschrift umfassendes Schriftformerfordernis aufstellt, vermag § 87a Abs. 3 AO den Anwendungsbereich des § 87a Abs. 1 AO nicht zu beschränken. Im Übrigen ist kein Grund ersichtlich, warum an einen elektronisch eingelegten Einspruch weitergehende Anforderungen im Hinblick auf die zu erfüllenden Formfunktionen zu stellen sein sollten als an einen schriftlich eingelegten Einspruch. Auch bei einem schriftlich, aber ohne Unterschrift eingelegten Einspruch genügt es, wenn sich aus dem weiteren Inhalt des Schreibens ergibt, wer der Einspruchsführer ist und dass dieser die Absicht hat, Einspruch einzulegen (Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 15 f.). Entsprechende Anhaltspunkte können --wie der Streitfall zeigt-- auch aus einem per einfacher E-Mail eingelegten Einspruch gewonnen werden (z.B. E-Mail-Adresse des Einspruchsführers, die der Behörde bereits aus der bisherigen Korrespondenz bekannt ist und Name unter dem E-Mailtext).

25

gg) Die hier vertretene Auslegung wird auch --worauf das FG zu Recht hinweist-- von der herrschenden Meinung in der Literatur (z.B. Bartone in Beermann/Gosch, AO § 357 Rz 23; Seer in Tipke/Kruse, § 357 AO Rz 7; Koenig/Cöster, a.a.O., § 357 Rz 13; Keß in Schwarz/Pahlke, AO, § 357 Rz 11; Klein/ Brockmeyer, AO, 12. Aufl., § 357 Rz 1; zu weiteren Nachweisen für diese Auffassung und zur Gegenauffassung s.a. Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 19) und in der Rechtsprechung (FG Niedersachsen vom 24. November 2011  10 K 275/11, EFG 2012, 292; FG Köln vom 30. Mai 2012  10 K 3264/11, EFG 2012, 1813) geteilt.

26

4. Im Übrigen muss der Senat nicht entscheiden, ob dem FG die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind. Führt die Revision --wie im Streitfall-- aus materiellen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung, ist nicht mehr darüber zu entscheiden, ob außerdem ein Verfahrensfehler vorliegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 228, 85, BStBl II 2010, 700; Lange in HHSp, § 118 FGO Rz 256).

27

5. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang die noch fehlenden tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen eines Berücksichtigungstatbestands nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG nachzuholen haben. Zur Frage des Wegfalls der Arbeitsuchendmeldung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 38 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung verweist der Senat auf sein Urteil vom 10. April 2014 III R 19/12 (BFHE 245, 200, BStBl II 2015, 29).

28

6. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO i.V.m. § 121 Satz 1 FGO).

29

7. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Die Übermittlung elektronischer Dokumente ist zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet. Ein elektronisches Dokument ist zugegangen, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung es in für den Empfänger bearbeitbarer Weise aufgezeichnet hat; § 122 Absatz 2a sowie die §§ 122a und 123 Satz 2 und 3 bleiben unberührt. Übermittelt die Finanzbehörde Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen, sind diese Daten mit einem geeigneten Verfahren zu verschlüsseln; soweit alle betroffenen Personen schriftlich eingewilligt haben, kann auf eine Verschlüsselung verzichtet werden. Die kurzzeitige automatisierte Entschlüsselung, die beim Versenden einer De-Mail-Nachricht durch den akkreditierten Diensteanbieter zum Zweck der Überprüfung auf Schadsoftware und zum Zweck der Weiterleitung an den Adressaten der De-Mail-Nachricht erfolgt, verstößt nicht gegen das Verschlüsselungsgebot des Satzes 3. Eine elektronische Benachrichtigung über die Bereitstellung von Daten zum Abruf oder über den Zugang elektronisch an die Finanzbehörden übermittelter Daten darf auch ohne Verschlüsselung übermittelt werden.

(1a) Verhandlungen und Besprechungen können auch elektronisch durch Übertragung in Ton oder Bild und Ton erfolgen. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Ist ein der Finanzbehörde übermitteltes elektronisches Dokument für sie zur Bearbeitung nicht geeignet, hat sie dies dem Absender unter Angabe der für sie geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitzuteilen. Macht ein Empfänger geltend, er könne das von der Finanzbehörde übermittelte elektronische Dokument nicht bearbeiten, hat sie es ihm erneut in einem geeigneten elektronischen Format oder als Schriftstück zu übermitteln.

(3) Eine durch Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen an die Finanzbehörden angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Bei der Signierung darf eine Person ein Pseudonym nur verwenden, wenn sie ihre Identität der Finanzbehörde nachweist. Die Schriftform kann auch ersetzt werden

1.
durch unmittelbare Abgabe der Erklärung in einem elektronischen Formular, das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird;
2.
durch Versendung eines elektronischen Dokuments an die Behörde mit der Versandart nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes.
In den Fällen des Satzes 4 Nummer 1 muss bei einer Eingabe über öffentlich zugängliche Netze ein elektronischer Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen.

(4) Eine durch Gesetz für Verwaltungsakte oder sonstige Maßnahmen der Finanzbehörden angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Schriftform kann auch ersetzt werden durch Versendung einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt. Für von der Finanzbehörde aufzunehmende Niederschriften gelten die Sätze 1 und 3 nur, wenn dies durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(5) Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand eines Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Übermittlung der Datei angetreten; befindet diese sich nicht im Besitz des Steuerpflichtigen oder der Finanzbehörde, gilt § 97 entsprechend. Für die Beweiskraft elektronischer Dokumente gilt § 371a der Zivilprozessordnung entsprechend.

(6) Soweit nichts anderes bestimmt ist, ist bei der elektronischen Übermittlung von amtlich vorgeschriebenen Datensätzen an Finanzbehörden ein sicheres Verfahren zu verwenden, das den Datenübermittler authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Nutzt der Datenübermittler zur Authentisierung seinen elektronischen Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes, so dürfen die dazu erforderlichen Daten zusammen mit den übrigen übermittelten Daten gespeichert und verwendet werden.

(7) Wird ein elektronisch erlassener Verwaltungsakt durch Übermittlung nach § 122 Absatz 2a bekannt gegeben, ist ein sicheres Verfahren zu verwenden, das die übermittelnde Stelle oder Einrichtung der Finanzverwaltung authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Ein sicheres Verfahren liegt insbesondere vor, wenn der Verwaltungsakt

1.
mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und mit einem geeigneten Verfahren verschlüsselt ist oder
2.
mit einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes versandt wird, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt.

(8) Wird ein elektronisch erlassener Verwaltungsakt durch Bereitstellung zum Abruf nach § 122a bekannt gegeben, ist ein sicheres Verfahren zu verwenden, das die für die Datenbereitstellung verantwortliche Stelle oder Einrichtung der Finanzverwaltung authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Die abrufberechtigte Person hat sich zu authentisieren. Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist.

(2) Der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn der betroffenen Person etwas anderes mitgeteilt wird.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags.

(4) Hat eine Behörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, so endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.

(5) Der von einer Behörde gesetzte Termin ist auch dann einzuhalten, wenn er auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt.

(6) Ist eine Frist nach Stunden bestimmt, so werden Sonntage, gesetzliche Feiertage oder Sonnabende mitgerechnet.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger war im Jahr 2001 (Streitjahr) nacheinander als Rechtsanwalt an zwei Sozietäten beteiligt. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erließ im Mai 2003 einen Einkommensteuerbescheid 2001, in dem Einkünfte aus selbständiger Arbeit in der geschätzten Höhe von … DM angesetzt wurden. Aufgrund von späteren Gewinnfeststellungsbescheiden erließ das FA im weiteren Verlauf des Verfahrens geänderte Einkommensteuerbescheide 2001. Zuletzt berücksichtigte es im Bescheid vom 21. September 2004 Einkünfte aus der Tätigkeit des Klägers als Rechtsanwalt in Höhe von … DM.

2

Im Jahr 2009 wurde eine Außenprüfung bei der Kanzlei "K Rechtsanwälte" abgeschlossen. An dieser Kanzlei war der Kläger beteiligt gewesen. In einem Bescheid vom 30. Dezember 2009 über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit für das Jahr 2001 wurden auf den Kläger entfallende Einkünfte von … DM festgestellt. Der Bescheid wurde am selben Tag zur Post gegeben. Die entsprechende Mitteilung des Feststellungs-FA wurde beim beklagten FA zunächst nicht ausgewertet. Zu einer Auswertung kam es erst Ende 2011.

3

Eine Mitarbeiterin des FA warf den geänderten Einkommensteuerbescheid 2001, durch welchen die Folgerungen aus dem Feststellungsbescheid vom 30. Dezember 2009 gezogen wurden, am 4. Januar 2012 persönlich in einen Briefkasten, der sich bei der Wohnung der Kläger befand. Gegen diesen Bescheid wandten sich die Kläger mit Einspruch. Zur Begründung trugen sie vor, die Frist für den Erlass eines geänderten Einkommensteuerbescheids sei abgelaufen, auch sei der Bescheid nicht wirksam bekannt gegeben worden.

4

Der Rechtsbehelf hatte keinen Erfolg, ebenso wenig die anschließend erhobene Klage. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, der geänderte Einkommensteuerbescheid 2001 sei rechtmäßig. Festsetzungsverjährung sei zum Zeitpunkt seines Erlasses noch nicht eingetreten. Der Feststellungsbescheid vom 30. Dezember 2009 habe am 4. Januar 2010 (Montag) den Bereich des FA verlassen. Dies stehe aufgrund der als Zeugen vernommenen Mitarbeiter des FA fest. Die zweijährige Frist zur Auswertung dieses Grundlagenbescheids sei durch die wirksame Bekanntgabe gewahrt worden.

5

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geltend. Das FG habe den Rechtssatz aufgestellt, dass sich die Dreitagesfrist zwischen der Aufgabe eines Verwaltungsakts zur Post und seiner vermuteten Bekanntgabe verlängere, wenn das Fristende auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend falle. Dieser Rechtssatz habe zwar Eingang in die Rechtsprechung des BFH gefunden (Urteil vom 14. Oktober 2003 IX R 68/98, BFHE 203, 26, BStBl II 2003, 898). Er widerspreche jedoch dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6. Mai 2010 B 14 AS 12/09 R (Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2011, 1099). Nach Ansicht des BSG sei die Argumentation des BFH auf das Sozialrecht nicht übertragbar, da im Sozialrecht eine Bevollmächtigung der Sozialleistungsempfänger nicht die Regel sei. Diese Überlegung sei zweifelhaft. Sie gelte im Streitfall nicht, weil der Steuerbescheid ihnen --den Klägern-- selbst bekannt gegeben worden sei. Die Rechtsprechung des BFH beruhe auf Billigkeitserwägungen zugunsten des Steuerpflichtigen. Eine Auslegung zu seinen Ungunsten und gegen den klaren Gesetzeswortlaut verstoße gegen das Gebot des gesetzlichen Verwaltungshandelns und gegen das Rechtsstaatsprinzip und sei daher unzulässig.

6

Die angefochtene Entscheidung basiere auf dem Rechtssatz, dass sich die Zugangsfiktion sowohl zugunsten als auch zuungunsten von Steuerpflichtigen auswirken könne. Dieser Rechtssatz sei falsch, sofern es um das Ende einer Verjährungsfrist gehe. Diese Frage sei bislang nicht vom BFH beantwortet worden. In den Entscheidungen vom 6. Juni 2001 XI B 130/99 (juris) und vom 13. Dezember 2000 X R 96/98 (BFHE 193, 512, BStBl II 2001, 274), welche das FG zitiert habe, fänden sich hierzu keine Ausführungen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die von den Klägern vorgebrachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

8

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

9

a) Die Kläger halten die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob sich die Dreitagesfrist des § 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) nach § 108 Abs. 3 AO verlängert, wenn der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt.

10

aa) Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn eine für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2011 III B 72/11, BFH/NV 2012, 379).

11

bb) Die von den Klägern herausgestellte Rechtsfrage ist bereits geklärt. In der Rechtsprechung des BFH ist für den Bereich des Steuerrechts seit dem Urteil in BFHE 203, 26, BStBl II 2003, 898 anerkannt, dass die Dreitagesfrist nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO in den Fällen des § 108 Abs. 3 AO verlängert wird (s. BFH-Urteile vom 4. November 2003 IX R 4/01, BFH/NV 2004, 159; vom 17. Dezember 2003 I R 4/03, BFH/NV 2004, 758; vom 6. Oktober 2004 IX R 60/03, BFH/NV 2005, 327; vom 11. März 2004 VII R 13/03, BFH/NV 2004, 1065, und vom 19. November 2009 IV R 89/06, BFH/NV 2010, 818; BFH-Beschlüsse vom 30. November 2006 XI B 13/06, BFH/NV 2007, 389; vom 5. August 2011 III B 76/11, BFH/NV 2011, 1845). Insoweit besteht kein Klärungsbedarf.

12

cc) Klärungsbedarf ist auch nicht dadurch entstanden, dass das BSG in dem Urteil in NJW 2011, 1099 für den Bereich des Sozialrechts zu § 37 Abs. 2 Satz 1 und zu § 26 Abs. 3 Satz 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch entschieden hat, dass sich an der Zugangsvermutung nichts ändert, wenn der Tag, für den der Zugang eines Bescheids unterstellt wird, ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag ist. Das BSG war der Ansicht, es weiche nicht von der BFH-Rechtsprechung ab, da der BFH auf die von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Erschütterung der Zugangsvermutung abgestellt habe sowie auf die besondere Situation im Steuerrecht mit der dort üblichen Vertretung durch Bevollmächtigte steuerberatender Berufe, die ihre Postfächer an Samstagen generell nicht leerten. Wegen der bewussten Abgrenzung des BSG hat der BFH keinen Anlass, seine Rechtsauffassung zu überdenken. Aufgrund der generellen Anwendbarkeit des § 108 Abs. 3 AO in den Fällen, in denen der Bekanntgabezeitpunkt nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO vermutet wird, kann es im Einzelfall auch keinen Unterschied machen, ob ein Steuerpflichtiger durch einen Bevollmächtigten vertreten wird oder nicht.

13

b) Auch hinsichtlich der Rechtsfrage, ob sich die Rechtsprechung des BFH zur Verlängerung der Dreitagesfrist in den Fällen des § 108 Abs. 3 AO zu Lasten von Steuerpflichtigen auswirken kann, besteht kein Klärungsbedarf. Ist die Vorschrift anwendbar, so folgt daraus zwangsläufig, dass sie auch dann gilt, wenn sie sich für einen Steuerpflichtigen nachteilig auswirkt.

14

2. Die Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

15

a) Der Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO ist ein Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (s. Senatsbeschluss vom 22. August 2011 III B 192/10, BFH/NV 2011, 2043). Die Rechtssache hat jedoch --wie ausgeführt-- keine grundsätzliche Bedeutung.

16

b) Das FG ist auch nicht von einem im BSG-Urteil in NJW 2011, 1099 enthaltenen Rechtssatz abgewichen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO). Das BSG hat zu den § 122 Abs. 2 Nr. 1, § 108 Abs. 3 AO keinen Rechtssatz aufgestellt, vielmehr hat es sich --wie oben dargelegt-- bewusst von der hierzu ergangenen BFH-Rechtsprechung abgegrenzt.

17

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhob nach erfolglosem Einspruch gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ab September 2008 für seine Tochter mit Schriftsatz vom 9. April 2010 Klage beim Finanzgericht (FG). Die mit einfacher Post übermittelte Klageschrift ging am 13. April 2010 beim FG ein und enthielt den Hinweis, der Einspruchsbescheid vom 3. März 2010 sei am 24. März 2010 "zugestellt" worden. Auf den Hinweis der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Familienkasse), die Klage sei verfristet, forderte das FG den Kläger auf, durch substantiierte Erklärungen darzulegen, dass er nicht rechtzeitig in den Besitz des Schriftstücks gelangt sei. Dem Kläger werde aufgegeben, mitzuteilen, worauf seine Erinnerung beruhe, die Einspruchsentscheidung erst am 24. März 2010 erhalten zu haben. Ferner solle er den betreffenden Briefumschlag vorlegen. Der Kläger legte daraufhin eine --von ihm selbst verfasste-- eidesstattliche Erklärung vom 18. November 2010 vor, in der es heißt: "Ich ..., geb. ..., erkläre hiermit, dass die Einspruchsentscheidung drei Wochen nach Aufgabe zur Post, bei mir eingegangen ist. Eine schuldhafte Fristversäumung liegt nicht vor." In dem begleitenden Schriftsatz führten die Prozessbevollmächtigten ergänzend aus, der Briefumschlag zu der Einspruchsentscheidung liege bedauerlicherweise nicht mehr vor. Es sei allerdings erinnerlich, dass der Kläger unverzüglich nach Eingang der Einspruchsentscheidung diese beim Unterzeichner vorgelegt habe. Dies sei am 26. März 2010 gewesen. Auf der Einspruchsentscheidung habe der Kläger handschriftlich den Eingang am 24. März 2010 vermerkt.

2

Das FG wies die Klage am 14. März 2011 als unzulässig ab. Es begründete seine Entscheidung damit, die Einspruchsentscheidung gelte am 6. März 2010 (Samstag) als bekanntgegeben. § 122 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) enthalte eine an den Tag der Aufgabe des Verwaltungsakts zur Post anknüpfende Zugangsvermutung und darüber hinaus eine Zugangsfiktion. Danach sei im Streitfall davon auszugehen, dass die Einspruchsentscheidung mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gelte. Der Kläger habe den Zugangszeitpunkt auch nicht substantiiert bestritten. So habe er nicht erklären können, warum es zu einer dreiwöchigen Verzögerung in der Postbeförderung gekommen sein könne. Könne der Adressat einen atypisch langen Postlauf anhand des Poststempels oder des Bescheiddatums erkennen, bestehe eine Obliegenheit zur Beweisvorsorge, welcher der Kläger nicht nachgekommen sei. So habe er auf Anfrage des FG den Briefumschlag nicht vorlegen können. Dem handschriftlichen Vermerk auf der Einspruchsentscheidung sowie der eidesstattlichen Versicherung komme bei dieser Sach- und Rechtslage keine ausschlaggebende Bedeutung zu.

3

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision, weil sein Anspruch auf Wahrung des rechtlichen Gehörs verletzt sei. Darüber hinaus sei, bezogen auf den konkreten Sachverhalt, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Ein Zulassungsgrund liegt nicht vor oder wurde bereits nicht in der gebotenen Form (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) dargelegt.

5

1. Der Kläger rügt sinngemäß, das FG habe die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Hierdurch macht er im Kern einen Verfahrensfehler nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. April 2004 VII B 181/03, BFH/NV 2004, 1284).

6

a) Gemäß § 47 Abs. 1 FGO ist eine Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung einzulegen. Diese gilt nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO mit dem dritten Tage nach ihrer Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn sie nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Die Vorschrift fingiert den Zugang eines mit der Post übermittelten Verwaltungsakts am dritten Tag nach dessen Aufgabe zur Post. Bestreitet der Steuerpflichtige oder Kindergeldberechtigte nicht den Zugang des Schriftstücks überhaupt, sondern den Erhalt innerhalb des Dreitageszeitraums des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO, so hat er sein Vorbringen im Rahmen des Möglichen zu substantiieren, um Zweifel an der Dreitagesvermutung zu begründen. Er muss Tatsachen vortragen, die den Schluss darauf zulassen, dass ein anderer Geschehensablauf als der typische --Zugang binnen dreier Tage nach Aufgabe zur Post-- ernstlich in Betracht zu ziehen ist (BFH-Urteil vom 17. Juni 1997 IX R 79/95, BFH/NV 1997, 828; Senatsurteil vom 3. Mai 2001 III R 56/98, BFH/NV 2001, 1365; Senatsbeschluss vom 20. April 2011 III B 124/10, BFH/NV 2011, 1110). Es obliegt dann dem Gericht, den Vortrag des Steuerpflichtigen und die festgestellten oder unstreitigen Umstände im Wege freier Beweiswürdigung nach § 96 Abs. 1 FGO abzuwägen. Auf die Beweislastregel des § 122 Abs. 2 Halbsatz 2 AO kann erst dann zurückgegriffen werden, wenn trotz erfolgter Sachaufklärung noch Zweifel am gesetzlich vermuteten Zugang eines Bescheides verbleiben (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2001, 1365).

7

b) Das FG ist von diesen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es hat die tatsächlichen Umstände im Wege freier Beweiswürdigung nach § 96 Abs. 1 FGO gegeneinander abgewogen (Senatsbeschluss vom 31. März 2008 III B 151/07, BFH/NV 2008, 1335). Wenn es danach der Behauptung des Klägers über den verspäteten Zugang der Einspruchsentscheidung nicht folgte und keinen Zweifel am Zugang innerhalb der Drei-Tages-Frist hatte, so war dies nicht verfahrensfehlerhaft. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, wenn es den handschriftlichen Eingangsvermerk durch den Kläger nicht als ausreichend angesehen hat, da auch nach der Rechtsprechung des BFH ein abweichender Eingangsvermerk zur Begründung von Zweifeln am Zugang innerhalb der Drei-Tages-Frist nicht ausreicht (BFH-Beschlüsse vom 30. November 2006 XI B 13/06, BFH/NV 2007, 389; vom 25. Februar 2010 IX B 149/09, BFH/NV 2010, 1115, jeweils m.w.N.).

8

Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das FG bei seiner Würdigung zum Nachteil des Klägers berücksichtigt hat, dass dieser weder erläutern konnte, warum es zu der behaupteten dreiwöchigen Verzögerung bei der Postbeförderung gekommen sein könne, noch dass er die --angesichts der mit dem Datum des 3. März 2010 versehenen Einspruchsentscheidung-- gebotene Beweisvorsorge getroffen habe. Entgegen der Auffassung des Klägers ist dem Adressaten, der einen atypisch langen Postlauf anhand des Poststempels oder des Bescheiddatums erkennen konnte, diese nicht nur zuzumuten, vielmehr besteht nach der Rechtsprechung in derartigen Situationen eine Obliegenheit zur Beweisvorsorge (z.B. BFH-Beschluss vom 1. Dezember 2010 VIII B 123/10, BFH/NV 2011, 410, m.w.N.).

9

Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht zu beanstanden, dass das FG der von dem Kläger vorgelegten eidesstattlichen Erklärung keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat, zumal sich aus dieser weder die Umstände des behaupteten Zugangs "drei Wochen nach Aufgabe zur Post" noch ein konkretes Datum ergeben. Lediglich im Zusammenhang mit der vom 3. März 2010 (Mittwoch) datierenden Einspruchsentscheidung und dem Eingangsvermerk (Mittwoch, den 24. März 2010) lässt sich der Inhalt der Erklärung in den von dem Kläger behaupteten Zugang am 24. März 2010 spezifizieren. Mit dieser Erklärung hat der Kläger die Aufgabe der Einspruchsentscheidung am 3. März 2010 zur Post allerdings zugleich unstreitig gestellt, so dass die nun im Beschwerdeverfahren vorgebrachte Rüge, nach dem Vortrag der Familienkasse stehe der 3. März 2010 als Postaufgabetag nicht fest, nicht schlüssig ist. Bei Zweifeln an der Postaufgabe am 3. März 2010 durch die Familienkasse hätte der --durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene-- Kläger dies bereits vor dem FG rügen und ggf. einen entsprechenden Beweisantrag stellen müssen.

10

c) Unerheblich ist, dass das FG den Ablauf der Drei-Tages-Frist --und damit die Klagefrist-- unzutreffend berechnet hat. Durch die höchstrichterliche Rechtsprechung ist geklärt, dass sich die Frist bis zum nächstfolgenden Werktag verlängert (§ 108 Abs. 3 AO), wenn das Fristende --wie nach den Feststellungen des FG im Streitfall-- auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt (BFH-Urteile vom 14. Oktober 2003 IX R 68/98, BFHE 203, 26, BStBl II 2003, 898; vom 11. März 2004 VII R 13/03, BFH/NV 2004, 1065). Bei einer Bekanntgabevermutung der Einspruchsentscheidung am 8. März 2010 (Montag) endete die Klagefrist mithin richtigerweise erst am 8. April 2010 (Donnerstag), wurde jedoch auch in diesem Fall nicht gewahrt.

11

2. Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) kommt nicht in Betracht. Insoweit entspricht die Beschwerdebegründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, eine konkrete Rechtsfrage zu formulieren und auf ihre Klärungsbedürftigkeit einzugehen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 389). Letztlich setzt der Kläger lediglich seine eigene Rechtsansicht anstelle der des FG, um in der Art einer Revisionsbegründung dessen (vermeintlich) fehlerhafte Rechtsanwendung zu rügen.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, einzulegen.

(2) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 ist unbefristet.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, einzulegen.

(2) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 ist unbefristet.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Hersteller von Programmen im Sinne des § 87c haftet, soweit die Daten infolge einer Verletzung seiner Pflichten nach § 87c unrichtig oder unvollständig verarbeitet und dadurch Steuern verkürzt oder zu Unrecht steuerliche Vorteile erlangt werden. Die Haftung entfällt, soweit der Hersteller nachweist, dass die Pflichtverletzung nicht auf grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beruht.

(2) Wer als Auftragnehmer (§ 87d) Programme zur Verarbeitung von Daten im Auftrag im Sinne des § 87c einsetzt, haftet, soweit

1.
auf Grund unrichtiger oder unvollständiger Übermittlung Steuern verkürzt oder zu Unrecht steuerliche Vorteile erlangt werden oder
2.
er seine Pflichten nach § 87d Absatz 2 verletzt hat und auf Grund der von ihm übermittelten Daten Steuern verkürzt oder zu Unrecht steuerliche Vorteile erlangt werden.
Die Haftung entfällt, soweit der Auftragnehmer nachweist, dass die unrichtige oder unvollständige Übermittlung der Daten oder die Verletzung der Pflichten nach § 87d Absatz 2 nicht auf grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beruht.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Zusammenfassende Meldungen im Sinne des § 18a Absatz 1 des Umsatzsteuergesetzes.

(4) Wer nach Maßgabe des § 93c Daten an die Finanzbehörden zu übermitteln hat und vorsätzlich oder grob fahrlässig

1.
unrichtige oder unvollständige Daten übermittelt oder
2.
Daten pflichtwidrig nicht übermittelt,
haftet für die entgangene Steuer.

(1) Daten aus einer Vollmacht zur Vertretung in steuerlichen Verfahren, die nach amtlich bestimmtem Formular erteilt worden sind, können den Landesfinanzbehörden nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmten Schnittstellen übermittelt werden. Im Datensatz ist auch anzugeben, ob der Vollmachtgeber den Bevollmächtigten zum Empfang von für ihn bestimmten Verwaltungsakten oder zum Abruf von bei den Finanzbehörden zu seiner Person gespeicherten Daten ermächtigt hat. Die übermittelten Daten müssen der erteilten Vollmacht entsprechen. Wird eine Vollmacht, die nach Satz 1 übermittelt worden ist, vom Vollmachtgeber gegenüber dem Bevollmächtigten widerrufen oder verändert, muss der Bevollmächtigte dies unverzüglich den Landesfinanzbehörden nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz mitteilen.

(2) Werden die Vollmachtsdaten von einem Bevollmächtigten, der nach § 3 des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, nach Maßgabe des Absatzes 1 übermittelt, so wird eine Bevollmächtigung im mitgeteilten Umfang vermutet, wenn die zuständige Kammer sicherstellt, dass Vollmachtsdaten nur von den Bevollmächtigten übermittelt werden, die zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind. Die für den Bevollmächtigten zuständige Kammer hat den Landesfinanzbehörden in diesem Fall auch den Wegfall einer Zulassung unverzüglich nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz mitzuteilen.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend für Vollmachtsdaten, die von einem anerkannten Lohnsteuerhilfeverein im Sinne des § 4 Nummer 11 des Steuerberatungsgesetzes übermittelt werden, sofern die für die Aufsicht zuständige Stelle in einem automatisierten Verfahren die Zulassung zur Hilfe in Steuersachen bestätigt.

(1) Die Übermittlung elektronischer Dokumente ist zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet. Ein elektronisches Dokument ist zugegangen, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung es in für den Empfänger bearbeitbarer Weise aufgezeichnet hat; § 122 Absatz 2a sowie die §§ 122a und 123 Satz 2 und 3 bleiben unberührt. Übermittelt die Finanzbehörde Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen, sind diese Daten mit einem geeigneten Verfahren zu verschlüsseln; soweit alle betroffenen Personen schriftlich eingewilligt haben, kann auf eine Verschlüsselung verzichtet werden. Die kurzzeitige automatisierte Entschlüsselung, die beim Versenden einer De-Mail-Nachricht durch den akkreditierten Diensteanbieter zum Zweck der Überprüfung auf Schadsoftware und zum Zweck der Weiterleitung an den Adressaten der De-Mail-Nachricht erfolgt, verstößt nicht gegen das Verschlüsselungsgebot des Satzes 3. Eine elektronische Benachrichtigung über die Bereitstellung von Daten zum Abruf oder über den Zugang elektronisch an die Finanzbehörden übermittelter Daten darf auch ohne Verschlüsselung übermittelt werden.

(1a) Verhandlungen und Besprechungen können auch elektronisch durch Übertragung in Ton oder Bild und Ton erfolgen. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Ist ein der Finanzbehörde übermitteltes elektronisches Dokument für sie zur Bearbeitung nicht geeignet, hat sie dies dem Absender unter Angabe der für sie geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitzuteilen. Macht ein Empfänger geltend, er könne das von der Finanzbehörde übermittelte elektronische Dokument nicht bearbeiten, hat sie es ihm erneut in einem geeigneten elektronischen Format oder als Schriftstück zu übermitteln.

(3) Eine durch Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen an die Finanzbehörden angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Bei der Signierung darf eine Person ein Pseudonym nur verwenden, wenn sie ihre Identität der Finanzbehörde nachweist. Die Schriftform kann auch ersetzt werden

1.
durch unmittelbare Abgabe der Erklärung in einem elektronischen Formular, das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird;
2.
durch Versendung eines elektronischen Dokuments an die Behörde mit der Versandart nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes.
In den Fällen des Satzes 4 Nummer 1 muss bei einer Eingabe über öffentlich zugängliche Netze ein elektronischer Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen.

(4) Eine durch Gesetz für Verwaltungsakte oder sonstige Maßnahmen der Finanzbehörden angeordnete Schriftform kann, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Schriftform kann auch ersetzt werden durch Versendung einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt. Für von der Finanzbehörde aufzunehmende Niederschriften gelten die Sätze 1 und 3 nur, wenn dies durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(5) Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand eines Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Übermittlung der Datei angetreten; befindet diese sich nicht im Besitz des Steuerpflichtigen oder der Finanzbehörde, gilt § 97 entsprechend. Für die Beweiskraft elektronischer Dokumente gilt § 371a der Zivilprozessordnung entsprechend.

(6) Soweit nichts anderes bestimmt ist, ist bei der elektronischen Übermittlung von amtlich vorgeschriebenen Datensätzen an Finanzbehörden ein sicheres Verfahren zu verwenden, das den Datenübermittler authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Nutzt der Datenübermittler zur Authentisierung seinen elektronischen Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes, so dürfen die dazu erforderlichen Daten zusammen mit den übrigen übermittelten Daten gespeichert und verwendet werden.

(7) Wird ein elektronisch erlassener Verwaltungsakt durch Übermittlung nach § 122 Absatz 2a bekannt gegeben, ist ein sicheres Verfahren zu verwenden, das die übermittelnde Stelle oder Einrichtung der Finanzverwaltung authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Ein sicheres Verfahren liegt insbesondere vor, wenn der Verwaltungsakt

1.
mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und mit einem geeigneten Verfahren verschlüsselt ist oder
2.
mit einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes versandt wird, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt.

(8) Wird ein elektronisch erlassener Verwaltungsakt durch Bereitstellung zum Abruf nach § 122a bekannt gegeben, ist ein sicheres Verfahren zu verwenden, das die für die Datenbereitstellung verantwortliche Stelle oder Einrichtung der Finanzverwaltung authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Die abrufberechtigte Person hat sich zu authentisieren. Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Das Bundesministerium der Finanzen kann in Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder die Datensätze und weitere technische Einzelheiten der elektronischen Übermittlung von Steuererklärungen, Unterlagen zur Steuererklärung, Daten über Vollmachten nach § 80a, Daten im Sinne des § 93c und anderer für das Besteuerungsverfahren erforderlicher Daten mittels amtlich vorgeschriebener Datensätze bestimmen. Einer Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder bedarf es nicht, soweit die Daten ausschließlich an Bundesfinanzbehörden übermittelt werden.

(2) Bei der elektronischen Übermittlung von amtlich vorgeschriebenen Datensätzen an Finanzbehörden hat der Datenübermittler die hierfür nach Absatz 1 für den jeweiligen Besteuerungszeitraum oder -zeitpunkt amtlich bestimmten Schnittstellen ordnungsgemäß zu bedienen. Die amtlich bestimmten Schnittstellen werden über das Internet zur Verfügung gestellt.

(3) Für die Verfahren, die über die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes durchgeführt werden, kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze der Datenübermittlung sowie die Zuständigkeit für die Vollstreckung von Bescheiden über Forderungen der zentralen Stelle bestimmen. Dabei können insbesondere geregelt werden:

1.
das Verfahren zur Identifikation der am Verfahren Beteiligten,
2.
das Nähere über Form, Inhalt, Verarbeitung und Sicherung der zu übermittelnden Daten,
3.
die Art und Weise der Übermittlung der Daten,
4.
die Mitwirkungspflichten Dritter und
5.
die Erprobung der Verfahren.
Zur Regelung der Datenübermittlung kann in der Rechtsverordnung auf Veröffentlichungen sachverständiger Stellen verwiesen werden. Hierbei sind das Datum der Veröffentlichung, die Bezugsquelle und eine Stelle zu bezeichnen, bei der die Veröffentlichung archivmäßig gesichert niedergelegt ist.

(1) Mit der Übermittlung von Daten, die nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung über die amtlich bestimmten Schnittstellen für steuerliche Zwecke an die Finanzverwaltung zu übermitteln sind oder freiwillig übermittelt werden, können Dritte (Auftragnehmer) beauftragt werden.

(2) Der Auftragnehmer muss sich vor Übermittlung der Daten Gewissheit über die Person und die Anschrift seines Auftraggebers verschaffen (Identifizierung) und die entsprechenden Angaben in geeigneter Form festhalten. Von einer Identifizierung kann abgesehen werden, wenn der Auftragnehmer den Auftraggeber bereits bei früherer Gelegenheit identifiziert und die dabei erhobenen Angaben aufgezeichnet hat, es sei denn, der Auftragnehmer muss auf Grund der äußeren Umstände bezweifeln, dass die bei der früheren Identifizierung erhobenen Angaben weiterhin zutreffend sind. Der Auftragnehmer hat sicherzustellen, dass er jederzeit Auskunft darüber geben kann, wer Auftraggeber der Datenübermittlung war. Die Aufzeichnungen nach Satz 1 sind fünf Jahre aufzubewahren; die Aufbewahrungsfrist beginnt nach Ablauf des Jahres der letzten Datenübermittlung. Die Pflicht zur Herstellung der Auskunftsbereitschaft nach Satz 3 endet mit Ablauf der Aufbewahrungsfrist nach Satz 4.

(3) Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber die Daten in leicht nachprüfbarer Form zur Zustimmung zur Verfügung zu stellen. Der Auftraggeber hat die ihm zur Verfügung gestellten Daten unverzüglich auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen.

(1) Zur Sicherung der Besteuerung nach § 85 kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Behörden und andere öffentliche Stellen einschließlich öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten (§ 6 Absatz 1 bis 1c) verpflichten,

1.
den Finanzbehörden Folgendes mitzuteilen:
a)
den Empfänger gewährter Leistungen sowie den Rechtsgrund, die Höhe, den Zeitpunkt dieser Leistungen und bei unbarer Auszahlung die Bankverbindung, auf die die Leistung erbracht wurde
b)
Verwaltungsakte, die für die betroffene Person die Versagung oder Einschränkung einer steuerlichen Vergünstigung zur Folge haben oder die der betroffenen Person steuerpflichtige Einnahmen ermöglichen,
c)
vergebene Subventionen und ähnliche Förderungsmaßnahmen sowie
d)
Anhaltspunkte für Schwarzarbeit, unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung oder unerlaubte Ausländerbeschäftigung,
e)
die Adressaten und die Höhe von im Verfahren nach § 335 des Handelsgesetzbuchs festgesetzten Ordnungsgeldern;
2.
den Empfänger im Sinne der Nummer 1 Buchstabe a über die Summe der jährlichen Leistungen sowie über die Auffassung der Finanzbehörden zu den daraus entstehenden Steuerpflichten zu unterrichten.
In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, inwieweit die Mitteilungen nach Maßgabe des § 93c zu übermitteln sind oder übermittelt werden können; in diesem Fall ist § 72a Absatz 4 nicht anzuwenden. Die Verpflichtung der Behörden, anderer öffentlicher Stellen und der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu Mitteilungen, Auskünften, Anzeigen und zur Amtshilfe auf Grund anderer Vorschriften bleibt unberührt.

(2) Schuldenverwaltungen, Kreditinstitute, Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, öffentliche Beteiligungsunternehmen ohne Hoheitsbefugnisse, Berufskammern und Versicherungsunternehmen sind von der Mitteilungspflicht ausgenommen. Dies gilt nicht, soweit die in Satz 1 genannten Stellen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.

(3) In der Rechtsverordnung sind die mitteilenden Stellen, die Verpflichtung zur Unterrichtung der betroffenen Personen, die mitzuteilenden Angaben und die für die Entgegennahme der Mitteilungen zuständigen Finanzbehörden näher zu bestimmen sowie der Umfang, der Zeitpunkt und das Verfahren der Mitteilung zu regeln. In der Rechtsverordnung können Ausnahmen von der Mitteilungspflicht, insbesondere für Fälle geringer steuerlicher Bedeutung, zugelassen werden.

(4) Ist die mitteilungspflichtige Stelle nach der Mitteilungsverordnung verpflichtet, in der Mitteilung die Identifikationsnummer nach § 139b oder ein anderes steuerliches Ordnungsmerkmal

1.
des Empfängers der gewährten Leistung im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a,
2.
des Inhaltsadressaten des Verwaltungsakts im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b oder e,
3.
des Empfängers der vergebenen Subvention im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c oder
4.
der betroffenen Personen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe d
anzugeben, haben die Mitwirkungspflichtigen (§ 90) nach den Nummern 1 bis 4 der mitteilungspflichtigen Stelle diese Daten zu übermitteln. Wird der Mitwirkungspflicht nach Satz 1 nicht innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung durch die mitteilungspflichtige Stelle entsprochen und weder die Identifikationsnummer noch ein anderes steuerliches Ordnungsmerkmal übermittelt, hat die mitteilungspflichtige Stelle die Möglichkeit, die Identifikationsnummer der betroffenen Mitwirkungspflichtigen nach Satz 1 Nummer 1 bis 4 nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz beim Bundeszentralamt für Steuern abzufragen. Die Abfrage ist mindestens zwei Wochen vor dem Zeitpunkt zu stellen, zu dem die Mitteilung nach der Mitteilungsverordnung zu übermitteln ist. In der Abfrage dürfen nur die in § 139b Absatz 3 genannten Daten der betroffenen Mitwirkungspflichtigen nach Satz 1 Nummer 1 bis 4 angegeben werden. Das Bundeszentralamt für Steuern entspricht dem Ersuchen, wenn die übermittelten Daten den beim Bundeszentralamt für Steuern hinterlegten Daten entsprechen.

(1) Sind steuerliche Daten eines Steuerpflichtigen auf Grund gesetzlicher Vorschriften von einem Dritten (mitteilungspflichtige Stelle) an Finanzbehörden elektronisch zu übermitteln, so gilt vorbehaltlich abweichender Bestimmungen in den Steuergesetzen Folgendes:

1.
Die mitteilungspflichtige Stelle muss die Daten nach Ablauf des Besteuerungszeitraums bis zum letzten Tag des Monats Februar des folgenden Jahres nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung über die amtlich bestimmte Schnittstelle übermitteln; bezieht sich die Übermittlungspflicht auf einen Besteuerungszeitpunkt, sind die Daten bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats nach Ablauf des Monats zu übermitteln, in dem der Besteuerungszeitpunkt liegt.
2.
Der Datensatz muss folgende Angaben enthalten:
a)
den Namen, die Anschrift, das Ordnungsmerkmal und die Kontaktdaten der mitteilungspflichtigen Stelle sowie ihr Identifikationsmerkmal nach den §§ 139a bis 139c oder, soweit dieses nicht vergeben wurde, ihre Steuernummer;
b)
hat die mitteilungspflichtige Stelle einen Auftragnehmer im Sinne des § 87d mit der Datenübermittlung beauftragt, so sind zusätzlich zu den Angaben nach Buchstabe a der Name, die Anschrift und die Kontaktdaten des Auftragnehmers sowie dessen Identifikationsmerkmal nach den §§ 139a bis 139c oder, wenn dieses nicht vergeben wurde, dessen Steuernummer anzugeben;
c)
den Familiennamen, den Vornamen, den Tag der Geburt, die Anschrift des Steuerpflichtigen und dessen Identifikationsnummer nach § 139b;
d)
handelt es sich bei dem Steuerpflichtigen nicht um eine natürliche Person, so sind dessen Firma oder Name, Anschrift und Wirtschafts-Identifikationsnummer nach § 139c oder, wenn diese noch nicht vergeben wurde, dessen Steuernummer anzugeben;
e)
den Zeitpunkt der Erstellung des Datensatzes oder eines anderen Ereignisses, anhand dessen die Daten in der zeitlichen Reihenfolge geordnet werden können, die Art der Mitteilung, den betroffenen Besteuerungszeitraum oder Besteuerungszeitpunkt und die Angabe, ob es sich um eine erstmalige, korrigierte oder stornierende Mitteilung handelt.
3.
Die mitteilungspflichtige Stelle hat den Steuerpflichtigen darüber zu informieren, welche für seine Besteuerung relevanten Daten sie an die Finanzbehörden übermittelt hat oder übermitteln wird. Diese Information hat in geeigneter Weise, mit Zustimmung des Steuerpflichtigen elektronisch, und binnen angemessener Frist zu erfolgen. Auskunftspflichten nach anderen Gesetzen bleiben unberührt.
4.
Die mitteilungspflichtige Stelle hat die übermittelten Daten aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen sowie die der Mitteilung zugrunde liegenden Unterlagen bis zum Ablauf des siebten auf den Besteuerungszeitraum oder Besteuerungszeitpunkt folgenden Kalenderjahres aufzubewahren; die §§ 146 und 147 Absatz 2, 5 und 6 gelten entsprechend.

(2) Die mitteilungspflichtige Stelle soll Daten nicht übermitteln, wenn sie erst nach Ablauf des siebten auf den Besteuerungszeitraum oder Besteuerungszeitpunkt folgenden Kalenderjahres erkennt, dass sie zur Datenübermittlung verpflichtet war.

(3) Stellt die mitteilungspflichtige Stelle bis zum Ablauf des siebten auf den Besteuerungszeitraum oder Besteuerungszeitpunkt folgenden Kalenderjahres fest, dass

1.
die nach Maßgabe des Absatzes 1 übermittelten Daten unzutreffend waren oder
2.
ein Datensatz übermittelt wurde, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen,
so hat die mitteilungspflichtige Stelle dies vorbehaltlich abweichender Bestimmungen in den Steuergesetzen unverzüglich durch Übermittlung eines weiteren Datensatzes zu korrigieren oder zu stornieren. Absatz 1 Nummer 2 bis 4 gilt entsprechend.

(4) Die nach den Steuergesetzen zuständige Finanzbehörde kann ermitteln, ob die mitteilungspflichtige Stelle

1.
ihre Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Absatz 3 erfüllt und
2.
den Inhalt des Datensatzes nach den Vorgaben des jeweiligen Steuergesetzes bestimmt hat.
Die Rechte und Pflichten der für die Besteuerung des Steuerpflichtigen zuständigen Finanzbehörde hinsichtlich der Ermittlung des Sachverhalts bleiben unberührt.

(5) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die nach den Steuergesetzen für die Entgegennahme der Daten zuständige Finanzbehörde auch für die Anwendung des Absatzes 4 und des § 72a Absatz 4 zuständig.

(6) Die Finanzbehörden dürfen von den mitteilungspflichtigen Stellen mitgeteilte Daten im Sinne der Absätze 1 und 3 verarbeiten, wenn dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die ihnen übertragen wurde, erforderlich ist.

(7) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, darf die mitteilungspflichtige Stelle die ausschließlich zum Zweck der Übermittlung erhobenen und gespeicherten Daten des Steuerpflichtigen nur für diesen Zweck verwenden.

(8) Die Absätze 1 bis 7 sind nicht anzuwenden auf

1.
Datenübermittlungspflichten nach § 51a Absatz 2c oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes,
2.
Datenübermittlungspflichten gegenüber den Zollbehörden,
3.
Datenübermittlungen zwischen Finanzbehörden und
4.
Datenübermittlungspflichten ausländischer öffentlicher Stellen.

(1) Die Finanzbehörden können zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe nach Maßgabe des deutschen Rechts in Anspruch nehmen.

(2) Die Finanzbehörden können zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe auf Grund innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen, innerstaatlich anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Union sowie des EU-Amtshilfegesetzes leisten.

(3) Die Finanzbehörden können nach pflichtgemäßem Ermessen zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe auf Ersuchen auch in anderen Fällen leisten, wenn

1.
die Gegenseitigkeit verbürgt ist,
2.
der ersuchende Staat gewährleistet, dass die übermittelten Auskünfte und Unterlagen nur für Zwecke seines Besteuerungs- oder Steuerstrafverfahrens (einschließlich Ordnungswidrigkeitenverfahren) verwendet werden, und dass die übermittelten Auskünfte und Unterlagen nur solchen Personen, Behörden oder Gerichten zugänglich gemacht werden, die mit der Bearbeitung der Steuersache oder Verfolgung der Steuerstraftat befasst sind,
3.
der ersuchende Staat zusichert, dass er bereit ist, bei den Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen eine mögliche Doppelbesteuerung im Verständigungswege durch eine sachgerechte Abgrenzung der Besteuerungsgrundlagen zu vermeiden und
4.
die Erledigung des Ersuchens die Souveränität, die Sicherheit, die öffentliche Ordnung oder andere wesentliche Interessen des Bundes oder seiner Gebietskörperschaften nicht beeinträchtigt und keine Gefahr besteht, dass dem inländischen Beteiligten ein mit dem Zweck der Rechts- und Amtshilfe nicht zu vereinbarender Schaden entsteht, falls ein Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren, das auf Grund des Ersuchens offenbart werden soll, preisgegeben wird.
Soweit die zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe Steuern betrifft, die von den Landesfinanzbehörden verwaltet werden, entscheidet das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Landesbehörde.

(4) Bei der Durchführung der Rechts- und Amtshilfe richten sich die Befugnisse der Finanzbehörden sowie die Rechte und Pflichten der Beteiligten und anderer Personen nach den für Steuern im Sinne von § 1 Abs. 1 geltenden Vorschriften. § 114 findet entsprechende Anwendung. Bei der Übermittlung von Auskünften und Unterlagen gilt für inländische Beteiligte § 91 entsprechend; soweit die Rechts- und Amtshilfe Steuern betrifft, die von den Landesfinanzbehörden verwaltet werden, hat eine Anhörung des inländischen Beteiligten abweichend von § 91 Abs. 1 stets stattzufinden, es sei denn, die Umsatzsteuer ist betroffen, es findet ein Informationsaustausch auf Grund des EU-Amtshilfegesetzes statt oder es liegt eine Ausnahme nach § 91 Abs. 2 oder 3 vor.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Förderung der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates völkerrechtliche Vereinbarungen über die gegenseitige Rechts- und Amtshilfe auf dem Gebiete des Zollwesens in Kraft zu setzen, wenn sich die darin übernommenen Verpflichtungen im Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen zwischenstaatlichen Rechts- und Amtshilfe halten.

(1) Auf ein Ersuchen einer für die Verhütung und Verfolgung von Straftaten zuständigen öffentlichen Stelle eines Mitgliedstaates der Europäischen Union können die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Finanzbehörden personenbezogene Daten, die in Zusammenhang mit dem in § 208 bestimmten Aufgabenbereich stehen, zum Zweck der Verhütung von Straftaten übermitteln. Für die Übermittlung dieser Daten gelten die Vorschriften über die Datenübermittlung im innerstaatlichen Bereich entsprechend.

(2) Die Übermittlung personenbezogener Daten nach Absatz 1 ist nur zulässig, wenn das Ersuchen mindestens folgende Angaben enthält:

1.
die Bezeichnung und die Anschrift der ersuchenden Behörde,
2.
die Bezeichnung der Straftat, zu deren Verhütung die Daten benötigt werden,
3.
die Beschreibung des Sachverhalts, der dem Ersuchen zugrunde liegt,
4.
die Benennung des Zwecks, zu dem die Daten erbeten werden,
5.
den Zusammenhang zwischen dem Zweck, zu dem die Informationen oder Erkenntnisse erbeten werden, und der Person, auf die sich diese Informationen beziehen,
6.
Einzelheiten zur Identität der betroffenen Person, sofern sich das Ersuchen auf eine bekannte Person bezieht, und
7.
Gründe für die Annahme, dass sachdienliche Informationen und Erkenntnisse im Inland vorliegen.

(3) Die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Finanzbehörden können auch ohne Ersuchen personenbezogene Daten im Sinne von Absatz 1 an eine für die Verhütung und Verfolgung von Straftaten zuständige öffentliche Stelle eines Mitgliedstaates der Europäischen Union übermitteln, wenn im Einzelfall die Gefahr der Begehung einer Straftat im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1), der zuletzt durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, besteht und konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Übermittlung dieser personenbezogenen Daten dazu beitragen könnte, eine solche Straftat zu verhindern.

(4) Für die Übermittlung der Daten nach Absatz 3 gelten die Vorschriften über die Datenübermittlung im innerstaatlichen Bereich entsprechend. Die Datenübermittlung unterbleibt, soweit, auch unter Berücksichtigung des besonderen öffentlichen Interesses an der Datenübermittlung, im Einzelfall schutzwürdige Interessen der betroffenen Person überwiegen. Zu den schutzwürdigen Interessen gehört auch das Vorhandensein eines angemessenen Datenschutzniveaus im Empfängerstaat. Die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen können auch dadurch gewahrt werden, dass der Empfängerstaat oder die empfangende zwischen- oder überstaatliche Stelle im Einzelfall einen Schutz der übermittelten Daten garantiert.

(5) Die Datenübermittlung nach den Absätzen 1 und 3 unterbleibt, wenn

1.
hierdurch wesentliche Sicherheitsinteressen des Bundes oder der Länder beeinträchtigt würden,
2.
die Übermittlung der Daten zu den in Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union enthaltenen Grundsätzen in Widerspruch stünde,
3.
die zu übermittelnden Daten bei der ersuchten Behörde nicht vorhanden sind und nur durch das Ergreifen von Zwangsmaßnahmen erlangt werden können oder
4.
die Übermittlung der Daten unverhältnismäßig wäre oder die Daten für die Zwecke, für die sie übermittelt werden sollen, nicht erforderlich sind.

(6) Die Datenübermittlung nach den Absätzen 1 und 3 kann unterbleiben, wenn

1.
die zu übermittelnden Daten bei den mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Finanzbehörden nicht vorhanden sind, jedoch ohne das Ergreifen von Zwangsmaßnahmen erlangt werden können,
2.
hierdurch der Erfolg laufender Ermittlungen oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person gefährdet würde oder
3.
die Tat, zu deren Verhütung die Daten übermittelt werden sollen, nach deutschem Recht mit einer Freiheitsstrafe von im Höchstmaß einem Jahr oder weniger bedroht ist.

(7) Als für die Verhütung und Verfolgung von Straftaten zuständige öffentliche Stelle eines Mitgliedstaates der Europäischen Union im Sinne der Absätze 1 und 3 gilt jede Stelle, die von diesem Staat gemäß Artikel 2 Buchstabe a des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI des Rates vom 18. Dezember 2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 89, L 75 vom 15.3.2007, S. 26) benannt wurde.

(8) Die Absätze 1 bis 7 sind auch anzuwenden auf die Übermittlung von personenbezogenen Daten an für die Verhütung und Verfolgung von Straftaten zuständige öffentliche Stellen eines Schengen-assoziierten Staates im Sinne von § 91 Absatz 3 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen.

(1) Daten, die nach dem Rahmenbeschluss 2006/960/JI an die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Finanzbehörden übermittelt worden sind, dürfen nur für die Zwecke, für die sie übermittelt wurden, oder zur Abwehr einer gegenwärtigen und erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit verwendet werden. Für einen anderen Zweck oder als Beweismittel in einem gerichtlichen Verfahren dürfen sie nur verwendet werden, wenn der übermittelnde Staat zugestimmt hat. Von dem übermittelnden Staat für die Verwendung der Daten gestellte Bedingungen sind zu beachten.

(2) Die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Finanzbehörden erteilen dem übermittelnden Staat auf dessen Ersuchen zu Zwecken der Datenschutzkontrolle Auskunft darüber, wie die übermittelten Daten verwendet wurden.

(1) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Erfüllung der Verpflichtungen aus innerstaatlich anwendbaren völkerrechtlichen Vereinbarungen, die der Förderung der Steuerehrlichkeit durch systematische Erhebung und Übermittlung steuerlich relevanter Daten dienen, durch Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates Regelungen zu treffen über

1.
die Erhebung der nach diesen Vereinbarungen erforderlichen Daten durch in diesen Vereinbarungen dem Grunde nach bestimmte Dritte,
2.
die Übermittlung dieser Daten nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz im Wege der Datenfernübertragung an das Bundeszentralamt für Steuern,
3.
die Weiterleitung dieser Daten an die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaates sowie
4.
die Entgegennahme entsprechender Daten von dem anderen Vertragsstaat und deren Weiterleitung nach Maßgabe des § 88 Absatz 3 und 4 an die zuständige Landesfinanzbehörde.
In einer Rechtsverordnung nach Satz 1 kann dem Bundeszentralamt für Steuern das Recht eingeräumt werden, die Daten und Meldungen nach § 9 Absatz 1 und 2 der FATCA-USA-Umsetzungsverordnung zur Erfüllung der dem Bundeszentralamt für Steuern gesetzlich übertragenen Aufgaben auszuwerten. Auswertungen der Meldungen nach § 9 Absatz 2 der FATCA-USA-Umsetzungsverordnung durch die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde bleiben hiervon unberührt.

(2) Bei der Übermittlung von Daten durch das Bundeszentralamt für Steuern an die zuständige Finanzbehörde des anderen Vertragsstaates nach einer auf Grund des Absatzes 1 Satz 1 erlassenen Rechtsverordnung findet eine Anhörung der Beteiligten nicht statt.

(3) Das Bundeszentralamt für Steuern ist berechtigt, Verhältnisse, die für die Erfüllung der Pflichten zur Erhebung und Übermittlung von Daten nach einer auf Grund des Absatzes 1 erlassenen Rechtsverordnung von Bedeutung sind oder der Aufklärung bedürfen, bei den zur Erhebung dieser Daten und deren Übermittlung an das Bundeszentralamt für Steuern Verpflichteten zu prüfen. Die §§ 193 bis 203 gelten sinngemäß.

(4) Die auf Grund einer Rechtsverordnung nach Absatz 1 oder im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 3 vom Bundeszentralamt für Steuern erhobenen Daten dürfen nur für die in den zugrunde liegenden völkerrechtlichen Vereinbarungen festgelegten Zwecke verwendet werden. Bei der Übermittlung der länderbezogenen Berichte durch das Bundeszentralamt für Steuern gemäß § 138a Absatz 7 Satz 1 bis 3 findet keine Anhörung der Beteiligten statt.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

Ein Beteiligter ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, hat der Finanzbehörde auf Verlangen innerhalb einer angemessenen Frist einen Empfangsbevollmächtigten im Inland zu benennen. Unterlässt er dies, so gilt ein an ihn gerichtetes Schriftstück einen Monat nach der Aufgabe zur Post und ein elektronisch übermitteltes Dokument am dritten Tage nach der Absendung als zugegangen. Dies gilt nicht, wenn feststeht, dass das Schriftstück oder das elektronische Dokument den Empfänger nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erreicht hat. Auf die Rechtsfolgen der Unterlassung ist der Beteiligte hinzuweisen.

(1) Ein Unternehmen mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland (inländisches Unternehmen), das einen Konzernabschluss aufstellt oder nach anderen Regelungen als den Steuergesetzen aufzustellen hat (inländische Konzernobergesellschaft), hat nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres für dieses Wirtschaftsjahr einen länderbezogenen Bericht dieses Konzerns zu erstellen und dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln, wenn

1.
der Konzernabschluss mindestens ein Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland (ausländisches Unternehmen) oder eine ausländische Betriebsstätte umfasst und
2.
die im Konzernabschluss ausgewiesenen, konsolidierten Umsatzerlöse im vorangegangenen Wirtschaftsjahr mindestens 750 Millionen Euro betragen.
Die Verpflichtung nach Satz 1 besteht vorbehaltlich der Absätze 3 und 4 nicht, wenn das inländische Unternehmen im Sinne des Satzes 1 in den Konzernabschluss eines anderen Unternehmens einbezogen wird.

(2) Der länderbezogene Bericht im Sinne von Absatz 1 enthält

1.
eine nach Steuerhoheitsgebieten gegliederte Übersicht, wie sich die Geschäftstätigkeit des Konzerns auf die Steuerhoheitsgebiete verteilt, in denen der Konzern durch Unternehmen oder Betriebsstätten tätig ist; zu diesem Zweck sind in der Übersicht folgende Positionen auszuweisen:
a)
die Umsatzerlöse und sonstigen Erträge aus Geschäftsvorfällen mit nahestehenden Unternehmen,
b)
die Umsatzerlöse und sonstigen Erträge aus Geschäftsvorfällen mit fremden Unternehmen,
c)
die Summe aus den Umsatzerlösen und sonstigen Erträgen gemäß den Buchstaben a und b,
d)
die im Wirtschaftsjahr gezahlten Ertragsteuern,
e)
die im Wirtschaftsjahr für dieses Wirtschaftsjahr gezahlten und zurückgestellten Ertragsteuern,
f)
das Jahresergebnis vor Ertragsteuern,
g)
das Eigenkapital,
h)
der einbehaltene Gewinn,
i)
die Zahl der Beschäftigten und
j)
die materiellen Vermögenswerte;
2.
eine nach Steuerhoheitsgebieten gegliederte Auflistung aller Unternehmen und Betriebsstätten, zu denen Angaben in der Übersicht nach Nummer 1 erfasst sind, jeweils unter Angabe deren wichtigster Geschäftstätigkeiten sowie
3.
zusätzliche Informationen, die nach Ansicht der inländischen Konzernobergesellschaft zum Verständnis der Übersicht nach Nummer 1 und der Auflistung nach Nummer 2 erforderlich sind.

(3) Umfasst der Konzernabschluss eines ausländischen Unternehmens, das nach Absatz 1 zur Abgabe des länderbezogenen Berichts verpflichtet wäre, wenn es Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hätte (ausländische Konzernobergesellschaft), ein inländisches Unternehmen (einbezogene inländische Konzerngesellschaft) und beauftragt die ausländische Konzernobergesellschaft die einbezogene inländische Konzerngesellschaft damit, einen länderbezogenen Bericht für den Konzern abzugeben (beauftragte Gesellschaft), so hat die beauftragte Gesellschaft den länderbezogenen Bericht dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln.

(4) Eine einbezogene inländische Konzerngesellschaft ist im Regelfall verpflichtet, den länderbezogenen Bericht für einen Konzern mit einer ausländischen Konzernobergesellschaft, die nach Absatz 1 zur Übermittlung des länderbezogenen Berichts verpflichtet wäre, wenn sie Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hätte, dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln, wenn das Bundeszentralamt für Steuern keinen länderbezogenen Bericht erhalten hat. Übermittelt eine einbezogene inländische Konzerngesellschaft den länderbezogenen Bericht, entfällt die Verpflichtung für alle anderen einbezogenen inländischen Konzerngesellschaften dieses Konzerns. Kann eine einbezogene inländische Konzerngesellschaft die Übermittlung innerhalb der Frist des Absatzes 6 Satz 1 nicht sicherstellen, insbesondere weil sie den länderbezogenen Bericht weder beschaffen noch erstellen kann, so hat sie dies innerhalb der Frist des Absatzes 6 Satz 1 dem Bundeszentralamt für Steuern mitzuteilen und dabei alle Angaben im Sinne von Absatz 2 zu machen, über die sie verfügt oder die sie beschaffen kann. Konnte eine einbezogene inländische Konzerngesellschaft davon ausgehen, dass der länderbezogene Bericht fristgerecht übermittelt wird, und stellt sich nachträglich heraus, dass dies ohne Verschulden der einbezogenen inländischen Konzerngesellschaft nicht geschehen ist, so hat diese ihre Pflichten nach Satz 1 oder Satz 3 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Nichtübermittlung zu erfüllen. Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die inländische Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens, das als ausländische Konzernobergesellschaft oder als einbezogene ausländische Konzerngesellschaft in einen Konzernabschluss einbezogen wird.

(5) Ein inländisches Unternehmen hat in der Steuererklärung anzugeben, ob es

1.
eine inländische Konzernobergesellschaft im Sinne von Absatz 1 ist,
2.
eine beauftragte Gesellschaft ist oder
3.
eine einbezogene inländische Konzerngesellschaft eines Konzerns mit ausländischer Konzernobergesellschaft ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 ist auch anzugeben, bei welcher Finanzbehörde und von welchem Unternehmen der länderbezogene Bericht des Konzerns abgegeben wird. Fehlt diese Angabe, ist die einbezogene inländische Konzerngesellschaft selbst zur fristgerechten Übermittlung des länderbezogenen Berichts verpflichtet. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die inländische Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens, das als ausländische Konzernobergesellschaft oder als einbezogene ausländische Konzerngesellschaft in einen Konzernabschluss einbezogen wird.

(6) Die Übermittlung des länderbezogenen Berichts an das Bundeszentralamt für Steuern hat spätestens ein Jahr nach Ablauf des Wirtschaftsjahres zu erfolgen, für das der länderbezogene Bericht zu erstellen ist. Abweichend von Satz 1 gilt in den Fällen von Absatz 4 Satz 4 die dort genannte Frist für die Übermittlung des länderbezogenen Berichts. Die Übermittlung hat nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu erfolgen.

(7) Das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt alle ihm zugegangenen länderbezogenen Berichte an die jeweils zuständige Finanzbehörde. Enthält ein länderbezogener Bericht Angaben im Sinne von Absatz 2 für einen Vertragsstaat der völkerrechtlichen Vereinbarungen, übermittelt das Bundeszentralamt für Steuern auf Grundlage dieser völkerrechtlichen Vereinbarungen den ihm zugegangenen länderbezogenen Bericht an die zuständige Behörde des jeweiligen Vertragsstaates. Das Bundeszentralamt für Steuern nimmt die länderbezogenen Berichte entgegen, die ihm von den zuständigen Behörden der in Satz 2 genannten Vertragsstaaten übermittelt worden sind, und übermittelt diese an die jeweils zuständige Finanzbehörde. Das Bundeszentralamt für Steuern kann länderbezogene Berichte im Rahmen der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben auswerten. Das Bundeszentralamt für Steuern speichert die länderbezogenen Berichte und löscht sie mit Ablauf des 15. Jahres, das dem Jahr der Übermittlung folgt.

(8) § 2a Absatz 5 Nummer 2 gilt nicht.

(1) Eine natürliche Person darf nicht mehr als eine Identifikationsnummer erhalten. Jede Identifikationsnummer darf nur einmal vergeben werden.

(2) Die Finanzbehörden dürfen die Identifikationsnummer verarbeiten, wenn die Verarbeitung zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift die Verarbeitung der Identifikationsnummer ausdrücklich erlaubt oder anordnet. Andere öffentliche oder nicht-öffentliche Stellen dürfen ohne Einwilligung der betroffenen Person

1.
die Identifikationsnummer nur verarbeiten, soweit dies für Datenübermittlungen zwischen ihnen und den Finanzbehörden erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift die Verarbeitung der Identifikationsnummer ausdrücklich erlaubt oder anordnet,
2.
ihre Dateisysteme nur insoweit nach der Identifikationsnummer ordnen oder für den Zugriff erschließen, als dies für regelmäßige Datenübermittlungen zwischen ihnen und den Finanzbehörden erforderlich ist,
3.
eine rechtmäßig erhobene Identifikationsnummer eines Steuerpflichtigen zur Erfüllung aller Mitteilungspflichten gegenüber Finanzbehörden verwenden, soweit die Mitteilungspflicht denselben Steuerpflichtigen betrifft und die Verarbeitung nach Nummer 1 zulässig wäre,
4.
eine durch ein verbundenes Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes oder ein Unternehmen einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe rechtmäßig erhobene Identifikationsnummer eines Steuerpflichtigen zur Erfüllung aller steuerlichen Mitwirkungspflichten verwenden, soweit die Mitwirkungspflicht denselben Steuerpflichtigen betrifft und die verwendende Stelle zum selben Unternehmensverbund wie die Stelle gehört, die die Identifikationsnummer erhoben hat und die Verarbeitung nach Nummer 1 zulässig wäre.

(3) Das Bundeszentralamt für Steuern speichert zu natürlichen Personen folgende Daten:

1.
Identifikationsnummer,
2.
Wirtschafts-Identifikationsnummern,
3.
Familienname,
4.
frühere Namen,
5.
Vornamen,
6.
Doktorgrad,
7.
(weggefallen),
8.
Tag und Ort der Geburt,
9.
Geschlecht,
10.
gegenwärtige oder letzte bekannte Anschrift,
11.
zuständige Finanzbehörden,
12.
Auskunftssperren nach dem Bundesmeldegesetz,
13.
Sterbetag,
14.
Tag des Ein- und Auszugs.

(3a) Außerdem speichert das Bundeszentralamt für Steuern zu natürlichen Personen die für sie nach Absatz 10 zuletzt übermittelte internationale Kontonummer (IBAN), bei ausländischen Kreditinstituten auch den internationalen Banken-Identifizierungsschlüssel (BIC).

(4) Die in Absatz 3 aufgeführten Daten werden gespeichert, um

1.
sicherzustellen, dass eine Person nur eine Identifikationsnummer erhält und eine Identifikationsnummer nicht mehrfach vergeben wird,
2.
die Identifikationsnummer eines Steuerpflichtigen festzustellen,
3.
zu erkennen, welche Finanzbehörden für einen Steuerpflichtigen zuständig sind,
4.
Daten, die auf Grund eines Gesetzes oder nach über- und zwischenstaatlichem Recht entgegenzunehmen sind, an die zuständigen Stellen weiterleiten zu können,
5.
den Finanzbehörden die Erfüllung der ihnen durch Rechtsvorschrift zugewiesenen Aufgaben zu ermöglichen.
Die in Absatz 3 Nummer 1 und 8 aufgeführten Daten werden auch zur Ermittlung des Einkommens nach § 97a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gespeichert und können von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung zu diesem Zweck verarbeitet werden. Die Regelungen des Identifikationsnummerngesetzes bleiben unberührt.

(4a) Die in Absatz 3 Nummer 3 bis 6, 8 und 10 aufgeführten Daten werden bei einer natürlichen Person, die ein Nutzerkonto im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes nutzt, auch zum Nachweis der Identität als Nutzer dieses Nutzerkontos gespeichert; diese Daten dürfen elektronisch an das Nutzerkonto übermittelt werden, wenn der Nutzer zuvor in die Übermittlung eingewilligt hat.

(4b) Die in Absatz 3 Nummer 1 und 8 aufgeführten Daten werden bei einer natürlichen Person auch für Zwecke der Digitalen Rentenübersicht gespeichert.

(4c) Die nach Absatz 3a gespeicherten Daten werden gespeichert, um eine unbare Auszahlung von Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu ermöglichen, bei denen die Verwendung der nach Absatz 3a gespeicherten Daten vorgesehen ist. Die in Absatz 3 aufgeführten Daten werden bei einer natürlichen Person auch für die in Satz 1 genannten Zwecke gespeichert.

(5) Die in Absatz 3 aufgeführten Daten dürfen nur für die in den Absätzen 4 bis 4c genannten Zwecke verarbeitet werden. Die in Absatz 3a aufgeführten Daten dürfen nur für die in Absatz 4c genannten Zwecke verarbeitet werden; eine Übermittlung, Verwendung oder Beschlagnahme dieser Daten nach anderen Rechtsvorschriften ist unzulässig. Auskunftssperren nach dem Bundesmeldegesetz sind zu beachten und im Fall einer zulässigen Datenübermittlung ebenfalls zu übermitteln. Der Dritte, an den die Daten übermittelt werden, hat die Übermittlungssperren ebenfalls zu beachten. Die Regelungen des Identifikationsnummerngesetzes bleiben unberührt.

(6) Zum Zwecke der erstmaligen Zuteilung der Identifikationsnummer übermitteln die Meldebehörden dem Bundeszentralamt für Steuern für jeden in ihrem Zuständigkeitsbereich mit alleiniger Wohnung oder Hauptwohnung im Melderegister registrierten Einwohner folgende Daten:

1.
Familienname,
2.
frühere Namen,
3.
Vornamen,
4.
Doktorgrad,
5.
(weggefallen),
6.
Tag und Ort der Geburt,
7.
Geschlecht,
8.
gegenwärtige Anschrift der alleinigen Wohnung oder der Hauptwohnung,
9.
Tag des Ein- und Auszugs,
10.
Auskunftssperren nach dem Bundesmeldegesetz.
Hierzu haben die Meldebehörden jedem in ihrem Zuständigkeitsbereich mit alleiniger Wohnung oder Hauptwohnung registrierten Einwohner ein Vorläufiges Bearbeitungsmerkmal zu vergeben. Dieses übermitteln sie zusammen mit den Daten nach Satz 1 an das Bundeszentralamt für Steuern. Das Bundeszentralamt für Steuern teilt der zuständigen Meldebehörde die dem Steuerpflichtigen zugeteilte Identifikationsnummer zur Speicherung im Melderegister unter Angabe des Vorläufigen Bearbeitungsmerkmals mit und löscht das Vorläufige Bearbeitungsmerkmal anschließend.

(7) Die Meldebehörden haben im Falle der Speicherung einer Geburt im Melderegister sowie im Falle der Speicherung einer Person, für die bisher keine Identifikationsnummer zugeteilt worden ist, dem Bundeszentralamt für Steuern die Daten nach Absatz 6 Satz 1 zum Zwecke der Zuteilung der Identifikationsnummer zu übermitteln. Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Wird im Melderegister eine Person gespeichert, der nach eigenen Angaben noch keine Identifikationsnummer zugeteilt worden ist, so können die Meldebehörden dies in einem maschinellen Verfahren beim Bundeszentralamt für Steuern überprüfen; dabei dürfen nur die Daten nach Absatz 3 verwendet werden. Stimmen die von der Meldebehörde übermittelten Daten mit den beim Bundeszentralamt für Steuern nach Absatz 3 gespeicherten Daten überein, teilt das Bundeszentralamt für Steuern der Meldebehörde die in Absatz 3 Nummer 1, 3, 5, 8 und 10 genannten Daten mit; andernfalls teilt es der Meldebehörde mit, dass keine Zuordnung möglich war.

(8) Die Meldebehörde teilt dem Bundeszentralamt für Steuern Änderungen der in Absatz 6 Satz 1 Nr. 1 bis 10 bezeichneten Daten sowie bei Sterbefällen den Sterbetag unter Angabe der Identifikationsnummer oder, sofern diese noch nicht zugeteilt wurde, unter Angabe des Vorläufigen Bearbeitungsmerkmals mit.

(9) Das Bundeszentralamt für Steuern unterrichtet die Meldebehörden, wenn ihm konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der ihm von den Meldebehörden übermittelten Daten vorliegen.

(10) Natürliche Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, können dem Bundeszentralamt für Steuern die IBAN, bei ausländischen Kreditinstituten auch den BIC, des für Auszahlungen in den Fällen des Absatzes 4c zu verwendenden Kontos unter Angabe der in Absatz 3 Nummer 1 und 8 genannten Daten in einem sicheren Verfahren

1.
übermitteln,
2.
durch ihren Bevollmächtigten im Sinne des § 80 Absatz 2 übermitteln lassen oder
3.
durch das kontoführende Kreditinstitut übermitteln lassen; die Kreditinstitute haben zu diesem Zweck ein geeignetes Verfahren bereitzustellen.
Für natürliche Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für die nach § 63 des Einkommensteuergesetzes Kindergeld festgesetzt worden ist, teilt die zuständige Familienkasse als mitteilungspflichtige Stelle dem Bundeszentralamt für Steuern für die in Absatz 4c genannten Zwecke unter Angabe der in Absatz 3 Nummer 1 und 8 genannten Daten der natürlichen Person die IBAN, bei ausländischen Kreditinstituten auch den BIC, des Kontos mit, auf welches das Kindergeld zuletzt ausgezahlt worden ist; dies gilt nicht, wenn es sich bei dem tatsächlichen Zahlungsempfänger weder um den Kindergeldberechtigten noch um das Kind handelt. Änderungen der nach den Sätzen 1 oder 2 bereits mitgeteilten IBAN, bei ausländischen Kreditinstituten auch des BIC, sind dem Bundeszentralamt für Steuern unter Angabe der in Absatz 3 Nummer 1 und 8 genannten Daten umgehend mitzuteilen.

(11) Die Übermittlung der in Absatz 10 genannten Daten an das Bundeszentralamt für Steuern muss elektronisch nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle erfolgen.

(12) Das Bundeszentralamt für Steuern stellt den für ein Verfahren im Sinne des Absatzes 4c zuständigen Stellen die in Absatz 3 Nummer 1, 3, 5, 8, 10, 12 und 13 sowie Absatz 3a genannten Daten zum automationsgestützten Abgleich oder zum Abruf durch Datenfernübertragung zur Verfügung.

(13) Eine Datenübermittlung an das Bundeszentralamt für Steuern nach Absatz 10 Satz 1 ist erstmals zu einem vom Bundesministerium der Finanzen zu bestimmenden und im Bundesgesetzblatt bekanntzumachenden Zeitpunkt zulässig. Die nach Absatz 10 Satz 2 mitteilungspflichtigen Stellen haben die von ihnen mitzuteilenden Daten erstmals zu einem vom Bundesministerium der Finanzen zu bestimmenden und im Bundesgesetzblatt bekanntzumachenden Zeitpunkt an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Wird Kindergeld erstmals nach dem vom Bundesministerium der Finanzen nach Satz 2 bestimmten Zeitpunkt ausgezahlt, gilt Satz 2 entsprechend.

(1) Eine Steuererklärung ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben, wenn

1.
keine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben ist,
2.
nicht freiwillig eine gesetzlich oder amtlich zugelassene elektronische Steuererklärung abgegeben wird,
3.
keine mündliche oder konkludente Steuererklärung zugelassen ist und
4.
eine Aufnahme der Steuererklärung an Amtsstelle nach § 151 nicht in Betracht kommt.
§ 87a Absatz 1 Satz 1 ist nur anzuwenden, soweit eine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben oder zugelassen ist. Der Steuerpflichtige hat in der Steuererklärung die Steuer selbst zu berechnen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist (Steueranmeldung).

(2) Die Angaben in den Steuererklärungen sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen.

(3) Ordnen die Steuergesetze an, dass der Steuerpflichtige die Steuererklärung eigenhändig zu unterschreiben hat, so ist die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nur dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist. Die eigenhändige Unterschrift kann nachträglich verlangt werden, wenn der Hinderungsgrund weggefallen ist.

(4) Den Steuererklärungen müssen die Unterlagen beigefügt werden, die nach den Steuergesetzen vorzulegen sind. Dritte Personen sind verpflichtet, hierfür erforderliche Bescheinigungen auszustellen.

(5) In die Steuererklärungsformulare können auch Fragen aufgenommen werden, die zur Ergänzung der Besteuerungsunterlagen für Zwecke einer Statistik nach dem Gesetz über Steuerstatistiken erforderlich sind. Die Finanzbehörden können ferner von Steuerpflichtigen Auskünfte verlangen, die für die Durchführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes erforderlich sind. Die Finanzbehörden haben bei der Überprüfung der Angaben dieselben Befugnisse wie bei der Aufklärung der für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse.

(6) Zur Erleichterung und Vereinfachung des automatisierten Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen Steuererklärungen oder sonstige für das Besteuerungsverfahren erforderliche Daten ganz oder teilweise durch Datenfernübertragung oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern übermittelt werden können. In der Rechtsverordnung können von den §§ 72a und 87b bis 87d abweichende Regelungen getroffen werden. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit die Kraftfahrzeugsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungsteuer und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betroffen sind.

(7) Können Steuererklärungen, die nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abgegeben oder nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelt werden, nach § 155 Absatz 4 Satz 1 zu einer ausschließlich automationsgestützten Steuerfestsetzung führen, ist es dem Steuerpflichtigen zu ermöglichen, Angaben, die nach seiner Auffassung Anlass für eine Bearbeitung durch Amtsträger sind, in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung zu machen. Daten, die von mitteilungspflichtigen Stellen nach Maßgabe des § 93c an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, gelten als Angaben des Steuerpflichtigen, soweit sie in den Steuererklärungsformularen als eDaten gekennzeichnet sind oder bei nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelten Steuererklärungen für den Belegabruf bereitgestellt werden und er nicht in einem dafür vorzusehenden Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung abweichende Angaben macht.

(8) Ordnen die Steuergesetze an, dass die Finanzbehörde auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten kann, ist einem solchen Antrag zu entsprechen, wenn eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.

(1) Ein Steuerbescheid ist aufzuheben oder zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten im Sinne des § 93c bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden.

(2) Gelten Daten, die von mitteilungspflichtigen Stellen nach Maßgabe des § 93c an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, nach § 150 Absatz 7 Satz 2 als Angaben des Steuerpflichtigen, ist der Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit diese Daten zu Ungunsten des Steuerpflichtigen unrichtig sind.

(3) Ist eine Einwilligung des Steuerpflichtigen in die Übermittlung von Daten im Sinne des § 93c an die Finanzbehörden Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung der Daten, so ist ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit die Einwilligung nicht vorliegt.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn nachträglich übermittelte Daten im Sinne des § 93c Absatz 1 oder 3 nicht rechtserheblich sind.

(1) Als Auslagen werden erhoben:

1.
Schreibauslagen für nicht von Amts wegen zu erteilende oder per Telefax übermittelte Abschriften; die Schreibauslagen betragen unabhängig von der Art der Herstellung
a)
für die ersten 50 Seiten je Seite 0,50 Euro,
b)
für jede weitere Seite 0,15 Euro,
c)
für die ersten 50 Seiten in Farbe je Seite 1,00 Euro,
d)
für jede weitere Seite in Farbe 0,30 Euro.
Werden anstelle von Abschriften elektronisch gespeicherte Dateien überlassen, betragen die Auslagen 1,50 Euro je Datei. Für die in einem Arbeitsgang überlassenen oder in einem Arbeitsgang auf einen Datenträger übertragenen Dokumente werden insgesamt höchstens 5 Euro erhoben. Werden zum Zweck der Überlassung von elektronisch gespeicherten Dateien Dokumente zuvor auf Antrag von der Papierform in die elektronische Form übertragen, beträgt die Pauschale für Schreibauslagen nach Satz 2 nicht weniger, als die Pauschale im Fall von Satz 1 betragen würde,
2.
Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, ausgenommen die Entgelte für Telefondienstleistungen im Orts- und Nahbereich,
3.
Entgelte für Zustellungen durch die Post mit Zustellungsurkunde; wird durch die Behörde zugestellt (§ 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes), so werden 7,50 Euro erhoben,
4.
Kosten, die durch öffentliche Bekanntmachung entstehen,
5.
an die zum Öffnen von Türen und Behältnissen sowie an die zur Durchsuchung von Vollstreckungsschuldnern zugezogenen Personen zu zahlende Beträge,
6.
Kosten für die Beförderung, Verwahrung und Beaufsichtigung gepfändeter Sachen, Kosten für die Aberntung gepfändeter Früchte und Kosten für die Verwahrung, Fütterung, Pflege und Beförderung gepfändeter Tiere,
7.
Beträge, die in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes an Auskunftspersonen und Sachverständige (§ 107) sowie Beträge, die an Treuhänder (§ 318 Abs. 5) zu zahlen sind,
7a.
Kosten, die von einem Kreditinstitut erhoben werden, weil ein Scheck des Vollstreckungsschuldners nicht eingelöst wurde,
7b.
Kosten für die Umschreibung eines auf einen Namen lautenden Wertpapiers oder für die Wiederinkurssetzung eines Inhaberpapiers,
8.
andere Beträge, die auf Grund von Vollstreckungsmaßnahmen an Dritte zu zahlen sind, insbesondere Beträge, die bei der Ersatzvornahme oder beim unmittelbaren Zwang an Beauftragte und an Hilfspersonen gezahlt werden, und sonstige durch Ausführung des unmittelbaren Zwanges oder Anwendung der Ersatzzwangshaft entstandene Kosten.

(2) Steuern, die die Finanzbehörde auf Grund von Vollstreckungsmaßnahmen schuldet, sind als Auslagen zu erheben.

(3) Werden Sachen oder Tiere, die bei mehreren Vollstreckungsschuldnern gepfändet worden sind, in einem einheitlichen Verfahren abgeholt und verwertet, so werden die Auslagen, die in diesem Verfahren entstehen, auf die beteiligten Vollstreckungsschuldner verteilt. Dabei sind die besonderen Umstände des einzelnen Falls, vor allem Wert, Umfang und Gewicht der Gegenstände, zu berücksichtigen.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer den Finanzbehörden vorsätzlich oder leichtfertig

1.
entgegen § 80a Absatz 1 Satz 3 unzutreffende Vollmachtsdaten übermittelt oder
2.
entgegen § 80a Absatz 1 Satz 4 den Widerruf oder die Veränderung einer nach § 80a Absatz 1 übermittelten Vollmacht durch den Vollmachtgeber nicht unverzüglich mitteilt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.

(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, einzulegen.

(2) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 ist unbefristet.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, einzulegen.

(2) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 ist unbefristet.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei. § 110 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Finanzbehörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.

(2) Die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern können auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die Finanzbehörde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde. Bei Antragstellern, für die im Zeitpunkt der Antragstellung nach den §§ 18 bis 21 keine Finanzbehörde zuständig ist, ist auf dem Gebiet der Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, abweichend von Satz 2 das Bundeszentralamt für Steuern zuständig; in diesem Fall bindet die verbindliche Auskunft auch die Finanzbehörde, die bei der Verwirklichung des der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts zuständig ist. Über den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft soll innerhalb von sechs Monaten ab Eingang des Antrags bei der zuständigen Finanzbehörde entschieden werden; kann die Finanzbehörde nicht innerhalb dieser Frist über den Antrag entscheiden, ist dies dem Antragsteller unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu Form, Inhalt und Voraussetzungen des Antrages auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und zur Reichweite der Bindungswirkung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich zu erteilen ist und welche Finanzbehörde in diesem Fall für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Versicherungsteuer betrifft.

(3) Für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach Absatz 2 wird eine Gebühr erhoben. Wird eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt, ist nur eine Gebühr zu erheben; in diesem Fall sind alle Antragsteller Gesamtschuldner der Gebühr. Die Gebühr ist vom Antragsteller innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe ihrer Festsetzung zu entrichten. Die Finanzbehörde kann die Entscheidung über den Antrag bis zur Entrichtung der Gebühr zurückstellen.

(4) Die Gebühr wird nach dem Wert berechnet, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert). Der Antragsteller soll den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände in seinem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft darlegen. Die Finanzbehörde soll der Gebührenfestsetzung den vom Antragsteller erklärten Gegenstandswert zugrunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt.

(5) Die Gebühr wird in entsprechender Anwendung des § 34 des Gerichtskostengesetzes mit einem Gebührensatz von 1,0 erhoben. § 39 Absatz 2 des Gerichtskostengesetzes ist entsprechend anzuwenden. Beträgt der Gegenstandswert weniger als 10 000 Euro, wird keine Gebühr erhoben.

(6) Ist ein Gegenstandswert nicht bestimmbar und kann er auch nicht durch Schätzung bestimmt werden, ist eine Zeitgebühr zu berechnen; sie beträgt 50 Euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit. Beträgt die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden, wird keine Gebühr erhoben.

(7) Auf die Gebühr kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Gebühr kann insbesondere ermäßigt werden, wenn ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vor Bekanntgabe der Entscheidung der Finanzbehörde zurückgenommen wird.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 13. Januar 2012  2 K 128/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurde in den Streitjahren 2006 bis 2008 mit Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und der verrechenbaren Verluste nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (im Weiteren Gewinnfeststellungsbescheide) zunächst jeweils erklärungsgemäß veranlagt. Aufgrund einer Außenprüfung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Aufwendungen der Klägerin nicht als Betriebsausgaben an und erließ unter dem 28. März 2011 entsprechend geänderte Gewinnfeststellungsbescheide.

2

Den dagegen erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 27. Mai 2011, zur Post gegeben am selben Tag, als unbegründet zurück.

3

Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2011, eingegangen beim Finanzgericht (FG) am selben Tag, hat die Klägerin gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 2006 bis 2008 Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2011 beantragte die Klägerin hinsichtlich der versäumten Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, dass sie wegen der Fristversäumung kein persönliches Verschulden treffe. In dem Büro ihrer Prozessbevollmächtigten sei im hier relevanten Zeitraum der O allein für die Fristenkontrolle zuständig gewesen. Bei diesem handele es sich um einen erfahrenen und fachlich vorgebildeten Mitarbeiter, der regelmäßig im Hinblick auf die Aufgabe der Fristenkontrolle von dem Steuerberater und Rechtsanwalt H überwacht werde. Bisher habe die Tätigkeit des Mitarbeiters O insbesondere im Hinblick auf die Fristenbearbeitung keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben.

4

Die Fristenkontrolle werde so vorgenommen, dass regelmäßig am Tag des Fristablaufs für die jeweils ablaufenden Fristen des Tages ein "roter Fristenkontrollzettel" ausgedruckt und mit der Handakte des jeweiligen Aktenvorgangs H, dem einzigen Steuerberater in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten, zur fristwahrenden Bearbeitung vorgelegt werde. Zum Ende des Arbeitstages erfolge an Hand des Fristenkontrollzettels eine Rückkopplung mit H, ob und wie die Fristen bearbeitet worden seien. Die Art und Weise der Fristeneinhaltung werde sodann auf dem roten Fristenkontrollzettel vermerkt. Vor dem Tag des Fristablaufs gebe es zwei Vorfristen, die zehn bzw. fünf Tage vor dem Fristablauf lägen. Es sei organisatorisch vorgesehen, dass der jeweilige Vorgang auch bei diesen Fristen H vorgelegt werde.

5

Im vorliegenden Fall sei der Fristablauf ausweislich des Fristenkontrollzettels ordnungsgemäß notiert worden. Am 30. Juni 2011 habe es der sonst sehr pflichtbewusst und gewissenhaft arbeitende O aufgrund einer aufkommenden Magenverstimmung übersehen, die ablaufende Frist zu überwachen und H unter erneuter Vorlage der Akte darauf hinzuweisen, dass in der Angelegenheit spätestens mit Ablauf des 30. Juni 2011 Klage zu erheben sei. Infolge des fehlenden roten Fristenkontrollzettels sei der Fristablauf von H unentdeckt geblieben. Erst durch eine Nachfrage von Seiten der Klägerin sei man am 4. Juli 2011 auf den Ablauf der Klagefrist aufmerksam geworden. Bei dem Vorgang habe sich lediglich ein gelber Fristenkontrollzettel befunden, der im Zeitpunkt der Erfassung der Frist angelegt worden sei.

6

Dass das D-Fristenkontrollsystem, mit dem die Prozessbevollmächtigte der Klägerin gearbeitet habe, nicht wie andere Fristenkontrollsysteme ein "Alarmfenster" aufweise, sei "rechtlich unschädlich".

7

Das FG hat, nachdem es O als Zeugen zu den Umständen der Fristversäumung gehört hatte, die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin habe die Klagefrist versäumt. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, da die Klägerin nicht dargelegt habe, dass die Organisation des Bürobetriebs der Prozessbevollmächtigten geeignet gewesen sei, etwaige Fristversäumnisse auszuschließen. Das Büro müsse so organisiert sein, dass die Versäumung von Fristen aufgrund menschlichen Versagens bei normalem Lauf der Dinge möglichst ausgeschlossen sei. Es habe im Büro der Prozessbevollmächtigten aber keine abschließende Kontrolle gegeben, aufgrund derer sichergestellt gewesen sei, dass die vorgemerkten Fristen eines Tages tatsächlich abgerufen und abgearbeitet würden.

8

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Zu Unrecht habe das FG eine Fristversäumung angenommen. Die Klägerin habe gemäß § 55 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) innerhalb eines Jahres Klage erheben können, da die der Einspruchsentscheidung beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig gewesen sei. Die Rechtsbehelfsbelehrung habe keinen Hinweis dazu enthalten, dass eine Klageerhebung auch per E-Mail mittels qualifizierter elektronischer Signatur möglich sei.

9

Zudem habe das FG auch im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes die Anforderungen an die Büroorganisation kleinerer Steuerberaterkanzleien im Zusammenhang mit der Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand überspannt. Die im Büro des Prozessbevollmächtigten nach dem D-Fristenkontrollsystem zweistufig aufgebaute Fristenkontrolle sei ausreichend, um sicherzustellen, dass es nach menschlichem Ermessen nicht zu einer Fristversäumung komme. Es sei aufgrund eines Verschuldens des O zu einem Kontrolldefizit der vorliegenden Klagefrist gekommen. Da O jahrelang zuverlässig als Büroleiter gearbeitet habe, habe sich H auf ihn verlassen dürfen und sei deshalb exkulpiert. Im Übrigen seien etwaige Mängel im Fristenkontrollsystem im konkreten Fall für das Fristversäumnis nicht ursächlich gewesen. Ursächlich sei allein der Umstand gewesen, dass H entgegen der Weisung kein roter Fristenkontrollzettel vorgelegt worden sei.

10

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

11

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

12

Die Klage sei nicht fristgerecht erhoben worden. Die der Einspruchsentscheidung beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung entspreche den gesetzlichen Anforderungen des § 55 Abs. 1 FGO; sie sei daher nicht unrichtig i.S. des § 55 Abs. 2 FGO.

13

Die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht erfüllt. Das FG habe ein Verschulden der Prozessbevollmächtigten, welches sich die Klägerin habe zurechnen lassen müssen, zutreffend bejaht.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

15

Zutreffend hat das FG die Klage als unzulässig abgewiesen, da die Klägerin die Klage erst nach Ablauf der Klagefrist erhoben hat (dazu unter 1.) und der Klägerin wegen der Versäumung der Klagefrist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war (dazu unter 2.).

16

1. Die Klägerin hat die Klage erst nach Ablauf der Klagefrist erhoben.

17

a) Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO beträgt die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf (Einspruchsentscheidung). Die Klagefrist beginnt allerdings nur dann zu laufen, wenn die der Einspruchsentscheidung beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung den Anforderungen des § 55 Abs. 1 FGO entsprechend erteilt worden ist. Ist die Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden, ist die Erhebung der Klage gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung zulässig.

18

b) Die Einspruchsentscheidung ist laut Absendevermerk des FA am Freitag, dem 27. Mai 2011, zur Post gegeben worden. Sie gilt daher der Klägerin als am Montag, dem 30. Mai 2011, bekanntgegeben (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung --AO--). Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Senat sieht insoweit von weiteren Ausführungen ab.

19

c) Die einmonatige Klagefrist begann mit dem Tage der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO), da die Klägerin über die Erhebung der Klage mit der der Einspruchsentscheidung beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung den Anforderungen des § 55 Abs. 1 FGO entsprechend belehrt worden ist. Die Rechtsbehelfsbelehrung gibt den Wortlaut des § 64 Abs. 1 FGO zutreffend wieder und ist deshalb nicht "unrichtig" i.S. des § 55 Abs. 2 FGO.

20

Die Rechtsbehelfsbelehrung zur Einspruchsentscheidung ist nicht gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO unrichtig erteilt worden, weil sie keinen Hinweis auf die Möglichkeit der Übermittlung der Klage mittels eines elektronischen Dokumentes gemäß § 52a FGO enthielt.

21

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in jüngerer Zeit mit Urteilen vom 20. November 2013 X R 2/12 (BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236) und vom 18. März 2014 VIII R 33/12 (BFHE 246, 1, BStBl II 2014, 922) entschieden, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung, die den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergibt, nicht "unrichtig" i.S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO ist. Da § 357 Abs. 1 Satz 1 AO für die in den jeweiligen Streitfällen maßgeblichen Verfahrenszeiträume 2010 und 2011 nur bestimme, dass der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären sei, sei ein Verweis auf § 87a AO (elektronische Kommunikation) nicht geboten (BFH-Urteile in BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236, und in BFHE 246, 1, BStBl II 2014, 922).

22

Diese Rechtsprechung hat der BFH auch auf die insoweit vergleichbare Regelung in § 55 Abs. 2 FGO zur Rechtsbehelfsbelehrung in einer Einspruchsentscheidung übertragen und ausgeführt, dass das Fehlen eines Verweises auf § 52a FGO (Übermittlung elektronischer Dokumente) ebenfalls nicht dazu führe, dass die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig i.S. des § 55 Abs. 2 FGO erteilt worden sei (BFH-Urteil vom 5. März 2014 VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010). Dem schließt sich der erkennende Senat an. Denn gemäß § 64 Abs. 1 FGO ist, insoweit inhaltsgleich mit der Regelung in § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung (geändert ab 1. August 2013 durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013, BGBl I 2013, 2749), die Klage bei dem Gericht schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben. Einen Verweis auf die Möglichkeit der Übermittlung der Klageschrift mittels elektronischen Dokuments enthält § 64 Abs. 1 FGO nicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die Entscheidungsgründe in den BFH-Urteilen in BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236 und in BFH/NV 2014, 1010 Bezug genommen.

23

d) Die einmonatige Klagefrist endete daher gemäß § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 der Zivilprozessordnung (ZPO), § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Ablauf des 30. Juni 2011. Die Klage ist am 4. Juli 2011 und damit nach Ablauf der Monatsfrist beim FG erhoben worden.

24

2. Der Klägerin war wegen der Versäumung der Klagefrist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

25

a) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 56 Abs. 1 FGO). Der Antrag ist bei Versäumung der Klagefrist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zu seiner Begründung sind glaubhaft zu machen und die versäumte Rechtshandlung ist innerhalb der Antragsfrist nachzuholen (§ 56 Abs. 2 FGO). Jedes Verschulden --also auch einfache Fahrlässigkeit-- schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (u.a. BFH-Beschluss vom 30. April 2013 IV R 38/11, BFH/NV 2013, 1117, m.w.N.). Ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten ist dem Kläger nach § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.

26

b) Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe müssen für eine zuverlässige Fristenkontrolle sorgen und, soweit sie die Fristenkontrolle dem Büropersonal überlassen, die Organisation des Bürobetriebs so gestalten, dass Fristversäumnisse vermieden werden (u.a. BFH-Beschlüsse vom 27. Juli 2011 IV B 131/10, BFH/NV 2011, 1909, und in BFH/NV 2013, 1117, m.w.N.). Wird --wie im Streitfall-- Wiedereinsetzung wegen eines entschuldbaren Büroversehens begehrt, muss substantiiert und schlüssig vorgetragen werden, dass kein Organisationsfehler vorliegt, d.h. dass der Prozessbevollmächtigte alle Vorkehrungen getroffen hat, die nach vernünftigem Ermessen die Nichtbeachtung von Fristen auszuschließen geeignet sind (u.a. BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 1117). Zur Überwachung der Fristen bedarf es der Einrichtung eines Fristenkontrollbuchs oder einer gleichwertigen Einrichtung. Zudem ist im Rahmen einer abendlichen Erledigungskontrolle sicherzustellen, dass die Fristsachen ordnungsgemäß erledigt worden sind (Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 12. Oktober 1998 II ZB 11/98, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1999, 670, und vom 6. November 2001 XI ZB 11/01, BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 17). Bei einer elektronischen Fristenkontrolle gelten keine geringeren Anforderungen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 1117).

27

c) Danach hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Frist zur Erhebung der Klage nicht ohne Verschulden versäumt. Sie hat, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, nicht dargelegt, dass die Organisation des Bürobetriebs dergestalt beschaffen war, Fristversäumnisse grundsätzlich auszuschließen. Es kann dahinstehen, ob das von der Prozessbevollmächtigten geführte elektronische Fristenkontrollbuch überhaupt geeignet war, die Einhaltung und Überwachung der Fristen sicherzustellen. Jedenfalls fehlte es, worauf das FG zutreffend abgestellt hat, an der Durchführung einer erforderlichen abendlichen Kontrolle der in dem elektronischen Fristenkontrollbuch erfassten Fristen. Dass die Büroorganisation ersichtlich nicht ausreichend beschaffen war, wird nicht zuletzt durch das Vorbringen der Prozessbevollmächtigten belegt, dass die Fristversäumnis nicht von ihr entdeckt, sie vielmehr erst aufgrund der telefonischen Nachfrage der Klägerin auf die Versäumung der Klagefrist aufmerksam geworden sei. Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten ist der Klägerin zuzurechnen.

(Anmerkung: Satz 1 der Randnummer geändert aufgrund des Berichtigungsbeschlusses des BFH vom 25. August 2015 IV R 18/13, nicht dokumentiert).

28

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

29

4. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 121 Satz 1, 90 Abs. 2 FGO).

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) schätzte den gesondert festzustellenden Gewinn des Gewerbetriebs "P" des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) für die Streitjahre 2006 und 2007. Diese Schätzungsbescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nachdem der Kläger im Dezember 2010 seine Gewinnermittlungen für alle Streitjahre eingereicht hatte, hob das FA mit Bescheiden vom 30. März 2011 die Vorbehalte der Nachprüfung für die Streitjahre 2006 und 2007 auf. Am gleichen Tag erließ das FA einen Feststellungsbescheid für das Streitjahr 2008. Alle drei Bescheide waren mit Rechtsbehelfsbelehrungen versehen, die hinsichtlich der Form der Einspruchseinlegung den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) wiederholten. Daneben enthielten diese Bescheide die E-Mail-Adresse des FA. Infolge der bereits am 14. Januar 2011 ergangenen Aufforderung, Nachweise hinsichtlich der Gewinnermittlungen zu übersenden, bat der Kläger am 20. Mai 2011, die Schätzungen zurückzunehmen. Er habe krankheitsbedingt erst verspätet antworten können. Auf einen Hinweis des FA auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand reagierte der Kläger nicht. Das Schreiben des Klägers vom 20. Mai 2011 wertete das FA als Einspruch gegen die Bescheide vom 30. März 2011, die es durch Entscheidung vom 26. Juli 2011 als unzulässig verwarf.

2

Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) hob mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 292 veröffentlichten Urteil die Einspruchsentscheidung auf. Der Einspruch sei fristgerecht eingegangen, da aufgrund des fehlenden Hinweises in den Rechtsbehelfsbelehrungen auf die Möglichkeit der Einlegung eines Einspruchs per E-Mail die Jahresfrist aus § 356 Abs. 2 AO zum Tragen komme.

3

Das FA begründet seine Revision damit, dass die Einlegung eines Einspruchs per E-Mail ein Unterfall der schriftlichen Einspruchseinlegung sei und eine Erweiterung der Rechtsbehelfsbelehrung zur Unübersichtlichkeit führe. Die Nichterwähnung der E-Mail führe nicht zu einer Erschwerung oder gar Gefährdung der Rechtsverfolgung und Fristwahrung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise.

4

Das FA beantragt sinngemäß,
das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

7

Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass die Rechtsbehelfsbelehrungen der Bescheide vom 30. März 2011 unvollständig seien, da ein Hinweis auf die Möglichkeit der Einlegung eines Einspruchs per E-Mail fehle. Das zutreffend als Einspruch zu wertende Schreiben des Klägers (unten 1.) hat die einmonatige Einspruchsfrist nicht gewahrt, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war nicht zu gewähren (unten 2.). Die Jahresfrist des § 356 Abs. 2 AO ist nicht anwendbar, da die Rechtsbehelfsbelehrungen richtig und vollständig sind (unten 3.).

8

1. Zutreffend haben FA und FG das Schreiben des Klägers vom 20. Mai 2011 als Einspruch gewertet. Auch außerprozessuale Verfahrenserklärungen --wie dieses Schreiben-- sind in entsprechender Anwendung des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Juli 1986 IX R 123/82, BFH/NV 1987, 359). Im vorliegenden Fall liegt in der Bitte des Klägers, die Schätzungen zurückzunehmen, ein Begehren i.S. des § 350 AO, das als Einspruch anzusehen ist.

9

Der Einspruch ist schriftlich und damit jedenfalls formgerecht i.S. des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO eingelegt worden.

10

2. Das FA ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Einspruch nicht innerhalb der Monatsfrist gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 AO eingelegt wurde. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 AO war --auch von Amts wegen-- nicht zu gewähren, da der Kläger Tatsachen zur Begründung eines solchen Antrags trotz eines Hinweises des FA nicht dargelegt hat. Die bloße Erwähnung einer Krankheit im Einspruchsschreiben zwingt das FA nicht zu einer Prüfung der Wiedereinsetzung von Amts wegen. Da Krankheit nur ausnahmsweise eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründen kann (vgl. statt vieler: Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 110 AO Rz 147; Klein/ Rätke, AO, 11. Aufl., § 110 Rz 9, jeweils m.w.N.), hätte der Kläger weitere Tatsachen darlegen und --spätestens im Klageverfahren (vgl. Klein/Rätke, a.a.O., § 110 Rz 46; Pahlke/ Koenig/Pahlke, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 110 Rz 89, jeweils m.w.N.)-- gemäß § 110 Abs. 2 Satz 2 AO auch glaubhaft machen müssen. Für Amtsermittlungen ist in einem solchen Verfahren grundsätzlich kein Raum (BFH-Beschluss vom 23. Januar 2008 I B 101/07, BFH/NV 2008, 1290).

11

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 AO wäre auch dann nicht zu gewähren, wenn man den Vortrag der Klägerseite so verstünde, dass dem Kläger die Möglichkeit der Einlegung eines Einspruchs per E-Mail nicht bekannt gewesen sei und er sich deshalb im Rechtsirrtum befunden habe. Es fehlt insoweit bereits an der Darlegung entsprechender Tatsachen innerhalb der in § 110 Abs. 2 Satz 1 AO festgesetzten Monatsfrist. Ein Nachschieben von Wiedereinsetzungsgründen nach Ablauf dieser Antragsfrist ist unzulässig (BFH-Beschluss vom 26. Februar 2004 VI B 101/01, nicht veröffentlicht).

12

3. Die Einspruchsfrist ist nicht gemäß § 356 Abs. 2 Satz 1 AO auf ein Jahr seit Bekanntgabe der Bescheide verlängert worden, da die Rechtsbehelfsbelehrungen der Bescheide vom 30. März 2011 vollständig und richtig erteilt worden sind. Hinsichtlich der Anforderungen an die Form der Einspruchseinlegung reicht es insoweit aus, dass die Rechtsbehelfsbelehrungen den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergeben.

13

a) Die Rechtsbehelfsbelehrung muss dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes --GG--; Art. 19 Abs. 4 GG) Rechnung tragen, soll aber auch so einfach und klar wie möglich sein (Senatsurteil vom 7. März 2006 X R 18/05, BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455).

14

Unrichtig ist eine Belehrung daher erst dann, wenn sie in wesentlichen Aussagen unzutreffend oder derart unvollständig oder missverständlich gefasst ist, dass hierdurch --bei objektiver Betrachtung-- die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint (Senatsurteil vom 29. Juli 1998 X R 3/96, BFHE 186, 324, BStBl II 1998, 742; auch BFH-Beschluss vom 9. November 2009 IV B 54/09, BFH/NV 2010, 448, jeweils m.w.N.).

15

b) Der BFH hat bereits mehrfach entschieden, dass die Rechtsbehelfsbelehrung auch dann noch vollständig und richtig ist, wenn sie hinsichtlich der Form der Einlegung des Rechtsbehelfs nur den Wortlaut des Gesetzes --im Fall der Einlegung des Einspruchs also den des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO-- wiederholt, und zwar auch in Bezug auf die Einlegung des Rechtsbehelfs per E-Mail. So stellte der III. Senat bereits in seiner Entscheidung vom 2. Februar 2010 III B 20/09 (BFH/NV 2010, 830) klar, dass die Rechtsbehelfsbelehrung richtig und vollständig sei, wenn sie den Wortlaut des § 357 Abs. 1 AO wiedergebe. Auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Form brauche die Behörde auch dann nicht hinzuweisen, wenn in der Erwähnung der Internetseite in der Fußzeile des Bescheides die konkludente Eröffnung eines "Zugangs" i.S. von § 87a Abs. 1 Satz 1 AO zu sehen sein sollte. Diese Rechtsprechung hat der III. Senat in seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2012 III B 66/12 (BFH/NV 2013, 177) bestätigt.

16

In seinem Beschluss vom 12. Dezember 2012 I B 127/12 (BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272) hat sich der I. Senat des BFH dieser Rechtsprechung angeschlossen. Nach dem maßgebenden objektiven Verständnishorizont sei bei Wiederholung des Wortlautes des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO kein unrichtiger bzw. missverständlicher Hinweis zu den Formerfordernissen erteilt worden. Das FA sei weder gehalten, einen ergänzenden Hinweis auf § 87a AO (elektronische Form als Alternative zur Schriftlichkeit im Sinne der hergebrachten Schriftform) zu geben, ebenso wie es umgekehrt nicht gehalten sei, angesichts der ergänzenden Regelung des § 87a AO einen Hinweis, der sich auf § 357 Abs. 1 Satz 1 AO beschränke, zu unterlassen. Eine Belehrung entsprechend dem Gesetzeswortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO sei nicht geeignet, bei einem "objektiven" Empfänger die Fehlvorstellung hervorzurufen, die Einlegung eines Einspruchs in elektronischer Form werde den geltenden Formvorschriften nicht gerecht. Der Hinweis auf die "Schriftlichkeit" entsprechend § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wirke weder irreführend noch rechtsschutzbeeinträchtigend. Der Betroffene werde in die Lage versetzt, sich im Rahmen seiner verfahrensrechtlichen Mitverantwortung darüber kundig zu machen, ob das herkömmliche Verständnis dessen, was unter "schriftlich" aufzufassen sei, angesichts der technischen Weiterentwicklungen zu modifizieren sei.

17

c) Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des I. und III. Senats an und knüpft hierbei an seine Entscheidung in BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455 an, die es ausreichen lässt, dass die Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich der Berechnung der Einspruchsfrist den Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen wiedergibt.

18

aa) Nach § 356 Abs. 1 AO beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form (schriftlich oder elektronisch) belehrt worden ist. Über die Form des Einspruchs selbst ist hiernach nicht (zwingend) zu belehren.

19

Allerdings muss eine Rechtsbehelfsbelehrung auch Angaben, die nicht zwingend vorgeschrieben sind, richtig, vollständig und unmissverständlich darstellen (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juni 2007 III R 70/06, BFH/NV 2007, 2064, unter II.2.a, m.w.N.). Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Maßstäben, die der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455 aufgestellt hat (s.o. unter 3.a).

20

bb) Der Senat hat gerade mit Rücksicht auf die im Interesse des Steuerpflichtigen liegende Klarheit der Rechtsbehelfsbelehrung in dieser Entscheidung zu einem Fall, in dem die Frage des Fristbeginns in Rede stand, ausgeführt (unter II.2.c d), es sei ausreichend, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung den Gesetzeswortlaut der einschlägigen Bestimmung wiedergebe und verständlich über die allgemeinen Merkmale des Fristbeginns unterrichte. Letzteres setze nach allgemeiner Meinung nicht voraus, dass in der Rechtsbehelfsbelehrung den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung zu tragen wäre. Vielmehr genüge eine abstrakte Belehrung anhand des Gesetzestextes über die vorgeschriebene Anfechtungsfrist. Die konkrete Berechnung sei den Beteiligten überlassen. Auf sämtliche Modalitäten könne kaum hingewiesen werden.

21

cc) Es besteht keine Veranlassung, bei Angaben in der Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht Pflichtangaben nach § 356 Abs. 1 AO sind, höhere Anforderungen an die Detailliertheit der Rechtsbehelfsbelehrung zu stellen als bei solchen Angaben, die notwendiges Element der Rechtsbehelfsbelehrung sind.

22

Die Frist ist eine solche Pflichtangabe. Wenn es aber selbst zu der --im Einzelfall sehr komplizierten-- Berechnung der Frist ausreicht, den Wortlaut der einschlägigen Bestimmung wiederzugeben, so muss dies erst recht gelten, wenn Angaben zur Form gemacht werden, die schon dem Grunde nach nicht zwingender Bestandteil der Rechtsbehelfsbelehrung sind.

23

Das bedeutet für die Form der Einspruchseinlegung, dass es genügt, den Wortlaut der insoweit maßgeblichen Vorschrift, nämlich des § 357 Abs. 1 AO, wiederzugeben. Dies ist in den Bescheiden vom 30. März 2011 unstreitig geschehen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tatbestand

1

I. Die damals verheiratete Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erhielt aufgrund eines Festsetzungsbescheids vom 16. April 2004 für ihre im März 1981 geborene Tochter und ihren Sohn ab Oktober 2002 laufend Kindergeld ausgezahlt. Nachdem die damals zuständige Familienkasse X mehrfach erfolglos versucht hatte, der Klägerin unter der von ihr benannten Anschrift (A-Straße, B-Stadt) Schreiben zuzusenden, und auch Anfragen beim Einwohnermeldeamt keine andere Adresse ergaben, hob sie mit Bescheid vom 15. April 2008 die Kindergeldfestsetzung ab November 2003 auf und forderte das für den Zeitraum November 2003 bis Oktober 2007 bereits ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 7.392 € von der Klägerin zurück. Der Bescheid enthielt keine E-Mail-Adresse der Familienkasse, war mit der üblichen Rechtsbehelfsbelehrung versehen und wurde öffentlich zugestellt.

2

Am 2. Oktober 2008 ging bei der Familienkasse X eine Mitteilung der Klägerin ein, wonach sich ihre Anschrift geändert habe (C-Straße, D-Stadt) und sie nunmehr getrennt lebe. Zudem legte die Klägerin eine Studienbescheinigung der Tochter vor, aus der sich ergab, dass die Tochter vom Wintersemester 2005/2006 bis zum Wintersemester 2008/2009 durchgehend immatrikuliert war. Am 15. April 2009 ging bei der inzwischen zuständig gewordenen Beklagten und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) ein Kindergeldantrag der Klägerin für beide Kinder und eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen der Tochter in den Jahren 2007 und 2008 ein.

3

Mit Bescheid vom 7. Mai 2009 lehnte die Familienkasse den Antrag u.a. wegen der Bestandskraft des --in Kopie beigefügten-- Bescheids vom 15. April 2008 ab. Der Bescheid enthielt im Briefkopf die Angabe der E-Mail-Adresse der Familienkasse und war mit der üblichen Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Den gegen beide Bescheide gerichteten Einspruch vom 17. September 2009 verwarf die Familienkasse mit Einspruchsentscheidungen vom 23. November 2009 wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unzulässig.

4

In dem gegen beide Bescheide gerichteten Klageverfahren führte der zuständige Berichterstatter einen Erörterungstermin durch. Den auf Äußerungen in diesem Termin gestützten Befangenheitsantrag wies das Finanzgericht (FG) ohne Mitwirkung des abgelehnten Berichterstatters mit Beschluss vom 24. Januar 2012 als unbegründet zurück. Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen.

5

Mit der dagegen gerichteten Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) und wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Sofern Zulassungsgründe überhaupt in einer den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form geltend gemacht wurden, liegen sie jedenfalls nicht vor.

7

1. Die Revision ist nicht wegen des Vorliegens von Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen.

8

a) Ein solcher Verfahrensmangel ergibt sich nicht aus der Rüge, das FG habe unter Verstoß gegen § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 47 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter Teilnahme eines Richters, der wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden sei, mündlich verhandelt und entschieden.

9

Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen --d.h. auch die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs-- können gemäß § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Sie unterliegen deshalb gemäß § 124 Abs. 2 FGO nicht der Prüfung im Revisionsverfahren; anderes gilt nur dann, wenn die unberechtigte Ablehnung eines Befangenheitsantrages die Vorenthaltung des gesetzlichen Richters zur Folge hat, was nur bei einer greifbar gesetzwidrigen, d.h. willkürlichen Zurückweisung eines Befangenheitsantrages der Fall ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. Januar 2010 I B 83/09, BFH/NV 2010, 913, m.w.N; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 119 Rz 6, m.w.N.).

10

b) Im Streitfall sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass das Ablehnungsgesuch der Klägerin aus willkürlichen Erwägungen zurückgewiesen wurde.

11

aa) Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Ein derartiger Grund besteht, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus --jedoch nach Maßgabe einer vernünftigen, objektiven Betrachtung-- davon ausgehen kann, der Richter werde nicht unvoreingenommen, sondern unsachlich oder willkürlich entscheiden. Freimütige oder saloppe Formulierungen geben grundsätzlich keinen Anlass zur Besorgnis der Befangenheit (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Mai 2001 IV B 118/00, BFH/NV 2001, 1431, m.w.N.). Evident unsachliche oder unangemessene sowie herabsetzende und beleidigende Äußerungen des Richters können aber die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn sie den nötigen Abstand zwischen Person und Sache vermissen lassen.

12

bb) Das FG hat bei seiner Entscheidung über das Ablehnungsgesuch der Klägerin sowohl die Darstellung der Prozessbevollmächtigten zu den zur Ablehnung führenden Äußerungen des Berichterstatters im Erörterungstermin als auch die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters hierzu in Betracht gezogen. Eine greifbare Gesetzwidrigkeit der Entscheidung ergibt sich hieraus nicht.

13

Die Befangenheit des abgelehnten Richters beruht nach Auffassung der Klägerin darauf, dass der Richter im Erörterungstermin auf das Angebot, das Vorbringen der Klägerin eidesstattlich zu versichern, erklärt habe: "Ich muss ja nicht alles glauben." Zudem habe er vor dem Hintergrund, dass die Klägerin im gerichtlichen Verfahren nach einem erneuten Umzug ihre neue Anschrift nicht mitgeteilt habe, geäußert, dass sie es mit solchen Dingen und insbesondere mit Fristen nicht sehr genau nehme.

14

Das von der Klägerin daraufhin gestellte Ablehnungsgesuch wurde ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters zurückgewiesen. Der Berichterstatter hatte in seiner dienstlichen Äußerung hierzu im Wesentlichen erklärt, er habe mit seinen Bemerkungen darauf aufmerksam machen wollen, dass es zum einen auf den genauen Inhalt einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung ankäme und zum anderen keine ausnahmslose Bindung des Gerichts an diese bestehe. Ferner sei das Verhalten der Klägerin im Prozess im Hinblick auf die strittigen Punkte der Zulässigkeit der öffentlichen Zustellung und der behaupteten rechtzeitigen Einspruchseinlegung zur Sprache gekommen.

15

Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Prozessförderungspflicht des Berichterstatters im vorbereitenden Verfahren (§ 76 Abs. 2 FGO) erscheint das vom FG gefundene Ergebnis, dass die Äußerungen des Berichterstatters die Grenze der zulässigen Meinungsäußerung nicht überschritten haben und insbesondere keinen evident unsachlichen Inhalt hatten, jedenfalls nicht willkürlich.

16

2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen, da die Beschwerde insoweit nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt.

17

a) Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH "erfordert". Die Erforderlichkeit einer BFH-Entscheidung bildet neben dem Erfordernis der Sicherung der Rechtseinheit eine eigenständige Voraussetzung für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO (Senatsbeschluss vom 29. März 2012 III B 94/10, BFH/NV 2012, 1147, m.w.N). Denn das Allgemeininteresse an einer Entscheidung des BFH wird bei vorliegender Divergenz nicht kraft Gesetzes vermutet, sondern ist bei der Entscheidung über die Zulassung gesondert zu prüfen (Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz 65). Macht der Beschwerdeführer geltend, dass die angegriffene FG-Entscheidung von der Entscheidung eines anderen FG abweicht, ist daher im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen eine Entscheidung des BFH erforderlich ist (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 116 FGO Rz 198).

18

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Sie legt zwar dar, dass das FG in der angefochtenen Entscheidung einen von der Entscheidung des Niedersächsischen FG vom 24. November 2011  10 K 275/11 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 292) abweichenden Rechtssatz formuliert habe. Sie setzt sich jedoch nicht mit der Frage auseinander, ob und inwieweit die angefochtene Entscheidung mit der Rechtsprechung des BFH in Einklang steht. Da die angefochtene Entscheidung von den durch die Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 2. Februar 2010 III B 20/09, BFH/NV 2010, 830) aufgestellten Rechtsgrundsätzen ausgeht, wonach eine Rechtsbehelfsbelehrung, die den Wortlaut der einschlägigen Bestimmung des § 357 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) wiedergibt und verständlich über allgemeine Merkmale des Fristbeginns sowie der Fristdauer informiert, ausreichend ist, und die Divergenzentscheidung bereits dem BFH in einem anderen Verfahren (Az. des anhängigen Verfahrens: X R 2/12) zur Prüfung vorliegt, hätte die Klägerin im Einzelnen darlegen müssen, weshalb gleichwohl eine Entscheidung des BFH zur Sicherung der Rechtseinheit erforderlich ist.

19

Nicht ausreichend ist insoweit der Vortrag, der BFH habe in der Entscheidung in BFH/NV 2010, 830 nur über die Frage zu entscheiden gehabt, ob die Angabe einer Internetadresse eine geänderte Rechtsbehelfsbelehrung notwendig mache, während im vorliegenden Fall im Bescheid eine E-Mail-Adresse genannt worden sei. Denn aus den Gründen des Senatsbeschlusses in BFH/NV 2010, 830 ergibt sich, dass der Senat die Anforderungen an die Ordnungsgemäßheit der Rechtsbehelfsbelehrung vor dem Hintergrund der --unterstellten-- Eröffnung des elektronischen Zugangs beurteilt hat. Entscheidungserheblicher Sachverhalt war daher nur der Umstand, dass ein elektronischer Zugang --möglicherweise-- eröffnet wurde, nicht dagegen wie dies gegebenenfalls geschehen ist.

20

3. Die Revision ist schließlich auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist.

21

Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob eine Familienkasse, die in einem Bescheid auf ihre E-Mail-Adresse hinweist, in der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheids darauf hinweisen muss, dass auch per E-Mail Einspruch eingelegt werden kann.

22

Entsprechend den Ausführungen des Senats im Beschluss in BFH/NV 2010, 830 ist diese Frage jedoch nicht klärungsbedürftig, weil sich ihre Beantwortung aus dem Gesetz ergibt. Nach § 157 Abs. 1 Satz 3 AO hat eine Belehrung darüber zu erfolgen, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde er einzulegen ist. Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die --wie im Streitfall-- den Wortlaut der einschlägigen Bestimmung des § 357 Abs. 1 AO wiedergibt und verständlich über allgemeine Merkmale des Fristbeginns sowie der Fristdauer informiert, ist ausreichend (BFH-Urteil vom 7. März 2006 X R 18/05, BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455, m.w.N.). Auf die Möglichkeit einer Einspruchseinlegung in elektronischer Form brauchte die Familienkasse somit auch dann nicht hinzuweisen, wenn sie durch Angabe einer E-Mail-Adresse konkludent einen "Zugang" i.S. von § 87a Abs. 1 Satz 1 AO eröffnet hat.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob eine Anordnung eines Steuerabzuges gemäß § 50a Abs. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2009) mit Blick auf ein zwischenzeitlich über das Vermögen des Vergütungsgläubigers eröffnetes Insolvenzverfahren von der Vollziehung auszusetzen ist; ein Einspruch gegen die Anordnung wurde nach Ablauf der Monatsfrist eingelegt.

2

Unternehmensgegenstand der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), einer GmbH, ist der Erwerb, der Umbau, die Verwaltung, Bewirtschaftung und spätere Veräußerung einer im Inland belegenen Gewerbeimmobilie. Die Immobilie war mit notariellem Vertrag vom 28. September 2011 von einer niederländischen Kapitalgesellschaft mit Sitz in den Niederlanden für 10.500.000 € erworben worden. Eine "1. Rate" des Kaufpreises (525.000 €) hatte die Antragstellerin bereits vor der Vertragsbeurkundung auflagenfrei auf ein Notaranderkonto eingezahlt. Der Restkaufpreis war innerhalb von zehn Arbeitstagen nach dem Absenden der schriftlichen Bestätigung des Notars über den Eintritt weiterer Fälligkeitsvoraussetzungen zu zahlen.

3

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ordnete unter dem 10. Oktober 2011 (Bekanntgabe am 12. Oktober 2011) gegenüber der Antragstellerin gemäß § 50a Abs. 7 (i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) EStG 2009 den Abzug von Körperschaftsteuer in Höhe von 7 % der Vergütungen aus dem Grundstückskaufvertrag an (735.000 €). Der Bescheid trägt keinen Hinweis auf eine E-Mail-Adresse des FA, die sich allerdings aus der allgemeinen Homepage www.finanzamt.nrw.de ergibt; die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung lautet: "Gegen die Anordnung des Steuerabzuges ist der Einspruch gegeben. ... Der Einspruch ist bei dem auf Seite 1 bezeichneten Finanzamt schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Auch der Steuerschuldner kann Einspruch einlegen. Die Frist für die Einlegung beträgt ..."

4

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 bat das FA die Antragstellerin um Mitteilung, wann der Kaufpreis gezahlt und warum gegebenenfalls kein Steuerabzug durchgeführt worden sei. Die Antragstellerin zahlte den "Restkaufpreis" am 20. Januar 2012; später wurde sie als Eigentümerin des Objektes in das Grundbuch eingetragen.

5

Die Antragstellerin informierte das FA über die Zahlung des Kaufpreises. Sie verwies zudem auf eine notarielle Bestätigung vom 7. Februar 2012 über den Bestand eines Notaranderkontos in Höhe von 805.925 €. Gemäß der Treuhandabrede habe sie einen entsprechenden Teil des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto hinterlegt. Durch diese Gestaltung habe vermieden werden sollen, dass im Falle einer tatsächlich niedrigeren Steuerfestsetzung aus dem Veräußerungsvorgang die Steuererstattung an die Grundstücksverkäuferin erfolge, um die Bank nicht wirtschaftlich unverhältnismäßig zu benachteiligen.

6

Mit Schreiben vom 13. Februar 2012 forderte das FA die Antragstellerin erneut auf, die Anmeldung und Zahlung des Betrages von 735.000 € zzgl. Solidaritätszuschlag vorzunehmen. Die Antragstellerin wies darauf hin, dass zur Sicherung eines eventuellen Steueranspruchs ein Notaranderkonto eingerichtet worden sei. Zugleich beantragte sie, die Anordnung des Steuerabzuges gemäß § 131 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) zu widerrufen. Denn über das Vermögen der Grundstücksverkäuferin sei in den Niederlanden am 16. Februar 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Dieser Umstand sei bei der Anordnung des Steuerabzuges jedenfalls im Rahmen der Ermessenserwägungen zu berücksichtigen, da es ein Fiskusprivileg nicht gebe. Durch den Vollzug des Steuerabzuges würde jedoch der Fiskus gegenüber anderen Gläubigern der insolventen Gesellschaft bevorzugt, was parallel zur Rechtslage bei der Bauabzugsteuer gemäß §§ 48 ff. EStG (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. November 2002 I B 147/02, BFHE 201, 80, BStBl II 2003, 716) unrechtmäßig sei. Das FA lehnte den Widerruf der Anordnung mit Schreiben vom 28. März 2012 ab. Über den hiergegen gerichteten Einspruch der Antragstellerin vom 5. April 2012 hat das FA noch nicht entschieden.

7

Mit Schreiben vom 13. April 2012 legte die Antragstellerin Einspruch gegen die Anordnung des Steuerabzuges vom 10. Oktober 2011 ein. Sie vertrat unter Hinweis auf ein Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG) vom 24. November 2011  10 K 275/11 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 292) und das hierzu beim BFH anhängige Revisionsverfahren (Az. X R 2/12) die Auffassung, dass der Einspruch rechtzeitig erhoben worden sei. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides sei unrichtig; ein Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per E-Mail fehle (Hinweis auf § 356 Abs. 2 AO).

8

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der streitigen Anordnung lehnte das FA ab, da der Einspruch verfristet sei. Ein beim FG Münster gestellter AdV-Antrag blieb ebenfalls erfolglos (FG Münster, Beschluss vom 6. Juli 2012  11 V 1706/12 E, abgedruckt in EFG 2012, 1811).

9

Die Antragstellerin macht mit ihrer --vom FG zugelassenen-- Beschwerde geltend, der Einspruch gegen die streitgegenständliche Anordnung sei fristgerecht eingelegt worden. Es bestünden auch ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Vollziehung der Anordnung des Steuerabzuges gemäß § 50a Abs. 7 EStG 2009 vom 10. Oktober 2011 ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung in voller Höhe ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

10

Das FA hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

11

II. Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthafte Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Das FG hat die beantragte AdV zu Recht abgelehnt. Es fehlt angesichts der verspäteten Einlegung des Rechtsbehelfs und der daran anschließenden formellen Bestandskraft der streitgegenständlichen Anordnung an den für die AdV-Gewährung erforderlichen ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsakts.

12

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen u.a. dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen bewirken (ständige Rechtsprechung des BFH seit dem Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; z.B. Senatsbeschluss vom 13. März 2012 I B 111/11, BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611).

13

2. Bei der im Verfahren auf AdV gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Anordnung des FA vom 10. Oktober 2011 wegen des Eintritts der formellen Bestandskraft nicht ernstlich zweifelhaft. Der Einspruch der Antragstellerin vom 13. April 2012 ist --was zwischen den Beteiligten nicht in Streit steht-- erst nach Ablauf der Frist des § 355 Abs. 1 Satz 1 AO beim FA eingegangen; Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 Abs. 1 Satz 1 AO) sind von der Antragstellerin weder vorgetragen worden noch sind sie sonst ersichtlich. Die Antragstellerin kann sich nicht mit Erfolg auf § 356 Abs. 2 Satz 1 AO berufen.

14

a) Nach § 356 Abs. 1 AO beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs (§ 355 Abs. 1 AO) bei einem schriftlich oder elektronisch ergangenen Verwaltungsakt nur dann, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist. Ist die Belehrung i.S. des § 356 Abs. 1 AO unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist nach § 356 Abs. 2 Satz 1 AO die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei.

15

b) Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig i.S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn sie die in § 356 Abs. 1 AO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Sie ist dies aber auch dann, wenn sie geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (BFH-Urteile vom 29. Juli 1998 X R 3/96, BFHE 186, 324, BStBl II 1998, 742; vom 21. Juni 2007 III R 70/06, BFH/NV 2007, 2064; s. auch zur vergleichbaren Konstellation des § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung im allgemeinen Verwaltungsprozess Bundesverwaltungsgericht --BVerwG--, Urteile vom 13. Dezember 1978  6 C 77/78, BVerwGE 57, 188; vom 27. April 1990  8 C 70/88, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1991, 508; vom 21. März 2002  4 C 2/01, Deutsches Verwaltungsblatt 2002, 1553, m.w.N.). Enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung daher weiter gehende (nicht nur notwendige) Angaben, so müssen jene auch richtig, vollständig und unmissverständlich sein (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2005 XI B 46/05, juris; BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 2064; BFH-Beschluss vom 9. November 2009 IV B 54/09, BFH/NV 2010, 448). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich danach, wie der Erklärungsempfänger die Rechtsbehelfsbelehrung nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände verstehen musste (sog. objektiver Verständnishorizont; s. BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 448, m.w.N.).

16

c) Die in dem Bescheid vom 10. Oktober 2011 enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung ist nach diesem Maßstab --und der gebotenen summarischen Prüfung-- nicht unrichtig; die Monatsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 1 AO konnte deshalb nicht unbeachtet bleiben.

17

aa) Zwischen den Beteiligten ist nicht in Streit, dass die Rechtsbehelfsbelehrung die in § 356 Abs. 1 AO ausdrücklich angeführten Bestandteile (Belehrung "über den Einspruch", über die Behörde als Adressaten und über die Frist) in der danach notwendigen Form (im konkreten Fall: schriftlich) enthält. Damit ist den gesetzlichen Anforderungen, die an den Inhalt der Belehrung "über den Einspruch" zu stellen sind, genügt. Weiterer über den Wortlaut von § 356 Abs. 1 AO hinausgehender Belehrungen zur Zulässigkeit des Rechtsbehelfs bedarf es nicht (ebenso z.B. Werth in Beermann/Gosch, AO § 356 Rz 15), auch nicht über die Form des Rechtsbehelfs (z.B. BVerwG-Urteile in BVerwGE 57, 188; in NJW 1991, 508; Meissner in Schoch/ Schneider/Bier, VwGO, § 58 Rz 32; Eyermann/Schmidt, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl., § 58 Rz 5; Pahlke in Pahlke/ Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 356 Rz 14; a.A. Dumke in Schwarz, AO, § 356 Rz 20; Große/Bludau, Der Betrieb --DB-- 2012, 655, 657; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 18. Aufl., § 58 Rz 10). Dem Zweck der Rechtsbehelfsbelehrung, zu verhindern, dass ein Bürger aus verfahrensrechtlicher Unkenntnis von der Einlegung eines Rechtsbehelfs absieht oder die hierfür vorgesehene Frist versäumt (z.B. Senatsurteil vom 17. Mai 2000 I R 4/00, BFHE 192, 15, BStBl II 2000, 539; BFH-Urteil vom 7. März 2006 X R 18/05, BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455), ist durch die "Mindestangaben" in § 356 Abs. 1 AO und durch die ergänzende Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei unverschuldeten Verfahrensirrtümern in ausreichender Weise Rechnung getragen (s. auch Meissner in Schoch/Schneider/Bier, a.a.O.).

18

bb) Dass die der streitgegenständlichen Anordnung beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung --dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO entsprechend-- einen Hinweis auf die (Schrift-)Form des Einspruchs enthält, steht dem nicht entgegen. Das FA hat dadurch nach dem maßgebenden objektiven Verständnishorizont keinen unrichtigen bzw. missverständlichen Hinweis zu den Formerfordernissen erteilt. Das FA war deshalb auch nicht gehalten, einen ergänzenden Hinweis auf § 87a AO (elektronische Form als Alternative zur Schriftlichkeit im Sinne der hergebrachten Schriftform) zu geben, ebenso wie es (umgekehrt) nicht gehalten war, angesichts der (ergänzenden) Regelung des § 87a AO einen Hinweis ausschließlich auf § 357 Abs. 1 Satz 1 AO zu unterlassen.

19

Zwar ist der Antragstellerin darin zuzustimmen, dass die Abgabenordnung nach dem Inkrafttreten des § 87a AO eine elektronische Kommunikation zwischen der Finanzbehörde und dem Steuerpflichtigen ermöglicht. Es ist auch zutreffend, insoweit von einer "elektronischen Form" der Rechtsbehelfseinlegung zu sprechen (s. dazu die im BFH-Beschluss vom 26. Juli 2011 VII R 30/10, BFHE 234, 118, BStBl II 2011, 925 zitierte landesrechtliche Regelung), die die (hergebrachte) Schriftform ersetzen kann (s. für das Verwaltungsverfahren § 87a Abs. 3 Satz 1 AO). Eine Belehrung entsprechend dem Gesetzeswortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO ist aber nicht geeignet, bei einem "objektiven" Empfänger die Fehlvorstellung hervorzurufen, die Einlegung eines Einspruchs in elektronischer Form werde den geltenden Formvorschriften nicht gerecht (so im Ergebnis auch BFH-Beschluss vom 2. Februar 2010 III B 20/09, BFH/NV 2010, 830; FG Köln, Urteil vom 30. Mai 2012  10 K 3264/11, EFG 2012, 1813; FG Düsseldorf, Urteil vom 20. November 2012  10 K 766/12 E, juris; ebenso Klein/Brockmeyer, AO, 11. Aufl., § 356 Rz 2; Schmieszek in Beermann/Gosch, AO, § 87a Rz 71; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 87a AO Rz 5; s. auch Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 22. September 2011  4 K 540/11.NW, juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München, Beschluss vom 18. April 2011  20 ZB 11.349, juris; Skrobotz, jurisPR-ITR 7/2011 Anm. 6; Braun, jurisPR-ITR 15/2011 Anm. 5; a.A. Niedersächsisches FG, Urteil in EFG 2012, 292; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Februar 2011 OVG 2 N 10.10, juris; Böwing-Schmalenbrock, Deutsches Steuerrecht 2012, 444; Große/Bludau, DB 2012, 655, 657 f.; Geuer/ Jarasch, jurisPR-ITR 16/2012 Anm. 5; Pfützenreuter, EFG 2012, 1815 f.). Vielmehr lässt sich aus einer solchen, an den gesetzlichen Anforderungen als "Mindeststandard" ausgerichteten Belehrung allenfalls schlussfolgern, dass eine mündliche Einspruchseinlegung (soweit nicht bei der Behörde zur Niederschrift erklärt) ausgeschlossen ist. Zur (Un-)Möglichkeit der elektronischen Form wird jedoch keine positive Aussage getroffen und kann daher auch keine negative Aussage abgeleitet werden. Der Hinweis auf die "Schriftlichkeit" entsprechend § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wirkt deshalb weder irreführend noch rechtsschutzbeeinträchtigend. Er versetzt vielmehr --wie der BFH in seinem Urteil in BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455 zur insoweit vergleichbaren Situation der Fristberechnung ausgeführt hat-- den Betroffenen lediglich in die Lage --und gibt ihm Anlass--, sich im Rahmen seiner verfahrensrechtlichen Mitverantwortung darüber kundig zu machen, ob das herkömmliche Verständnis dessen, was unter "schriftlich" aufzufassen ist, angesichts technischer Weiterentwicklungen zu modifizieren ist, sei es durch den "Einsatz" beispielsweise sog. Computerfaxe, sei es durch die elektronische Kommunikation, wie diese zwischenzeitlich durch § 87a AO für das Einspruchsverfahren ermöglicht wird. Erforderlichenfalls ist er gehalten, einschlägigen Rechtsrat oder aber eine finanzbehördliche Auskunft einzuholen. Für eine bloß "mechanische" Übernahme des Schriftformerfordernisses gibt die Belehrung indessen nichts her.

20

Dieses Ergebnis ist schließlich unabhängig davon, ob das FA im streitgegenständlichen Bescheid durch einen direkten Verweis auf eine eigene Homepage oder mittelbar durch den Verweis auf "www.finanzamt.nrw.de" den Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente i.S. des § 87a Abs. 1 Satz 1 AO (ohne Signaturerfordernis) tatsächlich eröffnet hat. Ebenfalls kommt es nicht darauf an, ob eine Finanzbehörde durch die Anweisung im sog. Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 357 (dort Nr. 1 Satz 2) zur rechtswirksamen Einlegung eines Einspruchs rechtsverbindlich (zweifelnd z.B. Martin/Bergan, Betriebs-Berater 2012, 432) von dem gesetzlichen Erfordernis der qualifizierten Signatur bei einer elektronischen Übermittlung (§ 87a Abs. 3 Satz 2 AO) befreit haben sollte.

21

3. Die Antragstellerin hat nicht geltend gemacht, dass ihrem Aussetzungsantrag nach dem alternativen Aussetzungsgrund der unbilligen Härte zu entsprechen wäre (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 FGO); es ist auch nicht ersichtlich, dass die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Die Beschwerde ist hiernach zurückzuweisen.

Tatbestand

1

I. In der Sache ist streitig, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) Aufwendungen in Höhe von … € als Sonderbetriebsausgaben steuerlich geltend machen kann; verfahrensrechtlich ist streitig, ob das Finanzgericht (FG) die Klage zu Recht als verfristet beurteilt hat.

2

Nach einer Außenprüfung erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) geänderte Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007 und hob den zuvor ergangenen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 auf. Zudem änderte das FA den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2007 für das von dem Kläger und seinem Neffen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebene …büro und versagte dabei den Abzug der zuvor berücksichtigten Sonderbetriebsausgaben von … €, die nach der Feststellungserklärung in Höhe von … € auf den Kläger entfallen sollten.

3

Gegen diese Bescheide, sämtlich vom 17. Juli 2009, legte der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten, der A Steuerberatungsgesellschaft mbH in B (A), Einspruch ein und beantragte zugleich u.a. Vollziehungsaussetzung der Einkommensteuer für 2006 und 2007. Zur Begründung kündigte die A eine Stellungnahme der bereits in die Außenprüfung eingeschalteten Rechtsanwältin C an, die sich sodann in einem Schriftsatz vom 21. August 2009 auf den "namens und in Vollmacht des Mandanten" durch den Steuerberater D in A eingelegten Einspruch --insbesondere gegen die Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007-- bezog und diesen begründete.

4

Im Laufe des Einspruchsverfahrens nahm das FA die Vollziehungsaussetzung vor und schrieb an die A, während diese wiederum ihren Antrag im Einspruchsverfahren auf den Solidaritätszuschlag für 2007 erweiterte.

5

Die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007 sowie gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007, jeweils vom 17. Juli 2009, wies das FA durch zusammengefasste Einspruchsentscheidung vom 1. März 2010 als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung wurde der A bekannt gegeben.

6

Mit Schriftsatz der Rechtsanwältin C vom 7. Februar 2011 erhob diese namens des Klägers Klage wegen des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2007 vom 10. Juli 2009 sowie die Bescheide über Einkommensteuer für 2006 und 2007.

7

Noch im Klageschriftsatz stellte die Prozessbevollmächtigte die Anträge, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 vom 17. Juli 2009 unter "Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 03.01.2011" und die Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007, jeweils vom 17. Juli 2009, aufzuheben. Hingegen bezog sich das FA in seiner ersten Erwiderung nur auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2007.

8

Die auf eine Anfrage des FG hin erfolgte Mitteilung, dass die Klage "bezüglich der Folgebescheide" nicht aufrechterhalten bleibe, führte sodann zur Einstellung des Verfahrens wegen Einkommensteuer 2006 und 2007, die jedoch durch Gerichtsbeschluss vom 15. November 2011 antragsgemäß wieder aufgehoben wurde.

9

Mit Beschluss vom 17. November 2011 lehnte das FG den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe (PKH) ab. In den Gründen führte es aus, dass die Klage keine Erfolgsaussicht habe, soweit sie sich gegen die Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 richte. Diese Klage sei bereits unzulässig, da das diesbezügliche Rechtsbehelfsverfahren durch die Einspruchsentscheidung vom 1. März 2010 abgeschlossen worden und demzufolge die Klagefrist gemäß § 47 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bereits vor Klageerhebung am 7. Februar 2011 abgelaufen gewesen sei.

10

Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2012 wies das FG die Klage ab, hinsichtlich des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2007 als unbegründet, im Übrigen als unzulässig.

11

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Revision nur zugelassen, soweit das Urteil die Einkommensteuer 2006 und 2007 und die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 betrifft.

12

Zur Begründung seiner Revision trägt der Kläger vor, das FG habe verfahrensfehlerhaft ein Prozessurteil erlassen. Die Klagefrist nach § 47 Abs. 1 FGO sei nicht durch die Einspruchsentscheidung des FA in Gang gesetzt worden. Sei ein Bevollmächtigter insbesondere auch zur Entgegennahme von Verwaltungsakten ermächtigt, so sei die Finanzbehörde verpflichtet, ihm Bescheide bekanntzugeben. Der durch § 122 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung (AO) eröffnete Ermessensspielraum bei der Bekanntgabe sei dann auf Null reduziert. Werde ein Verwaltungsakt dieser Verpflichtung zuwider dem Steuerpflichtigen selbst bekannt gegeben, beginne der Lauf der Rechtsbehelfsfrist erst mit tatsächlichem Zugang des Verwaltungsakts beim Bevollmächtigten. Diese Grundsätze hätten entsprechend zu gelten, wenn im Rahmen des Einspruchsverfahrens neben dem bisher Bevollmächtigten ein weiterer zur Vertretung in Steuersachen Befugter auftrete und sich aus den gegenüber der Behörde abgegebenen Erklärungen eindeutig ergebe, dass dieser der einzige Ansprechpartner für das Finanzamt sein solle. So habe es im Streitfall gelegen, weil die Prozessvertreterin der ersten Instanz, die Rechtsanwältin C, bereits im Rahmen der Schlussbesprechung der Betriebsprüfung im Mai 2009 dem FA ihre Bevollmächtigung mitgeteilt und im Folgenden die Einsprüche gegen sämtliche erstinstanzlich streitgegenständlichen Bescheide begründet habe. Ihre vorgelegte schriftliche Vollmacht habe auch eine Empfangsbevollmächtigung umfasst. Damit habe sich klar und unmissverständlich ergeben, dass sie hinsichtlich der Einspruchsverfahren alleinige Ansprechpartnerin sein sollte. Die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung an die A habe somit die Klagefrist nicht wirksam in Gang gesetzt.

13

Auch wenn die Klagefrist durch die Einspruchsentscheidung vom 1. März 2010 zu laufen begonnen hätte, wäre sie im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen gewesen, da hier die auf ein Jahr verlängerte Frist nach § 55 Abs. 2 FGO wegen unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung gelte. Der Kläger hätte die Klage gegen die Einspruchsentscheidung auch elektronisch erheben können (§ 52a FGO), die hierzu erforderliche Rechtsverordnung bestehe in Hamburg seit 2002. Diese Möglichkeit der Klageerhebung sei nicht Gegenstand der Rechtsbehelfsbelehrung gewesen.

14

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil des FG hinsichtlich der Streitgegenstände Einkommensteuer 2006 und 2007 sowie gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

15

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

II. Die Revision ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Im Ergebnis zu Recht hat das FG die Klage wegen Einkommensteuer 2006 und 2007 sowie gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31. Dezember 2007 abgewiesen.

17

1. Die einmonatige Klagefrist begann mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung vom 1. März 2010 (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO) zu laufen.

18

a) Die Bekanntgabe an die bevollmächtigte A war wirksam (§ 122 Abs. 1 Satz 3 AO), da die A im Einspruchsverfahren für den Kläger aufgetreten ist. Die weitere Bevollmächtigte im Einspruchsverfahren und Prozessbevollmächtigte im Klageverfahren, die Rechtsanwältin C, hat die Bevollmächtigung der A nochmals bestätigt.

19

b) Die Bekanntgabe war auch nicht etwa wegen Auswahl der falschen Empfangsbevollmächtigten unwirksam.

20

aa) Nach dem tatsächlichen Verfahrensverlauf war es entgegen der Revisionsbegründung aus der insoweit maßgeblichen Sicht des FA keineswegs klar, dass die ebenfalls bevollmächtigte Rechtsanwältin C alleinige Ansprechpartnerin im Einspruchsverfahren sein sollte. Denn der Einspruch war von der A eingelegt worden, die zudem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt und im Verfahren noch einen weiteren Schriftsatz an das FA gesandt hatte. Zwar hatte die A auf die zum Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs noch ausstehende Begründung durch die Rechtsanwältin C verwiesen. Diese äußerte sich dann aber nach dem Inhalt ihres Begründungsschreibens auch für die A ("Zur Begründung der eingelegten Einsprüche führen wir nunmehr wie folgt aus:"). Unter diesen Umständen lässt die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung an die A keinen Ermessensfehler erkennen. Um eine Bekanntgabe an die Bevollmächtigte C zu bewirken und sicherzustellen, hätte es der Klägerseite oblegen, zuvor dem FA gegenüber diese eindeutig als gewünschte Bekanntgabeadressatin zu benennen. Eine derartige Benennung ist vom FG jedoch nicht festgestellt worden, aus den Akten nicht zu ersehen und im Verfahren vor dem FG auch nicht vorgetragen worden.

21

bb) Hätte die Prozessbevollmächtigte in erster Instanz die Fehlerhaftigkeit der Bekanntgabe geltend machen und diesbezügliche Tatsachen vortragen wollen, hätte sie dazu jedenfalls Anlass und Gelegenheit gehabt, nachdem das FG die Erfolgsaussicht der Klage wegen der hier streitgegenständlichen Bescheide schon im Beschluss vom 17. November 2011 zur beantragten PKH wegen Versäumung der Klagefrist verneint hat. Soweit die Revisionsbegründung insoweit neue, erstinstanzlich nicht vorgetragene Tatsachen enthält, können diese im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteile vom 17. April 1969 V R 123/68, BFHE 95, 558, BStBl II 1969, 505; vom 24. April 1991 XI R 9/87, BFHE 164, 279, BStBl II 1991, 723; BFH-Beschluss vom 22. Februar 2005 X B 177/03, BFH/NV 2005, 909).

22

2. Zutreffend hat das FG erkannt, dass die einmonatige Klagefrist gemäß § 47 FGO vor der Erhebung der Klage am 7. Februar 2011 abgelaufen war.

23

a) Ausweislich der Rechtsbehelfsakten des FA ist die Einspruchsentscheidung am 1. März 2010 mit einfachem Brief zur Post aufgegeben worden und galt damit am Donnerstag, den 4. März 2010, als bekannt gegeben (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 AO), sodass die Frist am 5. März 2010 zu laufen begann und mit Ablauf des 6. April 2010, dem Dienstag nach Ostern, endete (§ 54 Abs. 1 und 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung). Die Klage ist somit um zehn Monate verspätet erhoben worden.

24

b) Der Fristanlauf war nicht nach § 55 Abs. 1 FGO gehemmt, denn dem Kläger ist eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden. Es liegt kein Fall einer unterbliebenen oder unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung vor, die nach § 55 Abs. 2 FGO die Verlängerung der Klagefrist auf ein Jahr zur Folge hätte.

25

Die Rechtsmittelbelehrung zur Einspruchsentscheidung ist nicht wegen fehlenden Hinweises auf die Möglichkeit der Klageerhebung auf elektronischem Wege rechtsfehlerhaft. Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Rechtsbehelfsbelehrung, die die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestangaben des § 356 Abs. 1 AO enthält, nicht "unrichtig" i.S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn sie ergänzend den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergibt, der für den im Streitfall maßgeblichen Verfahrenszeitraum (2010) bestimmte, dass der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären sei. Ein Verweis auf § 87a AO (elektronische Kommunikation) war insoweit nicht geboten (BFH-Urteil vom 20. November 2013 X R 2/12, BFHE 243, 158; BFH-Beschlüsse vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272; vom 12. Oktober 2012 III B 66/12, BFH/NV 2013, 177; s. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 20. November 2012  10 K 766/12 E, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2013, 190; FG Münster, Beschluss vom 6. Juli 2012  11 V 1706/12 E, EFG 2012, 1811; ebenso zur Rechtsmittelbelehrung nach § 66 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. März 2013  B 13 R 19/12 R, Kranken- und Pflegeversicherung 2013, 120, sowie zur Rechtsbehelfsbelehrung nach der Verwaltungsgerichtsordnung Oberverwaltungsgericht --OVG-- der Freien Hansestadt Bremen, Urteil vom 8. August 2012  2 A 53/12. A, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungs-Report --NVwZ-RR-- 2012, 950; a.A. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Februar 2013 L 3 R 879/10, juris; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. November 2010  4 L 115/09, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. März 2012, NVwZ-RR 2012, 457).

26

Der Senat folgt der zitierten Rechtsprechung des BFH und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe im BFH-Urteil in BFHE 243, 158 Bezug. Die Rechtsausführungen in jener Entscheidung gelten entsprechend für § 55 Abs. 1 FGO (Belehrung über die Rechtsmittelfrist) und § 52a FGO (Übermittlung elektronischer Dokumente), wenn es --wie im Streitfall-- um die für die Klageerhebung maßgebliche Rechtsbehelfsbelehrung in einer Einspruchsentscheidung geht.

27

Ob sich insoweit aufgrund der mit Wirkung ab 1. August 2013 durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013 (BGBl I 2013, 2749) eingeführten Neufassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO für danach erteilte Rechtsbehelfsbelehrungen etwas anderes ergibt, ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich.

28

3. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist hinsichtlich der versäumten Klagefrist nicht möglich.

29

a) Ein im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten im erstinstanzlichen Verfahren vom 24. Juni 2011 ausdrücklich --wenn auch nur vorsorglich-- gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezog sich nicht auf die Klagefrist, sondern auf einen Einstellungsbeschluss wegen Einkommensteuer 2006 und 2007. Dieser Wiedereinsetzungsantrag hat sich ungeachtet seiner unklaren prozessualen Zielrichtung schon dadurch erledigt, dass das FG den Einstellungsbeschluss durch einen weiteren Beschluss vom 15. November 2011  2 K 74/11 wieder aufgehoben hat.

30

b) Im selben Schriftsatz hat die Prozessbevollmächtigte außerdem geäußert, dass auch und "nur dann" über die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entscheiden wäre, sollte das Gericht "tatsächlich ... eine Berücksichtigung der Sonderbetriebsausgaben für das Jahr 2007 ablehnen und für das Jahr 2006 annehmen wollen ...". Sofern in dieser Äußerung überhaupt ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erkennen sein sollte, wäre dieser, sofern er sich auf die versäumte Klagefrist beziehen sollte, nicht wirksam gestellt. Denn Prozesshandlungen können nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., vor § 33 Rz 14, m.w.N.). Sollte der Prozessbevollmächtigten hingegen ein Wiedereinsetzungsantrag in Bezug auf eine gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2006 (für die GbR) vorgeschwebt haben, wäre dieser für das erstinstanzliche Verfahren von vornherein unbeachtlich gewesen, da eine solche Feststellung nicht zu dessen Streitgegenständen gehörte.

31

c) Selbst wenn man einen sachlich ausreichenden Antrag unterstellt, war der Schriftsatz vom 24. Juni 2011, der sich offenkundig auf Äußerungen der Berichterstatterin des FG im Erörterungstermin vom 13. Mai 2011 bezog, jedenfalls nicht geeignet, die zweiwöchige Antragsfrist nach § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO zu wahren. Zudem hat die Prozessbevollmächtigte weder innerhalb der Antragsfrist noch danach tatsächliche Gründe vorgetragen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigten. Derartige Tatsachen sind im Streitfall auch sonst nicht offenkundig, aktenkundig oder gerichtsbekannt, sodass eine antragslose Wiedereinsetzung durch das FG ebenfalls nicht in Betracht kam (vgl. Senatsbeschluss vom 6. April 1995 VIII B 61/94, BFH/NV 1996, 137).

Tatbestand

1

I. Dem Rechtsstreit liegt ein Schätzungsbescheid vom 22. Februar 2011 zur Einkommensteuer für 2009 für die zusammen veranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger) zu Grunde.

2

Gegen diesen Bescheid legte die seinerzeitige Bevollmächtigte der Kläger, die Z Steuerberatungsgesellschaft mbH (Z), mit Schriftsatz vom 11. März 2011 Einspruch ein, der erst am 28. März 2011 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) zusammen mit dem Ausdruck einer elektronisch erstellten Einkommensteuererklärung nebst Anlagen einging.

3

Nach Hinweis des FA auf den Ablauf der Einspruchsfrist bereits am 25. März 2011 beantragte die Z mit Schreiben vom 5. April 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Steuererklärung sei am 11. März fertig gestellt worden. Da eine Vollziehungsaussetzung bei Schätzungsbescheiden nur bei Abgabe der Steuererklärung erfolge, sei das gleichzeitig erstellte Einspruchsschreiben auf die Steuererklärung geheftet worden. Die ansonsten sehr zuverlässige Angestellte habe den Einspruch zuvor an das FA faxen sollen. Dies sei jedoch unterblieben, da sie offenbar die Telefaxnummer nicht sofort zur Hand gehabt habe. Auf diesen Sachverhalt sei man erst durch das Schreiben des FA aufmerksam geworden.

4

Das FA lehnte die Wiedereinsetzung wegen schuldhafter Fristversäumnis ab und verwarf den Einspruch als unzulässig. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos.

5

Mit ihrer Revision tragen die Kläger vor, das angefochtene Urteil verletze sie in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz gemäß Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip sowie in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG. Es beruhe zudem auf einer Verletzung des materiellen Rechts in Gestalt von § 356 Abs. 2 und § 110 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Sie rügen die Unvollständigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung im Einkommensteuerbescheid, die sich nicht zu der Möglichkeit der wirksamen Einspruchseinlegung per E-Mail verhalte. Darüber hinaus beziehe sich die Rechtsbehelfsbelehrung zum Teil nicht auf den konkreten Einzelfall und enthalte weitere Bestandteile, die letztlich auch zu ihrer Unverständlichkeit führten. Noch nicht einmal das konkret zuständige Finanzamt sei als zuständige Behörde ausdrücklich benannt.

6

Auch in Bezug auf die versagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei die Vorentscheidung fehlerhaft. Denn nach dem an Eides statt versicherten Vortrag der Kläger habe sich eine konkrete Einzelanweisung der Z durch ihren Steuerberater E.Z. an ihre Mitarbeiterin auch darauf erstreckt, dass diese den Einspruch sofort an das FA zu faxen und die Frist im Postausgangsbuch erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls zu streichen habe. Warum die sonst zuverlässige und seit fast 15 Jahren in der Kanzlei sorgfältig und tadellos arbeitende Angestellte dem nicht nachgekommen sei, könne nicht nachvollzogen werden. Der glaubhaft gemachte Sachverhalt genüge aber, um ein für die Verspätung ursächliches Verschulden des Steuerberaters der Kläger auszuschließen.

7

Die Kläger beantragen,
den Bescheid vom 22. Februar 2010 über Einkommensteuer 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Juni 2011, diese in Gestalt des Änderungsbescheids vom 25. Juli 2012, aufzuheben und die Behörde anzuweisen, die Kläger entsprechend der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,
hilfsweise,
das Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf und die Einspruchsentscheidung vom 3. Juni 2011 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

8

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

10

1. Das Urteil wird durch den am 25. Juli 2012 ergangenen Bescheid nicht berührt, der die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr unverändert belässt und Änderungen nur bei der Anrechnung von Kapitalertragsteuer und im Abrechnungsteil ausweist.

11

2. Zu Recht hat das FG erkannt, dass die Kläger die Einspruchsfrist gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 AO versäumt haben. Zwischen den Beteiligten ist auch nicht umstritten, dass der Einspruch erst später als einen Monat nach Bekanntgabe des ursprünglich angefochtenen Bescheids vom 22. Februar 2010 eingelegt worden ist.

12

a) Der Fristanlauf war nicht nach § 356 Abs. 1 AO gehemmt, denn den Klägern ist eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden. Es liegt kein Fall einer unterbliebenen oder unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung vor, die nach § 356 Abs. 2 AO die Verlängerung der Einspruchsfrist auf ein Jahr zur Folge hätte.

13

aa) Die Einspruchsentscheidung ist nicht deswegen rechtsfehlerhaft, weil sie nicht auf die Möglichkeit hinweist, den Einspruch auf elektronischem Wege einzulegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine Rechtsbehelfsbelehrung, die die Angaben des § 356 Abs. 1 AO enthält, nicht "unrichtig" i.S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn sie ergänzend den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO (Schriftform) wiedergibt und nicht zugleich auf § 87a AO (elektronische Kommunikation) verweist (BFH-Urteile vom 20. November 2013 X R 2/12, BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236; vom 5. März 2014 VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010; BFH-Beschlüsse vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272; vom 12. Oktober 2012 III B 66/12, BFH/NV 2013, 177; s. auch Urteil des FG Düsseldorf vom 20. November 2012  10 K 766/12 E, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2013, 190; Beschluss des FG Münster vom 6. Juli 2012  11 V 1706/12 E, EFG 2012, 1811; ebenso zur Rechtsmittelbelehrung nach § 66 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. März 2013 B 13 R 19/12 R, Kranken- und Pflegeversicherung 2013, 120, sowie zur Rechtsbehelfsbelehrung nach der Verwaltungsgerichtsordnung Urteil des Oberverwaltungsgerichts --OVG-- Bremen vom 8. August 2012  2 A 53/12.A, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungs-Report --NVwZ-RR-- 2012, 950; a.A. Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Februar 2013 L 3 R 879/10, juris; Urteil des OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom 24. November 2010  4 L 115/09, juris; Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 8. März 2012  1 A 11258/11, NVwZ-RR 2012, 457).

14

Der Senat folgt der zitierten Rechtsprechung des BFH und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des BFH-Urteils in BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236 Bezug.

15

bb) Die weiteren von den Klägern vorgebrachten Rügen zur Fassung der Rechtsbehelfsbelehrung im angefochtenen Steuerbescheid greifen nicht durch. Sie berühren weder die Vollständigkeit der Belehrung noch deren Richtigkeit. Insbesondere lässt die Belehrung bei verständiger Würdigung keinen Zweifel über das zuständige Finanzamt, an das ggf. der Einspruch zu richten ist.

16

b) Zutreffend hat das FG erkannt, dass das FA die Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist zu Recht nicht gewährt hat.

17

aa) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist (hier: die Einspruchsfrist) einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO). Zudem ist er zu begründen (§ 110 Abs. 2 Satz 2 AO); dabei sind die Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der einmonatigen Antragsfrist darzulegen, soweit sie nicht für die Behörde offenkundig oder amtsbekannt sind (ständige Rechtsprechung, s. BFH-Urteile vom 27. März 1985 II R 118/83, BFHE 144, 1, BStBl II 1985, 586; vom 15. September 1992 VIII R 26/91, BFH/NV 1993, 219; BFH-Beschlüsse vom 17. Juni 2010 IX B 32/10, BFH/NV 2010, 1655; vom 17. August 2010 X B 190/09, BFH/NV 2010, 2285). Der Kern des geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes muss innerhalb der Antragsfrist schlüssig vorgetragen werden (BFH-Urteil vom 13. Dezember 2007 VI R 75/04, BFHE 220, 18, BStBl II 2009, 577, m.w.N.). Nach Ablauf der Monatsfrist können unvollständige Angaben noch erläutert und ergänzt werden (BFH-Urteile in BFHE 220, 18, BStBl II 2009, 577; vom 24. August 1990 VI R 178/85, BFH/NV 1991, 140), das spätere Nachschieben von Wiedereinsetzungsgründen ist hingegen nicht zulässig.

18

bb) Zutreffend hat das FG des Näheren ausgeführt, dass in diesem Zusammenhang unterschieden wird zwischen Organisationsmängeln, die als solche einem Rechtsanwalt oder Steuerberater und den von ihm Vertretenen als Verschulden i.S. von § 110 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO zuzurechnen sind, einerseits und nicht zurechenbarem Büroversehen andererseits. Wird --wie im Streitfall-- ein dem Prozessbevollmächtigten und dem von ihm Vertretenen nicht zuzurechnendes reines Büroversehen geltend gemacht, gehört zum erforderlichen schlüssigen Vortrag des "Kerns" der Wiedereinsetzungsgründe (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Januar 2000 VII B 281/99, BFH/NV 2000, 823) die Darlegung, warum ein Organisationsverschulden auszuschließen ist. Es müssen also die Organisationsmaßnahmen vorgetragen werden, die den konkreten Fehler als Büroversehen erkennen lassen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. April 2013 V R 24/12, BFH/NV 2013, 970; vom 14. Mai 2007 VIII B 47/07, BFH/NV 2007, 1684; Klein/Rätke, AO, § 110 Rz 65).

19

cc) Der Vortrag der Kläger im Antragsverfahren während der Antragsfrist genügte diesen Anforderungen nicht. Im Streitfall begann die einmonatige Antragsfrist (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO) spätestens mit der Übersendung des Schreibens des FA vom 31. März 2011, in dem auf die Fristversäumnis und zugleich darauf hingewiesen wurde, dass bei begehrter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb der Monatsfrist die Tatsachen vorzutragen seien, aus denen sich ggf. ergebe, dass die Einspruchsfrist ohne Verschulden versäumt wurde. Im Streitfall bestand im Besonderen Anlass zur Darlegung der organisatorischen Vorkehrungen gegen eine Fristversäumnis, weil das FA nach einer ersten knappen Antragsbegründung von einem Organisationsverschulden ausging (Schreiben an die Z vom 15. April 2011). Die Kläger erklärten daraufhin durch ihre Prozessbevollmächtigte Z, dass im Postausgangsbuch unter dem 11. März 2011 sowohl die an die Kläger versendete Steuererklärung als auch der an das FA zu versendende Einspruch eingetragen worden seien. Zum Beleg haben sie einen kopierten Auszug aus dem Postausgangsbuch vorgelegt. Da der Einspruch erst mit der Einreichung der Einkommensteuererklärung habe begründet und auch erst dann die beantragte Vollziehungsaussetzung habe genehmigt werden können, habe der Einspruch in Papierform der Steuererklärung beigefügt werden sollen, um das Aussetzungsverfahren zu beschleunigen. Selbstverständlich habe der Einspruch zur Fristwahrung vorab per Telefax versendet werden sollen. Dies habe die langjährige zuverlässige Mitarbeiterin im Sekretariat aus unerklärlichen Gründen versäumt. Erst nach Postausgang werde die Frist aus dem Fristenkontrollbuch ausgetragen. Eine weitere Kontrolle der Fristen werde durch das in der Kanzlei der Z verwendete Dokumenten-Management-System gewährleistet. In diesem revisionssicheren System sei ebenfalls am 11. März 2011, 17:24 Uhr Greenwich-Time, der Einspruch als Postausgang verbucht worden. Beide Kontrollsysteme würden vom Steuerberater K persönlich laufend überwacht.

20

In diesem Vortrag fehlt es jedoch an substantiierten und in sich schlüssigen Ausführungen dazu, auf welche Weise die Fristen im Büro der Z überwacht wurden (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Februar 2008 X B 95/07, BFH/NV 2008, 969), so insbesondere an einer Darlegung, wann, wie und von wem nach Maßgabe der Büroorganisation im Falle eines per Telefax übermittelten Schriftstücks die Absendung dokumentiert wurde und ob und ggf. welche Vorgaben und Belehrungen die Berufsträger innerhalb der Z insoweit erteilt hatten. Die Darstellung im Antragsverfahren bietet insbesondere keine schlüssige Erklärung dafür, dass der in Kopie vorgelegte Auszug aus dem Postausgangsbuch unter dem Datum des 11. März 2011 ein Einspruchsschreiben in Sachen der Kläger an das FA ausweist, wenn gerade für diesen Tag ein versehentliches Unterlassen der Telefax-Übermittlung geltend gemacht wird. Daraus ist vielmehr zu ersehen, dass dort --und nach Angaben der Z auch im Dokumenten-Management-System-- fälschlich ein tatsächlich so nicht erfolgter Postausgang dokumentiert worden ist, was auf einen Organisationsmangel hinweist. Zudem darf nach der Rechtsprechung bei Übermittlung eines fristwahrenden Schriftstücks durch Telefax die betreffende Frist erst gelöscht werden, wenn ein von dem Telefaxgerät des Absenders ausgedruckter Einzelnachweis (Sendebericht) vorliegt, der die ordnungsgemäße Übermittlung belegt (s. etwa BFH-Beschlüsse vom 19. März 1996 VII S 17/95, BFH/NV 1996, 818; vom 22. April 2004 VII B 369/03, BFH/NV 2004, 1285; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. April 1994 V ZR 62/93, Neue Juristische Wochenschrift 1994, 18, 79). Die Büroabläufe müssen also so organisiert sein, dass Fristversäumnisse grundsätzlich ausgeschlossen sind; das setzt u.a. voraus, dass der Ausgang eines Schriftstücks, das eine gesetzliche Frist wahren soll, nicht dokumentiert wird, solange die zur Absendung erforderlichen Arbeitsschritte nicht vollständig getan sind und eine Frist nicht vorher gelöscht wird. Die Gründe dafür, warum im Streitfall offensichtlich anders verfahren wurde, sind nicht erkennbar.

21

dd) Zwar kann auch nach Ablauf der Antragsfrist der Tatsachenvortrag zu den Wiedereinsetzungsgründen noch zulässig erläutert und ergänzt werden (BFH-Urteile in BFH/NV 1991, 140; in BFHE 220, 18, BStBl II 2009, 577, m.w.N.). Dies gilt jedoch nur, wenn innerhalb der Antragsfrist die Wiedereinsetzungsgründe im Kern schlüssig vorgetragen worden sind (s.o. unter II.2.b aa). Die Schließung von Lücken eines zuvor noch nicht schlüssigen Vortrags erst nach Ablauf der Antragsfrist wird von der Rechtsprechung nicht berücksichtigt (BFH-Beschluss vom 8. Mai 1996 X B 12/96, BFH/NV 1996, 833, m.w.N.), ebenso wenig wie das Nachschieben zuvor nicht vorgetragener Wiedereinsetzungsgründe (s. etwa BFH-Beschluss vom 15. Dezember 1995 V B 88/95, BFH/NV 1996, 452).

22

Im Streitfall ist ein lückenloser schlüssiger Vortrag während der Antragsfrist nicht erfolgt (s.o. unter II.2.b cc). Neues Vorbringen nach Ablauf der Antragsfrist war aus den vorgenannten Gründen grundsätzlich nicht geeignet, diesen Mangel zu beheben. Das gilt insbesondere auch für die eidesstattlich versicherten Tatsachenangaben der Angestellten im Klageverfahren, die sich die Kläger zu eigen gemacht haben. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Vortrag nicht schon deshalb unbeachtlich ist, weil er erst nach Abschluss des Einspruchsverfahrens erfolgte und die diesbezügliche eidesstattliche Versicherung der Angestellten auch erst dann vorgelegt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 19. Dezember 1968 V R 19-20/68, BFHE 94, 563, BStBl II 1969, 272; offengelassen im BFH-Beschluss vom 18. Juli 1985 VI B 123/84, BFH/NV 1986, 166). Selbst wenn man in der dort erstmals ausdrücklich dargetanen Einzelanweisung des Steuerberaters E.Z. an die Angestellte, das Einspruchsschreiben vorab per Telefax an das FA zu senden, eine noch zulässige Ergänzung des vorgetragenen Wiedereinsetzungsgrundes sieht und dies auch noch im Klageverfahren für zulässig hält, ergibt sich daraus kein schlüssiger Vortrag, der das FG in die Lage versetzt hätte zu entscheiden, dass die Z kein Verschulden an der Fristversäumnis getroffen hat (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 823). Dieser Vortrag war weiterhin nicht geeignet, einen Organisationsmangel auszuschließen, denn er erklärt nicht, weshalb bei der behaupteten sicheren Fristenkontrolle die tatsächlich noch nicht erfolgte Absendung des Telefaxes unbemerkt bleiben konnte. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, warum auch ohne Übermittlung des Einspruchsschreibens per Telefax und demzufolge auch ohne einen entsprechenden ausgedruckten Sendebericht der Postausgang vermerkt und die Frist gelöscht wurde. Zudem ist die behauptete Anweisung, dass die Frist erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls gestrichen werden durfte, von der eidesstattlichen Versicherung der Angestellten nicht erfasst und auch nicht auf andere Weise glaubhaft gemacht worden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 16. April 2013  8 K 2388/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob der Einspruch gegen einen Einkommensteuerbescheid fristgerecht eingelegt wurde.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war im Streitjahr (2010) selbständig tätig. Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte sie Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen in Höhe von insgesamt … € (Vergleich: … €, Gerichtskosten: 328 €, Darlehenszinsen … €) geltend.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer für 2010 mit Einkommensteuerbescheid vom 6. März 2012 fest und wies in den Erläuterungen des Bescheids darauf hin, dass als außergewöhnliche Belastungen lediglich die Kosten des Zivilprozesses in Höhe von 328 € zu berücksichtigen seien.

4

Gegen diesen Bescheid erhob die Prozessbevollmächtigte per Telefax vom 30. März 2012 Einspruch. Ausweislich der auf dem Telefax abgedruckten Sendezeile ist das Telefax am 17. April 2012 um 07:11 Uhr an die Telefax-Nummer des FA gesendet worden. Der Eingangsstempel des FA weist ebenfalls den 17. April 2012 als Eingangsdatum aus.

5

Nachdem eine Mitarbeiterin der Prozessbevollmächtigten telefonisch von der Bearbeiterin des Rechtsbehelfs am 10. Oktober 2012 darauf hingewiesen worden war, dass im Rahmen der abschließenden Bearbeitung die Verspätung des Einspruchs festgestellt worden sei, verwarf das FA den Einspruch als unzulässig.

6

Mit der dagegen erhobenen Klage machte die Klägerin weiterhin die Berücksichtigung ihrer Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen geltend.

7

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen, weil die Einspruchsfrist versäumt worden sei.

8

Mit der Revision macht die Klägerin weiterhin geltend, die Einspruchsfrist sei nicht abgelaufen, denn diese betrage wegen unvollständiger und damit unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung ein Jahr. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei unvollständig, weil sie nicht darauf hingewiesen habe, dass der Einspruch auch per E-Mail eingelegt werden könnte.

9

Sie beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 6. März 2012 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10./11. Oktober 2012 dahingehend abzuändern, dass weitere … € als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd berücksichtigt werden und die Einkommensteuer auf 0 € herabgesetzt wird.

10

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Der Senat entscheidet gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss. Er hält die Revision einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind vorher darüber unterrichtet worden; sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

12

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der streitige Einkommensteuerbescheid ist wegen Versäumung der Einspruchsfrist bestandskräftig geworden.

13

1. Die Einspruchsfrist beträgt nach § 355 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) in der im Streitfall anwendbaren Fassung (AO vor der Änderung durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013, BGBl I 2013, 2749) einen Monat. Im Streitfall verlängert sich die Einspruchsfrist nicht nach § 356 Abs. 2 Satz 1 AO auf ein Jahr seit Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids vom 6. März 2012. Denn die Belehrung über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, war i.S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO weder unterblieben noch unrichtig erteilt.

14

a) Die Frist für die Einlegung des Einspruchs beginnt nach § 356 Abs. 1 AO nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist. Nach § 356 Abs. 2 Satz 1 AO ist die Einlegung des Einspruchs binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, wenn die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden ist. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist in diesem Sinne allerdings dann nicht unrichtig erteilt, wenn sie in Bezug auf das Formerfordernis für die Einlegung des Einspruchs den Wortlaut des Gesetzes wiedergibt.

15

b) Nachdem der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) schon früher entschieden hatte, dass eine Rechtsmittelbelehrung so einfach und klar wie möglich gehalten werden solle, um im Interesse rechtsunkundiger Beteiligter eine inhaltliche Überfrachtung zu vermeiden, und es deshalb ausreiche, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung den Gesetzeswortlaut der einschlägigen Bestimmung wiedergebe und verständlich über die allgemeinen Merkmale des Fristbeginns unterrichte (BFH-Urteil vom 7. März 2006 X R 18/05, BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455), haben sich dieser Rechtsprechung verschiedene Senate des BFH angeschlossen. Danach ist eine Rechtsbehelfsbelehrung erst dann unrichtig, wenn sie in wesentlichen Aussagen unzutreffend oder derart unvollständig oder missverständlich abgefasst ist, dass durch sie die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint (BFH-Beschlüsse vom 9. November 2009 IV B 54/09, BFH/NV 2010, 448; vom 2. Februar 2010 III B 20/09, BFH/NV 2010, 830; vom 12. Oktober 2012 III B 66/12, BFH/NV 2013, 177; vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272). Auf dieser Grundlage hat der X. Senat des BFH seine Rechtsprechung sodann dahingehend fortgeführt, dass es ausreiche, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich des Formerfordernisses für die Einlegung eines Einspruchs den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergebe (BFH-Urteil vom 20. November 2013 X R 2/12, BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236). Denn an die Angaben in der Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht Pflichtangaben nach § 356 Abs. 1 AO seien, seien keine höheren Anforderungen an die Detailliertheit der Rechtsbehelfsbelehrung zu stellen als bei solchen Angaben, die notwendiges Element der Rechtsbehelfsbelehrung seien. Wenn es schon bei der im Einzelfall mitunter sehr komplizierten Berechnung der Frist ausreiche, den Wortlaut der einschlägigen Bestimmung wiederzugeben, müsse dies erst recht gelten, wenn Angaben zur Form gemacht werden, die schon dem Grunde nach nicht zwingender Bestandteil der Rechtsbehelfsbelehrung seien.

16

2. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an. Im Streitfall gibt die Rechtsbehelfsbelehrung den Gesetzeswortlaut wieder und unterrichtet auch im Übrigen verständlich über den Fristbeginn.

17

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 13. April 2016  9 K 1558/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.   

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.   

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 8. Dezember 2014 die Einkommensteuer des Streitjahres des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) fest. Dieser Bescheid wurde, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, am gleichen Tag zur Post gegeben.

2

Mit Schreiben vom 12. Januar 2015 legte der Kläger Einspruch ein. Es ging am 13. Januar 2015 beim FA ein. Das FA teilte dem Kläger mit Schreiben vom 16. Januar 2015 mit, dass der Einspruch verfristet eingelegt worden sei und wies ihn auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hin.

3

Mit Schreiben vom 27. Januar 2015 beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er habe sich darüber geirrt, dass für die Einlegung des Einspruchs nicht die Absendung des Schriftstücks, sondern der Eingang beim FA maßgeblich sei. Hierüber habe das FA im Rahmen seiner formularmäßigen Rechtsbehelfsbelehrung nicht belehrt.

4

Das FA lehnte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Den Einspruch verwarf es als unzulässig. Die Klage blieb ebenfalls erfolglos. Auch das Finanzgericht (FG) sah den Einspruch als verfristet an. Die Rechtsbehelfsbelehrung, die den Gesetzeswortlaut des § 356 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) wiederhole, sei richtig erteilt worden, so dass die Jahresfrist nicht zum Tragen komme. Eine Belehrung darüber, dass die Einspruchsfrist nur gewahrt sei, wenn der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist zugehe, sehe das Gesetz nicht vor. Zu Recht habe das FA auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Soweit der Kläger sich in einem Rechtsirrtum hinsichtlich der Wahrung der Einspruchsfrist befunden habe, sei dieser nicht unverschuldet gewesen. Soweit er trotz der Rechtsbehelfsbelehrung insoweit verfahrensrechtliche Zweifel gehabt habe, habe er es unterlassen, Rechtsrat einzuholen, den er auch kostenfrei beim FA hätte erhalten können.

5

Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und aufgrund eines Verfahrensmangels.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

7

Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit sie überhaupt in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügenden Form dargelegt worden sind, jedenfalls nicht vor. Weder ist die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen noch liegt ein Ver-fahrensmangel vor.

8

1. Für die Darlegung des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) muss der Beschwerdeführer konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Er muss zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche ab-strakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Erforderlich ist ferner ein konkreter und substantiierter Vortrag, warum im Einzelnen die Klärung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/ oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt, also ein Vortrag zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die in Rede stehende Rechtsfrage bereits durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Senatsbeschluss vom 2. Februar 2016 X B 95/15, BFH/NV 2016, 732, unter II.1., m.w.N.). Insbesondere in einem solchen Fall muss sich der Beschwerdeführer auch mit der bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandersetzen und substantiiert darlegen, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt hat (so auch BFH-Beschluss vom 14. April 2016 III B 108/15, BFH/NV 2016, 1250, unter II.1.a, m.w.N.). Bei Streitfragen, die maßgeblich von der Beurteilung des Einzelfalls abhängen, bedarf es substantiierter Darlegungen, weshalb der Rechtsfrage ausnahmsweise eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll (BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2015 VII B 176/14, BFH/NV 2016, 595, unter II.1., m.w.N.).

9

a) Soweit der Kläger eine Revisionszulassung zur (weiteren) Klärung des Umfangs der Rechtsbehelfsbelehrung begehrt, ist bereits zweifelhaft, ob die von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen im Allgemeininteresse liegen. Jedenfalls aber lassen sie sich anhand der bereits vorliegenden Rechtsprechung des BFH und des Gesetzes beantworten, so dass eine Klärungsbedürftigkeit nicht vorliegt.

10

aa) Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache reicht nicht der Hinweis darauf, die Revisionsentscheidung sei für eine größere Zahl von Fällen von Bedeutung; denn daraus ergibt sich nicht, dass die Rechtsfrage inhaltlich klärungsbedürftig ist (so schon Senatsbeschluss vom 27. März 2014 X B 75/13, BFH/NV 2014, 1073, unter II.1.a, m.w.N.). Auch reicht es nicht aus, darauf zu verweisen, die aufgeworfenen Fragen seien in der veröffentlichten finanzgerichtlichen Rechtsprechung bislang nicht erörtert worden. Ebenso wenig vermag der Hinweis auf eine fehlende Entscheidung des BFH die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit ersetzen (vgl. nur BFH-Beschluss vom 21. September 2011 XI B 24/11, BFH/NV 2012, 277, unter II.2.b).

11

Änderungen an diesem Erfordernis haben sich auch nicht durch die Neufassung des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) ergeben. Wie vor dieser Änderung muss die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. BFH-Beschluss vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837, unter II.1.a, m.w.N. auf die bisherige ständige Rechtsprechung).

12

Allerdings kann auf eine ausführliche Darlegung der Klärungsbedürftigkeit verzichtet werden, wenn sie offenkundig ist und nähere Angaben unnötige Förmelei wären (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 1073, unter II.1.a, m.w.N.).

13

bb) Jedenfalls aber lassen sich die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, soweit sie im Zusammenhang mit der Richtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung stehen, anhand der bereits vorliegenden Rechtsprechung des BFH und des Gesetzes beantworten. Es fehlt deshalb an der Klärungsbedürftigkeit.

14

(1) Soweit der Kläger die Fragen geklärt wissen will,

- ob durch eine Belehrung über das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren des Einspruchs nach §§ 347 ff. AO, die keinen Hinweis auf § 130 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und die sich hieraus für die Fristwahrung ergebenden Folgen enthält, die Einspruchsfrist in Gang gesetzt wird ("beginnt") und

- ob im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren eine Rechtsbehelfsbelehrung einen Hinweis darüber enthalten muss, dass die Rechtsbehelfsfrist nur durch Eingang bei der zuständigen Finanzbehörde gewahrt wird, nicht aber durch Absendung des an die Finanzbehörde zu adressierenden Einspruchsschreibens,

begehrt er sinngemäß die Klärung, ob es ausreichen kann, wenn im Rahmen einer (formularmäßigen) Rechtsbehelfsbelehrung der Hinweis fehlt, dass der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist bei der Finanzbehörde eingegangen sein muss.

15

(a) Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig i.S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn sie die in § 356 Abs. 1 AO zwingend geforderten Angaben nicht enthält (vgl. nur BFH-Beschluss in BFH/NV 2016, 1250, unter II.1.b aa, m.w.N.). Sie ist dies aber auch dann, wenn sie geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen und materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abhält, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272, unter II.2.b, m.w.N.). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich danach, wie der Erklärungsempfänger die Rechtsbehelfsbelehrung nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände verstehen musste (sog. objektiver Verständnishorizont, vgl. BFH-Beschluss in BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272, unter II.2.b, m.w.N.). Unerheblich ist, ob eine unrichtige Belehrung für die Fristversäumung ursächlich war (BFH-Beschluss vom 9. November 2009 IV B 54/09, BFH/NV 2010, 448, Rz 7, m.w.N.).

16

(b) Nachdem der Senat schon früher entschieden hatte, dass eine Rechtsmittelbelehrung so einfach und klar wie möglich gehalten werden solle, um im Interesse rechtsunkundiger Beteiligter eine inhaltliche Überfrachtung zu vermeiden, und es deshalb ausreiche, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung den Gesetzeswortlaut der einschlägigen Bestimmung wiedergebe und verständlich über die allgemeinen Merkmale des Fristbeginns unterrichte (Senatsurteil vom 7. März 2006 X R 18/05, BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455, unter II.2.c), haben sich dieser Rechtsprechung verschiedene Senate des BFH angeschlossen (vgl. nur BFH-Beschluss vom 28. April 2015 VI R 65/13, BFH/NV 2015, 1074, unter II.1.b, m.w.N.). Auf dieser Grundlage hat der Senat seine Rechtsprechung sodann dahingehend fortgeführt, dass es ausreiche, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich des Formerfordernisses für die Einlegung eines Einspruchs den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergebe (Senatsurteil vom 20. November 2013 X R 2/12, BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236, unter II.3.b). Denn an die Angaben in der Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht Pflichtangaben nach § 356 Abs. 1 AO seien, seien keine höheren Anforderungen an die Detailliertheit der Rechtsbehelfsbelehrung zu stellen als bei solchen Angaben, die notwendiges Element der Rechtsbehelfsbelehrung seien. Wenn es schon bei der im Einzelfall mitunter sehr komplizierten Berechnung der Frist ausreiche, den Wortlaut der einschlägigen Bestimmung wiederzugeben, müsse dies erst recht gelten, wenn Angaben zur Form gemacht werden, die schon dem Grunde nach nicht zwingender Bestandteil der Rechtsbehelfsbelehrung seien (Senatsurteil in BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236, unter II.3.c).

17

(c) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist klar, dass eine Belehrung über das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren nach §§ 347 ff. AO keines Hinweises auf § 130 Abs. 3 BGB bedarf, da der Wortlaut des § 356 Abs. 1 AO dies nicht vorsieht. Somit bedarf es auch keines Hinweises (ohne Nennung der Norm), dass die Rechtsbehelfsfrist nur durch Eingang bei der zuständigen Finanzbehörde gewahrt wird, nicht aber durch Absendung des an die Finanzbehörde adressierten Einspruchs.

18

(2) Gleichzeitig ergibt sich aus der gefestigten bisherigen Rechtsprechung, dass die Rechtsbehelfsbelehrung auch nicht auf §§ 108 ff., 122, 347, 355 Abs. 1, 357 Abs. 1, 357 Abs. 2 Satz 1 AO hinweisen muss, sondern allein eine --hier vorliegende-- Nennung der Voraussetzungen des § 356 Abs. 1 AO genügt. Einer vollständigen Wiederholung des Gesetzestextes des § 356 Abs. 1 AO bedarf es nicht (so auch schon Senatsbeschluss in BFH/NV 2016, 732, unter II.1.c). Eine darüber hinausgehende Auslegung, die den Beginn der dort genannten Einspruchsfrist betrifft und letztlich auch auf § 130 Abs. 3 BGB verweisen muss, ist nicht nötig.

19

(3) Der Kläger hat weder dargelegt noch ist sonst ersichtlich, warum bzw. unter welchen Gesichtspunkten es im Streitfall einer neuerlichen Entscheidung des BFH zu den von ihm gestellten Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Umfang der Rechtsbehelfsbelehrung bedarf.

20

(a) Soweit der Kläger darauf verweist, dass die bisherige BFH-Rechtsprechung im Konkreten noch nicht zur Frage des Hinweises auf § 130 Abs. 3 BGB entschieden habe, verkennt er die Ab-straktheit dieser Entscheidungen, die, wie gezeigt, auch die Fragen im Zusammenhang mit § 130 Abs. 3 BGB eindeutig entscheiden - wenn auch nicht im Sinne des Klägers.

21

(b) Die Hinweise und Ausführungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Gebot des aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) sind ebenfalls nicht geeignet, den Senat davon zu überzeugen, im Rahmen eines Revisionsverfahrens erneut zum Umfang der Rechtsbehelfsbelehrung zu entscheiden. Aus Sicht des Senats wahrt die bisherige BFH-Rechtsprechung durch ihre Deutlichkeit und Klarheit dieses Rechtsstaatsprinzip, da sie dazu beiträgt, die Rechtsbehelfsbelehrung nicht zu überfrachten und damit dem Steuerpflichtigen, auch wenn er nicht beraten ist, hilft, rechtzeitig den Einspruch einzulegen. Denn anders als im Fall des Klägers wird davon auszugehen sein, dass ein Steuerpflichtiger grundsätzlich annimmt, diese Frist werde erst durch den Eingang gewahrt. Hinweise auf § 130 Abs. 3 BGB oder die Unterscheidung zwischen Absendung beim Steuerpflichtigen oder Eingang bei der Finanzbehörde schaffen eher Verwirrung.

22

(c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der Hinweise des Klägers auf die Rechtsprechung in anderen Gerichtszweigen.

23

(aa) Soweit der Kläger auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 14. November 1969 II WDB 28.69 (BVerwGE 43, 26) abstellt, der eine Rechtsmittelbelehrung, aus der sich nicht ergibt, dass die Einlegungsfrist nur gewahrt sei, wenn der schriftliche Rechtsbehelf vor Ablauf dieser Frist bei Gericht eingehe, als unrichtig ansieht, ist diese Rechtsprechung --worauf bereits das FG zutreffend hingewiesen hat-- durch nachfolgende Entscheidungen des BVerwG aufgegeben worden. Inzwischen ist geklärt, dass sich die Rechtsbehelfsbelehrung nicht hierauf beziehen muss (vgl. statt aller BVerwG-Beschluss vom 16. März 1989  8 B 26/89).

24

(bb) Nicht vergleichbar sind die vom Kläger dargelegten Fälle, bei denen Rechtsmittelbelehrungen zu Fristen der Strafprozessordnung, die einen Antrag oder ein Rechtsmittel in Gang setzen sollen, jeweils auf die Notwendigkeit des Eingangs innerhalb dieser Frist hinweisen müssen. Aussagekraft für andere Gerichtszweige haben diese Fälle nicht. Insbesondere ergeben sich hieraus keine Folgen für Steuerverfahrensvorschriften.

25

b) Grundsätzliche Bedeutung kommt auch den Rechtsfragen des Klägers im Zusammenhang mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu. Diese zielen auf eine Klärung des Verschuldens des Klägers ab. Sie sind, obwohl wie abstrakte Fragen aufgeworfen, erkennbar auf den vorliegenden Einzelfall hin formuliert worden. Der Kläger macht insoweit letztlich geltend, das FG habe bei seiner Bewertung einen falschen Verschuldensmaßstab herangezogen bzw. unzulässigerweise eine Wahlfeststellung vorgenommen. Damit wendet sich der Kläger gegen die sachliche Richtigkeit der Entscheidung. Hieraus ergibt sich kein Zulassungsgrund (vgl. etwa BFH-Beschluss in BFH/NV 2016, 1250, unter II.1.b cc).

26

2. Sollte der Kläger aufgrund der aufgeworfenen Rechtsfragen auch eine Revisionszulassung zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) begehren, kann dieser Vortrag ebenfalls keinen Erfolg haben. Dieser Zulassungsgrund ist ein Spezialfall der Grundsatzrevision (vgl. nur Senatsbeschluss vom 28. Mai 2015 X B 171/14, BFH/NV 2015, 1243, unter II.5., m.w.N.). Es sind deshalb die gleichen Voraussetzungen --insbesondere auch eine im Allgemeininteresse liegende klärungsbedürftige Rechtsfrage-- zu verlangen, die hier, wie unter II.1. gezeigt, nicht vorliegen.

27

3. Das FG-Urteil leidet nicht unter einem vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

28

a) Das FG hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt.

29

aa) Bei dem von ihm geltend gemachten Gehörsverstoß (Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO) handelt es sich nicht um eine Rüge nach § 119 Nr. 3 FGO, bei der die Kausalität des Verfahrensmangels für die Entscheidung unwiderleglich vermutet wird. Denn eine solche Rüge betrifft nach ständiger Rechtsprechung nur solche Fälle, in denen die behauptete Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör das Gesamtergebnis des Verfahrens erfasst. Bezieht sich der vermeintliche Gehörsverstoß dagegen, wie im Streitfall, lediglich auf einzelne Feststellungen --hier den "Zweifel des Klägers über den genauen Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist"--, so ist die mögliche Kausalität des beanstandeten Verfahrensmangels für das Urteil --unter Zugrundelegung des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG-- vom Kläger darzulegen und vom Beschwerdegericht zu prüfen (vgl. Senatsbeschluss vom 26. März 2015 X B 92/14, BFH/NV 2015, 955, unter II.2.a, m.w.N.).

30

bb) Das FG hat vorliegend bei Prüfung des Verschuldens (Seite 11 f.) dem Kläger solche Zweifel nicht unterstellt. Vielmehr hat es darauf hingewiesen, dass er sich Gewissheit über die Richtigkeit seiner Rechtsansicht hätte verschaffen müssen, weil die Rechtsbehelfsbelehrung auf eine Einspruchs-frist von einem Monat hinwies und keine Aussagen darüber ent-hielt, in welcher Weise er diese Einspruchsfrist hätte wahren können oder müssen.

31

In einer solchen Situation wäre es ihm --so das FG zu Recht-- als Verschulden anzurechnen, von dem für ihn günstigsten Fall auszugehen. Selbst für den Fall, dass eine rechtzeitige Absendung wie im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Verbraucherschutzrechte ausreiche, hätten ihm Zweifel kommen müssen, ob dies auch für den Einspruch nach der AO gelte.

32

Damit macht das FG deutlich, dass es selbst für den Fall, dass der Kläger zweifelsfrei von der Richtigkeit seiner Rechtsansicht ausgegangen wäre, ein Verschulden annehme. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätte selbst dann keinen Erfolg haben können.

33

Unter Zugrundelegung dieses materiell-rechtlichen Standpunkts des FG ist nicht erkennbar, wie die vom Kläger angemahnte weitergehende Erörterung eines ggf. vorhandenen Zweifels das Gesamtergebnis des Verfahrens hätte beeinflussen sollen.

34

b) Soweit der Kläger im Zusammenhang mit seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf eine mögliche fehlerhafte Sachverhaltsdarstellung im FG-Urteil abstellt, kann er diese im vorliegenden Verfahren nicht rügen. Vielmehr muss der Kläger dies durch einen fristgebundenen Antrag auf Tatbestandsberichtigung (§ 108 FGO) geltend machen (Senatsbeschluss vom 4. März 2015 X B 39/14, BFH/NV 2015, 805, unter II.4.d, m.w.N.). Einen solchen Antrag hat der Kläger jedoch nicht gestellt.

35

4. Letztlich zielt die Beschwerdebegründung allein darauf ab, dass der Kläger eine andere Beurteilung der Voraussetzungen der Einlegung eines fristgerechten Einspruchs wie auch der Berücksichtigung des Verschuldens im Rahmen eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vornimmt und sich somit gegen die Rechtsausführungen des FG insoweit wendet. Hierin liegt jedoch nicht eine Geltendmachung eines Revisionsgrunds, sondern allein die Geltendmachung einer falschen materiellen Rechtsanwendung, die grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führt (ständige BFH-Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 31. Januar 2013 X B 21/12, BFH/NV 2013, 759, m.w.N.).

36

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

37

6. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei. § 110 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.

Die Einspruchsentscheidung ist zu begründen, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und den Beteiligten schriftlich oder elektronisch zu erteilen. Betrifft die Einspruchsentscheidung eine gesonderte und einheitliche Feststellung im Sinne des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a und sind mehr als 50 Personen gemäß § 359 am Verfahren beteiligt, so kann auf die Nennung sämtlicher Einspruchsführer und Hinzugezogenen im Rubrum der Einspruchsentscheidung verzichtet werden, wenn dort die Person, der diese Einspruchsentscheidung jeweils bekannt gegeben wird, und die Anzahl der übrigen nicht namentlich bezeichneten Beteiligten angegeben wird.

(1) Die Frist für einen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe im Sinne des § 54 Abs. 1 zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 56 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.

(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei. § 110 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 11. März 2016  9 K 2161/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat die  Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) mit Haftungsbescheid vom 3. Juli 2012 als Haftungsschuldnerin in Anspruch genommen. Der Einspruch hatte nur teilweise Erfolg. Die vom zuständigen Sachbearbeiter des FA Herrn K erstellte Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 2014, der eine Rechtsbehelfsbelehrung unter Angabe der Telefaxnummer des FA, nicht jedoch der Telefaxnummer des Finanzgerichts (FG) beigefügt war, wurde mit einfachem Brief an die Klägerin persönlich versendet. Am 27. Juni 2014 ging die gegen die Verwaltungsentscheidungen gerichtete Klage beim FG ein, die das FG als unzulässig zurückwies. Zur Begründung führte es aus, dass nach erfolgter Beweiserhebung und Vernehmung des K als Zeugen feststehe, dass die Einspruchsentscheidung am 22. Mai 2014 zur Post aufgegeben und der Klägerin gemäß § 122 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) am 26. Mai 2014 bekanntgegeben worden sei. Infolgedessen habe der Klageeingang erst am 27. Juni 2014 die Monatsfrist des § 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht gewahrt. Entgegen der Auffassung der Klägerin erfordere eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung nicht die Angabe der Telefaxnummer des FG. Darauf deute bereits der insoweit eindeutige Wortlaut des § 55 Abs. 1 FGO hin. Hinsichtlich der Einspruchseinlegung (§ 357 Abs. 1 Satz 1 AO) habe der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass eine Rechtsmittelbelehrung, die nur den Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung wiederhole, nicht wegen des fehlenden Hinweises auf die Möglichkeit der Klageerhebung auf elektronischem Wege rechtsfehlerhaft sei. Im Übrigen hätte die Klägerin die Klage fristwahrend beim FA erheben können, worauf in der streitgegenständlichen Rechtsbehelfsbelehrung ausdrücklich hingewiesen worden sei.

2

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Für die Aufgabe der Einspruchsentscheidung zur Post trage das FA die Feststellungslast. Ein Absendevermerk durch K oder die Poststelle des FA sei weder auf der Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 2014 noch in den Akten. Zur Klärung der Frage, wann die Einspruchsentscheidung zur Post aufgegeben worden sei, sei die Vernehmung des K nicht geeignet gewesen, zumal dieser lediglich ausgesagt habe, die Entscheidung in das in seinem Zimmer befindliche Postausgangsfach gelegt zu haben. Eine Vernehmung eines Mitarbeiters der Poststelle des FA --z.B. zum Beweisthema der Sortierung der versandfertigen Bescheide nach Datum in unterschiedliche Fächer-- habe das FG unterlassen. Zu ihren Gunsten sei im Streitfall davon auszugehen, dass die Einspruchsentscheidung nicht vor dem 26. Mai 2014 zur Post gegeben worden sei. Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Rechtsfrage, ob eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung nach § 55 Abs. 1 FGO neben der Angabe des Sitzes des Gerichts, bei dem die Klage anzubringen ist, auch die Angabe der Telefaxnummer erfordert bzw. ob eine Rechtsbehelfsbelehrung in einer Einspruchsentscheidung jedenfalls dann nicht unrichtig i.S. des § 55 FGO ist, wenn dort zwar das anzurufende FG nicht konkret angegeben ist, zugleich jedoch auf die Möglichkeit des Anbringens der Klage beim FA hingewiesen wird und das hierfür zuständige FA zutreffend bezeichnet worden ist.

3

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen. Der aufgeworfenen Frage kommt mangels Klärungsbedürftigkeit keine grundsätzliche Bedeutung zu. Der behauptete Verfahrensmangel unzureichender Sachaufklärung liegt nicht vor.

5

1. Einer Rechtsfrage kommt nur dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie klärungsbedürftig ist. Das ist sie, wenn ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt, so dass mehrere Lösungen vertretbar sind (vgl. Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 115 Rz 28). An der zu fordernden Klärungsbedürftigkeit fehlt es jedoch, wenn sich die Beantwortung der Rechtsfrage ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG in seiner Entscheidung getan hat, wenn die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231, und vom 31. Mai 2000 X B 111/99, BFH/NV 2000, 1461). Darüber hinaus ist eine Rechtsfrage auch dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar oder vorgetragen sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH geboten erscheinen lassen (BFH-Beschluss vom 4. Mai 1999 IX B 38/99, BFHE 188, 395, BStBl II 1999, 587).

6

Nach § 55 Abs. 1 FGO beginnt die Frist für einen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Zutreffend hat das FG darauf hingewiesen, dass dem Wortlaut dieser Bestimmung das Erfordernis der Angabe einer Telefaxnummer nicht zu entnehmen ist. Zudem ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine Rechtsmittelbelehrung nicht deshalb unrichtig, weil das FA nicht auf die Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsbehelfs statt in schriftlicher in elektronischer Form hingewiesen hat (BFH-Urteile vom 20. November 2013 X R 2/12, BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236; vom 5. März 2014 VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010; vom 18. März 2014 VIII R 33/12, BFHE 246, 1, BStBl II 2014, 922, und vom 18. Juni 2015 IV R 18/13, BFH/NV 2015, 1349) oder wenn dort zwar das anzurufende FG nicht konkret angegeben, jedoch auf die Möglichkeit des Anbringens der Klage beim FA hingewiesen und das hierfür zuständige FA zutreffend bezeichnet worden ist (BFH-Urteil vom 17. Mai 2000 I R 4/00, BFHE 192, 15, BStBl II 2000, 539). Daraus folgt, dass die Angabe des Gerichts und seines Sitzes als ausreichend zu betrachten ist, wobei es offen bleiben kann, ob die Bezeichnung des Sitzes die Angabe der postalischen Anschrift erfordert. Über die Wiedergabe des Wortlauts des § 55 Abs. 1 FGO hinaus ist es somit nicht erforderlich, in der Rechtsbehelfsbelehrung zusätzlich eine Internet-Verbindung oder eine Telefaxnummer anzugeben, zumal die Ermittlung einer Internet-Verbindung oder einer Telefaxnummer bei Nutzung moderner Recherchemöglichkeiten keine besonderen Schwierigkeiten bereiten dürfte.

7

Auch die überwiegende Ansicht im Schrifttum geht davon aus, dass die Angabe der Telefaxnummer nicht erforderlich ist (Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 55 FGO Rz 26; Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 55 Rz 16; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 55 Rz 17; Dumke in Schwarz/ Pahlke, AO, FGO, § 55 FGO Rz 16b; a.A. Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 55 FGO Rz 9, und Rößler, Muss die Rechtsbehelfsbelehrung die Telefax-Nummer des FG angeben?, Deutsche Steuer-Zeitschrift 1995, 563). Selbst eine unterlassene Angabe des Gerichts ist dann unschädlich, wenn in der Rechtsbehelfsbelehrung auf die Möglichkeit hingewiesen wird, dass die Klageschrift fristwahrend bei der Finanzbehörde eingereicht werden kann. Der von der Klägerin aufgeworfenen Frage kommt daher keine grundsätzliche Bedeutung zu.

8

Im Übrigen ergaben sich im Streitfall die Bezeichnung des Gerichts und dessen postalische Anschrift sowie der Hinweis auf die fristwahrende Klageerhebung durch die Anbringung der Klage beim FA aus der vom FA erteilten Rechtsbehelfsbelehrung, so dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, ihre Klage fristwahrend beim FA oder schriftlich beim FG einzureichen. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass sie zur Wahrnehmung ihrer Rechte auf die Angabe einer Telefaxnummer des FG angewiesen gewesen wäre.

9

2. Soweit die Klägerin eine Verletzung der dem FG nach § 76 Abs. 1 FGO obliegenden Sachaufklärungspflicht rügt, liegt der behauptete Verfahrensmangel nicht vor. Das FG hat in seiner Urteilsbegründung nachvollziehbar dargelegt, warum es zu dem Ergebnis einer Absendung der Einspruchsentscheidung am 22. Mai 2014 gekommen ist. Dabei hat es sich auf die Aussage des als Zeugen vernommenen K und auf das beim FA praktizierte Postausgangsverfahren bezogen. In verfahrensrechtlich zulässiger Weise hat es als zusätzliches Indiz für das angenommene Absendedatum den Umstand gewertet, dass ein weiteres Schreiben mit Datum vom 22. Mai 2014 nachweisbar am Folgetag eingegangen war. Dabei hat es ersichtlich einer Sortierung der versandfertigen Bescheide nach Datum in unterschiedliche Fächer keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Die Schlussfolgerungen des FG sind zwar nicht zwingend, jedoch möglich (BFH-Urteil vom 9. Dezember 2009 II R 52/07, BFH/NV 2010, 824).

10

Soweit die Klägerin beanstandet, das FG habe die Vernehmung eines Mitarbeiters der Poststelle unterlassen, ist dem Protokoll über die mündliche Verhandlung ein entsprechender Beweisantrag nicht zu entnehmen, so dass die in der Verhandlung fachkundig vertretene Klägerin insoweit ihr Rügerecht verloren hat (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597).

11

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtzeitigkeit eines Einspruchs und die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides.

2

Der Kläger wurde ohne vorherige Anhörung durch den Beklagten mit Haftungsbescheid vom 17. September 2013 für Steuerschulden einschließlich Nebenleistungen der A GmbH in Höhe von insgesamt 224.695,35 € als faktischer Geschäftsführer gemäß § 191 Abs. 1 i. V. m. §§ 69, 34, 35 der Abgabenordnung (AO) in Anspruch genommen. Für den Haftungsbescheid wurde vom Beklagten ein Zustellungsauftrag an die Deutsche Post AG erteilt.

3

Ausweislich der Postzustellungsurkunde (PZU) wurde das zuzustellende Schriftstück auf der Urkunde mit dem Aktenzeichen ...-1 und dem Zusatz "H-Bescheid v. 17.09.2013" bezeichnet und am 20. September 2013 in den zur Wohnung des Klägers, X-Straße ..., B, gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt, weil die Übergabe des Schriftstücks nicht möglich war. Die Urkunde wurde vom Zusteller unterschrieben und am 25. September 2013 in Bezug auf das Zustelldatum durch ein saubereres Schriftbild handschriftlich berichtigt. Auf den weiteren Inhalt der Urkunde, Bl. 25 der Haftungsakte des Beklagten, wird ergänzend Bezug genommen.

4

Am 4. November 2013 meldete sich die Steuerberater-Gesellschaft des Klägers schriftlich beim Beklagten und bezogen sich auf ein Telefongespräch am 1. November 2013. Darin machten sie geltend, dass dem Kläger am 31. Oktober 2013 eine Vollstreckungsankündigung zugegangen sei. Darin werde auf einen Haftungsbescheid vom 17. September 2013 Bezug genommen. Dieser Bescheid sei dem Kläger nicht zugegangen. Zudem wäre ein Haftungsbescheid nach wirksamer Bekanntgabe nicht rechtmäßig. Der Kläger sei kein faktischer Geschäftsführer der A GmbH gewesen.

5

Der Beklagte teilte den Steuerberatern des Klägers mit Schreiben vom 7. November 2013 mit, dass der Haftungsbescheid am 20. September 2013 zugestellt worden sei. Dies belege die PZU. Der Haftungsbescheid sei rechtskräftig und vollstreckbar, weil die Rechtsbehelfsfrist verstrichen sei.

6

Die Steuerberater-Gesellschaft des Klägers beantragte daraufhin am 15. November 2013 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich des Haftungsbescheids. Der Bescheid sei trotz der Beweiskraft der PZU nicht zugegangen. Der Kläger habe sich am 20. September 2013 in C befunden. Nach seiner Rückkehr am 25. September 2013 habe er den Haftungsbescheid nicht in seinem Briefkasten vorgefunden. Dies versichere der Kläger an Eides statt. Es werde die Bekanntgabe des Bescheides beantragt und vorsorglich Einspruch eingelegt.

7

Mit Schreiben vom 25. März 2015 lehnte der Beklagte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Wiedereinsetzungsgründe lägen nicht vor. Am 20. Mai 2015 verwarf der Beklagte den Einspruch als unzulässig.

8

Der Kläger hat am 22. Juni 2015 Klage erhoben. Es sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ihm, dem Kläger, sei von anderen Mietern des Hauses X-Straße ..., B, im Nachhinein bestätigt worden, dass es im fraglichen Zeitraum im September 2013 wiederholt zu Diebstählen von Postsendungen aus den insbesondere für die Besucher des im Souterrain des Hauses befindlichen Lokals XX frei zugänglichen Postkästen gekommen sei. Insofern sei es naheliegend, dass auch der Haftungsbescheid vom 17. September 2013 im Wege eines Postdiebstahls abhandengekommen sei. Er, der Kläger, sei deshalb ohne Verschulden gehindert gewesen, fristgerecht Einspruch gegen den Haftungsbescheid einzulegen. Der Bescheid sei ihm im Übrigen erst als Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 23. Juli 2015 zur Kenntnis gegeben worden.

9

Die Zustellung sei fehlerhaft. Sowohl die PZU als auch der Umschlag der Sendung müssten einen Hinweis auf das zuzustellende Schriftstück, insbesondere die Geschäftsnummer, enthalten. Aus der Haftungsakte sei zu entnehmen, dass der Vorgang unter der Steuernummer ...-2 geführt werde. Sowohl der Haftungsbescheid als auch die PZU wiesen demgegenüber die Steuernummer ...-1 auf. Die Zustellung sei deshalb unwirksam. Zudem sei die Rechtsbehelfsbelehrung nicht ordnungsgemäß. Sie entspreche nicht dem seit dem 1. August 2013 geltenden Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO. Die Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Form werde nicht erwähnt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) müsse die Rechtsbehelfsbelehrung die gesetzlichen Voraussetzungen eines Rechtsbehelfs richtig, vollständig und unmissverständlich darstellen. Die Einspruchsfrist habe sich deshalb gemäß § 356 Abs. 2 AO auf ein Jahr seit Bekanntgabe des Haftungsbescheides verlängert, so dass der Einspruch vom 15. November 2013 fristgerecht sei.

10

Der Haftungsbescheid sei rechtswidrig, weil er, der Kläger, nicht als faktischer Geschäftsführer der A GmbH angesehen werden könne. Er habe weder Zugang zu den Konten der Gesellschaft noch mit deren steuerlichen Angelegenheiten zu tun gehabt. Der Beklagte habe den Haftungsbescheid allein auf telefonische Angaben des Steuerberaters des formellen Geschäftsführers der Gesellschaft gestützt und auf einen einseitigen Auszug einer Anklageschrift beim Landgericht D. Das Urteil des Landgerichts D habe nicht vorgelegen. Damit seien die gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf die Sachverhaltsermittlung nicht erfüllt worden. Es werde bestritten, dass die streitgegenständlichen Steuerforderungen gegenüber der A GmbH zutreffend festgesetzt worden seien und bestünden. Ein haftungsbegründendes Verschulden liege nicht vor. Der Beklagte habe zudem das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, weil er, der Kläger, nicht vor Erlass des Bescheides angehört worden sei. Es habe auch keine Heilung des Anhörungsmangels vorgelegen, weil sich der Beklagte auf den Standpunkt gestellt habe, dass der Haftungsbescheid bestandskräftig und deshalb ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig sei.

11

Der Kläger beantragt,
1) den Haftungsbescheid vom 17. September 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2015 aufzuheben.
2) die Zuziehung des Steuerberaters E, F Steuerberater Gesellschaft mbH, im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

12

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

13

Der Einspruch des Klägers sei verfristet. Die PZU erbringe als öffentliche Urkunde i. S. v. § 418 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) vollen Beweis für die in ihr bezeugten Tatsachen. Ein Gegenbeweis erfordere den vollen Nachweis eines anderen Geschehensablaufs und keine bloßen Zweifel an der Richtigkeit der urkundlichen Feststellungen. Ein schlichtes Bestreiten und die vom Kläger vorgelegte eidesstattliche Versicherung reichten dafür nicht aus. Zweifel an der PZU bestünden nicht. Anhand des Aktenzeichens des Haftungsbescheides und des Zusatzes "H-Bescheid v. 17.09.2013" lasse sich das zugestellte Dokument zweifelsfrei identifizieren. Der Anhörungsmangel sei geheilt. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers hätten im Telefonat vom 1. November 2013 und im anschließenden Schriftverkehr Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Der Kläger sei als faktischer Geschäftsführer in Haftung zu nehmen gewesen. Dies ergebe sich aus den Ermittlungsakten des Finanzamtes für Prüfdienste und Strafsachen, der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft D vom ... 2012 und dem Urteil des Landgerichts D vom ... 2012.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Haftungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

16

Der Haftungsbescheid vom 17. September 2013 ist bestandskräftig geworden und kann deshalb vom Gericht nicht mehr aufgehoben werden.

17

Der Haftungsbescheid ist am 20. September 2013 wirksam zugestellt und damit bekannt gegeben worden (1), der Einspruch des Klägers vom 15. November 2013 gegen den Bescheid ist verspätet (2) und eine Widereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht erfolgen (3).

1)

18

Ausweislich der PZU ist der Haftungsbescheid vom 17. September 2013 am 20. September 2013 durch Einwurf in den zur Wohnung des Klägers in X-Straße ..., B, gehörenden Briefkasten zugestellt worden, weil eine Übergabe des Schriftstücks nicht möglich war.

a)

19

Die Zustellung durch die Post mit PZU ist wirksam vorgenommen worden. Es oblag gemäß § 122 Abs. 5 AO dem Beklagten, ob er - wie hier - die Zustellung des Haftungsbescheides anordnet. Die Zustellung richtet sich nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG - (§ 122 Abs. 5 Satz 2 AO). Bei einer Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde (§ 3 Abs. 1 VwZG). Dies ist vorliegend erfolgt. Für die Ausführung der Zustellung gelten nach § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG die §§ 177 bis 182 ZPO entsprechend. Nach § 180 Satz 1 ZPO kann die Zustellung unter anderem durch Einlegung in einen zur Wohnung gehörenden Briefkasten erfolgen, wenn eine Übergabe des Schriftstücks nicht möglich ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück nach § 180 Satz 2 ZPO als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung (§ 180 Satz 3 ZPO).

20

Zum Nachweis der Zustellung ist gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 ZPO eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen. Für die PZU gilt § 418 ZPO182 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die PZU muss gemäß § 182 Abs. 2 ZPO - soweit hier relevant - folgende Angaben enthalten:
- Die Bezeichnung der Person, der zugestellt werden soll (Nr. 1).
- Die Angabe des Grundes, der eine Zustellung nach § 180 ZPO rechtfertigt (Nr. 4).
- Die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist (Nr. 6).
- Den Ort und das Datum der Zustellung (Nr. 7).
- Name, Vorname und Unterschrift des Zustellers sowie die Angabe des ersuchten Unternehmens (Nr. 8).

21

Ausweislich der PZU liegt eine wirksame Zustellung durch Einlegung in den zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung vor. Unstreitig war ein Briefkasten vorhanden. Nach der Urkunde war eine Übergabe des zuzustellenden Schriftstücks nicht möglich und ist deshalb der Einwurf erfolgt. Als Tag der Zustellung wird handschriftlich der 20. September 2013 angegeben. Diese Angabe war zunächst nicht besonders ordentlich geschrieben, ist dann ausweislich eines Vermerks auf der Urkunde am 25. September 2013 vom Zusteller handschriftlich berichtigt worden, obwohl sie schon vorher lesbar war. Diese Berichtigung berührt den Beweiswert der Urkunde nicht. Die Urkunde enthält ferner die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung vom Zusteller auf dem Umschlag des Schriftstücks vermerkt worden ist, und den Namen und Vornamen des Zustellers G sowie dessen Unterschrift. Ferner sind der Name des Klägers und dessen Anschrift, X-Straße ..., B, im Adressatenfeld der Urkunde aufgeführt. Durch die Angabe der Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung ergibt sich auch der Ort der Zustellung aus der Urkunde. Die Deutsche Post AG wird als beauftragtes Unternehmen in der Urkunde genannt. Damit sind die in § 182 Abs. 2 ZPO genannten "Pflichtangaben" in der PZU enthalten.

22

Die Bezeichnung des Sendungsinhalts auf der PZU oder auf dem Umschlag ist bei der Zustellung gemäß § 3 VwZG durch die Post nach der Reform des Zustellungsrechts durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren (Zustellungsreformgesetz) vom 25. Juni 2001 (BGBl I S. 1206) nicht mehr Voraussetzung für die Wirksamkeit der Zustellung, sondern nur noch für deren Nachweis (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2011 VIII B 199/10, BFH/NV 2012, 597; BGH-Beschluss vom 11. Juli 2005, NotZ 12/05, NJW 2005, 3216). Auf der PZU ist das zuzustellende Schriftstück durch die Angabe des Aktenzeichens des Haftungsbescheides (...-1) und die Abkürzung "H-Bescheid vom 17.09.2013" so deutlich bezeichnet, dass es eindeutig identifiziert werden kann. Es gibt nur einen Bescheid betreffend den Kläger unter diesem Datum und mit diesem Aktenzeichen. Die Abkürzung "H-Bescheid" deutet an, dass es sich um einen Haftungsbescheid handelt, auch wenn es für einen Laien nicht zwingend erkennbar ist. Mehr ist zur Identifizierung des Schriftstücks nicht erforderlich, insbesondere nicht die Mitteilung des Erklärungsinhalts (vgl. BFH-Urteil vom 18. März 2004 V R 11/02, BStBl. II 2004, 540). Soweit der Kläger geltend macht, dass in der Haftungsakte des Beklagten auch Schriftstücke mit anderen Steuernummern enthalten sind, berührt das den Haftungsbescheid nicht, weil es sich dabei um andere Steuerpflichtige handelt.

b)

23

Gemäß § 418 ZPO i. V. m. § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO erbringt die PZU als öffentliche Urkunde den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen. Die Beweiskraft erstreckt sich nicht nur auf das Einlegen des darin bezeichneten Schriftstücks in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung, sondern insbesondere auch darauf, dass der Postbedienstete unter der ihm angegebenen Anschrift weder den Adressaten persönlich noch eine zur Entgegennahme einer Ersatzzustellung in Betracht kommende Person angetroffen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Juli 2008 IV R 78/05, BFH/NV 2008, 1860; BVerfG-Beschluss vom 3. Juni 1991 2 BvR 511/89, NJW 1992, 224). Dies gilt nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung auch nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost (vgl. BFH-Beschluss vom 24. April 2007 VIII B 249/05, BFH/NV 2007, 1465, m. w. N.). Ein Gegenbeweis kann nach § 418 Abs. 2 ZPO nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden.

24

Dieser Gegenbeweis erfordert den Beweis eines anderen als des beurkundeten Geschehensablaufs, der damit ein Fehlverhalten des Zustellers und eine Falschbeurkundung in der Zustellungsurkunde belegt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. Juli 2008 IV R 78/05, BFH/NV 2008, 1860; vom 8. Februar 1999 VIII R 61/98, BFH/NV 1999, 961; vom 27. Januar 1988 VII B 165/87, BFH/NV 1988, 790; vom 17. Dezember 1996 IX R 5/96, BStBl II 1997, 638, und vom 10. November 2003 VII B 366/02, BFH/NV 2004, 509). Gefordert wird der volle Gegenbeweis, d. h. der Beweis der Unrichtigkeit der Postzustellungsurkunde in der Weise, dass ihre Beweiswirkung vollständig entkräftet wird (vgl. BVerfG-Beschluss vom 20. Februar 2002 2 BvR 2017/01, NJW-RR 2002, 1008; BGH-Urteile vom 7. Juni 1990 III ZR 216/89, NJW 1990, 2125, und vom 10. November 2005 III ZR 104/05, NJW 2006, 150; BFH-Beschluss vom 4. Juli 2008 IV R 78/05, BFH/NV 2008, 1860; BFH-Urteil vom 28. September 1993 II R 34/92, BFH/NV 1994, 291).

25

Der Kläger hat diesen Gegenbeweis nicht erbracht. Hierzu hätte es zumindest der substantiierten Darlegung der Umstände bedurft, die gegen die Richtigkeit des Inhalts der PZU sprechen (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Juli 2008 IV R 78/05, BFH/NV 2008, 1860; BVerfG-Beschluss vom 20. Februar 2002 2 BvR 2017/01, NJW-RR 2002, 1008). Der Kläger hätte Umstände darlegen müssen, die ein Fehlverhalten des Postzustellers bei der Zustellung und damit eine Falschbeurkundung in der Postzustellungsurkunde zu belegen geeignet sind. Derartige Umstände lassen sich dem klägerischen Vortrag nicht entnehmen. Der Kläger trägt - eidesstattlich versichert - nur vor, dass sich die Sendung nach seiner Urlaubsrückkehr am 25. September 2013 nicht in seinem Briefkasten befunden und keine andere Person Zugang zu dem Briefkasten gehabt habe. Diese Behauptung ist nicht ausreichend, um eine unrichtige Beurkundung annehmen zu können. Die Beweiskraft der PZU als öffentliche Urkunde kann nicht durch die bloße Behauptung entkräftet werden, keine Kenntnis von der Zustellung erlangt zu haben (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Mai 2002 VII S 25/01, BFH/NV 2002, 1169). Auf Grund der mehrtägigen Abwesenheit des Klägers ist insbesondere nicht auszuschließen, dass sich viel Post im Briefkasten angesammelt hat und die Sendung deshalb nicht bemerkt wurde und beim Kläger "untergegangen" ist. Im Übrigen trägt der Kläger selbst vor, dass die Postsendung auch aus seinem Briefkasten entwendet worden sein könne, weil es im Zeitraum um die Zustellung herum zu Postdiebstählen im Haus gekommen sei. Damit wird die Wirksamkeit der Zustellung nicht in Zweifel gezogen, sondern der Sache nach ein Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht.

2)

26

Der Einspruch vom 15. November 2013 ist nach Ablauf der einmonatigen Frist (§ 355 Abs. 1 Satz 1 AO) erfolgt und damit verspätet. Die Einspruchsfrist begann mit der Bekanntgabe des Haftungsbescheides durch Zustellung am 20. September 2013 (einem Freitag) und lief am 21. Oktober 2013 (einem Montag) ab.

a)

27

Entgegen der Auffassung des Klägers verlängert sich die Einspruchsfrist nicht gemäß § 356 Abs. 2 AO. Danach ist die Einlegung des Einspruchs binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zulässig, wenn die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden ist. Die Rechtsbehelfsbelehrung im Haftungsbescheid vom 17. September 2013 ist nicht fehlerhaft. Die Belehrung muss gemäß § 356 Abs. 1 AO die Möglichkeit des Einspruchs, die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt erforderlichen Form enthalten. Dies ist in der Rechtsbehelfsbelehrung, die dem schriftlich erlassenen Haftungsbescheid beigefügt ist, unstreitig der Fall. Damit ist den gesetzlichen Anforderungen an eine Rechtsbehelfsbelehrung genügt.

28

Wenn die Rechtsbehelfsbelehrung zusätzliche, gesetzlich nicht zwingend geforderte Angaben enthält, ist sie unrichtig, wenn sie geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen. Enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung daher weitergehende (nicht nur notwendige) Angaben so müssen jene auch richtig, vollständig und unmissverständlich sein. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich danach, wie der Empfänger die Belehrung nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände verstehen musste (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BStBl II 2013, 272; BFH-Urteile vom 29. Juli 1998 X R 3/96, BStBl II 1998, 742; vom 21. Juni 2007 III R 70/06, BFH/NV 2007, 2064).

b)

29

Der Umstand, dass die Rechtsbehelfsbelehrung entsprechend der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO (a. F.) in Bezug auf die Form des Einspruchs ausführt, dass der Einspruch "schriftlich" einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären ist und nicht zusätzlich auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Form hinweist, so wie es in § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung geregelt ist, macht sie nicht unrichtig im Sinne von § 356 Abs. 2 Satz 1 AO.

30

Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Rechtsbehelfsbelehrung auch dann noch vollständig und richtig, wenn sie hinsichtlich der Form der Einlegung des Rechtsbehelfs keinen Hinwies auf die Möglichkeit der Einlegung per E-Mail, sondern nur den Wortlaut des Gesetzes - in den entschiedenen Fällen den des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO a. F. - wiederholt. Auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Form brauche die Behörde auch dann nicht hinzuweisen, wenn in der Erwähnung der Internetseite in der Fußzeile des Bescheides die konkludente Eröffnung eines "Zugangs" i. S. von § 87a Abs. 1 Satz 1 AO zu sehen sein sollte (vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. Februar 2010 III B 20/09, BFH/NV 2010, 830; vom 12. Oktober 2012 III B 66/12, BFH/NV 2013, 177; vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BStBl II 2013, 272; vom 28. April 2015 VI R 65/13, BFH/NV 2015, 1074; BFH-Urteile vom 20. November 2013 X R 2/12, BStBl II 2014, 236; vom 5. März 2014 VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010).

31

Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an und hält daran anknüpfend auch nach der Neuregelung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO einen fehlenden Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Form nicht für einen Umstand, der die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig macht (offen gelassen in BFH-Beschluss vom 5. März 2014 VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010). Eine Belehrung über die Form der Einspruchseinlegung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben und letztlich ein "Service" der Finanzbehörden für die Steuerpflichtigen, um ihnen die Einspruchseinlegung zu erleichtern. Eine Verpflichtung des Finanzamtes, den Gesetzestext in der Rechtsbehelfsbelehrung im Wortlaut zu zitieren besteht nicht (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Februar 2016 X B 95/15, BFH/NV 2016, 732). Der bloße Hinweis auf die "Schriftlichkeit" entsprechend § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wirkt weder irreführend noch rechtsschutzbeeinträchtigend. Daraus kann allenfalls geschlossen werden, dass eine mündliche Einspruchseinlegung (außer zur Niederschrift der Behörde) nicht zulässig ist. Zur Zulässigkeit der elektronischen Form wird keine negative Aussage getroffen. Der Betroffene wird durch die Erwähnung der Schriftform in die Lage versetzt, sich im Rahmen seiner verfahrensrechtlichen Mitverantwortung darüber kundig zu machen, ob das herkömmliche Verständnis dessen, was unter "schriftlich" aufzufassen sei, angesichts der technischen Weiterentwicklungen zu modifizieren ist, sei es durch den Einsatz beispielsweise von sog. Computerfaxen, sei es durch elektronische Kommunikation, wie es schon vor der Neufassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO durch § 87a AO für das Einspruchsverfahren möglich war (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2012 I B 127/12, BStBl II 2013, 272).

3)

32

Der Beklagte hat auch zu Recht eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf die Einspruchsfrist abgelehnt.

33

Nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 110 Abs. 2 AO). Nach einem Jahr seit Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 110 Abs. 3 AO).

a)

34

Der Wiedereinsetzungsantrag vom 15. November 2013 dürfte zwar fristgemäß innerhalb eines Monats nach Kenntnis von der Zustellung des Haftungsbescheids erfolgt sein. Es liegt aber kein Wiedereinsetzungsgrund vor.

b)

35

Ein solcher ist nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger vor Erlass des Haftungsbescheids nicht angehört worden ist (§ 91 AO). Nach § 126 Abs. 3 Satz 1 AO gilt die Versäumung der Einspruchsfrist als nicht verschuldet, wenn die erforderliche Anhörung vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben ist und dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versäumt worden ist. Letzteres liegt hier nicht vor. Es ist weder vorgetragen worden noch ansonsten erkennbar, dass die fehlende Anhörung ursächlich für den verspäteten Einspruch des Klägers war. Der Kläger hat dies vielmehr damit begründet, dass er den Haftungsbescheid nicht erhalten habe. Der von § 126 Abs. 3 Satz 1 AO vorausgesetzte kausale Zusammenhang mit der fehlenden Anhörung (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1988 IX R 158/85, BFH/NV 1989, 561; von Wedelstedt in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 126 AO Rz. 15 ff. m. w. N.) ist insoweit nicht gegeben.

c)

36

Die ursprüngliche Begründung des Klägers für seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand reicht nicht aus, um einen Wiedereinsetzungsgrund anzunehmen. Der Kläger hat mit seinem Antrag lediglich vorgetragen, den Haftungsbescheid nicht erhalten zu haben. Er habe ihn nach seiner Rückkehr aus C nicht in seinem Briefkasten vorgefunden und andere Personen hätten keinen Zugang zu dem Briefkasten gehabt. Damit wird nicht glaubhaft gemacht, dass der Kläger ohne Verschulden daran gehindert war, rechtzeitig Einspruch gegen den Haftungsbescheid einzulegen. Der Glaubhaftmachung steht die Beweiskraft der PZU entgegen, die nach den obigen Darlegungen vollen Beweis für die Zustellung des Haftungsbescheides durch Einwurf in den Briefkasten erbringt. Ein Gegenbeweis ist vom Kläger nicht erbracht worden.

d)

37

Der erstmals mit der Klage vom 22. Juni 2015 erfolgte Vortrag, dass dem Kläger "im Nachhinein" von anderen Mietern des Hauses X-Straße, ... B, bestätigt worden sei, dass es im fraglichen Zeitraum im September 2013 wiederholt zu Diebstählen von Postsendungen aus den Briefkästen gekommen sei, weshalb es naheliegend sei, dass auch der Haftungsbescheid im Wege eines Postdiebstals abhandengekommen sei, begründet ebenfalls keinen Wiedereinsetzungsgrund. Zum einen ist dieser Vortrag zu unsubstantiiert, um daraus nachvollziehbar schließen zu können, dass der Kläger ohne Verschulden an der rechtzeitigen Einspruchseinlegung gehindert war. Die Möglichkeit eines Postdiebstahls wird nur als naheliegend bezeichnet und damit vermutet, ohne dazu konkrete Anhaltspunkte aufzuzeigen, etwa Beschädigungen des Briefkastens, Verlust auch anderer Briefe oder Sendungen, die eigentlich hätten im Briefkasten sein müssen, Daten und Umfang der behaupteten Postdiebstähle im Haus.

38

Zudem ist der Vortrag nicht fristgemäß erfolgt. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind innerhalb der Antragsfrist vorzutragen, während die Glaubhaftmachung noch später im Laufe des Verfahrens erfolgen kann. Nach Ablauf der Antragsfrist können nur noch unklare oder unvollständige Angaben zum Wiedereinsetzungsgrund ergänzt werden. Dieser muss "im Kern" fristgemäß dargelegt worden sein (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 28. Januar 2000 VII B 281/99, BFH/NV 2000, 823; BFH-Urteil vom 18. März 2014 VIII R 33/12, BStBl II 2014, 922; Kuczynski in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 110 AO Rz. 81 m. w. N.). Der Umstand eines möglichen Diebstahls ist ein neuer Sachverhalt, der mit dem ursprünglichen Vortrag des Nichtvorfindens des Haftungsbescheides im Briefkasten nicht zwingend zusammenhängt und diesen nicht lediglich ergänzt. Vielmehr handelt es sich um einen eigenständigen Erklärungsansatz für die ursprünglich fehlende Kenntnisnahme des Haftungsbescheides. Der diesbezügliche Vortrag erfolgte erstmals am 22. Juni 2015 und damit sowohl nach Ablauf der einmonatigen Antragsfrist als auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 110 Abs. 3 AO, bis zu der spätestens nach Ablauf der einmonatigen Frist bekannt gewordenen Wiedereinsetzungsgründe geltend zu machen sind. Deshalb kommt auch eine Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist nicht mehr in Betracht. Der Kläger hat zudem nicht - wie erforderlich, um die Einhaltung der Antragsfrist zu prüfen (vgl. Kuczynski in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 110 AO Rz. 81 m. w. N.) - vorgetragen, wann er von den Diebstählen von Postsendungen Kenntnis erlangt hat.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

40

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine Zulassungsgründe vorliegen (§ 115 Abs. 2 FGO).

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde wirft die Frage auf, ob sich juristische Personen mit Sitz außerhalb Deutschlands, jedoch in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union auf Grundrechte des Grundgesetzes berufen können. Sie betrifft darüber hinaus die Beachtung des Grundrechts auf Eigentum bei der Auslegung und Anwendung nationalen, auf Unionsrecht beruhenden Rechts.

I.

2

1. Das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil des Bundesgerichtshofs betrifft die inhaltliche Reichweite des dem Urheber vorbehaltenen Verbreitungsrechts nach § 17 Urheberrechtsgesetz (UrhG) in der für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Fassung vom 23. Juni 1995 (BGBl I S. 842) und nach § 96 UrhG in der Fassung vom 10. September 2003 (BGBl I S. 1774). Die Auslegungsfragen ergeben sich im Streitfall aus der Aufstellung von Nachbildungen von Le-Corbusier-Möbeln in einer Zigarrenlounge der Beklagten des Ausgangsverfahrens. Für Herstellung und Vertrieb der Möbel sind der Beschwerdeführerin urheberrechtliche Exklusivrechte eingeräumt.

3

a) § 17 UrhG erhielt durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 23. Juni 1995 (BGBl I S. 842) folgende Fassung:

4

Verbreitungsrecht

5

(1) Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

6

(2) Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, so ist ihre Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig.

7

(3) Vermietung im Sinne der Vorschriften dieses Gesetzes ist die zeitlich begrenzte, unmittelbar oder mittelbar Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung. Als Vermietung gilt jedoch nicht die Überlassung von Originalen oder Vervielfältigungsstücken

8

1. von Bauwerken und Werken der angewandten Kunst oder

9

2. im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses zu dem ausschließlichen Zweck, bei der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis benutzt zu werden.

10

Die Gesetzesnovelle diente der Umsetzung der Richtlinie 92/100/EWG des Rates vom 19. November 1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl Nr. L 346 vom 27. November 1992, S. 61), inzwischen abgelöst durch die Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 (ABl Nr. L 376 vom 27. Dezember 2006, S. 28; im Folgenden: Vermiet- und Verleih-Richtlinie). Diese betrifft nach ihrem Art. 3 Abs. 2 ausdrücklich nicht das Vermieten oder Verleihen von Werken der angewandten Kunst.

11

In der Begründung des Gesetzentwurfs vom 21. Dezember 1994 (BTDrucks 13/115, S. 7, 12) wird der Begriff der Verbreitung vorausgesetzt. Er wurde stets weit verstanden als "jede Art des Inverkehrbringens von Werkstücken" (vgl. die Einzelbegründung zu § 17 im Regierungsentwurf des Urheberrechtsgesetzes vom 23. März 1962, BTDrucks IV/270, S. 47 f.). Nach bis zum Erlass der angegriffenen Entscheidung allgemeiner Meinung bedeutete "Inverkehrbringen" im Sinne von § 17 Abs. 1 UrhG jede Handlung, durch die das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werks aus der internen Betriebssphäre der allgemeinen Öffentlichkeit zugeführt werden; dafür sollte jede Besitzüberlassung ausreichen (vgl. BGHZ 113, 159 <160 ff.>; Loewenheim, in: Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, § 17 Rn. 12 m.w.N.). Entsprechend beurteilte etwa das Kammergericht die Ausstattung von Hotelzimmern mit imitierten Le-Corbusier-Möbeln als Verletzung des Verbreitungsrechts und ließ dabei die Frage der bürgerlich-rechtlichen Besitzüberlassung offen (Urteil vom 30. April 1993 - 5 U 2548/91 -, GRUR 1996, S. 968 <969 f.>).

12

b) § 96 UrhG lautet:

13

Verwertungsverbot

14

(1) Rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden.

15

(2) Rechtswidrig veranstaltete Funksendungen dürfen nicht auf Bild- oder Tonträger aufgenommen oder öffentlich wiedergegeben werden.

16

Diese mit Ausnahme der Überschrift wortgleich schon im Urheberrechtsgesetz vom 9. September 1965 (BGBl I S. 1273) enthaltene Vorschrift dient nach der Entwurfsbegründung der Klarstellung, dass derjenige, der aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Erlaubnis zur Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines Werks berechtigt ist, hierzu keine rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungsstücke benutzen darf (vgl. die Einzelbegründung zu § 106, BTDrucks IV/270, S. 103). Als ein Hauptanwendungsfall wurde die Verbreitung von im Ausland rechtmäßig hergestellten und von dort importierten Vervielfältigungen in Deutschland angesehen, deren Herstellung hier rechtswidrig gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 1994 - I ZR 155/90 "Cliff Richard II" -, NJW 1995, S. 868 <870>; Meckel, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 2. Aufl. 2009, § 96 Rn. 1).

17

c) § 97 Abs. 1 UrhG gibt dem Inhaber eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts unter bestimmten Bedingungen einen Unterlassungsanspruch. Die Vorschrift lautet:

18

Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz

19

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. …

20

2. a) § 17 UrhG dient zugleich der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10; im Folgenden: Urheberrechtsrichtlinie). Diese hat ihre Rechtsgrundlage in den Vorschriften über die Rechtskoordinierung und -angleichung im Binnenmarkt (Art. 47 Abs. 2, Art. 55, Art. 95 EG, heute Art. 53 Abs. 1, Art. 62, Art. 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV). Ihr Harmonisierungszweck wird insbesondere in den Erwägungsgründen 1, 3, 4, 6 und 7 angesprochen, während in den Erwägungsgründen 4, 9 bis 12 und 22 das angestrebte hohe Schutzniveau im Bereich des geistigen Eigentums betont wird.

21

Die Urheberrechtsrichtlinie dient, wie sich aus ihrem Erwägungsgrund 15 ergibt, zugleich der Umsetzung zweier völkerrechtlicher Verträge vom 20. Dezember 1996, nämlich des WIPO-Urheberrechtsvertrags (WCT; UNTS Bd. 2186, S. 121; ABl Nr. L 89 [2000], S. 6; BGBl 2003 II S. 754, in Kraft getreten am 6. März 2002, für Deutschland und die Europäische Union am 14. März 2010) und des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträger (WPPT; UNTS Bd. 2186, S. 203; ABl Nr. L 89 [2000], S. 6; BGBl 2003 II S. 754, 770, in Kraft getreten am 20. Mai 2002, für Deutschland und die Europäische Union am 14. März 2010). Ausweislich ihrer Präambeln sollen die Verträge insbesondere die Rechte von Autoren, darbietenden Künstlern und Tonträgerherstellern erhalten und weiterentwickeln.

22

b) Die Urheberrechtsrichtlinie regelt das Verbreitungsrecht in ihrem Artikel 4:

23

Verbreitungsrecht

24

(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten.

25

(2) Das Verbreitungsrecht erschöpft sich in der Gemeinschaft in Bezug auf das Original oder auf Vervielfältigungsstücke eines Werks nur, wenn der Erstverkauf dieses Gegenstands oder eine andere erstmalige Eigentumsübertragung in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung erfolgt.

26

Zur Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie holte der Bundesgerichtshof in einem Parallelverfahren zum hiesigen Ausgangsverfahren mit Beschluss vom 5. Oktober 2006 - I ZR 247/03 - (GRUR 2007, S. 50) eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Europäischer Gerichtshof) gemäß Art. 267 AEUV unter anderem zu der Frage ein, ob von einer Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form auf sonstige Weise auszugehen ist, wenn Dritten der Gebrauch von Werkstücken urheberrechtlich geschützter Werke ermöglicht wird, ohne dass mit der Gebrauchsüberlassung eine Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die Werkstücke verbunden ist. Gegenstand dieses Verfahrens, das ebenfalls die Beschwerdeführerin des vorliegenden Verfahrens eingeleitet hatte, war das Aufstellen in Italien erworbener Imitate von Le-Corbusier-Möbeln zur Benutzung durch Kunden in der Ruhezone eines Kaufhauses und zu Dekorationszwecken in dessen Schaufenstern.

27

In seinem Vorlagebeschluss verwies der Bundesgerichtshof auf seine Rechtsprechung, derzufolge ein Verbreiten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie regelmäßig vorliege, wenn das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werks aus der internen Betriebssphäre durch Überlassung des Eigentums oder des (auch vorübergehenden) Besitzes der Öffentlichkeit zugeführt würden (a.a.O., <51>). Als noch nicht geklärt sah der Bundesgerichtshof die Frage an, ob dies auch gelte, wenn Werkstücke ohne Übertragung des Eigentums oder des Besitzes und damit ohne Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden. Seiner Ansicht nach sei dies aufgrund des Wortlauts von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie und der ein hohes Schutzniveau verlangenden Erwägungsgründe zu bejahen (a.a.O., <52>).

28

Der Europäische Gerichtshof entschied indessen, dass eine Verbreitung im Sinne der Richtlinie nur bei einer Übertragung des Eigentums vorliege (Urteil vom 17. April 2008 - C-456/06 Peek&Cloppenburg/Cassina -, Slg. 2008, S. I-2731, Rn. 41). Zur Begründung führte er aus (Rn. 29 ff.), die Richtlinie präzisiere den Begriff der Verbreitung nicht, er werde aber in Art. 6 Abs. 1 WCT und in Art. 8 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 WPPT definiert. Die Urheberrechtsrichtlinie diene ausweislich ihres Erwägungsgrundes 15 dazu, den Verpflichtungen der Gemeinschaft aus diesen Verträgen nachzukommen, denen zufolge eine Verbreitung nur bei einer Eigentumsübertragung vorliege. Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie sei daher ebenso auszulegen. Diese Schlussfolgerungen würden durch die Erwägungsgründe 9 bis 11 der Richtlinie nicht entkräftet; ein hohes Schutzniveau könne nur in dem vom Gemeinschaftsgesetzgeber geschaffenen Rahmen verwirklicht werden (Rn. 37 ff.).

II.

29

1. Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach italienischem Recht mit Sitz in Italien, produziert Polstermöbel, die nach Entwürfen des 1965 verstorbenen Charles-Édouard Jeanneret-Gris, genannt Le Corbusier, gefertigt sind. Zwischen ihr und der Fondation Le Corbusier in Paris, welche die Rechte des verstorbenen Urhebers wahrnimmt, sowie zwei weiteren Rechtsnachfolgerinnen Le Corbusiers bestehen seit 1965 urheberrechtliche Exklusivverträge für die weltweite Herstellung und den Verkauf bestimmter von Le Corbusier entworfener Möbel. Die Verträge erlauben der Beschwerdeführerin auch das Vorgehen gegen Rechtsverletzungen.

30

Die Beklagte des Ausgangsverfahrens, eine Zigarrenherstellerin, richtete in einer Kunst- und Ausstellungshalle eine Zigarrenlounge ein. Sie erwarb bei einer in Bologna geschäftsansässigen Firma (zugleich Streithelferin der Beklagten im Ausgangsverfahren) Nachbildungen von Sesseln und Sofas der Le-Corbusier-Möbel und stellte diese in der Lounge auf. Urheberrechtliche Nutzungsrechte an den Möbelmodellen sind der Streithelferin nicht eingeräumt.

31

Die Beschwerdeführerin erwirkte beim Landgericht und beim Oberlandesgericht eine Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, von ihr nicht genehmigte Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Le-Corbusier-Möbelmodelle in der Bundesrepublik Deutschland zu verwerten, insbesondere in der genannten Zigarrenlounge aufzustellen und gewerblich zu benutzen. Die Gerichte stützten den Unterlassungsanspruch auf § 97 Abs. 1 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 UrhG und legten dabei einen weiten Begriff der Verbreitung zugrunde. Leitender Grundgedanke sei die tunlichst angemessene Beteiligung des Urhebers am wirtschaftlichen Nutzen seines Werks. Demgemäß solle der Urheber möglichst umfassend an jedem neuen Verwertungsvorgang teilhaben. Eine Besitzübertragung im Sinne von §§ 854 ff. BGB sei dafür nicht erforderlich, die rein tatsächliche Überlassung an die Kunden der Zigarrenlounge genüge.

32

Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Oberlandesgericht erhob die Streithelferin der Beklagten Beschwerde zum Bundesgerichtshof.

33

2. In dem Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde stellte der Bundesgerichtshof die Entscheidung im Hinblick auf das in dem oben genannten Parallelverfahren eingeleitete Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV zunächst zurück.

34

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Parallelverfahren vom 17. April 2008 (a.a.O.) ließ der Bundesgerichtshof die Revision im Ausgangsverfahren zu. Mit dem angegriffenen Urteil vom 22. Januar 2009 (ZUM-RD 2009, S. 531) hob er das Urteil des Oberlandesgerichts auf und wies die Klage unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung ab. Im Parallelverfahren entschied der Bundesgerichtshof in gleicher Weise (Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 247/03 -, GRUR 2009, S. 840).

35

Zur Begründung führte der Bundesgerichtshof aus, der Beschwerdeführerin stehe ein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG nicht zu, denn die Beklagte habe das Verbreitungsrecht im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 UrhG durch das Aufstellen der Möbel nicht verletzt und auch nicht gegen das Verwertungsverbot nach § 96 UrhG verstoßen.

36

a) Da es sich bei dem Verbreitungsrecht nach Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie um harmonisiertes Recht handele, sei § 17 UrhG richtlinienkonform auszulegen. Die Richtlinie begründe insoweit nicht nur einen Mindestschutz, hinter dem die Mitgliedstaaten bei der Bestimmung ihres Schutzniveaus nicht zurückbleiben dürften, sondern stelle eine verbindliche Regelung des Verbreitungsrechts auch im Sinne eines Maximalschutzes dar. Dies folge aus dem Zweck der Richtlinie, unterschiedliche einzelstaatliche Rechtsvorschriften über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte im Interesse der Rechtssicherheit und der Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts anzupassen und ein uneinheitliches Vorgehen der Mitgliedstaaten zu vermeiden. Die zum Teil im Schrifttum vertretene gegenteilige Ansicht stelle darauf ab, dass die Regelungen des Verbreitungsrechts in den WIPO-Verträgen nur Mindestrechte gewährten und es den Vertragsstaaten unbenommen bleibe, über diesen Mindestschutz hinauszugehen. Die sich daraus ergebenden Folgerungen beträfen aber nur die Auslegung der Vorschrift des Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie und damit die vom Europäischen Gerichtshof nunmehr bejahte Frage, ob eine Verbreitung im Sinne dieser Richtlinienbestimmung nur bei einer Übertragung des Eigentums vorliege.

37

Aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelte, dass ein Dritter nicht in das ausschließlich dem Urheber nach § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 UrhG zustehende Verbreitungsrecht eingreife, wenn er Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Modelle von Möbeln der Öffentlichkeit lediglich zum Gebrauch zugänglich mache.

38

b) Die geltend gemachten Ansprüche stünden der Beschwerdeführerin auch nicht wegen Verletzung des Verwertungsverbots aus § 96 Abs. 1 UrhG zu. Nach dieser Vorschrift dürften rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke nicht verbreitet werden. Eine unmittelbare Anwendung des § 96 Abs. 1 UrhG scheide aus, weil der Begriff der Verbreitung demjenigen des § 17 UrhG entspreche und dessen Voraussetzungen nicht vorlägen. Für eine analoge Anwendung fehle es an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs habe der Gemeinschaftsgesetzgeber das Verbreitungsrecht bewusst auf Sachverhalte beschränkt, die mit der Übertragung des Eigentums des Originals des Werks oder eines Vervielfältigungsstücks verbunden seien.

III.

39

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

40

1. Die Beschwerdeführerin hält sich für beschwerdebefugt. Als ausländische juristische Person mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat könne sie ungeachtet Art. 19 Abs. 3 GG auch eine Verletzung ihres Eigentumsgrundrechts rügen. Dabei sei auch ohne Bedeutung, dass sie nicht selbst als Urheberin, sondern nur aufgrund vertraglicher Absprachen mit der Fondation Le Corbusier berechtigt sei.

41

2. Das angegriffene Urteil verletze Art. 14 Abs. 1 GG.

42

a) Die Auslegung von § 17 Abs. 1 UrhG durch den Bundesgerichtshof habe zur Folge, dass der Urheber andere Verbreitungsformen als die Eigentumsübertragung nicht mehr unterbinden könne. Mit der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung dieses Eingriffs habe sich der Bundesgerichtshof nicht befasst, weil er davon ausgegangen sei, europarechtlich an diese Auslegung gebunden zu sein. Dabei habe er übersehen, dass Verbreitungsformen, die nicht in einer Eigentumsübertragung bestehen, von vornherein nicht vom Regelungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie erfasst seien, so dass die Auslegung des nationalen Rechts insoweit durch die Richtlinie nicht determiniert werde. Wollte man dies anders sehen, hätte der Bundesgerichtshof jedenfalls nicht von einem Maximalschutzcharakter der Richtlinie ausgehen dürfen. Die Urheberrechtsrichtlinie regle nur einen Mindestschutz, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 9 bis 12 ergebe. § 17 Abs. 1 UrhG hätte verfassungskonform so ausgelegt werden müssen, dass auch die Besitz- und Gebrauchsüberlassung erfasst würde. Dies entspreche der jahrzehntelangen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (bis zur angegriffenen Entscheidung) und der Obergerichte sowie der Auffassung des deutschen Gesetzgebers.

43

Die Auslegung durch den Bundesgerichtshof führe dazu, dass der Kernbestand des Urheberrechts, nämlich über die Rechte am Werk in eigener Verantwortung verfügen und Dritte von der Nutzung des Werks ausschließen zu können, nicht mehr gewährleistet sei. Die Streithelferin umgehe bewusst das deutsche Urheberrecht, indem sie ihre Plagiate in Italien veräußere und vom Käufer nach Deutschland schaffen lasse. Die Gebrauchs- oder Besitzüberlassung in Deutschland werde damit zum einzigen Rechtsakt, auf den der Urheber Zugriff habe oder nach bisheriger Rechtsprechung gehabt habe.

44

b) Die Argumentation des Bundesgerichtshofs sei auch im Hinblick auf § 96 UrhG nicht tragfähig. Die Vorschrift bezwecke gerade, dass kein Dritter das Ergebnis einer rechtswidrigen Handlung für sich ausnutzen könne. Der Bundesgerichtshof dürfe nicht auf den Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers abstellen, denn § 96 UrhG sei nicht gemeinschaftsrechtlich harmonisiert.

45

3. Weiter verletze das Urteil das Recht der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen Richter. Die Vorlagefragen im Parallelverfahren seien unzureichend gewesen. Nach deren Beantwortung habe der Bundesgerichtshof die Sache erneut dem Europäischen Gerichtshof vorlegen und fragen müssen, ob der Gebrauch von Werkstücken urheberrechtlich geschützter Werke ohne Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt überhaupt in den Anwendungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie falle. Bei Verneinung dieser Frage hätte es keine gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Auslegung der "Verbreitung" im Sinne von § 17 Abs. 1 UrhG gegeben. Ebenso zwingend sei eine Vorlage der Frage gewesen, ob Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie einen Mindest- oder zugleich einen Maximalschutz definiere. Der Bundesgerichtshof beantworte diese entscheidungserhebliche Frage hingegen selbst. Die fehlende Vorlage an den Europäischen Gerichtshof sei offensichtlich unhaltbar, weil eine mögliche Gegenauffassung der vertretenen Meinung eindeutig vorzuziehen sei; die Literatur gehe einhellig von einem bloßen Mindestschutzcharakter aus, was der Bundesgerichtshof durchaus erkannt habe.

IV.

46

Die Streithelferin der Beklagten und die Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. (GRUR) haben zur Verfassungsbeschwerde Stellungnahmen abgegeben (letztere abgedruckt in GRUR 2010, S. 698).

47

1. Nach Auffassung der Streithelferin auf Beklagtenseite, der Herstellerin der Möbelnachbildungen, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil die Beschwerdeführerin nicht beschwerdebefugt sei. Der urheberrechtliche Exklusivvertrag beschränke sich auf die Rechte auf Herstellung und Verkauf der Möbel. Die Beschwerdeführerin könne sich zudem als ausländische juristische Person nicht auf eine Verletzung des deutschen Eigentumsgrundrechts stützen. Die Verletzung solle aus einer richtlinienkonformen Auslegung des deutschen Urheberrechts herrühren; die Richtlinie sei aber allein vom Europäischen Gerichtshof an Grundrechten des Unionsrechts zu messen.

48

Aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 17. April 2008 (a.a.O.) gehe hervor, dass er von einem voll harmonisierten Verbreitungsbegriff ausgehe. Durch die Definition des Verbreitungsbegriffs würden lediglich Inhalt und Schranken des Eigentums in zulässiger Weise bestimmt.

49

2. Der Stellungnahme der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht zufolge ist die aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17. April 2008 vom Bundesgerichtshof gezogene Schlussfolgerung, die Urheberrechtsrichtlinie regle einen Maximalschutz, nicht zwingend. Auch bei vollständiger Harmonisierung des Verbreitungsrechts seien die Mitgliedstaaten nicht gehindert, weitere Ausschließlichkeitsrechte zu gewähren.

50

Eine Lücke im Schutz des Urheberrechts bestehe aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs allerdings nur in den Fällen, in denen im Ausland schutzfrei hergestellte Werkexemplare erworben und diese im Inland ohne Eigentumsübergang genutzt würden, ohne dass das ausschließliche Vermietrecht eingreife (was bei Werken der angewandten Kunst der Fall sei, § 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UrhG). Demgegenüber erfasse das Verbreitungsrecht nach wie vor, auch bei angewandter Kunst, den Fall, dass im Ausland erworbene Werkexemplare im Inland weiterveräußert würden.

B.

51

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

I.

52

Das angegriffene Urteil des Bundesgerichtshofs ist, auch soweit es Rechtsvorschriften betrifft, die Unionsrecht in deutsches Recht umsetzen, als eine Maßnahme der deutschen öffentlichen Gewalt tauglicher Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde im Sinne von § 90 Abs. 1 BVerfGG (vgl. BVerfGE 126, 286 <298 f.>).

53

Zwar übt das Bundesverfassungsgericht seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von Unionsrecht, das als Grundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, grundsätzlich nicht aus und überprüft dieses Recht nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union, auch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <162 f.>; 125, 260 <306>). Dies gilt auch für innerstaatliche Rechtsvorschriften, die zwingende Vorgaben einer Richtlinie in deutsches Recht umsetzen. Verfassungsbeschwerden, die sich gegen die Anwendung unionsrechtlich vollständig determinierter Bestimmungen des nationalen Rechts richten, sind grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfGE 125, 260 <306>).

54

Diese Grundsätze stehen einer Überprüfung des angegriffenen Urteils jedoch nicht entgegen. Wird wie hier die Verfassungsbeschwerde gegen eine Gerichtsentscheidung darauf gestützt, dass ein Gericht bei der Auslegung nationalen Umsetzungsrechts einen den Mitgliedstaaten verbleibenden Umsetzungsspielraum verkannt habe, beruft sich der Beschwerdeführer auf eine Verletzung deutscher Grundrechte im Bereich des unionsrechtlich nicht vollständig determinierten Rechts. Insoweit kann er auch geltend machen, das Gericht habe sich zu Unrecht durch Unionsrecht gebunden gesehen.

II.

55

Die Beschwerdeführerin ist gemäß § 90 Abs. 1 BVerfGG beschwerdefähig und -befugt. Für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde reicht es aus, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung eines für ihn verfassungsbeschwerdefähigen Rechts aufzeigt (vgl. BVerfGE 125, 39 <73> m.w.N.).

56

1. a) Art. 19 Abs. 3 GG steht der Beschwerdefähigkeit für die Rüge einer Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG nicht entgegen.

57

In seiner bisherigen Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht die Geltung der materiellen Grundrechte allgemein für ausländische juristische Personen unter Berufung auf den Wortlaut des Art. 19 Abs. 3 GG zwar abgelehnt (vgl. BVerfGE 21, 207 <208 f.>; 23, 229 <236>; 100, 313 <364>). Neuere Kammerbeschlüsse haben hingegen offen gelassen, ob diese Rechtsprechung auch auf juristische Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden ist (vgl. Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 2. April 2004 - 1 BvR 1620/03 -, NJW 2004, S. 3031, und vom 27. Dezember 2007 - 1 BvR 853/06 -, NVwZ 2008, S. 670 f.). Angesichts der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote in ihrer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - verb. Rs. C-92/92 und C-326/92 Phil Collins -, Slg. 1993, S. I-5145, Rn. 30 ff., 35; Urteil vom 5. November 2002 - C-208/00 Überseering -, Slg. 2002, S. I-9919, Rn. 76 ff.) erscheint es jedenfalls möglich, dass die Beschwerdeführerin mit Sitz in Italien Trägerin des Grundrechts auf Eigentum ist.

58

b) Der Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihr Eigentumsgrundrecht lässt sich nicht entgegenhalten, dass sie nicht selbst Urheberin der Möbelmodelle ist, sondern mit den Rechtsnachfolgern von Le Corbusier Exklusivverträge über die Herstellung und Vermarktung der Möbelmodelle Le Corbusiers geschlossen hat. Die Beschwerdeführerin ist dadurch in deren durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Schutzrechte des geistigen Eigentums eingerückt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. Mai 2000 - 1 BvR 1864/95 -, GRUR 2001, S. 43). Demgegenüber handelt es sich nicht um den Fall einer grundsätzlich unzulässigen Prozessstandschaft, bei der fremde Rechte im eigenen Namen geltend gemacht werden (vgl. BVerfGE 25, 256 <263>; 31, 275 <280>; 56, 296 <297>).

59

2. Die Beschwerdefähigkeit und -befugnis im Hinblick auf die Rüge einer Entziehung des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sind gegeben. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, da die Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG jedem zustehen können, gleichgültig ob er eine natürliche oder juristische, eine inländische oder ausländische Person ist (vgl. BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 64, 1 <11>).

III.

60

Die Beschwerdeführerin ist bezüglich der Rüge eines Entzugs des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auch dem Grundsatz der Subsidiarität gerecht geworden.

61

1. Der Beschwerdeführer einer Verfassungsbeschwerde muss, über die bloße formelle Erschöpfung des Rechtswegs hinaus, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60>; stRspr). Die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens sind allerdings grundsätzlich nicht gehalten, Rechtsausführungen zu machen, sofern nicht das einfache Verfahrensrecht rechtliche Darlegungen verlangt. Dementsprechend obliegt es dem Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren einer Verfassungsbeschwerde lediglich, den Sachverhalt so darzulegen, dass eine verfassungsrechtliche Prüfung möglich ist; diese ist dann von den Gerichten vorzunehmen. Der Beschwerdeführer muss das fachgerichtliche Verfahren nicht im Sinne eines vorgezogenen Verfassungsrechtsstreits führen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60 ff.>).

62

Etwas anderes kann in Fällen gelten, in denen bei verständiger Einschätzung der Rechtslage und der jeweiligen verfahrensrechtlichen Situation ein Begehren nur Aussicht auf Erfolg haben kann, wenn verfassungsrechtliche Erwägungen in das fachgerichtliche Verfahren eingeführt werden (vgl. BVerfGE 112, 50 <62>). Weiter ist zu beachten, dass die Rüge der Verletzung von Verfahrensgrundrechten, insbesondere Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG, nicht mehr im Verfahren der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden kann, wenn nicht zuvor alle Mittel des Prozessrechts genutzt wurden, um diesen Verstoß zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 95, 96 <127>; 112, 50 <62>). Das bedeutet insbesondere, dass von der Rechtsordnung eröffnete Rechtsbehelfe in zulässiger Weise ergriffen werden müssen (vgl. BVerfGE 95, 96 <127>).

63

Die Beachtung der hieraus folgenden Anforderungen muss der Beschwerdeführer, wenn sie nicht offensichtlich gewahrt sind, in seiner Verfassungsbeschwerde gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG substantiiert darlegen (vgl. BVerfGK 4, 102 <103 f.>).

64

2. Im Rahmen einer Rüge der Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erstreckt sich die damit umschriebene Obliegenheit des Beschwerdeführers regelmäßig darauf, durch entsprechende Anträge oder Anregungen an das Fachgericht eine Befassung des gesetzlichen Richters zu erreichen.

65

Handelt es sich beim gesetzlichen Richter um den Europäischen Gerichtshof, ist ein entsprechender Antrag der Beteiligten auf Vorlage allerdings nicht vorgesehen, vielmehr ist ein letztinstanzliches nationales Gericht unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV von Amts wegen gehalten, den Europäischen Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>). Es genügt daher dem Grundsatz der Subsidiarität, wenn das Vorbringen bei rechtlicher Prüfung durch das Fachgericht eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof als naheliegend erscheinen lässt.

66

3. Danach hat die Beschwerdeführerin die Rüge eines Entzugs des gesetzlichen Richters zulässig erhoben. Sie hat dem Bundesgerichtshof ein Gutachten unter anderem zur Frage der Voll- oder Teilharmonisierung des Verbreitungsrechts durch Art. 4 der Urheberrechtsrichtlinie vorgelegt und damit den sich aus dem Grundsatz der Subsidiarität ergebenden Anforderungen noch Genüge getan. Das Gutachten gab dem Bundesgerichtshof hinreichenden Anlass, die Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsverfahrens selbst zu klären.

C.

67

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet. Zwar kann sich die Beschwerdeführerin darauf stützen, Trägerin von Grundrechten des Grundgesetzes einschließlich des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG zu sein (I.). Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG durch das angegriffene Urteil lässt sich jedoch nicht feststellen (II.). Das Urteil verletzt die Beschwerdeführerin auch nicht in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (III.).

I.

68

Die Beschwerdeführerin als juristische Person mit Sitz in Italien ist Trägerin von Grundrechten des Grundgesetzes. Die Erstreckung der Grundrechtsberechtigung auf juristische Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union stellt eine aufgrund des Anwendungsvorrangs der Grundfreiheiten im Binnenmarkt (Art. 26 Abs. 2 AEUV) und des allgemeinen Diskriminierungsverbots wegen der Staatsangehörigkeit (Art. 18 AEUV) vertraglich veranlasste Anwendungserweiterung des deutschen Grundrechtsschutzes dar.

69

1. Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Die "wesensmäßige Anwendbarkeit" ist bei den hier als verletzt gerügten Grundrechten ohne weiteres gegeben (vgl. zu Art. 14 Abs. 1 GG: BVerfGE 4, 7<17>; 23, 153 <163>; 35, 348 <360>; 53, 336 <345>; 66, 116 <130>; zu den Prozessgrundrechten: BVerfGE 3, 359 <363>; 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 19, 52 <55 f.>; 64, 1 <11>; 75, 192 <200>).

70

a) Demgegenüber hat der Senat bislang entschieden, dass sich ausländische juristische Personen auf materielle Grundrechte - anders als auf prozessuale Grundrechte wie Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 21, 362 <373>; 64, 1 <11>) - nicht berufen können. Zur Begründung hat er auf Wortlaut und Sinn von Art. 19 Abs. 3 GG verwiesen, die eine entsprechende ausdehnende Auslegung verböten (vgl. BVerfGE 21, 207 <208 f.>; 23, 229 <236>; 100, 313 <364>). In anderen Entscheidungen haben beide Senate des Bundesverfassungsgerichts die Grundrechtsberechtigung ausländischer juristischer Personen ausdrücklich dahingestellt (vgl. allgemein BVerfGE 12, 6 <8>; 34, 338 <340>; 64, 1 <11>; sowie BVerfGE 18, 441 <447> hinsichtlich Art. 14 Abs. 1 GG).

71

Mit der spezielleren Frage, ob ausländische juristische Personen, die ihren Sitz in der Europäischen Union haben, Träger materieller Grundrechte des Grundgesetzes sein können, hat sich das Bundesverfassungsgericht hingegen bislang nicht näher befasst. Allerdings wurde in einer Entscheidung aus dem Jahr 1968 die Verfassungsbeschwerde einer Vereinigung französischen Rechts mit Sitz in Frankreich ohne weitere Begründung für unzulässig erklärt (BVerfGE 23, 229 <236>); in der Entscheidung aus dem Jahr 1973 zu einer französischen Handelsgesellschaft blieb deren Grundrechtsfähigkeit ausdrücklich dahingestellt (BVerfGE 34, 338 <340>). In der Literatur ist die Frage umstritten (vgl. befürwortend Drathen, Deutschengrundrechte im Lichte des Gemeinschaftsrechts, 1994; H. Dreier, in: ders., GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 19 Abs. 3 Rn. 20 f., 83 f.; Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 19 Abs. 3 Rn. 305 ff.; Kotzur, DÖV 2001, S. 192 <195 ff.>; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 3 Rn. 93 ff. ; ablehnend Bethge, Die Grundrechtsberechtigung juristischer Personen nach Art. 19 Abs. 3 Grundgesetz, 1985, S. 46 ff.; Quaritsch, in: Isensee/Kirchhof, HStR V, 2. Aufl. 2000, § 120 Rn. 36 ff.; v. Mutius, in: Bonner Kommentar zum GG 1975, Art. 19 Abs. 3 Rn. 50, 52; Weinzierl, Europäisierung des deutschen Grundrechtsschutzes?, 2006).

72

b) Nach dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte "für inländische juristische Personen". Wegen der Beschränkung auf inländische juristische Personen lässt sich eine Anwendungserweiterung nicht mit dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 3 GG begründen. Es würde die Wortlautgrenze übersteigen, wollte man seine unionsrechtskonforme Auslegung auf eine Deutung des Merkmals "inländische" als "deutsche einschließlich europäische" juristische Personen stützen. Auch wenn das Territorium der Mitgliedstaaten der Europäischen Union angesichts des ihren Bürgern gewährleisteten Raumes "der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen" mit freiem Personenverkehr (Art. 3 Abs. 2 EUV) nicht mehr "Ausland" im klassischen Sinne sein mag, wird es dadurch nicht zum "Inland" im Sinne der territorialen Gebietshoheit (vgl. BVerfGE 123, 267 <402 f.>).

73

Der Vorschrift lag jedoch kein Wille des Verfassungsgebers zugrunde, eine Berufung auf die Grundrechte auch seitens juristischer Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union dauerhaft auszuschließen. Der Allgemeine Redaktionsausschuss des Parlamentarischen Rats kam in einem Entwurf eines Art. 20a GG, der dem heutigen Art. 19 Abs. 3 GG entsprach, zu dem Schluss, es "dürfte kein Anlass bestehen, auch ausländischen juristischen Personen den verfassungsmäßigen Schutz der Grundrechte zu gewähren" (Parlamentarischer Rat, Drucks. 370 vom 13. Dezember 1948). Aus diesem Grund hatte der Vorsitzende des Ausschusses für Grundsatzfragen, v. Mangoldt, vorgeschlagen, das Wort "inländische" einzufügen, womit sich der Ausschuss einverstanden erklärte (Kurzprotokoll der 32. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen, Drucks. 578 vom 11. Januar 1949, S. 10).

74

In den Jahren 1948/49 stand die Entwicklung eines gemeinsamen Europas noch am Anfang. Seitdem hat die Europäische Union zunehmend Gestalt angenommen und ist heute als hochintegrierter "Staatenverbund" (BVerfGE 123, 267 <348>) ausgestaltet, an dem die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 23 Abs. 1 GG mitwirkt. Die Anwendungserweiterung von Art. 19 Abs. 3 GG nimmt diese Entwicklung auf.

75

2. Die Anwendungserweiterung des Grundrechtsschutzes auf juristische Personen aus der Europäischen Union entspricht den durch die europäischen Verträge übernommenen vertraglichen Verpflichtungen, wie sie insbesondere in den europäischen Grundfreiheiten und - subsidiär - dem allgemeinen Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV zum Ausdruck kommen. Die Grundfreiheiten und das allgemeine Diskriminierungsverbot stehen im Anwendungsbereich des Unionsrechts einer Ungleichbehandlung in- und ausländischer Unternehmen aus der Europäischen Union entgegen und drängen insoweit die in Art. 19 Abs. 3 GG vorgesehene Beschränkung der Grundrechtserstreckung auf inländische juristische Personen zurück.

76

a) Das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ist seit 1957 in den europäischen Verträgen verankert und wurde im Lissabonner Vertrag unverändert in Art. 18 AEUV übernommen. Es ist ein Grundprinzip des Unionsrechts (EuGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 - C-115/08 Österreich/ČEZ -, EuZW 2010, S. 26, Rn. 89; vgl. schon H. P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 592), das in den Grundfreiheiten weiter ausgestaltet wird. Das Diskriminierungsverbot gehört zum Kernbestand der Unionsbürgerschaft und ist unmittelbar vor mitgliedstaatlichen Gerichten anwendbar; es begünstigt neben natürlichen auch juristische Personen (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - Phil Collins -, a.a.O., Rn. 30 ff.). Das allgemeine und die speziellen Diskriminierungsverbote verpflichten die Mitgliedstaaten und alle ihre Organe und Stellen, juristische Personen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat auch im Hinblick auf den zu erlangenden Rechtsschutz Inländern gleichzustellen. In einem Vorabentscheidungsverfahren auf Vorlage des Bundesgerichtshofs hat der Europäische Gerichtshof bereits entschieden, dass die europarechtliche Niederlassungsfreiheit eine nichtdiskriminierende Beurteilung der Rechts- und damit Parteifähigkeit vor deutschen Zivilgerichten verlangt (Urteil vom 5. November 2002 - Überseering -, a.a.O., Rn. 76 ff.).

77

b) Eine Anwendungserweiterung erübrigt sich nicht, weil ein gleichwertiger Schutz der Beschwerdeführerin anderweitig gesichert wäre. Zwar können sich juristische Personen mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat in fachgerichtlichen Verfahren ohnehin auf die unmittelbare Geltung des primären Unionsrechts stützen und bleiben somit auch ohne Berufung auf die deutschen Grundrechte nicht ohne Rechtsschutz. Für einen gleichwertigen Schutz im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote reicht es jedoch nicht aus, wenn ausländische juristische Personen zwar im fachgerichtlichen Verfahren auf eine materielle Gleichstellung mit inländischen juristischen Personen hinwirken, ihre Rechte aber gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG mangels Grundrechtsträgerschaft nicht auch mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts durchsetzen können.

78

c) Ein Eingreifen der aus den Grundfreiheiten und Art. 18 AEUV abgeleiteten unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote setzt voraus, dass die betroffenen juristischen Personen aus der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Unionsrechts tätig werden. Der Anwendungsbereich der Verträge richtet sich insoweit nach dem jeweiligen Stand des Primär- und Sekundärrechts der Europäischen Union und damit nach den ihr in den europäischen Verträgen übertragenen Hoheitsrechten (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EUV, vgl. BVerfGE 123, 267 <349 ff.>; 126, 286 <302>). Insbesondere ist er bei der Verwirklichung der Grundfreiheiten des Vertrags und dem Vollzug des Unionsrechts eröffnet. Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin, die sich unter anderem auf unionsrechtlich (teil-)harmonisiertes Urheberrecht beruft, welches durch wirtschaftliche Aktivitäten in Deutschland verletzt worden sein soll, fällt in den Anwendungsbereich der Verträge in diesem Sinne (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - Phil Collins -, a.a.O., Rn. 22, 27; Urteil vom 6. Juni 2002 - C-360/00 Ricordi -, Slg. 2002, S. I-5088, Rn. 24).

79

d) Durch die Anwendungserweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG werden juristische Personen mit einem Sitz im EU-Ausland ebenso behandelt wie inländische juristische Personen. Dies impliziert umgekehrt, dass EU-Ausländern die gleichen Vorschriften der Verfassung wie inländischen juristischen Personen entgegengehalten werden können. Voraussetzung der Berufungsmöglichkeit auf die Grundrechte ist demnach ein hinreichender Inlandsbezug der ausländischen juristischen Person, der die Geltung der Grundrechte in gleicher Weise wie für inländische juristische Personen geboten erscheinen lässt. Dies wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn die ausländische juristische Person in Deutschland tätig wird und hier vor den Fachgerichten klagen und verklagt werden kann (so der Sache nach zu den Prozessgrundrechten bereits BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>).

80

e) Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof durch das Bundesverfassungsgericht bedarf es nicht. Die nationalen Gerichte sind selbst dazu befugt, eine unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts vorzunehmen. Die richtige Auslegung der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote ist hier so offenkundig, dass keinerlei Raum für vernünftige Zweifel bleibt ("acte clair"; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 C.I.L.F.I.T. -, Slg. 1982, S. 3415, Rn. 16).

81

3. Die Anwendungserweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG auf juristische Personen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union reagiert auf die europäische Vertrags- und Rechtsentwicklung und vermeidet eine Kollision mit dem Unionsrecht. Die Bundesrepublik Deutschland ist an Art. 18 AEUV und die sich aus den Grundfreiheiten ergebenden Diskriminierungsverbote einschließlich ihres Anwendungsvorrangs vor nationalem Recht (vgl. BVerfGE 126, 286 <301 f.>) gebunden. Die Anwendungserweiterung beachtet den Grundsatz, dass das supranational begründete Recht der Europäischen Union keine rechtsvernichtende, derogierende Wirkung gegenüber dem mitgliedstaatlichen Recht entfaltet, sondern nur dessen Anwendung soweit zurückdrängt, wie es die Verträge erfordern und es die durch das Zustimmungsgesetz erteilten Rechtsanwendungsbefehle erlauben. Mitgliedstaatliches Recht wird insoweit lediglich unanwendbar (vgl. BVerfGE 123, 267 <398 ff.>; 126, 286 <301 f.>). Die europarechtlichen Vorschriften verdrängen Art. 19 Abs. 3 GG nicht, sondern veranlassen lediglich die Erstreckung des Grundrechtsschutzes auf weitere Rechtssubjekte des Binnenmarkts. Art. 23 Abs. 1 Satz 2, 3 GG erlaubt, unter Wahrung der in Art. 79 Abs. 2, 3 GG genannten Voraussetzungen Hoheitsgewalt auch insoweit auf die Europäische Union zu übertragen, als dadurch die Reichweite der Gewährleistungen des Grundgesetzes geändert oder ergänzt wird, ohne dass dabei das Zitiergebot des Art. 79 Abs. 1 Satz 1 GG eingreift (vgl. Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission vom 5. November 1993, BTDrucks 12/6000, S. 21; Pernice, in: H. Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 23 Rn. 87; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Oktober 2009, Art. 23 Rn. 115). Mit der vertraglichen Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland zu den Vorläuferregelungen zu Art. 18 AEUV und zu den Grundfreiheiten wurde unter Wahrung der Grenzen des Art. 79 Abs. 2, 3 GG auch der Anwendungsvorrang der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote mit der von Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG geforderten Mehrheit gebilligt (vgl. BVerfGE 126, 286 <302>). Dies wirkt sich auch auf den Anwendungsbereich der Grundrechte aus, sofern eine Erstreckung der Grundrechtsgeltung auf juristische Personen aus der Europäischen Union veranlasst ist, um im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote eine Ungleichbehandlung hinsichtlich der Grundrechtsträgerschaft zu vermeiden. Die einzelnen Grundrechte des Grundgesetzes verändern sich durch die Erweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG jedoch nicht.

82

4. Die dem Bundesverfassungsgericht aufgegebene Kontrolle des europäischen Rechts auf Erhaltung der Identität der nationalen Verfassung, auf Einhaltung der nach dem System der begrenzten Einzelermächtigung überlassenen Kompetenzen und der Gewährleistung eines im Wesentlichen dem deutschen Grundrechtsschutz gleichkommenden Schutzniveaus bleibt erhalten. Die Identität der Verfassung (vgl. BVerfGE 123, 267 <354, 398 ff.>; 126, 286 <302 f.>) wird durch die Erweiterung der Anwendung des Art. 19 Abs. 3 GG offensichtlich nicht berührt.

II.

83

Art. 14 Abs. 1 GG ist durch das angegriffene Urteil nicht verletzt. Zwar unterfällt das Urheberrecht der Beschwerdeführerin dem verfassungsmäßigen Recht am Eigentum (1.), welches die Gerichte bei der Auslegung nationalen Rechts zu beachten haben, soweit das europäische Recht hierbei Auslegungsspielräume lässt (2.). Die richtlinienkonforme Auslegung der streitentscheidenden Vorschriften der §§ 17, 96 UrhG durch den Bundesgerichtshof ist aber mit dem Grundgesetz vereinbar (3.).

84

1. Das in §§ 17, 96 UrhG gesetzlich ausgestaltete Recht des Urhebers, die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken seines Werks zu kontrollieren, stellt Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG dar. Nach diesen Vorschriften kommen auch Urheber angewandter Kunst in den Genuss dieses Rechts, soweit das Design die erforderliche Gestaltungshöhe besitzt. Dies ist hier unstreitig der Fall.

85

Zu den konstituierenden Merkmalen des Urheberrechts als Eigentum im Sinne der Verfassung gehören die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege privatrechtlicher Normierung sowie seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen zu können. Im Einzelnen ist es Sache des Gesetzgebers, im Rahmen der inhaltlichen Ausgestaltung des Urheberrechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte Maßstäbe festzulegen, die eine der Natur und der sozialen Bedeutung des Rechts entsprechende Nutzung und angemessene Verwertung sicherstellen (vgl. BVerfGE 31, 229 <240 f.>; 79, 1 <25>). Dabei hat der Gesetzgeber einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsraum (vgl. BVerfGE 21, 73 <83>; 79, 1 <25>; 79, 29 <40>). Die Eigentumsgarantie gebietet nicht, dem Urheber jede nur denkbare wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit zuzuordnen (vgl. BVerfGE 31, 248 <252>; 31, 275 <287>).

86

2. a) Die Zivilgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Urheberrechts die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten und müssen die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den Eigentumsschutz der Urheber ebenso wie etwaige damit konkurrierende Grundrechtspositionen beachtet und unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen vermeidet (vgl. BVerfGE 89, 1 <9>). Sind bei der gerichtlichen Auslegung und Anwendung einfachrechtlicher Normen mehrere Deutungen möglich, so verdient diejenige den Vorzug, die den Wertentscheidungen der Verfassung entspricht (vgl. BVerfGE 8, 210 <221>; 88, 145 <166>) und die die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung bringt. Der Einfluss der Grundrechte auf die Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Normen ist nicht auf Generalklauseln beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle auslegungsfähigen und -bedürftigen Tatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften (vgl. BVerfGE 112, 332 <358> m.w.N.).

87

Wie etwa im Mietrecht und im Arbeitsrecht ist es allerdings auch in urheberrechtlichen Streitigkeiten regelmäßig nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, den Zivilgerichten vorzugeben, wie sie im Ergebnis zu entscheiden haben (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2760/08 -, GRUR 2011, S. 223, Rn. 19 m.w.N.). Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist vielmehr erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Eigentumsgarantie, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind, insbesondere weil darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet (vgl. BVerfGE 89, 1 <9 f.>; 95, 28 <37>; 97, 391 <401>; 112, 332 <358 f.>).

88

b) Ein Grundrechtsverstoß liegt insbesondere auch dann vor, wenn das Zivilgericht den grundrechtlichen Einfluss überhaupt nicht berücksichtigt oder unzutreffend eingeschätzt hat und die Entscheidung auf der Verkennung des Grundrechtseinflusses beruht (vgl. BVerfGE 97, 391 <401>). Dies kann der Fall sein, wenn sich ein Gericht in der Annahme, an vermeintlich zwingendes Unionsrecht gebunden zu sein, an der Berücksichtigung der Grundrechte des Grundgesetzes gehindert sieht. Lässt das Unionsrecht den Mitgliedstaaten einen Umsetzungsspielraum, ist dieser grundgesetzkonform auszufüllen (vgl. BVerfGE 113, 273 <300 ff.>). Die Fachgerichte müssen den Einfluss der Grundrechte bei der Auslegung zivilrechtlicher Vorschriften des nationalen Rechts, die unionsrechtlich nicht oder nicht vollständig determiniert sind, zur Geltung bringen (vgl. BVerfGE 118, 79 <95 ff.>).

89

Ob ein Umsetzungsspielraum besteht, ist durch Auslegung des dem nationalen Umsetzungsrecht zugrunde liegenden Unionsrechts, insbesondere also der umgesetzten Richtlinien zu ermitteln. Die Auslegung unionsrechtlicher Sekundärrechtsakte obliegt auf nationaler Ebene zuvörderst den Fachgerichten. Diese haben dabei gegebenenfalls die Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV - auch in Bezug auf den Schutz der Grundrechte - in Betracht zu ziehen.

90

Halten die Fachgerichte eine vollständige Bindung durch das Unionsrecht ohne Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof für eindeutig, unterliegt dies der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Hierbei ist es nicht auf eine bloße Willkürkontrolle beschränkt. Denn mit der Feststellung oder Verneinung eines unionsrechtlichen Umsetzungsspielraums wird zunächst durch die Fachgerichte darüber entschieden, ob Grundrechte des Grundgesetzes berücksichtigt werden müssen und ob das Bundesverfassungsgericht nach seiner Rechtsprechung die Überprüfung nationaler Umsetzungsakte am Maßstab des Grundgesetzes zurücknimmt, solange die Europäische Union einschließlich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs einen wirksamen Schutz der Grundrechte gewährleisten, der nach Inhalt und Wirksamkeit dem Grundrechtsschutz, wie er nach dem Grundgesetz unabdingbar ist, im Wesentlichen gleichkommt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <161>; 123, 267 <335>).

91

c) Fehlt es an einem mitgliedstaatlichen Umsetzungsspielraum, muss das Fachgericht das anwendbare Unionsrecht bei gegebenem Anlass auf seine Vereinbarkeit mit den Unionsgrundrechten prüfen und, wenn erforderlich, ein Vorab-entscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV einleiten (vgl. BVerfGE 118, 79 <97>). Dasselbe gilt, wenn das Unionsrecht, einschließlich der europäischen Grundrechte (vgl. Art. 6 EUV in Verbindung mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten), bislang ungeklärte Auslegungsfragen aufwirft. Eine Vorlage kann aus grundrechtlicher Sicht insbesondere dann erforderlich sein, wenn das Gericht Zweifel an der Übereinstimmung eines europäischen Rechtsakts oder einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs mit den Grundrechten des Unionsrechts, die einen den Grundrechten des Grundgesetzes entsprechenden Grundrechtsschutz gewährleisten, hat oder haben muss.

92

3. Ein Verstoß des angegriffenen Urteils gegen die Eigentumsfreiheit der Beschwerdeführerin gemäß Art. 14 Abs. 1 GG lässt sich nach diesen Maßstäben nicht feststellen. Die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Urheberrechtsricht-linie in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof lasse keinen Spielraum für die Einbeziehung der bloßen Gebrauchsüberlassung nachgeahmter Möbelstücke in den Schutz des Verbreitungsrechts nach § 17 Abs. 1 UrhG (a) und § 96 Abs. 1 UrhG (b), ist unter diesen Umständen von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Bedeutung und Tragweite der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG sind damit nicht verkannt.

93

a) Zur Harmonisierung des Verbreitungsrechts durch die Urheberrechtsrichtlinie werden verschiedene Auffassungen vertreten (vgl. die Nachweise im angegriffenen Urteil, a.a.O., Rn. 13 f., sowie Goldmann/Möller, GRUR 2009, S. 551 <554 f.>; v. Lewinski, in: Hilty/Drexl/Nordemann, Festschrift für Loewenheim, 2009, S. 175 <180 ff.>; Schulze, GRUR 2009, S. 812 <813 f.>; vgl. auch die Stellungnahme der GRUR im vorliegenden Verfahren, a.a.O.). Der Bundesgerichtshof verweist zutreffend darauf, dass § 17 UrhG richtlinienkonform auszulegen ist. Er durfte von Verfassungs wegen davon ausgehen, dass die Annahme einer bloßen Teilharmonisierung mit dem Harmonisierungszweck der Richtlinie, wie er insbesondere in den Erwägungsgründen 1, 4, 6, 7 niedergelegt ist, und der Warenverkehrsfreiheit des Unionsrechts unvereinbar wäre. Der Europäische Gerichtshof hat im Parallelverfahren etwaige Umsetzungsspielräume nicht erwähnt und Erweiterungen des Verbreitungsbegriffs ausdrücklich dem Unionsgesetzgeber vorbehalten (Urteil vom 17. April 2008, a.a.O., Rn. 37 ff.). Die Generalanwältin hatte sich für eine Auslegung im Sinne eines abschließenden Verbreitungsbegriffs zudem auf die Notwendigkeit des Schutzes der unionsrechtlichen Warenverkehrsfreiheit aus Art. 28 EG (jetzt Art. 34 AEUV) gestützt (Schlussanträge vom 17. Januar 2008, Slg. 2008, S. I-2731, Rn. 33 ff.). Der Bundesgerichtshof konnte demnach davon ausgehen, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ihm keinen Auslegungsspielraum lässt, um im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung von § 17 UrhG den in der Richtlinie vorgesehenen Schutz des Verbreitungsrechts zu überschreiten. Damit hat der Bundesgerichtshof die Frage des Umsetzungsspielraums aufgeworfen und ohne Verfassungsverstoß unter Beachtung des Unionsrechts und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs beantwortet.

94

b) Der Bundesgerichtshof konnte auch den Verbreitungsbegriff in § 96 UrhG mit § 17 UrhG übereinstimmend auslegen sowie davon ausgehen, dass er mittelbar ebenfalls von der Harmonisierung durch Art. 4 der Urheberrechtsrichtlinie erfasst wird und demnach kein Spielraum für eine verfassungskonforme Auslegung blieb. Dass sich die Verbreitungsbegriffe der §§ 17, 96 UrhG entsprechen, steht im Einklang mit der allgemeinen Meinung (vgl. nur Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 96 Rn. 9).

III.

95

Das angegriffene Urteil entzieht die Beschwerdeführerin nicht ihrem gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).

96

1. Der Europäische Gerichtshof ist gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das nationale Gericht ist unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV von Amts wegen gehalten, den Europäischen Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>).

97

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muss ein nationales letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, "dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende gemeinschaftsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt" (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 21). Die Entscheidungserheblichkeit der europarechtlichen Frage für den Ausgangsrechtsstreit hingegen beurteilt allein das nationale Gericht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 10; Urteil vom 27. Juni 1991 - C-348/89 Mecanarte -, Slg. 1991, S. I-3277, Rn. 47; BVerfGE 82, 159 <194>).

98

Das Bundesverfassungsgericht überprüft allerdings nur, ob die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 82, 159 <194 ff.>; 126, 286 <315 ff.>). Die Vorlagepflicht wird insbesondere in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht), oder in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft). Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Gemeinschaftsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit, so wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (Unvollständigkeit der Rechtsprechung; vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>). Dabei kommt es für die Prüfung einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht in erster Linie auf die Vertretbarkeit der fachgerichtlichen Auslegung des für den Streitfall maßgeblichen materiellen Unionsrechts an, sondern auf die Vertretbarkeit der Handhabung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 -, NJW 2011, S. 1427, Rn. 104 f.; der Sache nach ebenso gehandhabt in BVerfGE 126, 286 <317 f.>).

99

2. Nach diesen Maßstäben liegt keine unhaltbare Handhabung der Vorlagepflicht vor.

100

Indem der Bundesgerichtshof die von ihm für entscheidungserheblich gehaltenen Fragen im Parallelverfahren dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt hat, hat er Art. 267 Abs. 3 AEUV auch im Streitfall nicht grundsätzlich verkannt. Auch wenn das Unionsrecht die Vorlage einer gleichen oder ähnlichen Auslegungsfrage erlaubt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 1986 - C-14/86 Pretore di Salò -, Slg. 1987, S. 2545, Rn. 12; stRspr), musste der Bundesgerichtshof aus verfassungsrechtlicher Sicht die Sache nicht erneut dem Europäischen Gerichtshof vorlegen, wenn nach seiner Einschätzung die Antwort des Gerichtshofs keinen Raum für "vernünftigen Zweifel" (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 21) ließ. Dem angegriffenen Urteil ist die vertretbare Überzeugung des Bundesgerichtshofs zu entnehmen, dass Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie eine vollharmonisierte Regelung des Verbreitungsrechts darstellt und der Europäische Gerichtshof die Auslegung des Verbreitungsbegriffs der Richtlinie abschließend und umfassend geklärt hat.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine AG Schweizer Rechts mit statutarischem Sitz in der Schweiz, die in den Streitjahren 1999 bis 2001 ihre Geschäftsleitung in Deutschland hatte. Ihr alleiniger Aktionär war der in der Schweiz wohnhafte GH.

2

1991 erwarb die Klägerin das Eigentum an einem in Deutschland belegenen Grundstück, das mit einem Hotel bebaut war. Das Hotel war zunächst an eine GmbH verpachtet. In den Monaten Januar bis April 1998 und in den Streitjahren wurde es von der Klägerin von Deutschland aus betrieben.

3

Mit zwei Verträgen vom 1. November 1991 gewährte GH der Klägerin Darlehen in Höhe von 600.000 DM und 150.000 DM zu einem Zinssatz in Höhe von 8 v.H. Die Verträge sahen vor, dass der Darlehenszins den wirtschaftlichen Gegebenheiten zum Beginn eines jeden Jahres angepasst und der Zins nachschüssig jeweils am 15. Januar eines jeden Jahres ausgezahlt werden sollte. Die Laufzeiten der Darlehen waren bis zum 30. September 2001 fest vereinbart, danach sollten die Kredite in Darlehen von unbestimmter Dauer umgewandelt werden. In den Jahren 1992 bis 2001 gewährten GH (1993 bis 2001) sowie die ebenfalls in dessen alleinigem Anteilsbesitz stehende H-AG, Schweiz, (1992) der Klägerin weitere, vereinbarungsgemäß jeweils mit 6 v.H. zu verzinsende Darlehen in Höhe von insgesamt 2.214.623 DM. Die Darlehensverträge enthalten hinsichtlich der Rückzahlungstermine die Bemerkung "gem. gegenseitiger Vereinbarung, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten". Sicherheiten wurden nicht gewährt. Eine Auszahlung der Zinsbeträge erfolgte nicht, die Zinsen wurden in den Streitjahren dem Darlehenskonto von GH am Jahresende gutgeschrieben und wieder verzinst.

4

Aufgrund von Verlusten in den Vorjahren betrug das Eigenkapital der Klägerin in den Streitjahren ./. 2.338.349 DM (1999), ./. 2.664.318 DM (2000) und ./. 2.935.983 DM (2001).

5

Insgesamt machte die Klägerin aus den vorgenannten Darlehen Zinsen in Höhe von 163.318 DM (1999), 174.006 DM (2000) und 192.865 DM (2001) als Betriebsausgaben geltend. Alle Zinsen waren nach einem Zinssatz von 6 v.H. berechnet.

6

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) behandelte die Zinsen hingegen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) und rechnete sie dem Gewinn der Klägerin gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1999) außerbilanziell hinzu. Unabhängig davon seien die Darlehenszinsen ohnehin auch als Fremdkapitalvergütungen i.S. von § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. zu behandeln.

7

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide war überwiegend erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) verneinte das Vorliegen einer vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1999 und sah die an sich einschlägigen Vorschriften in § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. als unanwendbar an, weil sie gegen Art. 25 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) i.d.F. des Protokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl II 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) --DBA-Schweiz 1971/1992-- verstießen (FG Köln, Urteil vom 22. Oktober 2008  13 K 1164/05, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 509).

8

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

10

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) unterstützt das FA in der Sache, hat jedoch keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist unbegründet. Das FG hat in den gewährten Zinszahlungen zu Recht keine vGA gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1999 gesehen (2.). Es hat auch zu Recht angenommen, dass § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. gegen das abkommensrechtliche Diskriminierungsverbot in Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 verstößt und deshalb unanwendbar bleibt (3.).

12

1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1999 sind Kapitalgesellschaften, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben, unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Die Klägerin ist nach den insoweit für den Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) eine nach Schweizer Recht errichtete Kapitalgesellschaft, deren Geschäftsleitung sich in den Streitjahren im Inland befand. Auch ausländische Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung im Inland können unbeschränkt steuerpflichtig sein (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 1993 I R 31/92, BFH/NV 1994, 661; vom 16. Dezember 1998 I R 138/97, BFHE 188, 251, BStBl II 1999, 437; vom 29. Januar 2003 I R 6/99, BFHE 201, 463, BStBl II 2004, 1043; s. auch Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 23. Juni 1992 IX R 182/87, BFHE 168, 285, BStBl II 1992, 972; Wassermeyer in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Bd. 20, S. 83).

13

2. Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1999 ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) --i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999 und für die Gewerbesteuer mit § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1999)-- auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (vgl. z.B. Senatsurteile vom 4. September 2002 I R 48/01, BFH/NV 2003, 347; vom 22. Oktober 2003 I R 37/02, BFHE 204, 96, BStBl II 2004, 121, jeweils m.w.N.). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BFHE 185, 224, BStBl II 1998, 545, m.w.N.). Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (Senatsurteil vom 7. August 2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131); diese Einschränkung spielt jedoch im Streitfall keine Rolle.

14

Diesen Anforderungen, die an die Annahme einer vGA zu stellen sind, genügen die im Streitfall in Rede stehenden Darlehensverträge und die daraufhin seitens der Klägerin gezahlten Zinsen nicht. Das hat das FG erschöpfend und beanstandungsfrei ausgeführt und ist unter den Beteiligten im Kern auch nicht mehr streitig. Das beigetretene BMF macht allerdings im Revisionsverfahren geltend, die geschlossenen Verträge zwischen der Klägerin und GH seien zivilrechtlich unwirksam. Die Klägerin als Schweizer Kapitalgesellschaft sei infolge der Verlagerung des Ortes ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung von der Schweiz nach Deutschland fortan nicht als Kapitalgesellschaft, sondern als rechtsfähige Personengesellschaft anzusehen, für die --da GH Alleingesellschafter sei-- die Regelungen für Einzelkaufleute gälten. Das ergebe sich aus internationalem Gesellschaftsrecht und der danach gegenüber sog. Drittstaaten --wie hier der Schweiz-- fortgeltenden "Sitztheorie" (vgl. dazu Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Oktober 2009 IX ZR 227/06, GmbH-Rundschau 2010, 211, m.w.N.). Eine natürliche Person, wie vorliegend GH, könne aber nicht mit sich selbst wirksame Verträge abschließen. Konsequenz sei die Annahme von vGA.

15

Dem ist nicht zu folgen. Die erwähnte Indizwirkung, die zivilrechtlich unwirksamen Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter für die Annahme einer vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1999 beizumessen sein kann (s. z.B. Senatsurteil vom 23. Oktober 1996 I R 71/95, BFHE 181, 328, BStBl II 1999, 35; s. auch BFH-Urteil vom 12. Mai 2009 IX R 46/08, BFHE 225, 112, zur entsprechenden Rechtslage bei sog. Angehörigenverträgen, jeweils m.w.N.), greift unter den beschriebenen Gegebenheiten des Streitfalls unabhängig davon, ob das BMF in seiner gesellschaftsrechtlichen Einschätzung richtig liegt, nicht. Denn auch dann bliebe es dabei, dass die Klägerin als Steuersubjekt existent wäre. Vereinbarungen, die sie mit ihrem Gesellschafter trifft, sind dementsprechend aus steuerlicher Sicht zu akzeptieren. Stellt man demgegenüber allein auf die gesellschaftsrechtliche Existenz und Rechtsfähigkeit der Gesellschaft und deren etwaiges Fehlen ab, entfiele andernfalls auch die Eignung des beanstandeten Vorteils, beim Empfänger eine gesellschaftlich veranlasste Zuwendung als Kapitaleinkunft i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Unabhängig davon kann es weder der Klägerin noch GH angelastet werden, die komplexe international-gesellschaftsrechtliche Regelungslage nicht im Vorwege hinreichend erkannt und durchdrungen zu haben. Auch das spricht dagegen, in einer etwaigen zivilrechtlichen Unwirksamkeit ein tragfähiges Beweisanzeichen gegen die Ernstlichkeit des Vereinbarten zu erblicken (s. auch dazu die zitierten Rechtsprechungsnachweise).

16

In Anbetracht dessen kann unbeantwortet bleiben, ob die besonderen Anforderungen, die steuerlich an die Leistungsbeziehung zwischen der Kapitalgesellschaft und ihren beherrschenden Gesellschafter gestellt werden, möglicherweise aus abkommensrechtlichen Gründen des Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 6 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development --OECD-MustAbk-- (hier Art. 9 und Art. 11 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992) ohnehin nicht oder nur eingeschränkt anwendbar sind (vgl. dazu z.B. Senatsurteil vom 9. November 2005 I R 27/03, BFHE 211, 493, BStBl II 2006, 564; FG Köln, Urteil vom 22. August 2007  13 K 647/03, EFG 2008, 161, jeweils m.w.N.).

17

3. Nach § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F. (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999, § 7 GewStG 1999) gelten Vergütungen für Fremdkapital, das eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft von einem nicht zur Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigten Anteilseigner erhalten hat, der zu einem Zeitpunkt im Wirtschaftsjahr wesentlich am Grund- oder Stammkapital beteiligt gewesen ist, dann als vGA, wenn eine in einem Bruchteil des Kapitals bemessene Vergütung vereinbart ist und soweit das Fremdkapital zu einem Zeitpunkt des Wirtschaftsjahrs das Dreifache des anteiligen Eigenkapitals des Anteilseigners übersteigt. Die Hinzurechnung als vGA unterbleibt, wenn die Kapitalgesellschaft dieses Fremdkapital bei sonst gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten erhalten hätte.

18

Nach § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 n.F. (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999, § 7 GewStG 1999) stellen Vergütungen für Fremdkapital, das eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft von einem Anteilseigner erhalten hat, der zu einem Zeitpunkt im Wirtschaftsjahr wesentlich am Grund- oder Stammkapital beteiligt gewesen ist, vGA dar, wenn eine in einem Bruchteil des Kapitals bemessene Vergütung vereinbart gewesen ist und soweit das Fremdkapital zu einem Zeitpunkt des Wirtschaftsjahrs das Eineinhalbfache des anteiligen Eigenkapitals des Anteilseigners übersteigt. Zu einer solchen Umqualifizierung kommt es auch dann, wenn die Vergütung an eine dem Anteilseigner nahe stehende Person i.S. des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz) oder einen Dritten gezahlt worden ist, der auf den Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person hat zurückgreifen können. Auch hier unterbleibt die Hinzurechnung als vGA, wenn die Kapitalgesellschaft nachweisen kann, dass sie das Fremdkapital unter sonst gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten erhalten hätte. Nach § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG 1999 n.F. unterbleibt eine Hinzurechnung zudem dann, wenn die Vergütung bei dem Anteilseigner im Inland im Rahmen einer Veranlagung erfasst worden ist.

19

a) Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die Voraussetzungen dieser Regelungen erfüllt sind. Der Senat hat auch in diesem Punkt keine Veranlassung, etwas anderes anzunehmen. Die Zinsen, welche die Klägerin in den Streitjahren an GH gezahlt hat, waren folglich dem Gewinn der Klägerin als vGA außerbilanziell hinzuzurechnen.

20

b) Das FG hat der Klage der Klägerin dennoch entsprochen, weil es in der Umqualifizierung der Zinsen in vGA nach Maßgabe von § 8a KStG 1999 in seinen jeweiligen für die Streitjahre einschlägigen Fassungen einen Verstoß gegen das abkommensrechtliche Diskriminierungsverbot des Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 angenommen hat. Dem ist beizupflichten (ebenso --bezogen auf die entsprechende Regelung des Art. 24 Abs. 5 OECD-MustAbk-- z.B. Hageböke in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, Art. 24 OECD-MA Rz 108.1; Rust in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 24 Rz 165a; Obser, Gesellschafter-Fremdfinanzierung im europäischen Konzern, 2005, S. 41 ff.; Hirsch, Gesellschafterfremdfinanzierung inländischer Kapitalgesellschaften durch ausländische Anteilseigner, 1999, S. 295; Gosch, KStG, 1. Aufl., § 8a Rz 29).

21

aa) Die Unternehmen eines Vertragsstaats, deren Kapital ganz oder teilweise, unmittelbar oder mittelbar, einer in dem anderen Vertragsstaat ansässigen Person oder mehreren solchen Personen gehört oder ihrer Kontrolle unterliegt, dürfen nach Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 in dem erstgenannten Vertragsstaat weder einer Besteuerung noch einer damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender sind als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen andere ähnliche Unternehmen des erstgenannten Staats unterworfen sind oder unterworfen werden können. Das ist unter den hier in Rede stehenden Gegebenheiten der Fall.

22

aaa) Die Klägerin ist ein Unternehmen eines Vertragsstaats i.S. von Art. 25 Abs. 3 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. f DBA-Schweiz 1971/1992. Sie hat ihren Sitz in der Schweiz, hatte jedoch ihre Geschäftsleitung in den Streitjahren in Deutschland und war damit nach Lage der Dinge in beiden Vertragsstaaten unbeschränkt steuerpflichtig und zugleich i.S. von Art. 4 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1992 in beiden Vertragsstaaten ansässig. Eine derart doppelansässige Gesellschaft gilt aus Abkommenssicht als in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sich der Mittelpunkt ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung befindet (Art. 4 Abs. 8 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992). Dies war nach den tatrichterlichen Feststellungen in den Streitjahren in Deutschland. Die Klägerin kann also den Diskriminierungsschutz des Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 beanspruchen.

23

bbb) Für die der Klägerin nachteilige Umqualifizierung der geleisteten Zinsen in vGA unterscheiden sowohl § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F. als auch § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 KStG 1999 n.F. in ihren tatbestandlichen Voraussetzungen im Ergebnis danach, ob es sich um eine im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft mit einem nicht zur Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigten Anteilseigner bzw. mit einem im Inland veranlagten Anteilseigner handelt. Ist dies der Fall, unterbleibt die Umqualifizierung und Hinzurechnung. Damit werden stets und insbesondere diejenigen Unternehmen eines Vertragsstaats, deren Kapital ganz oder teilweise, unmittelbar oder mittelbar einer in dem anderen Vertragsstaat ansässigen Person oder mehreren solchen Personen gehört oder ihrer Kontrolle unterliegt, gegenüber entsprechenden Unternehmen mit im Inland ansässigen Anteilseignern steuerlich benachteiligt. Dass die tatbestandlichen Unterscheidungsmerkmale der fehlenden Anrechnungsberechtigung zur Körperschaftsteuer (in § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F.) bzw. der fehlenden Veranlagung (in § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 KStG 1999 n.F.) unmittelbar nicht auf die Ansässigkeit der Anteilseigner abstellen, tut insoweit nichts zur Sache. Vielmehr ist unbeschadet aller sonstigen Unterschiede zwischen den unionsrechtlichen Diskriminierungsverboten einerseits und den abkommensrechtlichen Diskriminierungsverboten andererseits jedenfalls in diesem Punkt vollumfänglich auf die insoweit --was den Vergleichsmaßstab anbelangt-- parallele gemeinschaftsrechtliche Sicht zu verweisen (s. auch Senatsurteil in BFHE 201, 463, BStBl II 2004, 1043), wie sie sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, jetzt Gerichtshof der Europäischen Union, vom 12. Dezember 2002 C-324/00 "Lankhorst-Hohorst" (Slg. 2002, I-11779) ergibt. Ausschlaggebend ist hier wie dort, dass sowohl von der fehlenden Nichtanrechnungsberechtigung als auch von der fehlenden Veranlagungsmöglichkeit vorrangig im anderen Vertragsstaat ansässige Anteilseigner betroffen sind und dadurch im Ergebnis eine diskriminierende Ungleichbehandlung von Kapitalgesellschaften mit in- und ausländischen Anteilseignern bewirkt wird. Damit ist die steuerliche Behandlung von Inlandsgesellschaften mit in der Schweiz ansässigen Anteilseignern i.S. von Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 --und zwar unmittelbar und nicht lediglich mittelbar-- anders oder belastender als die Besteuerung, denen --nach Tätigkeit ebenso wie nach Rechtsform (vgl. dazu z.B. Rust in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 24 Rz 168)-- "andere ähnliche Unternehmen" in Deutschland unterworfen sind oder unterworfen werden können. Der Umstand, dass § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. in bestimmten Situationen gleichermaßen auch für Gesellschaften mit inländischen Anteilseignern einschlägig werden kann, tritt dahinter zurück; Zielrichtung der genannten Vorschriften zur steuerlichen Beschränkung der Gesellschafter-Fremdfinanzierung bei Kapitalgesellschaften ist nach Regelungssinn und -zweck in erster Linie und in der tatsächlichen Auswirkung die Erfassung grenzüberschreitender Sachverhalte der Gesellschafter-Fremdfinanzierung mit ausländischen Anteilseignern. Konsequenz dieser Ungleichbehandlung und des daraus abzuleitenden Verstoßes gegen Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 ist die Nichtanwendung der diskriminierenden Steuerregelungen.

24

bb) Das Vorbringen der Revision ist nicht geeignet, an diesem Ergebnis etwas zu ändern. Das betrifft namentlich das Vorbringen, eine schädliche Ungleichbehandlung scheide schon deswegen aus, weil die durch § 8a KStG 1999 a.F./n.F. bewirkte Rechtsfolge --die Umqualifizierung der Zinsen in vGA und deren außerbilanzielle Hinzurechnung-- in Einklang mit den allgemeinen Verrechnungspreisgrundsätzen stünde, wie sie in Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 6 OECD-MustAbk und in Einklang damit auch in Art. 9 und Art. 11 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992 niedergelegt seien.

25

Diese Abkommensregelungen betreffen den sog. Fremdvergleichsgrundsatz ("dealing at arm's length") bei Unternehmen oder Personen, die nach Maßgabe qualifizierter, auch im Streitfall zwischen der Klägerin und der H-AG gegebener Merkmale miteinander verbunden sind (Art. 9 DBA-Schweiz 1971/1992), oder Schuldner und Gläubiger, zwischen denen --wie im Streitfall zwischen der Klägerin und ihrem Alleingesellschafter GH-- besondere Beziehungen bestehen (Art. 11 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992). Sind solche miteinander verbundene Unternehmen oder Personen in ihren kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen an vereinbarte oder auferlegte Bedingungen gebunden, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, dürfen die Gewinne, die eines der Unternehmen ohne diese Bedingungen erzielt hätte, wegen jener Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieses Unternehmens zugerechnet oder entsprechend besteuert werden (Art. 9 DBA-Schweiz 1971/1992). Entsprechendes regelt Art. 11 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992 für Schuldner und Gläubiger, zwischen denen besondere Beziehungen bestehen: Übersteigen wegen dieser Beziehungen die gezahlten Zinsen, gemessen an den zugrunde liegenden Forderungen, den Betrag, den Schuldner und Gläubiger ohne diese Beziehungen vereinbart hätten, so wird Art. 11 DBA-Schweiz 1971/1992 nur auf diesen letzten Betrag angewandt (Art. 11 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992) und kann der übersteigende Betrag nach dem Recht jedes Vertragsstaats und unter Berücksichtigung der anderen Bestimmungen dieses Abkommens besteuert werden (Art. 11 Abs. 4 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992).

26

Den wiedergegebenen abkommensrechtlichen Berichtigungserlaubnissen soll nach Ansicht der Finanzverwaltung auch § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. unterfallen. Denn in Nr. 3 des OECD-Musterkommentars (OECD-MustKomm) 2008 zu Art. 9 OECD-MustAbk wird die Auffassung vertreten, dass "zwischen den Abkommen und den innerstaatlichen Regelungen über die Unterkapitalisierung eine Wechselwirkung (besteht), die für den Anwendungsbereich des Artikels von Bedeutung" ist. Diese Auffassung ist seit 1992 in den OECD-Musterkommentar aufgenommen worden. Es mag dahinstehen, ob sie gleichwohl auch für das ursprünglich schon im Jahre 1971 vereinbarte DBA-Schweiz 1971/1992 bedeutsam ist (vgl. zu einem derartigen sog. dynamischen in Abgrenzung zu einem sog. statischen Verständnis aber auch z.B. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2010 I B 191/09, BFHE 229, 322). Es mag ebenfalls dahinstehen, ob dann, wenn man dies bejahen würde, § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. infolge der in § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG 1999 a.F./§ 8a Abs. 1 Satz 3 KStG 1999 n.F. enthaltenen, dem Steuerpflichtigen eingeräumten Nachweismöglichkeit, dass die Zinszahlung mit dem Fremdvergleichsmaßstab übereinstimmt, tatsächlich in Einklang mit Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 6 OECD-MustAbk stünde (vgl. dazu z.B. Rust in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 24 Rz 147; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 9 MA Rz 107; Gosch, a.a.O., § 8a Rz 29; Köplin/Koch in Erle/Sauter, KStG, 2. Aufl., § 8a KStG Rz 19 ff.; ferner Wunderlich in Endres/Jacob/Gohr/Klein, DBA Deutschland/USA, Art. 24 Rz 42, jeweils m.w.N.). Und dahinstehen mag schließlich, ob es sich bei § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. bezogen auf vorgängig abgeschlossene Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht im Ergebnis um ein faktisches sog. Treaty override handelt, dessen völkerrechtliche und verfassungsrechtliche Zulässigkeit bezweifelt werden kann (vgl. auch dazu Senatsbeschluss in BFHE 229, 322; s. zu § 8a KStG auch Knobbe-Keuk, Der Betrieb 1993, 60).

27

Denn unabhängig davon kann von einem derartigen tatbestandlichen Vorbehalt für das DBA-Schweiz 1971/1992 keine Rede sein. Es trifft zwar zu, dass solche Regelungsvorbehalte in Art. 24 Abs. 4 OECD-MustAbk enthalten sind. Nach dessen Satz 1 sind u.a. Zinsen, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Gewinne dieses Unternehmens unter den gleichen Bedingungen wie Zahlungen an eine im erstgenannten Staat ansässige Person zum Abzug zuzulassen, vorausgesetzt, es ist nicht Art. 9 Abs. 1, Art. 11 Abs. 6 oder Art. 12 Abs. 4 OECD-MustAbk anzuwenden. Unterstellt, § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 a.F./n.F. ist mit Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 6 OECD-MustAbk vereinbar, entfiele folglich auch ein Verstoß gegen Art. 24 Abs. 4 OECD-MustAbk (s. dazu Rust, ebenda; s. auch Nr. 79 und Nr. 74 OECD-MustKomm 1992/2008 zu Art. 24 Abs. 4 OECD-MustAbk). Eine derartige Abkommensregelung, wie sie Art. 24 Abs. 4 OECD-MustAbk vorgibt, fehlt im DBA-Schweiz 1971/1992 indessen. Aus diesem Fehlen lässt sich jedoch keineswegs ableiten, dass hinsichtlich von Zinszahlungen ein Diskriminierungsschutz nach dem Willen der Vertragsstaaten des DBA-Schweiz 1971/1992 von vornherein entzogen wäre: Das OECD-Musterabkommen stellt, wie schon das Wort "Musterabkommen" belegt, keine zwingende inhaltliche Verständigungsvorgabe für die Vertragsstaaten dar; etwaige Abweichungen lassen mithin keinen Rückschluss auf inhaltliche Einschränkungen zu. Es gibt deshalb auch keinen Grund, Zinszahlungen vom Anwendungsbereich des Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 auszunehmen. Überdies wurde Art. 24 Abs. 4 OECD-MustAbk erst seit 1977 Bestandteil des Musterabkommens und war darin vordem --und damit auch bei Abschluss des DBA-Schweiz 1971 in seiner ursprünglichen und insoweit maßgeblichen Fassung-- nicht enthalten (vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 24 MA Rz 9). Auch für die Annahme eines entsprechenden --ungeschriebenen-- Anwendungsvorrangs von Art. 9 Abs. 1 sowie Art. 11 Abs. 6 OECD-MustAbk (hier Art. 9 und Art. 11 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992) zum Nachteil von Art. 24 Abs. 5 OECD-MustAbk (und hier von Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992) ist nicht nur vom Regelungswortlaut her "auf den ersten Blick" (so aber neuerdings Nr. 79 Satz 1 OECD-MustKomm 2008 zu Art. 24 Abs. 5 OECD-MustAbk), sondern auch in historischer und systematischer Sicht nichts ersichtlich. Es verbleibt deswegen allein bei denjenigen Anforderungen an eine Abkommensgleichbehandlung, wie sie in Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 enthalten sind (ebenso zu Art. 24 Abs. 5 OECD-MustAbk z.B. Rust in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 24 Rz 165a; von Pannwitz in Haase, AStG/DBA, Art. 24 MA Rz 7; unklar Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 24 MA Rz 102). Und diese Voraussetzungen sind, wie dargestellt, hier erfüllt.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören

1.
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;
1a.
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung).2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen;
2.
Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, auch soweit sie von Arbeitgebern ausgleichspflichtiger Personen an ausgleichsberechtigte Personen infolge einer nach § 10 oder § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes durchgeführten Teilung geleistet werden;
3.
laufende Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung.2Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben den laufenden Beiträgen und Zuwendungen an eine solche Versorgungseinrichtung leistet, mit Ausnahme der Zahlungen des Arbeitgebers
a)
zur erstmaligen Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätskapitalanforderung nach den §§ 89, 213, 234g oder 238 des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
b)
zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung nach unvorhersehbaren Verlusten oder zur Finanzierung der Verstärkung der Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse, wobei die Sonderzahlungen nicht zu einer Absenkung des laufenden Beitrags führen oder durch die Absenkung des laufenden Beitrags Sonderzahlungen ausgelöst werden dürfen,
c)
in der Rentenbezugszeit nach § 236 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder
d)
in Form von Sanierungsgeldern;
Sonderzahlungen des Arbeitgebers sind insbesondere Zahlungen an eine Pensionskasse anlässlich
a)
seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung oder
b)
des Wechsels von einer nicht im Wege der Kapitaldeckung zu einer anderen nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung.
3Von Sonderzahlungen im Sinne des Satzes 2 zweiter Halbsatz Buchstabe b ist bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf nur auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach dem Wechsel die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt des Wechsels übersteigt.4Sanierungsgelder sind Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse anlässlich der Systemumstellung einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung auf der Finanzierungs- oder Leistungsseite, die der Finanzierung der zum Zeitpunkt der Umstellung bestehenden Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften dienen; bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf ist nur von Sanierungsgeldern auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach der Systemumstellung die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt der Systemumstellung übersteigt.
2Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht.

(2)1Von Versorgungsbezügen bleiben ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei.2Versorgungsbezüge sind

1.
das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug
a)
auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften,
b)
nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften
oder
2.
in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge; Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
3Der maßgebende Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr des
Versorgungs-
beginns
VersorgungsfreibetragZuschlag zum
Versorgungs-
freibetrag
in Euro
in % der
Versorgungs-
bezüge
Höchstbetrag
in Euro
bis 200540,03 000900
ab 200638,42 880864
200736,82 760828
200835,22 640792
200933,62 520756
201032,02 400720
201130,42 280684
201228,82 160648
201327,22 040612
201425,61 920576
201524,01 800540
201622,41 680504
201720,81 560468
201819,21 440432
201917,61 320396
202016,01 200360
202115,21 140342
202214,41 080324
202313,61 020306
202412,8960288
202512,0900270
202611,2840252
202710,4780234
20289,6720216
20298,8660198
20308,0600180
20317,2540162
20326,4480144
20335,6420126
20344,8360108
20354,030090
20363,224072
20372,418054
20381,612036
20390,86018
20400,000


4Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag ist
a)
bei Versorgungsbeginn vor 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für Januar 2005,
b)
bei Versorgungsbeginn ab 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den ersten vollen Monat,
jeweils zuzüglich voraussichtlicher Sonderzahlungen im Kalenderjahr, auf die zu diesem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch besteht.5Der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag darf nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag geminderten Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden.6Bei mehreren Versorgungsbezügen mit unterschiedlichem Bezugsbeginn bestimmen sich der insgesamt berücksichtigungsfähige Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach dem Jahr des Beginns des ersten Versorgungsbezugs.7Folgt ein Hinterbliebenenbezug einem Versorgungsbezug, bestimmen sich der Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag für den Hinterbliebenenbezug nach dem Jahr des Beginns des Versorgungsbezugs.8Der nach den Sätzen 3 bis 7 berechnete Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gelten für die gesamte Laufzeit des Versorgungsbezugs.9Regelmäßige Anpassungen des Versorgungsbezugs führen nicht zu einer Neuberechnung.10Abweichend hiervon sind der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag neu zu berechnen, wenn sich der Versorgungsbezug wegen Anwendung von Anrechnungs-, Ruhens-, Erhöhungs- oder Kürzungsregelungen erhöht oder vermindert.11In diesen Fällen sind die Sätze 3 bis 7 mit dem geänderten Versorgungsbezug als Bemessungsgrundlage im Sinne des Satzes 4 anzuwenden; im Kalenderjahr der Änderung sind der höchste Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag maßgebend.12Für jeden vollen Kalendermonat, für den keine Versorgungsbezüge gezahlt werden, ermäßigen sich der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in diesem Kalenderjahr um je ein Zwölftel.

(3)1Die Energiepreispauschale nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz oder vergleichbare Leistungen zum Ausgleich gestiegener Energiepreise nach Landesrecht sind als Einnahmen nach Absatz 2 zu berücksichtigen.2Sie gelten nicht als Sonderzahlung im Sinne von Absatz 2 Satz 4, jedoch als regelmäßige Anpassung des Versorgungsbezugs im Sinne von Absatz 2 Satz 9.3Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind die Energiepreispauschale und vergleichbare Leistungen bei der Berechnung einer Vorsorgepauschale nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe b und c nicht zu berücksichtigen.4In den Fällen des Satzes 1 sind die §§ 3 und 24a nicht anzuwenden.

(1)1Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 zufließen.2Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten.3Satz 2 gilt nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen.

(2)1Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge), sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen.2Für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten gilt § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 entsprechend.3Kann das Kraftfahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 genutzt werden, erhöht sich der Wert in Satz 2 für jeden Kalendermonat um 0,03 Prozent des Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie der Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3.4Der Wert nach den Sätzen 2 und 3 kann mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.5Die Nutzung des Kraftfahrzeugs zu einer Familienheimfahrt im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung ist mit 0,002 Prozent des Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstands und dem Beschäftigungsort anzusetzen; dies gilt nicht, wenn für diese Fahrt ein Abzug von Werbungskosten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 und 6 in Betracht käme; Satz 4 ist sinngemäß anzuwenden.6Bei Arbeitnehmern, für deren Sachbezüge durch Rechtsverordnung nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch Werte bestimmt worden sind, sind diese Werte maßgebend.7Die Werte nach Satz 6 sind auch bei Steuerpflichtigen anzusetzen, die nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen.8Wird dem Arbeitnehmer während einer beruflichen Tätigkeit außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte oder im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, ist diese Mahlzeit mit dem Wert nach Satz 6 (maßgebender amtlicher Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung) anzusetzen, wenn der Preis für die Mahlzeit 60 Euro nicht übersteigt.9Der Ansatz einer nach Satz 8 bewerteten Mahlzeit unterbleibt, wenn beim Arbeitnehmer für ihm entstehende Mehraufwendungen für Verpflegung ein Werbungskostenabzug nach § 9 Absatz 4a Satz 1 bis 7 in Betracht käme.10Die oberste Finanzbehörde eines Landes kann mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen für weitere Sachbezüge der Arbeitnehmer Durchschnittswerte festsetzen.11Sachbezüge, die nach Satz 1 zu bewerten sind, bleiben außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 50 Euro im Kalendermonat nicht übersteigen; die nach Absatz 1 Satz 3 nicht zu den Einnahmen in Geld gehörenden Gutscheine und Geldkarten bleiben nur dann außer Ansatz, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.12Der Ansatz eines Sachbezugs für eine dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber, auf dessen Veranlassung von einem verbundenen Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes) oder bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als Arbeitgeber auf dessen Veranlassung von einem entsprechend verbundenen Unternehmen zu eigenen Wohnzwecken überlassene Wohnung unterbleibt, soweit das vom Arbeitnehmer gezahlte Entgelt mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts und dieser nicht mehr als 25 Euro je Quadratmeter ohne umlagefähige Kosten im Sinne der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten beträgt.

(3)1Erhält ein Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 pauschal versteuert wird, so gelten als deren Werte abweichend von Absatz 2 die um 4 Prozent geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet.2Die sich nach Abzug der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile sind steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis insgesamt 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

(4)1Im Sinne dieses Gesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn

1.
die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
2.
der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
3.
die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
4.
bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht
wird.2Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 ist von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung auch dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder auf Grund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen des Arbeitgebers für eine Betriebsveranstaltung zu Arbeitslohn führen.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten mit Niederlassungen in A, B und C. Sie veranstaltet jährlich für ihre Mitarbeiter am Standort A ein Sommerfest und in der Adventszeit eine Weihnachtsfeier. Für das Sommerfest im Streitjahr (2007) mietete sie ... entsprechende Räumlichkeiten, organisierte Speisen, Getränke und Live-Musik sowie die An- und Abreise der Teilnehmer. Laut Teilnehmerliste nahmen 302 Personen an der Veranstaltung teil. Es handelte sich dabei um 252 Arbeitnehmer der Klägerin, 44 Partner bzw. Gäste oder sog. Externe sowie 6 Mitarbeiter einer mit der Klägerin assoziierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Die Kosten beliefen sich auf insgesamt 52.877 €, je Teilnehmer auf durchschnittlich 175 €.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat die Auffassung, dass die Zuwendungen anlässlich des Sommerfestes lohnsteuerpflichtig seien. Das FA erhob daher mit Bescheid vom 9. Januar 2008 entsprechend § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) pauschal Lohnsteuer in Höhe von 11.005 € nach.

4

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 443 veröffentlichten Gründen ab.

5

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

6

Sie beantragt, das angefochtene Urteil und den angefochtenen Nachforderungsbescheid aufzuheben.

7

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

8

Das Bundesministerium der Finanzen hat den Beitritt zum Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

10

Die tatsächlichen Feststellungen des FG rechtfertigen nicht den Schluss, dass die Leistungen der Klägerin anlässlich der Betriebsveranstaltung in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind. Allerdings hat das FG zutreffend entschieden, dass die Freigrenze auch im Streitjahr 110 € beträgt.

11

1. Die Nachforderung von Lohnsteuer beim Arbeitgeber durch Steuerbescheid kommt in Betracht, wenn die Lohnsteuer vorschriftswidrig nicht angemeldet worden ist und es sich um eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers handelt. Eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers liegt auch vor, wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG gegeben sind (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. April 2009 VI R 55/07, BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726).

12

Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, wenn er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Maßgeblich ist insoweit § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

13

2. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dem Tatbestandsmerkmal "für" ist nach ständiger Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass der Einnahme eine konkrete Dienstleistung des Arbeitnehmers zugeordnet werden kann (BFH-Urteile vom 21. Januar 2010 VI R 2/08, BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639; vom 22. März 1985 VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; vom 21. Februar 1986 VI R 21/84, BFHE 146, 87, BStBl II 1986, 406).

14

a) Arbeitslohn liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH u.a. dann nicht vor, wenn die Arbeitnehmer durch Sachzuwendungen des Arbeitgebers bereichert werden, der Arbeitgeber jedoch mit seinen Leistungen ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt (BFH-Urteile vom 22. Oktober 1976 VI R 26/74, BFHE 120, 379, BStBl II 1977, 99; vom 17. September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39; in BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639; vom 21. Januar 2010 VI R 51/08, BFHE 228, 85, BStBl II 2010, 700; jeweils m.w.N.; s. auch Drenseck in Festschrift für Lang, Köln 2010, 477, 482; Schmidt/Krüger, EStG, 31. Aufl., § 19 Rz 30 ff.; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 19 Rz 64 ff.; Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG Rz 225 ff.).

15

b) Ebenfalls in ständiger Rechtsprechung bejaht der Senat bei Zuwendungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen ein eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers, sofern er die Aufwendungen tätigt, um den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima zu fördern (BFH-Urteile in BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; in BFHE 146, 87, BStBl II 1986, 406; vom 25. Mai 1992 VI R 85/90, BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655; vom 6. Dezember 1996 VI R 48/94, BFHE 182, 142, BStBl II 1997, 331; vom 16. November 2005 VI R 68/00, BFHE 212, 51, BStBl II 2006, 440; VI R 151/99, BFHE 211, 321, BStBl II 2006, 439; VI R 157/98, BFHE 212, 48, BStBl II 2006, 437; VI R 118/01, BFHE 212, 55, BStBl II 2006, 444; VI R 151/00, BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442; vom 15. Januar 2009 VI R 22/06, BFHE 224, 136, BStBl II 2009, 476; in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726). Maßgebend für diese Beurteilung ist, dass die fraglichen Zuwendungen der Belegschaft als ganzer angeboten und dass die Vorteile unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie der Stellung und Leistung im Betrieb gewährt werden. In diesem Fall fehlt es regelmäßig an einer Beziehung der Arbeitgeberleistung zur individuellen Arbeitsleistung der betroffenen Arbeitnehmer und damit an der Entlohnung (BFH-Urteil in BFHE 146, 87, BStBl II 1986, 406).

16

c) Geldwerte Vorteile, die den Arbeitnehmern bei Betriebsveranstaltungen zufließen, können allerdings dann als Ertrag ihrer individuellen Dienstleistung angesehen werden, wenn eine Betriebsveranstaltung lediglich zum Anlass genommen wird, die Arbeitnehmer zusätzlich zu entgelten. Nach der früheren Rechtsprechung des Senats war dies der Fall, wenn bei solchen Veranstaltungen der "übliche Rahmen von Aufwendungen" der Höhe nach überschritten wird (BFH-Urteile in BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; vom 22. März 1985 VI R 82/83, BFHE 143, 550, BStBl II 1985, 532).

17

d) Später hat der Senat die lohnsteuerrechtliche Wertung derartiger Zuwendungen nicht mehr davon abhängig gemacht, ob die Vorteilsgewährung der Höhe nach üblich ist, sondern er hat eine Freigrenze angenommen, bei deren Überschreitung die Zuwendungen in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind (BFH-Urteile in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655; in BFHE 182, 142, BStBl II 1997, 331; in BFHE 212, 51, BStBl II 2006, 440; in BFHE 211, 321, BStBl II 2006, 439; in BFHE 212, 48, BStBl II 2006, 437; in BFHE 212, 55, BStBl II 2006, 444; in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442; in BFHE 224, 136, BStBl II 2009, 476; in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726; s. auch Küttner/Thomas, Personalbuch 2012, Stichwort Betriebsveranstaltung, Rz 3). Der Senat ging bisher davon aus, dass er mit der Festlegung der Freigrenze die Befugnisse richterlicher Rechtsanwendung nicht überschritten hat (BFH-Urteile in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655; in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442).

18

e) Für die Jahre 1983 bis 1992 hatte der BFH die Freigrenze auf 150 DM beziffert. Die Finanzverwaltung hatte bald nach dem Ergehen des Senatsurteils in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655 mit Wirkung ab 1993 die Freigrenze auf 200 DM heraufgesetzt. Ab Veranlagungszeitraum 2002 legt die Finanzverwaltung eine Freigrenze von 110 € je Veranstaltung zugrunde (BFH-Urteil in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442; s. für das Streitjahr R 72 Abs. 4 Satz 2 der Lohnsteuer-Richtlinien --LStR-- 2005). Der BFH hatte seinerseits für die Jahre 1996 und 1997 die Freigrenze auf 200 DM festgelegt (BFH-Urteil in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442; zum Jahr 2001 s. BFH-Urteil in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726).

19

In die Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, sind grundsätzlich die den Arbeitgeber treffenden Gesamtkosten der Veranstaltung einzubeziehen und zu gleichen Teilen sämtlichen Teilnehmern zuzurechnen (BFH-Urteile in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655 mit Hinweis auf Abschn. 72 Abs. 4 LStR 1990; in BFHE 212, 48, BStBl II 2006, 437; in BFHE 212, 55, BStBl II 2006, 444). Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, mit den üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Bei diesem Wert, der im Schätzungsweg zu ermitteln ist, handelt es sich um den Betrag, den ein Fremder unter gewöhnlichen Verhältnissen für Güter gleicher Art im freien Verkehr aufwenden muss. Nach Auffassung des Senats ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, den Wert der dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewandten Leistungen anhand der Kosten zu schätzen, die der Arbeitgeber dafür seinerseits aufgewendet hat. Denn es kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass auch ein Fremder diesen Betrag für die Veranstaltung hätte aufwenden müssen. Sofern sich ein Beteiligter für die Bewertung auf eine abweichende Wertbestimmung beruft, muss er konkret darlegen, dass eine Schätzung des üblichen Endpreises am Abgabeort anhand der vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten dem objektiven Wert der Veranstaltung nicht entspricht (BFH-Urteil vom 18. August 2005 VI R 32/03, BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30, zur Zuwendung einer Reise).

20

3. Die Festlegung einer höheren Freigrenze für das Streitjahr durch den Senat kommt nicht in Betracht.

21

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sind Finanzgerichte im Steuerrecht zur Typisierung befugt, sofern es sich dabei um Gesetzesauslegung handelt (Entscheidungen des BVerfG vom 31. Mai 1988  1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214; vom 4. Februar 2005  2 BvR 1572/01, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2005, 352; s. auch BFH-Urteile vom 21. September 2011 I R 7/11, BFHE 235, 273, BFH/NV 2012, 310; vom 27. Januar 2010 IX R 31/09, BFHE 229, 90, BStBl II 2011, 28; vom 15. März 2005 X R 39/03, BFHE 209, 320, BStBl II 2005, 817; Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 1 FGO Rz 144; Kanzler, Finanz-Rundschau 2009, 527; Pahlke, Beiheft zum Deutschen Steuerrecht, Heft 31/2011, 66).

22

Es kann hier dahinstehen, ob an der, wie erwähnt, bisher vom Senat vertretenen Auffassung, dass sich die Rechtsprechung mit der Bildung der genannten Freigrenze noch im Rahmen ihrer Ermächtigung zur typisierenden Gesetzesauslegung bewegt, zukünftig uneingeschränkt festgehalten werden kann. Denn der Senat ist der Meinung, dass zumindest eine ständige Anpassung des Höchstbetrags an die Geldentwicklung nicht Aufgabe des Gerichts ist, zumal auch der Gesetz- und Verordnungsgeber Pauschbeträge nicht laufend, sondern allenfalls von Zeit zu Zeit korrigiert (BFH-Urteile in BFHE 182, 142, BStBl II 1997, 331; in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442). Der Senat hält auch zur Gewährleistung von Rechtsanwendungsgleichheit und Rechtssicherheit für den streitigen Zeitraum an dem Höchstbetrag von 110 € fest, zumal nach seiner Einschätzung der Betrag noch ausreicht, um im Rahmen einer Betriebsveranstaltung den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima zu fördern (gl.A. Zimmermann, EFG 2011, 446). Er ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass die Finanzverwaltung erwägen sollte, alsbald den Höchstbetrag, ab dem Zuwendungen des Arbeitgebers bei Betriebsveranstaltungen beim teilnehmenden Arbeitnehmer in vollem Umfang als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind, neu und auf der Grundlage von Erfahrungswissen zu bemessen. Im Übrigen behält sich der Senat vor, ggf. seine bisherige Rechtsprechung zur Zulässigkeit typisierender Gesetzesauslegung im hier fraglichen Bereich zu überprüfen.

23

4. Hält der Senat danach zunächst an der Bedeutung und Wirksamkeit einer Freigrenze prinzipiell fest, besteht jedoch Anlass, auf Folgendes hinzuweisen:

24

Es muss sich bei den Kosten des Arbeitgebers, die in die Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, einbezogen werden, um Arbeitslohn aus Anlass einer Betriebsveranstaltung handeln. Nach der Rechtsprechung des BFH sind nur solche Leistungen des Arbeitgebers, die den Rahmen und das Programm der Betriebsveranstaltung betreffen, zu berücksichtigen. Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen und durch die der Arbeitnehmer deshalb nicht bereichert ist (s. dazu BFH-Urteil vom 14. November 2012 VI R 56/11, BFHE 239, 410), sind kein Lohn und daher weder in die Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, einzubeziehen noch gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG zu besteuern (BFH-Urteil vom 7. November 2006 VI R 58/04, BFHE 215, 249, BStBl II 2007, 128). Entsprechendes gilt für Aufwendungen des Arbeitgebers, die nicht direkt der Betriebsveranstaltung zuzuordnen sind (z.B. Kosten der Buchhaltung oder für die Beschäftigung eines "Event-Managers"). Zudem ist zu beachten, dass eine Betriebsveranstaltung Elemente einer sonstigen betrieblichen Veranstaltung enthalten kann, die nicht zur Lohnzuwendung führt (BFH-Urteil in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726, m.w.N.).

25

In die angesprochene Gesamtkostenermittlung dürfen im Übrigen nur solche Kosten des Arbeitgebers einfließen, die untrennbar Kosten der Betriebsveranstaltung sind. Individualisierbare und als Arbeitslohn zu berücksichtigende Leistungen sind gesondert zu erfassen, ggf. unter Beachtung von § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG.

26

5. Die Sache ist nicht spruchreif.

27

Das FG hat zwar festgestellt, dass sich die Gesamtkosten der Veranstaltung auf 52.877 € beliefen. Dem Urteil lassen sich jedoch keine Angaben zur Struktur der Kosten entnehmen. Insbesondere steht nicht fest, ob, nach Maßgabe der genannten Grundsätze, die entsprechenden Leistungen insgesamt in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung standen und deshalb Lohncharakter anzunehmen ist. Auch ist nicht geklärt, welche Leistungen untrennbare Teile der Betriebsveranstaltung sind und welche einzelnen Arbeitnehmern zugeordnet werden können. Soweit sich etwa den Unterlagen entnehmen lässt, dass auch Kosten für Fahrten mit Taxen angesetzt wurden, weist der Senat daraufhin, dass es sich dabei allenfalls um Zuwendungen an einzelne Arbeitnehmer handeln kann.

28

Das FG wird demnach im zweiten Rechtsgang nach den genannten Grundsätzen die Ermittlung der als Arbeitslohn zu beurteilenden Gesamtkosten der Betriebsveranstaltung und die Aufteilung des Gesamtbetrags auf die Arbeitnehmer der Klägerin, soweit sie teilgenommen haben, erneut vornehmen. Nur wenn das FG zu dem Ergebnis gelangt, dass der Höchstbetrag von 110 € überschritten wurde, sind die Gesamtkosten in vollem Umfang als Arbeitslohn zu werten und können gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG pauschal versteuert werden.

(1)1Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 zufließen.2Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten.3Satz 2 gilt nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen.

(2)1Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge), sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen.2Für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten gilt § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 entsprechend.3Kann das Kraftfahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 genutzt werden, erhöht sich der Wert in Satz 2 für jeden Kalendermonat um 0,03 Prozent des Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie der Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3.4Der Wert nach den Sätzen 2 und 3 kann mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.5Die Nutzung des Kraftfahrzeugs zu einer Familienheimfahrt im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung ist mit 0,002 Prozent des Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstands und dem Beschäftigungsort anzusetzen; dies gilt nicht, wenn für diese Fahrt ein Abzug von Werbungskosten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 und 6 in Betracht käme; Satz 4 ist sinngemäß anzuwenden.6Bei Arbeitnehmern, für deren Sachbezüge durch Rechtsverordnung nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch Werte bestimmt worden sind, sind diese Werte maßgebend.7Die Werte nach Satz 6 sind auch bei Steuerpflichtigen anzusetzen, die nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen.8Wird dem Arbeitnehmer während einer beruflichen Tätigkeit außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte oder im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, ist diese Mahlzeit mit dem Wert nach Satz 6 (maßgebender amtlicher Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung) anzusetzen, wenn der Preis für die Mahlzeit 60 Euro nicht übersteigt.9Der Ansatz einer nach Satz 8 bewerteten Mahlzeit unterbleibt, wenn beim Arbeitnehmer für ihm entstehende Mehraufwendungen für Verpflegung ein Werbungskostenabzug nach § 9 Absatz 4a Satz 1 bis 7 in Betracht käme.10Die oberste Finanzbehörde eines Landes kann mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen für weitere Sachbezüge der Arbeitnehmer Durchschnittswerte festsetzen.11Sachbezüge, die nach Satz 1 zu bewerten sind, bleiben außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 50 Euro im Kalendermonat nicht übersteigen; die nach Absatz 1 Satz 3 nicht zu den Einnahmen in Geld gehörenden Gutscheine und Geldkarten bleiben nur dann außer Ansatz, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.12Der Ansatz eines Sachbezugs für eine dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber, auf dessen Veranlassung von einem verbundenen Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes) oder bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als Arbeitgeber auf dessen Veranlassung von einem entsprechend verbundenen Unternehmen zu eigenen Wohnzwecken überlassene Wohnung unterbleibt, soweit das vom Arbeitnehmer gezahlte Entgelt mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts und dieser nicht mehr als 25 Euro je Quadratmeter ohne umlagefähige Kosten im Sinne der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten beträgt.

(3)1Erhält ein Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 pauschal versteuert wird, so gelten als deren Werte abweichend von Absatz 2 die um 4 Prozent geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet.2Die sich nach Abzug der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile sind steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis insgesamt 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

(4)1Im Sinne dieses Gesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn

1.
die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
2.
der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
3.
die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
4.
bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht
wird.2Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 ist von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung auch dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder auf Grund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat.

(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören

1.
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;
1a.
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung).2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen;
2.
Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, auch soweit sie von Arbeitgebern ausgleichspflichtiger Personen an ausgleichsberechtigte Personen infolge einer nach § 10 oder § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes durchgeführten Teilung geleistet werden;
3.
laufende Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung.2Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben den laufenden Beiträgen und Zuwendungen an eine solche Versorgungseinrichtung leistet, mit Ausnahme der Zahlungen des Arbeitgebers
a)
zur erstmaligen Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätskapitalanforderung nach den §§ 89, 213, 234g oder 238 des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
b)
zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung nach unvorhersehbaren Verlusten oder zur Finanzierung der Verstärkung der Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse, wobei die Sonderzahlungen nicht zu einer Absenkung des laufenden Beitrags führen oder durch die Absenkung des laufenden Beitrags Sonderzahlungen ausgelöst werden dürfen,
c)
in der Rentenbezugszeit nach § 236 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder
d)
in Form von Sanierungsgeldern;
Sonderzahlungen des Arbeitgebers sind insbesondere Zahlungen an eine Pensionskasse anlässlich
a)
seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung oder
b)
des Wechsels von einer nicht im Wege der Kapitaldeckung zu einer anderen nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung.
3Von Sonderzahlungen im Sinne des Satzes 2 zweiter Halbsatz Buchstabe b ist bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf nur auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach dem Wechsel die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt des Wechsels übersteigt.4Sanierungsgelder sind Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse anlässlich der Systemumstellung einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung auf der Finanzierungs- oder Leistungsseite, die der Finanzierung der zum Zeitpunkt der Umstellung bestehenden Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften dienen; bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf ist nur von Sanierungsgeldern auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach der Systemumstellung die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt der Systemumstellung übersteigt.
2Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht.

(2)1Von Versorgungsbezügen bleiben ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei.2Versorgungsbezüge sind

1.
das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug
a)
auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften,
b)
nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften
oder
2.
in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge; Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
3Der maßgebende Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr des
Versorgungs-
beginns
VersorgungsfreibetragZuschlag zum
Versorgungs-
freibetrag
in Euro
in % der
Versorgungs-
bezüge
Höchstbetrag
in Euro
bis 200540,03 000900
ab 200638,42 880864
200736,82 760828
200835,22 640792
200933,62 520756
201032,02 400720
201130,42 280684
201228,82 160648
201327,22 040612
201425,61 920576
201524,01 800540
201622,41 680504
201720,81 560468
201819,21 440432
201917,61 320396
202016,01 200360
202115,21 140342
202214,41 080324
202313,61 020306
202412,8960288
202512,0900270
202611,2840252
202710,4780234
20289,6720216
20298,8660198
20308,0600180
20317,2540162
20326,4480144
20335,6420126
20344,8360108
20354,030090
20363,224072
20372,418054
20381,612036
20390,86018
20400,000


4Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag ist
a)
bei Versorgungsbeginn vor 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für Januar 2005,
b)
bei Versorgungsbeginn ab 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den ersten vollen Monat,
jeweils zuzüglich voraussichtlicher Sonderzahlungen im Kalenderjahr, auf die zu diesem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch besteht.5Der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag darf nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag geminderten Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden.6Bei mehreren Versorgungsbezügen mit unterschiedlichem Bezugsbeginn bestimmen sich der insgesamt berücksichtigungsfähige Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach dem Jahr des Beginns des ersten Versorgungsbezugs.7Folgt ein Hinterbliebenenbezug einem Versorgungsbezug, bestimmen sich der Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag für den Hinterbliebenenbezug nach dem Jahr des Beginns des Versorgungsbezugs.8Der nach den Sätzen 3 bis 7 berechnete Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gelten für die gesamte Laufzeit des Versorgungsbezugs.9Regelmäßige Anpassungen des Versorgungsbezugs führen nicht zu einer Neuberechnung.10Abweichend hiervon sind der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag neu zu berechnen, wenn sich der Versorgungsbezug wegen Anwendung von Anrechnungs-, Ruhens-, Erhöhungs- oder Kürzungsregelungen erhöht oder vermindert.11In diesen Fällen sind die Sätze 3 bis 7 mit dem geänderten Versorgungsbezug als Bemessungsgrundlage im Sinne des Satzes 4 anzuwenden; im Kalenderjahr der Änderung sind der höchste Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag maßgebend.12Für jeden vollen Kalendermonat, für den keine Versorgungsbezüge gezahlt werden, ermäßigen sich der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in diesem Kalenderjahr um je ein Zwölftel.

(3)1Die Energiepreispauschale nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz oder vergleichbare Leistungen zum Ausgleich gestiegener Energiepreise nach Landesrecht sind als Einnahmen nach Absatz 2 zu berücksichtigen.2Sie gelten nicht als Sonderzahlung im Sinne von Absatz 2 Satz 4, jedoch als regelmäßige Anpassung des Versorgungsbezugs im Sinne von Absatz 2 Satz 9.3Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind die Energiepreispauschale und vergleichbare Leistungen bei der Berechnung einer Vorsorgepauschale nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe b und c nicht zu berücksichtigen.4In den Fällen des Satzes 1 sind die §§ 3 und 24a nicht anzuwenden.

Soweit §§ 83 bis 89 nicht abweichende Vorschriften enthalten, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 371, 372 bis 377, 380 bis 382, 386 bis 414 und 450 bis 494 der Zivilprozessordnung sinngemäß anzuwenden.

Der Zeugenbeweis wird durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 11. Februar 2016  1 K 464/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachte Revisionszulassungsgrund liegt, soweit er überhaupt den Darlegungsanforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt, jedenfalls nicht vor.

2

1. Mit dem Vorbringen, das Finanzgericht (FG) habe die angebotenen Zeugenbeweise (Zeugen H und G) zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, rügt die Klägerin die Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) und damit einen Verfahrensmangel gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Diese Rüge geht fehl.

3

a) Ausweislich des angefochtenen Urteils hat die Klägerin zwei Zeugen (Zeugen H und G) benannt, die bekunden sollten, dass Sanierungsarbeiten durchgeführt worden seien. Darüber hinaus könne der Zeuge H bekunden, dass er für die durchgeführten Arbeiten seiner Subunternehmer bar bezahlt worden sei. Er habe in einem Schreiben vom 4. August 2010 ausgeführt, dass er im Rahmen des Bauvorhabens ... diverse Rechnungen gestellt habe, die von der Klägerin bezahlt worden seien.

4

b) Diesen Beweisanträgen ist das FG mit der Begründung, die Anträge seien unsubstantiiert, nicht nachgekommen. Die Klägerin habe nicht dargetan, welche Arbeiten der Zeuge H oder seine Subunternehmer ausgeführt hätten. Die angeblichen Barzahlungen seien darüber hinaus weder mit Quittungen belegt noch habe die Klägerin angegeben, wann und wo sie wem und in welcher Höhe Bargeld überbracht habe.

5

c) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass das FG einem Beweisantrag nur dann nachkommen muss, wenn dieser substantiiert ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Dezember 2007 I B 134/07, BFH/NV 2008, 736, unter II.2.b, m.w.N.). Das setzt voraus, dass das Beweisthema und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme in Bezug auf einzelne konkrete Tatsachen genau angegeben werden (BFH-Beschluss vom 14. September 2015 VIII B 40/15, nicht veröffentlicht, Rz 10, m.w.N.). Unsubstantiiert sind aber nicht nur Beweisanträge, die das Beweisthema nicht hinreichend konkretisieren, sondern auch solche Anträge, die dazu dienen sollen, unsubstantiierte Behauptungen zu stützen (BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2001 VIII B 132/00, BFH/NV 2002, 661, unter 2.b). In welchem Maße eine solche Substantiierung zu fordern ist, hängt von der im Einzelfall bestehenden Mitwirkungspflicht des Beteiligten ab. Zu berücksichtigen ist deshalb auch, ob die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, dem Wissens- und Einflussbereich des Beteiligten (Beweisführers) zuzurechnen sind, der die Verletzung der Sachaufklärungspflicht rügt (BFH-Beschluss vom 7. November 2011 I B 172/11, BFH/NV 2013, 561, Rz 11). Beweisanträge, denen unsubstantiierte Behauptungen zugrunde liegen, lösen als sog. Beweisermittlungsanträge keine Pflicht des Gerichts zur Beweiserhebung aus (BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 661, unter 2.b).

6

d) Gemessen daran hat das FG im Streitfall zu Recht angenommen, dass die bloße Behauptung der Barzahlung für die angeblich erfolgten Sanierungsaufwendungen den gestellten Beweisantrag, den Zeugen H hierzu zu vernehmen, nicht als hinreichend bestimmt erscheinen lasse. Der Zeuge H hatte hierzu in seiner Stellungnahme vom 4. August 2010 lediglich ausgeführt, dass er das Geld erhalten habe. Auch aus diesem Schreiben ergeben sich keine weiteren Einzelheiten. Sind allerdings --wie hier-- die maßgebenden Tatsachenfragen von Anfang an streitig gewesen und geblieben, darf das FG davon ausgehen, dass jedenfalls ein fachkundig vertretener Steuerpflichtiger bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz das ihm Mögliche tut, um die für seine Position günstigen und in seinem Wissensbereich liegenden Tatsachen im Einzelnen vorzutragen. Deshalb hätte es der Klägerin oblegen, die einzelnen Zahlungsvorgänge näher zu konkretisieren, beispielsweise anhand von Quittungen, Kontoabhebungen (Herkunft der Mittel), Angabe zur Höhe der einzelnen Beträge, Zeit und Ort der Übergabe des Geldes sowie Angaben zum Überbringer und Empfänger. An der demnach notwendigen Konkretisierung der behaupteten Umstände fehlt es jedoch, weshalb das FG von der Beweiserhebung zu Recht abgesehen hat.

7

e) Da sich das FG schon nicht die Überzeugung bilden konnte, dass und in welchem Umfang die Klägerin die Aufwendungen für die behaupteten Sanierungsarbeiten selbst getragen hat, kam es auf den Umstand, ob überhaupt Sanierungsarbeiten getätigt worden sind, nicht an. Es bedarf hier deshalb keiner Entscheidung, ob der Zeugenbeweis durch Herrn G insoweit ein taugliches Beweismittel gewesen wäre.

8

f) Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am Sitzungstag des anberaumten Erörterungstermins (15. Dezember 2015) telefonisch der zuständigen Berichterstatterin mitgeteilt hat, dass er zum Erörterungstermin nicht erscheinen werde. Nach Aufhebung des Erörterungstermins und nach der Stellung der Beweisanträge hat die Klägerin nach entsprechender Anfrage auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und damit zu erkennen gegeben, dass sie eine weitere Beweiserhebung nicht für erforderlich hält (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. Februar 2016 XI B 53/15, BFH/NV 2016, 954, Rz 34, und vom 28. August 2006 V B 56/06, BFH/NV 2007, 70).

9

2. Von einer weiteren Begründung und der Sachverhaltsdarstellung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

10

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei. § 110 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.

(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören

1.
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;
1a.
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung).2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen;
2.
Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, auch soweit sie von Arbeitgebern ausgleichspflichtiger Personen an ausgleichsberechtigte Personen infolge einer nach § 10 oder § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes durchgeführten Teilung geleistet werden;
3.
laufende Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung.2Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben den laufenden Beiträgen und Zuwendungen an eine solche Versorgungseinrichtung leistet, mit Ausnahme der Zahlungen des Arbeitgebers
a)
zur erstmaligen Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätskapitalanforderung nach den §§ 89, 213, 234g oder 238 des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
b)
zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung nach unvorhersehbaren Verlusten oder zur Finanzierung der Verstärkung der Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse, wobei die Sonderzahlungen nicht zu einer Absenkung des laufenden Beitrags führen oder durch die Absenkung des laufenden Beitrags Sonderzahlungen ausgelöst werden dürfen,
c)
in der Rentenbezugszeit nach § 236 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder
d)
in Form von Sanierungsgeldern;
Sonderzahlungen des Arbeitgebers sind insbesondere Zahlungen an eine Pensionskasse anlässlich
a)
seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung oder
b)
des Wechsels von einer nicht im Wege der Kapitaldeckung zu einer anderen nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung.
3Von Sonderzahlungen im Sinne des Satzes 2 zweiter Halbsatz Buchstabe b ist bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf nur auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach dem Wechsel die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt des Wechsels übersteigt.4Sanierungsgelder sind Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse anlässlich der Systemumstellung einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung auf der Finanzierungs- oder Leistungsseite, die der Finanzierung der zum Zeitpunkt der Umstellung bestehenden Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften dienen; bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf ist nur von Sanierungsgeldern auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach der Systemumstellung die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt der Systemumstellung übersteigt.
2Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht.

(2)1Von Versorgungsbezügen bleiben ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei.2Versorgungsbezüge sind

1.
das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug
a)
auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften,
b)
nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften
oder
2.
in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge; Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
3Der maßgebende Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr des
Versorgungs-
beginns
VersorgungsfreibetragZuschlag zum
Versorgungs-
freibetrag
in Euro
in % der
Versorgungs-
bezüge
Höchstbetrag
in Euro
bis 200540,03 000900
ab 200638,42 880864
200736,82 760828
200835,22 640792
200933,62 520756
201032,02 400720
201130,42 280684
201228,82 160648
201327,22 040612
201425,61 920576
201524,01 800540
201622,41 680504
201720,81 560468
201819,21 440432
201917,61 320396
202016,01 200360
202115,21 140342
202214,41 080324
202313,61 020306
202412,8960288
202512,0900270
202611,2840252
202710,4780234
20289,6720216
20298,8660198
20308,0600180
20317,2540162
20326,4480144
20335,6420126
20344,8360108
20354,030090
20363,224072
20372,418054
20381,612036
20390,86018
20400,000


4Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag ist
a)
bei Versorgungsbeginn vor 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für Januar 2005,
b)
bei Versorgungsbeginn ab 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den ersten vollen Monat,
jeweils zuzüglich voraussichtlicher Sonderzahlungen im Kalenderjahr, auf die zu diesem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch besteht.5Der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag darf nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag geminderten Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden.6Bei mehreren Versorgungsbezügen mit unterschiedlichem Bezugsbeginn bestimmen sich der insgesamt berücksichtigungsfähige Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach dem Jahr des Beginns des ersten Versorgungsbezugs.7Folgt ein Hinterbliebenenbezug einem Versorgungsbezug, bestimmen sich der Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag für den Hinterbliebenenbezug nach dem Jahr des Beginns des Versorgungsbezugs.8Der nach den Sätzen 3 bis 7 berechnete Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gelten für die gesamte Laufzeit des Versorgungsbezugs.9Regelmäßige Anpassungen des Versorgungsbezugs führen nicht zu einer Neuberechnung.10Abweichend hiervon sind der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag neu zu berechnen, wenn sich der Versorgungsbezug wegen Anwendung von Anrechnungs-, Ruhens-, Erhöhungs- oder Kürzungsregelungen erhöht oder vermindert.11In diesen Fällen sind die Sätze 3 bis 7 mit dem geänderten Versorgungsbezug als Bemessungsgrundlage im Sinne des Satzes 4 anzuwenden; im Kalenderjahr der Änderung sind der höchste Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag maßgebend.12Für jeden vollen Kalendermonat, für den keine Versorgungsbezüge gezahlt werden, ermäßigen sich der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in diesem Kalenderjahr um je ein Zwölftel.

(3)1Die Energiepreispauschale nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz oder vergleichbare Leistungen zum Ausgleich gestiegener Energiepreise nach Landesrecht sind als Einnahmen nach Absatz 2 zu berücksichtigen.2Sie gelten nicht als Sonderzahlung im Sinne von Absatz 2 Satz 4, jedoch als regelmäßige Anpassung des Versorgungsbezugs im Sinne von Absatz 2 Satz 9.3Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind die Energiepreispauschale und vergleichbare Leistungen bei der Berechnung einer Vorsorgepauschale nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe b und c nicht zu berücksichtigen.4In den Fällen des Satzes 1 sind die §§ 3 und 24a nicht anzuwenden.