Bundesverfassungsgericht Urteil, 24. Juli 2018 - 2 BvR 309/15, 2 BvR 502/16

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2018:rs20180724.2bvr030915
24.07.2018

Tenor

1. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

2. a) § 25 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten des Landes Baden-Württemberg (Gesetzblatt 2014 Seite 534) ist - soweit er die Anordnung einer Fixierung als besondere Sicherungsmaßnahme betrifft - mit Artikel 2 Absatz 2 Sätze 2 und 3 in Verbindung mit Artikel 104 Absätze 1 und 2 des Grundgesetzes unvereinbar.

b) Der Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 4. Februar 2015 - 5 XIV 29/15 L - verletzt den Betroffenen zu I. in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Sätze 2 und 3 in Verbindung mit Artikel 104 Absätze 1 und 2 des Grundgesetzes.

3. a) Das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 4. Februar 2016 - 1 U 2264/15 - verletzt den Beschwerdeführer zu II. in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Sätze 2 und 3 in Verbindung mit Artikel 104 Absätze 1 und 2 des Grundgesetzes. Das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 4. Februar 2016 - 1 U 2264/15 - wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht München zurückverwiesen.

b) Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu II. verworfen.

4. Gemäß § 35 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht wird angeordnet:

a) In Baden-Württemberg bleiben Fixierungen in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung gemäß § 25 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten bis zum 30. Juni 2019 zulässig.

b) Im Freistaat Bayern bleiben Fixierungen in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung bis zum 30. Juni 2019 zulässig, soweit sie unerlässlich sind, um eine gegenwärtige erhebliche Selbstgefährdung oder eine erhebliche Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer abzuwenden.

c) Für beide Länder gilt: Die 5-Punkt- und die 7-Punkt-Fixierung unterliegt dem Richtervorbehalt des Artikels 104 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes, es sei denn, es handelt sich um eine lediglich kurzfristige Maßnahme, die absehbar die Dauer von einer halben Stunde unterschreitet. Nach Beendigung einer jeden Fixierung ist der Betroffene auf die Möglichkeit einer nachträglichen gerichtlichen Überprüfung hinzuweisen.

5. Der baden-württembergische und der bayerische Gesetzgeber sind verpflichtet, bis zum 30. Juni 2019 einen verfassungsgemäßen Zustand herbeizuführen.

6. Das Land Baden-Württemberg hat dem Beschwerdeführer zu I., der Freistaat Bayern dem Beschwerdeführer zu II. die jeweils notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.

1

Die - zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen - Verfassungsbeschwerden betreffen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Anordnung von Fixierungen im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung. Sie werfen insbesondere die Frage auf, ob es sich bei einer Fixierung - Fesselung eines auf dem Rücken liegenden Betroffenen mittels spezieller Gurte an das Bett, um seine Bewegungsfähigkeit weitgehend oder vollständig aufzuheben - um eine dem Richtervorbehalt unterliegende Freiheitsentziehung handelt.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer zu I. ist der Verfahrenspfleger des im Jahr 2015 in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung untergebrachten Betroffenen zu I., der über mehrere Tage ohne richterliche Entscheidung auf der Grundlage von § 25 des baden-württembergischen Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz - PsychKHG BW) vom 25. November 2014 (GBl S. 534) fixiert wurde. Die Vorschrift lautet:

§ 25 Besondere Sicherungsmaßnahmen

(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind nur zulässig, wenn und solange eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für die Sicherheit in der anerkannten Einrichtung besteht, insbesondere bei erheblicher Selbstgefährdung, der Gefährdung bedeutender Rechtsgüter Dritter oder wenn die untergebrachte Person die Einrichtung ohne Erlaubnis verlassen will, und dieser Gefahr nicht mit weniger eingreifenden Mitteln begegnet werden kann.

(2) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind:

1. die Beschränkung und der Entzug des Aufenthalts im Freien,

2. die Wegnahme oder Vorenthaltung von Gegenständen,

3. die Absonderung in einem besonders gesicherten Raum,

4. die Fixierung,

5. das Festhalten anstelle der Fixierung.

(3) Jede besondere Sicherungsmaßnahme ist von einer Ärztin oder einem Arzt der anerkannten Einrichtung befristet anzuordnen. Sie ist unverzüglich aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Anordnung weggefallen sind. Wird eine Sicherungsmaßnahme nach Absatz 2 Nummer 3 vorgenommen, hat eine engmaschige Überwachung durch therapeutisches oder pflegerisches Personal zu erfolgen. Bei Fixierungen ist eine unmittelbare, persönliche und in der Regel ständige Begleitung sicherzustellen, soweit die untergebrachte Person nicht ausdrücklich darauf verzichtet. Die ärztliche Kontrolle ist im erforderlichen Maß zu gewährleisten.

(4) Anordnung, Begründung und Beendigung der besonderen Sicherungsmaßnahme sind zu dokumentieren.

(5) (…)

3

a) Der Betroffene zu I. leidet an einer schizoaffektiven Störung. Am 23. Januar 2015 ordnete das Amtsgericht Ludwigsburg gemäß § 15 Abs. 1 i.V.m. § 1 PsychKHG BW seine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik bis zum 6. März 2015 an, weil er aufgrund seiner Erkrankung in erheblichem Maße sein Leben, seine Gesundheit und Rechtsgüter anderer gefährde.

4

Am selben Tag wurde der Betroffene zu I. auf ärztliche Anordnung 5-Punkt-fixiert, das heißt, an sämtlichen Gliedmaßen und mit einem Bauchgurt am Bett festgebunden.

5

b) Am 29. Januar 2015 stellte der Beschwerdeführer zu I. beim Amtsgericht Ludwigsburg einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 327 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG) mit dem Ziel, die durch die Ärzte gegenüber dem Betroffenen zu I. angeordnete Fixierung für rechtswidrig zu erklären. Dazu führte er aus, er habe den Betroffenen zu I. am 28. Januar 2015 gegen 17:00 Uhr in einem verschlossenen, videoüberwachten Isolationszimmer sediert und 5-Punkt-fixiert vorgefunden. Nur für Toilettengänge und zum Duschen werde der Betroffene entfixiert. Durch den Einschluss im Isolationszimmer, die Sedierung und die nicht nur kurzfristige 5-Punkt-Fixierung werde dem Betroffenen die Freiheit entzogen. Die Maßnahmen bedürften nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 104 GG - über die ärztliche Anordnung nach § 25 PsychKHG BW hinaus - der richterlichen Anordnung.

6

c) Das Klinikum erklärte in einer Stellungnahme, nach ärztlicher Auffassung sei die Fixierung derzeit zur Vermeidung einer Fremdgefährdung erforderlich. Seit seiner zunächst freiwilligen stationären Aufnahme am 16. Januar 2015 habe der Betroffene zu I. mehrfach die Polizei angerufen, Bombendrohungen abgesetzt und sich sowohl gegenüber Mitpatienten als auch gegenüber dem Pflegepersonal provokativ und bedrohlich verhalten. Bis zum 23. Januar 2015 habe sich die Situation so zugespitzt, dass die Unterbringung beantragt und der Betroffene zu I. fixiert worden sei. Eine erste Lockerung der Fixierung am 24. Januar 2015 habe der Betroffene zu I. genutzt, um mit einer Flasche gegen einen Lichtschalter zu schlagen und sein Getränk zu verschütten. Am 25. Januar 2015 habe er das Pflegepersonal beschimpft und Geschirr zertrümmert. Am 27. Januar 2015 sei er erneut versuchsweise entfixiert worden, habe sich aber an getroffene Vereinbarungen, etwa von Beschimpfungen und Beleidigungen abzusehen, nicht lange halten können. Er habe einen Nachttisch umgestoßen und mit einer Schublade geworfen. Die Situation sei danach angespannt geblieben. Der Betroffene zu I. habe trotz Fixierung mit Gegenständen geworfen. Nachdem die ihm verabreichten Medikamente sedierend gewirkt hätten, sei er am 1. Februar 2015 erneut entfixiert worden, habe sich im weiteren Verlauf aber wieder bedrohlich verhalten. Da er am 2. Februar 2015 eine Lampe und einen Stuhl zertrümmert habe, sei er wieder fixiert worden.

7

d) Mit angegriffenem Beschluss vom 4. Februar 2015 wies das Amtsgericht Ludwigsburg den Antrag zurück. Die Fixierung sei eine besondere Sicherungsmaßnahme nach § 25 Abs. 2 Nr. 4 PsychKHG BW. Als solche sei sie nach § 25 Abs. 3 PsychKHG BW von einem Arzt befristet anzuordnen und unverzüglich aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen entfielen. Anders als bei der Zwangsmedikation nach § 20 PsychKHG BW sei für die Fixierung kein Richtervorbehalt normiert. Soweit der Antrag dahin zu verstehen sei, dass die Fixierung als Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Vollzug der Unterbringung nach § 312 Nr. 3 FamFG angegriffen werden solle, könne das Gericht nach § 327 Abs. 1 FamFG nur prüfen, ob die Klinik die Voraussetzungen des § 25 PsychKHG BW beachtet habe. Dies sei offensichtlich der Fall. Aus der Stellungnahme des Klinikums ergebe sich, dass mehrmals versucht worden sei, die Fixierung aufzuheben, diese jedoch aufgrund akuter Fremdgefährdung durch den Betroffenen zu I. immer wieder notwendig geworden sei.

8

2. Der Beschwerdeführer zu II. begehrt im Wege der Amtshaftung Ersatz für Schäden, die ihm durch eine gut acht Stunden andauernde Fixierungsmaßnahme während seiner vorläufigen Unterbringung in der Psychiatrie entstanden seien. Die Unterbringung erfolgte nach dem Bayerischen Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker und deren Betreuung (Bayerisches Unterbringungsgesetz - BayUnterbrG) vom 5. April 1992 (GVBl S. 60). Das Gesetz enthält für die Fixierung untergebrachter Personen keine spezielle Ermächtigungsgrundlage.

9

Das Landgericht München I sah die Fixierung des Beschwerdeführers zu II.als gemäß § 34 StGB gerechtfertigt an. Das Oberlandesgericht München ordnete sie als rechtmäßige Anwendung unmittelbaren Zwangs gemäß Art. 19 BayUnterbrG ein. Die von den Gerichten herangezogenen Vorschriften des Bayerischen Unterbringungsgesetzes lauten:

Art. 10 Sofortige vorläufige Unterbringung

(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach Art. 1 Abs. 1 vorliegen und kann auch eine gerichtliche Entscheidung nach §§ 331, 332, 167 Abs. 1 Satz 1 oder nach §§ 322, 167 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 284 FamFG nicht mehr rechtzeitig ergehen, um einen für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung drohenden Schaden zu verhindern, so kann die Kreisverwaltungsbehörde die sofortige vorläufige Unterbringung anordnen und nach Maßgabe des Art. 8 vollziehen. Die Kreisverwaltungsbehörde hat das nach § 313 Abs. 3 Satz 1, § 167 Abs. 1 Satz 1 FamFG zuständige Gericht unverzüglich, spätestens bis zwölf Uhr des auf das Ergreifen folgenden Tages, von der Einlieferung zu verständigen.

(2) In unaufschiebbaren Fällen des Absatzes 1 kann die Polizei den Betroffenen ohne Anordnung der Kreisverwaltungsbehörde in eine Einrichtung im Sinn des Art. 1 Abs. 1 einliefern. Die Polizei hat das nach § 313 Abs. 3 Satz 1, § 167 Abs. 1 Satz 1 FamFG zuständige Gericht und die nach Art. 6 zuständige Kreisverwaltungsbehörde unverzüglich, spätestens bis zwölf Uhr des auf das Ergreifen folgenden Tages, von der Einlieferung zu verständigen. Satz 1 gilt auch in den Fällen, in denen sich ein Betroffener entgegen der Entscheidung des Gerichts der Obhut der Einrichtung entzieht.

(3) Bei einer Unterbringung nach Absatz 1 hat die Kreisverwaltungsbehörde der unterzubringenden Person die Gelegenheit zu geben, einen Angehörigen oder eine Person ihres Vertrauens zu benachrichtigen, sofern der Unterbringungszweck dadurch nicht gestört wird. Die Kreisverwaltungsbehörde hat die Benachrichtigung selbst zu übernehmen, wenn die unterzubringende Person nicht in der Lage ist, von dem Recht nach Satz 1 Gebrauch zu machen und die Benachrichtigung ihrem mutmaßlichem Willen nicht widerspricht. Ist die unterzubringende Person minderjährig, oder ist für sie ein Betreuer bestellt, so ist in jedem Fall unverzüglich derjenige zu benachrichtigen, dem die Sorge für die Person obliegt. Die Pflicht nach den Sätzen 1 bis 3 gilt bei einer Einlieferung nach Absatz 2 für die Polizei entsprechend. Eine Benachrichtigung nach den Sätzen 1 bis 3 soll auch durch die Einrichtung, in der der Betroffene untergebracht wurde, erfolgen, sofern die Benachrichtigung durch die Kreisverwaltungsbehörde oder die Polizei unterblieben ist.

(4) Befindet sich jemand in einer Einrichtung im Sinn des Art. 1 Abs. 1, ohne auf Grund dieses Gesetzes eingewiesen worden zu sein, so kann, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, aber eine Entscheidung der Kreisverwaltungsbehörde nicht mehr rechtzeitig veranlasst werden kann, der Betroffene gegen seinen Willen festgehalten werden. Die Entscheidung trifft der Leiter der Einrichtung. Er hat das nach § 313 Abs. 3 Satz 1, § 167 Abs. 1 Satz 1 FamFG zuständige Gericht und die nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 zuständige Kreisverwaltungsbehörde unverzüglich, spätestens bis zwölf Uhr des auf den Beginn des Festhaltens folgenden Tages zu verständigen.

(5) Der Leiter der Einrichtung hat in den Fällen der Absätze 1, 2 und 4 die sofortige Untersuchung des Betroffenen zu veranlassen. Ergibt diese, dass die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 nicht vorliegen, so darf der Betroffene nicht gegen seinen Willen festgehalten werden; von der Entlassung sind das nach § 313 Abs. 3 Satz 1, § 167 Abs. 1 Satz 1 FamFG zuständige Gericht und die nach Art. 6 zuständige Kreisverwaltungsbehörde unverzüglich zu verständigen. Bestehen auf Grund der Untersuchung begründete Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 1 Abs. 1, so teilt das der Leiter der Einrichtung dem nach § 313 Abs. 3 Satz 1, § 167 Abs. 1 Satz 1 FamFG zuständigen Gericht und der nach Art. 6 zuständigen Kreisverwaltungsbehörde spätestens bis zwölf Uhr des Tages mit, der dem Beginn des zwangsweisen Aufenthalts des Betroffenen folgt; wurde die Anordnung nach Absatz 1 von einer anderen Kreisverwaltungsbehörde erlassen, so ist auch dieser Mitteilung zu machen. Der Betroffene ist unverzüglich, spätestens am Tag nach dem Ergreifen oder dem Beginn des Festhaltens, dem Richter vorzustellen.

(6) Ergeht bis zum Ablauf des auf das Ergreifen oder den Beginn des Festhaltens des Betroffenen folgenden Tages keine Entscheidung des Gerichts, so ist der Betroffene zu entlassen. Hiervon sind das Gericht und die Kreisverwaltungsbehörde sowie bei Minderjährigen und Personen, für die ein Betreuer bestellt ist, derjenige, dem die Sorge für die Person obliegt, unverzüglich zu benachrichtigen.

(7) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Vollzug der Unterbringung kann der Betroffene auch schon vor der gerichtlichen Anordnung der Unterbringung Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Über den Antrag entscheidet das für die Anordnung der Unterbringung zuständige Gericht. §§ 327, 167 Abs. 1 Satz 1 FamFG sind entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsrechtsweg ist ausgeschlossen.

Art. 12 Unterbringung und Betreuung

(1) Die nach diesem Gesetz Untergebrachten haben Anspruch, als Kranke behandelt zu werden. Sie werden so untergebracht, behandelt und betreut, dass der Unterbringungszweck bei geringstem Eingriff in die persönliche Freiheit erreicht wird.

(2) Kinder und Jugendliche sind grundsätzlich entsprechend dem Ausmaß ihrer Störung und ihrem Entwicklungsstand gesondert unterzubringen und zu betreuen.

(3) Den Untergebrachten soll unter Beachtung medizinischer, sozialtherapeutischer und sicherheitsrechtlicher Erkenntnisse und Möglichkeiten Gelegenheit zu sinnvoller Beschäftigung und Arbeit gegeben werden. Für geleistete Arbeit ist ein angemessenes Entgelt zu gewähren. Daneben sind mögliche weitere Hilfen nach Art. 3 zu gewähren oder zu veranlassen.

Art. 19 Unmittelbarer Zwang

(1) Bedienstete der Einrichtung dürfen gegen Untergebrachte unmittelbaren Zwang anwenden, wenn dies zur Durchführung des Art. 12 Abs. 1 und 2, des Art. 13 oder von Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung erforderlich ist. Bei Behandlungsmaßnahmen darf unmittelbarer Zwang nur angewendet werden, wenn der Betroffene zu deren Duldung verpflichtet ist.

(2) Gegen andere Personen darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Untergebrachte zu befreien oder in den Bereich der Einrichtung widerrechtlich einzudringen.

(3) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen. Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.

(4) Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen.

(5) Das Recht zu unmittelbarem Zwang auf Grund anderer Regelungen bleibt unberührt.

10

a) Der Beschwerdeführer zu II. wurde am Abend des 24. Juni 2009 von der Polizei mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,68 Promille wegen angenommener Suizidgefahr in das Isar-Amper-Klinikum München-Ost gebracht. Dort wurde bei der Aufnahme eine Alkoholintoxikation mit akuter Anpassungsstörung diagnostiziert. Von kurz nach 0:00 Uhr bis um 8:15 Uhr des 25. Juni 2009 wurde der Beschwerdeführer zu II. am Krankenbett 7-Punkt-fixiert, das heißt, mit Gurten an beiden Armen, beiden Beinen sowie um Bauch, Brust und Stirn an das Bett angebunden. Am selben Tag zwischen 12:00 Uhr und 13:00 Uhr wurde er entlassen.

11

b) Mit seiner vor dem Landgericht München I erhobenen Amtshaftungsklage machte der Beschwerdeführer zu II. einen Schmerzensgeldanspruch wegen Hautabschürfungen, Druckstellen und Einblutungen geltend, die er durch die Fixierung erlitten habe. Diese sei nicht rechtmäßig erfolgt, weil es an einer Rechtsgrundlage gefehlt habe. Zudem habe er keine Suizidabsichten geäußert. Selbst wenn dies aber der Fall gewesen sein sollte, wäre die Anordnung einer Fixierung unverhältnismäßig gewesen.

12

c) Mit angegriffenem Urteil vom 27. Mai 2015 wies das Landgericht München I die Klage mit der Begründung ab, dass dem Beschwerdeführer zu II. ein Anspruch auf Schmerzensgeld nicht zustehe. Er sei im Zeitpunkt der Maßnahme nach Art. 1 Abs. 1, Art. 10 Abs. 2 Satz 1, Art. 11 Abs. 1 Satz 1 BayUnterbrG öffentlich-rechtlich untergebracht gewesen. Zwar enthalte das Bayerische Unterbringungsgesetz für die Anordnung von Fixierungen keine konkrete Ermächtigungsgrundlage. Eine Fixierung sei jedoch in einem akuten Notfall wie dem vorliegenden nach § 34 StGB gerechtfertigt. Die durchgeführte Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Fixierung aus Sicht der diensthabenden Ärztin auf der Grundlage der ihr im Zeitpunkt der Anordnung bekannten Tatsachen zur Abwendung einer Gefahr für das Leben des Beschwerdeführers zu II. erforderlich und aus medizinischer Sicht lege artis gewesen sei.

13

d) Das Oberlandesgericht München wies die gegen das Urteil des Landgerichts München I eingelegte Berufung mit angegriffenem Urteil vom 4. Februar 2016 zurück. Das Landgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Die Fixierung sei nach Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 BayUnterbrG als Maßnahme des unmittelbaren Zwangs zur Erreichung des Unterbringungszwecks rechtmäßig gewesen. Die Anordnung einer Fixierung sei von der allgemeinen Unterbringungsermächtigung des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 BayUnterbrG gedeckt. Eines Rückgriffs auf die strafrechtliche Vorschrift zum rechtfertigenden Notstand bedürfe es nicht, weil der Gesetzgeber im Bayerischen Unterbringungsgesetz spezielle, dem § 34 StGB vorgehende Regelungen getroffen habe. Die Voraussetzungen für die Anwendung des unmittelbaren Zwangs in der gewählten Form hätten vorgelegen, weil konkrete Anhaltspunkte für eine akute Selbsttötungs- oder Selbstverletzungsgefahr des Beschwerdeführers zu II. vorgelegen hätten, zu deren Abwendung die Fixierung geeignet und erforderlich gewesen sei.

II.

14

1. Die Verfassungsbeschwerde in dem Verfahren 2 BvR 309/15, die der Beschwerdeführer zu I. "für den Betroffenen und im eigenen Namen" eingelegt hat, richtet sich unmittelbar gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 4. Februar 2015, mittelbar gegen § 25 Abs. 3 PsychKHG BW. Der Beschwerdeführer zu I. rügt im Wesentlichen eine Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG.

15

Die gegenüber dem Betroffenen durchgeführte Fixierung sei weder richterlich angeordnet noch genehmigt worden. Als freiheitsentziehende Maßnahme unterliege die Fixierung jedoch nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 und 2 GG einem Richtervorbehalt. Hiergegen verstoße § 25 Abs. 3 PsychKHG BW, welcher die Freiheitsentziehung im Rahmen der besonderen Sicherungsmaßnahmen allein der ärztlichen Entscheidung vorbehalte.

16

Darüber hinaus verstoße § 25 Abs. 3 PsychKHG BW gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Sei eine unter Betreuung stehende Person gemäß § 1906 Abs. 1 BGB untergebracht, so sei bei der Anordnung weiterer freiheitsentziehender Maßnahmen wie Fixierungen eine richterliche Genehmigung erforderlich. Es gebe keinen sachlichen Grund dafür, bei öffentlich-rechtlich untergebrachten Personen die ärztliche Entscheidung ausreichen zu lassen und von einem Richtervorbehalt abzusehen.

17

2. Der Beschwerdeführer zu II. sieht sich durch die angegriffenen Urteile des Landgerichts München I vom 27. Mai 2015 und des Oberlandesgerichts München vom 4. Februar 2016 in seinen Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten aus Art. 1 Abs. 1 und 3, Art. 2 Abs. 1 und 2 Satz 2, Art. 20 Abs. 3 und Art. 104 Abs. 1 und 2 GG verletzt.

18

Die angegriffenen Entscheidungen würden insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf Freiheit der Person verkennen. In dieses Grundrecht dürfe nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes eingegriffen werden. Die Eingriffsvoraussetzungen müssten hinreichend klar und bestimmt geregelt sein, wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur medizinischen Zwangsbehandlung ausgeführt habe. Der Eingriff müsse dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in besonderem Maße Rechnung tragen.

19

Für seine Fixierung habe es bereits keine rechtliche Grundlage gegeben. Die vom Oberlandesgericht herangezogenen Vorschriften, Art. 12 und 19 BayUnterbrG, reichten als Ermächtigungsgrundlage für eine Fixierung nicht aus, weil sie nicht hinreichend bestimmt seien. Art. 12 BayUnterbrG spreche lediglich davon, dass Behandlung und Betreuung des Untergebrachten mit dem geringstmöglichen Eingriff in die persönliche Freiheit erfolgen müssten. Art. 19 BayUnterbrG regele die Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Behandlung sowie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Einrichtung. Bei seiner Fixierung habe es sich aber weder um eine Behandlungsmaßnahme gehandelt, noch habe sie der Sicherheit und Ordnung der Anstalt gedient.

20

Der bayerische Gesetzgeber gehe in den Gesetzesmaterialien zu dem am 1. August 2015 in Kraft getretenen Bayerischen Maßregelvollzugsgesetz (BayMRVG) selbst davon aus, dass Art. 12 und 19 BayUnterbrG als Ermächtigungsgrundlage für Fixierungen ungeeignet seien. Daher habe er in Art. 26 BayMRVG gesondert geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine Fixierung im Maßregelvollzug zulässig sei.

21

Außerdem sei die über acht Stunden andauernde Fixierung entwürdigend und unverhältnismäßig gewesen. Mildere Mittel, die zu einer Deeskalation der Situation hätten beitragen können, seien aus organisatorischen Gründen bei ihm nicht eingesetzt worden. Zudem hätte das Klinikum die Beobachtung eines suizidgefährdeten Patienten gegebenenfalls durch den Einsatz von Sitzwachen gewährleisten müssen.

III.

22

Gelegenheit zur Äußerung zu den beiden Verfassungsbeschwerden hatten der Deutsche Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung (Bundeskanzleramt, Bundesministerium des Innern und Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz), das Ministerium der Justiz und für Europa des Landes Baden-Württemberg, das Bayerische Staatsministerium der Justiz, der Landtag Baden-Württemberg, der Bayerische Landtag, sämtliche Landesregierungen, die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN) sowie der Bundesverband Psychiatrieerfahrener e.V. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz ist in dem Verfahren 2 BvR 502/16 gebeten worden mitzuteilen, ob bei den Amtsgerichten in Bayern ein nächtlicher Eildienst für die richterliche Anordnung präventiver Freiheitsentziehungen eingerichtet ist. Von der Möglichkeit zur Stellungnahme haben das Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg, das Bayerische Staatsministerium der Justiz, die DGPPN und der Bundesverband Psychiatrieerfahrener e.V. Gebrauch gemacht.

23

1. Für das Land Baden-Württemberg hat das Ministerium für Soziales und Integration zu dem Verfahren 2 BvR 309/15 vorgetragen: Die Verfassungsbeschwerde sei unbegründet, weil die in § 25 Abs. 3 PsychKHG BW zugelassene Anordnung von Fixierungsmaßnahmen durch eine Ärztin oder einen Arzt nicht gegen Art. 104 Abs. 2 GG verstoße.

24

Die Fixierung sei zwar eine freiheitsentziehende Maßnahme, soweit sie länger als kurzfristig andauere, sie unterliege aber nicht dem Richtervorbehalt, weil sie lediglich die Art und Weise der bereits richterlich angeordneten Unterbringung betreffe.

25

Der aus Art. 104 Abs. 2 GG folgende Richtervorbehalt beziehe sich nur auf das "Ob" einer Freiheitsentziehung, nicht aber auf das "Wie" ihres Vollzugs. So umfasse der Richtervorbehalt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beispielsweise nicht die Art und Weise, wie die Sicherungsverwahrung durchzuführen sei. Auch die Verhängung eines Arrests im Rahmen des Vollzugs einer Freiheitsstrafe unterliege nach verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung nicht dem Richtervorbehalt des Art. 104 Abs. 2 GG. Während des Arrestvollzugs sei der Gefangene in der Kommunikation mit anderen Personen beschränkt und, sofern nichts anderes angeordnet sei, an den durch § 104 Abs. 5 Satz 3 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) bezeichneten Betätigungen wie etwa dem Einkauf gehindert. Die Anordnung des Arrests berühre damit lediglich das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, das aber durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden könne. Die Freiheit der Person sei nicht betroffen, weil sie bereits durch die auf Freiheitsstrafe lautende Verurteilung gerichtlich entzogen worden sei. Dies bedeute allerdings nicht, dass eine richterliche Kontrolle nicht gewährleistet sei; sie könne im Wege eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 StVollzG erfolgen.

26

Im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung bestehe ebenfalls die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit angeordneter besonderer Sicherungsmaßnahmen mittels eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 327 Abs. 1 FamFG durch das Betreuungsgericht überprüfen zu lassen.

27

Stellte man die Fixierung unter einen Richtervorbehalt, sei zu berücksichtigen, dass eine wirksame Vorabkontrolle der beabsichtigten Freiheitsentziehungen durch den Richter in der überwiegenden Zahl der Fälle wegen der Besonderheiten beim Vollzug von Fixierungsmaßnahmen nicht sichergestellt werden könne. Fixierungen würden im Regelfall sehr kurzfristig und als Reaktion auf erhebliche Gefährdungslagen angeordnet. Es sei in diesen Fällen nicht möglich, vor der Fixierung eine richterliche Entscheidung einzuholen. Situationsbedingt müssten Fixierungsmaßnahmen regelmäßig unverzüglich angeordnet werden. Andernfalls würde die Leidenszeit der Patienten verlängert; es müsse davon ausgegangen werden, dass es im Einzelfall zu schwerwiegenden, dann nicht mehr zu verhindernden Verletzungen von Rechtsgütern der betroffenen Patienten, Mitpatienten oder des Personals kommen werde. Folge des Richtervorbehalts könne auch sein, dass Übergriffe auf Mitpatienten, die bislang kaum erfasst würden, verstärkt aufträten. Wissenschaftliche Untersuchungen hätten ergeben, dass nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Zwangsmedikation bis zur Neuregelung des Unterbringungsgesetzes in Baden-Württemberg die Zahl aggressiver Übergriffe signifikant zugenommen habe. Wie der dem Verfahren 2 BvR 309/15 zugrunde liegende Fall zeige, würden angeordnete Fixierungen oft schon am Tag nach ihrer Anordnung gelockert. Wäre danach eine erneute Fixierung wegen einer eintretenden Gefährdungslage erforderlich, müsste konsequenterweise vorher eine erneute richterliche Entscheidung eingeholt werden. Ein Richtervorbehalt hätte nachteilige Konsequenzen für die häufig geübte Praxis, einmal angeordnete Fixierungsmaßnahmen situationsbedingt und kurzfristig wieder zu lockern. Diese Praxis würde zurückgedrängt, wenn vor einer erneuten Fixierungsmaßnahme wiederum eine richterliche Entscheidung herbeigeführt werden müsste.

28

Schließlich sei zu bedenken, dass die Regelungen im baden-württembergischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz auch für den Maßregelvollzug in Baden-Württemberg Anwendung fänden. Dort werde Rechtsschutz bislang ebenfalls nicht durch einen Richtervorbehalt, sondern durch den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 StVollzG gewährt. Auch hier würde sich die Frage nach der Geltung eines Richtervorbehalts für die Anordnung von Fixierungen stellen.

29

2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat zur Organisation des richterlichen Bereitschaftsdienstes mitgeteilt, aufgrund einer ministeriellen Anordnung sei bei bestimmten Amtsgerichten, darunter auch dem Amtsgericht München, von 6:00 Uhr bis 21:00 Uhr ein Bereitschaftsdienst zur Erledigung unaufschiebbarer Geschäfte einzurichten. Soweit sich die Notwendigkeit ergebe, habe der Behördenleiter einen über diese Regelung hinausgehenden Bereitschaftsdienst anzuordnen. Das Amtsgericht München habe keinen über 21:00 Uhr hinausgehenden nächtlichen Eildienst für die richterliche Anordnung präventiver Freiheitsentziehungen eingerichtet und dies damit begründet, dass im Isar-Amper-Klinikum für richterliche Entscheidungen im Zusammenhang mit vorläufigen Unterbringungsmaßnahmen ein eigener Bereitschaftsdienst vorhanden sei. Dort sei täglich ein Richter vor Ort, der über freiheitsentziehende Maßnahmen und ärztliche Zwangsmaßnahmen nach dem Bayerischen Unterbringungsgesetz entscheide. Dieser Dienst, der nicht nur die Patienten des Isar-Amper-Klinikums, sondern auch diejenigen anderer Krankenhäuser mit geschlossener psychiatrischer Abteilung erfasse, beginne um 9:00 Uhr und ende erst dann, wenn über alle an dem jeweiligen Tag anfallenden Angelegenheiten entschieden worden sei.

30

Im Übrigen hat das Ministerium von einer Stellungnahme abgesehen.

31

3. Die DGPPN hat in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass nach den aktuellen medizinischen Standards freiheitseinschränkende Zwangsmaßnahmen nur als Intervention der letzten Wahl auf ärztliche Anordnung von geschulten Mitarbeitern und nur dann durchgeführt werden dürften, wenn zuvor Deeskalationsversuche erfolglos geblieben seien. Die Dauer sei so kurz wie möglich zu halten. Es werde empfohlen, dass Isolierungen nicht länger als eine Stunde, ein Festhalten nicht länger als zehn Minuten andauern und Fixierungen einen Zeitraum von wenigen Stunden nicht überschreiten sollten. Vor der Anwendung von Zwang bestehe fast immer ein Handlungsspielraum, welche Art der Zwangsmaßnahme (Fixierung, Isolierung, Festhalten, Zwangsmedikation) ergriffen werde; dabei sollte diejenige Maßnahme gewählt werden, die der Patient als am wenigsten eingreifend erlebe. Eine Aufklärung über beabsichtigte Maßnahmen sei erforderlich. Es sollte stets versucht werden, die Kooperationsbereitschaft des Betroffenen wiederzugewinnen. Die Anordnung dürfe nur vom Arzt aufgrund eigener Urteilsfindung am Kranken erfolgen und müsse schriftlich dokumentiert werden. Die Maßnahmen sollten nachbesprochen werden, um möglichen Traumatisierungen vorzubeugen.

32

Auch bei sachgemäßer Durchführung könnten sich Patienten im Rahmen einer Fixierung oder einer Isolierung erheblich verletzen oder andere gesundheitliche Folgen wie eine Venenthrombose oder Lungenembolie durch die längerdauernde Immobilisation erleiden. Bei der Fixierung werde es als erforderlich angesehen, dass eine kontinuierliche Eins-zu-eins-Überwachung mit persönlichem Kontakt für die Dauer der Maßnahme gewährleistet sei. Bei einer Isolierung sei eine engmaschige Überwachung ebenfalls unverzichtbar.

33

Eine vorherige richterliche Entscheidung über die Anordnung einer Fixierung sei notwendig. Es gebe keine empirischen Hinweise darauf, dass eine solche Maßnahme weniger eingreifend als die unter Richtervorbehalt stehende Zwangsbehandlung sei. Einschränkend müsse allerdings beachtet werden, dass in bestimmten Situationen zur Abwendung akuter und schwerwiegender Gefahren sowohl für die Untergebrachten selbst als auch für Dritte Sicherungsmaßnahmen ohne vorherige richterliche Zustimmung sofort und unmittelbar anwendbar sein müssten.

34

Die Regelungen des Bayerischen Unterbringungsgesetzes würden fachlich-medizinischen Standards nicht genügen. Dazu müssten die Voraussetzungen besonderer Sicherungsmaßnahmen, ihre Definition und Ausgestaltung näher konkretisiert werden.

35

4. Der Bundesverband Psychiatrieerfahrener e.V. hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, die dem Verfahren 2 BvR 309/15 zugrunde liegende 5-Punkt-Fixierung des Betroffenen zu I. stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG dar. Zwar sei durch § 25 PsychKHG BW dem Gesetzesvorbehalt Genüge getan, jedoch halte die Vorschrift den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht stand. Zudem könne auf einen Richtervorbehalt bei einer derart einschneidenden Maßnahme nicht verzichtet werden. Aufgrund der Intensität des Eingriffs sei gemäß Art. 104 Abs. 2 GG eine vorherige, bei Gefahr im Verzug eine zumindest unverzüglich anschließende richterliche Prüfung unentbehrlich.

36

Dies gelte erst recht für die 7-Punkt-Fixierung des Beschwerdeführers zu II. Seine Bewegungsfreiheit sei nicht nur vorübergehend, sondern über rund acht Stunden entzogen worden. Bei der vorgenommenen "Totalfesselung" handele es sich um die denkbar intensivste Art des Freiheitsentzugs. Die 7-Punkt-Fixierung sei auch in der Psychiatrie im Allgemeinen unüblich und werde von Fachleuten aufgrund des hohen Erstickungs- und Strangulationsrisikos nicht empfohlen. Es liege daher eindeutig eine Freiheitsentziehung, nicht bloß eine Freiheitsbeschränkung vor. Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung scheide für die vorgenommene Fixierung aus.

37

Der Beschwerdeführer zu II. habe zutreffend darauf hingewiesen, dass an eine Ermächtigungsgrundlage verfahrensrechtliche und inhaltliche Mindestanforderungen zu stellen seien. Der Gesetzgeber müsse wesentliche Komponenten des Grundrechtseingriffs selbst regeln. Die vom Oberlandesgericht München angeführten Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 BayUnterbrG genügten als Rechtsgrundlagen nicht. Die Fixierung sei darin nicht eigens geregelt. Auch seien die Tatbestandsvoraussetzungen der in Bezug genommenen Vorschriften nicht erfüllt, weil der Beschwerdeführer zu II. nicht behandelt worden sei. Er sei letztlich nur zur Ausnüchterung in die Psychiatrie verbracht worden. Der Rechtfertigungsgrund des § 34 StGB könne nur in Notfällen herangezogen werden. Es wäre ohne erheblichen Aufwand möglich gewesen, die Voraussetzungen für die Fixierung gesetzlich zu regeln, wie zahlreiche andere Regelungen, darunter die im Bayerischen Maßregelvollzugsgesetz, zeigten. Auf eine detaillierte Regelung könne angesichts der Grundrechtsintensität einer Fixierung nicht verzichtet werden.

38

Sowohl die 5-Punkt-Fixierung als auch die 7-Punkt-Fixierung erfüllten im Übrigen die Folterdefinition des Art. 1 der Antifolterkonvention der Vereinten Nationen, weil die Tatbestandsmerkmale - Zufügung schwerer Schmerzen und schweren Leids, sowohl physisch wie auch psychisch, Vorsatz und die Beteiligung ärztlichen Personals als Repräsentanten des Staates - gegeben seien. Bereits bei der 5-Punkt-Fixierung sei das Opfer völlig bewegungslos, könne seine Notdurft nur ins Bett verrichten und befinde sich in der Gefahr von Kreislaufproblemen, Blutstau, "Platzangst" und Panikattacken. Dies gelte für die 7-Punkt-Fixierung erst recht, die generell nicht lege artis sei. Die Gefahr solcher negativen Folgeerscheinungen sei bei dem zum Zeitpunkt der Fixierung stark alkoholisierten Beschwerdeführer zu II. noch größer gewesen als bei einem nicht alkoholisierten Patienten.

39

5. Der Bundesgerichtshof ist gemäß § 82 Abs. 4 BVerfGG, § 22 Abs. 4 GOBVerfG um Mitteilung einschlägiger Rechtsprechung zur Rechtmäßigkeit der Fixierung untergebrachter Personen ersucht worden. Der Vorsitzende des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hat mitgeteilt, der Senat sei wiederholt mit Fällen der Fixierung Untergebrachter befasst gewesen. Dabei habe er entschieden, dass es auch im Rahmen einer genehmigten Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB der gesonderten betreuungsgerichtlichen Genehmigung nach § 1906 Abs. 4 BGB bedürfe, wenn dem Betroffenen durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden solle. Da eine zusätzliche freiheitsentziehende Maßnahme einen Betroffenen im Einzelfall regelmäßig noch gravierender beeinträchtige als die Unterbringung, sei die Maßnahme stets auch dann gesondert gerichtlich zu genehmigen, wenn der Betroffene nach § 1906 Abs. 1 bis 3 BGB untergebracht sei. Fixierungsmaßnahmen im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung seien bislang nicht Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung gewesen.

40

6. Das Land Baden-Württemberg ist dem Verfahren 2 BvR 309/15 beigetreten (§ 94 Abs. 5 Satz 1 BVerfGG).

41

7. Die Akten der Ausgangsverfahren haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Den Akten zum Verfahren 2 BvR 309/15 ist zu entnehmen, dass der Betroffene zu I. nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde aus der Klinik entlassen worden ist.

IV.

42

Das Bundesverfassungsgericht hat am 30. und 31. Januar 2018 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die Verfahrensbeteiligten ihr bisheriges Vorbringen vertieft und ergänzt haben.

43

1. Als sachverständige Auskunftspersonen hat das Gericht den Ärztlichen Direktor des Isar-Amper-Klinikums Prof. Dr. Peter Brieger, den Psychiater Prof. Dr. Peter Lepping (Mitglied des Centre for Mental Health and Society, Wrexham), den Ärztlichen Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Weissenau (ZfP Südwürttemberg) Prof. Dr. Tilman Steinert, den Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Heidenheim Dr. Martin Zinkler, für die DGPPN ihren Präsidenten, Prof. Dr. Arno Deister, für den Bundesverband Psychiatrieerfahrener e.V. Herrn Matthias Seibt sowie die Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm, des Amtsgerichts München und des Amtsgerichts Hannover und den Direktor des Amtsgerichts Rostock, einen Vertreter des Deutschen Richterbundes, eine Vertreterin der Neuen Richtervereinigung sowie einen Vertreter des Deutschen Anwaltvereins angehört.

44

2. Die Auskunftspersonen aus dem psychiatrischen Bereich haben von ihren Erfahrungen mit Fixierungen im Klinikalltag berichtet und sich dabei insbesondere zu der Häufigkeit ihrer Anwendung, der Möglichkeit ihrer Reduzierung und dem Verhältnis zu alternativen Zwangsmaßnahmen wie dem Festhalten, der Isolierung und der medikamentösen Ruhigstellung geäußert. Zudem haben sie dazu Stellung genommen, wie Fixierungen, aber auch Isolierungen, durch den betroffenen Patienten empfunden werden. Diese Ausführungen haben die Psychiater durch Erkenntnisse über den Umgang mit Fixierungen und sonstigen Zwangsmaßnahmen in anderen Ländern wie etwa Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz ergänzt.

45

In ihren Stellungnahmen haben die Ärzte die besondere Eingriffsintensität einer Fixierung hervorgehoben, zugleich aber übereinstimmend die Ansicht vertreten, dass der Rückgriff auf eine solche Maßnahme in bestimmten Situationen zur Ruhigstellung von Patienten erforderlich sei. Alternative Maßnahmen, insbesondere die Isolierung, seien nicht in jedem Fall weniger eingriffsintensiv; dies hänge vielmehr vom Einzelfall ab. Deeskalierende Maßnahmen anstelle der Fixierung wie das "Talk Down" oder eine personalintensivere Zwei-zu-eins-Betreuung von Patienten haben die Psychiater zwar mehrheitlich als wünschenswert, teilweise jedoch aufgrund Personalmangels als in der Praxis schwer umsetzbar angesehen. Auch diejenigen Ärzte, die die Möglichkeit einer deutlichen Reduzierung von Fixierungen durch die Anwendung deeskalierender Methoden betont haben, haben einen vollständigen Verzicht auf Fixierungen oder funktionsäquivalente Maßnahmen in der Psychiatrie für ausgeschlossen gehalten.

46

Die Mehrheit der angehörten Psychiater hat erklärt, dass sie eine vorherige richterliche Entscheidung über die Anordnung einer Fixierung als positiv empfände. Auf diese Weise könne verhindert werden, dass die Verantwortung für die Anordnung der Maßnahme allein bei den Ärzten liege. Zugleich haben die Ärzte jedoch zu bedenken gegeben, dass Fixierungen häufig in akuten Notfallsituationen, vor allem bei drohender Gefahr für Leib und Leben Dritter, angeordnet werden müssten, in denen eine richterliche Entscheidung nicht rechtzeitig einzuholen sei.

47

3. Die sachverständigen Dritten aus dem Bereich der Justiz haben von der praktischen Handhabung des Richtervorbehalts für Unterbringungen und Zwangsbehandlungen - in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen auch für Fixierungen - an den Betreuungsgerichten berichtet. Dabei haben sie insbesondere auf den erhöhten Personalbedarf hingewiesen, den die Umsetzung eines Richtervorbehalts für Fixierungen - insbesondere zur Nachtzeit - in der Praxis nach sich zöge.

48

4. Ein Vertreter der Bayerischen Staatsregierung hat den Stand des Gesetzgebungsverfahrens zur Einführung eines Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes mitgeteilt. Der Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung vom 15. Januar 2018 sei am 23. Januar 2018 im Kabinett verabschiedet worden. Er sehe die Einführung eines Richtervorbehalts für sämtliche besonderen Sicherungsmaßnahmen im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung, darunter die Fixierung, vor, wenn der untergebrachten Person durch eine dieser Maßnahmen über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden solle.

B.

49

Gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG hat der Senat über die Verfassungsbeschwerden ohne die Richterin Langenfeld entschieden (vgl. BVerfGE 142, 5 <8 Rn. 8>). Die Richterin war an der ersten Beratung der Sache am 25. Oktober 2017 krankheitsbedingt nicht beteiligt und hat infolgedessen auch an der mündlichen Verhandlung nicht mitgewirkt.

C.

50

Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu II. ist im Hinblick auf die angegriffene Entscheidung des Landgerichts München I unzulässig. Im Übrigen sind die Verfassungsbeschwerden zulässig.

I.

51

Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde in dem Verfahren 2 BvR 309/15 steht weder entgegen, dass der Beschwerdeführer zu I. das Verfahren bei verständiger Auslegung in eigenem Namen für den Betroffenen führt (1.), noch, dass der Betroffene nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde aus der Klinik entlassen worden ist (2.).

52

1. In seiner Eigenschaft als Verfahrenspfleger im Unterbringungsverfahren ist der Beschwerdeführer zu I. als Partei kraft Amtes berechtigt, Rechte des Betroffenen zu I. auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren in eigenem Namen wahrzunehmen.

53

a) Zwar sind mit der Verfassungsbeschwerde grundsätzlich eigene Rechte in eigenem Namen geltend zu machen (vgl. BVerfGE 2, 292 <294>; 10, 134 <136>; 56, 296 <297>; stRspr). Es ist jedoch anerkannt, dass in Ausnahmefällen auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren fremde Rechte in eigenem Namen geltend gemacht werden können (vgl. BVerfGE 10, 229 <230>; 21, 139 <143>; 27, 326 <333>; 51, 405 <409>; 65, 182 <190>). Dies gilt insbesondere, wenn ansonsten die Gefahr bestünde, dass gerichtliche Entscheidungen überhaupt nicht mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden könnten (vgl. BVerfGE 77, 263 <269>).

54

b) Eine solche Gefahr besteht aufgrund der schweren psychischen Erkrankung des Betroffenen zu I. auch im vorliegenden Fall. Die einfachrechtlichen Vorschriften über die Verfahrenspflegschaft sind deshalb so auszulegen, dass sie die Befugnis des Beschwerdeführers zu I. umfassen, die Rechte des Betroffenen zu I. im Verfassungsbeschwerdeverfahren geltend zu machen.

55

aa) Im Unterbringungsverfahren wird dem Betroffenen gemäß § 317 FamFG ein Verfahrenspfleger bestellt, wenn dies zur Wahrung seiner Interessen erforderlich ist. Der Verfahrenspfleger hat die Pflicht, die verfahrensmäßigen Rechte des Betroffenen, insbesondere dessen Anspruch auf rechtliches Gehör, zu wahren, hierfür den tatsächlichen und mutmaßlichen Willen des Betroffenen zu erkunden und in dessen Interesse einzubringen (BVerfGK 20, 304 <305>; siehe auch Meier, in: Jurgeleit, Betreuungsrecht, 3. Aufl. 2013, § 317 FamFG Rn. 2 ff.; Budde, in: Keidel, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 317 Rn. 1). Anders als der Betreuer ist der Verfahrenspfleger nicht der Vertreter des Betroffenen; er handelt vielmehr als eigenständiger Verfahrensbeteiligter (§ 315 Abs. 2 FamFG) stets in eigenem Namen (vgl. BVerfGK 20, 304 <306>; Budde, in: Keidel, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 276 Rn. 26). Als solcher kann er allerdings die gleichen Rechte geltend machen, die auch dem Betroffenen zustehen. So ist er insbesondere befugt, eigenständig Rechtsmittel einzulegen (vgl. Budde, in: Keidel, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 276 Rn. 23, 27; Günter, in: Hahne/Schlögel/Schlünder, Beck'scher Online Kommentar FamFG, 25. Edition, § 276 Rn. 5 ).

56

bb) Sind Zwangsmaßnahmen im Rahmen der Unterbringung Verfahrensgegenstand und steht der Betroffene - wie im vorliegenden Fall - nicht unter Betreuung, sind die Vorschriften über die Verfahrenspflegschaft dahin auszulegen, dass sie dem für das Unterbringungsverfahren bestellten Verfahrenspfleger die Befugnis einräumen, im Interesse des Betroffenen über die einfachrechtlichen Rechtsmittel hinaus Verfassungsbeschwerde zu erheben (vgl. BVerfGK 20, 304 <306>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. März 2018 - 2 BvR 253/18 -, juris, Rn. 14, zur Beschwerdebefugnis des Verfahrenspflegers in Unterbringungsverfahren). Andernfalls bestünde in derartigen Konstellationen entgegen dem Grundgedanken des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG die Gefahr, dass Grundrechte des Betroffenen von vornherein nicht zeitgerecht und wirkungsvoll im Wege einer Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden könnten, weil dieser selbst aufgrund seiner Erkrankung hierzu nicht in der Lage ist (vgl. BVerfGK 20, 304 <306>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. März 2018 - 2 BvR 253/18 -, juris, Rn. 14).

57

cc) Anders als der Betreuer in den jeweiligen Aufgabenkreisen ist der Beschwerdeführer zu I. als Verfahrenspfleger nicht der gesetzliche Vertreter des Betroffenen zu I. (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2012 - XII ZB 474/11 -, juris, Rn. 13; Heidebach, in: Haußleiter, FamFG Kommentar, 2. Aufl. 2017, § 276 Rn. 1). Er hat sich auch nicht durch Vorlage einer Vollmacht für diesen legitimiert. Die missverständliche Formulierung "für den Betroffenen und im eigenen Namen" ist deshalb dahin zu verstehen, dass der Beschwerdeführer zu I. in seiner Eigenschaft als Verfahrenspfleger lediglich in eigenem Namen zum Schutz der Rechte des Betroffenen zu I. und nicht auch im Namen des Betroffenen zu I. selbst Verfassungsbeschwerde eingelegt hat.

58

2. Auch nach der Entlassung des Betroffenen zu I. aus der Klinik und der damit einhergehenden Erledigung der Fixierungsanordnung ist das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen.

59

Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Aufhebung des angegriffenen Hoheitsaktes oder jedenfalls für die Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit vorliegt (vgl. BVerfGE 81, 138 <140>). Dieses Rechtsschutzbedürfnis muss noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts fortbestehen (vgl. BVerfGE 21, 139 <143>; 30, 54 <58>; 33, 247 <253>; 50, 244 <247>; 56, 99 <106>; 72, 1 <5>; 81, 138 <140>). Dies ist bei besonders tiefgreifenden und folgenschweren Grundrechtsverstößen insbesondere der Fall, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte (vgl. BVerfGE 81, 138 <140 f.>; 107, 299 <311>; 110, 77 <85 f.>; 117, 244 <268>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. Juli 2017 - 2 BvR 2003/14 -, juris, Rn. 24; stRspr). Der Grundrechtsschutz des Betroffenen würde andernfalls in unzumutbarer Weise verkürzt (vgl. BVerfGE 34, 165 <180>; 41, 29 <43>; 49, 24 <51 f.>; 81, 138 <141>). Unter die Fallgruppe tiefgreifender Grundrechtseingriffe fallen vornehmlich solche, die schon das Grundgesetz - wie die hier geltend gemachte Freiheitsentziehung gemäß Art. 104 Abs. 2 GG - unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>; 104, 220 <233>). Mit der Fixierung, die ihrer Natur nach häufig vor einer gerichtlichen Überprüfung schon wieder beendet ist, steht ein solcher tiefgreifender Grundrechtseingriff in Rede.

II.

60

Soweit sich der Beschwerdeführer zu II. gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27. Mai 2015 wendet, ist die Verfassungsbeschwerde wegen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Das Oberlandesgericht München hat in vollem Umfang und unter Auswechslung der Begründung über den Streitgegenstand entschieden. Damit ist das vorhergehende Urteil des Landgerichts prozessual überholt (vgl. BVerfGE 139, 245 <263 Rn. 51 f.>).

III.

61

Beide Verfassungsbeschwerden entsprechen jedenfalls im Hinblick auf die Rüge einer Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 und 2 GG den Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG. Die jeweiligen Beschwerdeschriften begründen die gerügte Verletzung des Freiheitsgrundrechts mit verfassungsrechtlichen Argumenten und setzen sich mit den angegriffenen Entscheidungen hinreichend auseinander.

D.

62

Die Verfassungsbeschwerden sind - soweit zulässig - begründet.

63

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Betroffenen zu I. und den Beschwerdeführer zu II. in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 und 2 GG. In dem Verfahren 2 BvR 309/15 entspricht § 25 PsychKHG BW insoweit nicht den Anforderungen des Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG, als er keine Hinweispflicht auf die Möglichkeit einer nachträglichen gerichtlichen Überprüfung der Fixierung vorsieht. In dem Verfahren 2 BvR 502/16 fehlt es insgesamt an einer gemäß Art. 104 Abs. 1 GG erforderlichen gesetzlichen Grundlage für Fixierungen und funktionsäquivalente Maßnahmen. Die beiden Verfahren zugrunde liegenden Fixierungsmaßnahmen stellen zudem Freiheitsentziehungen im Sinne des Art. 104 Abs. 2 GG dar, für die das jeweilige Landesrecht den erforderlichen Richtervorbehalt nicht regelt.

I.

64

Die Fixierung eines Patienten stellt einen Eingriff in dessen Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 104 GG) dar (1.). Sowohl bei einer 5-Punkt- als auch bei einer 7-Punkt-Fixierung von nicht nur kurzfristiger Dauer handelt es sich um eine Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 104 Abs. 2 GG (2.). Das gilt auch dann, wenn dem Betroffenen im Rahmen der Unterbringung die Freiheit bereits entzogen worden ist (3.).

65

1. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG bezeichnet die Freiheit der Person als "unverletzlich". Diese verfassungsrechtliche Grundentscheidung kennzeichnet das Freiheitsrecht als ein besonders hohes Rechtsgut, in das nur aus wichtigen Gründen eingegriffen werden darf (vgl. BVerfGE 10, 302 <322>; 29, 312 <316>; 105, 239 <247>). Geschützt wird die im Rahmen der geltenden allgemeinen Rechtsordnung gegebene tatsächliche körperliche Bewegungsfreiheit vor staatlichen Eingriffen (vgl. BVerfGE 94, 166 <198>; 96, 10 <21>), also vor Verhaftung, Festnahme und ähnlichen Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs (vgl. BVerfGE 22, 21 <26>; 105, 239 <247>).

66

Ob ein Eingriff in die persönliche (körperliche) Freiheit vorliegt, hängt lediglich vom tatsächlichen, natürlichen Willen des Betroffenen ab (vgl. BVerfGE 10, 302 <309 f.>). Fehlende Einsichtsfähigkeit lässt den Schutz des Art. 2 Abs. 2 GG nicht entfallen (vgl. BVerfGE 58, 208 <224>; 128, 282 <301>); er ist auch dem psychisch Kranken und nicht voll Geschäftsfähigen garantiert (vgl. BVerfGE 10, 302 <309>; 58, 208 <224>). Gerade psychisch Kranke empfinden eine Freiheitsbeschränkung, deren Notwendigkeit ihnen nicht nähergebracht werden kann, häufig als besonders bedrohlich (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 10. Juni 2015 - 2 BvR 1967/12 -, juris, Rn. 16 f.).

67

2. a) Der Schutzbereich von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG umfasst sowohl freiheitsbeschränkende (Art. 104 Abs. 1 GG) als auch freiheitsentziehende Maßnahmen (Art. 104 Abs. 2 GG), die das Bundesverfassungsgericht nach der Intensität des Eingriffs voneinander abgrenzt (vgl. BVerfGE 105, 239 <248>). Eine Freiheitsbeschränkung liegt vor, wenn jemand durch die öffentliche Gewalt gegen seinen Willen daran gehindert wird, einen Ort aufzusuchen oder sich dort aufzuhalten, der ihm an sich (tatsächlich und rechtlich) zugänglich wäre (vgl. BVerfGE 94, 166 <198>; 105, 239 <248>). Die Freiheitsentziehung als schwerste Form der Freiheitsbeschränkung (vgl. BVerfGE 10, 302 <323>) liegt dann vor, wenn die - tatsächlich und rechtlich an sich gegebene - Bewegungsfreiheit nach jeder Richtung hin aufgehoben wird (vgl. BVerfGE 94, 166 <198>; 105, 239 <248>). Sie setzt eine besondere Eingriffsintensität und eine nicht nur kurzfristige Dauer der Maßnahme voraus (vgl. BVerfGE 105, 239 <250>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Mai 2004 - 2 BvR 715/04 -, juris, Rn. 20; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 8. März 2011 - 1 BvR 47/05 -, juris, Rn. 26; Radtke, in: Epping/Hillgruber,Beck'scher Online-Kommentar GG, 37. Edition, Art. 104 Rn. 3 ; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG Kommentar, 14. Aufl. 2016, Art. 104 Rn. 11 f.; Degenhart, in: Sachs, GG Kommentar, 8. Aufl. 2018, Art. 104 Rn. 5a).

68

b) Jedenfalls eine 5-Punkt- oder 7-Punkt-Fixierung, bei der sämtliche Gliedmaßen des Betroffenen mit Gurten am Bett festgebunden werden, stellt eine Freiheitsentziehung im Sinne von Art. 104 Abs. 2 GG dar, es sei denn, es handelt sich um eine lediglich kurzfristige Maßnahme. Von einer kurzfristigen Maßnahme ist in der Regel auszugehen, wenn sie absehbar die Dauer von ungefähr einer halben Stunde unterschreitet. Die vollständige Aufhebung der Bewegungsfreiheit durch die 5-Punkt- oder die 7-Punkt-Fixierung am Bett nimmt dem Betroffenen die ihm bei der Unterbringung auf einer geschlossenen psychiatrischen Station noch verbliebene Freiheit, sich innerhalb dieser Station - oder zumindest innerhalb des Krankenzimmers - zu bewegen. Diese Form der Fixierung ist darauf angelegt, den Betroffenen auf seinem Krankenbett vollständig bewegungsunfähig zu halten.

69

3. Aufgrund ihrer besonderen Eingriffsintensität ist die nicht nur kurzfristige Fixierung sämtlicher Gliedmaßen auch im Rahmen eines bereits bestehenden Freiheitsentziehungsverhältnisses als eigenständige Freiheitsentziehung zu qualifizieren, die den Richtervorbehalt des Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG abermals auslöst. Zwar sind im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung von der richterlich angeordneten Freiheitsentziehung grundsätzlich auch etwaige Disziplinarmaßnahmen wie etwa der Arrest (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Juli 1993 - 2 BvR 213/93 -, juris, Rn. 10) oder besondere Sicherungsmaßnahmen wie der Einschluss in einem enger begrenzten Teil der Unterbringungseinrichtung erfasst, durch die sich lediglich - verschärfend - die Art und Weise des Vollzugs der einmal verhängten Freiheitsentziehung ändert (vgl. BVerfGE 130, 76 <111>; BVerfGK 2, 318 <323>).

70

Sowohl eine 5-Punkt- als auch eine 7-Punkt-Fixierung weisen jedoch im Verhältnis zu diesen Maßnahmen eine Eingriffsqualität auf, die von der richterlichen Unterbringungsanordnung nicht gedeckt ist und eine Einordnung als eigenständige Freiheitsentziehung rechtfertigt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 383/10 -, juris, Rn. 27; Beschluss vom 12. September 2012 - XII ZB 543/11 -, juris, Rn. 14; Rüping, in: Bonner Kommentar, Art. 104 Rn. 54 ; Dornis, SchlHA 2011, S. 156 <157>; Budde, in: Keidel, FamFG Kommentar, 19. Aufl. 2017, § 312 Rn. 5; Heidebach, in: Haußleiter, FamFG Kommentar, 2. Aufl. 2017, § 312 Rn. 13 f.; Schwab, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 1906 Rn. 14; Degenhart, in: Sachs, GG Kommentar, 8. Aufl. 2018, Art. 104 Rn. 6; a.A. Gusy, in: Merten/Papier, HGRe, Bd. IV, 2011, § 93 Rn. 18). Die Fortbewegungsfreiheit des Betroffenen wird bei dieser Form der Fixierung nach jeder Richtung hin vollständig aufgehoben und damit über das bereits mit der Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung verbundene Maß, namentlich die Beschränkung des Bewegungsradius auf die Räumlichkeiten der Unterbringungseinrichtung, hinaus beschnitten.

71

Die besondere Intensität des Eingriffs folgt bei der 5-Punkt- und der 7-Punkt-Fixierung zudem daraus, dass ein gezielt vorgenommener Eingriff in die Bewegungsfreiheit als umso bedrohlicher erlebt wird, je mehr der Betroffene sich dem Geschehen hilflos und ohnmächtig ausgeliefert sieht (vgl. zur Zwangsbehandlung BVerfGE 128, 282 <302 f.>). Hinzu kommt, dass der Eingriff in der Unterbringung häufig Menschen treffen wird, die aufgrund ihrer psychischen Verfassung die Nichtbeachtung ihres Willens besonders intensiv empfinden (vgl. BVerfGE 128, 282 <302 f.>). Des Weiteren sind die Betroffenen für die Befriedigung natürlicher Bedürfnisse völlig von der rechtzeitigen Hilfe durch das Pflegepersonal abhängig. Im Verhältnis zu anderen Zwangsmaßnahmen wird die Fixierung von ihnen daher regelmäßig als besonders belastend wahrgenommen (vgl. Steinert/Birk/Flammer/ Bergk, Psychiatric Services 2013, S. 1012 <1014 f.>). Darüber hinaus besteht auch bei sachgemäßer Durchführung einer Fixierung die Gefahr, dass der Betroffene durch die längerdauernde Immobilisation Gesundheitsschäden wie eine Venenthrombose oder eine Lungenembolie erleidet (vgl. Steinert, in: Henking/Vollmann, Gewalt und Psyche, 2014, S. 207 <216>).

II.

72

Auch schwerwiegende Grundrechtseingriffe wie Fixierungen kann der Gesetzgeber prinzipiell zulassen (1.). Aus dem Freiheitsgrundrecht sowie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben sich jedoch strenge Anforderungen an die Rechtfertigung eines solchen Eingriffs: Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (Art. 104 Abs. 1 GG) muss hinreichend bestimmt sein (2.) und sowohl materielle Voraussetzungen (3.) als auch Verfahrensanforderungen (4.) zum Schutz der Grundrechte der untergebrachten Person vorsehen. Diese Anforderungen stehen im Einklang mit den einschlägigen völkerrechtlichen Bestimmungen, insbesondere der Europäischen Menschenrechtskonvention (5.).

73

1. a) Die Freiheit der Person ist ein so hohes Rechtsgut, dass sie nur aus besonders gewichtigem Grund angetastet werden darf (vgl. BVerfGE 22, 180 <219>; 45, 187 <223>; 130, 372 <388>; stRspr). Die Einschränkung dieser Freiheit ist daher stets der strengen Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu unterziehen (vgl. BVerfGE 58, 208 <224>; 128, 326 <372>). Dies gilt in besonderem Maße für präventive Eingriffe, die nicht dem Schuldausgleich dienen. Sie sind im Allgemeinen nur zulässig, wenn der Schutz anderer oder der Allgemeinheit dies erfordert (vgl. BVerfGE 90, 145 <172>; 109, 133 <157>; 128, 326 <372 f.>).

74

b) Allerdings kann eine Einschränkung der Freiheit der Person auch mit dem Schutz des Betroffenen selbst gerechtfertigt werden. Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gewährt nicht nur ein subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe in diese Rechtsgüter. Es stellt zugleich eine objektive Wertentscheidung der Verfassung dar, die staatliche Schutzpflichten begründet. Danach hat der Staat die Pflicht, sich schützend und fördernd vor das Leben des Einzelnen zu stellen (vgl. BVerfGE 39, 1 <42>; 46, 160 <164>; 90, 145 <195>; 115, 320 <346>; 142, 313 <337 Rn. 69>). Auch der Schutz vor Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit werden von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG umfasst (vgl. BVerfGE 56, 54 <78>; 121, 317 <356>; 142, 313 <337 Rn. 69>). Die Aufstellung und normative Umsetzung eines Schutzkonzepts ist Sache des Gesetzgebers, dem grundsätzlich auch dann ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zukommt, wenn er dem Grunde nach verpflichtet ist, Maßnahmen zum Schutz eines Rechtsguts zu ergreifen (vgl. BVerfGE 96, 56 <64>; 121, 317 <356>; 133, 59 <76 Rn. 45>; 142, 313 <337 Rn. 70>). Die Fürsorge der staatlichen Gemeinschaft kann daher die Befugnis einschließen, den psychisch Kranken, der infolge seines Krankheitszustands und der damit verbundenen fehlenden Einsichtsfähigkeit die Schwere seiner Erkrankung und die Notwendigkeit von Behandlungsmaßnahmen nicht zu beurteilen vermag oder trotz einer solchen Erkenntnis sich infolge der Krankheit nicht zu einer Behandlung entschließen kann, zwangsweise in einer geschlossenen Einrichtung unterzubringen und auch zu fixieren, wenn sich dies als unumgänglich erweist, um eine drohende gewichtige gesundheitliche Schädigung von dem Kranken abzuwenden (vgl. zur Unterbringung BVerfGK 11, 323 <329>).

75

c) Die Fixierung eines Untergebrachten kann nach diesen Maßstäben zur Abwendung einer drohenden gewichtigen Gesundheitsschädigung sowohl des Betroffenen selbst als auch anderer Personen wie des Pflegepersonals oder der Ärzte gerechtfertigt sein.

76

2. Nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG darf die in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Freiheit der Person nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden (vgl. BVerfGE 58, 208 <220>; 105, 239 <247>). Die formellen Gewährleistungen des Art. 104 GG stehen mit der materiellen Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in unlösbarem Zusammenhang (vgl. BVerfGE 10, 302 <322>; 58, 208 <220>; 105, 239 <247>).

77

a) Schon nach dem allgemeinen, im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gründenden Gebot hinreichender Bestimmtheit der Gesetze ist der Gesetzgeber gehalten, Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. BVerfGE 49, 168 <181>; 59, 104 <114>; 78, 205 <212>; 103, 332 <384>; 134, 141 <184 Rn. 126>; 143, 38 <60 f. Rn. 55 ff.>). Die Betroffenen müssen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können (vgl. BVerfGE 103, 332 <384>; 113, 348 <375 f.>; 131, 88 <123>). Die Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Norm dienen ferner dazu, die Verwaltung zu binden und ihr Verhalten nach Inhalt, Zweck und Ausmaß zu begrenzen sowie die Gerichte in die Lage zu versetzen, die Verwaltung anhand rechtlicher Maßstäbe zu kontrollieren (BVerfGE 113, 348 <376 f.> m.w.N.). Dies setzt voraus, dass hinreichend klare Maßstäbe bereitgestellt werden. Die Entscheidung über die Grenzen der Freiheit des Bürgers darf nicht einseitig in das Ermessen der Verwaltung oder gar Privater gestellt sein (vgl. BVerfGE 113, 348 <376>). Dabei sind die Anforderungen an den Grad der Klarheit und Bestimmtheit umso strenger, je intensiver der Grundrechtseingriff ist, den eine Norm rechtfertigen soll (vgl. BVerfGE 59, 104 <114>; 75, 329 <342>; 83, 130 <145>; 86, 288 <311>; 93, 213 <238>; 109, 133 <188>; 128, 282 <318>; 134, 33 <81 Rn. 111>). Für die näheren Anforderungen kann, nicht zuletzt in der Frage, inwieweit Maßgaben, die sich aus dem Grundgesetz ableiten lassen, ausdrücklicher und konkretisierender Festlegung im einfachen Gesetz bedürfen, auch der jeweilige Kreis der Normanwender und Normbetroffenen von Bedeutung sein (vgl. BVerfGE 110, 33 <64>; 126, 170 <196>; 128, 282 <318>).

78

Grundsätzlich fehlt es an der notwendigen Bestimmtheit nicht schon deshalb, weil eine Norm auslegungsbedürftig ist (vgl. BVerfGE 45, 400 <420>; 117, 71 <111>; 128, 282 <317>; stRspr). Das Bestimmtheitsgebot schließt die Verwendung wertausfüllungsbedürftiger Begriffe bis hin zu Generalklauseln nicht aus (vgl. BVerfGE11, 234<237>; 28, 175 <183>; 48, 48 <56>; 92, 1 <12>; 126, 170 <196>). Der Gesetzgeber muss in der Lage bleiben, der Vielgestaltigkeit des Lebens Herr zu werden (vgl. BVerfGE 28, 175 <183>; 47, 109 <120 f.>; 126, 170 <195>). Dabei lässt sich der Grad der für eine Norm jeweils erforderlichen Bestimmtheit nicht abstrakt festlegen, sondern hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Tatbestands einschließlich der Umstände ab, die zur gesetzlichen Regelung geführt haben (vgl. BVerfGE 28, 175 <183>; 86, 288 <311>; 126, 170 <196>). Gegen die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe bestehen keine Bedenken, wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt (vgl. BVerfGE 45, 363 <371 f.>; 86, 288 <311>). Die Rechtsprechung ist zudem gehalten, verbleibende Unklarheiten über den Anwendungsbereich einer Norm durch Präzisierung und Konkretisierung im Wege der Auslegung nach Möglichkeit auszuräumen (vgl. BVerfGE 126, 170 <198>; 131, 268 <307>; 134, 33 <81 f. Rn. 112>).

79

b) Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG konkretisiert die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Bestimmtheitsanforderungen und verstärkt den bereits in Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG enthaltenen Vorbehalt des Gesetzes (vgl. BVerfGE 29, 183 <195>; 134, 33 <81 Rn. 111>). Die Vorschrift verpflichtet den Gesetzgeber, insbesondere die Fälle, in denen eine Freiheitsentziehung zulässig sein soll, hinreichend klar zu bestimmen. Freiheitsentziehungen sind in berechenbarer, messbarer und kontrollierbarer Weise zu regeln (vgl. BVerfGE 29, 183 <196>; 109, 133 <188>; 131, 268 <306>; 134, 33 <81 Rn. 111>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass präventive Freiheitsentziehungen ebenso stark in das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG eingreifen wie Freiheitsstrafen (vgl. BVerfGE 134, 33 <81 Rn. 111>). Insoweit enthält Art. 104 Abs. 1 GG ein ähnliches Bestimmtheitsgebot wie Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 29, 183 <196>; 78, 374 <383>; 96, 68 <97>; 131, 268 <306>; 134, 33 <81 Rn. 111>).

80

3. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben sich materielle Anforderungen an die Ausgestaltung der Ermächtigungsgrundlage. Eine Fixierung darf nur als letztes Mittel vorgesehen sein, wenn mildere Mittel nicht (mehr) in Betracht kommen (vgl. zur Zwangsbehandlung BVerfGE 128, 282 <309> m.w.N.). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Isolierung des Betroffenen nicht in jedem Fall als milderes Mittel anzusehen ist, weil sie im Einzelfall in ihrer Intensität einer 5-Punkt- oder 7-Punkt-Fixierung gleichkommen kann. Bei unzureichender Überwachung besteht auch während der Durchführung einer Isolierung die Gefahr des Eintritts erheblicher Gesundheitsschäden für den Betroffenen (vgl. Steinert, in: Henking/Vollmann, Gewalt und Psyche, 2014, S. 207 <216>).

81

4. Aus den grundrechtlichen Garantien ergeben sich in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch Anforderungen an das Verfahren von Behörden und Gerichten (vgl. BVerfGE 51, 150 <156>; 52, 380 <389>; 52, 391 <407>; 101, 106 <122>; 128, 282 <311>; stRspr). Insoweit sind die Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht für die Anordnung einer Zwangsbehandlung entwickelt hat (vgl. BVerfGE 128, 282 <311 ff.>), auf die Anordnung einer Fixierung größtenteils übertragbar.

82

a) Eine in einer geschlossenen Einrichtung untergebrachte Person, die einer Fixierung unterzogen werden soll, ist auf verfahrensmäßige Sicherungen ihres Freiheitsrechts in besonderer Weise angewiesen. Die Geschlossenheit der Einrichtung und die dadurch für alle Beteiligten eingeschränkte Möglichkeit der Unterstützung und Begleitung durch Außenstehende versetzen die untergebrachte Person in eine Situation außerordentlicher Abhängigkeit, in der sie besonderen Schutzes bedarf. Sie muss vor allem davor geschützt werden, dass ihre Grundrechte etwa aufgrund von Eigeninteressen der Einrichtung oder ihrer Mitarbeiter - insbesondere bei Überforderungen, die im Umgang mit oft schwierigen Patienten auftreten können -, bei nicht aufgabengerechter Personalausstattung oder aufgrund von Betriebsroutinen unzureichend gewürdigt werden (vgl. zur Zwangsbehandlung BVerfGE 128, 282 <311, 315>).

83

b) Zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unabdingbar ist die Anordnung und Überwachung der Fixierung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung untergebrachter Personen durch einen Arzt (vgl. zur Zwangsbehandlung BVerfGE 128, 282 <313>; 129, 269 <283>; 133, 112 <138 Rn. 67>). Nur dies entspricht auch den völkerrechtlichen Maßgaben, den internationalen Menschenrechtsstandards und den fachlichen Standards der Psychiatrie (vgl. Art. 27 Abs. 2 Recommendation No. R (2004)10 of the Committee of Ministers to member states concerning the protection of the human rights and dignity of persons with mental disorder vom 22. September 2004, wonach eine Fixierung der medizinischen Überwachung ("medical supervision") bedarf, sowie Stellungnahme der DGPPN, siehe oben Rn. 31). Während der Durchführung der Maßnahme ist jedenfalls bei einer 5-Punkt- oder 7-Punkt-Fixierung in der Unterbringung aufgrund der Schwere des Eingriffs und der damit verbundenen Gesundheitsgefahren grundsätzlich eine Eins-zu-eins-Betreuung durch therapeutisches oder pflegerisches Personal zu gewährleisten. Als besondere Sicherungsmaßnahme zur Abwehr einer sich aus der Grunderkrankung ergebenden Selbst- oder Fremdgefährdung muss die Fixierung mit der in der Unterbringung stattfindenden psychiatrischen Behandlung der Grunderkrankung in engem Zusammenhang stehen. Ihre Erforderlichkeit ist auch unter Berücksichtigung der psychiatrischen Behandlungsmaßnahmen - etwa der Erfolgsaussichten eines Gesprächs oder einer Medikation - zu beurteilen sowie in jeweils kurzen Abständen neu einzuschätzen.

84

c) Als Vorwirkung der Garantie effektiven Rechtsschutzes ergibt sich aus Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG die Notwendigkeit, die gegen den natürlichen Willen der untergebrachten Person erfolgte Anordnung einer Fixierung, die maßgeblichen Gründe hierfür, ihre Durchsetzung, Dauer und die Art der Überwachung zu dokumentieren (vgl. zu grundrechtlich begründeten Dokumentationspflichten in anderen Zusammenhängen BVerfGE 65, 1 <70>; 103, 142 <160>; 128, 282 <313 f.> m.w.N.). Die Dokumentation dient zum einen der Effektivität des Rechtsschutzes, den der Betroffene gegebenenfalls erst später, etwa im Zusammenhang mit Schadensersatzansprüchen, sucht. Zum anderen dient sie auch der Sicherung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs. Nur auf Grundlage einer detaillierten Dokumentation bleibt fachgerechtes und verhältnismäßiges Handeln auch unter der für Kliniken typischen Bedingung sichergestellt, dass die zuständigen Akteure wechseln (vgl. BVerfGE 128, 282 <314>). Erst recht gilt dies für Maßnahmen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken und dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur unter der Voraussetzung wahren, dass deren Auswirkungen im Zeitverlauf beobachtet und aus den Ergebnissen dieser Beobachtung die notwendigen Konsequenzen gezogen werden. Hinzu kommt schließlich, dass die Dokumentation auch ein unentbehrliches Mittel der systematischen verbesserungsorientierten Qualitätskontrolle und Evaluation ist (vgl. BVerfGE 128, 282 <314>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. Juli 2017 - 2 BvR 2003/14 -, juris, Rn. 33 m.w.N.).

85

d) Zusätzlich folgt aus dem Freiheitsgrundrecht (Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG) die Verpflichtung, den Betroffenen nach Beendigung der Maßnahme auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Zulässigkeit der durchgeführten Fixierung gerichtlich überprüfen zu lassen. Nur so kann gewährleistet werden, dass sich der Betroffene bewusst ist, dass er auch noch nach Erledigung der Maßnahme ihre gerichtliche Überprüfung herbeiführen kann.

86

5. Die vorgenannten Anforderungen stehen im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, die als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte herangezogen wird (vgl. BVerfGE 111, 307 <317 f.>; 142, 313 <345 Rn. 88>). Die UN-Behindertenrechtskonvention steht ihnen ebenfalls nicht entgegen.

87

a) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte misst die Fixierung psychisch Kranker an Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) (vgl. EGMR , Jalloh v. Germany, Urteil vom 11. Juli 2006, Nr. 54810/00, §§ 79, 106; EGMR, Wiktorko v. Poland, Urteil vom 31. März 2009, Nr. 14612/02, § 55), der ein absolutes Verbot von Folter und unmenschlicher oder entwürdigender Behandlung beinhaltet (vgl. EGMR , Labita v. Italy, Urteil vom 6. April 2000, Nr. 26772/95, § 119; EGMR , Kudła v. Poland, Urteil vom 26. Oktober 2000, Nr. 30210/96, § 90; stRspr), das unabhängig vom Verhalten des Betroffenen besteht (vgl. EGMR, Raninen v. Finland, Urteil vom 16. Dezember 1997, Nr. 152/ 1996/771/972, § 55; EGMR , Labita v. Italy, Urteil vom 6. April 2000, Nr. 26772/95, § 119; EGMR , Kudła v. Poland, Urteil vom 26. Oktober 2000, Nr. 30210/96, § 90; EGMR, Nevmerzhitsky v. Ukraine, Urteil vom 5. April 2005, Nr. 54825/00, § 79; stRspr).

88

In den Schutzbereich dieser Vorschrift fällt nur eine solche Behandlung, die ein Mindestmaß an Schwere erreicht. Insoweit sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Dauer, die physischen oder psychischen Folgen, das Geschlecht, das Alter und der Gesundheitszustand des Betroffenen zu berücksichtigen (vgl. EGMR, Raninen v. Finland, Urteil vom 16. Dezember 1997, Nr. 152/1996/771/972, § 55; EGMR , Labita v. Italy, Urteil vom 6. April 2000, Nr. 26772/95, § 120; EGMR , Kudła v. Poland, Urteil vom 26. Oktober 2000, Nr. 30210/96, § 91; EGMR , Jalloh v. Germany, Urteil vom 11. Juli 2006, Nr. 54810/00, § 67; stRspr). Erniedrigend ist eine Behandlung, die dem Betroffenen in einer demütigenden oder entwürdigenden Weise das Gefühl von Angst, Schmerz oder Minderwertigkeit vermittelt, das über das mit rechtmäßiger Bestrafung unvermeidliche Maß hinausgeht, wobei eine Demütigungsabsicht mit zu berücksichtigen ist (vgl. EGMR , Labita v. Italy, Urteil vom 6. April 2000, Nr. 26772/95, § 120; EGMR , Kudła v. Poland, Urteil vom 26. Oktober 2000, Nr. 30210/96, § 92; EGMR, Keenan v. The United Kingdom, Urteil vom 3. April 2001, Nr. 27229/95, § 110; EGMR, Price v. The United Kingdom, Urteil vom 10. Juli 2001, Nr. 33394/96, § 24; EGMR, Mouisel v. France, Urteil vom 14. November 2002, Nr. 67263/01, § 37).

89

Die menschliche Würde ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs beeinträchtigt, wenn die Person, der die Freiheit entzogen ist, körperlicher Gewalt ausgesetzt wird, deren Anwendung nicht durch ihr eigenes Verhalten notwendig geworden ist (vgl. EGMR , Labita v. Italy, Urteil vom 6. April 2000, Nr. 26772/95, § 120; EGMR, Keenan v. The United Kingdom, Urteil vom 3. April 2001, Nr. 27229/95, § 113; EGMR, Bureš v. The Czech Republic, Urteil vom 18. Oktober 2012, Nr. 37679/08, § 86). Im Kontext einer bereits bestehenden Freiheitsentziehung ("in the context of detention") obliege es dem Hoheitsträger, die Fixierung der untergebrachten Person zu rechtfertigen. Für das Anlegen von Fixierungsgurten bei aggressivem Verhalten des Betroffenen sei daher Voraussetzung, dass Gesundheit und Wohlbefinden des Betroffenen regelmäßiger Kontrolle unterlägen und die Fixierung notwendig und auch in ihrer Dauer verhältnismäßig sei (EGMR, Wiktorko v. Poland, Urteil vom 31. März 2009, Nr. 14612/02, § 55; EGMR, Bureš v. The Czech Republic, Urteil vom 18. Oktober 2012, Nr. 37679/08, § 86). Das geht über die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG entwickelten Maßgaben nicht hinaus.

90

b) Die Regelungen der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) vermögen dieses Ergebnis ebenfalls nicht in Frage zu stellen. Zum einen haben sie lediglich den Rang eines Bundesgesetzes (vgl. Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008, BGBl II S. 1419). Zum anderen stehen sie der Zulässigkeit einer nicht nur kurzfristigen Fixierung auch in der Sache nicht grundsätzlich entgegen. Sowohl bei psychisch kranken als auch bei suchtkranken Personen handelt es sich um Menschen mit Behinderungen im Sinne von Art. 1 Abs. 2 BRK (siehe nur Aichele, in: Zinkler/Laupichler/Osterfeld, Prävention von Zwangsmaßnahmen, 2016, S. 18<20 f.>), sodass sie betreffende Zwangsmaßnahmen in den Anwendungsbereich der Konvention fallen. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch bereits festgestellt, dass den Konventionsbestimmungen - insbesondere Art. 12 BRK -, die auf Sicherung und Stärkung der Autonomie behinderter Menschen gerichtet sind, kein grundsätzliches Verbot für Maßnahmen entnommen werden kann, die gegen den natürlichen Willen des Betroffenen vorgenommen werden und an eine krankheitsbedingt eingeschränkte Selbstbestimmungsfähigkeit anknüpfen (vgl. für die Zwangsbehandlung BVerfGE 128, 282 <306 f.>; 142, 313 <345 Rn. 88>). Die Vertragsstaaten sind allerdings verpflichtet, geeignete Sicherungen gegen Interessenkonflikte, Missbrauch und Missachtung sowie zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit vorzusehen (vgl. BVerfGE 128, 282 <307>; 142, 313 <345 Rn. 88>). Zu diesen Sicherungen gehört gemäß Art. 12 Abs. 4 Satz 2 BRK auch, dass solche Maßnahmen "von möglichst kurzer Dauer sind und dass sie einer regelmäßigen Überprüfung durch eine zuständige, unabhängige und unparteiische Behörde oder gerichtliche Stelle unterliegen". Darüber hinaus müssen sie gemäß Art. 15 Abs. 2 BRK alle wirksamen gesetzgeberischen, verwaltungsmäßigen, gerichtlichen oder sonstigen Maßnahmen treffen, um auf der Grundlage der Gleichberechtigung zu verhindern, dass Menschen mit Behinderungen der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.

91

Der Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat in seinen Abschließenden Bemerkungen zum ersten Staatenbericht Deutschlands die Empfehlung ausgesprochen, eine Überprüfung mit dem Ziel der offiziellen Abschaffung aller Praktiken vorzunehmen, die als Folterhandlungen angesehen werden, namentlich die Anwendung körperlicher und chemischer freiheitseinschränkender Maßnahmen in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen zu verbieten (vgl. UN-Dok. CRPD/C/DEU/CO/1 vom 13. Mai 2015, S. 6 § 34). Hierbei bezieht er sich offenbar auf die Auffassung des UN-Sonderberichterstatters über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, Juan E. Mendéz, dem zufolge jede - auch nur kurzfristige - Fixierung von Menschen mit psychischen Behinderungen als Folter und Misshandlung angesehen werden kann (vgl. den Bericht des UN-Sonderberichterstatters vom 1. Februar 2013, der ein absolutes Verbot der Fixierung fordert [UN-Dok. A/HRC/22/53, S. 16, 26], abrufbar unter www.ohchr.org). Der Ausschuss hat nach Art. 34 ff. BRK allerdings kein Mandat zur verbindlichen Interpretation des Vertragstextes. Auch eine Kompetenz zur Fortentwicklung internationaler Abkommen über Vereinbarungen und die Praxis der Vertragsstaaten hinaus kommt ihm nicht zu (vgl. Art. 31 Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969, UNTS 1155, 331 <340>, BGBl II 1985 S. 926, der Völkergewohnheitsrecht wiedergibt; dazu Villiger, Commentary on the 1969 Vienna Convention on the Law of Treaties, 2009, Art. 31 Rn. 37 m.w.N.; siehe auch Dörr, in: Dörr/Schmalenbach, Vienna Convention on the Law of Treaties, A Commentary, 2012, Art. 31 Rn. 19 f., 76). Seine Äußerungen haben zwar erhebliches Gewicht, sie sind jedoch weder für internationale noch für nationale Gerichte verbindlich (vgl. BVerfGE 142, 313 <346 Rn. 90> m.w.N.).

92

In Anbetracht einer von einem psychisch Kranken ausgehenden unmittelbaren Gefahr für Leben und körperliche Unversehrtheit des Betroffenen selbst oder Dritter erscheint die pauschale Charakterisierung jeglicher Art der Fixierung als Folter oder erniedrigende und unmenschliche Behandlung zu weitreichend. Die vom Senat angehörten Ärzte waren übereinstimmend der Auffassung, dass auf die Fixierung oder funktionsäquivalente Maßnahmen in bestimmten akuten Gefahrensituationen nicht vollständig verzichtet werden kann. Der Ausschuss, der auch andere Sicherungsmaßnahmen wie Sedierung und Isolierung gleichermaßen ablehnt, gibt - ebenso wie bei der medizinischen Zwangsbehandlung (vgl. BVerfGE 142, 313 <347 f. Rn. 91>) - keine Antwort auf die Frage, was in solchen Situationen nach seinem Verständnis des Vertragstextes mit Menschen geschehen soll, die für ein Gespräch nicht (mehr) erreichbar sind und für sich selbst oder andere eine akute Gefahr darstellen. Die von Verfassungs wegen geforderten strengen Voraussetzungen für die Fixierung einer untergebrachten Person - eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage, verfahrensmäßige Sicherungen und die strikte Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - stellen jedenfalls sicher, dass die Bundesrepublik Deutschland auch ihren Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 4 i.V.m. Art. 15 BRK nachkommen kann.

III.

93

1. Art. 104 Abs. 2 GG fügt für die Freiheitsentziehung dem Vorbehalt des (förmlichen) Gesetzes, dem das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Freiheit in Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG unterworfen ist, den weiteren, verfahrensrechtlichen Vorbehalt einer richterlichen Entscheidung hinzu, der nicht zur Disposition des Gesetzgebers steht (vgl. BVerfGE 105, 239 <248>).

94

Aus Art. 104 Abs. 2 Satz 4 GG ergibt sich vielmehr ein Regelungsauftrag, der den Gesetzgeber verpflichtet, den Richtervorbehalt verfahrensrechtlich auszugestalten. Die Effektivität des durch den Richtervorbehalt vermittelten Grundrechtsschutzes hängt maßgeblich von den Verfahrensregelungen in dem jeweiligen Sachbereich ab (vgl. Gusy, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 7. Aufl. 2018, Art. 104 Rn. 65). Um den Besonderheiten der unterschiedlichen Anwendungszusammenhänge gerecht zu werden, hat der Gesetzgeber ein Verfahren zu regeln, das auf die jeweils zur Entscheidung stehende Freiheitsentziehung abgestimmt ist, und sicherzustellen, dass dem Betroffenen vor der Freiheitsentziehung alle diejenigen rechtsstaatlichen Sicherungen gewährt werden, die mit einem justizförmigen Verfahren verbunden sind (vgl. BVerfGE 83, 24 <32>).

95

Zwar ist Art. 104 Abs. 2 GG unmittelbar geltendes und anzuwendendes Recht (vgl. BVerfGE 10, 302 <329>; vgl. auch zu Art. 13 Abs. 2 GG BVerfGE 51, 97<114>; 57, 346 <355>). Die Verpflichtung des Gesetzgebers zur Ausgestaltung des Richtervorbehalts gemäß Art. 104 Abs. 2 Satz 4 GG wird dadurch aber nicht obsolet. Das gilt aus Gründen der Rechtssicherheit insbesondere in Fällen, in denen - wie hier - die Grenze zwischen einer bloßen Freiheitsbeschränkung oder Vertiefung einer bereits bestehenden Freiheitsentziehung einerseits und einer (weiteren) Freiheitsentziehung andererseits zu bestimmen ist und mangels gesetzlicher Regelung die Grenzziehung den behandelnden Ärzten als Privaten überlassen bliebe, die die Frage beantworten müssen, ob sie für eine Fixierung einer richterlichen Anordnung bedürfen. Nimmt der Gesetzgeber diesen verfassungsrechtlichen Auftrag nicht wahr mit der Folge, dass eine einfach-gesetzliche Rechtsgrundlage die von Verfassungs wegen erforderlichen Bestimmungen zur Ausgestaltung des Richtervorbehalts nicht vorsieht, so führt dies zur Verfassungswidrigkeit der Norm (vgl. BVerfGE 141, 220 <294 Rn. 174>).

96

2. Der Richtervorbehalt dient der verstärkten Sicherung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (BVerfGE 105, 239<248>). Er zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz ab (vgl. zu Art. 13 Abs. 2 GG BVerfGE 57, 346<355 f.>; 76, 83 <91>; 103, 142 <151>). Das Grundgesetz geht davon aus, dass Richter aufgrund ihrer persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit und ihrer strikten Unterwerfung unter das Gesetz (Art. 97 GG) die Rechte der Betroffenen im Einzelfall am besten und sichersten wahren können (vgl. BVerfGE 77, 1 <51>). Alle staatlichen Organe sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass der Richtervorbehalt als Grundrechtssicherung praktisch wirksam wird (vgl. BVerfGE 103, 142 <151 f.>; 105, 239 <248>). Für den Staat folgt daraus die verfassungsrechtliche Verpflichtung, die Erreichbarkeit eines zuständigen Richters - jedenfalls zur Tageszeit - zu gewährleisten und ihm auch insoweit eine sachangemessene Wahrnehmung seiner richterlichen Aufgaben zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 103, 142 <156>; 105, 239 <248>; 139, 245 <267 f. Rn. 62 ff.>; zu dem Spannungsverhältnis zwischen dieser Verpflichtung und den durch sie entstehenden rechtsstaatlichen Infrastrukturkosten Wischmeyer, Die Kosten der Freiheit, 2015, S. 20 f.).

97

Gemäß Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG hat über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung nur der Richter zu entscheiden. Zu dem Begriff "Entscheidung" gehört, dass der Richter in vollem Umfang die Verantwortung für die Maßnahme übernimmt (vgl. BVerfGE 10, 302 <310>; 22, 311 <317 f.>). Er muss diese eigenverantwortlich prüfen und dafür Sorge tragen, dass die sich aus der Verfassung und dem einfachen Recht ergebenden Voraussetzungen der Freiheitsentziehung genau beachtet werden (vgl. in Bezug auf die richterliche Entscheidung über die Wohnungsdurchsuchung BVerfGE 9, 89 <97>; 57, 346 <355 f.>; 103, 142 <151>; 139, 245 <266 f. Rn. 61>). Als neutrale Kontrollinstanz hat er die Pflicht, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte etwa hinsichtlich der Dauer und Intensität messbar und kontrollierbar bleibt (vgl. BVerfGE 103, 142 <151>). Das gilt auch dann, wenn die Freiheitsentziehung - wie im vorliegenden Zusammenhang - von Privaten angeordnet wird.

98

3. Die Freiheitsentziehung erfordert grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung (vgl. nur BVerfGE 10, 302 <321>; 22, 311 <317>; 105, 239 <248>; Gusy, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 7. Aufl. 2018, Art. 104 Rn. 43). Eine nachträgliche richterliche Entscheidung ist nur dann zulässig, wenn der mit der Freiheitsentziehung verfolgte verfassungsrechtlich zulässige Zweck nicht erreichbar wäre, sofern der Maßnahme die richterliche Entscheidung vorausgehen müsste (vgl. BVerfGE 22, 311 <317>; 105, 239 <248> m.w.N.). Dies wird bei der Anordnung einer 5-Punkt- oder 7-Punkt-Fixierung zur Abwehr einer von dem Betroffenen ausgehenden akuten Selbst- oder Fremdgefährdung allerdings regelmäßig der Fall sein.

99

4. Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG fordert in einem solchen Fall, die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen (vgl. BVerfGE 10, 302 <321>; 105, 239 <249>). Das Tatbestandsmerkmal "unverzüglich" ist dahin auszulegen, dass die richterliche Entscheidung ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, nachgeholt werden muss (vgl. BVerfGE 105, 239 <249>; Gusy, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 7. Aufl. 2018, Art. 104 Rn. 48). Nicht vermeidbar sind zum Beispiel die Verzögerungen, die durch die Länge des Weges, Schwierigkeiten beim Transport, die notwendige Registrierung und Protokollierung oder ein renitentes Verhalten des Betroffenen bedingt sind (vgl. BVerfGE 105, 239 <249>; BVerfGK 7, 87 <99>; Gusy, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 7. Aufl. 2018, Art. 104 Rn. 48).

100

Sachliche Gründe, die eine Verzögerung der richterlichen Entscheidung rechtfertigen, können sich auch aus der Notwendigkeit verfahrensrechtlicher Vorkehrungen ergeben, die dem Schutz des Betroffenen dienen. Im Unterbringungsverfahren ist der Betroffene persönlich anzuhören (§ 319 FamFG). Es ist grundsätzlich der Verfahrenspfleger zu beteiligen (§ 315 Abs. 2 FamFG). Auch können im Interesse des Betroffenen Familienangehörige oder andere nahestehende Personen beteiligt werden (§ 315 Abs. 4 FamFG). Die Beteiligten sind ebenfalls anzuhören (§ 319 f. FamFG). Für die Anhörungen kann gegebenenfalls die Hinzuziehung eines Dolmetschers geboten sein. Findet in der Unterbringung eine (weitere) Freiheitsentziehung durch eine 5-Punkt- oder 7-Punkt-Fixierung statt, müssen diese verfahrensrechtlichen Sicherungen entsprechend gelten. Wird zur Nachtzeit von einem Arzt zulässigerweise eine Fixierung ohne vorherige richterliche Entscheidung angeordnet, wird deshalb eine unverzügliche nachträgliche richterliche Entscheidung im Regelfall erst am nächsten Morgen (ab 6:00 Uhr) ergehen können. Um den Schutz des Betroffenen sicherzustellen, bedarf es in diesem Zusammenhang eines täglichen richterlichen Bereitschaftsdienstes, der - in Orientierung an § 758a Abs. 4 Satz 2 ZPO - den Zeitraum von 6:00 Uhr bis 21:00 Uhr abdeckt (vgl. - noch auf § 104 Abs. 3 StPO abstellend - BVerfGE 105, 239<248>; 139, 245 <267 f. Rn. 64>).

101

5. Eine richterliche Entscheidung ist nicht (mehr) erforderlich, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme abzusehen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Maßnahme ergehen wird, oder die Maßnahme vor Herbeiführung der Entscheidung tatsächlich beendet und auch keine Wiederholung zu erwarten ist (vgl. Hantel, Der Begriff der Freiheitsentziehung in Art. 104 Abs. 2 GG, 1988, S. 181 f.; Rüping, in: Bonner Kommentar, Art. 104 Rn. 73 ; Gusy, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 7. Aufl. 2018, Art. 104 Rn. 56). In einem solchen Fall würde der Betroffene durch die Einhaltung des Verfahrens nach Art. 104 Abs. 2 GG nicht besser, sondern schlechter gestellt, weil eine sachlich nicht mehr gerechtfertigte Freiheitsentziehung durch die Notwendigkeit einer nachträglichen richterlichen Entscheidung verlängert würde (vgl. BVerfGE 105, 239 <251>). Auch die nachträgliche richterliche Entscheidung nach Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG hat die Fortdauer der Freiheitsentziehung zum Gegenstand und dient nicht allein der nachträglichen Überprüfung der nichtrichterlichen Anordnung einer Freiheitsentziehung, die sich erledigt hat (vgl. Gusy, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 7. Aufl. 2018, Art. 104 Rn. 38). Der erforderlichen Prognoseentscheidung ist eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechende Gerichtsorganisation (siehe oben Rn. 96, 100) zugrunde zu legen (vgl. BVerfGE 105, 239 <251>; Degenhart, in: Sachs, GG Kommentar, 8. Aufl. 2018, Art. 104 Rn. 36).

102

Bei einer mehr als nur kurzfristigen 5-Punkt- oder 7-Punkt-Fixierung eines Patienten (vgl. oben unter Rn. 68) ist danach von Seiten der Klinik unverzüglich auf eine gerichtliche Entscheidung hinzuwirken, wenn nicht bereits eindeutig absehbar ist, dass die Fixierung vor Erlangung eines richterlichen Beschlusses beendet sein wird. Stellt das Klinikpersonal nach der Beantragung einer richterlichen Entscheidung fest, dass eine weitere Fixierung nicht mehr erforderlich ist, um eine Selbst- oder Fremdgefährdung durch den Patienten abzuwenden, und wird die Fixierung beendet, kann der Antrag an das Gericht zurückgenommen werden, wenn eine Entscheidung noch nicht ergangen ist. Die von Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG bezweckte unverzüglich nachzuholende Kontrolle der - noch andauernden - freiheitsentziehenden Maßnahme kann eine richterliche Entscheidung nach deren durch den Wegfall des sachlichen Grundes gebotenen Aufhebung nicht mehr leisten (vgl. Hantel, Der Begriff der Freiheitsentziehung in Art. 104 Abs. 2 GG, 1988, S. 181 f.).

103

Diese Auslegung des Art. 104 Abs. 2 GG steht im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Auch die Konvention gebietet bei Freiheitsentziehungen keinen nachlaufenden Rechtsschutz von Amts wegen. So sieht etwa Art. 5 Abs. 4 EMRK die Gewährleistung einer richterlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Freiheitsentziehung lediglich auf Antrag vor (vgl. EGMR, Shchebet v. Russia, Urteil vom 12. Juni 2008, Nr. 16074/07, § 77; Valerius, in: Graf, Beck'scher Online Kommentar StPO, 29. Edition, Art. 5 EMRK Rn. 15 ).

104

6. Der Weg zu einer nachträglichen gerichtlichen Klärung der Zulässigkeit der Maßnahme ist dem Betroffenen wegen des Fortbestehens des Rechtsschutzbedürfnisses in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe gleichwohl nicht verschlossen (siehe oben Rn. 59). Auf die Möglichkeit, die Zulässigkeit der durchgeführten Fixierung gerichtlich überprüfen zu lassen, ist der Betroffene zudem nach Beendigung der Maßnahme hinzuweisen (siehe oben Rn. 85).

IV.

105

Nach diesen Maßstäben sind die Verfassungsbeschwerden begründet. Die auf der Grundlage von § 25 PsychKHG BW getroffene Entscheidung des Amtsgerichts verletzt den Betroffenen zu I. in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GG (1.). Die auf der Grundlage von Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 BayUnterbrG getroffene Entscheidung des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer zu II. ebenfalls in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GG (2.).

106

1. § 25 PsychKHG BW genügt zwar weitgehend den Anforderungen von Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG (a). Allerdings enthält § 25 PsychKHG keine Regelung dahingehend, dass der Betroffene nach Beendigung einer Fixierung oder funktionsäquivalenten Maßnahme auf die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit hinzuweisen ist (b). Außerdem ist der Gesetzgeber dem sich aus Art. 104 Abs. 2 Satz 4 GG ergebenden Regelungsauftrag nicht nachgekommen, soweit § 25 Abs. 3 PsychKHG BW auch für eine 5-Punkt- oder 7-Punkt-Fixierung nur eine ärztliche Anordnung, aber keine richterliche Entscheidung vorsieht (c). Der Beschluss des Amtsgerichts, mit dem der Antrag, die ärztliche Anordnung einer 5-Punkt-Fixierung für rechtswidrig zu erklären, zurückgewiesen worden ist, verletzt den Betroffenen zu I. in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GG, weil es für die an ihm vorgenommene 5-Punkt-Fixierung an einer verfassungsmäßigengesetzlichen Grundlage fehlt (d).

107

a) § 25 PsychKHG BW genügt den sich aus Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG sowie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden formellen und materiellen Anforderungen nicht in vollem Umfang.

108

aa) Die Vorschrift regelt die Einschränkung der persönlichen Freiheit aus einem wichtigen Grund. Zu den hochwertigen Rechtsgütern, hinter denen die Fortbewegungsfreiheit des Betroffenen unter Umständen zurücktreten muss, gehört auch der durch die in § 25 Abs. 1 PsychKHG BW genannten Voraussetzungen - der Schutz des Betroffenen vor einer erheblichen Selbstgefährdung und der Schutz bedeutender Rechtsgüter Dritter - näher konkretisierte Schutz der Sicherheit in der anerkannten Einrichtung. Die Sicherheit in der Einrichtung, insbesondere der gebotene Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit des Betroffenen oder Dritter, wären ungenügend gewährleistet, wenn das Klinikpersonal erforderlichenfalls nicht auch die persönliche Freiheit des Betroffenen einschränken dürfte.

109

bb) Mit dem Erfordernis einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr begründet § 25 PsychKHG BW zudem eine hohe Eingriffsschwelle. Gegenwärtig ist eine Gefahr, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses entweder bereits begonnen hat oder unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht (vgl. BVerfGE 115, 320 <363>). Der Zusatz "erheblich" setzt nach dem Wortsinn zudem eine qualitativ gesteigerte Gefahr voraus und verlangt ein besonderes Gewicht der drohenden Schädigung, sei es durch eine Gefährdung besonders gewichtiger Rechtsgüter, einen besonders großen Umfang oder eine besondere Intensität des drohenden Schadens (vgl. LTDrucks 15/5521, S. 65). Die Formulierungen in § 25 Abs. 1 PsychKHG BW "wenn und solange" und in dessen letztem Halbsatz "und dieser Gefahr nicht mit weniger eingreifenden Mitteln begegnet werden kann" gebieten darüber hinaus eine strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung.

110

cc) Auch die verfahrensrechtlichen Regelungen in § 25 Abs. 3 und 4 PsychKHG BW, namentlich die verpflichtende Anordnung der Fixierung durch eine Ärztin oder einen Arzt, die Dokumentationspflicht sowie die vorgeschriebene unmittelbare, persönliche und in der Regel ständige Begleitung der Maßnahme im Wege des Sicht- und Sprechkontakts (vgl. LTDrucks 15/5521, S. 44), werden den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerecht.

111

b) Entgegen der aus dem Freiheitsgrundrecht folgenden Verpflichtung sieht § 25 PsychKHG allerdings nicht vor, dass der Betroffene nach Beendigung einer Fixierung oder funktionsäquivalenten Maßnahme auf die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit hinzuweisen ist. Insoweit entspricht § 25 PsychKHG BW nicht den Anforderungen des Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG.

112

c) Außerdem ist der baden-württembergische Gesetzgeber dem verfassungsrechtlichen Regelungsauftrag aus Art. 104 Abs. 2 Satz 4 GG nicht nachgekommen, weil er keine Bestimmungen für die richterliche Anordnung freiheitsentziehender Fixierungen getroffen hat. Er hat zwar die Fixierung generell als besonders eingriffsintensiv eingeschätzt und für sie deshalb strenge Tatbestandsvoraussetzungen und besondere Verfahrensanforderungen aufgestellt. Allerdings hat er auch für die 5-Punkt- und die 7-Punkt-Fixierung, soweit es sich dabei um eine Freiheitsentziehung im Sinne von Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG handelt (siehe oben Rn. 68), nur eine ärztliche Anordnung vorgeschrieben und sie nicht mit einem Richtervorbehalt versehen. § 25 PsychKHG BW ist insoweit nicht mit Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. Art. 104 Abs. 2 GG vereinbar.

113

d) Der angegriffene Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg in dem Verfahren 2 BvR 309/15 verletzt nach diesen Maßstäben den Betroffenen zu I. bereits deshalb in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 und 2 GG, weil es für dessen Fixierung, die durch das Gericht als rechtmäßig bestätigt wurde, an einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage fehlt. Es ist zunächst Sache der Fachgerichte, auch die Vereinbarkeit der jeweils herangezogenen Rechtsgrundlagen mit dem Grundgesetz zu prüfen, gegebenenfalls vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren und bei negativem Ausgang der Prüfung die Sache im Verfahren der konkreten Normenkontrolle (Art. 100 Abs. 1 GG) dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage kann von den Fachgerichten überdies von Amts wegen - unabhängig von einer entsprechenden Rüge des jeweiligen Klägers - zu prüfen sein (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. Juli 2017 - 2 BvR 2003/14 -, juris, Rn. 44; BVerfGK 19, 286 <287> m.w.N.).

114

Das Amtsgericht hat explizit darauf hingewiesen, dass der baden-württembergische Gesetzgeber die Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen den Ärzten der anerkannten Einrichtung übertragen habe. Im Gegensatz zu der Regelung der Zwangsbehandlung in § 20 PsychKHG BW habe er für die besonderen Sicherungsmaßnahmen jedoch keinen Richtervorbehalt normiert. Das Gericht könne die ärztlich angeordnete Fixierung deshalb nur als Maßnahme im Vollzug der Unterbringung nach § 327 Abs. 1 FamFG daraufhin prüfen, ob die Klinikärzte die Vorschrift des § 25 PsychKHG BW beachtet hätten. Damit hat es lediglich die ärztliche Anordnung auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft, ohne die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlage wegen des fehlenden Richtervorbehalts in Frage zu stellen.

115

2. Die auf der Grundlage von Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 BayUnterbrG getroffene Entscheidung des Oberlandesgerichts München verletzt den Beschwerdeführer zu II. in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GG. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts stellt Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 BayUnterbrG keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Fixierung des Beschwerdeführers zu II. dar, weil die Vorschriften dafür weder den Bestimmtheitsanforderungen von Art. 104 Abs. 1 GG genügen (a) noch gemäß Art. 104 Abs. 2 GG eine richterliche Anordnung für die Freiheitsentziehung durch die erfolgte 7-Punkt-Fixierung verlangen (b).

116

a) Das Bayerische Unterbringungsgesetz enthält keine konkret auf die Anordnung von Fixierungen im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung bezogene Regelung. Insbesondere ergibt sich weder aus Art. 12 Abs. 1 noch aus Art. 19 BayUnterbrG die Ermächtigung zur Vornahme einer solchen Maßnahme. Damit verstößt die bayerische Regelung bereits gegen das aus Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG hergeleitete Gebot hinreichender Bestimmtheit der gesetzlichen Grundlage, dem zufolge Freiheitsentziehungen in berechenbarer, messbarer und kontrollierbarer Weise zu regeln sind (siehe oben Rn. 79).

117

b) Darüber hinaus hat das Gericht bei der Prüfung des Amtshaftungsanspruchs nicht berücksichtigt, dass, selbst wenn die von ihm herangezogene Ermächtigungsgrundlage den Anforderungen des Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG entsprochen hätte, die bei dem Beschwerdeführer zu II. durchgeführte 7-Punkt-Fixierung eine dem Richtervorbehalt unterliegende Freiheitsentziehung darstellt und der bayerische Gesetzgeber insoweit dem verfassungsrechtlichen Regelungsauftrag aus Art. 104 Abs. 2 Satz 4 GG nicht nachgekommen ist (siehe oben Rn. 94 f.).

118

Auf die Frage, ob die gegenüber dem Beschwerdeführer zu II. ergangene Fixierungsanordnung darüber hinaus die aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erwachsenden Anforderungen erfüllt, kommt es deshalb nicht mehr an.

E.

I.

119

Die teilweise Verfassungswidrigkeit des § 25 PsychKHG BW in Bezug auf Fixierungen führt nicht zu dessen Teilnichtigkeit. Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz bestimmt als Rechtsfolge der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes nicht ausnahmslos dessen Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG); es lässt auch die Erklärung der bloßen Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu (§ 31 Abs. 2 Satz 3 BVerfGG). Die Erklärung der Unvereinbarkeit, verbunden mit der Anordnung befristeter Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung, kommt in Betracht, wenn die sofortige Ungültigkeit der zu beanstandenden Norm dem Schutz überragender Güter des Gemeinwohls oder grundrechtlich geschützter Belange des Betroffenen selbst oder Dritter die Grundlage entziehen würde und eine Abwägung mit den betroffenen Grundrechten ergibt, dass der Eingriff für eine Übergangszeit hinzunehmen ist (vgl. BVerfGE 85, 386 <400 f.>; 141, 220 <351 Rn. 355>).

120

Dies ist hier der Fall. Die Fixierung dient regelmäßig dem Zweck, in Ausnahmesituationen gegenwärtigen erheblichen Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen und Dritter zu begegnen. Zu diesem Zweck kann sie zulässig sein, wenn der Betroffene sich selbst oder andere in einer Weise gefährdet, die nicht anders beherrschbar ist. Die Nichtigerklärung des § 25 PsychKHG BW, soweit er die Anordnung einer Fixierung betrifft, hätte zur Folge, dass solche Maßnahmen in Baden-Württemberg bis zum Erlass einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Ermächtigungsgrundlage unter keinen Umständen mehr zulässig wären, ohne dass dem Gesetzgeber oder der Praxis Gelegenheit gegeben würde, sich auf die neue Lage einzustellen und gleichwertige Handlungsalternativen zu schaffen. In diesem Fall käme es zu einer Schutzlücke, weil in diesem Zeitraum grundrechtliche Belange sowohl der untergebrachten Person als auch des Klinikpersonals und der Mitpatienten gefährdet und aller Wahrscheinlichkeit nach beeinträchtigt würden.

121

Bei einer Abwägung der verfassungsrechtlichen Mängel des § 25 PsychKHG BW mit dem verfassungsrechtlichen Defizit, das im Fehlen eines Schutzes des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit durch Fixierung eines sich selbst oder andere akut gefährdenden Untergebrachten läge, geht der Schutz der Rechtsgüter aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG vor. Die Defizite des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes des Landes Baden-Württemberg, welches den Richtervorbehalt weder vorsieht noch ein entsprechendes Verfahrensrecht ausgestaltet und auch die Pflicht der behandelnden Ärzte, den Betroffenen nach Erledigung der Fixierungsmaßnahme auf die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung hinzuweisen, nicht regelt, betreffen die an eine materiell grundsätzlich zulässige Maßnahme zu stellenden Verfahrensanforderungen. Im Falle der Teilnichtigkeit der Norm steht hingegen der materielle Schutz von Grundrechten des Betroffenen und Dritter selbst auf dem Spiel. Daher muss die Anordnung von Fixierungen vorübergehend auf Grundlage des § 25 PsychKHG unter der weiteren Maßgabe der getroffenen Übergangsregelung (siehe unten Rn. 124 f.) hingenommen werden.

II.

122

Für eine Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 4. Februar 2015 bleibt kein Raum. Er hat sich durch die Entlassung des Betroffenen zu I. aus der Klinik erledigt. Eine Zurückverweisung zur erneuten Kostenentscheidung (vgl. BVerfGE 35, 202 <245>) ist nicht erforderlich, weil der angegriffene Beschluss kostenfrei erging. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts beschränkt sich deshalb auf die Feststellung einer Verletzung des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 42, 212 <222>).

123

Das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 4. Februar 2016 ist aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht München zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

III.

124

1. In Baden-Württemberg ist der jedenfalls für 5-Punkt- und 7-Punkt-Fixierungen geltende Richtervorbehalt aus Art. 104 Abs. 2 GG während eines Übergangszeitraums bis zum 30. Juni 2019 unmittelbar anzuwenden. Das Verfahren kann in dieser Zeit den §§ 312 ff. FamFG und §§ 70 ff. FamFG entsprechend durchgeführt werden. Der greifbare rechtliche Gehalt des Art. 104 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG - das Gebot vorhergehender oder unverzüglich nachzuholender richterlicher Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Freiheitsentziehung - bietet für die Übergangszeit nach Maßgabe der Gründe unter D.III. (Rn. 93 ff.) einen für die Behandlung von freiheitsentziehenden Fixierungen unmittelbar anwendbaren Rechtssatz.

125

Zudem folgt in der Übergangszeit unmittelbar aus dem Freiheitsgrundrecht (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 104 GG) die Pflicht der behandelnden Ärzte, den Betroffenen nach Erledigung der Fixierungsmaßnahme auf die Möglichkeit hinzuweisen, eine richterliche Entscheidung zu beantragen.

126

2. Dass es im Freistaat Bayern derzeit insgesamt an einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden gesetzlichen Grundlage für die Anordnung von Fixierungen im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung fehlt, führt für eine Übergangszeit bis zum 30. Juni 2019 ebenfalls nicht zur Unzulässigkeit einer solchen Maßnahme.

127

a) Das Bundesverfassungsgericht kann einen verfassungswidrigen Rechtszustand vorübergehend hinnehmen, um eine Lage zu vermeiden, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen noch ferner stünde als der bisherige Zustand (vgl. BVerfGE 33, 1 <12 f.>; 33, 303 <347>; 41, 251 <267>; 45, 400 <420>; 48, 29 <37 f.>; 85, 386 <401>).

128

Solange der bayerische Gesetzgeber keine Entscheidung darüber getroffen hat, in welcher Weise er einen verfassungsgemäßen Zustand herstellen und ob er an der Fixierung als besonderer Sicherungsmaßnahmefesthalten will, kommt es auch im Freistaat Bayern wegen der fehlenden gesetzlichen Ermächtigung für solche Maßnahmen im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung, wie bereits dargelegt, zu einer Schutzlücke (siehe oben Rn. 120). Bei der auch insoweit erforderlichen Abwägung des festgestellten verfassungsrechtlichen Mangels mit den Konsequenzen eines sofortigen Verbots der Fixierung überwiegt das Interesse an einer vorübergehenden Zulässigkeit der Fixierung zum Schutz der Rechtsgüter aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Im Freistaat Bayern fehlt es zwar insgesamt an einer gesetzlichen Ermächtigung für eine Fixierung oder funktionsäquivalente Maßnahme, auch insoweit gilt jedoch, dass die Fixierung eine materiell grundsätzlich zulässige Maßnahme darstellt und die durch ein Verbot von Fixierungen entstehende Schutzlücke den materiellen Grundrechtsschutz selbst betreffen würde. Die Anordnung von Fixierungen muss daher auch im Freistaat Bayern unter Beachtung der dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen vorübergehend ohne die an sich erforderliche gesetzliche Grundlage hingenommen werden (vgl. BVerfGE 85, 386 <401> zur "Fangschaltung").

129

b) Dies bedeutet allerdings nicht, dass Fixierungen untergebrachter Personen im Freistaat Bayern in der Übergangszeit beliebig zulässig wären. Vielmehr ist angesichts des hohen Werts des Freiheitsgrundrechts bei jeder Fixierung zu prüfen, ob und wie lange diese unerlässlich ist, um eine gegenwärtige erhebliche Selbstgefährdung oder eine gegenwärtige erhebliche Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer abzuwenden. Zudem gilt jedenfalls für die 5-Punkt- und die 7-Punkt-Fixierung der Richtervorbehalt aus Art. 104 Abs. 2 GG in gleicher Weise, wie dies für das Land Baden-Württembergausgeführt worden ist (siehe oben Rn. 124), unmittelbar. Auch ist der Betroffene nach Beendigung der Maßnahme auf die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung hinzuweisen (siehe oben Rn. 125).

IV.

130

Das Freiheitsgrundrecht erfordert eine enge Begrenzung des Übergangszeitraums (vgl. BVerfGE 109, 190 <239>). Die Gesetzgeber beider Länder bleiben daher verpflichtet, alsbald, spätestens bis zum 30. Juni 2019, einen verfassungsgemäßen Zustand herzustellen (vgl. BVerfGE 85, 386 <402>).

V.

131

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 13


(1) Die Wohnung ist unverletzlich. (2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden. (3) Begrü

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 95


(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 104


(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden. (2) Über die Zuläss

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 92


In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 31


(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. (2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gese

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 109 Antrag auf gerichtliche Entscheidung


(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 97


(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen. (2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Ge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 93


(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet: 1. über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in

Strafgesetzbuch - StGB | § 34 Rechtfertigender Notstand


Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 35


Das Bundesverfassungsgericht kann in seiner Entscheidung bestimmen, wer sie vollstreckt; es kann auch im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung regeln.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 312 Unterbringungssachen


Unterbringungssachen sind Verfahren, die die Genehmigung oder Anordnung einer1.freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 1831 Absatz 1 und 2 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,2.freiheitsentziehenden Maßnahme nach § 1831 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 758a Richterliche Durchsuchungsanordnung; Vollstreckung zur Unzeit


(1) Die Wohnung des Schuldners darf ohne dessen Einwilligung nur auf Grund einer Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht durchsucht werden, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll. Dies gilt nicht, wenn die Einholung der Anordnung den Erfo

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 319 Persönliche Anhörung des Betroffenen


(1) Das Gericht hat den Betroffenen vor einer Unterbringungsmaßnahme persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen. Den persönlichen Eindruck verschafft sich das Gericht, soweit dies erforderlich ist, in der übliche

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 317 Verfahrenspfleger


(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist insbesondere erforderlich, wenn von einer Anhörung des Betroffenen abge

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 94


(1) Das Bundesverfassungsgericht gibt dem Verfassungsorgan des Bundes oder des Landes, dessen Handlung oder Unterlassung in der Verfassungsbeschwerde beanstandet wird, Gelegenheit, sich binnen einer zu bestimmenden Frist zu äußern. (2) Ging die Hand

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 167 Anwendbare Vorschriften bei Unterbringung Minderjähriger und bei freiheitsentziehenden Maßnahmen bei Minderjährigen


(1) In Verfahren nach § 151 Nummer 6 sind die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 1 und 2, in Verfahren nach § 151 Nummer 7 die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 4 geltenden Vorschriften anzuwenden. An die Stelle des Verfahrenspfleger

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 82


(1) Die Vorschriften der §§ 77 bis 79 gelten entsprechend. (2) Die in § 77 genannten Verfassungsorgane können in jeder Lage des Verfahrens beitreten. (3) Das Bundesverfassungsgericht gibt auch den Beteiligten des Verfahrens vor dem Gericht, das den

Strafprozeßordnung - StPO | § 104 Durchsuchung von Räumen zur Nachtzeit


(1) Zur Nachtzeit dürfen die Wohnung, die Geschäftsräume und das befriedete Besitztum nur in folgenden Fällen durchsucht werden: 1. bei Verfolgung auf frischer Tat,2. bei Gefahr im Verzug,3. wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass währe

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 15


(1) Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts und der Vizepräsident führen den Vorsitz in ihrem Senat. Sie werden von dem dienstältesten, bei gleichem Dienstalter von dem lebensältesten anwesenden Richter des Senats vertreten. (2) Jeder Senat ist

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 315 Beteiligte


(1) Zu beteiligen sind1.der Betroffene,2.der Betreuer,3.der Bevollmächtigte im Sinne des § 1814 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Der Verfahrenspfleger wird durch seine Bestellung als Beteiligter zum Verfahren hinzugezoge

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 327 Vollzugsangelegenheiten


(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Vollzug einer Unterbringungsmaßnahme nach § 312 Nummer 4 kann der Betroffene eine Entscheidung des Gerichts beantragen. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlass einer abge

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 284 Unterbringung zur Begutachtung


(1) Das Gericht kann nach Anhörung eines Sachverständigen beschließen, dass der Betroffene auf bestimmte Dauer untergebracht und beobachtet wird, soweit dies zur Vorbereitung des Gutachtens erforderlich ist. Der Betroffene ist vorher persönlich anzuh

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 313 Örtliche Zuständigkeit


(1) Ausschließlich zuständig für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 1 bis 3 ist in dieser Rangfolge:1.das Gericht, bei dem ein Verfahren zur Bestellung eines Betreuers eingeleitet oder das Betreuungsverfahren anhängig ist;2.das Gericht, in dessen

Referenzen - Urteile

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Bundesverfassungsgericht Urteil, 24. Juli 2018 - 2 BvR 309/15, 2 BvR 502/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesverfassungsgericht Urteil, 24. Juli 2018 - 2 BvR 309/15, 2 BvR 502/16 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2012 - XII ZB 474/11

bei uns veröffentlicht am 22.08.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 474/11 vom 22. August 2012 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 195, 199 Abs. 1, 214, 1836 e, 1902, 1908 i; FamFG §§ 168, 276, 292 Abs. 1 Der Verfahrenspfleger k

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2012 - XII ZB 543/11

bei uns veröffentlicht am 12.09.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 543/11 vom 12. September 2012 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 1835 Abs. 3, 1906; FamFG §§ 277, 312, 317, 318; RVG § 15 Abs. 2 Satz 1 Hat das Betreuungsgeric

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2010 - XII ZB 383/10

bei uns veröffentlicht am 15.09.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 383/10 vom 15. September 2010 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 1906; FamFG §§ 29 f., 321 Abs. 1, 323 Nr. 2, 329 Abs. 2 Satz 2 a) Auch der behandelnde Arzt des Be

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 19. Juli 2017 - 2 BvR 2003/14

bei uns veröffentlicht am 19.07.2017

Tenor 1. § 23 Absatz 2 Satz 2 Alternative 1 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Psychischkrankengesetz - PsychKG M-V) in der Fassung

Referenzen

Das Bundesverfassungsgericht kann in seiner Entscheidung bestimmen, wer sie vollstreckt; es kann auch im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung regeln.

(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Vollzug einer Unterbringungsmaßnahme nach § 312 Nummer 4 kann der Betroffene eine Entscheidung des Gerichts beantragen. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlass einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene geltend macht, durch die Maßnahme, ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung anordnen.

(4) Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

Unterbringungssachen sind Verfahren, die die Genehmigung oder Anordnung einer

1.
freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 1831 Absatz 1 und 2 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
freiheitsentziehenden Maßnahme nach § 1831 Absatz 4 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
ärztlichen Zwangsmaßnahme, auch einschließlich einer Verbringung zu einem stationären Aufenthalt, nach § 1832 Absatz 1, 2 und 4 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
4.
freiheitsentziehenden Unterbringung, freiheitsentziehenden Maßnahme oder ärztlichen Zwangsmaßnahme bei Volljährigen nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker
betreffen (Unterbringungsmaßnahme).

(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Vollzug einer Unterbringungsmaßnahme nach § 312 Nummer 4 kann der Betroffene eine Entscheidung des Gerichts beantragen. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlass einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene geltend macht, durch die Maßnahme, ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung anordnen.

(4) Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

(1) Das Gericht kann nach Anhörung eines Sachverständigen beschließen, dass der Betroffene auf bestimmte Dauer untergebracht und beobachtet wird, soweit dies zur Vorbereitung des Gutachtens erforderlich ist. Der Betroffene ist vorher persönlich anzuhören.

(2) Die Unterbringung darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Reicht dieser Zeitraum nicht aus, um die erforderlichen Erkenntnisse für das Gutachten zu erlangen, kann die Unterbringung durch gerichtlichen Beschluss bis zu einer Gesamtdauer von drei Monaten verlängert werden.

(3) § 283 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. Gegen Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 2 findet die sofortige Beschwerde nach den §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung statt.

(1) Ausschließlich zuständig für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 1 bis 3 ist in dieser Rangfolge:

1.
das Gericht, bei dem ein Verfahren zur Bestellung eines Betreuers eingeleitet oder das Betreuungsverfahren anhängig ist;
2.
das Gericht, in dessen Bezirk der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
3.
das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme hervortritt;
4.
das Amtsgericht Schöneberg in Berlin, wenn der Betroffene Deutscher ist.

(2) Für einstweilige Anordnungen oder einstweilige Maßregeln ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme bekannt wird. In den Fällen einer einstweiligen Anordnung oder einstweiligen Maßregel soll es dem nach Absatz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 zuständigen Gericht davon Mitteilung machen.

(3) Ausschließlich zuständig für Unterbringungsmaßnahmen nach § 312 Nummer 4 ist das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme hervortritt. Befindet sich der Betroffene bereits in einer Einrichtung zur freiheitsentziehenden Unterbringung, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt.

(4) Ist für die Unterbringungssache ein anderes Gericht zuständig als dasjenige, bei dem ein die Unterbringung erfassendes Verfahren zur Bestellung eines Betreuers eingeleitet ist, teilt dieses Gericht dem für die Unterbringungssache zuständigen Gericht die Aufhebung der Betreuung, den Wegfall des Aufgabenbereiches Unterbringung und einen Wechsel in der Person des Betreuers mit. Das für die Unterbringungssache zuständige Gericht teilt dem anderen Gericht die Unterbringungsmaßnahme, ihre Änderung, Verlängerung und Aufhebung mit.

(1) In Verfahren nach § 151 Nummer 6 sind die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 1 und 2, in Verfahren nach § 151 Nummer 7 die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 4 geltenden Vorschriften anzuwenden. An die Stelle des Verfahrenspflegers tritt der Verfahrensbeistand. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands ist stets erforderlich.

(2) Ist für eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ein anderes Gericht zuständig als dasjenige, bei dem eine Vormundschaft oder eine die Unterbringung erfassende Pflegschaft für den Minderjährigen eingeleitet ist, teilt dieses Gericht dem für das Verfahren nach Absatz 1 zuständigen Gericht die Anordnung und Aufhebung der Vormundschaft oder Pflegschaft, den Wegfall des Aufgabenbereichs Unterbringung und einen Wechsel in der Person des Vormunds oder Pflegers mit; das für das Verfahren nach Absatz 1 zuständige Gericht teilt dem anderen Gericht die Unterbringungsmaßnahme, ihre Änderung, Verlängerung und Aufhebung mit.

(3) Der Betroffene ist ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig, wenn er das 14. Lebensjahr vollendet hat.

(4) In den in Absatz 1 Satz 1 genannten Verfahren sind die Elternteile, denen die Personensorge zusteht, der gesetzliche Vertreter in persönlichen Angelegenheiten sowie die Pflegeeltern persönlich anzuhören.

(5) Das Jugendamt hat die Eltern, den Vormund oder den Pfleger auf deren Wunsch bei der Zuführung zur Unterbringung zu unterstützen.

(6) In Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 soll der Sachverständige Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sein. In Verfahren nach § 151 Nr. 6 kann das Gutachten auch durch einen in Fragen der Heimerziehung ausgewiesenen Psychotherapeuten, Psychologen, Pädagogen oder Sozialpädagogen erstattet werden. In Verfahren der Genehmigung freiheitsentziehender Maßnahmen genügt ein ärztliches Zeugnis; Satz 1 gilt entsprechend.

(7) Die freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen enden spätestens mit Ablauf von sechs Monaten, bei offensichtlich langer Sicherungsbedürftigkeit spätestens mit Ablauf von einem Jahr, wenn sie nicht vorher verlängert werden.

(1) Ausschließlich zuständig für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 1 bis 3 ist in dieser Rangfolge:

1.
das Gericht, bei dem ein Verfahren zur Bestellung eines Betreuers eingeleitet oder das Betreuungsverfahren anhängig ist;
2.
das Gericht, in dessen Bezirk der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
3.
das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme hervortritt;
4.
das Amtsgericht Schöneberg in Berlin, wenn der Betroffene Deutscher ist.

(2) Für einstweilige Anordnungen oder einstweilige Maßregeln ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme bekannt wird. In den Fällen einer einstweiligen Anordnung oder einstweiligen Maßregel soll es dem nach Absatz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 zuständigen Gericht davon Mitteilung machen.

(3) Ausschließlich zuständig für Unterbringungsmaßnahmen nach § 312 Nummer 4 ist das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme hervortritt. Befindet sich der Betroffene bereits in einer Einrichtung zur freiheitsentziehenden Unterbringung, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt.

(4) Ist für die Unterbringungssache ein anderes Gericht zuständig als dasjenige, bei dem ein die Unterbringung erfassendes Verfahren zur Bestellung eines Betreuers eingeleitet ist, teilt dieses Gericht dem für die Unterbringungssache zuständigen Gericht die Aufhebung der Betreuung, den Wegfall des Aufgabenbereiches Unterbringung und einen Wechsel in der Person des Betreuers mit. Das für die Unterbringungssache zuständige Gericht teilt dem anderen Gericht die Unterbringungsmaßnahme, ihre Änderung, Verlängerung und Aufhebung mit.

(1) In Verfahren nach § 151 Nummer 6 sind die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 1 und 2, in Verfahren nach § 151 Nummer 7 die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 4 geltenden Vorschriften anzuwenden. An die Stelle des Verfahrenspflegers tritt der Verfahrensbeistand. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands ist stets erforderlich.

(2) Ist für eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ein anderes Gericht zuständig als dasjenige, bei dem eine Vormundschaft oder eine die Unterbringung erfassende Pflegschaft für den Minderjährigen eingeleitet ist, teilt dieses Gericht dem für das Verfahren nach Absatz 1 zuständigen Gericht die Anordnung und Aufhebung der Vormundschaft oder Pflegschaft, den Wegfall des Aufgabenbereichs Unterbringung und einen Wechsel in der Person des Vormunds oder Pflegers mit; das für das Verfahren nach Absatz 1 zuständige Gericht teilt dem anderen Gericht die Unterbringungsmaßnahme, ihre Änderung, Verlängerung und Aufhebung mit.

(3) Der Betroffene ist ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig, wenn er das 14. Lebensjahr vollendet hat.

(4) In den in Absatz 1 Satz 1 genannten Verfahren sind die Elternteile, denen die Personensorge zusteht, der gesetzliche Vertreter in persönlichen Angelegenheiten sowie die Pflegeeltern persönlich anzuhören.

(5) Das Jugendamt hat die Eltern, den Vormund oder den Pfleger auf deren Wunsch bei der Zuführung zur Unterbringung zu unterstützen.

(6) In Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 soll der Sachverständige Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sein. In Verfahren nach § 151 Nr. 6 kann das Gutachten auch durch einen in Fragen der Heimerziehung ausgewiesenen Psychotherapeuten, Psychologen, Pädagogen oder Sozialpädagogen erstattet werden. In Verfahren der Genehmigung freiheitsentziehender Maßnahmen genügt ein ärztliches Zeugnis; Satz 1 gilt entsprechend.

(7) Die freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen enden spätestens mit Ablauf von sechs Monaten, bei offensichtlich langer Sicherungsbedürftigkeit spätestens mit Ablauf von einem Jahr, wenn sie nicht vorher verlängert werden.

(1) Ausschließlich zuständig für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 1 bis 3 ist in dieser Rangfolge:

1.
das Gericht, bei dem ein Verfahren zur Bestellung eines Betreuers eingeleitet oder das Betreuungsverfahren anhängig ist;
2.
das Gericht, in dessen Bezirk der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
3.
das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme hervortritt;
4.
das Amtsgericht Schöneberg in Berlin, wenn der Betroffene Deutscher ist.

(2) Für einstweilige Anordnungen oder einstweilige Maßregeln ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme bekannt wird. In den Fällen einer einstweiligen Anordnung oder einstweiligen Maßregel soll es dem nach Absatz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 zuständigen Gericht davon Mitteilung machen.

(3) Ausschließlich zuständig für Unterbringungsmaßnahmen nach § 312 Nummer 4 ist das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme hervortritt. Befindet sich der Betroffene bereits in einer Einrichtung zur freiheitsentziehenden Unterbringung, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt.

(4) Ist für die Unterbringungssache ein anderes Gericht zuständig als dasjenige, bei dem ein die Unterbringung erfassendes Verfahren zur Bestellung eines Betreuers eingeleitet ist, teilt dieses Gericht dem für die Unterbringungssache zuständigen Gericht die Aufhebung der Betreuung, den Wegfall des Aufgabenbereiches Unterbringung und einen Wechsel in der Person des Betreuers mit. Das für die Unterbringungssache zuständige Gericht teilt dem anderen Gericht die Unterbringungsmaßnahme, ihre Änderung, Verlängerung und Aufhebung mit.

(1) In Verfahren nach § 151 Nummer 6 sind die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 1 und 2, in Verfahren nach § 151 Nummer 7 die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 4 geltenden Vorschriften anzuwenden. An die Stelle des Verfahrenspflegers tritt der Verfahrensbeistand. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands ist stets erforderlich.

(2) Ist für eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ein anderes Gericht zuständig als dasjenige, bei dem eine Vormundschaft oder eine die Unterbringung erfassende Pflegschaft für den Minderjährigen eingeleitet ist, teilt dieses Gericht dem für das Verfahren nach Absatz 1 zuständigen Gericht die Anordnung und Aufhebung der Vormundschaft oder Pflegschaft, den Wegfall des Aufgabenbereichs Unterbringung und einen Wechsel in der Person des Vormunds oder Pflegers mit; das für das Verfahren nach Absatz 1 zuständige Gericht teilt dem anderen Gericht die Unterbringungsmaßnahme, ihre Änderung, Verlängerung und Aufhebung mit.

(3) Der Betroffene ist ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig, wenn er das 14. Lebensjahr vollendet hat.

(4) In den in Absatz 1 Satz 1 genannten Verfahren sind die Elternteile, denen die Personensorge zusteht, der gesetzliche Vertreter in persönlichen Angelegenheiten sowie die Pflegeeltern persönlich anzuhören.

(5) Das Jugendamt hat die Eltern, den Vormund oder den Pfleger auf deren Wunsch bei der Zuführung zur Unterbringung zu unterstützen.

(6) In Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 soll der Sachverständige Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sein. In Verfahren nach § 151 Nr. 6 kann das Gutachten auch durch einen in Fragen der Heimerziehung ausgewiesenen Psychotherapeuten, Psychologen, Pädagogen oder Sozialpädagogen erstattet werden. In Verfahren der Genehmigung freiheitsentziehender Maßnahmen genügt ein ärztliches Zeugnis; Satz 1 gilt entsprechend.

(7) Die freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen enden spätestens mit Ablauf von sechs Monaten, bei offensichtlich langer Sicherungsbedürftigkeit spätestens mit Ablauf von einem Jahr, wenn sie nicht vorher verlängert werden.

(1) Ausschließlich zuständig für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 1 bis 3 ist in dieser Rangfolge:

1.
das Gericht, bei dem ein Verfahren zur Bestellung eines Betreuers eingeleitet oder das Betreuungsverfahren anhängig ist;
2.
das Gericht, in dessen Bezirk der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
3.
das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme hervortritt;
4.
das Amtsgericht Schöneberg in Berlin, wenn der Betroffene Deutscher ist.

(2) Für einstweilige Anordnungen oder einstweilige Maßregeln ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme bekannt wird. In den Fällen einer einstweiligen Anordnung oder einstweiligen Maßregel soll es dem nach Absatz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 zuständigen Gericht davon Mitteilung machen.

(3) Ausschließlich zuständig für Unterbringungsmaßnahmen nach § 312 Nummer 4 ist das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme hervortritt. Befindet sich der Betroffene bereits in einer Einrichtung zur freiheitsentziehenden Unterbringung, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt.

(4) Ist für die Unterbringungssache ein anderes Gericht zuständig als dasjenige, bei dem ein die Unterbringung erfassendes Verfahren zur Bestellung eines Betreuers eingeleitet ist, teilt dieses Gericht dem für die Unterbringungssache zuständigen Gericht die Aufhebung der Betreuung, den Wegfall des Aufgabenbereiches Unterbringung und einen Wechsel in der Person des Betreuers mit. Das für die Unterbringungssache zuständige Gericht teilt dem anderen Gericht die Unterbringungsmaßnahme, ihre Änderung, Verlängerung und Aufhebung mit.

(1) In Verfahren nach § 151 Nummer 6 sind die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 1 und 2, in Verfahren nach § 151 Nummer 7 die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 4 geltenden Vorschriften anzuwenden. An die Stelle des Verfahrenspflegers tritt der Verfahrensbeistand. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands ist stets erforderlich.

(2) Ist für eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ein anderes Gericht zuständig als dasjenige, bei dem eine Vormundschaft oder eine die Unterbringung erfassende Pflegschaft für den Minderjährigen eingeleitet ist, teilt dieses Gericht dem für das Verfahren nach Absatz 1 zuständigen Gericht die Anordnung und Aufhebung der Vormundschaft oder Pflegschaft, den Wegfall des Aufgabenbereichs Unterbringung und einen Wechsel in der Person des Vormunds oder Pflegers mit; das für das Verfahren nach Absatz 1 zuständige Gericht teilt dem anderen Gericht die Unterbringungsmaßnahme, ihre Änderung, Verlängerung und Aufhebung mit.

(3) Der Betroffene ist ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig, wenn er das 14. Lebensjahr vollendet hat.

(4) In den in Absatz 1 Satz 1 genannten Verfahren sind die Elternteile, denen die Personensorge zusteht, der gesetzliche Vertreter in persönlichen Angelegenheiten sowie die Pflegeeltern persönlich anzuhören.

(5) Das Jugendamt hat die Eltern, den Vormund oder den Pfleger auf deren Wunsch bei der Zuführung zur Unterbringung zu unterstützen.

(6) In Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 soll der Sachverständige Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sein. In Verfahren nach § 151 Nr. 6 kann das Gutachten auch durch einen in Fragen der Heimerziehung ausgewiesenen Psychotherapeuten, Psychologen, Pädagogen oder Sozialpädagogen erstattet werden. In Verfahren der Genehmigung freiheitsentziehender Maßnahmen genügt ein ärztliches Zeugnis; Satz 1 gilt entsprechend.

(7) Die freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen enden spätestens mit Ablauf von sechs Monaten, bei offensichtlich langer Sicherungsbedürftigkeit spätestens mit Ablauf von einem Jahr, wenn sie nicht vorher verlängert werden.

(1) Ausschließlich zuständig für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 1 bis 3 ist in dieser Rangfolge:

1.
das Gericht, bei dem ein Verfahren zur Bestellung eines Betreuers eingeleitet oder das Betreuungsverfahren anhängig ist;
2.
das Gericht, in dessen Bezirk der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
3.
das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme hervortritt;
4.
das Amtsgericht Schöneberg in Berlin, wenn der Betroffene Deutscher ist.

(2) Für einstweilige Anordnungen oder einstweilige Maßregeln ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme bekannt wird. In den Fällen einer einstweiligen Anordnung oder einstweiligen Maßregel soll es dem nach Absatz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 zuständigen Gericht davon Mitteilung machen.

(3) Ausschließlich zuständig für Unterbringungsmaßnahmen nach § 312 Nummer 4 ist das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme hervortritt. Befindet sich der Betroffene bereits in einer Einrichtung zur freiheitsentziehenden Unterbringung, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt.

(4) Ist für die Unterbringungssache ein anderes Gericht zuständig als dasjenige, bei dem ein die Unterbringung erfassendes Verfahren zur Bestellung eines Betreuers eingeleitet ist, teilt dieses Gericht dem für die Unterbringungssache zuständigen Gericht die Aufhebung der Betreuung, den Wegfall des Aufgabenbereiches Unterbringung und einen Wechsel in der Person des Betreuers mit. Das für die Unterbringungssache zuständige Gericht teilt dem anderen Gericht die Unterbringungsmaßnahme, ihre Änderung, Verlängerung und Aufhebung mit.

(1) In Verfahren nach § 151 Nummer 6 sind die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 1 und 2, in Verfahren nach § 151 Nummer 7 die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 4 geltenden Vorschriften anzuwenden. An die Stelle des Verfahrenspflegers tritt der Verfahrensbeistand. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands ist stets erforderlich.

(2) Ist für eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ein anderes Gericht zuständig als dasjenige, bei dem eine Vormundschaft oder eine die Unterbringung erfassende Pflegschaft für den Minderjährigen eingeleitet ist, teilt dieses Gericht dem für das Verfahren nach Absatz 1 zuständigen Gericht die Anordnung und Aufhebung der Vormundschaft oder Pflegschaft, den Wegfall des Aufgabenbereichs Unterbringung und einen Wechsel in der Person des Vormunds oder Pflegers mit; das für das Verfahren nach Absatz 1 zuständige Gericht teilt dem anderen Gericht die Unterbringungsmaßnahme, ihre Änderung, Verlängerung und Aufhebung mit.

(3) Der Betroffene ist ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig, wenn er das 14. Lebensjahr vollendet hat.

(4) In den in Absatz 1 Satz 1 genannten Verfahren sind die Elternteile, denen die Personensorge zusteht, der gesetzliche Vertreter in persönlichen Angelegenheiten sowie die Pflegeeltern persönlich anzuhören.

(5) Das Jugendamt hat die Eltern, den Vormund oder den Pfleger auf deren Wunsch bei der Zuführung zur Unterbringung zu unterstützen.

(6) In Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 soll der Sachverständige Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sein. In Verfahren nach § 151 Nr. 6 kann das Gutachten auch durch einen in Fragen der Heimerziehung ausgewiesenen Psychotherapeuten, Psychologen, Pädagogen oder Sozialpädagogen erstattet werden. In Verfahren der Genehmigung freiheitsentziehender Maßnahmen genügt ein ärztliches Zeugnis; Satz 1 gilt entsprechend.

(7) Die freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen enden spätestens mit Ablauf von sechs Monaten, bei offensichtlich langer Sicherungsbedürftigkeit spätestens mit Ablauf von einem Jahr, wenn sie nicht vorher verlängert werden.

(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Vollzug einer Unterbringungsmaßnahme nach § 312 Nummer 4 kann der Betroffene eine Entscheidung des Gerichts beantragen. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlass einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene geltend macht, durch die Maßnahme, ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung anordnen.

(4) Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) In Verfahren nach § 151 Nummer 6 sind die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 1 und 2, in Verfahren nach § 151 Nummer 7 die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 4 geltenden Vorschriften anzuwenden. An die Stelle des Verfahrenspflegers tritt der Verfahrensbeistand. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands ist stets erforderlich.

(2) Ist für eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ein anderes Gericht zuständig als dasjenige, bei dem eine Vormundschaft oder eine die Unterbringung erfassende Pflegschaft für den Minderjährigen eingeleitet ist, teilt dieses Gericht dem für das Verfahren nach Absatz 1 zuständigen Gericht die Anordnung und Aufhebung der Vormundschaft oder Pflegschaft, den Wegfall des Aufgabenbereichs Unterbringung und einen Wechsel in der Person des Vormunds oder Pflegers mit; das für das Verfahren nach Absatz 1 zuständige Gericht teilt dem anderen Gericht die Unterbringungsmaßnahme, ihre Änderung, Verlängerung und Aufhebung mit.

(3) Der Betroffene ist ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig, wenn er das 14. Lebensjahr vollendet hat.

(4) In den in Absatz 1 Satz 1 genannten Verfahren sind die Elternteile, denen die Personensorge zusteht, der gesetzliche Vertreter in persönlichen Angelegenheiten sowie die Pflegeeltern persönlich anzuhören.

(5) Das Jugendamt hat die Eltern, den Vormund oder den Pfleger auf deren Wunsch bei der Zuführung zur Unterbringung zu unterstützen.

(6) In Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 soll der Sachverständige Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sein. In Verfahren nach § 151 Nr. 6 kann das Gutachten auch durch einen in Fragen der Heimerziehung ausgewiesenen Psychotherapeuten, Psychologen, Pädagogen oder Sozialpädagogen erstattet werden. In Verfahren der Genehmigung freiheitsentziehender Maßnahmen genügt ein ärztliches Zeugnis; Satz 1 gilt entsprechend.

(7) Die freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen enden spätestens mit Ablauf von sechs Monaten, bei offensichtlich langer Sicherungsbedürftigkeit spätestens mit Ablauf von einem Jahr, wenn sie nicht vorher verlängert werden.

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Dient die vom Antragsteller begehrte oder angefochtene Maßnahme der Umsetzung des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches im Vollzug der Sicherungsverwahrung oder der ihr vorausgehenden Freiheitsstrafe, so ist dem Antragsteller für ein gerichtliches Verfahren von Amts wegen ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass wegen der Einfachheit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Rechtsanwalts nicht geboten erscheint oder es ersichtlich ist, dass der Antragsteller seine Rechte selbst ausreichend wahrnehmen kann. Über die Bestellung und einen Widerruf entscheidet der Vorsitzende des nach § 110 zuständigen Gerichts.

(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Vollzug einer Unterbringungsmaßnahme nach § 312 Nummer 4 kann der Betroffene eine Entscheidung des Gerichts beantragen. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlass einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene geltend macht, durch die Maßnahme, ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung anordnen.

(4) Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Dient die vom Antragsteller begehrte oder angefochtene Maßnahme der Umsetzung des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches im Vollzug der Sicherungsverwahrung oder der ihr vorausgehenden Freiheitsstrafe, so ist dem Antragsteller für ein gerichtliches Verfahren von Amts wegen ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass wegen der Einfachheit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Rechtsanwalts nicht geboten erscheint oder es ersichtlich ist, dass der Antragsteller seine Rechte selbst ausreichend wahrnehmen kann. Über die Bestellung und einen Widerruf entscheidet der Vorsitzende des nach § 110 zuständigen Gerichts.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

(1) Die Vorschriften der §§ 77 bis 79 gelten entsprechend.

(2) Die in § 77 genannten Verfassungsorgane können in jeder Lage des Verfahrens beitreten.

(3) Das Bundesverfassungsgericht gibt auch den Beteiligten des Verfahrens vor dem Gericht, das den Antrag gestellt hat, Gelegenheit zur Äußerung; es lädt sie zur mündlichen Verhandlung und erteilt den anwesenden Prozeßbevollmächtigten das Wort.

(4) Das Bundesverfassungsgericht kann oberste Gerichtshöfe des Bundes oder oberste Landesgerichte um die Mitteilung ersuchen, wie und auf Grund welcher Erwägungen sie das Grundgesetz in der streitigen Frage bisher ausgelegt haben, ob und wie sie die in ihrer Gültigkeit streitige Rechtsvorschrift in ihrer Rechtsprechung angewandt haben und welche damit zusammenhängenden Rechtsfragen zur Entscheidung anstehen. Es kann sie ferner ersuchen, ihre Erwägungen zu einer für die Entscheidung erheblichen Rechtsfrage darzulegen. Das Bundesverfassungsgericht gibt den Äußerungsberechtigten Kenntnis von der Stellungnahme.

(1) Das Bundesverfassungsgericht gibt dem Verfassungsorgan des Bundes oder des Landes, dessen Handlung oder Unterlassung in der Verfassungsbeschwerde beanstandet wird, Gelegenheit, sich binnen einer zu bestimmenden Frist zu äußern.

(2) Ging die Handlung oder Unterlassung von einem Minister oder einer Behörde des Bundes oder des Landes aus, so ist dem zuständigen Minister Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, so gibt das Bundesverfassungsgericht auch dem durch die Entscheidung Begünstigten Gelegenheit zur Äußerung.

(4) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar oder mittelbar gegen ein Gesetz, so ist § 77 entsprechend anzuwenden.

(5) Die in den Absätzen 1, 2 und 4 genannten Verfassungsorgane können dem Verfahren beitreten. Das Bundesverfassungsgericht kann von mündlicher Verhandlung absehen, wenn von ihr keine weitere Förderung des Verfahrens zu erwarten ist und die zur Äußerung berechtigten Verfassungsorgane, die dem Verfahren beigetreten sind, auf mündliche Verhandlung verzichten.

(1) Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts und der Vizepräsident führen den Vorsitz in ihrem Senat. Sie werden von dem dienstältesten, bei gleichem Dienstalter von dem lebensältesten anwesenden Richter des Senats vertreten.

(2) Jeder Senat ist beschlußfähig, wenn mindestens sechs Richter anwesend sind. Ist ein Senat in einem Verfahren von besonderer Dringlichkeit nicht beschlußfähig, ordnet der Vorsitzende ein Losverfahren an, durch das so lange Richter des anderen Senats als Vertreter bestimmt werden, bis die Mindestzahl erreicht ist. Die Vorsitzenden der Senate können nicht als Vertreter bestimmt werden. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.

(3) Nach Beginn der Beratung einer Sache können weitere Richter nicht hinzutreten. Wird der Senat beschlußunfähig, muß die Beratung nach seiner Ergänzung neu begonnen werden.

(4) Im Verfahren gemäß § 13 Nummer 1, 2, 2a, 4 und 9 bedarf es zu einer dem Antragsgegner nachteiligen Entscheidung in jedem Fall einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Senats. Im übrigen entscheidet die Mehrheit der an der Entscheidung mitwirkenden Mitglieder des Senats, soweit nicht das Gesetz etwas anderes bestimmt. Bei Stimmengleichheit kann ein Verstoß gegen das Grundgesetz oder sonstiges Bundesrecht nicht festgestellt werden.

(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist insbesondere erforderlich, wenn von einer Anhörung des Betroffenen abgesehen werden soll. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers stets erforderlich.

(2) Bestellt das Gericht dem Betroffenen keinen Verfahrenspfleger, ist dies in der Entscheidung, durch die eine Unterbringungsmaßnahme genehmigt oder angeordnet wird, zu begründen.

(3) Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen.

(4) Als Verfahrenspfleger ist eine natürliche Person zu bestellen. Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist.

(5) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden.

(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.

(7) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(8) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.

(1) Zu beteiligen sind

1.
der Betroffene,
2.
der Betreuer,
3.
der Bevollmächtigte im Sinne des § 1814 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Der Verfahrenspfleger wird durch seine Bestellung als Beteiligter zum Verfahren hinzugezogen.

(3) Die zuständige Behörde ist auf ihren Antrag als Beteiligte hinzuzuziehen.

(4) Beteiligt werden können im Interesse des Betroffenen

1.
dessen Ehegatte oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie dessen Eltern und Kinder, wenn der Betroffene bei diesen lebt oder bei Einleitung des Verfahrens gelebt hat, sowie die Pflegeeltern,
2.
eine von ihm benannte Person seines Vertrauens,
3.
der Leiter der Einrichtung, in der der Betroffene lebt.
Das Landesrecht kann vorsehen, dass weitere Personen und Stellen beteiligt werden können.

(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:

1.
über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind;
2.
bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit diesem Grundgesetze oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrechte auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Bundestages;
2a.
bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 entspricht, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes;
3.
bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung der Bundesaufsicht;
4.
in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Bunde und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländern oder innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist;
4a.
über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen Rechte verletzt zu sein;
4b.
über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 28 durch ein Gesetz, bei Landesgesetzen jedoch nur, soweit nicht Beschwerde beim Landesverfassungsgericht erhoben werden kann;
4c.
über Beschwerden von Vereinigungen gegen ihre Nichtanerkennung als Partei für die Wahl zum Bundestag;
5.
in den übrigen in diesem Grundgesetze vorgesehenen Fällen.

(2) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet außerdem auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes, ob im Falle des Artikels 72 Abs. 4 die Erforderlichkeit für eine bundesgesetzliche Regelung nach Artikel 72 Abs. 2 nicht mehr besteht oder Bundesrecht in den Fällen des Artikels 125a Abs. 2 Satz 1 nicht mehr erlassen werden könnte. Die Feststellung, dass die Erforderlichkeit entfallen ist oder Bundesrecht nicht mehr erlassen werden könnte, ersetzt ein Bundesgesetz nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2. Der Antrag nach Satz 1 ist nur zulässig, wenn eine Gesetzesvorlage nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2 im Bundestag abgelehnt oder über sie nicht innerhalb eines Jahres beraten und Beschluss gefasst oder wenn eine entsprechende Gesetzesvorlage im Bundesrat abgelehnt worden ist.

(3) Das Bundesverfassungsgericht wird ferner in den ihm sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen tätig.

13
Wie seine Bezeichnung in § 276 FamFG zu erkennen gibt, hat der Verfahrenspfleger die rechtlichen Interessen des Betreuten im Verfahren wahrzunehmen bzw. zur Geltung zu bringen. Anders als der Betreuer in den jeweiligen Aufgabenkreisen gemäß § 1902 BGB ist er jedoch nicht (gesetzlicher) Vertreter des Betreuten (Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 276 Rn. 27; MünchKommZPO/ Schmidt-Recla 3. Aufl. § 276 FamFG Rn. 3; Haußleiter/Heidebach FamFG § 276 Rn. 1; Hahne/Munzig/Bohnert BeckOK FamFG § 276 Rn. 8).

Tenor

1. § 23 Absatz 2 Satz 2 Alternative 1 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Psychischkrankengesetz - PsychKG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. April 2000 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern Seite 182, zuletzt geändert durch Artikel 4 des Änderungsgesetzes vom 9. November 2010, Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern Seite 642, 649) ist mit Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.

2. Der Beschluss des Amtsgerichts Waren (Müritz) vom 4. September 2014 - 411 XIV 48/14 L - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben.

3. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.- I.

1

1. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die medizinische Zwangsbehandlung einer aufgrund des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Psychischkrankengesetz - PsychKG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. April 2000 (GVOBl M-V S. 182, zuletzt geändert durch Artikel 4 des Änderungsgesetzes vom 9.November 2010, GVOBl M-V S. 642, 649) vorläufig Untergebrachten. Die Zwangsbehandlung erfolgte auf der Grundlage von § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V.

2

Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

§ 23

Behandlung

(1) Die Betroffenen haben Anspruch auf die notwendige Behandlung und psychosoziale Beratung. Die Behandlung schließt die dazu erforderlichen Untersuchungen sowie beschäftigungs- und arbeitstherapeutische, heilpädagogische und psychotherapeutische Maßnahmen mit ein. Die Behandlung soll außerhalb der Einrichtung durchgeführt werden, wenn dadurch ihre Erfolgsaussichten verbessert werden. Die Behandlung wegen der Erkrankung, die zu der Unterbringung geführt hat, erfolgt nach einem Behandlungsplan. Der Behandlungsplan soll mit dem Betroffenen und auf seinen Wunsch mit den gesetzlichen Vertretern oder Betreuern erörtert werden.

(2) Behandlungsmaßnahmen bedürfen der Einwilligung des Betroffenen oder der gesetzlichen Vertreter. Ohne Einwilligung darf eine Behandlung nur durchgeführt werden, wenn der Betroffene aufgrund der Krankheit einsichts- oder steuerungsunfähig ist und die Behandlung nicht mit erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit verbunden ist oder er sich in einem Zustand befindet, in dem ohne sofortige Behandlung eine erhebliche und unmittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit der kranken Person oder Dritter besteht. Der Rechtsanwalt des Betroffenen ist unverzüglich zu informieren.

(3) Eine Behandlung, die die Persönlichkeit des Betroffenen dauerhaft in ihrem Kernbereich ändern würde, insbesondere ein psychochirurgischer Eingriff, ist unzulässig.

3

2. Die weiteren hier relevanten Vorschriften des Gesetzes lauten:

§ 1

Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt

1. Hilfen für psychisch Kranke,

2. Maßnahmen gegenüber psychisch Kranken,

3. die Unterbringung

a) von psychisch Kranken nach diesem Gesetz, soweit das Verfahren nicht in dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geregelt ist,

b) von psychisch Kranken, die nach § 63, § 64 des Strafgesetzbuches sowie § 7 des Jugendgerichtsgesetzes untergebracht sind.

(2) Psychisch Kranke im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die an einer Psychose, einer psychischen Störung, die in ihren Auswirkungen einer Psychose gleichkommt, oder einer mit dem Verlust der Selbstkontrolle einhergehenden Abhängigkeit von Suchtstoffen leiden.

(3) Dieses Gesetz findet auch Anwendung auf geistig behinderte Personen, bei denen ohne Behandlung keine Aussicht auf Besserung besteht.

(4) Die in diesem Gesetz geregelten Hilfen werden auch Personen gewährt, bei denen Anzeichen einer der in Absatz 2 genannten psychischen Erkrankungen bestehen.

§ 11

Voraussetzungen der Unterbringung

(1) Die Unterbringung von psychisch Kranken nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a ist nur zulässig, wenn und solange durch ihr krankhaftes Verhalten gegen sich oder andere eine gegenwärtige erhebliche Gefahr einer Selbstschädigung oder für die öffentliche Sicherheit besteht, die nicht anders abgewendet werden kann. Die fehlende Bereitschaft, sich einer notwendigen ärztlichen Behandlung zu unterziehen, rechtfertigt für sich allein keine Unterbringung.

(2) Eine gegenwärtige Gefahr im Sinne von Absatz 1 besteht dann, wenn infolge der Krankheit ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder sein Eintritt zwar unvorhersehbar, wegen besonderer Umstände jedoch jederzeit zu erwarten ist.

§ 12

Ziel der Unterbringung

(1) Ziel der Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a ist es, die in § 11 genannte Gefahr abzuwenden und die untergebrachte Person nach Maßgabe dieses Gesetzes zu behandeln.

(2) Ziel der Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b ist die Heilung oder Besserung des Zustandes im Sinne der §§ 136, 137 des Strafvollzugsgesetzes insbesondere durch ärztliche, psychotherapeutische, sozialtherapeutische oder heilpädagogische Maßnahmen sowie die soziale und berufliche Eingliederung.

§ 21

Rechtliche Stellung

Die Betroffenen unterliegen nur den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen. Ihnen dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die im Hinblick auf den Zweck der Unterbringung oder zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Einrichtung und zum Schutz anderer Betroffener unerlässlich sind.

§ 22

Besondere Sicherungsmaßnahmen

(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind nur zulässig, wenn die gegenwärtige erhebliche Gefahr besteht, dass der Betroffene sich selbst tötet oder ernsthaft verletzt oder gewalttätig wird oder die Einrichtung ohne Erlaubnis verlassen wird und wenn dieser Gefahr nicht anders begegnet werden kann.

(2) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind:

1. die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,

2. die Wegnahme von Gegenständen,

3. die Absonderung in einen besonderen Raum,

4. die Fixierung.

(3) Jede besondere Sicherungsmaßnahme ist durch die ärztliche Leitung befristet anzuordnen, ärztlich zu überwachen und unverzüglich aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Anordnung weggefallen sind. Anordnung und Aufhebung der besonderen Sicherungsmaßnahmen sind schriftlich zu dokumentieren. Von jeder Anordnung ist der Rechtsanwalt des Betroffenen unverzüglich zu benachrichtigen.

§ 31

Besuchskommission

(1) Das Ministerium für Soziales und Gesundheit bildet eine Besuchskommission für die forensischen Einrichtungen und die Landkreise und kreisfreien Städte bilden jeweils Besuchskommissionen für die psychiatrischen Kliniken, die in der Regel ohne Anmeldung mindestens einmal jährlich die Einrichtungen, in denen Personen nach diesem Gesetz untergebracht sind, besuchen und überprüfen, ob die mit der Unterbringung von psychisch Kranken verbundenen Aufgaben erfüllt und die Rechte der Betroffenen gewahrt werden. Dabei ist den Betroffenen Gelegenheit zu geben, Wünsche oder Beschwerden vorzutragen.

(2) Innerhalb von zwei Monaten nach jedem Besuch einer Einrichtung fertigt die Besuchskommission einen Bericht an, der auch die Wünsche und Beschwerden der Betroffenen enthält und zu ihnen Stellung nimmt. Eine Zusammenfassung dieser Berichte übersendet das Ministerium für Gesundheit und Soziales dem Landtag, erstmals zwei Jahre nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes, sodann mindestens alle zwei Jahre.

(3) Der Besuchskommission gehören an:

1. (aufgehoben)

2. ein Arzt für Psychiatrie,

3. ein Richter,

4. ein Sozialarbeiter des für den Bereich, in dem die besuchte Einrichtung liegt, zuständigen Sozialpsychiatrischen Dienstes,

5. ein Bürger ohne Fachkunde, der von dem für Gesundheit zuständigen Ausschuss des Landtages benannt wird,

6. ein Vertreter eines Interessenverbandes der Freunde oder Angehörigen psychisch Kranker, der von dem Landkreis oder der kreisfreien Stadt benannt wird, in deren Zuständigkeit die besuchte Einrichtung liegt. Der Besuchskommission für die forensischen Einrichtungen gehört ein sachkundiger Mitarbeiter des Ministeriums für Soziales und Gesundheit an. Dem zuständigen Amtsarzt ist Gelegenheit zur Teilnahme an den Besuchen zu geben. Das Ministerium für Gesundheit und Soziales kann im Benehmen mit der Besuchskommission weitere Personen zu den Besuchen hinzuziehen, soweit der Zweck des Besuches dadurch besser erfüllt werden kann.

(4) Die Berufung der Mitglieder der Besuchskommissionen und die Einrichtung der Geschäftsstellen erfolgt

a) durch das Ministerium für Soziales und Gesundheit für Besuche von forensischen Einrichtungen und

b) durch die Landkreise und kreisfreien Städte für Besuche von allgemeinpsychiatrischen Einrichtungen. Für jedes Mitglied ist mindestens ein Stellvertreter zu berufen. Die Geschäftsstellen der Besuchskommissionen übersenden die in Absatz 2 genannten Berichte an die Geschäftsstelle der Besuchskommission für die Einrichtungen des Maßregelvollzugs. Die Geschäftsstelle der Besuchskommission für die Einrichtungen des Maßregelvollzugs fasst die Berichte aller Besuchskommissionen zusammen und führt mindestens einmal im Berichtszeitraum eine Beratung der Geschäftsführungen aller Besuchskommissionen durch.

(5) Die Mitglieder und ihre Stellvertreter werden für zwei Jahre berufen. Eine erneute Berufung ist zulässig.

(6) Die Mitglieder der Besuchskommission sind nicht an Weisungen gebunden. Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ihre Entschädigung richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften über die Entschädigung der ehrenamtlichen Richter.

(7) Die Aufsichtspflichten und -rechte der zuständigen Behörden sowie das Recht der Betroffenen, andere Überprüfungs- oder Beschwerdeinstanzen anzurufen, bleiben unberührt.

§ 42

Unmittelbarer Zwang

(1) Soweit es die Durchführung der Maßnahmen nach diesem Gesetz gebietet, sind Ärzte der Einrichtungen befugt, unmittelbaren Zwang anzuwenden. Soweit es erforderlich ist, können sie diese Befugnis im Einzelfall auf andere Bedienstete der Einrichtung übertragen.

(2) Gegenüber anderen Personen als den Betroffenen darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Betroffene zu befreien, oder wenn sie unbefugt in den Bereich der Einrichtung eindringen oder sich unbefugt dort aufhalten.

(3) Das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwanges aufgrund anderer Vorschriften bleibt unberührt.

§ 44

Bekanntgabe und Begründung von Anordnungen, Akteneinsicht

(1) Entscheidungen und Anordnungen im Rahmen der Unterbringung sind den Betroffenen unverzüglich bekannt zu geben und, soweit es der gesundheitliche Zustand des Betroffenen zulässt, zu erläutern. Sie sind in den jeweiligen Krankenakten zu vermerken und zu begründen. Soweit Entscheidungen oder Anordnungen schriftlich ergehen, erhalten die jeweiligen gesetzlichen Vertreter eine Abschrift.

(2) Die Betroffenen und ihre gesetzlichen Vertreter erhalten auf Verlangen unentgeltlich Auskunft über die zur Person der Betroffenen gespeicherten Daten sowie Einsicht in die über sie geführten Akten. Den Betroffenen können Auskunft und Einsicht verweigert werden, wenn eine Verständigung mit ihnen wegen ihres Gesundheitszustandes nicht möglich ist. Ist bei einer vollständigen Auskunft oder Einsichtnahme mit schwerwiegenden gesundheitlichen Nachteilen bei dem Betroffenen zu rechnen, so soll der behandelnde Arzt die entsprechenden Inhalte unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes an den Betroffenen vermitteln. Die Verweigerung von Auskunft oder Einsicht ist mit einer Begründung in den Akten zu vermerken.

4

3. Die mit der Verfassungsbeschwerde mittelbar angegriffene Norm wurde in der Zwischenzeit außer Kraft gesetzt und neu gefasst. Mit der Drucksache 6/5185 vom 24. Februar 2016 brachte die Regierung des Landes Mecklenburg-Vorpommern den Entwurf eines Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten in den Landtag ein. Zur Begründung des Gesetzentwurfs heißt es unter anderem:

"Das Psychischkrankengesetz, welches nahezu unverändert seit dem Jahre 2000 gilt (nachfolgend PsychKG M-V 2000), regelt die Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten [...].

In den vergangenen Jahren haben sich [...] jedoch die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Unterbringung in zentralen Punkten durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und des Bundesgerichtshofes geändert. [...] Danach ist die Zwangsbehandlung nur auf der Grundlage eines Gesetzes zulässig, das die materiell- und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Eingriffs klar bestimmt [...].

Das derzeitige Landesrecht genügt den von der Rechtsprechung definierten Voraussetzungen nicht in verfassungsrechtlich hinreichendem Maße. [...] Daher ist eine umfassende Neufassung dieser Normen erforderlich [...]" (LTDrucks 6/5185, S. 1 f.).

5

Am 6. Juli 2016 beschloss der Landtag die Neufassung des Psychischkrankengesetzes. Die Rechtsgrundlage für die Durchführung einer Zwangsbehandlung wurde vollständig novelliert. Nunmehr bestimmt § 26 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten (Psychischkrankengesetz - PsychKG M-V n.F.) vom 14. Juli 2016 (GVOBl M-V S. 593) die Voraussetzungen der ärztlichen Zwangsmaßnahme. Das PsychKG M-V n.F. trat am 30. Juli 2016 in Kraft. Gleichzeitig wurde das PsychKG M-V in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. April 2000 (GVOBl M-V S. 182), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 9. November 2010 (GVOBl M-V S. 642, 649), außer Kraft gesetzt (vgl. § 51 PsychKG M-V n.F.).

6

§ 26 PsychKG M-V n.F. lautet:

§ 26

Ärztliche Zwangsmaßnahme

(1) Eine medizinische Behandlung gegen den natürlichen Willen der Menschen mit psychischen Krankheiten (ärztliche Zwangsmaßnahme) darf nur durchgeführt werden

1. mit dem Ziel, die fortdauernde Notwendigkeit einer Unterbringung nach den Abschnitten 4 und 6 zu beseitigen oder

2. soweit die Maßnahme erforderlich ist, um eine gegenwärtige Lebensgefahr oder schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der Menschen mit psychischen Krankheiten oder eine von ihnen infolge ihrer Krankheit ausgehende gegenwärtige Lebensgefahr oder erhebliche Gefahr für die Gesundheit anderer Menschen, die sich in der Einrichtung aufhalten, abzuwenden oder

3. soweit die Maßnahme dazu dient, eine sonst erforderliche besondere Sicherungsmaßnahme nach § 21 Absatz 2 Nummer 3 bis 5 zu vermeiden oder zu beenden und

4. wenn die Menschen mit psychischen Krankheiten aufgrund dieser Krankheiten die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können und wenn

5. die Maßnahme im Hinblick auf das Behandlungsziel Erfolg verspricht,

6. es aussichtslos erscheint, mit einem milderen Mittel, insbesondere einer weniger eingreifende[n] Behandlung, das mit der Maßnahme verfolgte Ziel zu erreichen und

7. der zu erwartende Nutzen der Behandlung die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt.

(2) Eine ärztliche Zwangsmaßnahme setzt voraus, dass durch die behandelnde Ärztin oder den Arzt

1. vor Beginn der Behandlung ernsthaft versucht wurde, eine auf Vertrauen gegründete, freiwillige Einwilligung der Menschen mit psychischen Krankheiten zu erreichen,

2. eine den Verständnismöglichkeiten der Menschen mit psychischen Krankheiten entsprechende Information über die beabsichtigte Behandlung, ihre Wirkungen und Ziele vorausgegangen ist, und

3. den Menschen mit psychischen Krankheiten nach Scheitern des Gespräches nach Nummer 1 die Beantragung der gerichtlichen Anordnung nebst der Möglichkeit der Durchführung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme angekündigt worden ist. Die behandelnde Ärztin oder der Arzt muss die Durchführung der Gespräche und deren Ergebnis dokumentieren.

(3) Die Behandlung muss von einer Ärztin oder einem Arzt angeordnet, überwacht und dokumentiert werden.

(4) Eine ärztliche Zwangsmaßnahme ist nur mit vorheriger Zustimmung des Betreuungsgerichts auf Antrag der Einrichtung, bei im Maßregelvollzug untergebrachten Menschen mit psychischen Krankheiten der Strafvollstreckungskammer oder der Jugendkammer oder bei vorläufig untergebrachten Menschen mit psychischen Krankheiten des Haftgerichtes oder des Gerichtes der Hauptsache auf Antrag der Einrichtung des Maßregelvollzuges zulässig. Dies gilt nicht in den Fällen, in denen eine ärztliche Zwangsmaßnahme dazu dient, eine gegenwärtige Lebensgefahr oder eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der Menschen mit psychischen Krankheiten abzuwenden, wenn hierdurch die Behandlung verzögert würde und sich hieraus Nachteile für das Leben oder die Gesundheit der Menschen mit psychischen Krankheiten ergeben würden. Die Zustimmung ist unverzüglich nachträglich einzuholen. Für die Strafvollstreckungs- und die Jugendkammern oder die Haftgerichte oder die Gerichte der Hauptsache gelten ihre jeweiligen Prozessordnungen und Verfahrensrechte. Sie haben darüber hinaus entsprechend der §§ 319 und 321 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Menschen mit psychischen Krankheiten persönlich anzuhören und ein Sachverständigengutachten einzuholen. Zugleich ist den Menschen mit psychischen Krankheiten eine Verteidigerin oder ein Verteidiger als notwendige Verteidigung beizuordnen.

7

4. Am 29. Juli 2014 wies das Gesundheitsamt des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte die Beschwerdeführerin in die geschlossene Abteilung des MediClin Müritz-Klinikums ein und stellte bei dem Amtsgericht Waren (Müritz) den Antrag, ihre vorläufige Unterbringung anzuordnen. Den Antrag begründete das Gesundheitsamt unter anderem damit, dass die Beschwerdeführerin Medikamente verweigere und sich seit drei Wochen extrem auffällig verhalte. Seit dem frühen Morgen des 29. Juli 2014 fühlten sich der Bruder und die Mutter der Beschwerdeführerin von dieser bedroht. Zudem laufe sie seit sechs Uhr morgens ununterbrochen mit einem schweren Blumenkübel im Arm im Kreis, sei völlig erschöpft und dehydriert. Aufgrund der Hitze und der Entkräftung bestehe eine akute Selbstgefährdung, so dass eine geschlossene Unterbringung erforderlich sei.

8

5. In dem ärztlichen Zeugnis vom 29. Juli 2014 wird ausgeführt, dass die Einweisung notfallmäßig zur erneuten Krisenintervention erfolgt sei. Die Beschwerdeführerin leide bekanntermaßen an einer paranoiden halluzinatorischen Schizophrenie. Die Symptomatik sei unter anderem gekennzeichnet durch eine hohe innere Anspannung und den Verlust von Realitätsbewusstsein; die Beschwerdeführerin verhalte sich selbstgefährdend, und es fehle ihr an Krankheitseinsicht. Sie verweigere zudem die medikamentöse Behandlung und wolle die Klinik verlassen. Aus dem richterlichen Anhörungsprotokoll vom 30. Juli 2014 geht hervor, dass die behandelnde Ärztin einen Verbleib der Beschwerdeführerin in der Unterbringung für einen Zeitraum von sechs Wochen für erforderlich hielt.

9

6. Mit Beschluss vom 30. Juli 2014 ordnete das Amtsgericht Waren (Müritz) nach Anhörung der Beschwerdeführerin die vorläufige Unterbringung durch einstweilige Anordnung gemäß § 331, § 332, § 312 Nr. 3 FamFG in Verbindung mit § 11 PsychKG M-V längstens bis zum 9. September 2014 an. Zudem wurde eine Verfahrenspflegerin bestellt. Es bestünden dringende Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringungsmaßnahme gegeben seien und mit einem Aufschub eine so erhebliche Gefahr für die Beschwerdeführerin verbunden wäre, dass sie sofort untergebracht werden müsse. Das Gericht schließe sich aufgrund der Anhörung der Beschwerdeführerin dem ärztlichen Zeugnis vom 29. Juli 2014 an. Auch im Hinblick auf die Dauer der Unterbringung folge das Gericht dem ärztlichen Zeugnis. Durch das krankhafte Verhalten der Beschwerdeführerin bestehe eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für eine Selbstschädigung, die nicht anders abgewendet werden könne. Zu ihrem Wohl sei es notwendig, dass sie stationär behandelt und insbesondere unter stationären Bedingungen beobachtet werde.

10

7. Gegen den Beschluss des Amtsgerichts legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 1. August 2014 "Widerspruch" ein. Der Beschluss sei ein Missverständnis, sie habe nie einem anderen Menschen oder sich selbst Leid angetan und werde dies auch zukünftig nicht tun. Mit Beschluss vom 8. August 2014 half das Amtsgericht dem als Beschwerde ausgelegten Rechtsbehelf nach erneuter Anhörung der Beschwerdeführerin und der behandelnden Ärzte nicht ab und legte die Sache dem Landgericht Neubrandenburg zur Entscheidung vor. Das Landgericht wies die Beschwerde nach einer weiteren Anhörung der Beschwerdeführerin und Einholung ergänzender Stellungnahmen der behandelnden Ärztin und der Verfahrenspflegerin mit Beschluss vom 13. August 2014 zurück. Es bestehe eine gegenwärtige erhebliche Gefahr zumindest einer Selbstschädigung, zudem sei die Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihre Krankheit uneinsichtig und lehne eine Behandlung ab. Im Falle einer Entlassung und ohne medikamentöse Behandlung sei der Eintritt einer selbstschädigenden Handlung zwar nicht konkret vorhersehbar, aber gleichwohl jederzeit zu erwarten. Eine solche könne zu einer gesundheitlichen Schädigung oder einem völligen Zusammenbruch führen.

11

8. Mit Schreiben vom 26. August 2014 wandte sich die Beschwerdeführerin erneut an das Landgericht. Der Beschluss vom 13. August 2014 verhalte sich nicht zu einer Zwangsmedikation. Sie habe jedoch bereits einmal gewaltsam eine Spritze erhalten. Im Abstand von vierzehn Tagen sollten weitere Behandlungen folgen. Sie protestiere dagegen und halte diese Maßnahme für Körperverletzung.

12

9. Der Richter des Amtsgerichts, dem das Schreiben vom 26. August 2014 zuständigkeitshalber zugeleitet worden war, wandte sich seinerseits mit einem Schreiben an die Beschwerdeführerin. Darin führte er aus, dass die Zwangsmedikation notwendig sei, weil ihr jegliche Krankheits- und Behandlungseinsicht fehle. Die 14-tägige Behandlung mit einer Depotspritze sei zudem nicht mit erheblichen Gefahren für ihre Gesundheit verbunden. Sollte das verabreichte Medikament unerwünschte, nicht unerhebliche Nebenwirkungen entfalten, könne dies mit den behandelnden Ärzten besprochen werden und gegebenenfalls eine Medikamentenumstellung erfolgen. Der Richter zitierte überdies die hier mittelbar angegriffene Vorschrift und teilte der Beschwerdeführerin mit, dass eine Präzisierung der Voraussetzungen einer ärztlichen Behandlung gegen den Willen des Patienten im Rahmen der Unterbringung nach dem PsychKG M-V vom Landtag noch nicht verabschiedet worden sei. Dieses Schreiben wurde am 1. September 2014 an die Beschwerdeführerin versandt.

II.

13

1. Die Beschwerdeführerin hat am 28. August 2014 - ergänzt durch am 29. September 2014 eingegangenes Schreiben - Verfassungsbeschwerde eingelegt, mit der sie sich gegen ihre Zwangsbehandlung wendet. Sie sei in der Klinik bereits zwei Mal mit dem Medikament Zypadhera behandelt worden, die Dosis der ersten Spritze habe 200 Milligramm betragen. Zwei Wochen später sei ihr unter Anwendung von Gewalt durch Pfleger, Arzt und Schwester das Medikament erneut in einer höheren Dosierung (300 Milligramm) verabreicht worden. Nunmehr stehe eine weitere Behandlung bevor, wenn dies nicht verhindert werde. Sie halte dieses Vorgehen für Körperverletzung. Man habe zur Begründung der Behandlung auf eine bei ihr diagnostizierte Psychose verwiesen. Sie fühle sich allerdings kerngesund, sei nicht paranoid und habe auch keine Halluzinationen.

14

2. Auf das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 26. August 2014 forderte das Amtsgericht am 3. September 2014 schließlich doch eine Stellungnahme der behandelnden Ärztin an, um über die Rechtmäßigkeit der Zwangsbehandlung förmlich zu entscheiden.

15

3. In ihrer Stellungnahme vom selben Tag führte die behandelnde Ärztin aus, dass die neuroleptische Medikation der Beschwerdeführerin mit Olanzapin Depot (Zypadhera) weiterhin erforderlich sei. Einerseits diene die Medikation der Behandlung der zum Aufnahmezeitpunkt vorliegenden Positivsymptomatik der paranoiden Schizophrenie. Diese sei unter der Medikation gut rückläufig gewesen. Andererseits erfolge die Behandlung zur Verhinderung eines erneuten Ausbruchs der Krankheit im Sinne einer Prophylaxe. Das Absetzen der Medikamente würde eine Exazerbation im Sinne der Positivsymptomatik zur Folge haben. Die Positivsymptomatik der paranoiden Schizophrenie sei typischerweise gekennzeichnet durch Wahnvorstellungen, Halluzinationen, insbesondere akustische Halluzinationen mit kommentierenden und imperativen Stimmen, Denkzerfahrenheit mit desorganisierter Sprache und desorganisiertem Verhalten, katatone Symptome, flache sowie inadäquate Affekte und Ich-Störungen. Es könnten zudem vielfältige Wahnideen auftreten. Aus dem Verfolgungswahn könne ein ängstlich-zurückhaltendes oder ein suizidales Verhalten resultieren. Ohne die Behandlung drohe die Chronifizierung der Krankheit. Als mögliche Nebenwirkung der Behandlung könne zwar das maligne neuroleptische Syndrom auftreten, dies sei jedoch sehr selten (0,2 Prozent). Das Syndrom sei unter anderem durch Rigor, Fieber oder eine Bewusstseinstrübung, ferner durch eine autonome Dysregulation sowie einen Anstieg der Kreatinkinase gekennzeichnet; in zirka einem Fünftel dieser Fälle sei es lebensgefährlich. Nach Absetzen des Medikaments bilde sich das Syndrom innerhalb von etwa zehn Tagen zurück. Weitere Nebenfolgen der Medikation wie motorische Effekte im Sinne von Bewegungsstörungen, Herzrhythmusstörungen und Gewichtszunahme seien ebenfalls möglich. Zu der durchgeführten Behandlung gebe es aber keine Alternative.

16

4. Mit angegriffenem Beschluss vom 4. September 2014 genehmigte das Amtsgericht Waren (Müritz) "die Verabreichung einer Depotspritze mit dem Medikament Olanzapin Depot (Zypadhera) betreuungsgerichtlich". Mit Schreiben vom 26. August 2014 habe sich die Beschwerdeführerin "gegen die ärztlicherseits durchgeführte Medikation in Form einer 14-tägigen Depotspritze" gewandt. Das Gericht werte diese Eingabe der Beschwerdeführerin vom 26. August 2014 an das Landgericht als "Widerspruch gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Vollzug der Unterbringung gemäß § 327 Abs. 1, § 312 Abs. 1 Nr. 3 FamFG in Verbindung mit § 11 PsychKG M-V". Der Antrag sei unbegründet. Zwar bestünden im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 23 PsychKG M-V, und der Gesetzgeber habe eine Ergänzung des PsychKG M-V durch Einfügung eines § 23a erwogen. Dies könne nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht dazu führen, krankheitsuneinsichtigen geschlossen untergebrachten Patienten die notwendige ärztliche Heilbehandlung zu versagen, selbst wenn diese gegen den von ihnen geäußerten Willen vorgenommen werden müsse. Der Beschwerdeführerin fehle jegliche Behandlungs- und Krankheitseinsicht. Die Verabreichung der Depotspritze gegen ihren Willen sei der ärztlichen Stellungnahme zufolge zur Verhinderung eines erheblichen gesundheitlichen Schadens erforderlich. Die Behandlung der paranoiden Schizophrenie habe dazu geführt, dass deren Positivsymptomatik gut rückläufig gewesen und ein erneuter Ausbruch der Krankheit verhindert worden sei. Das Absetzen der Medikamente hätte dagegen eine Verschlimmerung des bestehenden Zustands zur Folge gehabt. Soweit Nebenwirkungen wie Fieber, Bewusstseinsstörungen, autonome Dysregulation sowie ein Anstieg der Kreatinkinase möglich seien, würden diese nur bei 0,2 Prozent aller Patienten auftreten und sich nach Absetzen des Medikaments binnen zehn Tagen zurückbilden. Mildere Mittel bestünden ausweislich der ärztlichen Auskunft nicht.

17

5. Die Beschwerdeführerin wurde in der Rechtsmittelbelehrung darauf hingewiesen, dass der Beschluss gemäß § 327 Abs. 4 FamFG unanfechtbar sei.

18

6. Nach Übersendung des Beschlusses an das Klinikum wurde die Beschwerdeführerin ein drittes Mal - erkennbar gegen ihren Willen, aber diesmal ohne Gegenwehr - mit dem Medikament Zypadhera behandelt und am 9. September 2014 aus der geschlossenen Unterbringung entlassen.

III.

19

1. Das Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern hat mit Schreiben vom 22. Juni 2016 den Entwurf eines Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten übersandt (vgl. LTDrucks 6/5185) und im Übrigen von einer Stellungnahme abgesehen.

20

2. Dem Senat hat die Akte des fachgerichtlichen Verfahrens vorgelegen.

B. - I.

21

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

22

1. Der Rechtsweg ist erschöpft. Die Beschwerdeführerin durfte sich insbesondere auf die Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses verlassen, wonach dieser gemäß § 327 Abs. 4 FamFG unanfechtbar sei. Selbst wenn es sich dabei um eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung gehandelt haben sollte und eine Beschwerde gemäß § 312 Satz 2, § 58 Abs. 1 FamFG statthaft gewesen wäre, darf ein Rechtsirrtum des Amtsgerichts nicht dazu führen, dass die Verfassungsbeschwerde in Ermangelung der Erschöpfung des Rechtswegs unzulässig ist (vgl. BVerfGE 19, 253 <256 f.> unter Verweis auf BVerfGE 4, 193 <198>).

23

2. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht auch nicht der Grundsatz der materiellen Subsidiarität (vgl. etwa BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>) im Hinblick darauf entgegen, dass die Beschwerdeführerin im fachgerichtlichen Verfahren nicht ausdrücklich die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Grundlage der Zwangsbehandlung in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 129, 269 <279>). Es kann letztlich offen bleiben, ob das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen des fachgerichtlichen Verfahrens in diesem Sinne auszulegen war. Denn es handelt sich bei den Fragen, die der vorliegende Fall hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der angewendeten gesetzlichen Vorschrift aufwirft, nicht um solche, zu deren Prüfung die Gerichte nur auf der Grundlage hinreichend substantiierten Vorbringens angehalten sind (vgl. BVerfGE 129, 269 <279>; BVerfGK 19, 286 <287 f.>). Hinzu kommt, dass das Amtsgericht die verfassungsrechtliche Dimension des Falles durchaus erkannt und in seinem Beschluss auf die Bedenklichkeit der Vorschrift vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs hingewiesen hat. Es hat die Vorschrift - entgegen diesen Bedenken und der einschlägigen Rechtsprechung - gleichwohl unter Verzicht auf eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG angewendet und dies mit der medizinischen Notwendigkeit der Zwangsbehandlung begründet.

24

3. Auch nach Beendigung der Zwangsbehandlung der Beschwerdeführerin und der Neufassung des Landesgesetzes ist das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Aufhebung des angegriffenen Hoheitsaktes oder jedenfalls für die Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit vorliegt (vgl. BVerfGE 81, 138 <140>). Dieses Rechtsschutzbedürfnis muss noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts fortbestehen (vgl. BVerfGE 21, 139 <143>; 30, 54 <58>; 33, 247 <253>; 50, 244 <247>; 56, 99 <106>; 72, 1 <5>; 81, 138 <140>). Bei Erledigung des mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Begehrens besteht das Rechtsschutzbedürfnis fort, wenn entweder die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung andernfalls unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint oder eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu besorgen ist oder die aufgehobene oder gegenstandslos gewordene Maßnahme den Beschwerdeführer noch weiterhin beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 33, 247 <257 f.>; 69, 161 <168>; 81, 138 <140>; 139, 245 <263 f. Rn. 53>). Zudem wird in Fällen besonders tiefgreifender und folgenschwerer Grundrechtsverstöße das Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses angenommen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte (vgl. BVerfGE 81, 138 <140 f.>; 110, 77 <85 f.>; 117, 244 <268>; stRspr). Der Grundrechtsschutz des Beschwerdeführers würde andernfalls in unzumutbarer Weise verkürzt (vgl. BVerfGE 34, 165 <180>; 41, 29 <43>; 49, 24 <51 f.>; 81, 138 <141>). Der Umstand, dass die Fachgerichte und das Bundesverfassungsgericht häufig außerstande sind, schwierige Fragen in kurzer Zeit zu entscheiden, darf nicht dazu führen, dass eine Verfassungsbeschwerde allein wegen des vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Zeitablaufs als unzulässig verworfen wird (vgl. BVerfGE 74, 163 <172 f.>; 76, 1 <38 f.>; 81, 138 <141>). Mit der Zwangsbehandlung der Beschwerdeführerin ohne ausreichende gesetzliche Grundlage steht jedenfalls ein tiefgreifender und folgenschwerer Grundrechtsverstoß in Rede (vgl. BVerfGE 128, 282 <303>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. August 2014 - 2 BvR 1698/12 -, juris, Rn. 21), gegen den die Beschwerdeführerin eine verfassungsgerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig hätte erlangen können (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. August 2014 - 2 BvR 1698/12 -, juris, Rn. 21).

II.

25

Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Der angegriffene Beschluss verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.

26

1. Die medizinische Zwangsbehandlung eines Untergebrachten greift in dessen Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein, das die körperliche Integrität des Grundrechtsträgers und damit auch das diesbezügliche Selbstbestimmungsrecht schützt (vgl. BVerfGE 128, 282 <300>; 129, 269 <280>; 133, 112 <131 Rn. 49>). Entsprechendes gilt für Entscheidungen, die die Zwangsbehandlung des Untergebrachten als rechtmäßig bestätigen (vgl. BVerfGE 129, 269 <280>).

27

Dem Eingriffscharakter einer Zwangsbehandlung steht nicht entgegen, dass sie zum Zweck der Heilung vorgenommen wird (vgl. BVerfGE 128, 282 <300>). Eine schädigende Zielrichtung ist nicht Voraussetzung für das Vorliegen eines Eingriffs in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (vgl. BVerfGE 128, 282 <300> m.w.N.).

28

Die Eingriffsqualität entfällt auch nicht bereits dann, wenn der Betroffene der abgelehnten Behandlung keinen physischen Widerstand entgegensetzt (vgl. BVerfGE 128, 282 <300>; 129, 269 <280>; 133, 112 <131 Rn. 50>). Eine Zwangsbehandlung im Sinne einer medizinischen Behandlung, die gegen den natürlichen Willen des Betroffenen erfolgt, liegt unabhängig davon vor, ob eine gewaltsame Durchsetzung der Maßnahme erforderlich wird oder der Betroffene sich, etwa weil er die Aussichtslosigkeit eines körperlichen Widerstandes erkennt, ungeachtet fortbestehender Ablehnung in die Maßnahme fügt und damit die Anwendung körperlicher Gewalt entbehrlich macht (vgl. BVerfGE 128, 282 <321>; 129, 269 <280>; 133, 112 <131 Rn. 50>). Die beanstandete Behandlung der Beschwerdeführerin mit dem Neuroleptikum Zypadhera und die angegriffene gerichtliche Entscheidung verlieren ihren grundrechtseingreifenden Charakter folglich nicht dadurch, dass sich die Beschwerdeführerin - jedenfalls in einem der drei Fälle -, ohne ihre Ablehnung aufzugeben, aus Angst vor Zwangsmaßnahmen auf die Verabreichung des Medikaments eingelassen hat.

29

2. Die Zwangsbehandlung eines Untergebrachten kann allerdings ungeachtet der besonderen Schwere des darin liegenden Eingriffs durch sein grundrechtlich geschütztes Freiheitsinteresse gerechtfertigt sein (vgl. BVerfGE 128, 282 <303 ff.>; 129, 269 <280 ff.>; 133, 112 <131 ff. Rn. 52 ff.>).

30

a) Es ist dem Gesetzgeber nicht prinzipiell verwehrt, medizinische Zwangsbehandlungen zuzulassen (vgl. BVerfGE 128, 282 <303>; 129, 269 <280>; 133, 112 <131 f. Rn. 52>). Zur Rechtfertigung des damit verbundenen Grundrechtseingriffs kann das grundrechtlich geschützte Freiheitsinteresse des Untergebrachten selbst (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) als legitimer Zweck geeignet sein, sofern der Untergebrachte zur Wahrnehmung dieses Interesses infolge krankheitsbedingter Einsichtsunfähigkeit nicht in der Lage ist (vgl. BVerfGE 128, 282 <304>).

31

b) Die Zwangsbehandlung eines Untergebrachten ist, wie jeder andere Grundrechtseingriff, nur auf der Grundlage eines Gesetzes zulässig, das die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Eingriffs bestimmt. Das Bundesverfassungsgericht hat aus den grundrechtlichen Garantien (vgl. BVerfGE 128, 282 <311, 313, 315>) und aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 128, 282 <308 ff., 313>) konkrete Anforderungen an die Rechtsgrundlage für eine Zwangsbehandlung der im Maßregelvollzug Untergebrachten aufgestellt. Die gesetzliche Grundlage muss sowohl die formellen als auch die materiellen Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung vorgeben (vgl. BVerfGE 128, 282 <317>). Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des besonders schwerwiegenden Eingriffs müssen hinreichend klar und bestimmt geregelt sein (vgl. BVerfGE 128, 282 <317 f.> m.w.N.).

32

aa) Eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung einer Zwangsbehandlung mit dem Ziel, den Betroffenen so bald wie möglich in die Freiheit zu entlassen, muss strikt dessen krankheitsbedingte Einsichtsunfähigkeit oder dessen Unfähigkeit zu einsichtsgemäßem Verhalten zur Voraussetzung haben (vgl. BVerfGE 128, 282 <307 f.>; 129, 269 <281 f.>; 133, 112 <134 Rn. 59>).

33

bb) Aus den Grundrechten ergeben sich zudem Anforderungen an das Verfahren, die den Grundrechtsschutz gewährleisten sollen. Jedenfalls bei planmäßigen Behandlungen ist - abgeleitet aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG - eine Ankündigung erforderlich, die dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnet, rechtzeitig um Rechtsschutz zu ersuchen (vgl. BVerfGE 128, 282 <311>; 129, 269 <283>; 133, 112 <140 Rn. 70>). Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs unabdingbar ist überdies die Anordnung und Überwachung einer medikamentösen Zwangsbehandlung durch einen Arzt (vgl. BVerfGE 128, 282 <313>; 129, 269 <283>; 133, 112 <138 Rn. 67>). Als Vorwirkung der grundrechtlichen Garantie gerichtlichen Rechtsschutzes ergibt sich ferner die Notwendigkeit, gegen den Willen des Untergebrachten ergriffene Behandlungsmaßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise, der maßgeblichen Gründe und der Wirkungsüberwachung, zu dokumentieren (vgl. BVerfGE 128, 282 <313 f.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <138 f. Rn. 68>). Schließlich fordert Art. 2 Abs. 2 GG spezielle verfahrensmäßige Sicherungen gegen die besonderen situationsbedingten Grundrechtsgefährdungen, die sich ergeben, wenn über die Anordnung einer Zwangsbehandlung außerhalb akuter Notfälle allein die jeweilige Unterbringungseinrichtung entscheidet. Hierzu bedarf es einer vorausgehenden Prüfung der Maßnahme durch Dritte in gesicherter Unabhängigkeit von der Unterbringungseinrichtung (vgl. BVerfGE 128, 282 <315 ff.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <141 f. Rn. 71>).

34

cc) Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgen darüber hinaus materielle Anforderungen an die Rechtsgrundlage. Die Vorschrift muss den Zweck oder die Zwecke, die einen Eingriff rechtfertigen sollen, abschließend bestimmen (vgl. BVerfGE 133, 112 <137 Rn. 64>). Eine gesetzliche Grundlage zur Durchführung der Zwangsbehandlung muss ferner festlegen, dass eine solche nur durchgeführt werden darf, wenn sie im Hinblick auf das Behandlungsziel, das ihren Einsatz rechtfertigt, Erfolg verspricht (vgl. BVerfGE 128, 282 <309>). Überdies darf eine medizinische Zwangsbehandlung nur als letztes Mittel vorgesehen sein, wenn mildere Mittel nicht in Betracht kommen (vgl. BVerfGE 128, 282 <309> m.w.N.). Für eine medikamentöse Zwangsbehandlung zur Erreichung des Ziels, die Unterbringung möglichst bald zu beenden und so die persönliche Freiheit wiederzuerlangen, bedeutet dies erstens, dass eine weniger eingreifende Behandlung aussichtslos sein muss (vgl. BVerfGE 128, 282 <309>). Zweitens muss der Zwangsbehandlung, soweit der Betroffene gesprächsfähig ist, der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks unternommene Versuch vorausgegangen sein, seine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu erlangen (vgl. BVerfGE 128, 282 <309 f.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <139 Rn. 69>). Über die Erfordernisse der Geeignetheit und Erforderlichkeit hinaus ist Voraussetzung für die Rechtfertigung einer Zwangsbehandlung, dass sie für den Betroffenen nicht mit Belastungen verbunden ist, die außer Verhältnis zu dem erwartbaren Nutzen stehen. Die Angemessenheit ist nur gewahrt, wenn, unter Berücksichtigung der jeweiligen Wahrscheinlichkeiten, der zu erwartende Nutzen der Behandlung den möglichen Schaden der Nichtbehandlung überwiegt (vgl. BVerfGE 128, 282 <310 f.>). Im Hinblick auf die bestehenden Prognoseunsicherheiten und sonstigen methodischen Schwierigkeiten des hierfür erforderlichen Vergleichs trifft es die grundrechtlichen Anforderungen, wenn in medizinischen Fachkreisen ein deutlich feststellbares Überwiegen des Nutzens gefordert wird (BVerfGE 128, 282 <311> m.w.N.).

35

c) Diese - zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug entwickelten - Maßgaben sind auf die Zwangsbehandlung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung zu übertragen (vgl. BVerfGK 19, 286 <288> unter Bezugnahme auf BVerfGE 128, 282; zur Übertragbarkeit vgl. LG Darmstadt, Beschluss vom 19. Dezember 2011 - 5 T 646/11 -, juris, Rn. 39 ff.; LG Verden, Beschluss vom 3. Dezember 2012 - 1 T 163/12 -, juris, Rn. 10; LG Berlin, Urteil vom 28. Januar 2015 - 86 O 88/14 -, juris, Rn. 53 ff.; Olzen/Metzmacher, BtPrax 2011, S. 233 <235 f.>; Dodegge, NJW 2012, S. 3694 <3697>; Diener, Patientenverfügungen psychisch kranker Personen und fürsorglicher Zwang, 2013, S. 193 ff.; Henking/Mittag, JR 2013, S. 341 <342>; Henking/Mittag, BtPrax 2014, S. 115 f.; Budde, in: Keidel, FamFG, 19. Auflage 2017, § 312 Rn. 9). Ihre Übertragbarkeit auf die öffentlich-rechtliche Unterbringung ist bereits in früheren Entscheidungen des Senats zur medizinischen Zwangsbehandlung angelegt. Die Beschlüsse zur Zwangsbehandlung in Baden-Württemberg (BVerfGE 129, 269) und in Sachsen (BVerfGE 133, 112) sind zwar im Hinblick auf im Maßregelvollzug Untergebrachte ergangen, der Anwendungsbereich der für verfassungswidrig erklärten Gesetze betraf jedoch sowohl Personen in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung als auch solche im Maßregelvollzug (vgl. den mittlerweile außer Kraft getretenen § 15 Abs. 1 des baden-württembergischen Gesetzes über die Unterbringung psychisch Kranker (UBG BW) vom 2. Dezember 1991, GBl S. 794, zuletzt geändert durch Art. 9 des Vierten Gesetzes zur Bereinigung des baden-württembergischen Landesrechts vom 4. Mai 2009, GBl S. 195, 199, BVerfGE 129, 269 <271>; vgl. ferner § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 38 Abs. 1 Satz 2 des sächsischen Gesetzes über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten (SächsPsychKG) vom 10. Oktober 2007, SächsGVBl S. 422, BVerfGE 133, 112 <114>). Für die Übertragbarkeit dieser Maßgaben auf die medizinische Zwangsbehandlung in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung fällt entscheidend ins Gewicht, dass es im Hinblick auf den Umfang des Grundrechtsschutzes keinen Unterschied macht, auf welcher Rechtsgrundlage sich der Betroffene in der Unterbringung befindet. Der Schutzstandard für die Zwangsbehandlung muss in allen Fällen gleich hoch sein (vgl. bereits zur Übertragung der zum Maßregelvollzug entwickelten Maßstäbe auf eine Zwangsbehandlung im Rahmen der betreuungsrechtlichen Unterbringung BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2012 - XII ZB 99/12 -, BGHZ 193, 337 <346 Rn. 25 ff.> sowie XII ZB 130/12, juris, Rn. 28 ff.; vgl. ferner BVerfGE 142, 313 <343 f.>). Die Auffassung, dass die Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht für die Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug entwickelt hat, auf die Zwangsbehandlung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung zu übertragen sind, findet sich im Übrigen auch in den Gesetzgebungsmaterialien zu der Überarbeitung der Landesgesetze über die öffentlich-rechtliche Unterbringung. Die Gesetzentwürfe verweisen stets auf die Notwendigkeit einer Neuregelung, weil Anpassungsbedarf im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zwangsbehandlung bestehe. Dies gilt auch dann, wenn der Maßregelvollzug und die öffentlich-rechtliche Unterbringung in verschiedenen Gesetzen geregelt werden (vgl. etwa die Gesetzentwürfe für Nordrhein-Westfalen LTDrucks 16/12068, S. 27, 30 ff. oder für Hessen LTDrucks 19/3744, S. 1, 26).

36

3. Nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäben verletzt die angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts die Beschwerdeführerin bereits deshalb in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, weil es für die Zwangsbehandlung der Beschwerdeführerin, die durch das Gericht als rechtmäßig bestätigt wurde, an einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage fehlt. § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V ist mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbar und nichtig.

37

a) § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V wird den sich aus den Grundrechten ergebenden Anforderungen in Bezug auf das Verfahren der Behörden und Gerichte nicht gerecht, auf deren Einhaltung der in einer geschlossenen Einrichtung Untergebrachte, der einer Zwangsbehandlung unterzogen werden soll, jedoch in besonders hohem Maße angewiesen ist (vgl. BVerfGE 128, 282 <311>).

38

aa) Anders als es etwa § 22 Abs. 3 Satz 1 PsychKG M-V für die Anordnung und Überwachung besonderer Sicherungsmaßnahmen vorsieht, enthält die angegriffene Norm entgegen der verfassungsrechtlichen Vorgabe (vgl. BVerfGE 128, 282 <313>; 129, 269 <283>; 133, 112 <138 Rn. 67>) keine Regelung dazu, dass die Anordnung und Überwachung der medizinischen Zwangsbehandlung durch einen Arzt erfolgen muss.

39

bb) Die Vorschrift erfüllt zudem die sich aus dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebende verfahrensmäßige Vorgabe nicht, dass dem Eingriff eine von der Unterbringungseinrichtung unabhängige Prüfung vorausgehen muss (vgl. BVerfGE 128, 282 <315 ff.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <141 Rn. 71>). Nicht ausreichend ist der Schutz, den die Besuchskommission bieten kann, die nach § 31 Abs. 1 Satz 1 PsychKG M-V jedenfalls einmal jährlich die Einrichtungen besucht und kontrolliert. Zwar hat sie den gesetzlichen Auftrag, die Einhaltung der Patientenrechte zu überprüfen, sie untersucht aber nicht im Vorfeld jeder Zwangsbehandlung deren Rechtmäßigkeit, sondern kann in der Regel lediglich im Nachhinein über durchgeführte Zwangsbehandlungen an den Landtag berichten. Ferner verfügt die Kommission nicht über die Kompetenz, eine anstehende Zwangsbehandlung zu verhindern.

40

b) § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V erfüllt auch die aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit resultierenden materiellen Anforderungen an eine medizinische Zwangsbehandlung nicht.

41

aa) Zum einen fehlt es an der abschließenden Bestimmung des Zwecks oder der Zwecke, die den Eingriff rechtfertigen sollen, und damit an der Ausscheidung von Zwecken, die einen Eingriff prinzipiell nicht zu rechtfertigen geeignet sind (vgl. BVerfGE 133, 112 <137 Rn. 64>). Aus § 12 PsychKG M-V ergeben sich lediglich die Ziele, welche zur Rechtfertigung der Unterbringung selbst geeignet sind. Ob diese Zielvorgaben auf die Zwangsbehandlung zu übertragen beziehungsweise ob sie abschließend sind, lässt sich dem Gesetz jedoch nicht entnehmen.

42

bb) Zum anderen ist dem Erfordernis, die weiteren aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abzuleitenden Anforderungen einer Zwangsbehandlung gesetzlich zu konkretisieren, nicht genügt worden. Voraussetzung der Zulässigkeit für nicht unter § 23 Abs. 3 PsychKG M-V fallende Maßnahmen der Zwangsbehandlung (Behandlungen, die die Persönlichkeit des Betroffenen dauerhaft in ihrem Kernbereich ändern würden) ist nach § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V allein, dass sie nicht mit erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit des Betroffenen verbunden sind. Auch § 21 Satz 2 PsychKG M-V, der bestimmt, dass dem Betroffenen nur solche Beschränkungen auferlegt werden dürfen, die im Hinblick auf den Zweck der Unterbringung oder zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Einrichtung oder zum Schutz anderer Betroffener unerlässlich sind, stellt keine hinreichende gesetzliche Grundlage dar. Diese Vorgabe benennt zwar Aspekte der Verhältnismäßigkeit, legt aber keine ausreichend spezifischen Voraussetzungen für die Zwangsbehandlung fest und ist damit zu allgemein gehalten, um eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Schranke bilden zu können. Es fehlt insbesondere an einer angemessenen Regelung des - unabhängig von der Einsichts- und Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen bestehenden - Erfordernisses des vorherigen Bemühens um eine auf Vertrauen gegründete, im Rechtssinne freiwillige Zustimmung (vgl. BVerfGE 128, 282 <309 f.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <139 Rn. 69>). Das Psychischkrankengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern in der hier einschlägigen Fassung enthält lediglich Vorgaben zur Information des Patienten über die beabsichtigte Vorgehensweise bei der Behandlung. § 23 Abs. 1 Satz 5 PsychKG M-V bestimmt, dass der Behandlungsplan mit dem Betroffenen erörtert werden soll. Auch § 44 Abs. 1 Satz 1, 2 PsychKG M-V verlangt lediglich in allgemeiner Form eine Erläuterung von Entscheidungen und Anordnungen im Rahmen der Unterbringung.

43

4. Die Frage, ob § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 PsychKG M-V, der eine sofortige Zwangsbehandlung zur Verhinderung einer erheblichen und unmittelbaren Gefahr für Leben oder Gesundheit der kranken Person oder Dritter betrifft, verfassungsgemäß ist, braucht für die hier vorliegende Konstellation nicht entschieden zu werden, weil der angegriffene Beschluss nicht auf diese Alternative gestützt ist.

44

5. Angesichts der Mängel der gesetzlichen Eingriffsgrundlage kann ferner offen bleiben, ob die amtsgerichtliche Entscheidung den verfassungsrechtlichen Anforderungen noch in weiterer Hinsicht nicht genügt. Festzuhalten ist jedoch, dass es zunächst Sache der Fachgerichte ist, auf Anträge von Untergebrachten hin, die sich gegen eine Zwangsbehandlung richten, auch die Vereinbarkeit der jeweils herangezogenen landesrechtlichen Rechtsgrundlagen mit dem Grundgesetz zu prüfen, gegebenenfalls vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren und bei negativem Ausgang der Prüfung die Sache im Verfahren der konkreten Normenkontrolle dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen (vgl. BVerfGK 19, 286 <287> m.w.N.). Die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage kann von den Fachgerichten überdies von Amts wegen - unabhängig von einer entsprechenden Rüge des jeweiligen Klägers - zu prüfen sein (vgl. BVerfGE 129, 269 <279>; BVerfGK 19, 286 <287> m.w.N.). Zwar kann von den Fachgerichten nicht verlangt werden, rügeunabhängig oder unabhängig von näherer Substantiierung ein Gesetz ins Blaue hinein auf nicht offen zutage tretende verfassungsrechtliche Fehler zu prüfen (vgl. BVerfGK 19, 286 <287 f.> m.w.N.). Nachdem durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die wesentlichen Anforderungen an die gesetzlichen Grundlagen einer Zwangsbehandlung jedoch geklärt sind (vgl. BVerfGE 128, 282; 129, 269; 133, 112), muss von den Fachgerichten aber erwartet werden, dass sie diese bei Entscheidungen, die die Zwangsbehandlung von Untergebrachten betreffen, von Amts wegen im Auge behalten und entsprechend verfahren (vgl. BVerfGK 19, 286 <288>). Dies gilt insbesondere deshalb, weil auch sechs Jahre nach der ersten Entscheidung des Zweiten Senats zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug (vgl. BVerfGE 128, 282) noch nicht alle Länder die Eingriffsgrundlage für die medizinische Zwangsbehandlung in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst haben.

C. - I.

45

Die Verfassungswidrigkeit der Regelung in § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V führt zur nachträglichen Feststellung der Nichtigkeit dieses Teils der Vorschrift. § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V stellt mit Blick auf § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 einen abtrennbaren Teil der Vorschrift dar, dem eine unabhängige, selbstständige Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 112, 255; 128, 282 <321> m.w.N.). Über die Verfassungsmäßigkeit der novellierten Vorschrift (§ 26 PsychKG M-V n.F.) war hier nicht zu befinden.

II.

46

Die angegriffene Gerichtsentscheidung, die die Beschwerdeführerin mangels ausreichender gesetzlicher Grundlage in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt, ist aufzuheben (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Wegen der Besonderheit des Falles wird von einer Zurückverweisung abgesehen, weil für eine Entscheidung des Fachgerichts kein Spielraum mehr verbleibt. Das Amtsgericht könnte somit die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur wiederholen (vgl. BVerfGE 35, 202 <244>; 79, 69 <79>).

III.

47

Die Anordnung der Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

27
Zwar kann die regelmäßige Freiheitsentziehung des untergebrachten Betroffenen durch mechanische Vorrichtungen in entsprechender Anwendung des § 1906 Abs. 4 BGB genehmigt werden (BayObLG FamRZ 1994, 721, 722). Jedoch ist weder den Feststellungen der Instanzgerichte zu entnehmen noch sonst ersichtlich, dass die Betreuerin die Fixierung des Betroffenen begehrt, geschweige denn die Genehmigung hierzu beantragt hat. Dies ist aber notwendige Voraussetzung für eine Entscheidung nach § 1906 BGB.
14
Es handelt sich vorliegend auch nicht etwa deshalb um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG, weil eine Genehmigung nach § 1906 Abs. 4 BGB bereits in der Genehmigung der Unterbringung als solcher enthalten wäre. Da die Unterbringung den Betroffenen im Einzelfall weniger beeinträchtigt als eine freiheitsentziehende Maßnahme iSv § 1906 Abs. 4 BGB, ist letztere stets auch dann gesondert gerichtlich zu genehmigen, wenn der Betroffene nach § 1906 Abs. 1 bis 3 BGB untergebracht ist (Senatsbeschluss BGHZ 166, 141, 153 = FamRZ 2006, 615, 618; Marschner in: Marschner /Volckart/Lesting Freiheitsentziehung und Unterbringung 5. Aufl. § 1906 BGB Rn. 43 mwN;Palandt/Diederichsen BGB 71. Aufl. § 1906 Rn. 34 mwN). Die materiell-rechtlich verschiedenen Angelegenheiten sind deswegen auch gebührenrechtlich nicht als dieselbe Angelegenheit iSv § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG zu behandeln.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

Tenor

1. § 23 Absatz 2 Satz 2 Alternative 1 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Psychischkrankengesetz - PsychKG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. April 2000 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern Seite 182, zuletzt geändert durch Artikel 4 des Änderungsgesetzes vom 9. November 2010, Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern Seite 642, 649) ist mit Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.

2. Der Beschluss des Amtsgerichts Waren (Müritz) vom 4. September 2014 - 411 XIV 48/14 L - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben.

3. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.- I.

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1. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die medizinische Zwangsbehandlung einer aufgrund des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Psychischkrankengesetz - PsychKG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. April 2000 (GVOBl M-V S. 182, zuletzt geändert durch Artikel 4 des Änderungsgesetzes vom 9.November 2010, GVOBl M-V S. 642, 649) vorläufig Untergebrachten. Die Zwangsbehandlung erfolgte auf der Grundlage von § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V.

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Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

§ 23

Behandlung

(1) Die Betroffenen haben Anspruch auf die notwendige Behandlung und psychosoziale Beratung. Die Behandlung schließt die dazu erforderlichen Untersuchungen sowie beschäftigungs- und arbeitstherapeutische, heilpädagogische und psychotherapeutische Maßnahmen mit ein. Die Behandlung soll außerhalb der Einrichtung durchgeführt werden, wenn dadurch ihre Erfolgsaussichten verbessert werden. Die Behandlung wegen der Erkrankung, die zu der Unterbringung geführt hat, erfolgt nach einem Behandlungsplan. Der Behandlungsplan soll mit dem Betroffenen und auf seinen Wunsch mit den gesetzlichen Vertretern oder Betreuern erörtert werden.

(2) Behandlungsmaßnahmen bedürfen der Einwilligung des Betroffenen oder der gesetzlichen Vertreter. Ohne Einwilligung darf eine Behandlung nur durchgeführt werden, wenn der Betroffene aufgrund der Krankheit einsichts- oder steuerungsunfähig ist und die Behandlung nicht mit erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit verbunden ist oder er sich in einem Zustand befindet, in dem ohne sofortige Behandlung eine erhebliche und unmittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit der kranken Person oder Dritter besteht. Der Rechtsanwalt des Betroffenen ist unverzüglich zu informieren.

(3) Eine Behandlung, die die Persönlichkeit des Betroffenen dauerhaft in ihrem Kernbereich ändern würde, insbesondere ein psychochirurgischer Eingriff, ist unzulässig.

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2. Die weiteren hier relevanten Vorschriften des Gesetzes lauten:

§ 1

Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt

1. Hilfen für psychisch Kranke,

2. Maßnahmen gegenüber psychisch Kranken,

3. die Unterbringung

a) von psychisch Kranken nach diesem Gesetz, soweit das Verfahren nicht in dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geregelt ist,

b) von psychisch Kranken, die nach § 63, § 64 des Strafgesetzbuches sowie § 7 des Jugendgerichtsgesetzes untergebracht sind.

(2) Psychisch Kranke im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die an einer Psychose, einer psychischen Störung, die in ihren Auswirkungen einer Psychose gleichkommt, oder einer mit dem Verlust der Selbstkontrolle einhergehenden Abhängigkeit von Suchtstoffen leiden.

(3) Dieses Gesetz findet auch Anwendung auf geistig behinderte Personen, bei denen ohne Behandlung keine Aussicht auf Besserung besteht.

(4) Die in diesem Gesetz geregelten Hilfen werden auch Personen gewährt, bei denen Anzeichen einer der in Absatz 2 genannten psychischen Erkrankungen bestehen.

§ 11

Voraussetzungen der Unterbringung

(1) Die Unterbringung von psychisch Kranken nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a ist nur zulässig, wenn und solange durch ihr krankhaftes Verhalten gegen sich oder andere eine gegenwärtige erhebliche Gefahr einer Selbstschädigung oder für die öffentliche Sicherheit besteht, die nicht anders abgewendet werden kann. Die fehlende Bereitschaft, sich einer notwendigen ärztlichen Behandlung zu unterziehen, rechtfertigt für sich allein keine Unterbringung.

(2) Eine gegenwärtige Gefahr im Sinne von Absatz 1 besteht dann, wenn infolge der Krankheit ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder sein Eintritt zwar unvorhersehbar, wegen besonderer Umstände jedoch jederzeit zu erwarten ist.

§ 12

Ziel der Unterbringung

(1) Ziel der Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a ist es, die in § 11 genannte Gefahr abzuwenden und die untergebrachte Person nach Maßgabe dieses Gesetzes zu behandeln.

(2) Ziel der Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b ist die Heilung oder Besserung des Zustandes im Sinne der §§ 136, 137 des Strafvollzugsgesetzes insbesondere durch ärztliche, psychotherapeutische, sozialtherapeutische oder heilpädagogische Maßnahmen sowie die soziale und berufliche Eingliederung.

§ 21

Rechtliche Stellung

Die Betroffenen unterliegen nur den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen. Ihnen dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die im Hinblick auf den Zweck der Unterbringung oder zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Einrichtung und zum Schutz anderer Betroffener unerlässlich sind.

§ 22

Besondere Sicherungsmaßnahmen

(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind nur zulässig, wenn die gegenwärtige erhebliche Gefahr besteht, dass der Betroffene sich selbst tötet oder ernsthaft verletzt oder gewalttätig wird oder die Einrichtung ohne Erlaubnis verlassen wird und wenn dieser Gefahr nicht anders begegnet werden kann.

(2) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind:

1. die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,

2. die Wegnahme von Gegenständen,

3. die Absonderung in einen besonderen Raum,

4. die Fixierung.

(3) Jede besondere Sicherungsmaßnahme ist durch die ärztliche Leitung befristet anzuordnen, ärztlich zu überwachen und unverzüglich aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Anordnung weggefallen sind. Anordnung und Aufhebung der besonderen Sicherungsmaßnahmen sind schriftlich zu dokumentieren. Von jeder Anordnung ist der Rechtsanwalt des Betroffenen unverzüglich zu benachrichtigen.

§ 31

Besuchskommission

(1) Das Ministerium für Soziales und Gesundheit bildet eine Besuchskommission für die forensischen Einrichtungen und die Landkreise und kreisfreien Städte bilden jeweils Besuchskommissionen für die psychiatrischen Kliniken, die in der Regel ohne Anmeldung mindestens einmal jährlich die Einrichtungen, in denen Personen nach diesem Gesetz untergebracht sind, besuchen und überprüfen, ob die mit der Unterbringung von psychisch Kranken verbundenen Aufgaben erfüllt und die Rechte der Betroffenen gewahrt werden. Dabei ist den Betroffenen Gelegenheit zu geben, Wünsche oder Beschwerden vorzutragen.

(2) Innerhalb von zwei Monaten nach jedem Besuch einer Einrichtung fertigt die Besuchskommission einen Bericht an, der auch die Wünsche und Beschwerden der Betroffenen enthält und zu ihnen Stellung nimmt. Eine Zusammenfassung dieser Berichte übersendet das Ministerium für Gesundheit und Soziales dem Landtag, erstmals zwei Jahre nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes, sodann mindestens alle zwei Jahre.

(3) Der Besuchskommission gehören an:

1. (aufgehoben)

2. ein Arzt für Psychiatrie,

3. ein Richter,

4. ein Sozialarbeiter des für den Bereich, in dem die besuchte Einrichtung liegt, zuständigen Sozialpsychiatrischen Dienstes,

5. ein Bürger ohne Fachkunde, der von dem für Gesundheit zuständigen Ausschuss des Landtages benannt wird,

6. ein Vertreter eines Interessenverbandes der Freunde oder Angehörigen psychisch Kranker, der von dem Landkreis oder der kreisfreien Stadt benannt wird, in deren Zuständigkeit die besuchte Einrichtung liegt. Der Besuchskommission für die forensischen Einrichtungen gehört ein sachkundiger Mitarbeiter des Ministeriums für Soziales und Gesundheit an. Dem zuständigen Amtsarzt ist Gelegenheit zur Teilnahme an den Besuchen zu geben. Das Ministerium für Gesundheit und Soziales kann im Benehmen mit der Besuchskommission weitere Personen zu den Besuchen hinzuziehen, soweit der Zweck des Besuches dadurch besser erfüllt werden kann.

(4) Die Berufung der Mitglieder der Besuchskommissionen und die Einrichtung der Geschäftsstellen erfolgt

a) durch das Ministerium für Soziales und Gesundheit für Besuche von forensischen Einrichtungen und

b) durch die Landkreise und kreisfreien Städte für Besuche von allgemeinpsychiatrischen Einrichtungen. Für jedes Mitglied ist mindestens ein Stellvertreter zu berufen. Die Geschäftsstellen der Besuchskommissionen übersenden die in Absatz 2 genannten Berichte an die Geschäftsstelle der Besuchskommission für die Einrichtungen des Maßregelvollzugs. Die Geschäftsstelle der Besuchskommission für die Einrichtungen des Maßregelvollzugs fasst die Berichte aller Besuchskommissionen zusammen und führt mindestens einmal im Berichtszeitraum eine Beratung der Geschäftsführungen aller Besuchskommissionen durch.

(5) Die Mitglieder und ihre Stellvertreter werden für zwei Jahre berufen. Eine erneute Berufung ist zulässig.

(6) Die Mitglieder der Besuchskommission sind nicht an Weisungen gebunden. Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ihre Entschädigung richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften über die Entschädigung der ehrenamtlichen Richter.

(7) Die Aufsichtspflichten und -rechte der zuständigen Behörden sowie das Recht der Betroffenen, andere Überprüfungs- oder Beschwerdeinstanzen anzurufen, bleiben unberührt.

§ 42

Unmittelbarer Zwang

(1) Soweit es die Durchführung der Maßnahmen nach diesem Gesetz gebietet, sind Ärzte der Einrichtungen befugt, unmittelbaren Zwang anzuwenden. Soweit es erforderlich ist, können sie diese Befugnis im Einzelfall auf andere Bedienstete der Einrichtung übertragen.

(2) Gegenüber anderen Personen als den Betroffenen darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Betroffene zu befreien, oder wenn sie unbefugt in den Bereich der Einrichtung eindringen oder sich unbefugt dort aufhalten.

(3) Das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwanges aufgrund anderer Vorschriften bleibt unberührt.

§ 44

Bekanntgabe und Begründung von Anordnungen, Akteneinsicht

(1) Entscheidungen und Anordnungen im Rahmen der Unterbringung sind den Betroffenen unverzüglich bekannt zu geben und, soweit es der gesundheitliche Zustand des Betroffenen zulässt, zu erläutern. Sie sind in den jeweiligen Krankenakten zu vermerken und zu begründen. Soweit Entscheidungen oder Anordnungen schriftlich ergehen, erhalten die jeweiligen gesetzlichen Vertreter eine Abschrift.

(2) Die Betroffenen und ihre gesetzlichen Vertreter erhalten auf Verlangen unentgeltlich Auskunft über die zur Person der Betroffenen gespeicherten Daten sowie Einsicht in die über sie geführten Akten. Den Betroffenen können Auskunft und Einsicht verweigert werden, wenn eine Verständigung mit ihnen wegen ihres Gesundheitszustandes nicht möglich ist. Ist bei einer vollständigen Auskunft oder Einsichtnahme mit schwerwiegenden gesundheitlichen Nachteilen bei dem Betroffenen zu rechnen, so soll der behandelnde Arzt die entsprechenden Inhalte unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes an den Betroffenen vermitteln. Die Verweigerung von Auskunft oder Einsicht ist mit einer Begründung in den Akten zu vermerken.

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3. Die mit der Verfassungsbeschwerde mittelbar angegriffene Norm wurde in der Zwischenzeit außer Kraft gesetzt und neu gefasst. Mit der Drucksache 6/5185 vom 24. Februar 2016 brachte die Regierung des Landes Mecklenburg-Vorpommern den Entwurf eines Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten in den Landtag ein. Zur Begründung des Gesetzentwurfs heißt es unter anderem:

"Das Psychischkrankengesetz, welches nahezu unverändert seit dem Jahre 2000 gilt (nachfolgend PsychKG M-V 2000), regelt die Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten [...].

In den vergangenen Jahren haben sich [...] jedoch die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Unterbringung in zentralen Punkten durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und des Bundesgerichtshofes geändert. [...] Danach ist die Zwangsbehandlung nur auf der Grundlage eines Gesetzes zulässig, das die materiell- und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Eingriffs klar bestimmt [...].

Das derzeitige Landesrecht genügt den von der Rechtsprechung definierten Voraussetzungen nicht in verfassungsrechtlich hinreichendem Maße. [...] Daher ist eine umfassende Neufassung dieser Normen erforderlich [...]" (LTDrucks 6/5185, S. 1 f.).

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Am 6. Juli 2016 beschloss der Landtag die Neufassung des Psychischkrankengesetzes. Die Rechtsgrundlage für die Durchführung einer Zwangsbehandlung wurde vollständig novelliert. Nunmehr bestimmt § 26 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten (Psychischkrankengesetz - PsychKG M-V n.F.) vom 14. Juli 2016 (GVOBl M-V S. 593) die Voraussetzungen der ärztlichen Zwangsmaßnahme. Das PsychKG M-V n.F. trat am 30. Juli 2016 in Kraft. Gleichzeitig wurde das PsychKG M-V in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. April 2000 (GVOBl M-V S. 182), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 9. November 2010 (GVOBl M-V S. 642, 649), außer Kraft gesetzt (vgl. § 51 PsychKG M-V n.F.).

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§ 26 PsychKG M-V n.F. lautet:

§ 26

Ärztliche Zwangsmaßnahme

(1) Eine medizinische Behandlung gegen den natürlichen Willen der Menschen mit psychischen Krankheiten (ärztliche Zwangsmaßnahme) darf nur durchgeführt werden

1. mit dem Ziel, die fortdauernde Notwendigkeit einer Unterbringung nach den Abschnitten 4 und 6 zu beseitigen oder

2. soweit die Maßnahme erforderlich ist, um eine gegenwärtige Lebensgefahr oder schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der Menschen mit psychischen Krankheiten oder eine von ihnen infolge ihrer Krankheit ausgehende gegenwärtige Lebensgefahr oder erhebliche Gefahr für die Gesundheit anderer Menschen, die sich in der Einrichtung aufhalten, abzuwenden oder

3. soweit die Maßnahme dazu dient, eine sonst erforderliche besondere Sicherungsmaßnahme nach § 21 Absatz 2 Nummer 3 bis 5 zu vermeiden oder zu beenden und

4. wenn die Menschen mit psychischen Krankheiten aufgrund dieser Krankheiten die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können und wenn

5. die Maßnahme im Hinblick auf das Behandlungsziel Erfolg verspricht,

6. es aussichtslos erscheint, mit einem milderen Mittel, insbesondere einer weniger eingreifende[n] Behandlung, das mit der Maßnahme verfolgte Ziel zu erreichen und

7. der zu erwartende Nutzen der Behandlung die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt.

(2) Eine ärztliche Zwangsmaßnahme setzt voraus, dass durch die behandelnde Ärztin oder den Arzt

1. vor Beginn der Behandlung ernsthaft versucht wurde, eine auf Vertrauen gegründete, freiwillige Einwilligung der Menschen mit psychischen Krankheiten zu erreichen,

2. eine den Verständnismöglichkeiten der Menschen mit psychischen Krankheiten entsprechende Information über die beabsichtigte Behandlung, ihre Wirkungen und Ziele vorausgegangen ist, und

3. den Menschen mit psychischen Krankheiten nach Scheitern des Gespräches nach Nummer 1 die Beantragung der gerichtlichen Anordnung nebst der Möglichkeit der Durchführung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme angekündigt worden ist. Die behandelnde Ärztin oder der Arzt muss die Durchführung der Gespräche und deren Ergebnis dokumentieren.

(3) Die Behandlung muss von einer Ärztin oder einem Arzt angeordnet, überwacht und dokumentiert werden.

(4) Eine ärztliche Zwangsmaßnahme ist nur mit vorheriger Zustimmung des Betreuungsgerichts auf Antrag der Einrichtung, bei im Maßregelvollzug untergebrachten Menschen mit psychischen Krankheiten der Strafvollstreckungskammer oder der Jugendkammer oder bei vorläufig untergebrachten Menschen mit psychischen Krankheiten des Haftgerichtes oder des Gerichtes der Hauptsache auf Antrag der Einrichtung des Maßregelvollzuges zulässig. Dies gilt nicht in den Fällen, in denen eine ärztliche Zwangsmaßnahme dazu dient, eine gegenwärtige Lebensgefahr oder eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der Menschen mit psychischen Krankheiten abzuwenden, wenn hierdurch die Behandlung verzögert würde und sich hieraus Nachteile für das Leben oder die Gesundheit der Menschen mit psychischen Krankheiten ergeben würden. Die Zustimmung ist unverzüglich nachträglich einzuholen. Für die Strafvollstreckungs- und die Jugendkammern oder die Haftgerichte oder die Gerichte der Hauptsache gelten ihre jeweiligen Prozessordnungen und Verfahrensrechte. Sie haben darüber hinaus entsprechend der §§ 319 und 321 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Menschen mit psychischen Krankheiten persönlich anzuhören und ein Sachverständigengutachten einzuholen. Zugleich ist den Menschen mit psychischen Krankheiten eine Verteidigerin oder ein Verteidiger als notwendige Verteidigung beizuordnen.

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4. Am 29. Juli 2014 wies das Gesundheitsamt des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte die Beschwerdeführerin in die geschlossene Abteilung des MediClin Müritz-Klinikums ein und stellte bei dem Amtsgericht Waren (Müritz) den Antrag, ihre vorläufige Unterbringung anzuordnen. Den Antrag begründete das Gesundheitsamt unter anderem damit, dass die Beschwerdeführerin Medikamente verweigere und sich seit drei Wochen extrem auffällig verhalte. Seit dem frühen Morgen des 29. Juli 2014 fühlten sich der Bruder und die Mutter der Beschwerdeführerin von dieser bedroht. Zudem laufe sie seit sechs Uhr morgens ununterbrochen mit einem schweren Blumenkübel im Arm im Kreis, sei völlig erschöpft und dehydriert. Aufgrund der Hitze und der Entkräftung bestehe eine akute Selbstgefährdung, so dass eine geschlossene Unterbringung erforderlich sei.

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5. In dem ärztlichen Zeugnis vom 29. Juli 2014 wird ausgeführt, dass die Einweisung notfallmäßig zur erneuten Krisenintervention erfolgt sei. Die Beschwerdeführerin leide bekanntermaßen an einer paranoiden halluzinatorischen Schizophrenie. Die Symptomatik sei unter anderem gekennzeichnet durch eine hohe innere Anspannung und den Verlust von Realitätsbewusstsein; die Beschwerdeführerin verhalte sich selbstgefährdend, und es fehle ihr an Krankheitseinsicht. Sie verweigere zudem die medikamentöse Behandlung und wolle die Klinik verlassen. Aus dem richterlichen Anhörungsprotokoll vom 30. Juli 2014 geht hervor, dass die behandelnde Ärztin einen Verbleib der Beschwerdeführerin in der Unterbringung für einen Zeitraum von sechs Wochen für erforderlich hielt.

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6. Mit Beschluss vom 30. Juli 2014 ordnete das Amtsgericht Waren (Müritz) nach Anhörung der Beschwerdeführerin die vorläufige Unterbringung durch einstweilige Anordnung gemäß § 331, § 332, § 312 Nr. 3 FamFG in Verbindung mit § 11 PsychKG M-V längstens bis zum 9. September 2014 an. Zudem wurde eine Verfahrenspflegerin bestellt. Es bestünden dringende Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringungsmaßnahme gegeben seien und mit einem Aufschub eine so erhebliche Gefahr für die Beschwerdeführerin verbunden wäre, dass sie sofort untergebracht werden müsse. Das Gericht schließe sich aufgrund der Anhörung der Beschwerdeführerin dem ärztlichen Zeugnis vom 29. Juli 2014 an. Auch im Hinblick auf die Dauer der Unterbringung folge das Gericht dem ärztlichen Zeugnis. Durch das krankhafte Verhalten der Beschwerdeführerin bestehe eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für eine Selbstschädigung, die nicht anders abgewendet werden könne. Zu ihrem Wohl sei es notwendig, dass sie stationär behandelt und insbesondere unter stationären Bedingungen beobachtet werde.

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7. Gegen den Beschluss des Amtsgerichts legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 1. August 2014 "Widerspruch" ein. Der Beschluss sei ein Missverständnis, sie habe nie einem anderen Menschen oder sich selbst Leid angetan und werde dies auch zukünftig nicht tun. Mit Beschluss vom 8. August 2014 half das Amtsgericht dem als Beschwerde ausgelegten Rechtsbehelf nach erneuter Anhörung der Beschwerdeführerin und der behandelnden Ärzte nicht ab und legte die Sache dem Landgericht Neubrandenburg zur Entscheidung vor. Das Landgericht wies die Beschwerde nach einer weiteren Anhörung der Beschwerdeführerin und Einholung ergänzender Stellungnahmen der behandelnden Ärztin und der Verfahrenspflegerin mit Beschluss vom 13. August 2014 zurück. Es bestehe eine gegenwärtige erhebliche Gefahr zumindest einer Selbstschädigung, zudem sei die Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihre Krankheit uneinsichtig und lehne eine Behandlung ab. Im Falle einer Entlassung und ohne medikamentöse Behandlung sei der Eintritt einer selbstschädigenden Handlung zwar nicht konkret vorhersehbar, aber gleichwohl jederzeit zu erwarten. Eine solche könne zu einer gesundheitlichen Schädigung oder einem völligen Zusammenbruch führen.

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8. Mit Schreiben vom 26. August 2014 wandte sich die Beschwerdeführerin erneut an das Landgericht. Der Beschluss vom 13. August 2014 verhalte sich nicht zu einer Zwangsmedikation. Sie habe jedoch bereits einmal gewaltsam eine Spritze erhalten. Im Abstand von vierzehn Tagen sollten weitere Behandlungen folgen. Sie protestiere dagegen und halte diese Maßnahme für Körperverletzung.

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9. Der Richter des Amtsgerichts, dem das Schreiben vom 26. August 2014 zuständigkeitshalber zugeleitet worden war, wandte sich seinerseits mit einem Schreiben an die Beschwerdeführerin. Darin führte er aus, dass die Zwangsmedikation notwendig sei, weil ihr jegliche Krankheits- und Behandlungseinsicht fehle. Die 14-tägige Behandlung mit einer Depotspritze sei zudem nicht mit erheblichen Gefahren für ihre Gesundheit verbunden. Sollte das verabreichte Medikament unerwünschte, nicht unerhebliche Nebenwirkungen entfalten, könne dies mit den behandelnden Ärzten besprochen werden und gegebenenfalls eine Medikamentenumstellung erfolgen. Der Richter zitierte überdies die hier mittelbar angegriffene Vorschrift und teilte der Beschwerdeführerin mit, dass eine Präzisierung der Voraussetzungen einer ärztlichen Behandlung gegen den Willen des Patienten im Rahmen der Unterbringung nach dem PsychKG M-V vom Landtag noch nicht verabschiedet worden sei. Dieses Schreiben wurde am 1. September 2014 an die Beschwerdeführerin versandt.

II.

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1. Die Beschwerdeführerin hat am 28. August 2014 - ergänzt durch am 29. September 2014 eingegangenes Schreiben - Verfassungsbeschwerde eingelegt, mit der sie sich gegen ihre Zwangsbehandlung wendet. Sie sei in der Klinik bereits zwei Mal mit dem Medikament Zypadhera behandelt worden, die Dosis der ersten Spritze habe 200 Milligramm betragen. Zwei Wochen später sei ihr unter Anwendung von Gewalt durch Pfleger, Arzt und Schwester das Medikament erneut in einer höheren Dosierung (300 Milligramm) verabreicht worden. Nunmehr stehe eine weitere Behandlung bevor, wenn dies nicht verhindert werde. Sie halte dieses Vorgehen für Körperverletzung. Man habe zur Begründung der Behandlung auf eine bei ihr diagnostizierte Psychose verwiesen. Sie fühle sich allerdings kerngesund, sei nicht paranoid und habe auch keine Halluzinationen.

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2. Auf das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 26. August 2014 forderte das Amtsgericht am 3. September 2014 schließlich doch eine Stellungnahme der behandelnden Ärztin an, um über die Rechtmäßigkeit der Zwangsbehandlung förmlich zu entscheiden.

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3. In ihrer Stellungnahme vom selben Tag führte die behandelnde Ärztin aus, dass die neuroleptische Medikation der Beschwerdeführerin mit Olanzapin Depot (Zypadhera) weiterhin erforderlich sei. Einerseits diene die Medikation der Behandlung der zum Aufnahmezeitpunkt vorliegenden Positivsymptomatik der paranoiden Schizophrenie. Diese sei unter der Medikation gut rückläufig gewesen. Andererseits erfolge die Behandlung zur Verhinderung eines erneuten Ausbruchs der Krankheit im Sinne einer Prophylaxe. Das Absetzen der Medikamente würde eine Exazerbation im Sinne der Positivsymptomatik zur Folge haben. Die Positivsymptomatik der paranoiden Schizophrenie sei typischerweise gekennzeichnet durch Wahnvorstellungen, Halluzinationen, insbesondere akustische Halluzinationen mit kommentierenden und imperativen Stimmen, Denkzerfahrenheit mit desorganisierter Sprache und desorganisiertem Verhalten, katatone Symptome, flache sowie inadäquate Affekte und Ich-Störungen. Es könnten zudem vielfältige Wahnideen auftreten. Aus dem Verfolgungswahn könne ein ängstlich-zurückhaltendes oder ein suizidales Verhalten resultieren. Ohne die Behandlung drohe die Chronifizierung der Krankheit. Als mögliche Nebenwirkung der Behandlung könne zwar das maligne neuroleptische Syndrom auftreten, dies sei jedoch sehr selten (0,2 Prozent). Das Syndrom sei unter anderem durch Rigor, Fieber oder eine Bewusstseinstrübung, ferner durch eine autonome Dysregulation sowie einen Anstieg der Kreatinkinase gekennzeichnet; in zirka einem Fünftel dieser Fälle sei es lebensgefährlich. Nach Absetzen des Medikaments bilde sich das Syndrom innerhalb von etwa zehn Tagen zurück. Weitere Nebenfolgen der Medikation wie motorische Effekte im Sinne von Bewegungsstörungen, Herzrhythmusstörungen und Gewichtszunahme seien ebenfalls möglich. Zu der durchgeführten Behandlung gebe es aber keine Alternative.

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4. Mit angegriffenem Beschluss vom 4. September 2014 genehmigte das Amtsgericht Waren (Müritz) "die Verabreichung einer Depotspritze mit dem Medikament Olanzapin Depot (Zypadhera) betreuungsgerichtlich". Mit Schreiben vom 26. August 2014 habe sich die Beschwerdeführerin "gegen die ärztlicherseits durchgeführte Medikation in Form einer 14-tägigen Depotspritze" gewandt. Das Gericht werte diese Eingabe der Beschwerdeführerin vom 26. August 2014 an das Landgericht als "Widerspruch gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Vollzug der Unterbringung gemäß § 327 Abs. 1, § 312 Abs. 1 Nr. 3 FamFG in Verbindung mit § 11 PsychKG M-V". Der Antrag sei unbegründet. Zwar bestünden im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 23 PsychKG M-V, und der Gesetzgeber habe eine Ergänzung des PsychKG M-V durch Einfügung eines § 23a erwogen. Dies könne nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht dazu führen, krankheitsuneinsichtigen geschlossen untergebrachten Patienten die notwendige ärztliche Heilbehandlung zu versagen, selbst wenn diese gegen den von ihnen geäußerten Willen vorgenommen werden müsse. Der Beschwerdeführerin fehle jegliche Behandlungs- und Krankheitseinsicht. Die Verabreichung der Depotspritze gegen ihren Willen sei der ärztlichen Stellungnahme zufolge zur Verhinderung eines erheblichen gesundheitlichen Schadens erforderlich. Die Behandlung der paranoiden Schizophrenie habe dazu geführt, dass deren Positivsymptomatik gut rückläufig gewesen und ein erneuter Ausbruch der Krankheit verhindert worden sei. Das Absetzen der Medikamente hätte dagegen eine Verschlimmerung des bestehenden Zustands zur Folge gehabt. Soweit Nebenwirkungen wie Fieber, Bewusstseinsstörungen, autonome Dysregulation sowie ein Anstieg der Kreatinkinase möglich seien, würden diese nur bei 0,2 Prozent aller Patienten auftreten und sich nach Absetzen des Medikaments binnen zehn Tagen zurückbilden. Mildere Mittel bestünden ausweislich der ärztlichen Auskunft nicht.

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5. Die Beschwerdeführerin wurde in der Rechtsmittelbelehrung darauf hingewiesen, dass der Beschluss gemäß § 327 Abs. 4 FamFG unanfechtbar sei.

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6. Nach Übersendung des Beschlusses an das Klinikum wurde die Beschwerdeführerin ein drittes Mal - erkennbar gegen ihren Willen, aber diesmal ohne Gegenwehr - mit dem Medikament Zypadhera behandelt und am 9. September 2014 aus der geschlossenen Unterbringung entlassen.

III.

19

1. Das Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern hat mit Schreiben vom 22. Juni 2016 den Entwurf eines Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten übersandt (vgl. LTDrucks 6/5185) und im Übrigen von einer Stellungnahme abgesehen.

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2. Dem Senat hat die Akte des fachgerichtlichen Verfahrens vorgelegen.

B. - I.

21

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

22

1. Der Rechtsweg ist erschöpft. Die Beschwerdeführerin durfte sich insbesondere auf die Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses verlassen, wonach dieser gemäß § 327 Abs. 4 FamFG unanfechtbar sei. Selbst wenn es sich dabei um eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung gehandelt haben sollte und eine Beschwerde gemäß § 312 Satz 2, § 58 Abs. 1 FamFG statthaft gewesen wäre, darf ein Rechtsirrtum des Amtsgerichts nicht dazu führen, dass die Verfassungsbeschwerde in Ermangelung der Erschöpfung des Rechtswegs unzulässig ist (vgl. BVerfGE 19, 253 <256 f.> unter Verweis auf BVerfGE 4, 193 <198>).

23

2. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht auch nicht der Grundsatz der materiellen Subsidiarität (vgl. etwa BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>) im Hinblick darauf entgegen, dass die Beschwerdeführerin im fachgerichtlichen Verfahren nicht ausdrücklich die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Grundlage der Zwangsbehandlung in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 129, 269 <279>). Es kann letztlich offen bleiben, ob das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen des fachgerichtlichen Verfahrens in diesem Sinne auszulegen war. Denn es handelt sich bei den Fragen, die der vorliegende Fall hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der angewendeten gesetzlichen Vorschrift aufwirft, nicht um solche, zu deren Prüfung die Gerichte nur auf der Grundlage hinreichend substantiierten Vorbringens angehalten sind (vgl. BVerfGE 129, 269 <279>; BVerfGK 19, 286 <287 f.>). Hinzu kommt, dass das Amtsgericht die verfassungsrechtliche Dimension des Falles durchaus erkannt und in seinem Beschluss auf die Bedenklichkeit der Vorschrift vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs hingewiesen hat. Es hat die Vorschrift - entgegen diesen Bedenken und der einschlägigen Rechtsprechung - gleichwohl unter Verzicht auf eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG angewendet und dies mit der medizinischen Notwendigkeit der Zwangsbehandlung begründet.

24

3. Auch nach Beendigung der Zwangsbehandlung der Beschwerdeführerin und der Neufassung des Landesgesetzes ist das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Aufhebung des angegriffenen Hoheitsaktes oder jedenfalls für die Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit vorliegt (vgl. BVerfGE 81, 138 <140>). Dieses Rechtsschutzbedürfnis muss noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts fortbestehen (vgl. BVerfGE 21, 139 <143>; 30, 54 <58>; 33, 247 <253>; 50, 244 <247>; 56, 99 <106>; 72, 1 <5>; 81, 138 <140>). Bei Erledigung des mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Begehrens besteht das Rechtsschutzbedürfnis fort, wenn entweder die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung andernfalls unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint oder eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu besorgen ist oder die aufgehobene oder gegenstandslos gewordene Maßnahme den Beschwerdeführer noch weiterhin beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 33, 247 <257 f.>; 69, 161 <168>; 81, 138 <140>; 139, 245 <263 f. Rn. 53>). Zudem wird in Fällen besonders tiefgreifender und folgenschwerer Grundrechtsverstöße das Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses angenommen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte (vgl. BVerfGE 81, 138 <140 f.>; 110, 77 <85 f.>; 117, 244 <268>; stRspr). Der Grundrechtsschutz des Beschwerdeführers würde andernfalls in unzumutbarer Weise verkürzt (vgl. BVerfGE 34, 165 <180>; 41, 29 <43>; 49, 24 <51 f.>; 81, 138 <141>). Der Umstand, dass die Fachgerichte und das Bundesverfassungsgericht häufig außerstande sind, schwierige Fragen in kurzer Zeit zu entscheiden, darf nicht dazu führen, dass eine Verfassungsbeschwerde allein wegen des vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Zeitablaufs als unzulässig verworfen wird (vgl. BVerfGE 74, 163 <172 f.>; 76, 1 <38 f.>; 81, 138 <141>). Mit der Zwangsbehandlung der Beschwerdeführerin ohne ausreichende gesetzliche Grundlage steht jedenfalls ein tiefgreifender und folgenschwerer Grundrechtsverstoß in Rede (vgl. BVerfGE 128, 282 <303>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. August 2014 - 2 BvR 1698/12 -, juris, Rn. 21), gegen den die Beschwerdeführerin eine verfassungsgerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig hätte erlangen können (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. August 2014 - 2 BvR 1698/12 -, juris, Rn. 21).

II.

25

Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Der angegriffene Beschluss verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.

26

1. Die medizinische Zwangsbehandlung eines Untergebrachten greift in dessen Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein, das die körperliche Integrität des Grundrechtsträgers und damit auch das diesbezügliche Selbstbestimmungsrecht schützt (vgl. BVerfGE 128, 282 <300>; 129, 269 <280>; 133, 112 <131 Rn. 49>). Entsprechendes gilt für Entscheidungen, die die Zwangsbehandlung des Untergebrachten als rechtmäßig bestätigen (vgl. BVerfGE 129, 269 <280>).

27

Dem Eingriffscharakter einer Zwangsbehandlung steht nicht entgegen, dass sie zum Zweck der Heilung vorgenommen wird (vgl. BVerfGE 128, 282 <300>). Eine schädigende Zielrichtung ist nicht Voraussetzung für das Vorliegen eines Eingriffs in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (vgl. BVerfGE 128, 282 <300> m.w.N.).

28

Die Eingriffsqualität entfällt auch nicht bereits dann, wenn der Betroffene der abgelehnten Behandlung keinen physischen Widerstand entgegensetzt (vgl. BVerfGE 128, 282 <300>; 129, 269 <280>; 133, 112 <131 Rn. 50>). Eine Zwangsbehandlung im Sinne einer medizinischen Behandlung, die gegen den natürlichen Willen des Betroffenen erfolgt, liegt unabhängig davon vor, ob eine gewaltsame Durchsetzung der Maßnahme erforderlich wird oder der Betroffene sich, etwa weil er die Aussichtslosigkeit eines körperlichen Widerstandes erkennt, ungeachtet fortbestehender Ablehnung in die Maßnahme fügt und damit die Anwendung körperlicher Gewalt entbehrlich macht (vgl. BVerfGE 128, 282 <321>; 129, 269 <280>; 133, 112 <131 Rn. 50>). Die beanstandete Behandlung der Beschwerdeführerin mit dem Neuroleptikum Zypadhera und die angegriffene gerichtliche Entscheidung verlieren ihren grundrechtseingreifenden Charakter folglich nicht dadurch, dass sich die Beschwerdeführerin - jedenfalls in einem der drei Fälle -, ohne ihre Ablehnung aufzugeben, aus Angst vor Zwangsmaßnahmen auf die Verabreichung des Medikaments eingelassen hat.

29

2. Die Zwangsbehandlung eines Untergebrachten kann allerdings ungeachtet der besonderen Schwere des darin liegenden Eingriffs durch sein grundrechtlich geschütztes Freiheitsinteresse gerechtfertigt sein (vgl. BVerfGE 128, 282 <303 ff.>; 129, 269 <280 ff.>; 133, 112 <131 ff. Rn. 52 ff.>).

30

a) Es ist dem Gesetzgeber nicht prinzipiell verwehrt, medizinische Zwangsbehandlungen zuzulassen (vgl. BVerfGE 128, 282 <303>; 129, 269 <280>; 133, 112 <131 f. Rn. 52>). Zur Rechtfertigung des damit verbundenen Grundrechtseingriffs kann das grundrechtlich geschützte Freiheitsinteresse des Untergebrachten selbst (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) als legitimer Zweck geeignet sein, sofern der Untergebrachte zur Wahrnehmung dieses Interesses infolge krankheitsbedingter Einsichtsunfähigkeit nicht in der Lage ist (vgl. BVerfGE 128, 282 <304>).

31

b) Die Zwangsbehandlung eines Untergebrachten ist, wie jeder andere Grundrechtseingriff, nur auf der Grundlage eines Gesetzes zulässig, das die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Eingriffs bestimmt. Das Bundesverfassungsgericht hat aus den grundrechtlichen Garantien (vgl. BVerfGE 128, 282 <311, 313, 315>) und aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 128, 282 <308 ff., 313>) konkrete Anforderungen an die Rechtsgrundlage für eine Zwangsbehandlung der im Maßregelvollzug Untergebrachten aufgestellt. Die gesetzliche Grundlage muss sowohl die formellen als auch die materiellen Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung vorgeben (vgl. BVerfGE 128, 282 <317>). Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des besonders schwerwiegenden Eingriffs müssen hinreichend klar und bestimmt geregelt sein (vgl. BVerfGE 128, 282 <317 f.> m.w.N.).

32

aa) Eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung einer Zwangsbehandlung mit dem Ziel, den Betroffenen so bald wie möglich in die Freiheit zu entlassen, muss strikt dessen krankheitsbedingte Einsichtsunfähigkeit oder dessen Unfähigkeit zu einsichtsgemäßem Verhalten zur Voraussetzung haben (vgl. BVerfGE 128, 282 <307 f.>; 129, 269 <281 f.>; 133, 112 <134 Rn. 59>).

33

bb) Aus den Grundrechten ergeben sich zudem Anforderungen an das Verfahren, die den Grundrechtsschutz gewährleisten sollen. Jedenfalls bei planmäßigen Behandlungen ist - abgeleitet aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG - eine Ankündigung erforderlich, die dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnet, rechtzeitig um Rechtsschutz zu ersuchen (vgl. BVerfGE 128, 282 <311>; 129, 269 <283>; 133, 112 <140 Rn. 70>). Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs unabdingbar ist überdies die Anordnung und Überwachung einer medikamentösen Zwangsbehandlung durch einen Arzt (vgl. BVerfGE 128, 282 <313>; 129, 269 <283>; 133, 112 <138 Rn. 67>). Als Vorwirkung der grundrechtlichen Garantie gerichtlichen Rechtsschutzes ergibt sich ferner die Notwendigkeit, gegen den Willen des Untergebrachten ergriffene Behandlungsmaßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise, der maßgeblichen Gründe und der Wirkungsüberwachung, zu dokumentieren (vgl. BVerfGE 128, 282 <313 f.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <138 f. Rn. 68>). Schließlich fordert Art. 2 Abs. 2 GG spezielle verfahrensmäßige Sicherungen gegen die besonderen situationsbedingten Grundrechtsgefährdungen, die sich ergeben, wenn über die Anordnung einer Zwangsbehandlung außerhalb akuter Notfälle allein die jeweilige Unterbringungseinrichtung entscheidet. Hierzu bedarf es einer vorausgehenden Prüfung der Maßnahme durch Dritte in gesicherter Unabhängigkeit von der Unterbringungseinrichtung (vgl. BVerfGE 128, 282 <315 ff.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <141 f. Rn. 71>).

34

cc) Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgen darüber hinaus materielle Anforderungen an die Rechtsgrundlage. Die Vorschrift muss den Zweck oder die Zwecke, die einen Eingriff rechtfertigen sollen, abschließend bestimmen (vgl. BVerfGE 133, 112 <137 Rn. 64>). Eine gesetzliche Grundlage zur Durchführung der Zwangsbehandlung muss ferner festlegen, dass eine solche nur durchgeführt werden darf, wenn sie im Hinblick auf das Behandlungsziel, das ihren Einsatz rechtfertigt, Erfolg verspricht (vgl. BVerfGE 128, 282 <309>). Überdies darf eine medizinische Zwangsbehandlung nur als letztes Mittel vorgesehen sein, wenn mildere Mittel nicht in Betracht kommen (vgl. BVerfGE 128, 282 <309> m.w.N.). Für eine medikamentöse Zwangsbehandlung zur Erreichung des Ziels, die Unterbringung möglichst bald zu beenden und so die persönliche Freiheit wiederzuerlangen, bedeutet dies erstens, dass eine weniger eingreifende Behandlung aussichtslos sein muss (vgl. BVerfGE 128, 282 <309>). Zweitens muss der Zwangsbehandlung, soweit der Betroffene gesprächsfähig ist, der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks unternommene Versuch vorausgegangen sein, seine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu erlangen (vgl. BVerfGE 128, 282 <309 f.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <139 Rn. 69>). Über die Erfordernisse der Geeignetheit und Erforderlichkeit hinaus ist Voraussetzung für die Rechtfertigung einer Zwangsbehandlung, dass sie für den Betroffenen nicht mit Belastungen verbunden ist, die außer Verhältnis zu dem erwartbaren Nutzen stehen. Die Angemessenheit ist nur gewahrt, wenn, unter Berücksichtigung der jeweiligen Wahrscheinlichkeiten, der zu erwartende Nutzen der Behandlung den möglichen Schaden der Nichtbehandlung überwiegt (vgl. BVerfGE 128, 282 <310 f.>). Im Hinblick auf die bestehenden Prognoseunsicherheiten und sonstigen methodischen Schwierigkeiten des hierfür erforderlichen Vergleichs trifft es die grundrechtlichen Anforderungen, wenn in medizinischen Fachkreisen ein deutlich feststellbares Überwiegen des Nutzens gefordert wird (BVerfGE 128, 282 <311> m.w.N.).

35

c) Diese - zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug entwickelten - Maßgaben sind auf die Zwangsbehandlung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung zu übertragen (vgl. BVerfGK 19, 286 <288> unter Bezugnahme auf BVerfGE 128, 282; zur Übertragbarkeit vgl. LG Darmstadt, Beschluss vom 19. Dezember 2011 - 5 T 646/11 -, juris, Rn. 39 ff.; LG Verden, Beschluss vom 3. Dezember 2012 - 1 T 163/12 -, juris, Rn. 10; LG Berlin, Urteil vom 28. Januar 2015 - 86 O 88/14 -, juris, Rn. 53 ff.; Olzen/Metzmacher, BtPrax 2011, S. 233 <235 f.>; Dodegge, NJW 2012, S. 3694 <3697>; Diener, Patientenverfügungen psychisch kranker Personen und fürsorglicher Zwang, 2013, S. 193 ff.; Henking/Mittag, JR 2013, S. 341 <342>; Henking/Mittag, BtPrax 2014, S. 115 f.; Budde, in: Keidel, FamFG, 19. Auflage 2017, § 312 Rn. 9). Ihre Übertragbarkeit auf die öffentlich-rechtliche Unterbringung ist bereits in früheren Entscheidungen des Senats zur medizinischen Zwangsbehandlung angelegt. Die Beschlüsse zur Zwangsbehandlung in Baden-Württemberg (BVerfGE 129, 269) und in Sachsen (BVerfGE 133, 112) sind zwar im Hinblick auf im Maßregelvollzug Untergebrachte ergangen, der Anwendungsbereich der für verfassungswidrig erklärten Gesetze betraf jedoch sowohl Personen in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung als auch solche im Maßregelvollzug (vgl. den mittlerweile außer Kraft getretenen § 15 Abs. 1 des baden-württembergischen Gesetzes über die Unterbringung psychisch Kranker (UBG BW) vom 2. Dezember 1991, GBl S. 794, zuletzt geändert durch Art. 9 des Vierten Gesetzes zur Bereinigung des baden-württembergischen Landesrechts vom 4. Mai 2009, GBl S. 195, 199, BVerfGE 129, 269 <271>; vgl. ferner § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 38 Abs. 1 Satz 2 des sächsischen Gesetzes über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten (SächsPsychKG) vom 10. Oktober 2007, SächsGVBl S. 422, BVerfGE 133, 112 <114>). Für die Übertragbarkeit dieser Maßgaben auf die medizinische Zwangsbehandlung in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung fällt entscheidend ins Gewicht, dass es im Hinblick auf den Umfang des Grundrechtsschutzes keinen Unterschied macht, auf welcher Rechtsgrundlage sich der Betroffene in der Unterbringung befindet. Der Schutzstandard für die Zwangsbehandlung muss in allen Fällen gleich hoch sein (vgl. bereits zur Übertragung der zum Maßregelvollzug entwickelten Maßstäbe auf eine Zwangsbehandlung im Rahmen der betreuungsrechtlichen Unterbringung BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2012 - XII ZB 99/12 -, BGHZ 193, 337 <346 Rn. 25 ff.> sowie XII ZB 130/12, juris, Rn. 28 ff.; vgl. ferner BVerfGE 142, 313 <343 f.>). Die Auffassung, dass die Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht für die Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug entwickelt hat, auf die Zwangsbehandlung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung zu übertragen sind, findet sich im Übrigen auch in den Gesetzgebungsmaterialien zu der Überarbeitung der Landesgesetze über die öffentlich-rechtliche Unterbringung. Die Gesetzentwürfe verweisen stets auf die Notwendigkeit einer Neuregelung, weil Anpassungsbedarf im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zwangsbehandlung bestehe. Dies gilt auch dann, wenn der Maßregelvollzug und die öffentlich-rechtliche Unterbringung in verschiedenen Gesetzen geregelt werden (vgl. etwa die Gesetzentwürfe für Nordrhein-Westfalen LTDrucks 16/12068, S. 27, 30 ff. oder für Hessen LTDrucks 19/3744, S. 1, 26).

36

3. Nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäben verletzt die angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts die Beschwerdeführerin bereits deshalb in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, weil es für die Zwangsbehandlung der Beschwerdeführerin, die durch das Gericht als rechtmäßig bestätigt wurde, an einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage fehlt. § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V ist mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbar und nichtig.

37

a) § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V wird den sich aus den Grundrechten ergebenden Anforderungen in Bezug auf das Verfahren der Behörden und Gerichte nicht gerecht, auf deren Einhaltung der in einer geschlossenen Einrichtung Untergebrachte, der einer Zwangsbehandlung unterzogen werden soll, jedoch in besonders hohem Maße angewiesen ist (vgl. BVerfGE 128, 282 <311>).

38

aa) Anders als es etwa § 22 Abs. 3 Satz 1 PsychKG M-V für die Anordnung und Überwachung besonderer Sicherungsmaßnahmen vorsieht, enthält die angegriffene Norm entgegen der verfassungsrechtlichen Vorgabe (vgl. BVerfGE 128, 282 <313>; 129, 269 <283>; 133, 112 <138 Rn. 67>) keine Regelung dazu, dass die Anordnung und Überwachung der medizinischen Zwangsbehandlung durch einen Arzt erfolgen muss.

39

bb) Die Vorschrift erfüllt zudem die sich aus dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebende verfahrensmäßige Vorgabe nicht, dass dem Eingriff eine von der Unterbringungseinrichtung unabhängige Prüfung vorausgehen muss (vgl. BVerfGE 128, 282 <315 ff.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <141 Rn. 71>). Nicht ausreichend ist der Schutz, den die Besuchskommission bieten kann, die nach § 31 Abs. 1 Satz 1 PsychKG M-V jedenfalls einmal jährlich die Einrichtungen besucht und kontrolliert. Zwar hat sie den gesetzlichen Auftrag, die Einhaltung der Patientenrechte zu überprüfen, sie untersucht aber nicht im Vorfeld jeder Zwangsbehandlung deren Rechtmäßigkeit, sondern kann in der Regel lediglich im Nachhinein über durchgeführte Zwangsbehandlungen an den Landtag berichten. Ferner verfügt die Kommission nicht über die Kompetenz, eine anstehende Zwangsbehandlung zu verhindern.

40

b) § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V erfüllt auch die aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit resultierenden materiellen Anforderungen an eine medizinische Zwangsbehandlung nicht.

41

aa) Zum einen fehlt es an der abschließenden Bestimmung des Zwecks oder der Zwecke, die den Eingriff rechtfertigen sollen, und damit an der Ausscheidung von Zwecken, die einen Eingriff prinzipiell nicht zu rechtfertigen geeignet sind (vgl. BVerfGE 133, 112 <137 Rn. 64>). Aus § 12 PsychKG M-V ergeben sich lediglich die Ziele, welche zur Rechtfertigung der Unterbringung selbst geeignet sind. Ob diese Zielvorgaben auf die Zwangsbehandlung zu übertragen beziehungsweise ob sie abschließend sind, lässt sich dem Gesetz jedoch nicht entnehmen.

42

bb) Zum anderen ist dem Erfordernis, die weiteren aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abzuleitenden Anforderungen einer Zwangsbehandlung gesetzlich zu konkretisieren, nicht genügt worden. Voraussetzung der Zulässigkeit für nicht unter § 23 Abs. 3 PsychKG M-V fallende Maßnahmen der Zwangsbehandlung (Behandlungen, die die Persönlichkeit des Betroffenen dauerhaft in ihrem Kernbereich ändern würden) ist nach § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V allein, dass sie nicht mit erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit des Betroffenen verbunden sind. Auch § 21 Satz 2 PsychKG M-V, der bestimmt, dass dem Betroffenen nur solche Beschränkungen auferlegt werden dürfen, die im Hinblick auf den Zweck der Unterbringung oder zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Einrichtung oder zum Schutz anderer Betroffener unerlässlich sind, stellt keine hinreichende gesetzliche Grundlage dar. Diese Vorgabe benennt zwar Aspekte der Verhältnismäßigkeit, legt aber keine ausreichend spezifischen Voraussetzungen für die Zwangsbehandlung fest und ist damit zu allgemein gehalten, um eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Schranke bilden zu können. Es fehlt insbesondere an einer angemessenen Regelung des - unabhängig von der Einsichts- und Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen bestehenden - Erfordernisses des vorherigen Bemühens um eine auf Vertrauen gegründete, im Rechtssinne freiwillige Zustimmung (vgl. BVerfGE 128, 282 <309 f.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <139 Rn. 69>). Das Psychischkrankengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern in der hier einschlägigen Fassung enthält lediglich Vorgaben zur Information des Patienten über die beabsichtigte Vorgehensweise bei der Behandlung. § 23 Abs. 1 Satz 5 PsychKG M-V bestimmt, dass der Behandlungsplan mit dem Betroffenen erörtert werden soll. Auch § 44 Abs. 1 Satz 1, 2 PsychKG M-V verlangt lediglich in allgemeiner Form eine Erläuterung von Entscheidungen und Anordnungen im Rahmen der Unterbringung.

43

4. Die Frage, ob § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 PsychKG M-V, der eine sofortige Zwangsbehandlung zur Verhinderung einer erheblichen und unmittelbaren Gefahr für Leben oder Gesundheit der kranken Person oder Dritter betrifft, verfassungsgemäß ist, braucht für die hier vorliegende Konstellation nicht entschieden zu werden, weil der angegriffene Beschluss nicht auf diese Alternative gestützt ist.

44

5. Angesichts der Mängel der gesetzlichen Eingriffsgrundlage kann ferner offen bleiben, ob die amtsgerichtliche Entscheidung den verfassungsrechtlichen Anforderungen noch in weiterer Hinsicht nicht genügt. Festzuhalten ist jedoch, dass es zunächst Sache der Fachgerichte ist, auf Anträge von Untergebrachten hin, die sich gegen eine Zwangsbehandlung richten, auch die Vereinbarkeit der jeweils herangezogenen landesrechtlichen Rechtsgrundlagen mit dem Grundgesetz zu prüfen, gegebenenfalls vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren und bei negativem Ausgang der Prüfung die Sache im Verfahren der konkreten Normenkontrolle dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen (vgl. BVerfGK 19, 286 <287> m.w.N.). Die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage kann von den Fachgerichten überdies von Amts wegen - unabhängig von einer entsprechenden Rüge des jeweiligen Klägers - zu prüfen sein (vgl. BVerfGE 129, 269 <279>; BVerfGK 19, 286 <287> m.w.N.). Zwar kann von den Fachgerichten nicht verlangt werden, rügeunabhängig oder unabhängig von näherer Substantiierung ein Gesetz ins Blaue hinein auf nicht offen zutage tretende verfassungsrechtliche Fehler zu prüfen (vgl. BVerfGK 19, 286 <287 f.> m.w.N.). Nachdem durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die wesentlichen Anforderungen an die gesetzlichen Grundlagen einer Zwangsbehandlung jedoch geklärt sind (vgl. BVerfGE 128, 282; 129, 269; 133, 112), muss von den Fachgerichten aber erwartet werden, dass sie diese bei Entscheidungen, die die Zwangsbehandlung von Untergebrachten betreffen, von Amts wegen im Auge behalten und entsprechend verfahren (vgl. BVerfGK 19, 286 <288>). Dies gilt insbesondere deshalb, weil auch sechs Jahre nach der ersten Entscheidung des Zweiten Senats zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug (vgl. BVerfGE 128, 282) noch nicht alle Länder die Eingriffsgrundlage für die medizinische Zwangsbehandlung in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst haben.

C. - I.

45

Die Verfassungswidrigkeit der Regelung in § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V führt zur nachträglichen Feststellung der Nichtigkeit dieses Teils der Vorschrift. § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V stellt mit Blick auf § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 einen abtrennbaren Teil der Vorschrift dar, dem eine unabhängige, selbstständige Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 112, 255; 128, 282 <321> m.w.N.). Über die Verfassungsmäßigkeit der novellierten Vorschrift (§ 26 PsychKG M-V n.F.) war hier nicht zu befinden.

II.

46

Die angegriffene Gerichtsentscheidung, die die Beschwerdeführerin mangels ausreichender gesetzlicher Grundlage in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt, ist aufzuheben (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Wegen der Besonderheit des Falles wird von einer Zurückverweisung abgesehen, weil für eine Entscheidung des Fachgerichts kein Spielraum mehr verbleibt. Das Amtsgericht könnte somit die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur wiederholen (vgl. BVerfGE 35, 202 <244>; 79, 69 <79>).

III.

47

Die Anordnung der Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.

(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Zu beteiligen sind

1.
der Betroffene,
2.
der Betreuer,
3.
der Bevollmächtigte im Sinne des § 1814 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Der Verfahrenspfleger wird durch seine Bestellung als Beteiligter zum Verfahren hinzugezogen.

(3) Die zuständige Behörde ist auf ihren Antrag als Beteiligte hinzuzuziehen.

(4) Beteiligt werden können im Interesse des Betroffenen

1.
dessen Ehegatte oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie dessen Eltern und Kinder, wenn der Betroffene bei diesen lebt oder bei Einleitung des Verfahrens gelebt hat, sowie die Pflegeeltern,
2.
eine von ihm benannte Person seines Vertrauens,
3.
der Leiter der Einrichtung, in der der Betroffene lebt.
Das Landesrecht kann vorsehen, dass weitere Personen und Stellen beteiligt werden können.

(1) Die Wohnung des Schuldners darf ohne dessen Einwilligung nur auf Grund einer Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht durchsucht werden, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll. Dies gilt nicht, wenn die Einholung der Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde.

(2) Auf die Vollstreckung eines Titels auf Räumung oder Herausgabe von Räumen und auf die Vollstreckung eines Haftbefehls nach § 802g ist Absatz 1 nicht anzuwenden.

(3) Willigt der Schuldner in die Durchsuchung ein oder ist eine Anordnung gegen ihn nach Absatz 1 Satz 1 ergangen oder nach Absatz 1 Satz 2 entbehrlich, so haben Personen, die Mitgewahrsam an der Wohnung des Schuldners haben, die Durchsuchung zu dulden. Unbillige Härten gegenüber Mitgewahrsamsinhabern sind zu vermeiden.

(4) Der Gerichtsvollzieher nimmt eine Vollstreckungshandlung zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen nicht vor, wenn dies für den Schuldner und die Mitgewahrsamsinhaber eine unbillige Härte darstellt oder der zu erwartende Erfolg in einem Missverhältnis zu dem Eingriff steht, in Wohnungen nur auf Grund einer besonderen Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht. Die Nachtzeit umfasst die Stunden von 21 bis 6 Uhr.

(5) Die Anordnung nach Absatz 1 ist bei der Zwangsvollstreckung vorzuzeigen.

(6) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung nach Absatz 1 einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(1) Zur Nachtzeit dürfen die Wohnung, die Geschäftsräume und das befriedete Besitztum nur in folgenden Fällen durchsucht werden:

1.
bei Verfolgung auf frischer Tat,
2.
bei Gefahr im Verzug,
3.
wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass während der Durchsuchung auf ein elektronisches Speichermedium zugegriffen werden wird, das als Beweismittel in Betracht kommt, und ohne die Durchsuchung zur Nachtzeit die Auswertung des elektronischen Speichermediums, insbesondere in unverschlüsselter Form, aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre oder
4.
zur Wiederergreifung eines entwichenen Gefangenen.

(2) Diese Beschränkung gilt nicht für Räume, die zur Nachtzeit jedermann zugänglich oder die der Polizei als Herbergen oder Versammlungsorte bestrafter Personen, als Niederlagen von Sachen, die mittels Straftaten erlangt sind, oder als Schlupfwinkel des Glücksspiels, des unerlaubten Betäubungsmittel- und Waffenhandels oder der Prostitution bekannt sind.

(3) Die Nachtzeit umfasst den Zeitraum von 21 bis 6 Uhr.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

Tenor

1. § 23 Absatz 2 Satz 2 Alternative 1 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Psychischkrankengesetz - PsychKG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. April 2000 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern Seite 182, zuletzt geändert durch Artikel 4 des Änderungsgesetzes vom 9. November 2010, Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern Seite 642, 649) ist mit Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.

2. Der Beschluss des Amtsgerichts Waren (Müritz) vom 4. September 2014 - 411 XIV 48/14 L - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben.

3. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.- I.

1

1. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die medizinische Zwangsbehandlung einer aufgrund des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Psychischkrankengesetz - PsychKG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. April 2000 (GVOBl M-V S. 182, zuletzt geändert durch Artikel 4 des Änderungsgesetzes vom 9.November 2010, GVOBl M-V S. 642, 649) vorläufig Untergebrachten. Die Zwangsbehandlung erfolgte auf der Grundlage von § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V.

2

Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

§ 23

Behandlung

(1) Die Betroffenen haben Anspruch auf die notwendige Behandlung und psychosoziale Beratung. Die Behandlung schließt die dazu erforderlichen Untersuchungen sowie beschäftigungs- und arbeitstherapeutische, heilpädagogische und psychotherapeutische Maßnahmen mit ein. Die Behandlung soll außerhalb der Einrichtung durchgeführt werden, wenn dadurch ihre Erfolgsaussichten verbessert werden. Die Behandlung wegen der Erkrankung, die zu der Unterbringung geführt hat, erfolgt nach einem Behandlungsplan. Der Behandlungsplan soll mit dem Betroffenen und auf seinen Wunsch mit den gesetzlichen Vertretern oder Betreuern erörtert werden.

(2) Behandlungsmaßnahmen bedürfen der Einwilligung des Betroffenen oder der gesetzlichen Vertreter. Ohne Einwilligung darf eine Behandlung nur durchgeführt werden, wenn der Betroffene aufgrund der Krankheit einsichts- oder steuerungsunfähig ist und die Behandlung nicht mit erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit verbunden ist oder er sich in einem Zustand befindet, in dem ohne sofortige Behandlung eine erhebliche und unmittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit der kranken Person oder Dritter besteht. Der Rechtsanwalt des Betroffenen ist unverzüglich zu informieren.

(3) Eine Behandlung, die die Persönlichkeit des Betroffenen dauerhaft in ihrem Kernbereich ändern würde, insbesondere ein psychochirurgischer Eingriff, ist unzulässig.

3

2. Die weiteren hier relevanten Vorschriften des Gesetzes lauten:

§ 1

Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt

1. Hilfen für psychisch Kranke,

2. Maßnahmen gegenüber psychisch Kranken,

3. die Unterbringung

a) von psychisch Kranken nach diesem Gesetz, soweit das Verfahren nicht in dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geregelt ist,

b) von psychisch Kranken, die nach § 63, § 64 des Strafgesetzbuches sowie § 7 des Jugendgerichtsgesetzes untergebracht sind.

(2) Psychisch Kranke im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die an einer Psychose, einer psychischen Störung, die in ihren Auswirkungen einer Psychose gleichkommt, oder einer mit dem Verlust der Selbstkontrolle einhergehenden Abhängigkeit von Suchtstoffen leiden.

(3) Dieses Gesetz findet auch Anwendung auf geistig behinderte Personen, bei denen ohne Behandlung keine Aussicht auf Besserung besteht.

(4) Die in diesem Gesetz geregelten Hilfen werden auch Personen gewährt, bei denen Anzeichen einer der in Absatz 2 genannten psychischen Erkrankungen bestehen.

§ 11

Voraussetzungen der Unterbringung

(1) Die Unterbringung von psychisch Kranken nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a ist nur zulässig, wenn und solange durch ihr krankhaftes Verhalten gegen sich oder andere eine gegenwärtige erhebliche Gefahr einer Selbstschädigung oder für die öffentliche Sicherheit besteht, die nicht anders abgewendet werden kann. Die fehlende Bereitschaft, sich einer notwendigen ärztlichen Behandlung zu unterziehen, rechtfertigt für sich allein keine Unterbringung.

(2) Eine gegenwärtige Gefahr im Sinne von Absatz 1 besteht dann, wenn infolge der Krankheit ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder sein Eintritt zwar unvorhersehbar, wegen besonderer Umstände jedoch jederzeit zu erwarten ist.

§ 12

Ziel der Unterbringung

(1) Ziel der Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a ist es, die in § 11 genannte Gefahr abzuwenden und die untergebrachte Person nach Maßgabe dieses Gesetzes zu behandeln.

(2) Ziel der Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b ist die Heilung oder Besserung des Zustandes im Sinne der §§ 136, 137 des Strafvollzugsgesetzes insbesondere durch ärztliche, psychotherapeutische, sozialtherapeutische oder heilpädagogische Maßnahmen sowie die soziale und berufliche Eingliederung.

§ 21

Rechtliche Stellung

Die Betroffenen unterliegen nur den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen. Ihnen dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die im Hinblick auf den Zweck der Unterbringung oder zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Einrichtung und zum Schutz anderer Betroffener unerlässlich sind.

§ 22

Besondere Sicherungsmaßnahmen

(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind nur zulässig, wenn die gegenwärtige erhebliche Gefahr besteht, dass der Betroffene sich selbst tötet oder ernsthaft verletzt oder gewalttätig wird oder die Einrichtung ohne Erlaubnis verlassen wird und wenn dieser Gefahr nicht anders begegnet werden kann.

(2) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind:

1. die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,

2. die Wegnahme von Gegenständen,

3. die Absonderung in einen besonderen Raum,

4. die Fixierung.

(3) Jede besondere Sicherungsmaßnahme ist durch die ärztliche Leitung befristet anzuordnen, ärztlich zu überwachen und unverzüglich aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Anordnung weggefallen sind. Anordnung und Aufhebung der besonderen Sicherungsmaßnahmen sind schriftlich zu dokumentieren. Von jeder Anordnung ist der Rechtsanwalt des Betroffenen unverzüglich zu benachrichtigen.

§ 31

Besuchskommission

(1) Das Ministerium für Soziales und Gesundheit bildet eine Besuchskommission für die forensischen Einrichtungen und die Landkreise und kreisfreien Städte bilden jeweils Besuchskommissionen für die psychiatrischen Kliniken, die in der Regel ohne Anmeldung mindestens einmal jährlich die Einrichtungen, in denen Personen nach diesem Gesetz untergebracht sind, besuchen und überprüfen, ob die mit der Unterbringung von psychisch Kranken verbundenen Aufgaben erfüllt und die Rechte der Betroffenen gewahrt werden. Dabei ist den Betroffenen Gelegenheit zu geben, Wünsche oder Beschwerden vorzutragen.

(2) Innerhalb von zwei Monaten nach jedem Besuch einer Einrichtung fertigt die Besuchskommission einen Bericht an, der auch die Wünsche und Beschwerden der Betroffenen enthält und zu ihnen Stellung nimmt. Eine Zusammenfassung dieser Berichte übersendet das Ministerium für Gesundheit und Soziales dem Landtag, erstmals zwei Jahre nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes, sodann mindestens alle zwei Jahre.

(3) Der Besuchskommission gehören an:

1. (aufgehoben)

2. ein Arzt für Psychiatrie,

3. ein Richter,

4. ein Sozialarbeiter des für den Bereich, in dem die besuchte Einrichtung liegt, zuständigen Sozialpsychiatrischen Dienstes,

5. ein Bürger ohne Fachkunde, der von dem für Gesundheit zuständigen Ausschuss des Landtages benannt wird,

6. ein Vertreter eines Interessenverbandes der Freunde oder Angehörigen psychisch Kranker, der von dem Landkreis oder der kreisfreien Stadt benannt wird, in deren Zuständigkeit die besuchte Einrichtung liegt. Der Besuchskommission für die forensischen Einrichtungen gehört ein sachkundiger Mitarbeiter des Ministeriums für Soziales und Gesundheit an. Dem zuständigen Amtsarzt ist Gelegenheit zur Teilnahme an den Besuchen zu geben. Das Ministerium für Gesundheit und Soziales kann im Benehmen mit der Besuchskommission weitere Personen zu den Besuchen hinzuziehen, soweit der Zweck des Besuches dadurch besser erfüllt werden kann.

(4) Die Berufung der Mitglieder der Besuchskommissionen und die Einrichtung der Geschäftsstellen erfolgt

a) durch das Ministerium für Soziales und Gesundheit für Besuche von forensischen Einrichtungen und

b) durch die Landkreise und kreisfreien Städte für Besuche von allgemeinpsychiatrischen Einrichtungen. Für jedes Mitglied ist mindestens ein Stellvertreter zu berufen. Die Geschäftsstellen der Besuchskommissionen übersenden die in Absatz 2 genannten Berichte an die Geschäftsstelle der Besuchskommission für die Einrichtungen des Maßregelvollzugs. Die Geschäftsstelle der Besuchskommission für die Einrichtungen des Maßregelvollzugs fasst die Berichte aller Besuchskommissionen zusammen und führt mindestens einmal im Berichtszeitraum eine Beratung der Geschäftsführungen aller Besuchskommissionen durch.

(5) Die Mitglieder und ihre Stellvertreter werden für zwei Jahre berufen. Eine erneute Berufung ist zulässig.

(6) Die Mitglieder der Besuchskommission sind nicht an Weisungen gebunden. Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ihre Entschädigung richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften über die Entschädigung der ehrenamtlichen Richter.

(7) Die Aufsichtspflichten und -rechte der zuständigen Behörden sowie das Recht der Betroffenen, andere Überprüfungs- oder Beschwerdeinstanzen anzurufen, bleiben unberührt.

§ 42

Unmittelbarer Zwang

(1) Soweit es die Durchführung der Maßnahmen nach diesem Gesetz gebietet, sind Ärzte der Einrichtungen befugt, unmittelbaren Zwang anzuwenden. Soweit es erforderlich ist, können sie diese Befugnis im Einzelfall auf andere Bedienstete der Einrichtung übertragen.

(2) Gegenüber anderen Personen als den Betroffenen darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Betroffene zu befreien, oder wenn sie unbefugt in den Bereich der Einrichtung eindringen oder sich unbefugt dort aufhalten.

(3) Das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwanges aufgrund anderer Vorschriften bleibt unberührt.

§ 44

Bekanntgabe und Begründung von Anordnungen, Akteneinsicht

(1) Entscheidungen und Anordnungen im Rahmen der Unterbringung sind den Betroffenen unverzüglich bekannt zu geben und, soweit es der gesundheitliche Zustand des Betroffenen zulässt, zu erläutern. Sie sind in den jeweiligen Krankenakten zu vermerken und zu begründen. Soweit Entscheidungen oder Anordnungen schriftlich ergehen, erhalten die jeweiligen gesetzlichen Vertreter eine Abschrift.

(2) Die Betroffenen und ihre gesetzlichen Vertreter erhalten auf Verlangen unentgeltlich Auskunft über die zur Person der Betroffenen gespeicherten Daten sowie Einsicht in die über sie geführten Akten. Den Betroffenen können Auskunft und Einsicht verweigert werden, wenn eine Verständigung mit ihnen wegen ihres Gesundheitszustandes nicht möglich ist. Ist bei einer vollständigen Auskunft oder Einsichtnahme mit schwerwiegenden gesundheitlichen Nachteilen bei dem Betroffenen zu rechnen, so soll der behandelnde Arzt die entsprechenden Inhalte unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes an den Betroffenen vermitteln. Die Verweigerung von Auskunft oder Einsicht ist mit einer Begründung in den Akten zu vermerken.

4

3. Die mit der Verfassungsbeschwerde mittelbar angegriffene Norm wurde in der Zwischenzeit außer Kraft gesetzt und neu gefasst. Mit der Drucksache 6/5185 vom 24. Februar 2016 brachte die Regierung des Landes Mecklenburg-Vorpommern den Entwurf eines Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten in den Landtag ein. Zur Begründung des Gesetzentwurfs heißt es unter anderem:

"Das Psychischkrankengesetz, welches nahezu unverändert seit dem Jahre 2000 gilt (nachfolgend PsychKG M-V 2000), regelt die Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten [...].

In den vergangenen Jahren haben sich [...] jedoch die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Unterbringung in zentralen Punkten durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und des Bundesgerichtshofes geändert. [...] Danach ist die Zwangsbehandlung nur auf der Grundlage eines Gesetzes zulässig, das die materiell- und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Eingriffs klar bestimmt [...].

Das derzeitige Landesrecht genügt den von der Rechtsprechung definierten Voraussetzungen nicht in verfassungsrechtlich hinreichendem Maße. [...] Daher ist eine umfassende Neufassung dieser Normen erforderlich [...]" (LTDrucks 6/5185, S. 1 f.).

5

Am 6. Juli 2016 beschloss der Landtag die Neufassung des Psychischkrankengesetzes. Die Rechtsgrundlage für die Durchführung einer Zwangsbehandlung wurde vollständig novelliert. Nunmehr bestimmt § 26 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten (Psychischkrankengesetz - PsychKG M-V n.F.) vom 14. Juli 2016 (GVOBl M-V S. 593) die Voraussetzungen der ärztlichen Zwangsmaßnahme. Das PsychKG M-V n.F. trat am 30. Juli 2016 in Kraft. Gleichzeitig wurde das PsychKG M-V in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. April 2000 (GVOBl M-V S. 182), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 9. November 2010 (GVOBl M-V S. 642, 649), außer Kraft gesetzt (vgl. § 51 PsychKG M-V n.F.).

6

§ 26 PsychKG M-V n.F. lautet:

§ 26

Ärztliche Zwangsmaßnahme

(1) Eine medizinische Behandlung gegen den natürlichen Willen der Menschen mit psychischen Krankheiten (ärztliche Zwangsmaßnahme) darf nur durchgeführt werden

1. mit dem Ziel, die fortdauernde Notwendigkeit einer Unterbringung nach den Abschnitten 4 und 6 zu beseitigen oder

2. soweit die Maßnahme erforderlich ist, um eine gegenwärtige Lebensgefahr oder schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der Menschen mit psychischen Krankheiten oder eine von ihnen infolge ihrer Krankheit ausgehende gegenwärtige Lebensgefahr oder erhebliche Gefahr für die Gesundheit anderer Menschen, die sich in der Einrichtung aufhalten, abzuwenden oder

3. soweit die Maßnahme dazu dient, eine sonst erforderliche besondere Sicherungsmaßnahme nach § 21 Absatz 2 Nummer 3 bis 5 zu vermeiden oder zu beenden und

4. wenn die Menschen mit psychischen Krankheiten aufgrund dieser Krankheiten die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können und wenn

5. die Maßnahme im Hinblick auf das Behandlungsziel Erfolg verspricht,

6. es aussichtslos erscheint, mit einem milderen Mittel, insbesondere einer weniger eingreifende[n] Behandlung, das mit der Maßnahme verfolgte Ziel zu erreichen und

7. der zu erwartende Nutzen der Behandlung die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt.

(2) Eine ärztliche Zwangsmaßnahme setzt voraus, dass durch die behandelnde Ärztin oder den Arzt

1. vor Beginn der Behandlung ernsthaft versucht wurde, eine auf Vertrauen gegründete, freiwillige Einwilligung der Menschen mit psychischen Krankheiten zu erreichen,

2. eine den Verständnismöglichkeiten der Menschen mit psychischen Krankheiten entsprechende Information über die beabsichtigte Behandlung, ihre Wirkungen und Ziele vorausgegangen ist, und

3. den Menschen mit psychischen Krankheiten nach Scheitern des Gespräches nach Nummer 1 die Beantragung der gerichtlichen Anordnung nebst der Möglichkeit der Durchführung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme angekündigt worden ist. Die behandelnde Ärztin oder der Arzt muss die Durchführung der Gespräche und deren Ergebnis dokumentieren.

(3) Die Behandlung muss von einer Ärztin oder einem Arzt angeordnet, überwacht und dokumentiert werden.

(4) Eine ärztliche Zwangsmaßnahme ist nur mit vorheriger Zustimmung des Betreuungsgerichts auf Antrag der Einrichtung, bei im Maßregelvollzug untergebrachten Menschen mit psychischen Krankheiten der Strafvollstreckungskammer oder der Jugendkammer oder bei vorläufig untergebrachten Menschen mit psychischen Krankheiten des Haftgerichtes oder des Gerichtes der Hauptsache auf Antrag der Einrichtung des Maßregelvollzuges zulässig. Dies gilt nicht in den Fällen, in denen eine ärztliche Zwangsmaßnahme dazu dient, eine gegenwärtige Lebensgefahr oder eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der Menschen mit psychischen Krankheiten abzuwenden, wenn hierdurch die Behandlung verzögert würde und sich hieraus Nachteile für das Leben oder die Gesundheit der Menschen mit psychischen Krankheiten ergeben würden. Die Zustimmung ist unverzüglich nachträglich einzuholen. Für die Strafvollstreckungs- und die Jugendkammern oder die Haftgerichte oder die Gerichte der Hauptsache gelten ihre jeweiligen Prozessordnungen und Verfahrensrechte. Sie haben darüber hinaus entsprechend der §§ 319 und 321 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Menschen mit psychischen Krankheiten persönlich anzuhören und ein Sachverständigengutachten einzuholen. Zugleich ist den Menschen mit psychischen Krankheiten eine Verteidigerin oder ein Verteidiger als notwendige Verteidigung beizuordnen.

7

4. Am 29. Juli 2014 wies das Gesundheitsamt des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte die Beschwerdeführerin in die geschlossene Abteilung des MediClin Müritz-Klinikums ein und stellte bei dem Amtsgericht Waren (Müritz) den Antrag, ihre vorläufige Unterbringung anzuordnen. Den Antrag begründete das Gesundheitsamt unter anderem damit, dass die Beschwerdeführerin Medikamente verweigere und sich seit drei Wochen extrem auffällig verhalte. Seit dem frühen Morgen des 29. Juli 2014 fühlten sich der Bruder und die Mutter der Beschwerdeführerin von dieser bedroht. Zudem laufe sie seit sechs Uhr morgens ununterbrochen mit einem schweren Blumenkübel im Arm im Kreis, sei völlig erschöpft und dehydriert. Aufgrund der Hitze und der Entkräftung bestehe eine akute Selbstgefährdung, so dass eine geschlossene Unterbringung erforderlich sei.

8

5. In dem ärztlichen Zeugnis vom 29. Juli 2014 wird ausgeführt, dass die Einweisung notfallmäßig zur erneuten Krisenintervention erfolgt sei. Die Beschwerdeführerin leide bekanntermaßen an einer paranoiden halluzinatorischen Schizophrenie. Die Symptomatik sei unter anderem gekennzeichnet durch eine hohe innere Anspannung und den Verlust von Realitätsbewusstsein; die Beschwerdeführerin verhalte sich selbstgefährdend, und es fehle ihr an Krankheitseinsicht. Sie verweigere zudem die medikamentöse Behandlung und wolle die Klinik verlassen. Aus dem richterlichen Anhörungsprotokoll vom 30. Juli 2014 geht hervor, dass die behandelnde Ärztin einen Verbleib der Beschwerdeführerin in der Unterbringung für einen Zeitraum von sechs Wochen für erforderlich hielt.

9

6. Mit Beschluss vom 30. Juli 2014 ordnete das Amtsgericht Waren (Müritz) nach Anhörung der Beschwerdeführerin die vorläufige Unterbringung durch einstweilige Anordnung gemäß § 331, § 332, § 312 Nr. 3 FamFG in Verbindung mit § 11 PsychKG M-V längstens bis zum 9. September 2014 an. Zudem wurde eine Verfahrenspflegerin bestellt. Es bestünden dringende Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringungsmaßnahme gegeben seien und mit einem Aufschub eine so erhebliche Gefahr für die Beschwerdeführerin verbunden wäre, dass sie sofort untergebracht werden müsse. Das Gericht schließe sich aufgrund der Anhörung der Beschwerdeführerin dem ärztlichen Zeugnis vom 29. Juli 2014 an. Auch im Hinblick auf die Dauer der Unterbringung folge das Gericht dem ärztlichen Zeugnis. Durch das krankhafte Verhalten der Beschwerdeführerin bestehe eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für eine Selbstschädigung, die nicht anders abgewendet werden könne. Zu ihrem Wohl sei es notwendig, dass sie stationär behandelt und insbesondere unter stationären Bedingungen beobachtet werde.

10

7. Gegen den Beschluss des Amtsgerichts legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 1. August 2014 "Widerspruch" ein. Der Beschluss sei ein Missverständnis, sie habe nie einem anderen Menschen oder sich selbst Leid angetan und werde dies auch zukünftig nicht tun. Mit Beschluss vom 8. August 2014 half das Amtsgericht dem als Beschwerde ausgelegten Rechtsbehelf nach erneuter Anhörung der Beschwerdeführerin und der behandelnden Ärzte nicht ab und legte die Sache dem Landgericht Neubrandenburg zur Entscheidung vor. Das Landgericht wies die Beschwerde nach einer weiteren Anhörung der Beschwerdeführerin und Einholung ergänzender Stellungnahmen der behandelnden Ärztin und der Verfahrenspflegerin mit Beschluss vom 13. August 2014 zurück. Es bestehe eine gegenwärtige erhebliche Gefahr zumindest einer Selbstschädigung, zudem sei die Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihre Krankheit uneinsichtig und lehne eine Behandlung ab. Im Falle einer Entlassung und ohne medikamentöse Behandlung sei der Eintritt einer selbstschädigenden Handlung zwar nicht konkret vorhersehbar, aber gleichwohl jederzeit zu erwarten. Eine solche könne zu einer gesundheitlichen Schädigung oder einem völligen Zusammenbruch führen.

11

8. Mit Schreiben vom 26. August 2014 wandte sich die Beschwerdeführerin erneut an das Landgericht. Der Beschluss vom 13. August 2014 verhalte sich nicht zu einer Zwangsmedikation. Sie habe jedoch bereits einmal gewaltsam eine Spritze erhalten. Im Abstand von vierzehn Tagen sollten weitere Behandlungen folgen. Sie protestiere dagegen und halte diese Maßnahme für Körperverletzung.

12

9. Der Richter des Amtsgerichts, dem das Schreiben vom 26. August 2014 zuständigkeitshalber zugeleitet worden war, wandte sich seinerseits mit einem Schreiben an die Beschwerdeführerin. Darin führte er aus, dass die Zwangsmedikation notwendig sei, weil ihr jegliche Krankheits- und Behandlungseinsicht fehle. Die 14-tägige Behandlung mit einer Depotspritze sei zudem nicht mit erheblichen Gefahren für ihre Gesundheit verbunden. Sollte das verabreichte Medikament unerwünschte, nicht unerhebliche Nebenwirkungen entfalten, könne dies mit den behandelnden Ärzten besprochen werden und gegebenenfalls eine Medikamentenumstellung erfolgen. Der Richter zitierte überdies die hier mittelbar angegriffene Vorschrift und teilte der Beschwerdeführerin mit, dass eine Präzisierung der Voraussetzungen einer ärztlichen Behandlung gegen den Willen des Patienten im Rahmen der Unterbringung nach dem PsychKG M-V vom Landtag noch nicht verabschiedet worden sei. Dieses Schreiben wurde am 1. September 2014 an die Beschwerdeführerin versandt.

II.

13

1. Die Beschwerdeführerin hat am 28. August 2014 - ergänzt durch am 29. September 2014 eingegangenes Schreiben - Verfassungsbeschwerde eingelegt, mit der sie sich gegen ihre Zwangsbehandlung wendet. Sie sei in der Klinik bereits zwei Mal mit dem Medikament Zypadhera behandelt worden, die Dosis der ersten Spritze habe 200 Milligramm betragen. Zwei Wochen später sei ihr unter Anwendung von Gewalt durch Pfleger, Arzt und Schwester das Medikament erneut in einer höheren Dosierung (300 Milligramm) verabreicht worden. Nunmehr stehe eine weitere Behandlung bevor, wenn dies nicht verhindert werde. Sie halte dieses Vorgehen für Körperverletzung. Man habe zur Begründung der Behandlung auf eine bei ihr diagnostizierte Psychose verwiesen. Sie fühle sich allerdings kerngesund, sei nicht paranoid und habe auch keine Halluzinationen.

14

2. Auf das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 26. August 2014 forderte das Amtsgericht am 3. September 2014 schließlich doch eine Stellungnahme der behandelnden Ärztin an, um über die Rechtmäßigkeit der Zwangsbehandlung förmlich zu entscheiden.

15

3. In ihrer Stellungnahme vom selben Tag führte die behandelnde Ärztin aus, dass die neuroleptische Medikation der Beschwerdeführerin mit Olanzapin Depot (Zypadhera) weiterhin erforderlich sei. Einerseits diene die Medikation der Behandlung der zum Aufnahmezeitpunkt vorliegenden Positivsymptomatik der paranoiden Schizophrenie. Diese sei unter der Medikation gut rückläufig gewesen. Andererseits erfolge die Behandlung zur Verhinderung eines erneuten Ausbruchs der Krankheit im Sinne einer Prophylaxe. Das Absetzen der Medikamente würde eine Exazerbation im Sinne der Positivsymptomatik zur Folge haben. Die Positivsymptomatik der paranoiden Schizophrenie sei typischerweise gekennzeichnet durch Wahnvorstellungen, Halluzinationen, insbesondere akustische Halluzinationen mit kommentierenden und imperativen Stimmen, Denkzerfahrenheit mit desorganisierter Sprache und desorganisiertem Verhalten, katatone Symptome, flache sowie inadäquate Affekte und Ich-Störungen. Es könnten zudem vielfältige Wahnideen auftreten. Aus dem Verfolgungswahn könne ein ängstlich-zurückhaltendes oder ein suizidales Verhalten resultieren. Ohne die Behandlung drohe die Chronifizierung der Krankheit. Als mögliche Nebenwirkung der Behandlung könne zwar das maligne neuroleptische Syndrom auftreten, dies sei jedoch sehr selten (0,2 Prozent). Das Syndrom sei unter anderem durch Rigor, Fieber oder eine Bewusstseinstrübung, ferner durch eine autonome Dysregulation sowie einen Anstieg der Kreatinkinase gekennzeichnet; in zirka einem Fünftel dieser Fälle sei es lebensgefährlich. Nach Absetzen des Medikaments bilde sich das Syndrom innerhalb von etwa zehn Tagen zurück. Weitere Nebenfolgen der Medikation wie motorische Effekte im Sinne von Bewegungsstörungen, Herzrhythmusstörungen und Gewichtszunahme seien ebenfalls möglich. Zu der durchgeführten Behandlung gebe es aber keine Alternative.

16

4. Mit angegriffenem Beschluss vom 4. September 2014 genehmigte das Amtsgericht Waren (Müritz) "die Verabreichung einer Depotspritze mit dem Medikament Olanzapin Depot (Zypadhera) betreuungsgerichtlich". Mit Schreiben vom 26. August 2014 habe sich die Beschwerdeführerin "gegen die ärztlicherseits durchgeführte Medikation in Form einer 14-tägigen Depotspritze" gewandt. Das Gericht werte diese Eingabe der Beschwerdeführerin vom 26. August 2014 an das Landgericht als "Widerspruch gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Vollzug der Unterbringung gemäß § 327 Abs. 1, § 312 Abs. 1 Nr. 3 FamFG in Verbindung mit § 11 PsychKG M-V". Der Antrag sei unbegründet. Zwar bestünden im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 23 PsychKG M-V, und der Gesetzgeber habe eine Ergänzung des PsychKG M-V durch Einfügung eines § 23a erwogen. Dies könne nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht dazu führen, krankheitsuneinsichtigen geschlossen untergebrachten Patienten die notwendige ärztliche Heilbehandlung zu versagen, selbst wenn diese gegen den von ihnen geäußerten Willen vorgenommen werden müsse. Der Beschwerdeführerin fehle jegliche Behandlungs- und Krankheitseinsicht. Die Verabreichung der Depotspritze gegen ihren Willen sei der ärztlichen Stellungnahme zufolge zur Verhinderung eines erheblichen gesundheitlichen Schadens erforderlich. Die Behandlung der paranoiden Schizophrenie habe dazu geführt, dass deren Positivsymptomatik gut rückläufig gewesen und ein erneuter Ausbruch der Krankheit verhindert worden sei. Das Absetzen der Medikamente hätte dagegen eine Verschlimmerung des bestehenden Zustands zur Folge gehabt. Soweit Nebenwirkungen wie Fieber, Bewusstseinsstörungen, autonome Dysregulation sowie ein Anstieg der Kreatinkinase möglich seien, würden diese nur bei 0,2 Prozent aller Patienten auftreten und sich nach Absetzen des Medikaments binnen zehn Tagen zurückbilden. Mildere Mittel bestünden ausweislich der ärztlichen Auskunft nicht.

17

5. Die Beschwerdeführerin wurde in der Rechtsmittelbelehrung darauf hingewiesen, dass der Beschluss gemäß § 327 Abs. 4 FamFG unanfechtbar sei.

18

6. Nach Übersendung des Beschlusses an das Klinikum wurde die Beschwerdeführerin ein drittes Mal - erkennbar gegen ihren Willen, aber diesmal ohne Gegenwehr - mit dem Medikament Zypadhera behandelt und am 9. September 2014 aus der geschlossenen Unterbringung entlassen.

III.

19

1. Das Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern hat mit Schreiben vom 22. Juni 2016 den Entwurf eines Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten übersandt (vgl. LTDrucks 6/5185) und im Übrigen von einer Stellungnahme abgesehen.

20

2. Dem Senat hat die Akte des fachgerichtlichen Verfahrens vorgelegen.

B. - I.

21

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

22

1. Der Rechtsweg ist erschöpft. Die Beschwerdeführerin durfte sich insbesondere auf die Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses verlassen, wonach dieser gemäß § 327 Abs. 4 FamFG unanfechtbar sei. Selbst wenn es sich dabei um eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung gehandelt haben sollte und eine Beschwerde gemäß § 312 Satz 2, § 58 Abs. 1 FamFG statthaft gewesen wäre, darf ein Rechtsirrtum des Amtsgerichts nicht dazu führen, dass die Verfassungsbeschwerde in Ermangelung der Erschöpfung des Rechtswegs unzulässig ist (vgl. BVerfGE 19, 253 <256 f.> unter Verweis auf BVerfGE 4, 193 <198>).

23

2. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht auch nicht der Grundsatz der materiellen Subsidiarität (vgl. etwa BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>) im Hinblick darauf entgegen, dass die Beschwerdeführerin im fachgerichtlichen Verfahren nicht ausdrücklich die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Grundlage der Zwangsbehandlung in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 129, 269 <279>). Es kann letztlich offen bleiben, ob das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen des fachgerichtlichen Verfahrens in diesem Sinne auszulegen war. Denn es handelt sich bei den Fragen, die der vorliegende Fall hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der angewendeten gesetzlichen Vorschrift aufwirft, nicht um solche, zu deren Prüfung die Gerichte nur auf der Grundlage hinreichend substantiierten Vorbringens angehalten sind (vgl. BVerfGE 129, 269 <279>; BVerfGK 19, 286 <287 f.>). Hinzu kommt, dass das Amtsgericht die verfassungsrechtliche Dimension des Falles durchaus erkannt und in seinem Beschluss auf die Bedenklichkeit der Vorschrift vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs hingewiesen hat. Es hat die Vorschrift - entgegen diesen Bedenken und der einschlägigen Rechtsprechung - gleichwohl unter Verzicht auf eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG angewendet und dies mit der medizinischen Notwendigkeit der Zwangsbehandlung begründet.

24

3. Auch nach Beendigung der Zwangsbehandlung der Beschwerdeführerin und der Neufassung des Landesgesetzes ist das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Aufhebung des angegriffenen Hoheitsaktes oder jedenfalls für die Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit vorliegt (vgl. BVerfGE 81, 138 <140>). Dieses Rechtsschutzbedürfnis muss noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts fortbestehen (vgl. BVerfGE 21, 139 <143>; 30, 54 <58>; 33, 247 <253>; 50, 244 <247>; 56, 99 <106>; 72, 1 <5>; 81, 138 <140>). Bei Erledigung des mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Begehrens besteht das Rechtsschutzbedürfnis fort, wenn entweder die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung andernfalls unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint oder eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu besorgen ist oder die aufgehobene oder gegenstandslos gewordene Maßnahme den Beschwerdeführer noch weiterhin beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 33, 247 <257 f.>; 69, 161 <168>; 81, 138 <140>; 139, 245 <263 f. Rn. 53>). Zudem wird in Fällen besonders tiefgreifender und folgenschwerer Grundrechtsverstöße das Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses angenommen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte (vgl. BVerfGE 81, 138 <140 f.>; 110, 77 <85 f.>; 117, 244 <268>; stRspr). Der Grundrechtsschutz des Beschwerdeführers würde andernfalls in unzumutbarer Weise verkürzt (vgl. BVerfGE 34, 165 <180>; 41, 29 <43>; 49, 24 <51 f.>; 81, 138 <141>). Der Umstand, dass die Fachgerichte und das Bundesverfassungsgericht häufig außerstande sind, schwierige Fragen in kurzer Zeit zu entscheiden, darf nicht dazu führen, dass eine Verfassungsbeschwerde allein wegen des vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Zeitablaufs als unzulässig verworfen wird (vgl. BVerfGE 74, 163 <172 f.>; 76, 1 <38 f.>; 81, 138 <141>). Mit der Zwangsbehandlung der Beschwerdeführerin ohne ausreichende gesetzliche Grundlage steht jedenfalls ein tiefgreifender und folgenschwerer Grundrechtsverstoß in Rede (vgl. BVerfGE 128, 282 <303>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. August 2014 - 2 BvR 1698/12 -, juris, Rn. 21), gegen den die Beschwerdeführerin eine verfassungsgerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig hätte erlangen können (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. August 2014 - 2 BvR 1698/12 -, juris, Rn. 21).

II.

25

Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Der angegriffene Beschluss verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.

26

1. Die medizinische Zwangsbehandlung eines Untergebrachten greift in dessen Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein, das die körperliche Integrität des Grundrechtsträgers und damit auch das diesbezügliche Selbstbestimmungsrecht schützt (vgl. BVerfGE 128, 282 <300>; 129, 269 <280>; 133, 112 <131 Rn. 49>). Entsprechendes gilt für Entscheidungen, die die Zwangsbehandlung des Untergebrachten als rechtmäßig bestätigen (vgl. BVerfGE 129, 269 <280>).

27

Dem Eingriffscharakter einer Zwangsbehandlung steht nicht entgegen, dass sie zum Zweck der Heilung vorgenommen wird (vgl. BVerfGE 128, 282 <300>). Eine schädigende Zielrichtung ist nicht Voraussetzung für das Vorliegen eines Eingriffs in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (vgl. BVerfGE 128, 282 <300> m.w.N.).

28

Die Eingriffsqualität entfällt auch nicht bereits dann, wenn der Betroffene der abgelehnten Behandlung keinen physischen Widerstand entgegensetzt (vgl. BVerfGE 128, 282 <300>; 129, 269 <280>; 133, 112 <131 Rn. 50>). Eine Zwangsbehandlung im Sinne einer medizinischen Behandlung, die gegen den natürlichen Willen des Betroffenen erfolgt, liegt unabhängig davon vor, ob eine gewaltsame Durchsetzung der Maßnahme erforderlich wird oder der Betroffene sich, etwa weil er die Aussichtslosigkeit eines körperlichen Widerstandes erkennt, ungeachtet fortbestehender Ablehnung in die Maßnahme fügt und damit die Anwendung körperlicher Gewalt entbehrlich macht (vgl. BVerfGE 128, 282 <321>; 129, 269 <280>; 133, 112 <131 Rn. 50>). Die beanstandete Behandlung der Beschwerdeführerin mit dem Neuroleptikum Zypadhera und die angegriffene gerichtliche Entscheidung verlieren ihren grundrechtseingreifenden Charakter folglich nicht dadurch, dass sich die Beschwerdeführerin - jedenfalls in einem der drei Fälle -, ohne ihre Ablehnung aufzugeben, aus Angst vor Zwangsmaßnahmen auf die Verabreichung des Medikaments eingelassen hat.

29

2. Die Zwangsbehandlung eines Untergebrachten kann allerdings ungeachtet der besonderen Schwere des darin liegenden Eingriffs durch sein grundrechtlich geschütztes Freiheitsinteresse gerechtfertigt sein (vgl. BVerfGE 128, 282 <303 ff.>; 129, 269 <280 ff.>; 133, 112 <131 ff. Rn. 52 ff.>).

30

a) Es ist dem Gesetzgeber nicht prinzipiell verwehrt, medizinische Zwangsbehandlungen zuzulassen (vgl. BVerfGE 128, 282 <303>; 129, 269 <280>; 133, 112 <131 f. Rn. 52>). Zur Rechtfertigung des damit verbundenen Grundrechtseingriffs kann das grundrechtlich geschützte Freiheitsinteresse des Untergebrachten selbst (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) als legitimer Zweck geeignet sein, sofern der Untergebrachte zur Wahrnehmung dieses Interesses infolge krankheitsbedingter Einsichtsunfähigkeit nicht in der Lage ist (vgl. BVerfGE 128, 282 <304>).

31

b) Die Zwangsbehandlung eines Untergebrachten ist, wie jeder andere Grundrechtseingriff, nur auf der Grundlage eines Gesetzes zulässig, das die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Eingriffs bestimmt. Das Bundesverfassungsgericht hat aus den grundrechtlichen Garantien (vgl. BVerfGE 128, 282 <311, 313, 315>) und aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 128, 282 <308 ff., 313>) konkrete Anforderungen an die Rechtsgrundlage für eine Zwangsbehandlung der im Maßregelvollzug Untergebrachten aufgestellt. Die gesetzliche Grundlage muss sowohl die formellen als auch die materiellen Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung vorgeben (vgl. BVerfGE 128, 282 <317>). Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des besonders schwerwiegenden Eingriffs müssen hinreichend klar und bestimmt geregelt sein (vgl. BVerfGE 128, 282 <317 f.> m.w.N.).

32

aa) Eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung einer Zwangsbehandlung mit dem Ziel, den Betroffenen so bald wie möglich in die Freiheit zu entlassen, muss strikt dessen krankheitsbedingte Einsichtsunfähigkeit oder dessen Unfähigkeit zu einsichtsgemäßem Verhalten zur Voraussetzung haben (vgl. BVerfGE 128, 282 <307 f.>; 129, 269 <281 f.>; 133, 112 <134 Rn. 59>).

33

bb) Aus den Grundrechten ergeben sich zudem Anforderungen an das Verfahren, die den Grundrechtsschutz gewährleisten sollen. Jedenfalls bei planmäßigen Behandlungen ist - abgeleitet aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG - eine Ankündigung erforderlich, die dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnet, rechtzeitig um Rechtsschutz zu ersuchen (vgl. BVerfGE 128, 282 <311>; 129, 269 <283>; 133, 112 <140 Rn. 70>). Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs unabdingbar ist überdies die Anordnung und Überwachung einer medikamentösen Zwangsbehandlung durch einen Arzt (vgl. BVerfGE 128, 282 <313>; 129, 269 <283>; 133, 112 <138 Rn. 67>). Als Vorwirkung der grundrechtlichen Garantie gerichtlichen Rechtsschutzes ergibt sich ferner die Notwendigkeit, gegen den Willen des Untergebrachten ergriffene Behandlungsmaßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise, der maßgeblichen Gründe und der Wirkungsüberwachung, zu dokumentieren (vgl. BVerfGE 128, 282 <313 f.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <138 f. Rn. 68>). Schließlich fordert Art. 2 Abs. 2 GG spezielle verfahrensmäßige Sicherungen gegen die besonderen situationsbedingten Grundrechtsgefährdungen, die sich ergeben, wenn über die Anordnung einer Zwangsbehandlung außerhalb akuter Notfälle allein die jeweilige Unterbringungseinrichtung entscheidet. Hierzu bedarf es einer vorausgehenden Prüfung der Maßnahme durch Dritte in gesicherter Unabhängigkeit von der Unterbringungseinrichtung (vgl. BVerfGE 128, 282 <315 ff.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <141 f. Rn. 71>).

34

cc) Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgen darüber hinaus materielle Anforderungen an die Rechtsgrundlage. Die Vorschrift muss den Zweck oder die Zwecke, die einen Eingriff rechtfertigen sollen, abschließend bestimmen (vgl. BVerfGE 133, 112 <137 Rn. 64>). Eine gesetzliche Grundlage zur Durchführung der Zwangsbehandlung muss ferner festlegen, dass eine solche nur durchgeführt werden darf, wenn sie im Hinblick auf das Behandlungsziel, das ihren Einsatz rechtfertigt, Erfolg verspricht (vgl. BVerfGE 128, 282 <309>). Überdies darf eine medizinische Zwangsbehandlung nur als letztes Mittel vorgesehen sein, wenn mildere Mittel nicht in Betracht kommen (vgl. BVerfGE 128, 282 <309> m.w.N.). Für eine medikamentöse Zwangsbehandlung zur Erreichung des Ziels, die Unterbringung möglichst bald zu beenden und so die persönliche Freiheit wiederzuerlangen, bedeutet dies erstens, dass eine weniger eingreifende Behandlung aussichtslos sein muss (vgl. BVerfGE 128, 282 <309>). Zweitens muss der Zwangsbehandlung, soweit der Betroffene gesprächsfähig ist, der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks unternommene Versuch vorausgegangen sein, seine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu erlangen (vgl. BVerfGE 128, 282 <309 f.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <139 Rn. 69>). Über die Erfordernisse der Geeignetheit und Erforderlichkeit hinaus ist Voraussetzung für die Rechtfertigung einer Zwangsbehandlung, dass sie für den Betroffenen nicht mit Belastungen verbunden ist, die außer Verhältnis zu dem erwartbaren Nutzen stehen. Die Angemessenheit ist nur gewahrt, wenn, unter Berücksichtigung der jeweiligen Wahrscheinlichkeiten, der zu erwartende Nutzen der Behandlung den möglichen Schaden der Nichtbehandlung überwiegt (vgl. BVerfGE 128, 282 <310 f.>). Im Hinblick auf die bestehenden Prognoseunsicherheiten und sonstigen methodischen Schwierigkeiten des hierfür erforderlichen Vergleichs trifft es die grundrechtlichen Anforderungen, wenn in medizinischen Fachkreisen ein deutlich feststellbares Überwiegen des Nutzens gefordert wird (BVerfGE 128, 282 <311> m.w.N.).

35

c) Diese - zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug entwickelten - Maßgaben sind auf die Zwangsbehandlung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung zu übertragen (vgl. BVerfGK 19, 286 <288> unter Bezugnahme auf BVerfGE 128, 282; zur Übertragbarkeit vgl. LG Darmstadt, Beschluss vom 19. Dezember 2011 - 5 T 646/11 -, juris, Rn. 39 ff.; LG Verden, Beschluss vom 3. Dezember 2012 - 1 T 163/12 -, juris, Rn. 10; LG Berlin, Urteil vom 28. Januar 2015 - 86 O 88/14 -, juris, Rn. 53 ff.; Olzen/Metzmacher, BtPrax 2011, S. 233 <235 f.>; Dodegge, NJW 2012, S. 3694 <3697>; Diener, Patientenverfügungen psychisch kranker Personen und fürsorglicher Zwang, 2013, S. 193 ff.; Henking/Mittag, JR 2013, S. 341 <342>; Henking/Mittag, BtPrax 2014, S. 115 f.; Budde, in: Keidel, FamFG, 19. Auflage 2017, § 312 Rn. 9). Ihre Übertragbarkeit auf die öffentlich-rechtliche Unterbringung ist bereits in früheren Entscheidungen des Senats zur medizinischen Zwangsbehandlung angelegt. Die Beschlüsse zur Zwangsbehandlung in Baden-Württemberg (BVerfGE 129, 269) und in Sachsen (BVerfGE 133, 112) sind zwar im Hinblick auf im Maßregelvollzug Untergebrachte ergangen, der Anwendungsbereich der für verfassungswidrig erklärten Gesetze betraf jedoch sowohl Personen in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung als auch solche im Maßregelvollzug (vgl. den mittlerweile außer Kraft getretenen § 15 Abs. 1 des baden-württembergischen Gesetzes über die Unterbringung psychisch Kranker (UBG BW) vom 2. Dezember 1991, GBl S. 794, zuletzt geändert durch Art. 9 des Vierten Gesetzes zur Bereinigung des baden-württembergischen Landesrechts vom 4. Mai 2009, GBl S. 195, 199, BVerfGE 129, 269 <271>; vgl. ferner § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 38 Abs. 1 Satz 2 des sächsischen Gesetzes über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten (SächsPsychKG) vom 10. Oktober 2007, SächsGVBl S. 422, BVerfGE 133, 112 <114>). Für die Übertragbarkeit dieser Maßgaben auf die medizinische Zwangsbehandlung in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung fällt entscheidend ins Gewicht, dass es im Hinblick auf den Umfang des Grundrechtsschutzes keinen Unterschied macht, auf welcher Rechtsgrundlage sich der Betroffene in der Unterbringung befindet. Der Schutzstandard für die Zwangsbehandlung muss in allen Fällen gleich hoch sein (vgl. bereits zur Übertragung der zum Maßregelvollzug entwickelten Maßstäbe auf eine Zwangsbehandlung im Rahmen der betreuungsrechtlichen Unterbringung BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2012 - XII ZB 99/12 -, BGHZ 193, 337 <346 Rn. 25 ff.> sowie XII ZB 130/12, juris, Rn. 28 ff.; vgl. ferner BVerfGE 142, 313 <343 f.>). Die Auffassung, dass die Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht für die Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug entwickelt hat, auf die Zwangsbehandlung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung zu übertragen sind, findet sich im Übrigen auch in den Gesetzgebungsmaterialien zu der Überarbeitung der Landesgesetze über die öffentlich-rechtliche Unterbringung. Die Gesetzentwürfe verweisen stets auf die Notwendigkeit einer Neuregelung, weil Anpassungsbedarf im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zwangsbehandlung bestehe. Dies gilt auch dann, wenn der Maßregelvollzug und die öffentlich-rechtliche Unterbringung in verschiedenen Gesetzen geregelt werden (vgl. etwa die Gesetzentwürfe für Nordrhein-Westfalen LTDrucks 16/12068, S. 27, 30 ff. oder für Hessen LTDrucks 19/3744, S. 1, 26).

36

3. Nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäben verletzt die angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts die Beschwerdeführerin bereits deshalb in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, weil es für die Zwangsbehandlung der Beschwerdeführerin, die durch das Gericht als rechtmäßig bestätigt wurde, an einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage fehlt. § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V ist mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbar und nichtig.

37

a) § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V wird den sich aus den Grundrechten ergebenden Anforderungen in Bezug auf das Verfahren der Behörden und Gerichte nicht gerecht, auf deren Einhaltung der in einer geschlossenen Einrichtung Untergebrachte, der einer Zwangsbehandlung unterzogen werden soll, jedoch in besonders hohem Maße angewiesen ist (vgl. BVerfGE 128, 282 <311>).

38

aa) Anders als es etwa § 22 Abs. 3 Satz 1 PsychKG M-V für die Anordnung und Überwachung besonderer Sicherungsmaßnahmen vorsieht, enthält die angegriffene Norm entgegen der verfassungsrechtlichen Vorgabe (vgl. BVerfGE 128, 282 <313>; 129, 269 <283>; 133, 112 <138 Rn. 67>) keine Regelung dazu, dass die Anordnung und Überwachung der medizinischen Zwangsbehandlung durch einen Arzt erfolgen muss.

39

bb) Die Vorschrift erfüllt zudem die sich aus dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebende verfahrensmäßige Vorgabe nicht, dass dem Eingriff eine von der Unterbringungseinrichtung unabhängige Prüfung vorausgehen muss (vgl. BVerfGE 128, 282 <315 ff.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <141 Rn. 71>). Nicht ausreichend ist der Schutz, den die Besuchskommission bieten kann, die nach § 31 Abs. 1 Satz 1 PsychKG M-V jedenfalls einmal jährlich die Einrichtungen besucht und kontrolliert. Zwar hat sie den gesetzlichen Auftrag, die Einhaltung der Patientenrechte zu überprüfen, sie untersucht aber nicht im Vorfeld jeder Zwangsbehandlung deren Rechtmäßigkeit, sondern kann in der Regel lediglich im Nachhinein über durchgeführte Zwangsbehandlungen an den Landtag berichten. Ferner verfügt die Kommission nicht über die Kompetenz, eine anstehende Zwangsbehandlung zu verhindern.

40

b) § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V erfüllt auch die aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit resultierenden materiellen Anforderungen an eine medizinische Zwangsbehandlung nicht.

41

aa) Zum einen fehlt es an der abschließenden Bestimmung des Zwecks oder der Zwecke, die den Eingriff rechtfertigen sollen, und damit an der Ausscheidung von Zwecken, die einen Eingriff prinzipiell nicht zu rechtfertigen geeignet sind (vgl. BVerfGE 133, 112 <137 Rn. 64>). Aus § 12 PsychKG M-V ergeben sich lediglich die Ziele, welche zur Rechtfertigung der Unterbringung selbst geeignet sind. Ob diese Zielvorgaben auf die Zwangsbehandlung zu übertragen beziehungsweise ob sie abschließend sind, lässt sich dem Gesetz jedoch nicht entnehmen.

42

bb) Zum anderen ist dem Erfordernis, die weiteren aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abzuleitenden Anforderungen einer Zwangsbehandlung gesetzlich zu konkretisieren, nicht genügt worden. Voraussetzung der Zulässigkeit für nicht unter § 23 Abs. 3 PsychKG M-V fallende Maßnahmen der Zwangsbehandlung (Behandlungen, die die Persönlichkeit des Betroffenen dauerhaft in ihrem Kernbereich ändern würden) ist nach § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V allein, dass sie nicht mit erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit des Betroffenen verbunden sind. Auch § 21 Satz 2 PsychKG M-V, der bestimmt, dass dem Betroffenen nur solche Beschränkungen auferlegt werden dürfen, die im Hinblick auf den Zweck der Unterbringung oder zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Einrichtung oder zum Schutz anderer Betroffener unerlässlich sind, stellt keine hinreichende gesetzliche Grundlage dar. Diese Vorgabe benennt zwar Aspekte der Verhältnismäßigkeit, legt aber keine ausreichend spezifischen Voraussetzungen für die Zwangsbehandlung fest und ist damit zu allgemein gehalten, um eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Schranke bilden zu können. Es fehlt insbesondere an einer angemessenen Regelung des - unabhängig von der Einsichts- und Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen bestehenden - Erfordernisses des vorherigen Bemühens um eine auf Vertrauen gegründete, im Rechtssinne freiwillige Zustimmung (vgl. BVerfGE 128, 282 <309 f.>; 129, 269 <283>; 133, 112 <139 Rn. 69>). Das Psychischkrankengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern in der hier einschlägigen Fassung enthält lediglich Vorgaben zur Information des Patienten über die beabsichtigte Vorgehensweise bei der Behandlung. § 23 Abs. 1 Satz 5 PsychKG M-V bestimmt, dass der Behandlungsplan mit dem Betroffenen erörtert werden soll. Auch § 44 Abs. 1 Satz 1, 2 PsychKG M-V verlangt lediglich in allgemeiner Form eine Erläuterung von Entscheidungen und Anordnungen im Rahmen der Unterbringung.

43

4. Die Frage, ob § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 PsychKG M-V, der eine sofortige Zwangsbehandlung zur Verhinderung einer erheblichen und unmittelbaren Gefahr für Leben oder Gesundheit der kranken Person oder Dritter betrifft, verfassungsgemäß ist, braucht für die hier vorliegende Konstellation nicht entschieden zu werden, weil der angegriffene Beschluss nicht auf diese Alternative gestützt ist.

44

5. Angesichts der Mängel der gesetzlichen Eingriffsgrundlage kann ferner offen bleiben, ob die amtsgerichtliche Entscheidung den verfassungsrechtlichen Anforderungen noch in weiterer Hinsicht nicht genügt. Festzuhalten ist jedoch, dass es zunächst Sache der Fachgerichte ist, auf Anträge von Untergebrachten hin, die sich gegen eine Zwangsbehandlung richten, auch die Vereinbarkeit der jeweils herangezogenen landesrechtlichen Rechtsgrundlagen mit dem Grundgesetz zu prüfen, gegebenenfalls vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren und bei negativem Ausgang der Prüfung die Sache im Verfahren der konkreten Normenkontrolle dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen (vgl. BVerfGK 19, 286 <287> m.w.N.). Die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage kann von den Fachgerichten überdies von Amts wegen - unabhängig von einer entsprechenden Rüge des jeweiligen Klägers - zu prüfen sein (vgl. BVerfGE 129, 269 <279>; BVerfGK 19, 286 <287> m.w.N.). Zwar kann von den Fachgerichten nicht verlangt werden, rügeunabhängig oder unabhängig von näherer Substantiierung ein Gesetz ins Blaue hinein auf nicht offen zutage tretende verfassungsrechtliche Fehler zu prüfen (vgl. BVerfGK 19, 286 <287 f.> m.w.N.). Nachdem durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die wesentlichen Anforderungen an die gesetzlichen Grundlagen einer Zwangsbehandlung jedoch geklärt sind (vgl. BVerfGE 128, 282; 129, 269; 133, 112), muss von den Fachgerichten aber erwartet werden, dass sie diese bei Entscheidungen, die die Zwangsbehandlung von Untergebrachten betreffen, von Amts wegen im Auge behalten und entsprechend verfahren (vgl. BVerfGK 19, 286 <288>). Dies gilt insbesondere deshalb, weil auch sechs Jahre nach der ersten Entscheidung des Zweiten Senats zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug (vgl. BVerfGE 128, 282) noch nicht alle Länder die Eingriffsgrundlage für die medizinische Zwangsbehandlung in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst haben.

C. - I.

45

Die Verfassungswidrigkeit der Regelung in § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V führt zur nachträglichen Feststellung der Nichtigkeit dieses Teils der Vorschrift. § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 PsychKG M-V stellt mit Blick auf § 23 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 einen abtrennbaren Teil der Vorschrift dar, dem eine unabhängige, selbstständige Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 112, 255; 128, 282 <321> m.w.N.). Über die Verfassungsmäßigkeit der novellierten Vorschrift (§ 26 PsychKG M-V n.F.) war hier nicht zu befinden.

II.

46

Die angegriffene Gerichtsentscheidung, die die Beschwerdeführerin mangels ausreichender gesetzlicher Grundlage in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt, ist aufzuheben (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Wegen der Besonderheit des Falles wird von einer Zurückverweisung abgesehen, weil für eine Entscheidung des Fachgerichts kein Spielraum mehr verbleibt. Das Amtsgericht könnte somit die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur wiederholen (vgl. BVerfGE 35, 202 <244>; 79, 69 <79>).

III.

47

Die Anordnung der Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Vollzug einer Unterbringungsmaßnahme nach § 312 Nummer 4 kann der Betroffene eine Entscheidung des Gerichts beantragen. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlass einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene geltend macht, durch die Maßnahme, ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung anordnen.

(4) Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.

(2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft. Das gilt auch in den Fällen des § 13 Nr. 8a, wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Soweit ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die Entscheidungsformel in den Fällen des § 13 Nr. 12 und 14.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.