Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2012 - XII ZB 474/11

bei uns veröffentlicht am22.08.2012
vorgehend
Landgericht Duisburg, 12 T 148/11, 29.08.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 474/11
vom
22. August 2012
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Abs. 1
Der Verfahrenspfleger kann für den Betreuten nicht die Einrede der Verjährung
erheben.
BGH, Beschluss vom 22. August 2012 - XII ZB 474/11 - LG Duisburg
AG Duisburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. August 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling,
Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 29. August 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 4.418 €

Gründe:

I.

1
Der Beteiligte zu 2 wendet sich als Verfahrenspfleger gegen die Festsetzung von Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüchen gegen den Betreuten aus der Zeit bis einschließlich 2007.
2
In der Zeit vom 14. Januar 2003 bis zum 31. März 2011 wurden an die Betreuerin des Betroffenen Vergütung und Aufwendungsersatz in Höhe von insgesamt 13.967,45 € aus der Landeskasse gezahlt.
3
Mit Beschluss vom 21. Juli 2011 hat das Amtsgericht die Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 9.962,45 € gemäß §§ 1908 i, 1836 e BGB aus dem Vermögen des Betreuten angeordnet. Die Beschwerde des Verfahrenspflegers, die dieser damit begründet hat, dass der über 5.544 € hinausgehende geltend gemachte Betrag von 4.418,45 € für die Zeit bis zum 31. Dezember 2007 verjährt sei, hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Verfahrenspfleger mit seiner vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
5
1. Nach § 70 FamFG ist die Rechtsbeschwerde statthaft, weil das Landgericht sie zugelassen hat; der Senat ist gemäß § 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG an die Zulassung gebunden. Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
7
a) Das Beschwerdegericht vertritt die Auffassung, der Rückforderungsanspruch bis einschließlich 2007 sei nicht verjährt. Zwar unterlägen die Regressforderungen nur noch der dreijährigen Regelverjährung. Doch sei insoweit die Übergangsvorschrift in Art. 229 § 23 Abs. 2 EGBGB zu beachten. Danach beginne die dreijährige Verjährungsfrist erst am 1. Januar 2010.
8
b) Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
9
Wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Beschlüssen vom 25. Januar 2012 entschieden hat, verjähren die - gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangenen - Vergütungs - bzw. Aufwendungsersatzansprüche des Betreuers aus § 1908 i Abs. 1 Satz 1 iVm §§ 1835, 1836 BGB in drei Jahren. Zugleich hat der Senat entschieden , dass die Mittellosigkeit des Betreuten im Sinne von § 1836 d BGB dem Verjährungsbeginn nicht entgegensteht und nicht zu einer Hemmung der Verjährung nach § 205 BGB führt. Schließlich findet die Übergangsregelung des Art. 229 § 23 EGBGB auf den Regressanspruch aus § 1836 e BGB keine Anwendung. Wegen der Begründung wird auf die Senatsbeschlüsse vom 25. Januar 2012 verwiesen (XII ZB 461/11 - FamRZ 2012, 627 und XII ZB 605/10 - BtPrax 2012, 118; zu dem auf die Staatskasse übergegangenen Aufwandsentschädigungsanspruch siehe Senatsbeschluss vom 25. Januar 2012 - XII ZB 497/11 - FamRZ 2012, 629 [Leitsatz]).
10
3. Der Senat kann allerdings nicht gemäß § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG in der Sache abschließend entscheiden, weil die vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht den von ihm - ersichtlich gezogenen - Schluss zu rechtfertigen vermögen, wonach von einer wirksamen Erhebung der Verjährungseinrede auszugehen ist.
11
a) Der Verfahrenspfleger kann entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts für den Betreuten die Einrede der Verjährung nicht erheben.
12
aa) Gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat das Gericht dem Betreuten einen Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betreuten erforderlich ist. Die vorrangige Aufgabe des Verfahrenspflegers besteht darin, gegenüber dem Gericht den Willen des Betreuten kundzutun und dessen aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Anspruch auf rechtliches Gehör zu verwirklichen (BT-Drucks. 15/2494 S. 41). Aus dieser Aufgabenstellung folgt, dass ein Verfahrenspfleger vor allem dann zu bestellen ist, wenn der Betreute nicht mehr in der Lage ist, seinen Willen kundzutun bzw. einen freien Willen überhaupt noch zu bilden (Senatsbeschluss vom 29. Juni 2011 - XII ZB 199/11 - FamRZ 2011, 1577 Rn. 7 f. mwN).
13
Wie seine Bezeichnung in § 276 FamFG zu erkennen gibt, hat der Verfahrenspfleger die rechtlichen Interessen des Betreuten im Verfahren wahrzunehmen bzw. zur Geltung zu bringen. Anders als der Betreuer in den jeweiligen Aufgabenkreisen gemäß § 1902 BGB ist er jedoch nicht (gesetzlicher) Vertreter des Betreuten (Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 276 Rn. 27; MünchKommZPO/ Schmidt-Recla 3. Aufl. § 276 FamFG Rn. 3; Haußleiter/Heidebach FamFG § 276 Rn. 1; Hahne/Munzig/Bohnert BeckOK FamFG § 276 Rn. 8).
14
bb) Bei der Einrede der Verjährung handelt es sich um eine Einrede im materiellen Sinne (Wernecke JA 2004, 331; MünchKommBGB/Grothe 6. Aufl. § 214 Rn. 4). Sie ändert die materielle Rechtslage und weist damit einen rechtsgeschäftsähnlichen Charakter auf (BGHZ 184, 128 = FamRZ 2010, 887 Rn. 29 mwN; s. auch MünchKommBGB/Grothe 6. Aufl. § 214 Rn. 4; Peters/ Jacoby in Staudinger BGB [2009] § 214 Rn. 6). Deshalb kann die Einrede grundsätzlich nur der Schuldner bzw. sein gesetzlicher Vertreter erheben (vgl. BGHZ 131, 376 = NJW 1996, 1060, 1061).
15
cc) Dem steht nicht etwa der Umstand entgegen, dass auch der Streithelfer im Zivilprozess gemäß §§ 66, 67 ZPO für die Hauptpartei die Einrede der Verjährung erheben kann (s. dazu BGH Urteil vom 23. Oktober 1984 - III ZR 230/82 - VersR 1985, 80 f.; MünchKommZPO/Schultes 3. Aufl. § 67 Rn. 5; Musielak/Weth ZPO 9. Aufl. § 67 Rn. 6). Denn die Besonderheit beim Streithelfer besteht darin, dass er durch die zu treffende Entscheidung in seiner eigenen Rechtsstellung betroffen wird und der Gesetzgeber ihm deshalb in § 67 ZPO ausdrücklich die Befugnis eingeräumt hat, Angriffs- und Verteidigungsmittel , damit also auch materielle Einreden für die Hauptpartei geltend zu machen (MünchKommZPO/Schultes 3. Aufl. § 67 Rn. 5; Musielak/Weth ZPO 9. Aufl. § 67 Rn. 6). Aus den gleichen Gründen kann auch der Bürge nach § 768 BGB die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen.
16
b) Feststellungen dazu, ob die Betreuerin des Betroffenen als seine gesetzliche Vertreterin für ihn die Einrede der Verjährung erhoben hat, finden sich in der angegriffenen Entscheidung indessen nicht. Zwar darf das Gericht nicht ohne weiteres auf die Geltendmachung der Verjährungseinrede hinwirken (s. BGHZ 156, 269 = NJW 2004, 164). Nachdem sich aber der Verfahrenspfleger - wenn auch in nicht wirksamer Weise - bereits zugunsten des Betroffenen auf die Einrede der Verjährung berufen hat, hätte das Gericht weitere Feststellungen zur wirksamen Erhebung der Verjährungseinrede (etwa durch die Betreuerin ) treffen müssen.
Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Duisburg, Entscheidung vom 21.07.2011 - 13 XVII K 1268 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 29.08.2011 - 12 T 148/11 -

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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

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(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten. (2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Re

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(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet. (2) Der Bürge verliert eine Einred

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Der Nebenintervenient muss den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der er sich zur Zeit seines Beitritts befindet; er ist berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, insoweit nicht

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 168 Auswahl des Vormunds


(1) Hat das Gericht einen Vormund zu bestellen, so soll es bei der Auswahl auch nahestehende Familienangehörige sowie Personen des Vertrauens des betroffenen Kindes anhören, wenn dies ohne erhebliche Verzögerungen möglich ist. (2) Vor der Bestell

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Die Verjährung ist gehemmt, solange der Schuldner auf Grund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist.

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(1) Das Gericht setzt auf Antrag des Betreuers oder des Betroffenen oder nach eigenem Ermessen durch Beschluss fest:1.einen dem Betreuer zu zahlenden Vorschuss, den ihm zu leistenden Ersatz von Aufwendungen oder die Aufwandspauschale, soweit der Betr

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Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
von der persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 278 Abs. 4 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 abgesehen werden soll oder
2.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gegen den erklärten Willen des Betroffenen erfolgen soll.

(2) Von der Bestellung kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 abgesehen werden, wenn ein Interesse des Betroffenen an der Bestellung des Verfahrenspflegers offensichtlich nicht besteht. Die Nichtbestellung ist zu begründen.

(3) Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen.

(4) Als Verfahrenspfleger ist eine natürliche Person zu bestellen. Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist.

(5) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden.

(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.

(7) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(8) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

Die Verjährung ist gehemmt, solange der Schuldner auf Grund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 461/11
vom
25. Januar 2012
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die - gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangenen
- Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche des Betreuers
aus § 1908 i Abs. 1 Satz 1 iVm §§ 1835, 1836 BGB verjähren in drei Jahren

b) Die Mittellosigkeit des Betreuten im Sinne von § 1836 d BGB steht dem
Verjährungsbeginn nicht entgegen und führt nicht zu einer Hemmung der
Verjährung nach § 205 BGB.

c) Die Übergangsregelung des Art. 229 § 23 EGBGB findet auf den Regressanspruch
aus § 1836 e BGB keine Anwendung.
BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - XII ZB 461/11 - LG Mönchengladbach
AG Mönchengladbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2012 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die
Richter Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 19. Juli 2011 wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Rechtsbeschwerdeführer auferlegt (§ 84 FamFG). Beschwerdewert: bis 10.000 €.

Gründe:

I.

1
Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt das Land die Erstattung der von ihm seit 2001 an die Betreuerin der damals mittellosen Betroffenen erbrachten Vergütungen nebst Auslagen.
2
Nachdem die Betroffene infolge eines Erbfalls ein Vermögen von rund 90.000 € erworben hatte, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 22. März 2011 die von der Betroffenen an die Landeskasse in Bezug auf die Jahre 2001 bis 2010 zu erstattenden Kosten auf 16.077,61 € festgesetzt. Auf die Beschwerde der Betroffenen, mit der sie sich unter anderem auf Verjährung berufen hat, hat das Landgericht den angefochtenen Beschluss dahin abgeändert , dass die Betroffene eine Vergütung von 5.544 € zu erstatten hat.
3
Hiergegen wendet sich das Land mit seiner vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die auf den Rechtsbeschwerdeführer übergegangenen Ansprüche für die Zeit bis einschließlich 2007 verjährt sind.
5
1. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, bis Ende des Jahres 2009 habe § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB die Regelung enthalten, dass der übergegangene Anspruch in zehn Jahren vom Ablauf des Jahres an, in dem die Vergütung gezahlt werde, erlösche. Nach dieser Vorschrift hätte vorliegend ein Betrag von 15.249,07 € zurückgefordert werden können.
6
Die Regelung sei jedoch ersatzlos abgeschafft worden. Die Zehnjahresfrist gelte auch nicht für eine Übergangsfrist fort. Art. 229 § 23 EGBGB sei insoweit nicht anwendbar. Denn § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF habe keine Verjährungsfrist enthalten, sondern nur ein "Erlöschen" des Anspruchs geregelt, was zu einer Überlagerung der Verjährungsvorschriften geführt habe. Mit der ersatzlosen Abschaffung dieser Erlöschensfrist verjähre der Anspruch nach § 1836 e BGB nach allgemeinen Regeln. Demgegenüber bezögen sich die Übergangsvorschriften des Art. 229 § 23 EGBGB ausschließlich auf die geänderte Verjährung; eine Übergangsregelung für § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF sei nicht beschlossen worden.
7
Nach den allgemeinen Verjährungsregelungen der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB seien aber Ansprüche betreffend die Jahre 2001 bis 2007 verjährt. Der Anspruch entstehe mit der Zahlung der Staatskasse, wobei diese in dem Moment auch über die erforderlichen Kenntnisse verfüge. Verjährung trete entsprechend drei Jahre ab dem Schluss des Jahres ein, in dem gezahlt worden sei. Vorliegend sei die Rückforderung im Jahr 2011 erfolgt. Zurückgefordert werden könnten zu diesem Zeitpunkt die noch nicht verjährten Forderungen hinsichtlich der ab dem Jahr 2008 geleisteten Zahlungen. Diese machten zusammengenommen 5.544 € aus.
8
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
9
Zutreffend hat das Beschwerdegericht maßgeblich darauf abgestellt, dass die gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüche für den Zeitraum bis einschließlich 2007 verjährt sind. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es - wegen der bereits eingetretenen Verjährung - nicht mehr auf die mittlerweile gestrichene Ausschlussfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF an.
10
a) Gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB gehen Ansprüche des Vormundes oder Gegenvormundes gegen den Mündel auf die Staatskasse über, soweit diese den Vormund oder Gegenvormund befriedigt. Nach § 1908 i Abs. 1 BGB findet die vorgenannte Vorschrift auch im Betreuungsverfahren Anwendung. § 1836 e BGB ist mit dem Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts sowie weiterer Vorschriften (Betreuungsrechtsänderungsgesetz - BtÄndG - vom 25. Juni 1998, BGBl. I S. 1580 ff., 1582) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden und am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 5 Abs. 2 BtÄndG). Ausweislich § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF erlosch der übergegangene An- spruch in zehn Jahren vom Ablauf des Jahres an, in dem die Staatskasse die Aufwendungen oder die Vergütung bezahlt hat. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber den gegen den Mündel bestehenden Regressanspruch zusätzlich begrenzen und zugleich die Justizkasse von der Verwaltung solcher (Alt-) Forderungen entlasten (BR-Drucks. 960/96, S. 32). Dabei ist der Gesetzgeber hinsichtlich der übergegangenen Ansprüche ersichtlich von einer 30-jährigen Regelverjährung gemäß § 195 BGB aF ausgegangen (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2009 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts - BT-Drucks. 16/13543 S. 11). Ob § 195 BGB aF tatsächlich einschlägig war, war allerdings umstritten (zum Meinungsstand NK-BGB/Fritsche 2. Aufl. § 1836 Rn. 15 iVm § 1835 Rn. 11 mwN). Die Erlöschensfrist von zehn Jahren bezweckte den Vorstellungen des Gesetzgebers zufolge mithin die zeitliche Begrenzung des Rückgriffsanspruchs zugunsten des Anspruchsschuldners (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2009 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts - BT-Drucks. 16/13543 S. 11).
11
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) ist § 195 BGB allerdings mit Wirkung zum 1. Januar 2002 dahin geändert worden, dass die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre beträgt. Zwar sah § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung vor, dass familien- und erbrechtliche Ansprüche (weiterhin) in 30 Jahren verjähren. Diese Norm erfasste jedoch nicht die im Betreuungsrecht geregelten Vergütungs-, Aufwendungsersatz- bzw. Aufwandsentschädigungsansprüche (MünchKommBGB/Grothe 5. Aufl. § 197 Rn. 9 und Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2009] § 197 Rn. 22). Ersichtlich hat der Gesetzgeber nicht erkannt, dass die Erlöschensfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB - jedenfalls spätestens - mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Moder- nisierung des Schuldrechts nicht mehr erforderlich war, wie sich auch aus den Ausführungen des Rechtsausschusses anlässlich des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts ergibt. Danach ist er - irrtümlich - davon ausgegangen, dass die 30-jährige Regelverjährung hinsichtlich des Regressanspruchs nach wie vor galt (vgl. BT-Drucks. 16/13543 S. 11). Dies dürfte der Grund dafür gewesen sein, dass der Gesetzgeber an der Ausschlussfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB seinerzeit nichts geändert hat. Nach alledem galt ab 2002 für die hier im Streit stehenden Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (Keidel/Engelhardt FamFG 17. Aufl. § 168 Rn. 19; NK-BGB/Fritsche 2. Aufl. § 1835 Rn. 11 iVm § 1836 Rn. 15).
12
Für die vor 2002 entstandenen Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche gilt Entsprechendes. Soweit sie mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts im Jahr 2002 noch nicht verjährt waren, ist Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB anwendbar, so dass ab diesem Zeitpunkt allenfalls die dreijährige Verjährungsfrist zu laufen begann.
13
b) Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen gilt für die hier im Streit stehenden Vergütungsansprüche folgendes:
14
aa) Sowohl nach dem bis zum Jahr 2002 geltenden Verjährungsrecht als auch nach dem dann folgenden Verjährungsrecht setzt der Beginn der Verjährungsfrist voraus, dass der Anspruch entstanden (§ 198 Satz 1 BGB aF bzw. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und fällig geworden ist (zum alten Recht: Palandt/ Heinrichs BGB 60. Aufl. § 198 Rn. 1; zum neuen Recht: Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 199 Rn. 3).
15
Der Vergütungsanspruch des Betreuers entsteht mit der Ausübung seiner jeweiligen Amtstätigkeit (BayObLG FamRZ 1996, 372, 373; MünchKomm- BGB/Wagenitz 5. Aufl. § 1836 Rn. 43; vgl. auch Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. Anh. zu § 1836 BGB § 1 VBVG Rn. 11). Mit ihr hat der Betreuer zugleich von den - den Anspruch begründenden - Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt. Fälligkeit des Anspruchs tritt regelmäßig in dem Moment ein, in dem dem Betreuer eine zusammenfassende Abrechnung innerhalb eines angemessenen Zeitraums möglich und zumutbar ist (BayObLG FamRZ 2000, 1455, 1456); einen Anhaltspunkt hierfür gibt seit Einführung des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) § 9 VBVG, der Abrechnungszeiträume von drei Monaten vorgibt. Spätestens aber tritt die Fälligkeit mit Bewilligung der Vergütung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 VBVG ein (MünchKommBGB /Wagenitz 5. Aufl. § 1836 Rn. 43).
16
Der Aufwendungsersatzanspruch, den der Betreuer gemäß § 1835 BGB bis zum Inkrafttreten des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes zum 1. Juli 2005 neben dem Vergütungsanspruch geltend machen konnte (s. nunmehr § 4 Abs. 2 Satz 1 VBVG), entsteht mit der Vornahme der entsprechenden Handlung (NK-BGB/Fritsche 2. Aufl. § 1835 Rn. 10; vgl. auch Palandt/ Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1835 Rn. 15) und wird damit regelmäßig auch zu diesem Zeitpunkt fällig.
17
Dass der Betreute ursprünglich mittellos im Sinne von § 1836 d BGB war, steht dem Entstehen des Anspruchs im Sinne des § 198 BGB aF bzw. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht entgegen. Denn wäre die Leistungsfähigkeit des Betreuten Voraussetzung für das Entstehen des Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzanspruches - etwa wie im Falle eines Unterhaltsanspruchs - wäre ein solcher bei Mittellosigkeit erst gar nicht entstanden und hätte demgemäß auch nicht auf die Staatskasse gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB übergehen können. "Mittellosigkeit" im Sinne von § 1836 d BGB ist vielmehr dahin zu verstehen , dass es dem Betreuten sozialrechtlich nicht zugemutet werden soll, für die Kosten der Betreuung aufzukommen, wenn dadurch seine eigene angemessene Lebensgestaltung in Frage gestellt würde (Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1836 d Rn. 1); deshalb hat der Staat im Falle der Mittellosigkeit in die Haftung einzutreten (vgl. §§ 1835 Abs. 4 Satz 1 BGB, 1836 a BGB aF und § 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG).
18
Dass der entstandene Anspruch mit Leistungserbringung seitens der Staatskasse auf diese gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB im Wege der cessio legis übergeht, die Staatskasse den Regressanspruch gegenüber dem Betreuten wegen dessen Mittellosigkeit aber nicht durchsetzen kann (vgl. BayObLG FamRZ 2000, 562, 563), lässt den bereits eingetretenen Beginn der Verjährung unberührt. Die Staatskasse tritt insoweit als Zessionar lediglich in die Gläubigerstellung des Betreuers ein (vgl. dazu § 412 iVm §§ 399 bis 404, 406 bis 410 BGB).
19
bb) Die Verjährung der vor 2008 entstandenen Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche ist auch nicht gehemmt.
20
(1) Zwar war die Verjährung dieser Ansprüche ursprünglich gemäß § 204 BGB aF (s. dazu Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. [2001] § 204 Rn. 4) bzw. nach § 207 Abs. 1 Nr. 4 BGB gehemmt. Diese Norm regelt ausdrücklich, dass die Verjährung von Ansprüchen zwischen Betreutem und Betreuer während der Dauer des Betreuungsverhältnisses gehemmt ist. Der mit der Befriedigung des Betreuers durch die Staatskasse einhergehende Forderungsübergang lässt die Hemmung indes entfallen (Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 207 Rn. 1; s. auch Erman/Saar BGB 13. Aufl. § 1836 e Rn. 3).
21
(2) Ebenso wenig führt der Umstand, dass die Staatskasse wegen der Mittellosigkeit den Betreuten bislang nicht in Regress nehmen konnte, zu einer über den Jahreswechsel 2001/2002 hinausgehenden Hemmung der Verjährung.
22
Zwar ist nach dem bis zum Jahre 2002 geltenden Verjährungsrecht die Verjährung gehemmt gewesen, solange der Verpflichtete vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt war (§ 202 Abs. 1 BGB aF). Vorliegend konnte sich der Betreute - wie oben bereits ausgeführt - gegenüber dem Regressanspruch der Staatskasse auf Mittellosigkeit im Rahmen des § 1836 d BGB berufen. Von daher war die Verjährung nach dem bis zum Jahr 2002 geltenden Verjährungsrecht gehemmt.
23
Allerdings sieht das seit 2002 mit Einführung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts geänderte Verjährungsrecht eine solche Hemmung nicht mehr vor. Nach § 205 BGB ist die Verjährung nur gehemmt, solange der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist. An einer solchen Vereinbarung fehlt es hier. Andere rechtliche Hindernisse, die der Geltendmachung des Anspruchs vorübergehend entgegenstehen, begründen - anders als nach früherem Recht - grundsätzlich keine Hemmung (Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 205 Rn. 3; Lakkis in juris PK-BGB 5. Aufl. § 205 Rn. 20).
24
Soweit hier Ansprüche in Rede stehen, deren Verjährung bereits vor 2002 zu laufen begannen, die Verjährung somit gemäß § 202 Abs. 1 BGB aF gehemmt war, ist diese Hemmung gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB mit Wirkung ab 1. Januar 2002 entfallen (vgl. MünchKommBGB/Grothe 5. Aufl. Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 6).
25
cc) Entgegen einer verbreiteten Auffassung in der Rechtsprechung vermag die Anwendung des Art. 229 § 23 EGBGB an der somit eingetretenen Verjährung der Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche nichts zu ändern (so aber LG Schweinfurth BtPrax 2011, 135, 136; LG Würzburg BtPrax 2011, 135 und LG Kleve Beschluss vom 6. Juni 2011 - 4 T 86/11 - juris Rn. 7 ff.). Dies liegt darin begründet, dass die hier maßgeblichen Verjährungsvorschriften mit dem Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts vom 24. September 2009 (BGBl. I S. 3142), das zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist, nicht geändert worden sind. Zwar ist durch dieses Gesetz die Erlöschensfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF gestrichen worden. Diese war indes bereits mit der Änderung des Verjährungsrechts zum 1. Januar 2002 - wie oben bereits ausgeführt - mit der Umstellung auf die dreijährige Regelverjährung bedeutungslos geworden. Soweit vertreten wurde (vgl. Palandt/ Diederichsen BGB 68. Aufl. § 1836 e Rn. 4), dass die Verjährung durch die als lex specialis wirkende 10-Jahres-Frist verdrängt werde, finden sich hierfür weder im Gesetz noch in den Gesetzesmaterialien entsprechende Hinweise. Den Gesetzesmaterialien ist vielmehr zu entnehmen, dass es sich bei der gestrichenen Frist nicht um eine Verjährungsfrist, sondern um eine Präklusionsfrist handeln soll (Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechtes BT-Drucks. 16/8954 S. 30).
26
Aus Art. 229 § 23 Abs. 1 EGBGB ergibt sich dagegen, dass die Vorschriften des BGB über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und nicht verjährten Ansprüche anzuwenden sind. Dies ist hier für die bis einschließlich 2007 entstandenen Ansprüche nicht der Fall.
27
c) Der Betreute, der sich auf Verjährung berufen hat, hat demnach - wie vom Landgericht im Ergebnis zu Recht entschieden - aufgrund der im Jahr 2011 erfolgten gerichtlichen Festsetzung nur die ab 2008 entstandenen Vergütungsansprüche an die Staatskasse zurückzuzahlen. Denn die zeitlich davorliegenden Ansprüche wären gemäß § 195 iVm § 199 Abs. 1 BGB spätestens En- de 2010 verjährt. Von daher verbleibt es bei der - insoweit von der Rechtsbeschwerde auch nicht beanstandeten - Berechnung des Rückzahlungsanspruchs durch das Landgericht in Höhe von 5.544 € (4 x 462 € für das Jahr 2008, 4 x 462 € für das Jahr 2009 und 4 x 462 € für das Jahr 2010).
Hahne Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 22.03.2011 - 16 C XVII 5447 -
LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 19.07.2011 - 5 T 151/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 605/10
vom
25. Januar 2012
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die - gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangenen
- Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche des Betreuers aus
§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 iVm §§ 1835, 1836 BGB verjähren in drei Jahren,

b) Die Mittellosigkeit des Betreuten im Sinne von § 1836 d BGB steht dem Verjährungsbeginn
nicht entgegen und führt nicht zu einer Hemmung der Verjährung

c) Die Übergangsregelung des Art. 229 § 23 EGBGB findet auf den Regressanspruch
aus § 1836 e BGB keine Anwendung.
BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - XII ZB 605/10 - LG Augsburg
AG Augsburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Augsburg - 5. Zivilkammer - vom 7. Oktober 2010 wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Rechtsbeschwerdeführer auferlegt (§ 84 FamFG). Beschwerdewert: 6.555 €

Gründe:

I.

1
Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt der Freistaat Bayern die Erstattung der von ihm in den Jahren von 2000 bis 2010 an die Betreuerin der damals mittellosen Betroffenen bzw. den Betreuungsverein ausgezahlten Vergütungen nebst Auslagen in einer Gesamthöhe von 12.044,13 €.
2
Nachdem das Betreuungsgericht den Verkauf der Eigentumswohnung der Betroffenen zum Preis von 60.000 € genehmigt hatte, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 23. August 2010 den von der Betroffenen an die Staatskasse zu erstattenden Betrag auf 12.350,90 € festgesetzt. Auf die Beschwerden der Betreuerin und der Verfahrenspflegerin, mit denen sie sich unter anderem auf Verjährung berufen haben, hat das Landgericht den angefochtenen Be- schluss dahin abgeändert, dass der von der Betroffenen zu erstattende Betrag auf 5.789,16 € festgesetzt wird.
3
Hiergegen wendet sich der Freistaat Bayern mit seiner vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die auf den Rechtsbeschwerdeführer übergegangenen Ansprüche für die Zeit bis einschließlich 2006 verjährt sind.
5
1. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, das Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts habe die in § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF für den Rückgriffsanspruch der Staatskasse vorgesehene Erlöschensfrist von zehn Jahren als systemwidrig gestrichen, so dass die Regressforderung nur noch der dreijährigen Regelverjährung von § 195 BGB unterliege. Die Ausschlussfrist nach § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF habe als lex specialis die Verjährung verdrängt. Nachdem dieser Verdrängungseffekt mit Streichung der Ausschlussfrist nicht mehr wirke, gelte Art. 229 § 23 EGBGB unmittelbar auch für die Ansprüche, deren Verjährung verdrängt gewesen sei.
6
Es sei zwar nicht richtig, dass die Erlöschensfrist von zehn Jahren die zeitliche Begrenzung des Rückgriffsanspruchs bezweckt habe, da Ansprüche eines Betreuers auf Vergütung gegenüber dem Betreuten nicht der dreißigjährigen Regelverjährung unterlegen hätten. Die Vergütungsansprüche hätten der kurzen Verjährung von zwei Jahren bzw. nach dem 1. Januar 2002 nach dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren unterlegen. Aus dem Zusammenhang des Regierungsentwurfs und der Begründung des Rechtsausschusses müsse aber für die vorliegende Frage geschlossen werden, dass der Gesetzgeber grundsätzlich gewollt habe, dass übergegangene Forderungen, die bereits am 1. Januar 2010 verjährt gewesen seien, nicht mehr geltend gemacht werden sollten. Es sei der Wille des Gesetzgebers gewesen, dass Ansprüche, die ohne die Ausschlussfrist verjährt gewesen wären, auf Einrede nicht mehr gegen die Betreuten geltend gemacht werden könnten. Die Ansprüche seien bei Forderungsübergang als Ansprüche übergegangen, die der Verjährung unterlägen. Die Verjährungsfrist betrage drei Jahre.
7
Die Staatskasse könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Verjährung nach § 207 Abs. 1 Nr. 4 BGB gehemmt gewesen sei. Die Hemmung ende nämlich, wenn ein Anspruch, der unter diese Vorschrift fiele, an einen Dritten abgetreten werde oder kraft Gesetzes auf ihn übergehe.
8
Die Verjährung sei von der Betreuerin und der Verfahrenspflegerin schlüssig geltend gemacht worden. Damit ergebe sich, dass der Anspruch der Staatskasse nur in Höhe von 5.789,16 € bestehe.
9
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
10
Zutreffend hat das Beschwerdegericht maßgeblich darauf abgestellt, dass die gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüche für den Zeitraum bis einschließlich 2006 verjährt sind. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es - wegen der bereits eingetretenen Verjährung - nicht mehr auf die mittlerweile gestrichene Ausschlussfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF an.
11
a) Gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB gehen Ansprüche des Vormundes oder Gegenvormundes gegen den Mündel auf die Staatskasse über, soweit diese den Vormund oder Gegenvormund befriedigt. Nach § 1908 i Abs. 1 BGB findet die vorgenannte Vorschrift auch im Betreuungsverfahren Anwendung. § 1836 e BGB ist mit dem Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts sowie weiterer Vorschriften (Betreuungsrechtsänderungsgesetz - BtÄndG - vom 25. Juni 1998, BGBl. I S. 1580 ff., 1582) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden und am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 5 Abs. 2 BtÄndG). Ausweislich § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF erlosch der übergegangene Anspruch in zehn Jahren vom Ablauf des Jahres an, in dem die Staatskasse die Aufwendungen oder die Vergütung bezahlt hat. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber den gegen den Mündel bestehenden Regressanspruch zusätzlich begrenzen und zugleich die Justizkasse von der Verwaltung solcher (Alt-) Forderungen entlasten (BR-Drucks. 960/96, S. 32). Dabei ist der Gesetzgeber hinsichtlich der übergegangenen Ansprüche ersichtlich von einer 30-jährigen Regelverjährung gemäß § 195 BGB aF ausgegangen (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2009 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts - BT-Drucks. 16/13543 S. 11). Ob § 195 BGB aF tatsächlich einschlägig war, war allerdings umstritten (zum Meinungsstand NK-BGB/Fritsche 2. Aufl. § 1836 Rn. 15 iVm § 1835 Rn. 11 mwN). Die Erlöschensfrist von zehn Jahren bezweckte den Vorstellungen des Gesetzgebers zufolge mithin die zeitliche Begrenzung des Rückgriffsanspruchs zugunsten des Anspruchsschuldners (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2009 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts - BT-Drucks. 16/13543 S. 11).
12
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) ist § 195 BGB allerdings mit Wirkung zum 1. Januar 2002 dahin geändert worden, dass die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre beträgt. Zwar sah § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung vor, dass familien- und erbrechtliche Ansprüche (weiterhin) in 30 Jahren verjähren. Diese Norm erfasste jedoch nicht die im Betreuungsrecht geregelten Vergütungs-, Aufwendungsersatz- bzw. Aufwandsentschädigungsansprüche (MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl. (2006) § 197 Rn. 9 und Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2009] § 197 Rn. 22). Ersichtlich hat der Gesetzgeber nicht erkannt, dass die Erlöschensfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB - jedenfalls spätestens - mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts nicht mehr erforderlich war, wie sich auch aus den Ausführungen des Rechtsausschusses anlässlich des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts ergibt. Danach ist er - irrtümlich - davon ausgegangen, dass die 30-jährige Regelverjährung hinsichtlich des Regressanspruchs nach wie vor galt (vgl. BT-Drucks. 16/13543 S. 11). Dies dürfte der Grund dafür gewesen sein, dass der Gesetzgeber an der Ausschlussfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB seinerzeit nichts geändert hat. Nach alledem galt ab 2002 für die hier im Streit stehenden Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (Keidel/Engelhardt FamFG 17. Aufl. § 168 Rn. 19; NK-BGB/Fritsche 2. Aufl. § 1835 Rn. 11 iVm § 1836 Rn. 15).
13
Für die vor 2002 entstandenen Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche gilt Entsprechendes. Soweit sie mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts im Jahr 2002 noch nicht verjährt waren, ist Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB anwendbar, so dass ab diesem Zeitpunkt allenfalls die dreijährige Verjährungsfrist zu laufen begann.
14
b) Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen gilt für die hier im Streit stehenden Ansprüche Folgendes:
15
aa) Sowohl nach dem bis zum Jahr 2002 geltenden Verjährungsrecht als auch nach dem dann folgenden Verjährungsrecht setzt der Beginn der Verjährungsfrist voraus, dass der Anspruch entstanden (§ 198 Satz 1 BGB aF bzw. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und fällig geworden ist (zum alten Recht: Palandt/ Heinrichs BGB 60. Aufl. § 198 Rn. 1; zum neuen Recht: Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 199 Rn. 3).
16
Der Vergütungsanspruch des Betreuers entsteht mit der Ausübung seiner jeweiligen Amtstätigkeit (BayObLG FamRZ 1996, 372, 373; MünchKommBGB /Wagenitz 5. Aufl. § 1836 Rn. 43; vgl. auch Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. Anh. zu § 1836 BGB § 1 VBVG Rn. 11). Mit ihr hat der Betreuer zugleich von den - den Anspruch begründenden - Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt. Fälligkeit des Anspruchs tritt regelmäßig in dem Moment ein, in dem dem Betreuer eine zusammenfassende Abrechnung innerhalb eines angemessenen Zeitraums möglich und zumutbar ist (BayObLG FamRZ 2000, 1455, 1456); einen Anhaltspunkt hierfür gibt seit Einführung des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) § 9 VBVG, der Abrechnungszeiträume von drei Monaten vorgibt. Spätestens aber tritt die Fälligkeit mit Bewilligung der Vergütung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 VBVG ein (MünchKommBGB /Wagenitz 5. Aufl. § 1836 Rn. 43).
17
Der Aufwendungsersatzanspruch, den der Betreuer gemäß § 1835 BGB bis zum Inkrafttreten des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes zum 1. Juli 2005 neben dem Vergütungsanspruch geltend machen konnte (s. nunmehr § 4 Abs. 2 Satz 1 VBVG), entsteht mit der Vornahme der entsprechenden Handlung (NK-BGB/Fritsche 2. Aufl. § 1835 Rn. 10; vgl. auch Palandt/ Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1835 Rn. 15) und wird damit regelmäßig auch zu diesem Zeitpunkt fällig.
18
Dass der Betreute ursprünglich mittellos im Sinne von § 1836 d BGB war, steht dem Entstehen des Anspruchs im Sinne des § 198 BGB aF bzw. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht entgegen. Denn wäre die Leistungsfähigkeit des Betreuten Voraussetzung für das Entstehen des Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzanspruches - etwa wie im Falle eines Unterhaltsanspruchs - wäre ein solcher bei Mittellosigkeit erst gar nicht entstanden und hätte demgemäß auch nicht auf die Staatskasse gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB übergehen können. "Mittellosigkeit" im Sinne von § 1836 d BGB ist vielmehr dahin zu verstehen , dass es dem Betreuten sozialrechtlich nicht zugemutet werden soll, für die Kosten der Betreuung aufzukommen, wenn dadurch seine eigene angemessene Lebensgestaltung in Frage gestellt würde (Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1836 d Rn. 1); deshalb hat der Staat im Falle der Mittellosigkeit in die Haftung einzutreten (vgl. §§ 1835 Abs. 4 Satz 1 BGB, 1836 a BGB aF und § 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG).
19
Dass der entstandene Anspruch mit Leistungserbringung seitens der Staatskasse auf diese gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB im Wege der cessio legis übergeht, die Staatskasse den Regressanspruch gegenüber dem Betreuten wegen dessen Mittellosigkeit aber nicht durchsetzen kann (vgl. BayObLG FamRZ 2000, 562, 563), lässt den bereits eingetretenen Beginn der Verjährung unberührt. Die Staatskasse tritt insoweit als Zessionar lediglich in die Gläubigerstellung des Betreuers ein (vgl. dazu § 412 iVm §§ 399 bis 404, 406 bis 410 BGB).
20
bb) Die Verjährung der vor 2007 entstandenen Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche ist auch nicht gehemmt.
21
(1) Zwar war die Verjährung dieser Ansprüche ursprünglich gemäß § 204 BGB aF (s. dazu Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. [2001] § 204 Rn. 4) bzw.
nach § 207 Abs. 1 Nr. 4 BGB gehemmt. Diese Norm regelt ausdrücklich, dass die Verjährung von Ansprüchen zwischen Betreutem und Betreuer während der Dauer des Betreuungsverhältnisses gehemmt ist. Der mit der Befriedigung des Betreuers durch die Staatskasse einhergehende Forderungsübergang lässt die Hemmung indes entfallen (Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 207 Rn. 1; s. auch Erman/Saar BGB 13. Aufl. § 1836 e Rn. 3).
22
(2) Ebenso wenig führt der Umstand, dass die Staatskasse wegen der Mittellosigkeit den Betreuten bislang nicht in Regress nehmen konnte, zu einer über den Jahreswechsel 2001/2002 hinausgehenden Hemmung der Verjährung.
23
Zwar ist nach dem bis zum Jahre 2002 geltenden Verjährungsrecht die Verjährung gehemmt gewesen, solange der Verpflichtete vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt war (§ 202 Abs. 1 BGB aF). Vorliegend konnte sich der Betreute - wie oben bereits ausgeführt - gegenüber dem Regressanspruch der Staatskasse auf Mittellosigkeit im Rahmen des § 1836 d BGB berufen. Von daher war die Verjährung nach dem bis zum Jahr 2002 geltenden Verjährungsrecht gehemmt.
24
Allerdings sieht das seit 2002 mit Einführung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts geänderte Verjährungsrecht eine solche Hemmung nicht mehr vor. Nach § 205 BGB ist die Verjährung nur gehemmt, solange der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist. An einer solchen Vereinbarung fehlt es hier. Andere rechtliche Hindernisse, die der Geltendmachung des Anspruchs vorübergehend entgegenstehen, begründen - anders als nach früherem Recht - grundsätzlich keine Hemmung (Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 205 Rn. 3; Lakkis in juris PK-BGB 5. Aufl. § 205 Rn. 20).
25
Soweit hier Ansprüche in Rede stehen, deren Verjährung bereits vor 2002 zu laufen begannen, die Verjährung somit gemäß § 202 Abs. 1 BGB aF gehemmt war, ist diese Hemmung gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB mit Wirkung ab 1. Januar 2002 entfallen (vgl. MünchKomm-BGB/Grothe 5. Aufl. Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 6).
26
cc) Entgegen einer verbreiteten Auffassung in der Rechtsprechung vermag die Anwendung des Art. 229 § 23 EGBGB an der somit eingetretenen Verjährung der Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche nichts zu ändern (so aber LG Schweinfurth BtPrax 2011, 135, 136; LG Würzburg BtPrax 2011, 135 und LG Kleve Beschluss vom 6. Juni 2011 - 4 T 86/11 - juris Rn. 7 ff.). Dies liegt darin begründet, dass die hier maßgeblichen Verjährungsvorschriften mit dem Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts vom 24. September 2009 (BGBl. I S. 3142), das zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist, nicht geändert worden sind. Zwar ist durch dieses Gesetz die Erlöschensfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF gestrichen worden. Diese war indes bereits mit der Änderung des Verjährungsrechts zum 1. Januar 2002 - wie oben bereits ausgeführt - mit der Umstellung auf die dreijährige Regelverjährung bedeutungslos geworden. Soweit vertreten wurde (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 68. Aufl. § 1836 e Rn. 4), dass die Verjährung durch die als lex specialis wirkende 10-Jahres-Frist verdrängt werde, finden sich hierfür weder im Gesetz noch in den Gesetzesmaterialien entsprechende Hinweise. Den Gesetzesmaterialien ist vielmehr zu entnehmen, dass es sich bei der gestrichenen Frist nicht um eine Verjährungsfrist, sondern um eine Präklusionsfrist handeln soll (Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechtes BT-Drucks. 16/8954 S. 30).
27
Aus Art. 229 § 23 Abs. 1 EGBGB ergibt sich dagegen, dass die Vorschriften des BGB über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2010 gelten- den Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und nicht verjährten Ansprüche anzuwenden sind. Dies ist hier für die bis einschließlich 2006 entstandenen Ansprüche nicht der Fall.
28
c) Die Betroffene, die sich auf Verjährung berufen hat, hat demnach - wie vom Landgericht im Ergebnis zu Recht entschieden - aufgrund der im Jahr 2010 erfolgten gerichtlichen Festsetzung nur die ab 2007 entstandenen Vergütungsansprüche an die Staatskasse zurückzuzahlen. Denn die zeitlich davor liegenden Ansprüche waren gemäß § 195 in Verbindung mit § 199 Abs. 1 spätestens Ende 2009 verjährt. Von daher verbleibt es bei der - insoweit von der Rechtsbeschwerde auch nicht beanstandeten - Feststellung des Rückzahlungsanspruchs in Höhe von 5.789,16 €.
Hahne Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Augsburg, Entscheidung vom 23.08.2010 - XVII 1088/92 -
LG Augsburg, Entscheidung vom 07.10.2010 - 52 T 3326/10 u. 3545/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 497/11
vom
25. Januar 2012
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1, 205, 1835 a, 1836 d, 1836 e, 1908 i;
EGBGB Art. 229 § 23

a) Der - gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangene
- Aufwandsentschädigungsanspruch des Betreuers aus § 1908 i Abs. 1
Satz 1 in Verbindung mit § 1835 a BGB unterliegt für die Zeit ab 2002 der regelmäßigen
Verjährungsfrist von drei Jahren.

b) Die Mittellosigkeit des Betreuten im Sinne von § 1836 d BGB steht dem Verjährungsbeginn
nicht entgegen und führt nicht zu einer Hemmung der Verjährung

c) Die Übergangsregelung des Art. 229 § 23 EGBGB findet auf den Regressanspruch
aus § 1836 e BGB keine Anwendung.
BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - XII ZB 497/11 - LG Dresden
AG Pirna
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 23. August 2011 wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Rechtsbeschwerdeführer auferlegt (§ 84 FamFG). Beschwerdewert: 1.384 €

Gründe:

I.

1
Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt der Freistaat Sachsen die Erstattung der von ihm für den Zeitraum von August 1993 bis März 2000 an den Betreuer der damals mittellosen Betroffenen im Jahr 2000 erbrachten Aufwandsentschädigung.
2
Nachdem sich Ende 2010 ergeben hatte, dass die Betroffene über ein, über das Schonvermögen hinausgehendes Guthaben verfügt, hat das Amtsgericht am 18. April 2011 beschlossen, dass die Betroffene an die Staatskasse einen Betrag von 1.383,68 € im Wege des Regresses zurückzuzahlen habe. Auf die Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss aufgehoben.
3
Hiergegen wendet sich der Freistaat Sachsen mit seiner vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat den amtsgerichtlichen Beschluss im Ergebnis zu Recht aufgehoben.
5
1. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der geltend gemachte Anspruch zum 1. Januar 2011 erloschen sei. Dies folge bereits aus § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF. Nach der Streichung der Erlöschungsfrist von zehn Jahren unterfalle der Regressanspruch nach §§ 1908 i Abs. 1, 1836 e BGB nunmehr der Regelverjährung. Die Übergangsregelung des Art. 229 § 23 Abs. 2 Satz 1 EGBGB bedeute nicht, dass der Zeitraum, in dem die Staatskasse Regress nehmen könne, nach dem 1. Januar 2010 verlängert worden sei. Nach wohlverstandener Auslegung der Übergangsvorschriften sei davon auszugehen, dass die Regressmöglichkeit spätestens dann ende, wenn sie nach dem alten Recht abgelaufen wäre. Der Gesetzgebungsgeschichte sei jedenfalls nicht zu entnehmen, dass die alte Ausschlussfrist nunmehr in eine Verjährungsfrist umgedeutet werden müsse, auf die sich der Schuldner zu berufen habe.
6
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
7
Zweifelhaft ist bereits, ob die in der Zeit vor 1999 entstandenen Aufwandsentschädigungsansprüche gemäß § 1836 e BGB überhaupt auf den Freistaat übergegangen sind. Denn diese Norm ist erst mit Wirkung zum 1. Januar 1999 durch das Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts sowie weiterer Vorschriften (Betreuungsrechtsänderungsgesetz - BtÄndG - vom 25. Juni 1998, BGBI. I S. 1580 ff., 1582) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden. Von daher spricht vieles dafür, dass der gesetzliche Forderungsübergang erst für die ab diesem Zeitpunkt entstandenen Ansprüche greift (so jedenfalls OLG Zweibrücken BtPrax 2000, 40; OLG Schleswig FamRZ 2000, 562; Palandt/ Diederichsen BGB 60. Aufl. (2001) § 1836 e Rn. 1).
8
Die Frage kann jedoch unbeantwortet bleiben. Das Beschwerdegericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Staatskasse die von ihr verauslagte pauschale Aufwandsentschädigung von der Betroffenen nicht mehr zurückfordern kann.
9
a) Der - gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangene - Aufwandsentschädigungsanspruch des Betreuers aus § 1908 i Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1835 a BGB ist verjährt.
10
Gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB gehen Ansprüche des Vormundes oder Gegenvormundes gegen den Mündel auf die Staatskasse über, soweit diese den Vormund oder Gegenvormund befriedigt. Nach § 1908 i Abs. 1 BGB findet die vorgenannte Vorschrift auch im Betreuungsverfahren Anwendung. § 1836 e BGB ist mit dem Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts sowie weiterer Vorschriften (Betreuungsrechtsänderungsgesetz - BtÄndG - vom 25. Juni 1998, BGBl. I S. 1580 ff., 1582) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden und am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 5 Abs. 2 BtÄndG). Ausweislich § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF erlosch der übergegangene Anspruch in zehn Jahren vom Ablauf des Jahres an, in dem die Staatskasse die Aufwendungen oder die Vergütung bezahlt hat. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber den gegen den Mündel bestehenden Regressanspruch zusätzlich begrenzen und zugleich die Justizkasse von der Verwaltung solcher (Alt-) Forderungen entlasten (BR-Drucks. 960/96, S. 32). Dabei ist der Gesetzgeber hinsichtlich der übergegangenen Ansprüche ersichtlich von einer 30-jährigen Regelverjährung gemäß § 195 BGB aF ausgegangen (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2009 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts - BT-Drucks. 16/13543 S. 11). Ob § 195 BGB aF tatsächlich einschlägig war, war allerdings umstritten (zum Meinungsstand NK-BGB/Fritsche 2. Aufl. § 1836 Rn. 15 iVm § 1835 Rn. 11 mwN). Die Erlöschensfrist von zehn Jahren bezweckte den Vorstellungen des Gesetzgebers zufolge mithin die zeitliche Begrenzung des Rückgriffsanspruchs zugunsten des Anspruchsschuldners (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2009 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts - BT-Drucks. 16/13543 S. 11).
11
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) ist § 195 BGB allerdings mit Wirkung zum 1. Januar 2002 dahin geändert worden, dass die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre beträgt. Zwar sah § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung vor, dass familien- und erbrechtliche Ansprüche (weiterhin) in 30 Jahren verjähren. Diese Norm erfasste jedoch nicht die im Betreuungsrecht geregelten Vergütungs-, Aufwendungsersatz- bzw. Aufwandsentschädigungsansprüche (MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl. (2006) § 197 Rn. 9 und Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2009] § 197 Rn. 22). Ersichtlich hat der Gesetzgeber nicht erkannt, dass die Erlöschensfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB - jedenfalls spätestens - mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts nicht mehr erforderlich war, wie sich auch aus den Ausführungen des Rechtsausschusses anlässlich des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts ergibt. Danach ist er - irrtümlich - davon ausgegangen, dass die 30-jährige Regelverjährung hinsichtlich des Regressanspruchs nach wie vor galt (vgl. BT-Drucks. 16/13543 S. 11). Dies dürfte der Grund dafür gewesen sein, dass der Gesetzgeber an der Ausschlussfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB seinerzeit nichts geändert hat. Nach alledem galt ab 2002 für den Anspruch auf Aufwandsentschädigung die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1835 a Rn. 6; Keidel/Engelhardt FamFG 17. Aufl. § 168 Rn. 19).
12
Für den hier im Streit stehenden, vor 2002 entstandenen Anspruch auf Aufwandsentschädigung gilt Entsprechendes. Soweit er mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts im Jahr 2002 noch nicht verjährt war, ist Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB anwendbar, so dass ab diesem Zeitpunkt allenfalls die dreijährige Verjährungsfrist zu laufen begann.
13
b) Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägung gilt für die hier im Streit stehende Aufwandsentschädigung Folgendes:
14
aa) Sowohl nach dem bis zum Jahr 2002 geltenden Verjährungsrecht als auch nach dem dann folgenden Verjährungsrecht setzt der Beginn der Verjährungsfrist voraus, dass der Anspruch entstanden (§ 198 Satz 1 BGB aF bzw. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und fällig geworden ist (zum alten Recht: Palandt/ Heinrichs BGB 60. Aufl. § 198 Rn. 1; zum neuen Recht: Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 199 Rn. 3).
15
Gemäß § 1835 a Abs. 2 BGB ist die Aufwandsentschädigung jährlich zu zahlen, erstmals ein Jahr nach Bestellung des Vormunds. Damit wird der Anspruch auf Zahlung der Entschädigungspauschale jeweils jährlich nachträglich fällig (Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1835 a Rn. 4). Spätestens aber tritt Fälligkeit mit Festsetzung der pauschalen Aufwandsentschädigung ein.
16
Dass der Betreute ursprünglich mittellos im Sinne von § 1836 d BGB war, steht dem Entstehen des Anspruchs im Sinne des § 198 BGB aF bzw. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht entgegen. Denn wäre die Leistungsfähigkeit des Betreuten Voraussetzung für das Entstehen des Aufwandsentschädigungsanspruches - etwa wie im Falle eines Unterhaltsanspruchs - wäre ein solcher bei Mittellosigkeit erst gar nicht entstanden und hätte demgemäß auch nicht auf die Staatskasse gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB übergehen können. "Mittellosigkeit" im Sinne von § 1836 d BGB ist vielmehr dahin zu verstehen, dass es dem Betreuten sozialrechtlich nicht zugemutet werden soll, für die Kosten der Betreuung aufzukommen, wenn dadurch seine eigene angemessene Lebensgestaltung in Frage gestellt würde (Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1836 d Rn. 1); deshalb hat der Staat im Falle der Mittellosigkeit in die Haftung einzutreten, § 1835 a Abs. 3 Satz 1 1. Halbs. BGB.
17
Dass der entstandene Anspruch mit Leistungserbringung seitens der Staatskasse auf diese gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB im Wege der cessio legis übergeht, die Staatskasse den Regressanspruch gegenüber dem Betreuten wegen dessen Mittellosigkeit aber nicht durchsetzen kann (vgl. BayObLG FamRZ 2000, 562, 563), lässt den bereits eingetretenen Beginn der Verjährung unberührt. Die Staatskasse tritt insoweit als Zessionar lediglich in die Gläubigerstellung des Betreuers ein (vgl. dazu § 412 iVm §§ 399 bis 404, 406 bis 410 BGB).
18
bb) Die Verjährung des Aufwandsentschädigungsanspruchs war auch nicht gehemmt.
19
(1) Zwar war die Verjährung dieser Ansprüche ursprünglich gemäß § 204 BGB aF (s. dazu Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. [2001] § 204 Rn. 4) bzw. nach § 207 Abs. 1 Nr. 4 BGB gehemmt. Diese Norm regelt ausdrücklich, dass die Verjährung von Ansprüchen zwischen Betreutem und Betreuer während der Dauer des Betreuungsverhältnisses gehemmt ist. Der mit der Befriedigung des Betreuers durch die Staatskasse einhergehende Forderungsübergang lässt die Hemmung indes entfallen (Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 207 Rn. 1; s. auch Erman/Saar BGB 13. Aufl. § 1836 e Rn. 3).
20
(2) Ebenso wenig führt der Umstand, dass die Staatskasse wegen der Mittellosigkeit den Betreuten bislang nicht in Regress nehmen konnte, zu einer über den Jahreswechsel 2001/2002 hinausgehenden Hemmung der Verjährung.
21
Zwar ist nach dem bis zum Jahre 2002 geltenden Verjährungsrecht die Verjährung gehemmt gewesen, solange der Verpflichtete vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt war (§ 202 Abs. 1 BGB aF). Vorliegend konnte sich der Betreute - wie oben bereits ausgeführt - gegenüber dem Regressanspruch der Staatskasse auf Mittellosigkeit im Rahmen des § 1836 d BGB berufen. Von daher war die Verjährung nach dem bis zum Jahr 2002 geltenden Verjährungsrecht gehemmt.
22
Allerdings sieht das seit 2002 mit Einführung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts geänderte Verjährungsrecht eine solche Hemmung nicht mehr vor. Nach § 205 BGB ist die Verjährung nur gehemmt, solange der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist. An einer solchen Vereinbarung fehlt es hier. Andere rechtliche Hindernisse, die der Geltendmachung des Anspruchs vorübergehend entgegenstehen, begründen - anders als nach früherem Recht - grundsätzlich keine Hemmung (Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 205 Rn. 3; Lakkis in juris PK-BGB 5. Aufl. § 205 Rn. 20).
23
Zwar war die Verjährung hier bereits vor 2002 gemäß § 202 Abs. 1 BGB aF gehemmt. Die Hemmung ist jedoch gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB mit Wirkung ab 1. Januar 2002 entfallen (vgl. MünchKomm-BGB/ Grothe 5. Aufl. Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 6).
24
cc) Entgegen einer verbreiteten Auffassung in der Rechtsprechung vermag die Anwendung des Art. 229 § 23 EGBGB an der somit eingetretenen Verjährung nichts zu ändern (so aber LG Schweinfurth BtPrax 2011, 135, 136; LG Würzburg BtPrax 2011, 135 und LG Kleve Beschluss vom 6. Juni 2011 - 4 T 86/11 - juris Rn. 7 ff.). Dies liegt darin begründet, dass die hier maßgeblichen Verjährungsvorschriften mit dem Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts vom 24. September 2009 (BGBl. I S. 3142), das zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist, nicht geändert worden sind. Zwar ist durch dieses Gesetz die Erlöschensfrist des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 BGB aF gestrichen worden. Diese war indes bereits mit der Änderung des Verjährungsrechts zum 1. Januar 2002 - wie oben bereits ausgeführt - mit der Umstellung auf die dreijährige Regelverjährung bedeutungslos geworden. Soweit vertreten wurde (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 68. Aufl. § 1836 e Rn. 4), dass die Verjährung durch die als lex specialis wirkende 10-Jahres-Frist verdrängt werde, finden sich hierfür weder im Gesetz noch in den Gesetzesmaterialien entsprechende Hinweise. Den Gesetzesmaterialien ist vielmehr zu entnehmen, dass es sich bei der gestrichenen Frist nicht um eine Verjährungsfrist, sondern um eine Präklusionsfrist handeln soll (Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechtes BT-Drucks. 16/8954 S. 30).
25
Aus Art. 229 § 23 Abs. 1 EGBGB ergibt sich dagegen, dass die Vorschriften des BGB über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und nicht verjährten Ansprü- che anzuwenden sind. Dies ist hier für den vor 2002 entstandenen Anspruch auf Aufwandsentschädigung nicht der Fall.
26
c) Die Betroffene, die sich auf Verjährung berufen hat, hat demnach wie vom Landgericht im Ergebnis zu Recht entschieden, an die Staatskasse für den hier in Streit stehenden Zeitraum keinen Regress zu leisten.
Hahne Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Pirna, Entscheidung vom 18.04.2011 - 411 XVII 98/93 -
LG Dresden, Entscheidung vom 23.08.2011 - 2 T 422/11 -

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
von der persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 278 Abs. 4 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 abgesehen werden soll oder
2.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gegen den erklärten Willen des Betroffenen erfolgen soll.

(2) Von der Bestellung kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 abgesehen werden, wenn ein Interesse des Betroffenen an der Bestellung des Verfahrenspflegers offensichtlich nicht besteht. Die Nichtbestellung ist zu begründen.

(3) Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen.

(4) Als Verfahrenspfleger ist eine natürliche Person zu bestellen. Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist.

(5) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden.

(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.

(7) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(8) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
von der persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 278 Abs. 4 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 abgesehen werden soll oder
2.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gegen den erklärten Willen des Betroffenen erfolgen soll.

(2) Von der Bestellung kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 abgesehen werden, wenn ein Interesse des Betroffenen an der Bestellung des Verfahrenspflegers offensichtlich nicht besteht. Die Nichtbestellung ist zu begründen.

(3) Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen.

(4) Als Verfahrenspfleger ist eine natürliche Person zu bestellen. Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist.

(5) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden.

(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.

(7) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(8) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.

(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

Der Nebenintervenient muss den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der er sich zur Zeit seines Beitritts befindet; er ist berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, insoweit nicht seine Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei in Widerspruch stehen. Für ihn gelten die §§ 141 und 278 Absatz 3 entsprechend.

(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet.

(2) Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet.