Strafrecht: Zur Tauglichkeit des Betriebsinhabers als Täter der Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB

published on 11/04/2015 12:06
Strafrecht: Zur Tauglichkeit des Betriebsinhabers als Täter der Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB
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Betriebsinhaber macht sich nicht strafbar, wenn er im Zeitpunkt der Tathandlung nicht Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes ist.
Der BGH hat mit Beschluss vom 10.07.2013 (Az: 1 StR 532/12) folgendes entschieden:

Die Vorteilsannahme eines Betriebsinhabers hinsichtlich seines eigenen Betriebes wird vom Tatbestand der Bestechung dann nicht erfasst, wenn er im Zeitpunkt der Tathandlung nicht Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes i.S.d. § 299 StGB war.


Tatbestand

Die Angeklagten beabsichtigten in der Rechtsform der GmbH & Co. KG den Bau von mehreren Hochseeschleppern. Sie sollten dabei sowohl als Gesellschafter der als Komplementär fungierenden GmbH als auch als Kommanditisten der jeweiligen Kommanditgesellschaften beteiligt sein.

Vor Gründung der besagten GmbH & Co. KG vereinbarten die beiden Angeklagten, dass sie bei der Auftragsvergabe zum Bau der Schiffe den Zuschlag an ein Cuxhavener Werft geben würden, wofür ihnen im Gegenzug jeweils zwischen 500.000-700.000€ versprochen wurde. Dabei war vorgesehen, dass die Schmiergelder von der Cuxhavener Werft auf die von den Kommanditgesellschaften zu zahlenden Rechnungen aufgeschlagen werden sollte.

Das Landgericht Augsburg hat die Angeklagten wegen Untreue zum Nachteil der Kommanditgesellschaften verurteilt. Vom Vorwurf der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 StGB wurden die Angeklagten hingegen freigesprochen.


Entscheidungsgründe

Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Angeklagten hin das Urteil des Landgerichtes aufgehoben. Das Landgericht habe in seine Beweiswürdigung eine nicht ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführte Urkunde einbezogen und damit seine Überzeugung von der Schuld der Angeklagten unter Verstoß gegen § 261 StPO nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft. Das Verfahren wurde an eine andere Strafkammer des Landgerichtes zur erneuten Verhandlung verwiesen. Die materiell-rechtliche Beurteilung durch das Landgericht bestätigt er hingegen.

Eine Verurteilung der Angeklagten wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 StGB scheide nach Ansicht des BGHs aus. Bei § 299 Abs. 1 StGB handelt es sich um ein sog. Sonderdelikt (vgl. § 28 StGB). Danach kann nur derjenige Täter der Tat sein, der als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes handelt. Eine solche Unrechtsvereinbarung erfolgte zwischen den Angeklagten und der Cuxhavener Werft. Jedoch erfolgte sie vor Gründung der Kommanditgesellschaften und der GmbH. Die Angeklagten handelten zu diesem Zeitpunkt vielmehr als Alleingesellschafter einer GbR und somit als alleinige Betriebsinhaber. Als Täter des § 299 Abs. 1 StGB kamen sie zu diesem Zeitpunkt somit nicht in Betracht.

Darüber hinaus ist erforderlich, dass der Vorteil als Gegenleistung für eine zukünftige unlautere Bevorzugung beim Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen gefordert, angeboten oder angenommen wird (sog. Unrechtsvereinbarung). Zum Zeitpunkt der Entgegennahme der Zahlungen waren die Angeklagten zwar als Geschäftsführer der GmbH tätig und somit taugliche Täter. Da sich die Zahlungen jedoch auf bereits vergangene, und nicht wie erforderlich zukünftige, Bevorzugungen bezogen, entfällt eine Strafbarkeit gem. § 299 Abs. 1 StGB hierfür. Die Angeklagten haben sich im vorliegenden Fall daher nicht wegen Bestechlichkeit gem. § 299 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 27. Juni 2013, in der Sitzung am 10. Juli 2013 für Recht erkannt:

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 29. Februar 2012 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen.

Die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.


Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Untreue in drei Fällen jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf mehrere Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revisionen. Mit auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen beanstandet die Staatsanwaltschaft die unterbliebene tateinheitliche Verurteilung der Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in zwei Fällen.

Die Revisionen der Angeklagten führen auf eine Verfahrensrüge zur Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

Die Angeklagten waren im Hochseeschleppergeschäft tätig und betrieben ab dem Jahr 2005 den Bau der drei Hochseeschlepper T. J. und U.. Eigentümerinnen der Schlepper sollten sog. Einschiffsgesellschaften jeweils in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG werden, die als Publikumsgesellschaften konzipiert waren. In Umsetzung dieses Vorhabens erwarben die Angeklagten Vorratsgesellschaften, die aufgrund von Gesellschaftsverträgen vom 4. März 2005 in die T. GmbH & Co. KG sowie vom 26. September 2005 in die J. GmbH & Co. KG bzw. die U. GmbH & Co. KG umfirmiert wurden. Die Angeklagten waren Geschäftsführer und neben anderen Mitgesellschafter der am 10. März 2005 gegründeten, in allen drei Einschiffsgesellschaften als Komplementärin fungierenden AHT-GmbH und zugleich als Kommanditisten an den Einschiffsgesellschaften beteiligt.

Bereits am 5. Januar 2005 „noch im Gründungsstadium und vor Beitritt weiterer Gesellschafter“ hatte die „ T. GmbH & Co. KG in Gründung“ vertreten durch die H. GmbH, deren Geschäftsführer und alleinige Gesellschafter die Angeklagten waren einen Vertrag über den Bau des Hochseeschleppers T. mit einem Konsortium bestehend aus der M. w. GmbH und der M. AG abgeschlossen. Am 10. August 2005 folgten die Vertragsabschlüsse der, J. GmbH & Co. KG in Gründung“ bzw. der „U. GmbH & Co. KG in Gründung“ mit dem Konsortium hinsichtlich der Schlepper J. und U.

Den Vertragsabschlüssen waren Ende des Jahres 2004 Gespräche der Angeklagten mit dem früheren Mitangeklagten E. vorausgegangen, der bei der M.AG als Leiter der Abteilung „… “ für den Bau von Hochseeschleppern und Tankern zuständig war. Dabei waren die Angeklagten und E. übereingekommen, dass als Gegenleistung für die Erteilung der Bauaufträge an jeden der beiden Angeklagten 750.000 € je Schiff fließen sollten. E. sollte 500.000 € je Schiff für die organisatorische Umsetzung der Vereinbarung erhalten. Mittels dieser Vereinbarung gelang es E. , die Aufträge über den Bau der Schlepper für das Konsortium zu sichern und potentielle Konkurrenten für die Herstellung der Schiffe auszustechen.

Um der Vereinbarung einen unverfänglichen Anstrich zu geben, schlossen die Angeklagten mit dem Konsortium M. w. GmbH / M. AG mehrere „Memoranda of Understanding“, die auf Seiten des Konsortiums von E. unterzeichnet wurden, obwohl er nicht über eine Einzelvertretungsbefugnis für das Konsortium verfügte. Inhalt der „Memoranda of Understanding“ war zum einen die Verpflichtung des Konsortiums zur Zahlung von 750.000 € je Schiff deklariert als „owner’s discount“ an jeden der beiden Angeklagten. Zum anderen sollte die M. w. GmbH nach Abschluss eines „finder’s fee agreement“ 500.000 € je Schiff an ein zwischengeschaltetes Unternehmen zahlen, das den Betrag nach Abzug einer Provision in Höhe von 25.000 € an E. weiterleiten sollte.

In Umsetzung der Vereinbarung wurden in die internen Kostenkalkulationen des Konsortiums für die Herstellung der Schlepper Leerpositionen aufgenommen bzw. reale Positionen gezielt zu hoch angesetzt und so der Betrag von 2 Mio. € je Schiff, der an die Angeklagten und E. fließen sollte, auf den von den Einschiffsgesellschaften zu zahlenden Werklohn aufgeschlagen.

Bei Errichtung der Gesellschaftsverträge der Einschiffsgesellschaften am 4. März 2005 bzw. 26. September 2005 ließen sich die Angeklagten die zuvor abgeschlossenen Schiffsbauverträge von den (übrigen) Gesellschaftern der jeweiligen Kommanditgesellschaft genehmigen, ohne diesen gegenüber die mit E. getroffene Schmiergeldabrede offengelegt zu haben.

Kurz vor Fertigstellung der Schlepper T. im April 2007 sowie J. im Oktober 2007 und U. im April 2008 wurden die vereinbarten Beträge von den Angeklagten bzw. für E. gegenüber der M. w. GmbH in Rechnung gestellt und von dieser auch beglichen.

Weder durch die Angeklagten noch durch E. waren Leistungen an die Einschiffsgesellschaften oder an das Konsortium erbracht worden, die diese Zahlungen rechtfertigten. Die Angeklagten verwendeten die ihnen zugeflossenen Beträge zur Leistung ihrer Kommanditeinlagen in die Einschiffsgesellschaften.

Der gesamte Werklohn einschließlich des darin enthaltenen Schmiergeldanteils von 2 Mio. € pro Schiff wurde nach Übergabe der Schlepper im Auftrag der Angeklagten von der jeweiligen Einschiffsgesellschaft an die M. AG zur Auszahlung gebracht.

Im Zeitpunkt der Fertigstellung der Schlepper und Zahlung des Werklohns hielten die Angeklagten sowie die von ihnen als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH vertretene T. H. GmbH & Co. KG insgesamt 65 % der Kommanditanteile der jeweiligen Einschiffsgesellschaft, die verbleibenden 35 % der Anteile hielten angeworbene Kommanditisten. Die Komplementärin der Einschiffsgesellschaften, die AHT-GmbH, deren Geschäftsführer und neben anderen Mitgesellschafter die Angeklagten waren, war weder am Vermögen noch am Gewinn und Verlust der Einschiffsgesellschaft beteiligt, für die Kommanditisten war eine Gewinn- und Verlustbeteiligung im Verhältnis ihrer Einlage vereinbart.

Das Landgericht hat das Geschehen als Untreue in drei Fällen gewertet (Fall 3.2.2. T. , Fall 3.2.3. J. , Fall 3.2.4. U. ). Den Vermögensnachteil i.S.v. § 266 StGB hat es darin gesehen, dass die drei Einschiffsgesellschaften auf Veranlassung der Angeklagten den Werklohn für die Schlepper T., J. und U. jeweils in voller Höhe an das Konsortium auszahlten, obwohl die zugrunde liegenden Verträge im Hinblick auf die Schmiergeldabrede in einem Umfang von 2 Mio. € sittenwidrig i.S.v. § 138 BGB und damit teilnichtig gewesen seien. Einen Vermögensnachteil hat das Landgericht nur angenommen, soweit die Kommanditanteile der angeworbenen Kommanditisten betroffen waren, und hat diesen unter Zugrundelegung der festgestellten Beteiligungsquote von 35 % auf 700.000 € je Schiff beziffert.

Eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 StGB hat das Landgericht mit der Begründung verneint, die Angeklagten seien zu keinem Zeitpunkt Angestellte oder Beauftragte der jeweiligen Einschiffsgesellschaften oder deren Komplementär-GmbH gewesen und damit als Betriebsinhaber keine tauglichen Täter.

Die Revision der Angeklagten haben bereits mit einer Verfahrensrüge Erfolg.

Die Angeklagten beanstanden zu Recht, das Landgericht habe in seine Beweiswürdigung eine nicht ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführte Urkunde einbezogen und damit seine Überzeugung von der Schuld der Angeklagten unter Verstoß gegen § 261 StPO nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft.

Das Landgericht stützt seine Überzeugung von dem „Schmiergeldcharakter“ der Zahlungen an die Angeklagten, denen keine von den Angeklagten erbrachten vergütungsfähigen Leistungen zugrunde lagen, auch auf den mit dem Finanzamt H. im Zusammenhang mit einem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft geführten Schriftverkehr, der jedoch nur teilweise ordnungsgemäß zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurde.

Zwar wurde ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls in der Sitzung vom 17. Januar 2012 das Antragsschreiben der Wirtschaftsprüfungs- u. Steuerberatungsgesellschaft vom 1. Dezember 2005 verlesen (Blatt 1848 der Sachakten). Darin wurde dem Finanzamt H. als Grundlage seiner Entscheidung über die Erteilung der verbindlichen Auskunft u.a. mitgeteilt, dass die Konzeption und die Bauaufsicht des bestellten Schiffs Teil der Bereederungstätigkeit seien, zu der sich die T. H. GmbH & Co. KG vertraglich gegenüber der Einschiffsgesellschaft verpflichtet habe, und dass diese Tätigkeit nach dem Willen der Beteiligten einen Wert von 500.000 € darstelle. Darüber hinaus werde durch die Werft an die Angeklagten als Gesellschafter jeweils ein Betrag von 500.000 € als Provision bezahlt (UA S. 50). In die Beweiswürdigung hat das Landgericht unter auszugsweiser Wiedergabe im Wortlaut und unter Bezugnahme auf die konkrete Aktenfundstelle jedoch auch das Antwortschreiben des Finanzamts H. vom 6. Dezember 2005 einbezogen. Darin unterscheide das Finanzamt entsprechend den Darstellungen im Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft zwischen den Themenkomplexen Vergütung für Bauaufsicht und Konzeption an den Vertragsreeder einerseits sowie Provisionszahlungen an die Angeklagten andererseits, für die nach dem Wortlaut des Antwortschreibens „eine Leistung seitens dieser Beteiligten (d.h. der Angeklagten) an die Werft nicht vorliege“ (UA S. 51).

In der Einbeziehung der Urkunde in die Beweiswürdigung liegt ein Verstoß gegen § 261 StPO, wonach die Überzeugungsbildung des Tatgerichts aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung zu schöpfen ist.

Eine förmliche Verlesung des Antwortschreibens des Finanzamts H. vom 6. Dezember 2005 gemäß § 249 Abs. 1 StPO erfolgte nicht, wie insoweit durch das Schweigen des Hauptverhandlungsprotokolls belegt wird (vgl. BGH, Urteil v. 6.09.2000 – Az. 2 StR 190/00). Ein Verstoß gegen § 261 StPO wäre ungeachtet dessen aber nur dann bewiesen, wenn auszuschließen wäre, dass der Inhalt des Schriftstücks in anderer zulässiger Weise zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurde (BGH, Beschluss v. 9.05.2001 – Az. 2 StR 111/01). Von einem Ausschluss einer anderweitigen Einführung des herangezogenen Beweismittels ist vorliegend auszugehen.

Die Angeklagten haben mit ihren Revisionen vorgetragen, der Inhalt der Urkunde sei auch nicht in sonstiger prozessordnungsgemäßer Weise in die Hauptverhandlung eingeführt worden (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 1990 - 3 StR 314/89, BGHR StPO § 344 Abs. 2 S. 2 Urkunden 1; BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 2 BvR 656/99), und haben sich dabei mit allen naheliegenden Möglichkeiten der Einführung, insbesondere dem Vorhalt an die beiden als Zeugen gehörten Steuerberater, die das Antragsschreiben an das Finanzamt verfasst hatten, auseinandergesetzt.

Diesen Vortrag der Angeklagten sieht der Senat als erwiesen an. Die Staatsanwaltschaft ist dem Revisionsvorbringen in ihrer Gegenerklärung (§ 347 Abs. 1 Satz 2 StPO) nicht entgegengetreten, sondern hat den Revisionsvortrag hinsichtlich des Verfahrensablaufs ausdrücklich als richtig und vollständig bezeichnet. Auch das Tatgericht hat sich zu keiner dienstlichen Erklärung über einen anderen als den mit den Revisionen vorgetragenen Verfahrensablauf veranlasst gesehen. Für den Senat besteht angesichts dieser Umstände keine Veranlassung, die Richtigkeit des Revisionsvorbringens in tatsächlicher Hinsicht durch ihm an sich mögliche freibeweisliche Ermittlungen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 1998 - 1 StR 67/98; Urteil vom 13. Dezember 1967 - 2 StR 544/67, BGHSt 22, 26, 28; BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 2 BvR 656/99) zu überprüfen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. August 2006 - 1 StR 293/06 und vom 22. November 2001 - 1 StR 471/01).

Ein Beruhen des Urteils auf dieser Verletzung des § 261 StPO lässt sich nicht ausschließen. Die Angeklagten haben sich dahingehend eingelassen, die an sie geflossenen Beträge seien als Vergütung für die von ihnen übernommene Bauaufsicht sowie für Leistungen im Bereich von Konzeption und Design der Schlepper gezahlt worden. Das Landgericht hat diese Einlassung aufgrund einer Gesamtwürdigung für widerlegt erachtet und die geflossenen Beträge als Schmiergeldzahlungen angesehen. Dabei hat es als gewichtiges Indiz im Rahmen der Beweiswürdigung gewertet, dass nach der Beurteilung des Finanzamts H. anlässlich der Erteilung einer verbindlichen Auskunft in dem fraglichen Schreiben den Zahlungen an die Angeklagten keine Leistungen zugrunde lagen.

Dieser Verfahrensfehler führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts. Eines Eingehens auf die weiteren erhobenen Rügen bedarf es daher nicht.

Die vom Generalbundesanwalt vertretenen, auf die Fälle 3.2.3. (J. ) und 3.2.4. (U. ) der Urteilsgründe beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft, mit denen die unterbliebene tateinheitliche Verurteilung der Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 Abs. 1 StGB beanstandet wird, bleiben ohne Erfolg.

Obwohl sich die Feststellungen des Tatgerichts zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen bei Abschluss der Werkverträge hinsichtlich der Schlepper J. und U. am 10. August 2005 aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegten Gründen als in Teilen widersprüchlich erweisen, hat das Landgericht dennoch im Ergebnis zu Recht eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 Abs. 1 StGB verneint. Denn ungeachtet des sich auf die Bezeichnung der Komplementär-GmbH der in die Vorgänge eingebundenen Kommanditgesellschaften beziehenden Widerspruchs liegen die Voraussetzungen des § 299 Abs. 1 StGB auf der Grundlage der ansonsten umfassenden Feststellungen für die beiden Angeklagten nicht vor.

Zwar enthalten die Feststellungen Anhaltspunkte dafür, dass zu verschiedenen Zeitpunkten innerhalb des durch die verfahrensgegenständlichen Taten (§ 264 StPO) erfassten Sachverhalts ein Fordern, Sich-versprechen-Lassen oder Annehmen eines Vorteils und damit Verhaltensweisen seitens der Angeklagten vorlagen, die an sich als tatbestandsmäßiges Verhalten gemäß § 299 Abs. 1 StGB in Betracht kommen. Auch ist das Konsortium aus M. w. GmbH und M. AG gegenüber anderen Wettbewerbern bei der Vergabe der Aufträge für den Bau der Hochseeschlepper bevorzugt worden. Eine Strafbarkeit der Angeklagten scheidet jedoch aufgrund folgender Erwägungen aus:

Als die Angeklagten Ende des Jahres 2004 mit dem früheren Mitangeklagten E. die Vereinbarung über die Zahlung von 750.000 € je Schiff als Gegenleistung für die Auftragsvergabe an das Konsortium trafen und damit Vorteile forderten bzw. sich versprechen ließen, waren diese (noch) keine tauglichen Täter i.S.d. § 299 Abs. 1 StGB.

Der Tatbestand beschränkt den Täterkreis ausdrücklich auf Angestellte und Beauftragte eines geschäftlichen Betriebes, so dass die Vorteilsannahme des Betriebsinhabers hinsichtlich seines eigenen Betriebes vom Tatbestand nicht erfasst wird. Da der Tatbestand bereits mit dem Fordern, Sich-versprechen-Lassen oder Annehmen des Vorteils vollendet ist, muss die Stellung als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes und damit als tauglicher Täter des Sonderdelikts § 299 Abs. 1 StGB im Zeitpunkt der Tathandlung vorliegen.

Daran fehlt es hier. Als die Angeklagten Ende des Jahres 2004 von E. als Gegenleistung für die später geplante Auftragsvergabe an das Konsortium einen Vorteil forderten bzw. sich von ihm versprechen ließen und damit mit diesem der Sache nach eine Unrechtsvereinbarung schlossen, waren sie (noch) keine Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebs. Weder die später durch Umfirmierung aus den Vorratsgesellschaften hervorgegangenen Einschiffsgesellschaften noch die später als Komplementär-GmbH fungierende AHT GmbH existierten zu diesem Zeitpunkt. Die Angeklagten waren vielmehr als gemeinsam handelnde Alleingesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Betriebsinhaber anzusehen.

Werden an sich unter die Tathandlungen des Forderns bzw. Sich-versprechen-Lassens fassbare Verhaltensweisen vor der Begründung der erforderlichen Tätereigenschaft vorgenommen, handelt es sich nicht um straftatbestandsmäßiges Verhalten.

Auch unter dem Gesichtspunkt der zeitlich der Unrechtsvereinbarung und der Bevorzugung des Konsortiums durch Auftragsvergabe an dieses nachfolgenden Annahme eines Vorteils durch die Vereinnahmung der 750.000 € im Oktober 2007 für den Schlepper J. bzw. im April 2008 für den Schlepper U. ergibt sich keine Strafbarkeit der Angeklagten aus § 299 Abs. 1 StGB.

Zwar waren die Angeklagten entgegen der Auffassung des Landgerichts zum Zeitpunkt der Annahme des Vorteils als Geschäftsführer der Komplementärin AHT GmbH, an der neben den Angeklagten noch weitere Gesellschafter beteiligt waren, taugliche Täter des § 299 Abs. 1 StGB.

§ 299 Abs. 1 StGB setzt jedoch grundsätzlich eine Unrechtsvereinbarung dergestalt voraus, dass der Vorteil als Gegenleistung für eine künftige unlautere Bevorzugung angenommen wird (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2010 2 StR 200/10). Daran fehlt es hier. Die Unrechtsvereinbarung mit E. schlossen die Angeklagten bereits Ende des Jahres 2004 (oben II.1.). Die Auftragsvergabe an das Konsortium schloss sich im Jahr 2005 an. Die von den Angeklagten im Oktober 2007 bzw. im April 2008 vereinnahmten Zahlungen stellen sich angesichts dieser zeitlichen Abläufe ausschließlich als Belohnung für in der Vergangenheit gewährte Bevorzugungen dar.

Die Annahme eines Vorteils für derartige in der Vergangenheit liegende Bevorzugungen wird nur dann ausnahmsweise von § 299 Abs. 1 StGB erfasst, wenn diese Bevorzugungen bereits Gegenstand einer Unrechtsvereinbarung waren (zu den konkurrenzrechtlichen Verhältnissen vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2010 2 StR 200/10; Urteil vom 13. Oktober 1994 1 StR 641/93). Dieser Ausnahmefall verlangt aber, dass die vorangegangene Unrechtsvereinbarung ihrerseits tatbestandsmäßig i.S.v. § 299 Abs. 1 StGB gewesen ist. Dementsprechend muss derjenige, der den Vorteil als Gegenleistung für die erfolgte Bevorzugung angenommen hat, bereits zum Zeitpunkt der früheren Unrechtsvereinbarung tauglicher Täter einer Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 1 StGB) sein. Die Unrechtsvereinbarung drückt das im Gesetz angelegte Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der durch den Vorteilsnehmer zu gewährenden Bevorzugung und dem vom Vorteilsgeber zuzuwendenden Vorteil aus. Angesichts der Entscheidung des Gesetzgebers für eine Beschränkung des Kreises gemäß § 299 Abs. 1 StGB tauglicher Täter auf Angestellte und Beauftragte eines geschäftlichen Betriebes kann auf das Vorliegen der Tätereigenschaft bereits im Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung grundsätzlich nicht verzichtet werden.

An der Tätereigenschaft der Angeklagten im Zeitpunkt der mit E. bereits Ende des Jahres 2004 getroffenen Abrede fehlte es jedoch.

Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat:

Soweit der neue Tatrichter wiederum zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei den Zahlungen an die Angeklagten um Schmiergeldzahlungen handelte, denen keine vergütungsfähigen Leistungen der Angeklagten zugrunde lagen und dass dementsprechend der von den Einschiffsgesellschaften zu zahlende Werklohn zur Verschleierung dieser Schmiergeldzahlungen sowie der Zahlungen an E. überhöht angesetzt wurde, gibt der Senat bezüglich des Tatbestandsmerkmals des Vermögensnachteils gemäß § 266 StGB Folgendes zu bedenken:

In Fällen, in denen die Schmiergeldzahlungen zugunsten der Geschäftsführer durch Erhöhung der Zahlungsverpflichtungen auf die vertretene Gesellschaft verlagert werden, liegt ein strafrechtlich relevanter Vermögensnachteil i.S.v. § 266 StGB regelmäßig bereits darin, dass der geleisteten Zahlung in Höhe des auf den Preis aufgeschlagenen Betrages, der lediglich der Finanzierung des Schmiergeldes dient, keine Gegenleistung gegenübersteht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05; Beschluss vom 11. November 2004 - 5 StR 299/03). Sollte der neue Tatrichter zu der Einordnung der an die Angeklagten und den früheren Mitangeklagten E. geflossenen Zahlungen als Schmiergelder gelangen, würde nach dem vorstehend Ausgeführten die Vermögensminderung in Gestalt der Begleichung der Werklohnforderungen in ihrer jeweiligen Gesamthöhe seitens der Einschiffsgesellschaften nicht in vollem Umfang durch die Erlangung von Eigentum und Besitz an den Hochseeschleppern wirtschaftlich ausgeglichen.

Angesichts dessen käme es auf die zivilrechtliche Teilnichtigkeit der Verträge über die Herstellung der Hochseeschlepper, auf die das erste Tatgericht den Vermögensnachteil unter dem Aspekt des (teilweisen) Ausbleibens der Befreiung der Einschiffsgesellschaften von einer Verbindlichkeit gestützt hat, nicht an. Eine auf Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) gestützte Nichtigkeit oder Teilnichtigkeit kann zwar eintreten, wenn ein aufgrund einer Schmiergeldabrede zustande gekommener Vertrag gerade wegen dieser Abrede zu einer für den Geschäftsherrn nachteiligen Vertragsgestaltung geführt hat (BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 VII ZR 132/07). Selbst wenn aber von zivilrechtlich wirksamen Verträgen auszugehen wäre, käme ein Vermögensnachteil aus dem im vorstehenden Absatz genannten Grund in Betracht.

Allerdings kann im Rahmen von § 266 StGB eine Schädigung des Vermögens einer Kommanditgesellschaft nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich zu einem straftatbestandsmäßigen Vermögensnachteil führen, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter „berührt“ (vgl. zuletzt BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 1 StR 586/11, und vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10). Diese in der Strafrechtswissenschaft gelegentlich kritisierte Rechtsprechung steht vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Rechtsform von Personenhandelsgesellschaften wie der Kommanditgesellschaft einerseits sowie Kapitalgesellschaften als juristische Personen andererseits. Zwar ist die Kommanditgesellschaft eine rechtsfähige Personengesellschaft i.S.v. § 14 Abs. 2 BGB (siehe BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 II ZR 331/00), die gemäß § 124 Abs. 1 i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann. Die Rechtsfähigkeit der Kommanditgesellschaft in dem vorgenannten Sinne und die damit einhergehende zivilprozessuale Parteifähigkeit (§ 50 ZPO) bringen eine Rechtsstellung mit sich, die der Selbstständigkeit einer juristischen Person in weitem Umfang entsprechen mag.

Dessen ungeachtet ist die Kommanditgesellschaft anders als die Kapitalgesellschaften aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade keine juristische Person (BGH, aaO; siehe auch BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 IV ZR 270/88). An diesen Unterschied knüpft die von den Strafsenaten vorgenommene Auslegung des Vermögensnachteils im Sinne von § 266 StGB bei vermögenschädigendem Verhalten zu Lasten von Kommanditgesellschaften an, wonach auch auf die Auswirkungen des tatbestandsmäßigen Verhaltens auf die Vermögen der Gesellschafter abzustellen ist.

Dem Letztgenannten entsprechend kommt einem Einverständnis der jeweiligen Gesellschafter mit der Beeinträchtigung des Vermögens Bedeutung für das Vorliegen eines Vermögensnachteils und dessen Höhe zu (BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 1 StR 586/11; und vom 30. August 2011 2 StR 652/10). Der bisherige Tatrichter hat daher, soweit die Gesellschaftsanteile der Angeklagten und der von den Angeklagten als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH vertretenen T. & H. GmbH & Co. KG betroffen sind, zutreffend wegen deren Einverständnis die Annahme eines Vermögensnachteils insoweit ausgeschlossen (BGH, jeweils aaO).

Bei den verbleibenden Kommanditisten der jeweiligen Einschiffsgesellschaften können dagegen Vermögensnachteile i.S.v. § 266 StGB eingetreten sein. Diese haben sich mit der Zahlung von Schmiergeldern an die Angeklagten und den früheren Mitangeklagten E. nicht einverstanden erklärt.

Angesichts der Anknüpfung des Vermögensnachteils an das Vermögen der das vermögensschädigende Verhalten nicht konsentierenden Gesellschafter kann bei der Bemessung der den Schuldumfang bestimmenden Höhe des Vermögensnachteils grundsätzlich auf deren Gesellschafteranteile im Verhältnis zur Gesamteinlage abgestellt werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 1 StR 586/11 und vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10; im rechtlichen Ausgangspunkt ebenso BGH, Urteil vom 17. März 1987 5 StR 272/86). Maßgeblich für die Bestimmung des Vorliegens eines Vermögensnachteils hier bezogen auf die Vermögen der Kommanditisten abgesehen von den Angeklagten selbst sowie von der T. H. GmbH & Co. KG ist ein auf den Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung des Täters bezogener Vermögensvergleich (BGH, Beschluss vom 23. Februar 2012 1 StR 586/11; siehe auch BVerfGE 126, 170, 213 mwN). Spätere Entwicklungen, wie etwa Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (BGH, aaO, mwN).

Die strafrechtlich auf den Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung i.S.v. § 266 StGB zu beziehende Beurteilung der Herbeiführung eines Vermögensnachteils und dessen Höhe kann, was den relevanten Zeitpunkt betrifft, nicht durch handelsrechtliche Regelungen über die Gewinn- und Verlustverteilung innerhalb einer Kommanditgesellschaft (§§ 167 ff. HGB) überlagert werden. Zukünftige Entwicklungen des betroffenen Vermögens im Hinblick auf den Wert der Geschäftsanteile von Gesellschaftern können strafrechtlich lediglich insoweit von Bedeutung sein, als deren Berücksichtigung mit den dem Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG unterworfenen straftatbestandsmäßigen Anforderungen des Vermögensnachteils gemäß § 266 StGB zulässig ist (zur Bedeutung von Art. 103 Abs. 2 GG dafür BVerfGE 126, 170, 213 ff.). Von Verfassungs wegen sind die Strafgerichte bei der Auslegung des Merkmals des Vermögensnachteils gemäß § 266 Abs. 1 StGB gehalten, den von ihnen angenommenen Nachteil der Höhe nach zu beziffern und diesen in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise im Urteil darzulegen (BVerfGE 126, 170, 211 und 216).

Nach diesen Grundsätzen war es in dem angefochtenen Urteil nicht zu beanstanden, dass der Tatrichter den bei den geschädigten Kommanditisten eingetretenen Vermögensnachteil ausgehend von einem Schmiergeldanteil an dem gezahlten Werklohn in Höhe von 2 Mio. € je Hochseeschlepper anhand der Höhe der Einlage der Kommanditisten (§ 167 Abs. 2, § 169 Abs. 1 HGB) in Relation zur Gesamteinlage aller Gesellschafter bestimmt hat. Eine solche Bestimmung der Höhe des Vermögensnachteils bei Schädigungen zu Lasten von Gesellschaftern einer Kommanditgesellschaft ist auch bislang bereits in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs akzeptiert worden (BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 1 StR 586/11 und vom 30. August 2011 2 StR 652/10). Sie ermöglicht eine Bezifferung des in den Gesellschaftervermögen eingetretenen Nachteils und trägt auch den handelsrechtlichen Regelungen über die Gewinn- und Verlustverteilung bei der Kommanditgesellschaft ausreichend Rechnung.

Der Bemessung des in den Vermögen der einzelnen Gesellschafter eintretenden Nachteils liegt die Erwägung einer anteiligen Verteilung der in der Höhe feststehenden Schmälerung des Gesellschaftsvermögens hier in Gestalt der (verborgenen) Schmiergeldzahlungen auf die Anteilseigner zugrunde. Dies entspricht der grundsätzlich gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung des Vermögensnachteils gemäß § 266 StGB (vgl. BVerfGE 126, 170, 206). Bei einer (angenommenen) Inhaberschaft des Gesellschaftsvermögens durch die Kommanditgesellschaft selbst bestünde kein Zweifel, dass aus deren Vermögen geleistete Schmiergeldzahlungen in voller Höhe zu einem entsprechenden Nachteil führen. Denn in Höhe des Schmiergeldes ist dem Gesellschaftsvermögen keine wertentsprechende Gegenleistung zugeflossen. Lediglich ein wirksames Einverständnis der vermögensdispositionsbefugten Gesellschafter könnte einen solchen Nachteil (bzw. die ihn verursachende Pflichtwidrigkeit der Schädigungshandlung) ausschließen.

Der wirtschaftlich nicht ausgeglichene Abfluss von Vermögensbestandteilen aus der Kommanditgesellschaft wirkt sich auf die Vermögen der Kommanditisten aus. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Der Umfang der Beteiligung des Gesellschafters richtet sich bei den Personenhandelsgesellschaften OHG und Kommanditgesellschaft grundsätzlich an der Höhe der Einlage und damit über den Vermögensanteil, der den Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen meint aus. Die Gewinn- und Verlustverteilung unter den Gesellschaftern bestimmt sich bei der Kommanditgesellschaft nach den §§ 167 ff. HGB i.V.m. § 120 HGB. Grundlage der Gewinn- und Verlustverteilung ist der sog. Kapitalanteil (vgl. § 167 Abs. 2 HGB), bei dem es sich um eine Rechnungsziffer handelt, die den Wert der jeweiligen wirtschaftlichen Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen zum Ausdruck bringt. Vorbehaltlich der konkreten gesellschaftsvertraglichen Ausgestaltung bestimmt sich der Ausgangswert dieses Kapitalanteils anhand des Wertes der eingebrachten Einlage. Der rechnerische Wert der wirtschaftlichen Beteiligung des Gesellschafters wird durch den Wert des Gesellschaftsvermögens beeinflusst. Gewinne der Gesellschaft werden nach der gesetzlichen Regelung bis zu der von § 167 Abs. 2 HGB bestimmten Höhe seinem Kapitalanteil zugeschrieben. An den Kapitalanteil des Kommanditisten sind regelmäßig seine prozentuale Beteiligung am Gewinn, sein Gewinnbezugsrecht und sein Stimmrecht geknüpft. Die den Kapitalanteil eines Kommanditisten betreffenden Buchungen werden auf einem Kapitalkonto geführt. Weist dieses Kapitalkonto zu dem für die Bestimmung des Vermögensnachteils maßgeblichen Zeitpunkt einen positiven Stand auf, sind die Gesellschaftervermögen der Kommanditisten unmittelbar wirtschaftlich nachteilig betroffen, weil die daran geknüpften vermögensrechtlich relevanten Rechte entweder verringert oder bei Verkürzung des ohne die schädigende Handlung eintretenden Gewinns nicht erhöht werden. Die Bezifferung des auf die betroffenen Kommanditisten entfallenden Vermögensnachteils kann daher wie durch das bisherige Tatgericht erfolgt anhand der Höhe der jeweiligen Einlage erfolgen. Wie ausgeführt bestimmen diese die Beteiligung der Gesellschafter u.a. am Gewinn der Kommanditgesellschaft.

Der neue Tatrichter wird daher bei der Bestimmung der Höhe der eingetretenen Vermögensnachteile bei den Kommanditisten zu prüfen haben, ob deren Kapitalkonten im Zeitpunkt der schädigenden Handlung einen positiven Stand aufwiesen.



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published on 11/11/2004 00:00

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung: ja StGB § 266 Abs. 1; StPO § 147 Abs. 2, § 344 Abs. 2 Satz 2; AO § 370 Abs. 1; EStG § 11 Abs. 1 Satz 1; IRG § 72 1. Zulässigkeit der Verwertung von Unterlagen, die im Wege der Rechtshilfe in der Schw
published on 02/12/2005 00:00

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 73 Abs. 1 Satz 1, § 266; AO § 393 1. Privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge sind keine "sonstigen Stellen" im Sinne von §
published on 29/01/2001 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL und VERSÄ UMNISURTEIL II ZR 331/00 Verkündet am: 29. Januar 2001 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja
published on 30/08/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 652/10 vom 30. August 2011 in der Strafsache gegen wegen Bankrotts u. a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 30. August 2011 gemäß § 349
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Artikel zu Strafrecht

Annotations

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

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einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Urkunden sind zum Zweck der Beweiserhebung über ihren Inhalt in der Hauptverhandlung zu verlesen. Elektronische Dokumente sind Urkunden, soweit sie verlesbar sind.

(2) Von der Verlesung kann, außer in den Fällen der §§ 253 und 254, abgesehen werden, wenn die Richter und Schöffen vom Wortlaut der Urkunde Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu Gelegenheit hatten. Widerspricht der Staatsanwalt, der Angeklagte oder der Verteidiger unverzüglich der Anordnung des Vorsitzenden, nach Satz 1 zu verfahren, so entscheidet das Gericht. Die Anordnung des Vorsitzenden, die Feststellungen über die Kenntnisnahme und die Gelegenheit hierzu und der Widerspruch sind in das Protokoll aufzunehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 190/00
vom
6. September 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. September
2000, an der teilgenommen haben:
Vizepräsident des Bundesgerichtshofes
Dr. Jähnke
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Detter,
Rothfuß,
Prof. Dr. Fischer,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 28. Dezember 1999 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Nach den Feststellungen täuschte der Angeklagte im Anschluß an einen am 22. März 1987 erlittenen Verkehrsunfall erhebliche vorgeblich als Folge des Unfalls eingetretene gesundheitliche Beeinträchtigungen vor, um von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners ihm tatsächlich nicht zustehende Schadensersatzleistungen zu erhalten. Aufgrund der Simulation des Angeklagten erbrachte die Versicherung im Zeitraum von April 1987 bis Mai 1996 zu Unrecht Rentenzahlungen für entstandenen Verdienstausfall in Höhe von insgesamt ca. 460.000 DM. Gegen das Urteil wendet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.

I.

Der Beschwerdeführer beanstandet, das Landgericht habe gegen § 261 StPO verstoßen, indem es bei seiner Entscheidung den Wortlaut ärztlicher Gutachten verwertet habe, ohne diese Gutachten ordnungsgemäß durch Verlesung gemäß § 249 Abs. 1 StPO in die Hauptverhandlung eingeführt zu haben. Jedenfalls mit der die Verwertung des Gutachtens des Prof. Dr. S. vom 8. März 1991 betreffenden Verfahrensbeanstandung dringt die Rüge durch. Das Landgericht hat Prof. Dr. S. nicht als Sachverständigen angehört , sondern als sachverständigen Zeugen dazu vernommen, daß er dieses Gutachten erstattet hat. Die Strafkammer teilt in den Urteilsgründen im Rahmen der Feststellungen zum Sachverhalt das schriftliche Gutachten des Prof. Dr. S. v om 8. März 1991 auszugsweise im Wortlaut mit. Die wörtliche Wiedergabe erstreckt sich über mehr als sechs Urteilsseiten. Eine förmliche Verlesung des Gutachtens gemäß § 249 Abs. 1 StPO ist in der Hauptverhandlung nicht erfolgt , was durch das Schweigen des Hauptverhandlungsprotokolls bewiesen wird (BGH NStZ 1999, 424; NStZ 1993, 51; BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 11). Durch gegebenenfalls auf nicht protokollierungspflichtige Vorhalte gemachte Bekundungen des in der Hauptverhandlung als sachverständigen Zeugen vernommenen Prof. Dr.S. oder des darüber hinaus als Auskunftsperson in Betracht kommenden Sachverständigen Prof. Dr. Sc. ist der Wortlaut des Gutachtens vom 8. März 1991 ebenfalls nicht in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Dem Urteil läßt sich lediglich entnehmen, daß der sachverständige Zeuge glaubhaft bestätigt hat, das auszugsweise zitierte Gutachten angefertigt zu haben. Demgegenüber fehlt ein Hinweis auf eine den
Inhalt des Gutachtens bestätigende Erklärung des sachverständigen Zeugen oder des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Sc. . Wird ein nicht verlesenes Schriftstück ohne einen solchen Hinweis auf eine bestätigende Erklärung einer in der Hauptverhandlung vernommenen Auskunftsperson im Urteil auszugsweise wörtlich wiedergegeben, so deutet dies in der Regel darauf hin, daß der Wortlaut selbst zum Zwecke des Beweises verwertet worden ist und nicht nur eine gegebenenfalls auf einen Vorhalt abgegebene Bekundung (vgl. BGH NStZ 1999, 424; BGHSt 11, 159, 161f). Bei den im Urteil wörtlich zitierten Auszügen aus dem Gutachten vom 8. März 1999 handelt es sich zudem um umfangreiche, sowohl inhaltlich als auch sprachlich komplex gestaltete Textpassagen, in denen anamnestische Angaben des Angeklagten sowie eigene umfängliche Untersuchungsergebnisse referiert werden und eine zusammenfassende gutachterliche Wertung der erhobenen Befunde formuliert ist. Die Einzelheiten dieser Gutachtenteile, insbesondere der genaue Wortlaut, können nach der Lebenserfahrung von einer Auskunftsperson auch auf Vorhalt nicht aus der Erinnerung heraus wiedergegeben werden. Der Senat schließt daher aus, daß das Landgericht den Wortlaut der im Urteil zitierten Abschnitte des Gutachtens auf Grund der Angaben des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. S. oder des Sachverständigen Prof. Dr. Sc. festgestellt hat (vgl. BGHSt 5, 278; 11, 159; BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 5, 11, 12; BGH bei Holtz MDR 1991, 704). Mit der wörtlichen Verwertung des nicht in die Hauptverhandlung eingeführten schriftlichen Gutachtens hat das Landgericht gegen § 261 StPO verstoßen. Der Senat kann bei der gegebenen Sachlage nicht ausschließen, daß das Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruht. Denn die Strafkammer hat im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen auf eine eigene Schilderung des simulierten Verhaltens des Angeklagten verzichtet und sich statt dessen darauf be-
schränkt, verschiedene ärztliche Gutachten, darunter das Gutachten des Prof. Dr. S. v om 8. März 1991, auszugsweise wörtlich wiederzugeben und pauschal festzustellen, daß die "vorstehend genannten und in den Gutachten bescheinigten" gesundheitlichen Beeinträchtigungen niemals bestanden hätten. Das Urteil kann demnach keinen Bestand haben, ohne daß es einer Erörterung der weiteren Verfahrensrügen oder der Sachbeschwerde bedarf.

II.

Für die erneute Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin: 1. Zur Klärung der Frage, ob gesundheitliche Beeinträchtigungen vom Angeklagten simuliert wurden, bedarf es einer mit sachverständiger Hilfe vorzunehmenden Auseinandersetzung mit den bei den verschiedenen Untersuchungen jeweils vom Angeklagten angegebenen Beschwerden, den erhobenen Untersuchungsbefunden und den unterschiedlichen Diagnosen. Dabei wird der neue Tatrichter auch die Möglichkeit einer bewußten oder unbewußt als Ausdruck einer neurotischen Störung erfolgten Aggravation vorhandener Beeinträchtigungen in seine Überlegungen mit einzubeziehen haben. Im Hinblick auf das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen Prof. Dr. Sc. empfiehlt es sich, zur Beurteilung dieser Fragen einen anderen Sachverständigen hinzuzuziehen. 2. Das tatrichterliche Urteil muß nach § 267 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 StPO eine in sich geschlossene Darstellung des zum Anklagevorwurf festgestellten Sachverhalts enthalten (BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 3 und § 267 Abs. 5 Freispruch 4), welche erkennen läßt, inwieweit der Tatrichter die gesetzlichen Merkmale des Straftatbestands durch Tatsa-
chen erfüllt ansieht. Werden anstelle einer aus sich heraus verständlichen Schilderung des Tatgeschehens im wesentlichen wörtliche Zitate aus verschiedenen Schriftstücken, die zudem die innere Tatseite nicht belegen, aneinandergereiht , gefährdet dies in sachlich-rechtlicher Hinsicht den Bestand des Urteils. Jähnke Detter Rothfuß Fischer Elf

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 111/01
vom
9. Mai 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts, zu Ziffer 4 auf dessen Antrag, am
9. Mai 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. August 2000
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, der Förderung der Prostitution in Tateinheit mit ausbeuterischer und dirigistischer Zuhälterei, mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie mit versuchter Nötigung schuldig ist;
b) im Strafausspruch über die Einzelstrafen von zwei Jahren und drei Monaten und von sechs Monaten sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. In der Liste der angewendeten Vorschriften wird, soweit es den Angeklagten betrifft, § 181 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StGB gestrichen; statt dessen eingefügt werden die §§ 180 a Abs. 1 Nr. 1, 181 a Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, 240 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23, 52 StGB. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Heroin und Kokain in nicht geringer Menge zu einer Einzelstrafe von acht Jahren und sechs Monaten, wegen schweren Menschenhandels zu einer Einzelstrafe von zwei Jahren und drei Monaten sowie wegen Körperverletzung zu einer Einzelstrafe von sechs Monaten verurteilt, hieraus eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren gebildet und die Einziehung der sichergestellten Rauschgiftmenge angeordnet. Seine hiergegen eingelegte, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge weist keinen Rechtsfehler auf; die gegen die Verwertung von Ergebnissen einer Telefonüberwachung gerichtete Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO ist zulässig erhoben, jedoch im Ergebnis unbegründet.
a) Nach den Feststellungen bestellte der Angeklagte vor dem 26. Juni 1999 bei dem Lieferanten Z. in S. telefonisch 2 kg Kokain, um diese gewinnbringend weiter zu veräußern. Aufgrund eines Mißverständnisses lieferte Z. über einen Kurier 3 kg Heroin. Diese Falschlieferung genehmigte der Angeklagte telefonisch am 26. Juni 1999; zugleich erneuerte er die Bestellung des Kokains. Da ein vom Angeklagten angestrebter rascher Verkauf des Heroins zunächst scheiterte, ließ er es von seinem Bruder, dem Mitangeklagten I. L., verstecken und verkaufte in der Folgezeit bis zum 7. Juli 1999 etwa die Hälfte
an unbekannte Abnehmer; die restlichen 1,455 kg wurden am 7. Juli 1999 von der Polizei sichergestellt. Die Einlassung des Angeklagten, er habe zwar mit Z. telefoniert und sich in das Rauschgiftgeschäft einbinden lassen, dies aber nur widerstrebend und aus Gefälligkeit für seinen Cousin G. getan, der Besteller und Verkäufer des Rauschgifts gewesen sei, hat das Landgericht als widerlegt angesehen. Seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten hat es auf eine "Gesamtschau der abgehörten und aufgezeichneten Telefongespräche" gestützt (UA S. 17, 19). Die Urteilsgründe führen auf etwa zwei Seiten (UA S. 17 bis 19) überwiegend wörtliche kurze Zitate aus zwei am 26. Juni 1999 um 18.54 Uhr und um 21.29 Uhr geführten Telefongesprächen des Angeklagten mit dem Lieferanten Z. sowie mit einem möglichen Abkäufer und darüber hinaus aus 15 weiteren Telefongesprächen des Angeklagten und seines Bruders zwischen dem 27. Juni und dem 6. Juli 1999 auf. Bis auf das Gespräch vom 26. Juni, 21.29 Uhr ist, wie durch das Schweigen des Hauptverhandlungsprotokolls bewiesen ist, keines der Gespräche im Wortlaut durch Abspielen und Übersetzen oder durch Verlesung eines Aufzeichnungsprotokolls in die Hauptverhandlung eingeführt worden. In den Urteilsgründen fehlt ein Hinweis auf eine den Wortlaut der Telefongespräche bestätigende Erklärung der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten.
b) Ein Verstoß gegen § 261 StPO wäre nur dann bewiesen, wenn auszuschließen wäre, daß der nicht durch Augenscheins- oder Urkundenbeweis in die Hauptverhandlung eingeführte Gesprächsinhalt in anderer zulässiger Weise zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurde. Zwar deutet es in der Regel darauf hin, daß der Wortlaut eines Schriftstücks - hier von Niederschriften über die Tonbandaufzeichnungen - selbst zum Zwecke des Beweises
verwertet worden ist, wenn eine nicht verlesene Urkunde ohne Hinweis auf eine bestätigende Erklärung einer in der Hauptverhandlung vernommenen Auskunftsperson im Urteil auszugsweise wörtlich wiedergegeben wird (vgl. BGHSt 11, 159, 161 f.; Senatsurteile vom 30. August 2000 - 2 StR 85/00 - und vom 6. September 2000 - 2 StR 190/00); insbesondere bei umfangreichen, inhaltlich und sprachlich schwierigen Urkunden kann es ausgeschlossen sein, daß eine Auskunftsperson sich auf Vorhalt an den genauen Wortlaut eines Schriftstücks zu erinnern vermag. Anders als in den vorgenannten Entscheidungen enthielten die Aufzeichnungen über den Inhalt von Telefongesprächen, die in den Urteilsgründen teilweise wörtlich wiedergegeben sind, hier aber keine umfangreichen oder sprachlich komplexen Textpassagen. Bis auf die beiden Gespräche vom 26. Juni 1999 um 18.54 Uhr und 21.29 Uhr, über deren Inhalt jeweils übersetzte Wortlautprotokolle vorlagen, handelte es sich bei den in den Akten befindlichen Aufzeichnungen zudem nicht um Protokolle, sondern um zusammenfassende Inhaltsvermerke, deren Verlesung zum unmittelbaren Beweis des Gesprächsinhalts gemäß § 250 StPO nicht zulässig gewesen wäre. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der in den Urteilsgründen jeweils nur mit einem Satz wiedergegebene Inhalt dieser Gespräche, auf dessen zusammenfassende Gesamtschau das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gestützt hat, durch die Vernehmung der Polizeibeamten und Dolmetscher , gegebenenfalls auf Vorhalt der entsprechenden Vermerke, in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist. Das gilt auch für das auf UA S. 17 wiedergegebene einzige Gespräch des Angeklagten mit dem Lieferanten Z., aus dem sich die Falschlieferung von 3 kg Heroin und die Erneuerung der Bestellung von 2 kg Kokain ergibt. Schon
die Einlassung des Angeklagten, er habe nur aus Gefälligkeit mit Z. telefoniert, weist darauf hin, daß der Inhalt dieses Gesprächs Gegenstand der Hauptverhandlung war; in dem Beweisantrag der Verteidigung, der zum Abspielen des Telefongesprächs von 21.29 Uhr und zur Verlesung des Aufzeichnungsprotokolls in der Hauptverhandlung führte, ist überdies ausdrücklich darauf hingewiesen , daß das Gespräch von 18.54 Uhr "bereits in der Hauptverhandlung eingeführt" sei (Protokollb. S. 123); in zwei weiteren Beweisanträgen der Verteidigung ist unter Beweis gestellt worden, daß von der Lieferung von 2 kg Kokain von Z. an den Angeklagten ausschließlich in dem Gespräch um 18.54 Uhr die Rede war (Protokollb. S. 121). Angesichts der besonderen Bedeutung des Gesprächs, der offensichtlich eingehenden Erörterung seines Inhalts in der Hauptverhandlung und des Umstands, daß die Vernehmung polizeilicher Zeugen auf Beweisanträge der Verteidigung hin gerade den Inhalt dieses Gesprächs zum Gegenstand hatte, erscheint es naheliegend anzunehmen, daß die hierzu vernommenen Polizeibeamten , die sich erfahrungsgemäß im Wege der vorherigen Durchsicht ihrer Ermittlungsunterlagen auf die Vernehmung intensiv vorbereiten, sich an Einzelheiten des Gesprächs erinnerten und daß ihnen die - im Urteil in insgesamt 12 Zeilen wiedergegebenen - entscheidenden Passagen auch noch wörtlich präsent waren. Hierfür spricht auch, daß die Telefonüberwachungsmaßnahmen zum damaligen Zeitpunkt nicht allzu lange zurücklagen und daß die vom Angeklagten in dem genannten Gespräch benutzten Formulierungen ("Finde mir das Weiße ... davon brauche ich zwei") besonders einprägsam waren. Auch daß die Uhrzeiten der Gespräche den Zeugen unter diesen Umständen noch aus eigener Erinnerung präsent waren, erscheint entgegen der Ansicht der Revision keineswegs ausgeschlossen. Ein Verstoß gegen § 261 StPO ist daher nicht bewiesen.

c) Sachlich rechtliche Fehler weist die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht auf; das gilt auch für die insoweit verhängte Einzelstrafe von acht Jahren und sechs Monaten. 2. Die Sachrüge ist im übrigen teilweise begründet und führt zur Ä nderung des Schuldspruchs sowie zur Aufhebung des Strafausspruchs hinsichtlich der unter II.1 der Urteilsgründe abgeurteilten Taten und des Gesamtstrafenausspruchs.
a) Nach den Feststellungen errichtete der Angeklagte spätestens 1998 gemeinsam mit anderen eine Organisation, die darauf gerichtet war, junge Frauen aus Osteuropa als Prostituierte anzuwerben und über Frankfurt am Main nach Südspanien zu verbringen, wo die Frauen in verschiedenen Bordellen der Prostitution nachgingen. Die Mitglieder der Gruppe kontrollierten die Arbeit der Frauen und nahmen ihnen täglich das vereinnahmte Entgelt ab; wenn der Verdienst zu gering erschien, wurden die Opfer durch Schläge und andere Mißhandlungen bestraft. Der Angeklagte leitete die Kontroll- und Strafmaßnahmen teilweise vor Ort in Spanien, im übrigen telefonisch von Frankfurt aus. Die 21 Jahre alte Nebenklägerin V., die im August 1998 zum Zweck der Prostitutionsausübung aus Rußland nach Deutschland eingereist war, arbeitete ab September 1998 in einem von dem Angeklagten kontrollierten Bordell in D. /Sp. . Wie von vornherein vereinbart, erhielt sie auf Veranlassung des Angeklagten im April 1999 einen Entgeltsanteil von mindestens 2.800 DM sowie ein Flugticket zur Rückreise nach Rußland. Das Geld gab sie jedoch alsbald für den Kauf von Luxusartikeln aus; anschließend bat sie den Bruder des Angeklagten, der diesen bei Abwesenheit vertrat, weiter in einem anderen Bordell arbeiten zu dürfen, was dieser gegen den Willen des Angeklagten bis En-
de Mai 1999 gestattete. Am 30. Mai 1999 wurde die Nebenklägerin vom Bruder des Angeklagten mit dessen Billigung entsprechend der üblichen Vorgehensweise zur Bestrafung geschlagen und nackt in eine Badewanne mit kaltem Wasser gesetzt. Am 1. Juni 1999 beendete sie ihre Tätigkeit für den Angeklagten auf dessen Veranlassung hin. Er ließ sie in die Bundesrepublik bringen , wo sie sich freiwillig einem anderen Mann anschloß und bis zu ihrer Festnahme am 13. Juli 1999 weiter der Prostitution nachging. Diese Feststellungen tragen den auf § 181 Abs. 1 Nr. 1 StGB gestützten Schuldspruch wegen schweren Menschenhandels nicht. Den Tatbestand erfüllt , wer eine andere Person durch Nötigungsmittel oder List zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution bestimmt. Erfaßt sind daher auch Taten gegen solche Personen, die zur Zeit der Bestimmungshandlung der Prostitution bereits nachgehen oder sie zu einem früheren Zeitpunkt ausübten. Wird die Prostitution bereits - freiwillig - ausgeübt, so ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlich, daß das Opfer durch die Einwirkung des Täters zu einer qualitativ andersartigen, von ihm nicht gewollten Form der Prostitutionsausübung bestimmt wird; dies kann etwa bei einem erzwungenen Wechsel der Prostitutionsform, einer Erweiterung der vom Opfer zu erbringenden sexuellen Dienste oder bei einer zu wesentlicher Verschlechterung der Lage des Opfers führenden Veränderung der Prostitutionsbedingungen der Fall sein (vgl. BGHSt 33, 353; 42, 179; BGH NStZ-RR 1996, 291; vgl. auch Lenckner /Perron in Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 181 Rdn. 4 f.; Tröndle /Fischer, StGB 50. Aufl., § 181 Rdn. 3; Laubenthal, Sexualstraftaten, 2000, Rdn. 676, 647; jew. m.w.N.). Die Bestimmung zur bloßen Fortsetzung der schon zuvor ausgeübten Prostitution erfüllt den Verbrechenstatbestand des § 181 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur dann, wenn das Opfer die Prostitution ganz auf-
geben oder in entsprechend erheblicher qualitativer oder quantitativer Weise einschränken will und hieran durch die Einwirkung des Täters gehindert wird. Ein solcher Fall lag hier nach den vom Landgericht festgestellten Umständen nicht vor. Die Nebenklägerin ging der Prostitution in den vom Angeklagten kontrollierten Clubs freiwillig und auf ihre ausdrückliche Bitte hin nach. Selbst als der Angeklagte ihr den vereinbarten Entgeltsanteil und ein Rückflugticket aushändigen ließ, nutzte sie dies nicht zur Abkehr von der Prostitution, sondern bat den Bruder des Angeklagten alsbald, sie unter den ihr bekannten Bedingungen weiter in einem der Clubs als Prostituierte arbeiten zu lassen. Soweit sie mindestens einmal einer dem Angeklagten zuzurechnenden gewalttätigen Bestrafungsaktion unterworfen wurde, diente diese nach den Feststellungen dazu, "sie zu verstärktem Arbeitseinsatz und zur Erzielung höherer Einnahmen anzuhalten" (UA S. 9). Hiermit ist eine Nötigung zu qualitativ andersartiger , von der Nebenklägerin nicht gewollter Prostitution nicht hinreichend belegt.
b) Der Angeklagte hat sich jedoch nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Förderung der Prostitution gemäß § 180 a Abs. 1 Nr. 1 StGB sowie der ausbeuterischen und dirigistischen Zuhälterei gemäß § 181 a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB schuldig gemacht. Die insoweit gegen die Beweiswürdigung gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch; insbesondere war das Landgericht nicht gehindert, Feststellungen zum Aufbau der Organisation auf die in den Urteilsgründen zusammenfassend wiedergegebenen Aussagen der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Telefonüberwachung und der Aussage der Nebenklägerin V. in der Hauptverhandlung zu stützen. Eine ins einzelne gehende Darlegung der Beweisergebnisse in den Urteilsgründen ist nicht erforderlich.
Der Senat hat den Schuldspruch geändert. § 265 StPO stand dem nicht entgegen, weil die zugrundeliegenden Tatsachen Gegenstand umfangreicher Erörterung in der Hauptverhandlung waren und der Angeklagte sich nicht anders hätte verteidigen können.
c) Der Schuldspruch wegen vorsätzlicher Körperverletzung begegnet im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. Ob die vom Landgericht angestellten Erwägungen zur mittelbaren Täterschaft des Angeklagten zutreffend sind, kann dahinstehen, weil der Angeklagte jedenfalls Mittäter der Körperverletzung war. Daß der Taterfolg im Ausland eingetreten ist, steht einer Verurteilung nicht entgegen, da der Angeklagte bei seinen telefonischen Anweisungen im Inland gehandelt hat (§ 9 Abs. 1 StGB). Dies gilt auch für die gleichfalls tateinheitlich gegebene versuchte Nötigung der Nebenklägerin zu "verstärktem Arbeitseinsatz". Der insoweit vom Senat vorgenommenen Ergänzung des Schuldspruchs stand § 265 StPO nicht entgegen, da auszuschließen ist, daß der Angeklagte sich anders hätte verteidigen können. 3. Die Einzelstrafe für die Taten zu Lasten der Nebenklägerin V. sowie die Gesamtstrafe müssen aus sachlich rechtlichen Gründen neu bemessen werden. Auf die Verfahrensrüge im Zusammenhang mit der Verwertung des Telefongesprächs vom 16. Juni 1999, auf welche das Landgericht die Feststellung einer Rädelsführerschaft des Angeklagten gestützt hat, kam es daher nicht
an. Die Einzelstrafe für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist von der Aufhebung nicht berührt und kann bestehen bleiben. Das gilt auch für die rechtsfehlerfreie Anordnung der Einziehung. Jähnke Bode Rothfuß Fischer Elf

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Ist die Revision rechtzeitig eingelegt und sind die Revisionsanträge rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form angebracht, so ist die Revisionsschrift dem Gegner des Beschwerdeführers zuzustellen. Diesem steht frei, binnen einer Woche eine schriftliche Gegenerklärung einzureichen. Wird das Urteil wegen eines Verfahrensmangels angefochten, so gibt der Staatsanwalt in dieser Frist eine Gegenerklärung ab, wenn anzunehmen ist, dass dadurch die Prüfung der Revisionsbeschwerde erleichtert wird. Der Angeklagte kann die Gegenerklärung auch zu Protokoll der Geschäftsstelle abgeben.

(2) Nach Eingang der Gegenerklärung oder nach Ablauf der Frist sendet die Staatsanwaltschaft die Akten an das Revisionsgericht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 293/06
vom
22. August 2006
in der Strafsache
gegen
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
Zur Anwendbarkeit von § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO bei einer Urteilsabsprache,
die eine "Punktstrafe" zum Gegenstand hatte.
BGH, Beschl. vom 22. August 2006 - 1 StR 293/06 - LG Stuttgart
wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. August 2006 beschlossen
:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag gegen die Versäumung
der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil
des Landgerichts Stuttgart vom 31. Januar 2006 Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand gewährt.
Damit ist der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom
12. April 2006, mit dem die Revision des Angeklagten gegen
das vorbezeichnete Urteil als unzulässig verworfen worden ist,
gegenstandslos.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil
wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels
und der Wiedereinsetzung.
Gründe (zu 2.):
1 Der Angeklagte gehörte einer Bande an, die in erheblichem Umfang mit
großen, aus den Niederlanden eingeschmuggelten Rauschgiftmengen Handel
getrieben hat. Die abgeurteilten Taten beziehen sich auf insgesamt mehr als
25 kg Marihuana sowie in geringerem Umfang auch auf Kokain. Deshalb wurde
er zu acht Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, wobei das Strafmaß auf einer
verfahrensbeendenden Absprache beruht.
I.
2 Dem liegt, so die Revision, folgender Verfahrensgang zu Grunde: Nach
mehrtägiger Beweisaufnahme hatte das Gericht erstmals im Verfahren die Möglichkeit
einer verfahrensbeendenden Absprache angesprochen. Bei einem danach
außerhalb der Hauptverhandlung geführten Gespräch lagen „die Vorstellungen
über das mögliche Strafmaß … zunächst erheblich auseinander“. Der
„Vorschlag“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren kam seitens des
Gerichts. In der Hauptverhandlung wurde der Inhalt dieses Gesprächs bekannt
gegeben; ausweislich der Niederschrift der Hauptverhandlung bezeichnete das
Gericht die genannte Strafe als „angemessen“, was unter Abwägung für und
gegen den Angeklagten sprechender Umstände näher begründet wurde. Anschließend
fand nur noch in sehr geringem Umfang Beweisaufnahme statt.
Letztlich waren alle Verfahrensbeteiligten mit dem Vorschlag des Gerichts einverstanden.
In seinen Schlussausführungen stellte der Verteidiger des Angeklagten
keinen konkreten Antrag zur Strafhöhe.
3 Mit seiner auf den Strafausspruch beschränkten Revision macht der Angeklagte
geltend, das Gericht habe sich bereits vor der Urteilsberatung auf eine
exakte Strafhöhe („Punktstrafe“) festgelegt.
II.
4 1. Ob der geschilderte Protokollinhalt den Revisionsvortrag, das Gericht
habe sich schon vor der Urteilsberatung letztlich unwiderruflich auf eine bestimmte
Strafe festgelegt, zwingend belegt, mag dahinstehen. Immerhin könnte
der Umstand, dass der Verteidiger in seinen Schlussausführungen keinen kon-
kreten Antrag zur Strafhöhe gestellt hat, dahin deuten, dass er die Strafe in das
seiner Ansicht nach noch bestehende Ermessen des Gerichts stellen wollte.
Der Senat sieht jedoch von an sich möglichen freibeweislichen Ermittlungen
(vgl. BGH NStZ 1999, 571, 572) ab. Er geht, ebenso wie die Generalbundesanwältin
, vom Vorbringen der Revision aus: Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer
Revisionsgegenerklärung (§ 347 Abs. 1 Satz 2 StPO) dem Vorbringen der Revision
nicht widersprochen, und auch das Gericht hat sich zu keiner dienstlichen
Erklärung veranlasst gesehen (vgl. BGH StV 2000, 652, 653; StraFo 2003, 379,
380).
5 2. Revision und Generalbundesanwältin legen zutreffend dar, dass nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hier § 261 StPO ebenso verletzt
ist wie § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 StGB. Das Gericht kann zwar bei verfahrensbeendenden
Absprachen eine Strafobergrenze nennen, es darf sich
aber nicht auf eine exakte Strafhöhe („Punktstrafe“) festlegen (BGHSt 50, 40,
51 ; 43, 195, 206 f.; NStZ 1999, 571, 572; ebenso KG NStZ-RR
2004, 175, 178); in der Regel wird auch nicht völlig auszuschließen sein, dass
der Strafausspruch auf einer solchen schon vor den Schlussvorträgen der Verfahrensbeteiligten
(§ 258 StPO) und der nachfolgenden Urteilsberatung (§ 260
Abs. 1 StPO) vorgenommenen Selbstbindung des Gerichts beruht (vgl. BGHSt
43, 195, 211). Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn, wie hier, der Absprache
eine längere Beweisaufnahme voranging und, wie hier ebenfalls, ihr Ergebnis
mit abwägenden Erwägungen näher begründet wurde. Schließlich ändert
sich auch nicht dadurch etwas, dass hier die Strafzumessungserwägungen des
Urteils, die im Kern der Begründung des gerichtlichen Vorschlags entsprechen,
so auch die Revision „für sich allein gesehen … wohl nicht beanstandet werden“
können (vgl. BGHSt 43, 195, 211; KG aaO).
6 3. Gleichwohl hat der Strafausspruch Bestand (§ 349 Abs. 2 StPO), da
der Senat, entsprechend dem Antrag der Generalbundesanwältin, die Strafe
trotz des aufgezeigten Mangels für angemessen hält, § 354 Abs. 1a Satz 1
7 a) Die Revision macht demgegenüber geltend, hier stünden schon
grundsätzliche Erwägungen einer Anwendbarkeit von § 354 Abs. 1a Satz 1
StPO entgegen.
8 (1) So meint sie, wenn der Tatrichter „das ihm obliegende abschließende
Beurteilungsermessen nicht ausgeübt“ habe, sei „es grundsätzlich erforderlich,
die Sache an ihn zur Nachholung der rechtlich gebotenen Entscheidung zurückzugeben“.
9 Einen derartigen Rechtsgrundsatz gibt es nicht. Der Anwendung von
§ 354 Abs. 1a Satz 1 StPO steht nicht entgegen, dass nicht festgestellt werden
kann, dass der Tatrichter ohne den Fehler auf dieselbe Strafe erkannt hätte
(vgl. BTDrucks. 15/3482 S. 21 f.; BGH NJW 2005, 913, 914; BGH, Beschluss
vom 17. März 2006 - 1 StR 577/05 m.w.N.). Dementsprechend kommt es nicht
darauf an, ob hier die Strafkammer, hätte sie ihr „abschließendes Beurteilungsermessen“
ausgeübt, zu demselben oder zu einem anderen Ergebnis gekommen
wäre. Deshalb ist es auch nicht erforderlich, die Sache zur Nachholung
dieses Ermessens an den Tatrichter zurückzuverweisen.
10 (2) In ihrer Erwiderung auf den Antrag der Generalbundesanwältin (§ 349
Abs. 3 Satz 2 StPO) führt die Revision aus, obwohl die Entscheidung des Großen
Senats für Strafsachen (BGHSt 50, 40) „Gegenstand intensivster rechtlicher
Diskussion (war,) … verhält sich die … Strafkammer …, als habe es den
Beschluss des Großen Senats (und die vorangegangene Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs …) überhaupt nicht gegeben. Unter solchen Umständen
verbietet sich die ‚alles verzeihende’ Anwendung von § 354 Abs. 1a Satz 1
StPO.“
11 Der Senat kann dem nicht folgen.
12 Einen Rechtssatz, dass § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO nicht anwendbar wäre
, wenn der Tatrichter revisionsgerichtliche Rechtsprechung außer Betracht
gelassen hat, gibt es nicht. Daran ändert sich auch nicht dadurch etwas, dass
diese Rechtsprechung (ebenso wie ihre zu erwartende Übernahme in eine künftige
gesetzliche Regelung, wie die Revision im Einzelnen dargelegt hat) in der
Fachöffentlichkeit breit diskutiert wird.
13 Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof wiederholt und in unterschiedlichen
Zusammenhängen ausgesprochen, dass das Revisionsgericht den Tatrichter
nicht zu „sanktionieren“ (BGH StV 2004, 196) oder zu „maßregeln“ (BGH
NStZ-RR 2006, 112, 114 f.) hat. Dies gilt auch hier. Dementsprechend kann es
für die Anwendbarkeit von § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO auch nicht darauf ankommen
, ob der dem Tatrichter bei der Rechtsfolgenbestimmung unterlaufene
Rechtsfehler „verzeihlich“ erscheint oder nicht.
14 b) Auch sonst steht einer Entscheidung gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1
StPO nichts entgegen. Die im Urteil mitgeteilten Strafzumessungsumstände
sind nicht lückenhaft oder unklar und ermöglichen dem Revisionsgericht die
Prüfung und Beantwortung der Frage, ob die Rechtsfolge angemessen ist (vgl.
Senge in FS für Hans Dahs 2005, 475, 486). Ebenso wenig ist erkennbar, dass
es hier im Einzelfall besonders auf den persönlichen Eindruck vom Angeklagten
ankäme (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2006 - 1 StR 577/05; BGH NJW
2005, 1813, 1814). Schließlich gibt es auch keine Anhaltspunkte für erst nach
der Hauptverhandlung eingetretene und dementsprechend bisher nicht berücksichtigte
Entwicklungen oder Ereignisse, die ein neuer Tatrichter nahe liegend
feststellen und zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigen würde (vgl. BGH
StV 2005, 426).
15 c) Unter Abwägung aller für die Strafzumessung bedeutender Urteilsfeststellungen
und unter Berücksichtigung des gesamten hierauf bezogenen Vorbringens
der Verfahrensbeteiligten hält der Senat aus den von der Generalbundesanwältin
zutreffend im Einzelnen dargelegten Gründen sowohl die von der
Strafkammer verhängten Einzelstrafen als auch die daraus von ihr gebildete
Gesamtstrafe für angemessen.
Nack Wahl Boetticher
Schluckebier Elf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 471/01
vom
22. November 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. November 2001 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten E. wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 15. Mai 2001, soweit es diesen Angeklagten betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten E. wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Die Revision macht den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO geltend. Sie beanstandet als Verstoß gegen § 185 Abs. 1 Satz 1 GVG, daß die Hauptverhandlung am ersten Verhandlungstage nicht in Anwesenheit eines die Heimatsprache des Angeklagten hinreichend beherrschenden Dolmetschers geführt worden sei und "das Pensum" dieses ersten Hauptverhandlungstages am folgenden Verhandlungstag - nunmehr in Anwesenheit eines anderen Dolmetschers - auch nicht wiederholt worden sei. Sie trägt vor, die Strafkammer habe sich auf eine entsprechende Rüge des Verteidigers hin zur Beratung zu-
rückgezogen; nach Wiedereintritt in die Verhandlung habe der Vorsitzende erklärt, die Strafkammer sei "ebenfalls zu der Überzeugung gekommen ..., daû die Ladung eines anderen Dolmetschers notwendig erscheine". Letzteres wird durch das Hauptverhandlungsprotokoll und die Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft bestätigt. Ein Dolmetscher muû nach § 185 Abs. 1 GVG grundsätzlich während der ganzen Hauptverhandlung zugegen sein. Ist dies nicht der Fall, greift der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO (BGHSt 3, 285; Kleinknecht/ Meyer-Goûner StPO 45. Aufl. § 338 Rdn. 44). Anders liegt es, wenn sich der Angeklagte auch in der deutschen Sprache verständigen kann; dann ist auch die zeitweilige Abwesenheit des Dolmetschers unschädlich. Ist der Angeklagte der deutschen Sprache nur teilweise mächtig und nach § 185 GVG ein Dolmetscher bestellt, so bleibt es dem pflichtgemäûen Ermessen des Tatrichters überlassen, in welchem Umfang er unter Mitwirkung des Dolmetschers mit den Prozeûbeteiligten verhandeln will. In diesem Falle gehört der Dolmetscher nicht zu den Personen, deren Anwesenheit im Sinne des § 338 Nr. 5 StPO für die gesamte Dauer der Hauptverhandlung erforderlich ist (BGHSt 3, 285; BGHR StPO § 338 Nr. 5 Dolmetscher 2, 3; BGH NStZ 1984, 328). Die Revision behauptet, der Angeklagte E. sei der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen. Das Hauptverhandlungsprotokoll belegt, daû der zunächst tätige Dolmetscher am ersten Verhandlungstag – u.a. nach den Angaben des Angeklagten sowie des Mitangeklagten U. zur Person, nach Verlesung der Anklage und während der Einlassung des Mitangeklagten U. zur Sache – abgelöst wurde, nachdem der Verteidiger die "getätigten Übersetzungen" gerügt und die Bestellung eines Dolmetschers für die "nigerianisch-englische Sprache" beantragt hatte. Der Senat geht aufgrund der weiteren Umstände
auch im übrigen von dem Vortrag der Revision aus. Den Urteilsgründen zufolge hält sich der Angeklagte zwar seit dem Jahr 1990 in Deutschland auf, ist seit 1992 mit einer Frau deutschen Namens verheiratet, hat mit dieser zwei Kinder und arbeitet seit 1994 in einer deutschen Firma (UA S. 6). Gleichwohl versteht sich hier nicht von selbst, daû er die deutsche Sprache teilweise hinreichend beherrscht. Immerhin war der Strafkammer die Beiziehung eines anderen Dolmetschers "notwendig" erschienen. Das legt nahe, daû es tatsächlich zu Verständigungsschwierigkeiten gekommen war. Dabei ist das Erfordernis einer korrekten Übertragung der Sacheinlassung des ebenfalls aus Nigeria stammenden Mitangeklagten U. für die Strafkammer im Auge zu behalten, die auch den Angeklagten als Mittäter U. s betreffen konnte. Die Staatsanwaltschaft hat eine Gegenerklärung abgegeben (§ 347 Abs. 1 Satz 2 StPO), die lediglich den von der Revision vorgetragenen Verlauf durch Wiedergabe eines Protokollauszuges bestätigt. Den weiteren Behauptungen der Revision ist sie indessen nicht entgegengetreten. Der Gegenerklärung ist auch keine dienstliche Äuûerung des Vorsitzenden der Strafkammer, des beisitzenden Richters oder des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft zu entnehmen, aus der sich insoweit Gegenteiliges ergäbe (vgl. Nr. 162 Abs. 2 bis 4 RiStBV; siehe auch BGH StV 2000, 652, 653). Der Senat hat deshalb keinen Grund an dem Revisionsvorbringen zu zweifeln, daû die Beteiligung eines Dolmetschers auch am ersten Sitzungstag erforderlich war, der zunächst
tätige Dolmetscher wegen Besonderheiten der Heimatsprache der Angeklagten nicht geeignet und die Verhandlung des ersten Sitzungstages auch später nicht mit dem dann zugezogenen Dolmetscher wiederholt worden ist. Die Verfahrensrüge greift mithin durch. Herr VRiBGH Dr. Schäfer ist erkrankt und deshalb an der Unterschrift gehindert. Nack Nack Wahl Schluckebier Kolz

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 73 Abs. 1 Satz 1, § 266;
1. Privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge
sind keine "sonstigen Stellen" im Sinne von § 11 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. c StGB, wenn ein Privater daran in einem Umfang beteiligt
ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische
Entscheidungen mitbestimmen kann.
2. Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen
Verkehr bildet der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich
der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die
Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils
im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
3. Durch Bestechung erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB
ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe der gesamte
wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
, nicht der vereinbarte Werklohn.
4. Wer Bestechungsgelder erhält, muss diese versteuern. Dem steht
der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit auch in Fällen des
§ 393 Abs. 2 Satz 2 AO nicht entgegen, soweit sich die Erklärungspflicht
auf die betragsmäßige Angabe der Einnahmen beschränkt
und nicht deren deliktische Herkunft umfasst.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05
LG Köln –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 2. Dezember 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
- Verfallsbeteiligte:
wegen Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 1. und 2. Dezember 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Sc
alsVerteidigerfürdenAngeklagten E ,
Rechtsanwalt W ,
Rechtsanwältin We
als Verteidiger für den Angeklagten M ,
Rechtsanwalt L ,
Rechtsanwältin H
alsVerteidigerfürdenA ngeklagten R ,
Rechtsanwalt M
alsVertreterderVerfallsbeteiligten,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
in der Sitzung vom 2. Dezember 2005 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagten E und M gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 13. Mai 2004 werden verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten; die Angeklagten E und M tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten E wegen Untreue und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sowie wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten M hat es wegen Beihilfe zur Untreue und wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und daneben eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 165 Euro festgesetzt. Aus tatsächlichen Gründen freigesprochen hat das Landgericht den Angeklagten R insgesamt sowie den Angeklagten M , soweit diesem eine Steuerhinterziehung vorgeworfen wurde; zudem hat es die Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Angeklagten und die Verfallsbeteiligte abgelehnt.
Die zuungunsten der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich mit der Sachrüge zum einen gegen die Freisprüche, die Strafzumessung und die Strafaussetzung zur Bewährung beim Angeklagten M sowie die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte; nur insoweit werden sie vom Generalbundesanwalt vertreten. Darüber hinaus beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass die Angeklagten nicht wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit verurteilt worden sind, ferner auch die Strafzumessung bei dem Angeklagten E . Die Angeklagten E und M wenden sich mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen umfassend gegen ihre Verurteilung.
Sämtliche Revisionen bleiben erfolglos.

I.


Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
Im Jahr 1990 beschloss der Rat der Stadt Köln die Gründung einer Abfallverwertungsgesellschaft in Form einer städtisch beherrschten Mischgesellschaft unter maßgeblicher Beteiligung der Privatwirtschaft. Die Einbeziehung eines privaten Unternehmers sollte dessen Fachwissen und wirtschaftliche Erfahrung nutzbar machen sowie zur Kostenersparnis beitragen. Als Mitgesellschafter wurde der gesondert Verfolgte T gewonnen, der über verschiedene Gesellschaften eine beherrschende Stellung – vom Zeugen A anschaulich als „Monopölchen“ bezeichnet – auf dem Abfallsektor im Rheinland besaß. Die Stadt Köln (Anteil am Stammkapital 50,1 %), die S K G (Anteil 24,8 %) und die T E G V (Anteil 25,1 %) gründeten 1992 die „AVG “ (nachfolgend: AVG). Gegenstand der Gesellschaft waren insbesondere die Errichtung und der Be-
trieb von Anlagen für die thermische Behandlung und die Kompostierung von Abfällen sowie das Baustellen- und Gewerbeabfallrecycling unter Beachtung der Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts der Stadt Köln. Der Gesellschaftsvertrag sah bei wichtigen Entscheidungen die Notwendigkeit einer Dreiviertel-Mehrheit vor. Die Stadt Köln schloss mit der AVG einen langfristigen Entsorgungsvertrag, wonach sie die AVG als sog. „Dritte“ mit der Wahrnehmung der Abfallentsorgungsaufgaben in zentralen Bereichen des Recyclings , der Kompostierung und der thermischen Behandlung beauftragte. Alleiniger Geschäftsführer der AVG wurde der Angeklagte E . Die Stadt Köln regelte die Müllentsorgung weiterhin durch Abfallsatzungen, nach denen die Abfallwirtschaft als öffentliche Einrichtung im Sinne einer rechtlichen , wirtschaftlichen und organisatorischen Einheit betrieben wurde.
Eine der zentralen Aufgaben der AVG war in den folgenden Jahren der Bau einer Restmüllverbrennungsanlage (nachfolgend: RMVA) in Köln zum Zweck der thermischen Müllentsorgung. Nach der Ausschreibung der Aufträge zur Planung und zum Bau der RMVA gaben mehrere Firmen Angebote ab; sie stellten teilweise auch die Zahlung von Schmiergeldern zwischen 2 % und 3 % des Auftragsvolumens bei Auftragsvergabe in Aussicht. Einer der Mitwettbewerber war die Verfallsbeteiligte L & C (nachfolgend: LCS), deren Geschäftsführer der Angeklagte M war. Unter maßgeblicher Einflussnahme des gesondert Verfolgten Wi , der seit mehreren Jahren als Unternehmensberater für die LCS tätig war und durch seine politische Laufbahn zahlreiche Kontakte zu den Entscheidungsträgern der Stadt Köln hatte, wurde schließlich im Herbst 1993 – einige Zeit vor dem Submissionstermin – zwischen E , T und M vereinbart, dass im Falle der Auftragsvergabe an die LCS von dieser ein Schmiergeld in Höhe von insgesamt 3 % des Auftragswerts in gleichen Teilen an E , T und Wi gezahlt werde, und zwar ein Drittel nach Vertragsschluss, ein Drittel nach Baubeginn und das letzte Drittel nach Abschluss der Bauarbeiten. E und M manipulierten die Ausschreibung, so dass die LCS nach Kenntnis der
anderen Angebote als günstigster Bieter schließlich den Zuschlag erhielt. In dem durch Verhandlungsgeschick des Angeklagten E schließlich erzielten, für die AVG insgesamt günstigen Festpreis von 792 Mio. DM war durch verschiedene Aufschläge auf einzelne Bau-Lose eine schmiergeldbedingte Erhöhung des Werklohns um rund 24 Mio. DM enthalten. Da sich dieser Betrag aus Sicht der LCS lediglich als Durchlaufposten darstellte, wäre der Angeklagte M auch bereit gewesen, für die LCS zu einem um den Schmiergeldbetrag verminderten Preis abzuschließen.
Die AVG zahlte den vereinbarten Werklohn einschließlich des darin enthaltenen Schmiergeldanteils bis August 2000 fast vollständig an die LCS. Die Abwicklung der Schmiergeldzahlungen, die in Höhe von insgesamt 21,6 Mio. DM flossen, erfolgte über verschiedene Schweizer Firmen, die der gesondert Verfolgte T absprachegemäß zur Verschleierung der Zahlungsflüsse vermittelte. An diese Firmen zahlte LCS im Jahr 1994 insgesamt 9 Mio. DM, 1995 2,7 Mio. DM, 1996 insgesamt 5,5 Mio. DM, 1998 insgesamt 3,4 Mio. DM und 1999 einen Restbetrag von 1 Mio. DM. Hiervon erhielt der Angeklagte E insgesamt 14,29 Mio. DM, und zwar 1994 3,2 Mio. DM, 1995 2 Mio. DM, 1996 5,2 Mio. DM, 1998 2 Mio. DM und 1999 schließlich 1,89 Mio. DM. Einen weiteren Betrag von mindestens 1 Mio. DM gab E 1995 oder 1996 an den Angeklagten M weiter; T und Wi erhielten zumindest 1994 jeweils 2 Mio. DM, wobei T seinen Anteil an Wi weiterreichte. Dass E von seinem Anteil weitere Millionensummen an die Angeklagten R und M sowie den gesondert Verfolgten Wienand auskehrte, konnte das Landgericht nicht sicher feststellen; es hat indes zugunsten des Angeklagten E angenommen, dass diesem lediglich Schmiergeldbeträge von insgesamt 7,49 Mio. DM verblieben sind.
Die Verfallsbeteiligte LCS rechnete das Projekt RMVA – nach einem zwischenzeitlichen vorläufigen Gewinn in Höhe von ca. 8 bis 9 Mio. Euro – im Jahr 2001 wegen verschiedener Gewährleistungsarbeiten endgültig mit
einem Verlust in Höhe von 688.000 Euro ab. Über das Vermögen der Verfallsbeteiligten ist inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg.
1. Dass die Angeklagten E und M nicht wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung, sondern nur wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr gemäß §§ 299, 300 StGB verurteilt worden sind, ist nicht rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat eine Amtsträgerstellung des Angeklagten E als Geschäftsführer der AVG nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB zutreffend verneint, weil es sich bei der AVG nicht um eine „sonstige Stelle“ im Sinne dieser Vorschrift handelt.

a) Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. „Sonstige Stellen“ sind – ohne Rücksicht auf ihre Organisationsform – behördenähnliche Institutionen, die zwar keine Behörden im organisatorischen Sinne sind, aber rechtlich befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken (vgl. BGHSt 43, 370, 375 ff.; 49, 214, 219). Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass auch als juristische Personen des Privatrechts organisierte Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen Hand als „sonstige Stellen“ den Behörden gleichzustellen sind, wenn bei ihnen Merkmale vorliegen, die eine Gleichstellung rechtfertigen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie bei ihrer Tätigkeit öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei derart staatlicher – gegebenenfalls auch kommunaler – Steuerung unterliegen, dass sie bei einer Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale als „verlängerter Arm“ des Staates erscheinen (vgl. BGHSt 49, 214, 219 m.w.N.).

b) Diese Voraussetzungen liegen bei der AVG nicht vor.
aa) Die AVG ist zwar nach dem Gesellschaftsvertrag auf dem Gebiet der Müllentsorgung und damit in einem Bereich der Daseinsvorsorge tätig (vgl. BGHZ 40, 355, 360; BGH MDR 1983, 824; KG-Report 2005, 145); solche Tätigkeit wird von der Rechtsprechung seit jeher als öffentliche Aufgabe angesehen (vgl. BGHSt 12, 89, 90; 31, 264, 268; 45, 16, 19; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7; vgl. auch den Gesetzentwurf zum Korruptionsbekämpfungsgesetz BT-Drucks. 13/5584, S. 12). Als „verlängerter Arm“ des Staates und damit als „sonstige Stellen“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB können aber privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge jedenfalls dann nicht mehr verstanden werden, wenn ein Privater an dem Unternehmen in einem Umfang beteiligt ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann.
bb) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge für sich genommen nicht ausreicht, um eine der Behörde gleichgestellte „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzunehmen (vgl. BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19). Die Tatsache, dass vielfältige der Daseinsvorsorge zugerechnete Aufgaben wie etwa die Energie- und Wasserversorgung oder die Müllentsorgung nach einer Liberalisierung der entsprechenden Märkte auch von privaten Unternehmen erbracht werden und dass die öffentliche Hand daneben in unterschiedlicher Organisations- und Beteiligungsform weiterhin auf diesen Gebieten tätig ist, erfordert jedenfalls im Bereich der Daseinsvorsorge ein aussagekräftiges zusätzliches Unterscheidungskriterium, um privates Handeln von staatlichem Handeln hinreichend abgrenzen zu können.
cc) Mit der Ergänzung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB durch die Worte „unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform“ durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997
(BGBl I S. 2038) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Wahl der Organisationsform – privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich – für sich gesehen kein solches Abgrenzungskriterium sein kann. Der Bundesgerichtshof hat anstelle eines solchen formalen ein inhaltliches Abgrenzungskriterium entwickelt: Die „sonstige Stelle“ muss bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben derart staatlicher Steuerung unterliegen, dass sie als „verlängerter Arm“ des Staates erscheint ; erforderlich ist dabei eine Gesamtbewertung aller relevanten Umstände des Einzelfalls (BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19; 46, 310, 312 f.; 49, 214, 219; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6; BGH NJW 2004, 693, 694 m. Anm. Krehl StV 2005, 325 und Dölling JR 2005, 30, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7 nicht abgedruckt).
dd) Soweit ersichtlich noch nicht entschieden hat der Bundesgerichtshof dabei die Frage, ob auch ein solches Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge eine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, an dem ein Privater beteiligt ist.
(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind weder die alleinige Inhaberschaft einer Gesellschaft noch die damit verbundenen Aufsichtsbefugnisse für sich genommen geeignet, eine für die Annahme von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ausreichende staatliche oder kommunale Steuerung zu bejahen (vgl. BGHSt 43, 370, 378; 45, 16, 20; BGH NJW 2001, 3062, 3064, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6 nicht abgedruckt; BGH NJW 2004, 693, 694). Auch bei solchen Konstellationen ist vielmehr entscheidend, ob zusätzlich zu der alleinigen Inhaberschaft die Umstände des Einzelfalls bei einer Gesamtbewertung aller relevanten Umstände die Gleichstellung mit einer Behörde rechtfertigen können (vgl. BGH aaO). Daraus folgt, dass – anders als die Staatsanwaltschaft meint – auf eine Ähnlichkeit mit dem Begriff des „herrschenden Unternehmens“ i. S. von § 17 AktG allein nicht maßgeblich abzustellen ist.
(2) Ist schon die Alleininhaberschaft der öffentlichen Hand bei Unternehmen auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge kein hinreichendes Kriterium zur Annahme behördenähnlicher staatlicher Steuerung, gilt dies erst recht, wenn Private an einem Unternehmen beteiligt sind, das sich lediglich im Mehrheitsbesitz der öffentlichen Hand befindet. Unabhängig von der Frage, ob jede Beteiligung von Privaten an öffentlich beherrschten Unternehmen schon die Anwendung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB hindert, liegt die Gleichstellung eines Unternehmens mit einer Behörde jedenfalls dann fern, wenn der Private durch seine Beteiligung über derart weitgehende Einflussmöglichkeiten verfügt, dass er wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann (vgl. auch EuGH NVwZ 2005, 187, 190 zum Vergaberecht). Räumt der Gesellschaftsvertrag dem Privaten aufgrund der Höhe seiner Beteiligung eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen ein, kann das Unternehmen nicht mehr als „verlängerter Arm“ des Staates und sein Handeln damit nicht mehr als unmittelbar staatliches Handeln verstanden werden.
ee) Nach diesen Kriterien ist die AVG nicht als „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzusehen:
Die Gesellschafterin T besaß aufgrund ihrer Beteiligung in Höhe von 25,1 % eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen der AVG: Der Gesellschaftsvertrag der AVG sah vor, dass wesentliche Angelegenheiten der Gesellschaft nur mit DreiviertelMehrheit beschlossen werden können. Dazu zählten neben der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils, der Änderung des Gesellschaftsvertrages und der Abberufung des Geschäftsführers insbesondere die Investitions- und Darlehensaufnahme , der Abschluss und die Kündigung von Unternehmensverträgen , die Bestellung eines Abschlussprüfers und die Feststellung des Wirtschaftsplans. Der Gesellschafterin T wurde zudem das Recht zur Stellung eines Prokuristen für den technischen Bereich eingeräumt und T selbst erhielt den stellvertretenden Vorsitz des – freilich von
den kommunalen Mitgesellschaftern dominierten – siebzehnköpfigen Aufsichtsrats , der die Geschäftsführung der AVG beraten, überwachen und überprüfen sollte.
Schon allein aufgrund dieser vom Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehenen wesentlichen Einflussmöglichkeiten des privaten Gesellschafters auf Kernbereiche unternehmerischen Handelns wie etwa die Möglichkeit einer Darlehensaufnahme stellte die AVG nicht mehr den „verlängerten Arm“ des Staates dar. Die weiteren, von der Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründungsschrift zutreffend aufgeführten Möglichkeiten der Stadt Köln – insbesondere durch ihre Mehrheitsbeteiligung, den Aufsichtsrat, den Abschluss des langfristigen Entsorgungsvertrages und die im Gesellschaftsvertrag verankerte Bindung der AVG an die von der Stadt Köln beschlossenen Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts –, Einfluss auf das Unternehmen AVG zu nehmen, hat das Landgericht bei seiner ausführlichen Gesamtbetrachtung hinreichend gesehen und im Ergebnis zutreffend gewürdigt. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es angesichts der dargestellten Sperrminorität der privaten Gesellschafterin auch in der Gesamtschau nicht, die AVG als behördenähnlich zu verstehen und wie eine Behörde zu behandeln.
ff) Ob die AVG bereits keine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, weil sie für einen Bereich (Abfallentsorgung) gegründet wurde, auf dem auch Private – wie etwa der Unternehmer T – als Marktteilnehmer unternehmerisch tätig sind, bedarf hier deshalb keiner weiteren Vertiefung. Angesichts der zunehmenden Schaffung wettbewerblicher Strukturen und der Öffnung auch zentraler Bereiche der Daseinsvorsorge für private Marktteilnehmer wie etwa beim Bahnverkehr (hierzu BGHSt 49, 214), bei der Wärmeversorgung (hierzu BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7) oder bei der Energie- und Wasserversorgung spricht allerdings einiges dafür, dass privatrechtlich organisierte Gesellschaften der öffentlichen Hand, die auf solchen Märkten tätig werden, – wie andere (rein private) Marktteilnehmer auch – allein erwerbswirtschaftlich tätig sind (vgl.
BGH wistra 2001, 267, 270, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 5 nicht abgedruckt). Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, kann insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge von einer öffentlichen Aufgabe dann nicht (mehr) gesprochen werden, wenn der Hoheitsträger diesen Bereich aus der Hand gibt und ihre Erledigung einem privaten, marktwirtschaftlichen Unternehmen überlässt (Aufgabenprivatisierung im Gegensatz zur Organisationsprivatisierung), selbst wenn das private Unternehmen einer staatlichen Aufsicht unterstellt wird (BGHSt 49, 214, 221). In diesen Fällen fehlt der spezifisch öffentlich-rechtliche Bezug, der eine Gleichstellung mit behördlichem Handeln rechtfertigt. Auch eine Gesellschaft in alleiniger staatlicher Inhaberschaft würde letztlich nur einen weiteren Wettbewerber auf einem Markt darstellen, der vom Staat eröffnet wurde und sich um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildet hat.
2. Das mithin verbleibende Vergehen der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr ist nicht etwa verjährt.

a) Nach § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Die Beendigung tritt erst in dem Zeitpunkt ein, in dem das Tatunrecht seinen tatsächlichen Abschluss findet. Die Verjährung setzt nur ein, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abgeschlossen hat. Vorher besteht kein Anlass, durch den Beginn der Verjährungsfrist einen Verfolgungsverzicht in Aussicht zu stellen (BGHR StGB § 78a Satz 1 Bestechung 1). Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr ist in diesem Sinne erst mit der letzten Annahme des von der Unrechtsvereinbarung umfassten Vorteils beendet (BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; Tröndle /Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn. 21; Heine in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 299 Rdn. 31; vgl. auch BGHSt 10, 237, 243; 11, 345, 347; BGHR StGB § 334 Verjährung 1; jeweils zu §§ 331 ff. StGB).

b) Das Landgericht hat für die Frage der Beendigung zutreffend auf die letzte Zahlung von Schmiergeld an den Angeklagten E im Früh-
jahr 1999 abgestellt. Demgegenüber meinen die Angeklagten, die Unrechtsvereinbarung sei mit derjenigen Zahlung im Jahr 1996 an den Angeklagten E beendet worden, durch die – zumindest nicht ausschließbar – die Summe der ursprünglich allein für diesen Angeklagten vorgesehenen Zahlungen erreicht worden sei; sämtliche späteren Zahlungen an die Angeklagten E und M beruhten auf einer neuen, nicht von § 12 UWG a.F. oder § 299 StGB erfassten Vereinbarung.

c) Mit dieser Bewertung lösen sich die Revisionen von den Feststellungen des Landgerichts:
aa) Der von den Revisionen in Zweifel gezogene Ausgangspunkt des Landgerichts – sämtliche gemeinschaftlich vereinbarten und schließlich geleisteten Schmiergeldzahlungen seien vom Tatbestand der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr umfasst und daher für die Verjährungsfrage erheblich – trifft zu. Nicht nur die vereinbarten Zahlungen an E selbst, sondern auch diejenigen an T und Wi stellen sich als „Vorteile“ für E im Sinne von § 12 UWG a.F. und § 299 StGB dar.
(1) Zahlungen an Dritte wurden – wie in §§ 331 ff. StGB a.F. – schon vor den Änderungen des Tatbestands der Angestelltenbestechlichkeit durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I S. 2038) von § 12 UWG a.F. erfasst, wenn sie dem bestochenen Angestellten oder Beauftragten mittelbar zugute kamen (von Gamm, Wettbewerbsrecht 5. Aufl. Kap. 47 Rdn. 12; vgl. auch BGHSt 14, 123, 128; 33, 336, 339; 35, 128, 133; jeweils zu §§ 331 ff. StGB a.F.). Für die Frage, ob bei einer Drittzuwendung ein solcher Vorteil vorliegt, kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, wobei dem persönlichen Interesse des Bestochenen entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. BGHSt 33, 336, 339 f.). Mit Einfügung der Worte „für sich oder einen Dritten“ in § 299 Abs. 1 StGB bzw. „für diesen oder einen Dritten“ in § 299 Abs. 2 StGB (sowie entsprechend in §§ 331 ff.
StGB) wurde nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen lediglich eine Klarstellung erstrebt, aber keine Änderung des bisherigen Rechtszustands (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 13/5584 S. 15 f.; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 299 Rdn. 25).
(2) Nach diesen Kriterien waren auch sämtliche gemeinsam vereinbarten Zahlungen an T (und auch an Wi ) mittelbar für E von Vorteil: Nur durch die Einbeziehung des an maßgeblichen Stellen in entscheidender Position tätigen T (stellvertretender Vorsitzender des AVG-Aufsichtsrats und Geschäftsführer der Mitgesellschafterin) konnte sichergestellt werden, dass es zu dem von E gewünschten und für den Empfang seines Schmiergeldanteils notwendigen Vertragsschluss zwischen der AVG und der LCS kommt; nur seine Beteiligung ermöglichte zudem die notwendige verdeckte Zahlungsabwicklung über die Schweiz. Die verabredeten Zahlungen an T gereichten E also selbst zum Vorteil, weil sie notwendige Voraussetzung des Geldflusses an ihn selbst waren. Für die Beteiligung Wi s als in der SPD einflussreicher „Strippenzieher“ sowie Mitinitiator und -organisator der Schmiergeldabrede, dessen Einbindung aus Sicht E s Grundvoraussetzung für deren Durchführung war, gilt – zumal ein mittelbarer Vorteil ausreichte – nichts anderes. Im Übrigen käme es auf Wi s Beteiligung für die Frage der Verjährung angesichts der festgestellten höchstmöglichen Zuflüsse von Schmiergeldern bei E nicht einmal an.
Zudem hatte E – mit Ausnahme von 4 Mio. DM, die zu Anfang direkt an T und Wi überreicht wurden – zunächst jeweils persönlich die Verfügungsmöglichkeit über sämtliche aus der Schweiz weitergegebene Schmiergelder erhalten (vgl. hierzu BGHSt 35, 128, 134 f.). Da bei § 12 UWG a.F. und bei § 299 StGB jeweils auf die gesamte vereinbarte Schmiergeldsumme abzustellen ist, konnte die Verjährung erst mit der letzten in diesem Rahmen geflossenen Zahlung beginnen; dies war die Zahlung an E im Frühjahr 1999.
bb) Die ursprüngliche Schmiergeldvereinbarung – Zahlung von insgesamt 3 % der Auftragssumme in drei Zeitabschnitten – ist auch nicht durch eine spätere Zahlungsvereinbarung ersetzt worden. Ursprung des Zahlungsflusses blieb bis zum Frühjahr 1999 die Abrede vom Herbst 1993. Das zwischenzeitliche Ausscheiden von Wi und T aus dem Kreis der Zahlungsempfänger hatte lediglich eine Veränderung der Zahlungsströme zur Folge. Die bloße Änderung der Richtung des Zahlungsflusses ist jedoch nicht derart wesentlich, dass hierin eine gänzlich neue, die Ursprungsvereinbarung ersetzende Vereinbarung gesehen werden muss, weil damit nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“ der Zahlung modifiziert wurde. Ein solches bloßes Umleiten von Geldern führt auch nicht zu einem für den Verjährungsbeginn entscheidenden Abschluss des rechtsverneinenden Handelns.
cc) Zudem ist für den Verjährungsbeginn nicht allein auf die vereinbarten Beträge, sondern gleichermaßen auf den vereinbarten Zahlungszeitraum abzustellen. Nach dem gemeinsam verabredeten Zahlungsplan sollte die Zahlung des Schmiergelds an E , T und den gesondert verfolgten Wi zu gleichen Teilen in drei Zahlungsabschnitten entsprechend dem Baufortschritt erfolgen. Tatsächlich hat der Angeklagte E nach den Feststellungen des Landgerichts den vereinbarten Bestechungslohn im Wesentlichen entsprechend dieser Fälligkeitsabrede erhalten, nämlich einen ersten Teil 1994 nach Abschluss des Vertrages, weitere Beträge nach Beginn der Bauarbeiten sowie den Rest nach deren Ende. Damit wurde die Schmiergeldabrede in dem Zeitrahmen erfüllt, den die Beteiligten vereinbart hatten. Dass der Angeklagte E über seinen ursprünglich vereinbarten Anteil hinaus aufgrund des Ausscheidens von Wi und T als Zahlungsempfänger nicht ausschließbar bereits in den Jahren bis 1996 mehr Geld erhalten hatte, als ihm eigentlich zu diesem Zeitpunkt zufließen sollte, ist demgegenüber unbeachtlich, da jedenfalls die Zahlungen in den Jahren 1998 und 1999 dem ursprünglich vereinbarten Zahlungsplan entsprachen, wonach die letzte Zahlung nach Beendigung der Bauarbeiten erfolgen sollte.
3. Der Freispruch des Angeklagten R und der Teilfreispruch des Angeklagten M vom Vorwurf der Steuerhinterziehung haben Bestand.
In beiden Fällen war einziges Beweismittel für den Vorwurf, den Angeklagten seien in unverjährter Zeit erhebliche Geldbeträge zugeflossen, die sie nicht versteuert hätten, die belastende Aussage des Mitangeklagten E . Dass sich das Landgericht allein auf dieser Grundlage keine für eine Verurteilung hinreichende Überzeugung vom Geldzufluss hat bilden können, ist aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das durch das Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters ist. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr.: vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33; BGH NStZ 2000, 48; BGH wistra 2002, 260, 261). Aus den Urteilsgründen muss sich auch ergeben , dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 11, 24). Weitergehende zum Schutz des Angeklagten aufgestellte besonders strikte Anforderungen an die Begründung der Beweiswürdigung in der Situation „Aussage gegen Aussage“ (BGHSt 44, 153, 158 f.; 44, 256, 257) gelten zwar – wie die Revision des Angeklagten M zutreffend hervorgehoben hat – grundsätzlich unmittelbar nur in Verurteilungsfällen. Gleichwohl kann das Bedürfnis nach vollständiger , nachprüfbarer Beweiswürdigung in Fällen gleich karger und widersprüchlicher Beweisgrundlage in ähnlicher Weise auch dann zum Tragen
kommen, wenn ein Angeklagter freigesprochen wird, weil sich das Gericht von der Richtigkeit der belastenden Aussage eines Zeugen nicht überzeugen kann (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 174, 175).

b) Den genannten Anforderungen genügt die Darstellung der Beweiswürdigung durch das Landgericht, soweit es sich keine hinreichende Überzeugung von der Richtigkeit der belastenden Angaben des Angeklagten E zu den von den Mitangeklagten bestrittenen Schmiergeldweitergaben gebildet hat, gerade noch.
Folgende Umstände waren aus Sicht des Landgerichts maßgebend: E hat die Mitangeklagten erstmals in Zusammenhang mit Gesprächen über einen Strafnachlass belastet; er hatte ein gewichtiges Motiv, den bei ihm verbliebenen Anteil des Schmiergeldes möglichst gering darzustellen , und hatte im Verlauf der Ermittlungen auch anderweitig versucht, sich durch unrichtige Angaben Teile der Tatbeute zu sichern; seine – zudem eher farblosen – Angaben zur zeitlichen Einordnung und zu Begleitumständen im Zusammenhang mit mehreren Geldübergaben waren uneinheitlich.
Den genannten Umständen hat das Landgericht sämtliche für die Glaubhaftigkeit der Angaben E s sprechenden Tatsachen gegenübergestellt , insbesondere dass andere Angaben E s in der Hauptverhandlung ihre Bestätigung gefunden haben, er maßgeblich und frühzeitig zur Aufklärung der Taten beigetragen hat und die Angaben von R und M zu diesem Vorwurf wenig überzeugend waren. Aufgrund einer Gesamtschau der für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben E sprechenden s Gesichtspunkte hat sich das Landgericht schließlich außer Stande gesehen, sich eine Überzeugung von der Richtigkeit dieser einzigen Belastungsangaben zu bilden; Anhaltspunkte für weitergehende Ermittlungsansätze waren nicht ersichtlich.
Diese tatrichterliche Wertung ist letztlich hinzunehmen. Der Revision der Staatsanwaltschaft ist allerdings zuzugeben, dass – wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen ausgeführt hat – das Landgericht Umstände wie insbesondere die Aussagegenese und den Inhalt divergierender oder detailarmer Aussagen von E nicht in einer Weise dargestellt hat, wie dies in dem sonst überaus umfangreichen Urteil konsequent und wünschenswert gewesen wäre. Lediglich im Hinblick auf die umgekehrt strengen Anforderungen an eine Verurteilung in der vorliegenden besonderen Konstellation, bei der der einzige Belastungszeuge ein erhebliches Motiv für eine Falschbelastung hat und seine Aussage auch sonst Ungereimtheiten aufweist, lässt der Senat im vorliegenden Fall den Freispruch unbeanstandet.
4. Die Strafzumessung des Landgerichts weist im Ergebnis keine Rechtsfehler zu Gunsten der Angeklagten E und M auf.

a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ihm obliegt es, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn der Tatrichter gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängten Strafen nach oben oder unten von ihrer Bestimmung lösen, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 34, 345, 349; st. Rspr.).

b) Solche Rechtsfehler zeigt die Beschwerdeführerin, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, bei dem Angeklagten E nicht auf. Insbesondere durfte das Landgericht den Umstand zu seinen Gunsten berücksichtigen, dass er von der ihm zustehenden Möglichkeit, die Aussetzung der Hauptverhandlung nach § 265 Abs. 4 StPO wegen erst spä-
ter bekannt gewordenen umfangreichen Aktenmaterials zu verlangen, keinen Gebrauch gemacht und damit eine zügige Erledigung der Hauptverhandlung ermöglicht hat. Anhaltspunkte dafür, dass diesem Umstand vom Landgericht unangebracht großes Gewicht zugemessen worden wäre, bestehen nicht. Die gegen den Angeklagten E verhängten Einzelstrafen sind ebenso wenig unvertretbar milde wie die Gesamtstrafe.

c) Gleichfalls weist die Strafzumessung keinen Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten M auf; dies gilt auch für die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung.
aa) Hinreichende Anhaltspunkte, dass das Landgericht, etwa nur um zu einer Strafaussetzung zur Bewährung zu gelangen, die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe unangemessen niedrig bemessen hätte, liegen nicht vor, letztlich auch nicht im Blick auf die für sich rechtsfehlerfreie Anwendung des § 41 StGB.
bb) Das Landgericht durfte im Hinblick auf zahlreiche gewichtige Strafmilderungsgründe – insbesondere Unbestraftheit, erstmalige Verbüßung von Untersuchungshaft, lange Dauer der seit der Tat vergangenen Zeit, Handeln auch im Interesse des Unternehmens, Abgabe eines Schuldanerkenntnisses über 1 Mio. DM – besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB annehmen, die die Aussetzung der zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung gestatteten. Die Entscheidung des Landgerichts, dass auch § 56 Abs. 3 StGB einer Strafaussetzung zur Bewährung nicht entgegenstehe, ist ebenfalls rechtlich noch hinzunehmen. Allerdings erfordern die durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr und durch damit einhergehende Untreue hervorgerufenen erheblichen wirtschaftlichen Schäden ein nachdrückliches und energisches Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden. Doch dürfen auch bei der Ahndung solcher Taten die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht außer Acht gelassen werden. Sie sind insbesondere in der mangelnden Tatinitiative des Angeklagten M und in seiner Kon-
frontation als Unternehmer mit ersichtlich verbreiteten skrupellosen Geschäftspraktiken bei der Konzeption von Großanlagen und dabei – sogar ungeachtet gegebener „Staatsnähe“ – bedenkenlos angebrachten Schmiergeldforderungen des von ihm gewünschten Vertragspartners zu finden. Danach kann die Entscheidung des Landgerichts nach § 56 Abs. 3 StGB noch als vertretbar angesehen werden, wenngleich eine gegenteilige Würdigung des Landgerichts rechtlich möglich gewesen wäre und im Blick auf die spätere Eigenbereicherung des Angeklagten M sogar näher gelegen hätte.
cc) In diesem Zusammenhang sieht der Senat Anlass zu folgender Anmerkung: Nach der Erfahrung des Senats kommt es bei einer Vielzahl von großen Wirtschaftsstrafverfahren dazu, dass eine dem Unrechtsgehalt schwerwiegender Korruptions- und Steuerhinterziehungsdelikte adäquate Bestrafung allein deswegen nicht erfolgen kann, weil für die gebotene Aufklärung derart komplexer Sachverhalte keine ausreichenden justiziellen Ressourcen zur Verfügung stehen. Die seit der Tat vergangene Zeit und auch die Dauer des Ermittlungs- und Strafverfahrens (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) werden in vergleichbaren Verfahren häufig zu derart bestimmenden Strafzumessungsfaktoren , dass die Verhängung mehrjähriger Freiheitsstrafen oder – wie hier – die Versagung einer Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 Abs. 3 StGB namentlich wegen des Zeitfaktors ausscheidet. Dem in § 56 Abs. 3 StGB zum Ausdruck gekommenen Anliegen des Gesetzgebers, das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts vor einer Erschütterung durch unangemessen milde Sanktionen zu bewahren, kann im Bereich des überwiegend tatsächlich und rechtlich schwierigen Wirtschaftsund Steuerstrafrechts nach Eindruck des Senats nur durch eine spürbare Stärkung der Justiz in diesem Bereich Rechnung getragen werden. Nur auf diese Weise – nicht durch bloße Gesetzesverschärfungen – wird es möglich sein, dem drohenden Ungleichgewicht zwischen der Strafpraxis bei der allgemeinen Kriminalität und der Strafpraxis in Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren entgegenzutreten und dem berechtigten besonderen öffentlichen Inte-
resse an einer effektiven Strafverfolgung schwerwiegender Wirtschaftskriminalität gerecht zu werden.
5. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte abgesehen; der Senat geht mit dem Generalbundesanwalt davon aus, dass die Staatsanwaltschaft insoweit ihre Revision auf das Fehlen einer entsprechenden Nebenentscheidung gegenüber der Verfallsbeteiligten beschränkt hat, zumal das Absehen von der Anordnung des Verfalls bei den Angeklagten E und M im Hinblick auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB keinen Bedenken begegnet.

a) Zutreffend hat der Generalbundesanwalt allerdings darauf hingewiesen , dass das Landgericht das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB nicht hinreichend genau bestimmt hat; entgegen der – insoweit vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen – Auffassung der Staatsanwaltschaft ist das Erlangte aber auch nicht der für den Bau der RMVA vereinbarte Werklohn in Höhe von 792 Mio. DM. Durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe nicht der vereinbarte Preis, sondern der gesamte wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses; dieser umfasst den kalkulierten Gewinn und etwaige weitere, gegebenenfalls nach § 73b StGB zu schätzende wirtschaftliche Vorteile.
aa) „Aus der Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH NStZ 2001, 155, 156); „für die Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind dagegen Vermögenswerte, die dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidriges Handeln gewährt werden, aber – wie etwa ein Lohn für die Tatbegehung – nicht auf der Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen
(vgl. BGHR StGB § 73 Erlangtes 4). Für die Bestimmung desjenigen, was der Täter in diesem Sinne aus einer Tat oder für sie erlangt hat, ist das Bruttoprinzip unerheblich. Erst wenn feststeht, worin der erlangte Vorteil des Täters besteht, besagt dieses Prinzip, dass bei der Bemessung der Höhe des Erlangten gewinnmindernde Abzüge unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. BGHSt 47, 260, 269). Zudem muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter gerade aus der Tat gezogen hat; dies setzt eine Unmittelbarkeitsbeziehung zwischen Tat und Vorteil voraus (vgl. BGHSt 45, 235, 247 f.; 47, 260, 269; Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 17; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 16; jeweils m.w.N.).
bb) Unmittelbar aus einer Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt ein Werkunternehmer im Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung – also den Vertragsschluss – selbst, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 325 ff.; a. A. OLG Köln ZIP 2004, 2013; OLG Thüringen wistra 2005, 114). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr ) führt die „Tat“ als solche unmittelbar nur zu dem Vorteil des schuldrechtlichen Vertragsschlusses; die Vorteile aus der Ausführung des Auftrags wären hingegen nicht mehr unmittelbar aus der „Tat“ erlangt (vgl. Joecks in MünchKomm-StGB § 73 Rdn. 30). Strafrechtlich bemakelt ist lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt ist, nicht dass er ausgeführt wird. In diesem Punkt unterscheidet sich der Fall einer Auftragserlangung durch Bestechung von verbotenen Betäubungsmittelgeschäften oder Embargoverstößen. Nur in solchen Fällen ist es deshalb gerechtfertigt, als das „Erlangte“ i. S. von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB den gesamten vereinbarten Kaufpreis anzusehen (vgl. BGH NStZ 2000, 480; BGHSt 47, 369).
cc) Der wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt der Auftragserlangung bemisst sich vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn. Aussagekräftiges Indiz hierfür wird regelmäßig die Gewinnspanne sein, die der Auftragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen.
tragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen. Fehlen hierfür Anhaltspunkte, kann u. U. auch ein branchenüblicher Gewinnaufschlag Grundlage einer Schätzung (§ 73b StGB) sein. Mit dem zu erwartenden Gewinn wird in aller Regel der wirtschaftliche Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags und damit das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB hinreichend erfasst.
Im Einzelfall können darüber hinaus konkrete Anhaltspunkte für weitergehende wirtschaftliche Vorteile bestehen, die durch den Vertragsschluss als solchen erlangt wurden (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 328; vgl. zum Begriff des wirtschaftlichen Vorteils auch § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG). Hierzu zählen mittelbare Vorteile wie etwa die konkrete Chance auf Abschluss von Wartungsverträgen für eine errichtete Anlage oder von sonstigen Folgegeschäften durch Aufbau einer Geschäftsbeziehung, die Chance zur Erlangung weiterer Aufträge für vergleichbare Anlagen, die Steigerung des wirtschaftlich werthaltigen „Goodwill“ eines Unternehmens durch Errichtung eines Prestigeobjekts für einen renommierten Auftraggeber, die Vermeidung von Verlusten durch Auslastung bestehender Kapazitäten oder die Verbesserung der Marktposition durch Ausschalten von Mitwettbewerbern (vgl. BayObLG wistra 1998, 199, 200; König in Göhler, OWiG 13. Aufl. § 17 Rdn. 41; Lemke /Mosbacher, OWiG 2. Aufl. § 17 Rdn. 38). Solche Vorteile hat auch das Landgericht bei der LCS durch den Vertragsschluss festgestellt (UA S. 78).
Bestehen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für derartige weitere konkrete wirtschaftliche Vorteile, kann deren Wert, wenn der konkrete Sachverhalt eine tragfähige Grundlage dafür bietet (hierzu BGHR StGB § 73b Schätzung 1, 2), nach § 73b StGB geschätzt werden. Gegebenenfalls wird sich hierfür die Hinzuziehung von Sachverständigen anbieten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73b Rdn. 5).
Ein tragfähiger Anhaltspunkt im Rahmen der Bestimmung eines solchen über den kalkulierten Gewinn hinausgehenden Werts eines Auftrags
kann u. U. auch der Preis sein, den für die Auftragsvergabe zu zahlen der Auftragnehmer bereit ist. Wird ein Auftrag durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt, wird die Bestechungssumme allerdings nur dann ein aussagekräftiges Indiz für eine Art „Marktpreis“ der Auftragsvergabe jenseits des kalkulierten Gewinns sein, wenn der Auftragnehmer selbst die Bestechungssumme aufbringt und nicht – wie hier – in korruptivem Zusammenwirken mit den Verantwortlichen des Auftraggebers der Auftragssumme aufschlägt , so dass sie aus seiner Sicht einen bloßen Durchlaufposten bildet.
dd) Ist der Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags im Zeitpunkt der Auftragsvergabe auf diese Weise – ggf. mit sachverständiger Hilfe und mittels Schätzung nach § 73b StGB – ermittelt worden, folgt aus dem Bruttoprinzip , dass etwaige für den Vertragsschluss getätigte Aufwendungen (wie insbesondere eine vom Auftragnehmer gezahlte Bestechungssumme) nicht weiter in Abzug gebracht, sondern allenfalls im Rahmen von § 73c StGB berücksichtigt werden können.

b) Der Anordnung des Verfalls steht – entgegen der Auffassung der Verfallsbeteiligten – nicht bereits grundsätzlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Verfallsbeteiligten unter dem Gesichtspunkt eines vorrangigen Schutzes der Geschädigten in der Insolvenz entgegen. Die Vorschrift des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage, wie ein angeordneter Verfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu behandeln ist (vgl. OLG Schleswig wistra 2001, 312, 313). Anders als nach § 240 ZPO kommt auch eine Unterbrechung des Strafverfahrens insoweit nicht in Betracht , weil die Anordnung des Verfalls als strafrechtliche Nebenfolge dem strafrichterlichen Erkenntnis vorbehalten bleiben muss. Ansprüche der Geschädigten werden im Rahmen von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hinreichend berücksichtigt.

c) Auch wenn das Landgericht den Umfang des Erlangten nicht in der vorbeschriebenen Weise ermittelt, sondern letztlich eher unbestimmt gelas-
sen hat, was es genau als das „Erlangte“ in diesem Sinne ansieht, hat es doch zumindest im Ergebnis zu Recht von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz bei der Verfallsbeteiligten nach § 73c Abs. 1 StGB abgesehen.
aa) Schadensersatzansprüche der AVG stehen nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer Verfallsentscheidung zu Lasten der Verfallsbeteiligten zumindest in der Höhe entgegen, in denen diese Ansprüche noch nicht durch Zahlungen der Angeklagten erfüllt worden sind. Ob der Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses diese noch vorhandenen – gegebenenfalls nach § 254 BGB geminderten – Ansprüche übersteigt, kann letztlich offen bleiben.
bb) Die Voraussetzungen von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB hat das Landgericht zwar – auch in Abgrenzung zu Satz 2 – nicht hinreichend dargelegt (vgl. hierzu BGH wistra 2000, 379, 382; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73c Rdn. 3 m.w.N.). Ergänzend hat es jedoch unter Hinweis auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB folgende Umstände genannt, die eine Verfallsanordnung jedenfalls unangemessen erscheinen lassen: Ein bleibender Gewinn , der Schadensersatzansprüche der AVG übersteigen würde, ist bei der LCS nicht vorhanden; letztlich ergab sich bei der endgültigen Abrechnung des Projekts im Jahr 2001 aufgrund von Gewährleistungsarbeiten ein Verlust von insgesamt 688.000 Euro (UA S. 159); zudem befindet sich die Verfallsbeteiligte in der Insolvenz.
cc) Ungeachtet der rechtlich nicht unbedenklichen Ausführungen des Landgerichts zu §§ 73 ff. StGB ist es aus Sicht des Senats im Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB jedenfalls angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO), gegenüber der insolventen Verfallsbeteiligten, die letztlich keinen Gewinn erzielt hat und sich erheblichen Regressansprüchen gegenüber sieht, von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz abzusehen.

III.


Die Revisionen der Angeklagten bleiben ebenfalls erfolglos.
1. Die Verurteilungen des Angeklagten E wegen Untreue nach § 266 StGB und des Angeklagten M wegen Beihilfe zu dieser Tat begegnen keinen Bedenken.

a) Zutreffend weist die Revision des Angeklagten E allerdings zunächst darauf hin, dass die Annahme des Landgerichts, dieser Angeklagte habe mit seinem Verhalten die Missbrauchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt, unzutreffend ist. Voraussetzung dieser Alternative ist, dass der rechtsgeschäftliche Missbrauch der Verpflichtungsbefugnis zu einer wirksamen Verpflichtung des Treugebers führt (vgl. BGH bei Holtz, MDR 1983, 92; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 20, 22 m.w.N.; Seier in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 2004, Abschnitt V 2 Rdn. 47). Dem steht hier bereits § 138 BGB entgegen. Die Sittenwidrigkeit der kollusiven Absprache zwischen den Angeklagten E und M zur Schädigung der AVG durch Vereinbarung eines um den Schmiergeldanteil überhöhten Preises wirkt sich auch auf den Hauptvertrag aus (vgl. BGH NJW 1989, 26, 27; Tröndle/Fischer aaO Rdn. 21; Seier aaO Rdn. 48; vgl. auch BGHZ 141, 357, 362 f.; BGH BB 1990, 733, 734; BGH NJW 2000, 511, 512). Zudem hat E bei dem Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages im kollusiven Zusammenwirken mit dem Angeklagten M ersichtlich seine Vertretungsmacht zum Nachteil der AVG missbraucht (vgl. hierzu Tröndle/Fischer aaO § 266 Rdn. 22 m.w.N.; BGHZ 50, 112, 114; Bernsmann StV 2005, 576, 577).
Hieraus folgt indes unmittelbar, dass der Angeklagte E durch Abschluss des dergestalt unerkannt nichtigen Vertrages mit einem kollusiv überhöhten Auftragspreis die Treubruchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt und der Angeklagte M zu solcher Tat Beihilfe geleistet
hat. Hierauf kann der Senat von sich aus erkennen (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 2). Es ist auszuschließen, dass sich die Angeklagten gegen den tatsächlich identisch fundierten Vorwurf des Treubruchs anders als geschehen hätten verteidigen können.

b) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte E durch den Abschluss des Vertrages mit der LCS zum Gesamtpreis von 792 Mio. DM seine als Geschäftsführer gegenüber der AVG bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und hierdurch der AVG einen Vermögensnachteil in Höhe des vereinbarten Schmiergeldaufschlags zugefügt hat.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei der Vereinbarung von Schmiergeldzahlungen in Form eines prozentualen Preisaufschlags regelmäßig ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB vor (vgl. BGHSt 47, 295, 298 f.; 49, 317, 332 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49, insoweit in BGHSt 46, 310 nicht abgedruckt). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass jedenfalls mindestens der Betrag, den der Vertragspartner für Schmiergelder aufwendet, auch in Form eines Preisnachlasses dem Geschäftsherrn des Empfängers hätte gewährt werden können (vgl. Raum in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 2. Aufl. S. 304 m.w.N.). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr bildet deshalb der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
bb) Die Vermögensbetreuungspflicht gebietet in diesen Fällen, dass der Treupflichtige die Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse des betreuten Vermögens nutzt und den Vertrag zu dem günstigeren Preis abschließt (BGH wistra 1984, 109, 110; 1989, 224, 225). Zumeist liegt auf der Hand, dass das Geschäft auch für einen um den aufgeschlagenen
Schmiergeldanteil verminderten Preis abgeschlossen worden wäre, wenn das Schmiergeld – wie hier – einen bloßen Durchlaufposten darstellt (vgl. BGH wistra 1983, 118, 119; 1986, 67; 2001, 295, 296). Inwieweit andere Anbieter noch teurere Angebote eingereicht haben, bleibt demgegenüber unerheblich (vgl. BGH wistra 2001, 295, 296).
Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt in diesem Fall im aktiven Tun, nämlich im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überteuerten Vertrages und in der damit einhergehenden Verlagerung der Schmiergeldzahlungen zugunsten des Geschäftsführers auf die vertretene Gesellschaft durch Vereinbarung entsprechend überhöhter Zahlungsverpflichtungen mit Dritten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 38a m.w.N.). Der Abschluss des überteuerten Vertrages hindert gleichzeitig den Abschluss eines um den Schmiergeldanteil verminderten günstigeren. Zudem steht der eingegangenen Zahlungsverpflichtung in Höhe des vereinbarten Schmiergelds keinerlei Gegenleistung gegenüber. Nach anderer, aber gleichgerichteter Betrachtungsweise ist der Unrechtsschwerpunkt in der bewussten Verhandlung mit einem sachlich nicht gerechtfertigten Verteuerungsfaktor zu finden, der dem Geschäftsführer zu Unrecht einen von der vertretenen Gesellschaft nicht genehmigten, über seine Vergütung hinausgehenden wirtschaftlichen Vorteil verschaffen soll (vgl. auch BGHSt 49, 317, 333 ff.).
cc) Nach den Feststellungen des Landgerichts war in der vereinbarten Auftragssumme von 792 Mio. DM ein Schmiergeldanteil in Höhe von rund 24 Mio. DM enthalten. Dieser Anteil sollte als bloßer Durchlaufposten nicht der LCS, sondern auf Kosten der AVG allein den an der Schmiergeldabrede Beteiligten zukommen. Der vom Landgericht gezogene Schluss, die LCS wäre bereit gewesen, den Vertrag auch zu einem um diesen Schmiergeldanteil verminderten Betrag abzuschließen, ist nicht nur nachvollziehbar, sondern vielmehr naheliegend.
dd) Demgegenüber verfängt der Einwand der Revision nicht, der Angeklagte E habe ein solches Geschäft zum verminderten Preis überhaupt nicht abschließen dürfen, weil dieses durch die vorangegangene Vergabemanipulation nach wie vor wettbewerbswidrig gewesen wäre; vom Treupflichtigen könne nicht der Abschluss verbotener oder wettbewerbswidriger Geschäfte verlangt werden (vgl. Bernsmann StV 2005, 576, 578).
Nachdem sich E für den Zuschlag an die LCS entschlossen hatte, bestand die Alternative lediglich in dem Abschluss des Vertrages zum Preis von 792 Mio. DM oder zu einem um mehr als 24 Mio. DM verminderten Preis. Seine Vermögensbetreuungspflicht gebot E in dieser Situation den Abschluss zum geringeren statt zum höheren Preis. Da es für den Vorwurf der Untreue entscheidend auf den Vertragsschluss zu einem um den Schmiergeldanteil überhöhten Preis ankommt, sind die von der Revision angeführten Alternativszenarien ohne Bedeutung.
ee) Das Landgericht geht auch zutreffend von einem Nachteilsumfang in Höhe von rund 24 Mio. DM aus.
Die Berechnung des im vereinbarten Preis enthaltenen Schmiergeldanteils (3 % Aufschlag bei einem Teil der Lose, zusätzliche Anhebung beim Los Abgasbehandlung um 20 Mio. DM) ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht ist zudem richtigerweise davon ausgegangen, dass Vorteile, die der Angeklagte E durch besonders nachdrückliche und geschickte Verhandlungen bei der Preisgestaltung erreicht hat oder die zur Ermöglichung einer Vergabe des Auftrags an die LCS notwendig waren, nicht gegengerechnet werden können (treffend UA S. 309, 317). Dies gilt insbesondere für die Absenkung des Preises beim Los Bauteil um 9 Mio. DM im Rahmen der Vergabemanipulation. Denn es kommt allein darauf an, ob – was das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat – der Angeklagte M letztendlich bereit war, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Vertrag auch ohne den Schmiergeldanteil abzuschließen oder nicht. Es kann deshalb da-
hinstehen, ob der abweichende Ansatz der Verteidigung auch im Blick auf die zur Schmiergeldfinanzierung überhöhte Kalkulation des Gesamtpreises im ersten Angebot der LCS verfehlt ist. Selbst wenn man vom festgestellten Nachteilsumfang einen für Wi ursprünglich vorgesehenen Provisionsanteil in Höhe von 0,5 % der Auftragssumme abziehen würde, wäre dies angesichts des verbleibenden Nachteilumfangs in Höhe von etwa 20 Mio. DM letztlich unerheblich; auch ein solcher Nachteil rechtfertigt ohne weiteres die für die Untreue bzw. die Beihilfe hierzu verhängten Einzelfreiheitsstrafen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO).
2. Der Schuldspruch wegen – wie ausgeführt, nicht verjährter – Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§§ 299, 300 Nr. 1 StGB) ist rechtsfehlerfrei. Auch die Bestimmung der Konkurrenzverhältnisse zur Untreue bzw. Beihilfe dazu hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
Zutreffend ist das Landgericht bezüglich der Untreue und der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr bei dem Angeklagten E (a) sowie hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue und der Bestechung im geschäftlichen Verkehr durch den Angeklagten M (b) jeweils von zwei Taten im Sinne von § 53 StGB ausgegangen.

a) Regelmäßig besteht zwischen Angestelltenbestechlichkeit und der in Aussicht gestellten „bevorzugenden Handlung“ Tatmehrheit (BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; vgl. auch BGHSt 47, 22, 25 f., zu § 332 StGB). Dies gilt auch dann, wenn die Taten auf eine einheitliche Unrechtsvereinbarung zurückgehen (vgl. BGHSt 47, 22, 26; BGH NStZ 1987, 326, 327; BGH wistra 1993, 189, 190). Denn die Vornahme der durch die Unrechtsvereinbarung verabredeten unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb gehört nicht zum Tatbestand der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (BGH NStZ 1987, 326, 327; vgl. auch BGHSt 47, 22, 26; jeweils zu § 332 StGB).
Tateinheit ist lediglich in solchen Fällen möglich, in denen die Verwirklichung beider Tatbestände in einer Ausführungshandlung zusammentrifft (BGHSt 47, 22, 26, zu § 332 StGB). Solches hat das Landgericht nicht festgestellt. Verletzt hat der Angeklagte E seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der AVG erst durch den Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages; erst dadurch kam es auch zu einer schadensgleichen konkreten Vermögensgefährdung (UA S. 500). Die Unrechtsvereinbarung , mit der die Angestelltenbestechlichkeit vollendet war (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn. 21), gehört angesichts der Notwendigkeit zahlreicher weiterer Zwischenschritte im vorliegenden Fall nicht zum Ausführungsstadium der Untreue.
Soweit die Revision für ihre Ansicht auf die Entscheidung BGHSt 47, 22 verweist, war der dortige Fall im Tatsächlichen anders gelagert; dort ging es um die Schaffung eines eingespielten Preisabsprachesystems unter Einbindung weiterer Mitwettbewerber im Rahmen langfristiger Geschäftsbeziehungen (vgl. BGHSt 47, 22, 28), nicht – wie hier – um den Abschluss eines einzigen Vertrages. Zudem war es nach dem Inhalt der Unrechtsvereinbarung zwar naheliegend, aber nicht einmal zwingend notwendig, dass der Schmiergeldanteil durch eine Untreue zu Lasten der AVG erwirtschaftet wird. Nach den Feststellungen des Landgerichts machte sich der Angeklagte M erst nach der Unrechtsvereinbarung vom Herbst 1993 Gedanken darüber, wie dieser Betrag aufgebracht werden soll (UA S. 97). Erst als er erfuhr, dass LCS über keinen „Topf“ für solche Gelder verfügt, entschloss er sich, das verabredete Schmiergeld durch einen entsprechenden Aufschlag auf den Werklohn zu Lasten der AVG zu erwirtschaften.

b) Rechtlich vertretbar ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die Bestechung im geschäftlichen Verkehr und die Beihilfe zur Untreue durch den Angeklagten M im vorliegenden Fall materiellrechtlich als zwei Taten im Sinne von § 53 StGB zu bewerten sind. Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr war bereits mit dem Abschluss der Un-
rechtsvereinbarung im Herbst 1993 vollendet. Dagegen bestand die Beihilfe zu der vom Angeklagten E begangenen Untreue im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages für die von M vertretene LCS. Die Vertragsunterzeichnung durch den Angeklagten E – die eigentliche Untreuehandlung – konnte nur zu einem Vermögensnachteil bei der AVG führen, weil auch der Angeklagte M den Vertrag seinerseits für die LCS unterzeichnete. Gegenüber dieser notwendigen Mitwirkung an der eigentlichen Untreuehandlung konnten für die Beurteilung der Konkurrenzen die im Vorfeld begangenen Vorbereitungsbeiträge als nachrangig bewertet werden. Selbst wenn das Landgericht das Konkurrenzverhältnis bei dem Angeklagten M falsch beurteilt hätte, wäre im Übrigen die verhängte Gesamtstrafe angesichts des gleichbleibenden Schuldumfangs als Einzelfreiheitsstrafe angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO).
3. Die Verurteilung des Angeklagten E wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen ist rechtsfehlerfrei.

a) Bei den erhaltenen Bestechungsgeldern handelt es sich um erklärungspflichtige sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG (vgl. BFH DStRE 2000, 1187; BFHE 191, 274; BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4 m.w.N.). Die Kapitalerträge aus der Anlage der verschwiegenen Schmiergelder stellen erklärungspflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Für die Jahre 1995 bis 1998 hat der Angeklagte E solche Einkünfte in Höhe von rund 4 Mio. DM verschwiegen und hierdurch Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag in der Gesamthöhe von rund 2,2 Mio. DM hinterzogen.

b) Die Pflicht zur Abgabe einer wahrheitsgemäßen Steuererklärung war auch nicht unter dem Gesichtspunkt suspendiert, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst anzuklagen oder sonst zur eigenen Überführung bei-
zutragen (nemo tenetur se ipsum accusare; hierzu näher Jäger NStZ 2005, 552, 556 ff. m.w.N.).
aa) Ein Steuerpflichtiger, der Einkünfte aus Bestechungsgeldern anzugeben hat, wird seiner durch § 370 AO strafbewehrten Erklärungspflicht regelmäßig bereits dadurch nachkommen können, dass er diese Einkünfte betragsmäßig offen legt und einer Einkunftsart zuordnet, ohne die genaue Einkunftsquelle zu benennen (vgl. auch BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4). Denn diese Erklärung reicht regelmäßig zu einer Festsetzung von Einkommensteuer aus, durch die im Ergebnis eine Verkürzung von Steuern – also der von § 370 AO vorausgesetzte Taterfolg – vermieden wird. Derartige Angaben, durch die sich der Steuerpflichtige nicht selbst einer Straftat bezichtigt, sondern lediglich Einkünfte offenbart, sind ihm ohne weiteres zumutbar. Die strafrechtliche Erzwingbarkeit dieser Erklärungspflicht in dem genannten beschränkten Umfang gerät regelmäßig nicht in Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit.
bb) Soweit nach der AO darüber hinaus Erläuterungspflichten (§§ 93 ff. AO) bestehen, die mit den in §§ 328 ff. AO genannten Zwangsmitteln durchsetzbar sind, ist der Steuerpflichtige zunächst durch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) sowie das in § 393 Abs. 2 AO normierte begrenzte strafrechtliche Verwertungsverbot geschützt (vgl. BVerfGE 56, 37, 47; BGHR aaO). In dem Umfang, in dem dieser Schutz aufgrund überragender öffentlicher Interessen durch § 393 Abs. 2 Satz 2, § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO durchbrochen wird, gebietet der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit allenfalls, dass sich die erzwingbare Erklärungspflicht auf die betragsmäßige Angabe der Einkünfte als solche beschränkt und der Steuerpflichtige nicht mit Zwangsmitteln zur Abgabe weitergehender Erläuterungen zur – allein hierdurch nicht ermittelbaren – deliktischen Herkunft der Einkünfte angehalten werden kann (vgl. BGHR aaO). Nur soweit die steuerrechtliche Pflicht zur umfassenden Auskunft mit Zwangsmitteln durchsetzbar wäre, könnte ein Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz bestehen, dass
niemand zur eigenen Überführung beitragen muss (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 352, 353).
cc) Weder das allgemeine Persönlichkeitsrecht noch die Menschenwürde werden schon allein dadurch tangiert, dass ein Steuerpflichtiger zur Angabe von Einnahmen aus Straftaten verpflichtet ist (vgl. auch BVerfG – Vorprüfungsausschuss – wistra 1988, 302). Denn der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit schützt nicht vor einer Bestrafung strafbaren Verhaltens , sondern lediglich vor einer strafrechtlichen Verurteilung, die auf einem rechtlichen Zwang zur Selbstbelastung beruht (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 352, 353). Die Grundrechte des Steuerpflichtigen sind jedenfalls dann gewahrt, wenn sich die Erzwingbarkeit der Erklärung nur auf die Angabe der Einnahme als solche und nicht auf deren – allein hierdurch nicht ermittelbare – deliktische Herkunft bezieht.
4. Die Strafzumessung lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erkennen. Insbesondere hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten E bei diesem den besonders engen Zusammenhang zwischen der Bestechlichkeit und der Steuerhinterziehung bei der Gesamtstrafbildung (vgl. hierzu BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht
4) ersichtlich dadurch hinreichend berücksichtigt, dass es die verhängten Einzelfreiheitsstrafen von drei Jahren, einem Jahr und sechs Monaten, zweimal einem Jahr, neun und vier Monaten straff zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten zusammengezogen
hat; ausdrücklicher Erwähnung bedurfte dieser Gesichtspunkt im vorliegenden Fall nicht.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
1. Zulässigkeit der Verwertung von Unterlagen, die im Wege der
Rechtshilfe in der Schweiz beschlagnahmt wurden, für ein Strafverfahren
wegen Untreue und Steuerhinterziehung.
2. Revisionsrechtliche Beanstandung unterbliebener Beiziehung
von Akten eines weiteren gegen den Angeklagten geführten Ermittlungsverfahrens
, deren Einsicht in jenem Verfahren von der
Staatsanwaltschaft wegen Gefährdung des Untersuchungszwecks
versagt wird.
3. Ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann auch dann
vorliegen, wenn der Vermögensbetreuungspflichtige Provisionen
erhält, die zwar vom Vertragspartner seines Geschäftsherrn
stammen, aber über den Geschäftsherrn an einen Dritten ausbezahlt
und von dort an den Treupflichtigen weitergeleitet werden
4. Einkommensteuerrechtliche Relevanz eines nicht offengelegten
Treuhandverhältnisses.
BGH, Beschluß vom 11. November 2004 - 5 StR 299/03
LG Augsburg -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 11. November 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. November 2004

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 23. Juli 2002 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) hinsichtlich des Angeklagten M im gesamten Strafausspruch,
b) hinsichtlich des Angeklagten H , soweit dieser wegen Steuerhinterziehung für das Jahr 1993 verurteilt wurde, sowie im Einzelstrafausspruch bezüglich der Verurteilung wegen Untreue und im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Aufrechterhalten bleiben – nach näherer Maßgabe der Beschlußgründe (B II 2 c, 3) – die Feststellungen über die den Angeklagten gewährten tatsächlichen Zuwendungen , mit Ausnahme der Feststellungen im Zusammenhang mit den Barabhebungen S s vom Rubrikkonto „Winter“ im Jahre 1993.
2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten M wegen Untreue und Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten H hat es wegen Untreue und Steuerhinterziehung in zwei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verhängt. Die Rechtsmittel der Angeklagten haben jeweils mit der Sachrüge in dem sich aus dem Beschlußtenor ergebenden Umfang Erfolg. Im übrigen sind ihre Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

A.


Das Landgericht hat die Verurteilung der Angeklagten darauf gestützt , daß sie als Manager des T -Konzerns aus dem Verkauf von Panzern Provisionen erhalten und diese in ihren Jahressteuererklärungen verschwiegen haben.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte M seit Oktober 1988 Mitglied des Geschäftsbereichsvorstands der T H (künftig: T -H ) in Kassel und für den Bereich Wehrtechnik zuständig. Der Angeklagte H war seit April 1984 Mitglied des übergeordneten Gesamtvorstands der T I
AG Essen und dort als Arbeitsdirektor tätig; ab Anfang 1992 war er Vorstandsvorsitzender von T -H .
Im Vorfeld des Golfkrieges hatte das Königreich Saudi-Arabien starkes Interesse an dem Erwerb von Panzern, die von T -H geliefert werden sollten. Innerhalb des Gesamtkonzerns war der Angeklagte M für die Vorbereitung des Geschäftsabschlusses zuständig, der für den T -Konzern von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung war, weil man sich dadurch auch im Blick auf eventuelle spätere Verkäufe von Rüstungsgütern in den Nahen Osten Vorteile versprach. Am 17. Januar 1991 kam es zum Abschluß eines Liefer- und Leistungsvertrages über 36 Panzerfahrzeuge Typ Fuchs (26 Transport- und 10 Spürpanzer) zwischen T - H und dem Ministerium für Verteidigung und Luftfahrt der Regierung Saudi-Arabiens zu einem Gesamtpreis von 446 Mio. DM. Für T - H zeichneten der Angeklagte M und der mittlerweile verstorbene Zeuge B den Vertrag. Die Bundesregierung erteilte kurze Zeit später die erforderlichen Genehmigungen nach dem Kriegswaffenkontroll - und dem Außenwirtschaftsgesetz. Da T -H die benötigten Panzer nicht so schnell liefern konnte, wurden diese auf der Grundlage eines Sachdarlehens aus Bundeswehrbeständen nach Saudi-Arabien exportiert.
Als Preis für die Panzer, für die nach dem Sachdarlehensvertrag lediglich ein Wert von etwa 30 Mio. DM veranschlagt war, wurde ein Betrag von 227 Mio. DM vereinbart. Gleichzeitig veräußerte T -H ein sogenanntes „Logistikpaket“. Unter dieser Bezeichnung verbargen sich fast ausschließlich Vermittlungsprovisionen, die an verschiedene Adressaten gezahlt wurden, welche an der Ermöglichung des Geschäfts mitgewirkt hatten. Die Umschreibung wurde auch deshalb gewählt, weil nach Artikel 13.2 des Vertrages mit Saudi-Arabien solche Vermittlungsprovisionen verboten waren;
der Käufer war nach dieser Regelung – sollten dennoch Provisionen gezahlt werden – berechtigt, den Kaufpreis um den Provisionsbetrag zu reduzieren. Zur Kalkulation der vom „Logistikpaket“ erfaßten Kosten wurden in einem Projektleitblatt vom Angeklagten M am 12. Dezember 1990 die hierfür erforderlichen Beträge zusammengestellt. Nach dieser Aufstellung, die per Fax auch an den Angeklagten H übermittelt wurde, belief sich die Gesamtsumme der zu leistenden Provisionen auf 205 Mio. DM. Bis zum Abschluß des Vertrages erhöhten sich die in dem „Logistikpaket“ zusammengefaßten Aufwendungen auf 219 Mio. DM.
Ausweislich einer von T -H erstellten Provisionsliste aus dem Juli 1991 erhielten einzelne Firmengruppen, ohne daß deren Hintermänner aufgeklärt wurden, folgende Provisionszahlungen: O 67,5 Mio. DM, L 116,5 Mio. DM und G A 8,9 Mio. DM. Weiterhin vereinnahmten Firmen des anderweitig verfolgten Kaufmanns S ca. 28 Mio. DM an Provisionszahlungen. S , ein enger Freund beider Angeklagter, war in die Vermittlung des Verkaufs der Panzer einbezogen worden, weil er maßgeblich den Kontakt zu saudischen Regierungsstellen hatte herstellen können. Er beherrschte mehrere ausländische Gesellschaften, die lediglich für die Abwicklung entsprechender Provisionsgeschäfte vorgehalten wurden. Zu einer solchen Gesellschaft zählte die A. , eine Tochtergesellschaft der Liechtensteiner Handelsgesellschaft K . Diese wurde als bloße Briefkastenfirma von einem Verwaltungsrat geleitet; wirtschaftlich gehörte sie S .
Um im Hinblick auf die Anrechnungsklausel nach Artikel 13.2 des Liefer- und Leistungsvertrages die Aufdeckung zu erschweren, wurden mit den Empfängern der Provisionen – zeitlich nach dem Hauptvertrag mit Saudi -Arabien – sogenannte Marketingverträge abgeschlossen. Dabei war nicht T -H , sondern die T I AG Essen Vertragspartne-
rin. Für diese zeichnend, schloß der Angeklagte H am 24. Juli 1991 mit der A. einen Marketingvertrag, der den entsprechenden Deckmantel für den Großteil der S zugedachten Provisionszahlungen darstellen sollte. Dabei war den beiden Angeklagten, die maßgeblich in die Vertragsverhandlungen einbezogen waren, nach den Feststellungen des Landgerichts klar, daß ein Teil der an die A. geleisteten Provisionszahlungen an sie persönlich zurückfließen sollte.
Die T I AG überwies – jeweils nach Eingang der Zahlungen der saudischen Vertragspartner – auf ein für die A. eingerichtetes Rubrikkontodes S beim Schweizer Bankenverein in Zürich zwischen dem 13. August 1991 und Jahresende 1991 insgesamt 20 Mio. DM, am 1. Dezember 1992 nochmals 3 Mio. DM und am 30. November 1993 1,4 Mio. DM. S hatte dieses Rubrikkonto als Unterkonto für sein dort geführtes Konto (PO 47252) einrichten lassen. Für ein zweites Konto, das S beim Schweizer Bankenverein unterhielt (PO 18679), ließ er weitere Rubrikkonten einrichten, die er teilweise mit Decknamen bezeichnete, wie etwa: Mark, Master/Maxwell, Waldherr, Holgart oder Britan. Zugunsten des Angeklagten H legte S im September 1991 das Rubrikkonto „Winter“ an, zugunsten des Angeklagten M hatte er bereits im Januar 1991 das Rubrikkonto „Jürglund“ eingerichtet.
Nach Erhalt der ersten Teilzahlung des T -Konzerns in Höhe von 11 Mio. DM überwies S auf das Rubrikkonto „Winter“ am 2. September 1991 1,2 Mio. DM, auf das Rubrikkonto „Jürglund“ am selben Tag 4,125 Mio. DM. Am 25. Oktober 1991 wies S – nach Erhalt weiterer 5 Mio. DM – nochmals 2,375 Mio. DM auf das Rubrikkonto „Jürglund“ an. Nach einer weiteren Überweisung des T -Konzerns in Höhe von 4 Mio. DM erfolgte im Dezember 1991 eine Überweisung auf das
Konto „Jürglund“ in Höhe von 2 Mio. DM. Zum 21. Dezember 1992 veranlaßte S eine erneute Gutschrift auf das Konto „Jürglund“ in Höhe von 1,42 Mio. DM. Am 5. Januar 1993 kam es zu einer weiteren Überweisung in Höhe von 250.000 DM auf das Konto „Jürglund“ und am 1. Februar 1993 zu einer Überweisung von 170.000 DM auf das Konto „Winter“. Nach der letzten Zahlung durch den T -Konzern auf das Rubrikkonto A. überwies S am 10. Dezember 1993 auf das Konto „Jürglund“ 700.000 DM und am 28. Dezember 1993 auf das Konto „Winter“ 120.000 DM.
Nach den Feststellungen des Landgerichts erhielt der Angeklagte H noch im Jahre 1991 den auf das Rubrikkonto „Winter“ überwiesenen Provisionsanteil von 1,2 Mio. DM in voller Höhe von S bar ausgezahlt. Nach Überzeugung des Landgerichts gingen ihm auch im Jahr 1993 seine weiteren Provisionsanteile von insgesamt 290.000 DM nach zwei Barabhebungen durch S umfassend persönlich zu.
Der Angeklagte M hatte bis Juli 1991 aus drei Barabhebungen S s vom bereits vor der ersten Provisionsrate des T - Konzerns an die A. bestehenden Rubrikkonto „Jürglund“ insgesamt 200.000 DM erhalten, nachdem M schon zuvor an eine andere Firma S s Provisionszahlungen des T -Konzerns in Höhe von über 2 Mio. DM veranlaßt hatte. Danach erhielt M aus weiteren Barabhebungen S s im Jahre 1991 nochmals 100.000 DM, 1992 115.000 DM sowie 1994 mehr als 90.000 DM, in diesem Jahr zudem eine vom Rubrikkonto „Jürglund“ herrührende Scheckzahlung über 50.000 SFr. Im Dezember 1992 überwies S von dem Konto einen Betrag von 1,225 Mio. SFr für den Erwerb einer Ferienwohnung in der Schweiz durch M , zudem für Einrichtung und Ausbau dieser Wohnung 1993 insgesamt mehr als 540.000 DM und 1994 insgesamt mehr als 360.000 DM.
Schließlich wendete S dem Angeklagten M aus dem Guthaben des Kontos im Jahre 1992 über 35.000 DM für den Sohn des Angeklagten betreffende Internatskosten in Kanada zu. Insgesamt sind damit tatsächliche Zuwendungen an den Angeklagten M vom Rubrikkonto „Jürglund“ in einer Gesamthöhe von deutlich mehr als 2,7 Mio. DM festgestellt.
Auf der Basis eines Zuflusses in den Jahren 1991 bis 1993 von 10,875 Mio. DM auf das Konto „Jürglund“ und von 1,49 Mio. DM auf das Konto „Winter“ lastet das Landgericht den Angeklagten an, diese ihnen zuzurechnenden Gelder in den Jahressteuererklärungen 1991 bis 1993 verschwiegen zu haben. Dadurch stellt das Landgericht bei dem Angeklagten M für das Jahr 1991 eine Verkürzung der Einkommensteuer in Höhe von 4,5 Mio. DM fest, beim Angeklagten H eine solche in Höhe von 635.000 DM; im Jahre 1992 verkürzte der Angeklagte M entsprechend seine Steuer um 755.000 DM, und für 1993 wurde die Einkommensteuer beim Angeklagten H um 153.000 DM und beim Angeklagten M um 500.000 DM zu niedrig festgesetzt.

II.


Das Landgericht hat das Verhalten der Angeklagten jeweils als einheitliches Vergehen der Untreue im Sinne des § 266 StGB gewertet. Beide Angeklagten hätten aufgrund ihrer organschaftlichen oder – wie der Angeklagte M – jedenfalls herausgehobenen Stellung eine Treuepflicht gegenüber dem Vermögen des T -Konzerns gehabt. Durch die spätestens im Dezember 1990 fest vereinbarte Annahme der Gelder sei das Vermögen des T -Konzerns geschmälert worden. Hätte man innerhalb des T -Konzerns gewußt, daß die Beträge an die Angeklagten zurück-
flössen, wären diese Gelder nicht in die Provisionssummen eingestellt worden. Zudem lagen nach Auffassung des Landgerichts mehrere rechtlich selbständige Steuerhinterziehungen vor. Schon die Gutschrift auf den Rubrikkonten begründe bei den Angeklagten einen Zufluß dieses Vermögenswertes. Beide Angeklagten hätten – wie ihnen auch bewußt war – diese ihnen zugewandten Gelder in ihren Steuererklärungen offenlegen müssen, weil diese Zahlungen sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG gewesen seien. Durch die unvollständige Erklärung sei es zu den jeweiligen Steuerverkürzungen gekommen.

B.


Die Revisionen haben teilweise Erfolg. Die Begründung, mit der das Landgericht den Geldzufluß auf den beiden den Angeklagten zugerechneten Rubrikkonten diesen vollständig anlastet, ist sachlichrechtlich nicht tragfähig. Damit hat das Landgericht jeweils einen – bei dem Angeklagten M beträchtlichen – Teil des Schuldumfangs der Untreue, bei M auch der drei Steuerhinterziehungen, nicht ausreichend belegt; bei dem Angeklagten H bleibt eine Einkommensteuerhinterziehung für 1993 gänzlich unbelegt. Dies führt – unter Teilaufhebung der von dem Rechtsfehler betroffenen Feststellungen – hinsichtlich des Angeklagten M Aufhe- zur bung des landgerichtlichen Urteils im gesamten Strafausspruch. Bezüglich des Angeklagten H sind der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung im Jahre 1993 und der Einzelstrafausspruch aus der Verurteilung wegen Untreue sowie die Gesamtstrafe aufzuheben.

I.


Soweit die Revisionen mit Aufklärungsrügen die Feststellungen des Landgerichts zum Abfluß von 9 Mio. DM vom Rubrikkonto „Jürglund“ angreifen , bedarf es, weil die Revisionen insoweit mit der Sachrüge durchdringen, keiner Entscheidung über diese nicht weitergehenden Verfahrensrügen. Die übrigen Verfahrensrügen zeigen keinen Rechtsfehler auf. Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinem Verwerfungsantrag ist folgendes zu erörtern.
1. Ohne Erfolg rügen die Revisionen die Verwertung von Unterlagen, die in der Schweiz im Wege der Rechtshilfe beschlagnahmt worden sind.

a) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Seit dem Jahre 1995 ermittelte die Staatsanwaltschaft Augsburg gegen die Angeklagten wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und der Untreue. Im Rahmen der Ermittlungen, die sich auch gegen S sowie weitere Verdächtige richteten, erwirkte die Staatsanwaltschaft am 24. Mai 1996 Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse der Ermittlungsrichterin am Amtsgericht Augsburg. Danach wurden die Durchsuchung der in der Schweiz gelegenen Wohnungen der Angeklagten und von S sowie die Beschlagnahme von konkret bezeichneten Konten bei Schweizer Banken angeordnet. Mit Schreiben vom 5. Juni 1996 ersuchte der Behördenleiter der Staatsanwaltschaft Augsburg das hierfür zuständige Schweizer Bundesamt für Polizeiwesen um Rechtshilfe zum Zwecke des Vollzugs der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse. Der zuständige Richter am Untersuchungsrichteramt Chur gab am 30. August 1996 hinsichtlich der Angeklagten sowie der Mitbeschuldigten S und P dem Rechtshilfeersuchen statt, hinsichtlich zweier Mitbeschuldigter wurde die Rechtshilfe abgelehnt. Nach dem Vollzug der Rechtshilfemaßnahmen legten die Angeklagten sowie S Beschwerde ein. Durch Entscheide der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Grau-
bünden vom 27. August 1997 wurde „auf die Beschwerden nicht eingetreten“. Maßgeblicher Grund war, daß über die Zulässigkeit der Rechtshilfe im Beschwerdeverfahren erst dann befunden werden dürfe, wenn die Schlußverfügung vorliege. Am 2. März 1998 hat der Untersuchungsrichter in Chur eine Schlußverfügung erlassen und angeordnet, aufgefundenen Schriftwechsel aus der Wohnung von S in Pontresina sowie bestimmt bezeichnete Kontounterlagen an die Staatsanwaltschaft Augsburg zu übermitteln. Im Jahre 1999 wurden weitere Kontounterlagen von S im Wege der Rechtshilfe beschlagnahmt und der Staatsanwaltschaft Augsburg übermittelt. S s Beschwerden blieben im wesentlichen erfolglos.
Das Rechtshilfeverfahren gegen die Angeklagten wurde als erledigt angesehen, weil die Durchsuchungen im Vollzug der Rechtshilfe bei ihnen nicht zum Auffinden verfahrensrelevanter Unterlagen geführt hatten. Da im Blick auf die Angeklagten – wie das Schweizerische Bundesgericht in seinem Urteil vom 13. Januar 1999 (vgl. dort S. 6) ausgeführt hat – keine Beschlagnahme von Schriftstücken aus ihrem Rechtskreis stattgefunden hätte, seien die Angeklagten nicht beschwert. Deshalb habe es auch bezüglich ihrer Person keiner Schlußverfügung im Rechtshilfeverfahren mehr bedurft.

b) Die Verwertung der im Wege der Rechtshilfe erlangten Unterlagen erweist sich hier – in Übereinstimmung mit der Bewertung durch das Tatgericht und den Generalbundesanwalt – unter maßgeblicher Berücksichtigung der im Zusammenhang mit dieser Rechtshilfeangelegenheit in der Schweiz getroffenen Entscheidungen und von dortigen Behörden erfolgten Verlautbarungen als zulässig. Entgegen der Auffassung der Revisionen war die Verwertung der im Wege der Rechtshilfe aus der Schweiz erlangten Unterlagen weder unzulässig, noch hätte vorher die Zustimmung des Schweizer Bundesamtes eingeholt werden müssen.

aa) Bei der Prüfung der Rechtshilfe bestimmt sich die Frage der Zulässigkeit der Verwertung, insbesondere das Erfordernis einer vorgängigen Zustimmung durch das Bundesamt allein nach dem von den Schweizer Institutionen ausgesprochenen Spezialitätsvorbehalt, der die deutschen Strafverfolgungsbehörden gemäß § 72 IRG bindet, ohne daß es auf eine Vereinbarkeit des Spezialitätsvorbehalts mit dem zugrundeliegenden Schweizer Recht, insbesondere mit Art. 67 des Schweizer Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG), unmittelbar ankäme. Da insoweit jeweils in Auslegung des Schweizer Rechts der Spezialitätsvorbehalt für den hier zu beurteilenden Fall von den zuständigen Schweizer Gerichten und Behörden verbindlich festgelegt wurde, bildet der so umrissene Spezialitätsvorbehalt für die deutschen Gerichte den ausschließlichen Prüfungsmaßstab. Ein eigener Rekurs der deutschen Gerichte auf das zugrundeliegende Schweizer Recht ist damit unzulässig. Dessen Auslegung ist ausschließlich den zuständigen Schweizer Institutionen vorbehalten.
bb) Eine vorgängige Zustimmung des Schweizerischen Bundesamtes zur Verwertung der im Wege der Rechtshilfe übermittelten Unterlagen gegen die Angeklagten war hier nicht erforderlich. Dies ergibt sich schon aus der Formulierung der Spezialitätsvorbehalte der vom Schweizerischen Bundesgericht bestätigten Entscheidung des Kantonsgerichts Graubünden vom 24. Juni 1998 (insbesondere S. 24 der Entscheidungsgründe) sowie – ungeachtet geringfügiger und hier nicht bedeutsamer Abweichungen im Wortlaut – aus dem Schreiben des Bundesamtes für Polizeiwesen vom 24. März 1999. Danach durften die Unterlagen gegen die Angeklagten verwertet werden, soweit Gegenstand der Aburteilung eine rechtshilfefähige Tat ist. Beide Angeklagte waren nämlich in das einheitliche gegen mehrere Beschuldigte geführte Verfahren einbezogen, und die Schweizer Gerichte haben gegen beide Angeklagte auch die Rechtshilfe bewilligt (Entscheidung des Untersu-
chungsrichteramts Chur vom 30. August 1996). Eine anderweitige Verwendung der Unterlagen, die allein nach den insoweit ausformulierten Spezialitätsvorbehalten eine Zustimmungspflichtigkeit ausgelöst hätte, ist ersichtlich nicht gegeben. Keiner abschließenden Beurteilung bedarf die Frage, ob eine solche Zustimmung hier sogar konkludent als erteilt anzusehen wäre, was angesichts des erfolgten Informationsflusses über die Verwertung der aus der Rechtshilfe gewonnenen Erkenntnisse auch gegen die Angeklagten jedenfalls nicht als fernliegend erschiene.
cc) Hier konnten die Unterlagen sowohl hinsichtlich des Tatkomplexes der Untreue als auch in Bezug auf die Steuerhinterziehungen verwertet werden.
(1) Der Straftatbestand der Untreue nach § 266 StGB ist rechtshilfefähig. Er entsprach der zur Tatzeit geltenden Norm der „ungetreuen Geschäftsführung“ gemäß Art. 159 des Schweizer Strafgesetzbuches (vgl. Entscheid der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden vom 15. Dezember 1999 auf die Beschwerde des früheren Mitangeschuldigten S , S. 16 der Entscheidungsgründe). Da die Untreue nicht den Ausschlußklauseln für die Rechtshilfe (militärische, politische oder fiskalische Delikte) unterfällt, konnten die Unterlagen insoweit auch verwertet werden.
(2) Gleiches gilt aber auch für die Verurteilungen wegen Steuerhinterziehungen. Zwar zählt die Steuerhinterziehung zu den sogenannten fiskalischen Delikten, die grundsätzlich nicht rechtshilfefähig sind. Eine Ausnahme (Art. 3 Abs. 3 IRSG) gilt nach dem Spezialitätsvorbehalt jedoch dann, wenn sich die Tat als Abgabebetrug gemäß Art. 14 Abs. 2 des Schweizer Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht darstellt. Danach ist ein Abgabebetrug – u. a. – gegeben, wenn der Täter durch sein arglistiges Verhalten be-
wirkt, daß dem Gemeinwesen unrechtmäßig in einem erheblichen Betrage eine Leistung vorenthalten wird. Der Täter muß dabei nicht notwendig unter Verwendung falscher oder gefälschter Urkunden handeln. Denkbar sind auch andere Fälle der Arglist, soweit der Täter durch „besondere Machenschaften, Kniffe“ oder die Schaffung „ganzer Lügengebäude“ die Verkürzung bewirkt (so das Schreiben des Bundesamts für Polizei vom 14. April 2000 unter Bezug auf die ständige Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts).
An dem Vorliegen dieser qualifizierten Voraussetzungen kann – gerade auch unter maßgeblicher Heranziehung der Rechtsauslegung durch die Schweizer Gerichte und Behörden – hier nicht gezweifelt werden. Die Steuerverkürzung ist erst dadurch ermöglicht worden, daß Provisionsansprüche ausländischer getarnter Domizilgesellschaften – jedenfalls wirtschaftlich betrachtet – zum Schein begründet wurden. Die Geldbeträge, die den Angeklagten zufließen sollten, wurden zunächst auf gezielt getarnte Konten transferiert. Die Angeklagten erlangten durch Barauszahlungen oder den verdeckten Kauf einer Wohnung einen steuerlich nur schwer nachvollziehbaren Vermögenszufluß im Ausland. Jedenfalls in der Gesamtschau ist das Verhalten der Angeklagten jeweils als betrügerische Machenschaft – mit dem erreichten Ziel der Steuerhinterziehung in beträchtlichem Umfang – zu werten. Dementsprechend hat auch das Schweizerische Bundesgericht in seinem Urteil vom 13. Januar 1999 hinsichtlich des Verhaltens von S einen Tatverdacht für das Vorliegen eines Abgabebetrugs bejaht. Das Vorgehen der Angeklagten, denen das Verhalten von S das , sie weitgehend zu ihren Gunsten ausnutzten, bekannt war und die ihrerseits die Gelder über S als eine noch zusätzliche Schaltstelle erlangt haben, kann deshalb nicht anders beurteilt werden.
2. Die Beanstandungen der Angeklagten, sie seien in einem wesentlichen Punkt in ihrer Verteidigung beschränkt worden (§ 338 Nr. 8 StPO), weil
ihnen die Einsichtnahme in die Akten eines Parallelverfahrens versagt und die Beweisaufnahme ohne Rücksicht auf ihre mangelnde Kenntnis hiervon durchgeführt und abgeschlossen worden sei, greifen nicht durch.
a) Gegen leitende Manager des T -Konzerns – unter anderem auch gegen die Angeklagten H und M – führt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperschaftsteuerhinterziehung. Gegenstand dieses Verfahrens ist der Vorwurf, daß für den Verkauf der Panzer gezahlte Provisionen zwar als sogenannte nützliche Aufwendungen von der Finanzverwaltung als steuerlich abzugsfähig anerkannt wurden, sie tatsächlich jedoch auf Schwarzgeldkonten vom T -Konzern „geparkt“ worden sein sollen.
Das Landgericht hatte die Beiziehung dieser Akten zunächst angeordnet. Die zuständige Staatsanwaltschaft Düsseldorf, die festgestellt hatte, daß die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen waren, war dann zwar bereit, dem Landgericht die Akten zu übersenden, aber nur unter der Auflage, die Akten mit Rücksicht auf eine angenommene Gefährdung des Untersuchungszwecks (§ 147 Abs. 2 StPO) nicht den Verteidigern der Angeklagten zur Verfügung zu stellen. Daraufhin hat das Landgericht von einer Beiziehung der Akten abgesehen.

b) Soweit die Beschwerdeführer geltend machen wollen, bereits mit der Anordnung der Aktenbeiziehung seien die Akten des anderen Ermittlungsverfahrens zu Beiakten geworden, deren uneingeschränkte Einsicht den Verteidigern nach § 147 Abs. 1 StPO zu gewähren gewesen wäre, trifft dies nicht zu. Der Anspruch auf Akteneinsicht bezieht sich nur auf die dem Gericht tatsächlich vorliegenden Akten (BGHSt 30, 131, 138; 42, 71; BGH NStZ 1999, 371). Insoweit ist der Akteneinsichtsanspruch freilich uneingeschränkt und auch nicht etwa im Wege eines „in camera“-Verfahrens beschränkbar (vgl. BGHR StPO § 96 Sperrerklärung 5; BGH NStZ 1998, 97).
Hier hat die Strafkammer hingegen von einer Beiziehung der Akten in mindestens schlüssiger Korrektur ihrer ursprünglich abweichenden Beiziehungsentscheidung abgesehen. Mit der Revision kann danach lediglich zur Prüfung gestellt werden, ob die Strafkammer – nach Maßgabe der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) oder zur Wahrung effektiver Verteidigung – zur unterbliebenen Aktenbeiziehung und zur damit einhergehenden anschließenden Gewährung von Akteneinsicht verpflichtet war.
aa) Insoweit bestehen durchgreifende Bedenken gegen die ausreichende Begründung der Verfahrensrügen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Für die Annahme, die Verteidigung sei in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt beschränkt worden, genügt nicht, daß die Beschränkung nur generell (abstrakt) geeignet ist, die gerichtliche Entscheidung zu beeinflussen. Vielmehr ist § 338 Nr. 8 StPO nur dann gegeben, wenn die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem Verfahrensverstoß und dem Urteil konkret besteht (BGHR StPO § 338 Nr. 8 Beschränkung 6 m. w. N.). Dies hat auch Auswirkungen auf die Vortragspflicht, weil die Revision dartun muß, welcher konkrete Zusammenhang zwischen dem geltend gemachten Verfahrensfehler und einem für die Entscheidung bedeutsamen Punkt besteht. Damit korrespondiert das Erfordernis möglichst konkreten Vortrages bei einer Rüge wegen unterlassener Beiziehung von Akten unter dem Aspekt der Verletzung der Aufklärungspflicht (vgl. BGHSt 30, 131, 136 ff.; BVerfGE 63, 45, 69 ff.).
Bedenken bestehen hier schon insoweit, als die Revisionen eine hinreichende Dokumentation vermissen lassen, inwieweit ihnen im Laufe des Verfahrens Einsicht in die begehrten Akten zuteil geworden ist – namentlich hat das Landgericht im Laufe der Hauptverhandlung bestimmte Teile aus den fraglichen Akten auf besonderen Wunsch der Verteidigung doch noch erfolgreich angefordert – und welche konkreten Hinweise sich aus den vorhande-
nen Akten oder dem Ablauf der Beweisaufnahme auf für die Verteidigung wesentliches vorenthaltenes Aktenmaterial geboten haben (vgl. BGH wistra 2004, 63). Im übrigen wird das Erfordernis der konkreten Bezeichnung wesentlichen vorenthaltenen Aktenmaterials dem Verteidiger nicht ohne weiteres möglich sein, wenn ihm die Akten, in die er Einsicht nehmen will, verschlossen geblieben sind. Er muß jedoch zumindest dann, sobald er Akteneinsicht erlangt hat, ein entsprechendes konkretes Ergebnis für den Fall vorheriger vollständiger Akteneinsicht vortragen (vgl. auch BGH NStZ-RR 2004, 50). Dies bedeutet, daß er sich grundsätzlich – jedenfalls bis zum Ablauf der Frist zur Erhebung der Verfahrensrüge – weiter um die bislang versagte Akteneinsicht bemühen und die entsprechenden Anstrengungen gegenüber dem Revisionsgericht auch dartun muß (vgl. auch BVerfGE 63, 45, 66 f., 70 ff.).
Hieran fehlt es in beiden Revisionsbegründungen. In der Revisionsbegründung des Angeklagten M werden im wesentlichen lediglich auf theoretischer Grundlage Schlüsse auf einen möglicherweise relevanten Inhalt der vorenthaltenen Akten gezogen. Die Revision des Angeklagten H weist zwar tatsächlich auf ein konkretes Ergebnis aus einer seiner Verteidigung vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist noch gewährten Einsicht in jene Akten hin. Dieser Vortrag ist indes offensichtlich unvollständig, da er sich auf ganz begrenzte Auszüge aus einer dort dokumentierten früheren Zeugenaussage beschränkt, ohne jene Erkenntnisse, wie es zur Beurteilung der tatsächlichen Relevanz unerläßlich gewesen wäre, vollständig darzulegen.
bb) Im übrigen wäre aber auch ein Erfolg der Rügen in der Sache höchst zweifelhaft.
Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, die Akteneinsicht nach § 147 Abs. 2 StPO bis zum Abschluß der Ermittlungen zu versagen , entfaltet auch für das hiesige Verfahren Bindungswirkung. Schon daher kam eine Beschlagnahme dieser Ermittlungsakten durch das erkennende Gericht nicht in Betracht, deren Zulässigkeit bei Behördenakten, namentlich aber bei anderen Strafakten ohnehin grundsätzlich zweifelhaft erscheint (vgl. G. Schäfer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 96 Rdn. 8). Entgegen der Auffassung der Revisionen hätte das Landgericht nicht bei der obersten Dienstbehörde um eine Freigabe der Ermittlungsakte gemäß § 96 StPO nachsuchen müssen. Jedenfalls in dem vorliegenden Sonderfall, in dem sich staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten auf ein laufendes Ermittlungsverfahren beziehen, in dem Beschuldigtenidentität besteht, ist die Regelung des § 147 Abs. 2 StPO – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – lex specialis gegenüber den allgemeinen Herausgabe- und Beschlagnahmegrundsätzen (vgl. zudem § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Während des Laufs der Ermittlungen kann letztlich nur die ermittlungsführende Staatsanwaltschaft entscheiden, wann die Ermittlungen abgeschlossen sind und der Untersuchungszweck nicht mehr gefährdet ist. Eine solche Beurteilung hat allein aus dem Gesamtzusammenhang des Ermittlungsverfahrens zu erfolgen. Dabei begründet die Regelung des § 147 Abs. 2 StPO nur ein zeitweiliges Hindernis für die Akteneinsicht des Verteidigers. Der Beschuldigte soll erst dann uneingeschränkt Akteneinsicht verlangen dürfen, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind. Allein der Umstand, daß der Beschuldigte in einem anderen Verfahren bereits angeklagt ist, rechtfertigt nicht, ihm unter Gefährdung des Untersuchungszwecks in diesem Verfahren Akteneinsicht zu gewähren. Dies gilt auch, wenn zwischen den beiden Verfahren ein Zusammenhang besteht. Die Entscheidung, ob zugunsten des Angeklagten eine Gefährdung des Untersuchungszwecks in dem noch bei der Staatsanwaltschaft anhängigen Ermittlungsverfahren in Kauf genommen
werden kann, muß der ermittlungsführenden Staatsanwaltschaft nach § 147 Abs. 2 StPO vorbehalten bleiben und kann grundsätzlich nur von ihr getroffen werden, weil allein sie aufgrund ihrer Verfahrenskenntnis potentielle Beeinträchtigungen des Untersuchungszwecks abschätzen kann (vgl. auch § 478 Abs. 1 Satz 1 StPO). Eine Sachverhaltskonstellation, wie sie der – eine staatspolitische Abwägung erlaubenden – Vorschrift des § 96 StPO zugrunde liegt, wonach bestimmte Beweismittel aus übergeordnetem staatlichen Interesse für die Verwertung im Strafprozeß gesperrt werden sollen, beurteilt sich demgegenüber nach anderen allgemeineren Abwägungskriterien. Einen interjustiziellen Konflikt wie im vorliegenden Spezialfall erfaßt die Vorschrift – da hierfür eine ausreichend sachgerechte spezielle Regelung zur Verfügung steht – nicht.
Freilich wird die Staatsanwaltschaft bei ihrer nicht delegierbaren Entscheidung die Verteidigungsinteressen des Beschuldigten als Angeklagten des Parallelverfahrens, für das sein Verteidiger Akteneinsicht begehrt, zu beachten haben. Gegebenenfalls wird sie die Geheimhaltungsbedürfnisse im Rahmen des Ermittlungsfortgangs im Sinne einer – möglicherweise auch eingeschränkt zu gewährenden – Akteneinsicht (bzw. Aktenherausgabe an das Gericht der laufenden Hauptverhandlung mit der Konsequenz dort zu gewährender Akteneinsicht) ganz oder teilweise zurückzustellen, widrigenfalls die gebotene Geheimhaltung, die nicht etwa der Regelfall in nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahren ist, auch näher zu begründen haben. Der Senat hielte es zudem für erwägenswert, die Versagung der Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft in dem vorliegenden ganz speziell und außergewöhnlich gelagerten Fall in erweiterter Auslegung des § 147 Abs. 5 Satz 2 StPO (bzw. nach § 478 Abs. 3 Satz 1 StPO; vgl. auch § 406e Abs. 4 Satz 2 StPO) oder gemäß § 23 EGGVG (vgl. BGHSt 46, 261; BVerfGE 63, 45, 66) sofortiger gerichtlicher Überprüfbarkeit zu unterwerfen.
Das die Hauptverhandlung im Parallelverfahren durchführende Gericht wird seinerseits je nach der Nähe des Sachbezugs und nach der Ersichtlichkeit der Relevanz der Geheimhaltung der Ermittlungsakten deren Freigabe weiter zu erstreben haben. Maßstab für das Gericht ist dabei die gerichtliche Aufklärungspflicht und das eine effektive Verteidigung erfordernde Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren. Dessen Bedeutung und die Anliegen der Wahrheitsermittlung auch in anderen Strafverfahren sind ihrerseits Richtschnur für die Entscheidung der aktenführenden Staatsanwaltschaft in dem parallelen Ermittlungsverfahren. Die Revisionen haben nicht verschwiegen, daß es – ersichtlich aus derartigen Erwägungen – auch im vorliegenden Verfahren während des Laufs der Hauptverhandlung zur Freigabe von besonders begehrten Teilen aus den geheimgehaltenen anderen Ermittlungsakten gekommen ist.
Es mag zudem Einzelfälle geben, in denen der Grundsatz des fairen Verfahrens ausnahmsweise eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Freigabe der geheimgehaltenen Ermittlungsakten gebieten kann. Umstände, die das Landgericht zu einem solchen Vorgehen hätten anhalten können, sind hier nicht ersichtlich und auch nicht dargetan. Für eine offensichtlich fehlerhafte Annahme einer Gefährdung des Untersuchungszwecks in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Düsseldorf und eine unvertretbare Hinnahme der darauf gegründeten Akteneinsichtsversagung durch das Landgericht fehlen ausreichende Anhaltspunkte.
Allgemein nimmt die Strafprozeßordnung abstrakt hin, daß die Wahrheitsermittlung durch die Anhängigkeit anderer Verfahren beeinträchtigt werden kann (z. B. durch die Gewährung eines Auskunftsverweigerungsrechts nach § 55 StPO). Die Gefahr, möglicherweise nicht alle Tatsachen oder Beweismittel in den Strafprozeß einbeziehen zu können, wird ganz wesentlich durch die Regelungen über die Wiederaufnahme ausgeglichen. Sol-
che, sich aus dem zum Zeitpunkt des Urteilserlasses noch im Ermittlungsstadium befindlichen Verfahren ergebenden Tatsachen und Beweismittel sind regelmäßig neu im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO und rechtfertigen, soweit sie erheblich sind, die Wiederaufnahme des Verfahrens. 3. Zu den weiteren Verfahrensrügen beschränkt sich der Senat auf folgende Hinweise.

a) Die auf Verletzung der Vorschriften über die Gewährung des letzten Wortes gestützten Verfahrensrügen scheitern – unabhängig von BGHR StPO § 258 Abs. 3 Wiedereintritt 14 – daran, daß sich mit dem Generalbundesanwalt sicher ausschließen läßt, daß das Urteil auf dem geltend gemachten Verstoß beruhen kann. Irgendwelche Anhaltspunkte, daß die Angeklagten , die sich in der mehr als acht Monate andauernden Hauptverhandlung – auch bei früherer Erteilung des letzten Wortes – nur schweigend verteidigt haben, ihr Schweigen bei erneuter Erteilung des letzten Wortes nach der Stellung weiterer Hilfsbeweisanträge gebrochen und urteilsrelevante Bekundungen gemacht hätten, sind weder dargetan noch ersichtlich. Auf ausschließlich theoretisch-abstrakte Möglichkeiten muß sich das Revisionsgericht auch bei diesem relativen Revisionsgrund – ungeachtet seiner Bedeutung – nicht verweisen lassen.

b) Daß der in Kanada gegen seine Auslieferung kämpfende frühere Mitangeschuldigte und Zeuge S ungeachtet einer einem Verteidiger erteilten Zustellungsvollmacht ein Zeuge ist, dessen Ladung im Sinne des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO im Ausland zu bewirken wäre – so daß nach dieser Vorschrift ein gegenüber § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO erweiterter Eignungsmaßstab Anwendung finden kann –, steht nach dem mit dem Wortlaut („bewirken“) im Einklang stehenden Sinn der Sondervorschrift außer Frage.

c) Im Rahmen der Entscheidung nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO über den Hilfsbeweisantrag auf Vernehmung des Zeugen J durfte das Landgericht ergänzend auch auf den späten Zeitpunkt der Beweisantragstellung Bedacht nehmen.

II.


Mit ihren Sachrügen haben die Angeklagten teilweise Erfolg.
1. Ohne Rechtsverstoß geht das Landgericht allerdings davon aus, daß sich die Angeklagten jeweils der Untreue gemäß § 266 StGB strafbar gemacht haben (vgl. jedoch zum Schuldumfang unten 3).

a) Mit der Vereinnahmung der „Kick-back“-Zahlungen haben die Angeklagten die gegenüber ihrem Dienstherrn bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und ihrem Dienstherrn einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB zugefügt.
aa) Allerdings kann – und insoweit sind die Urteilsgründe mißverständlich – der Nachteil noch nicht darin gesehen werden, daß die Angeklagten die später an sie zurückfließenden Gelder vorher in die Provisionssummen eingestellt haben. Die Provisionen, die vom T -Konzern gezahlt werden sollten, wurden nämlich in einer Provisionsliste zusammengefaßt , die dann die Grundlage für den Preis des an die saudische Regierung verkauften „Logistikpakets“ bildete. Insoweit waren aber die einzelnen zu zahlenden Provisionen lediglich eine interne Kalkulationsgrundlage für den festzulegenden Preis des „Logistikpakets“. Allein hierdurch ist dem Dienstherrn der Angeklagten kein unmittelbarer Nachteil entstanden, weil die Gelder für die zu zahlenden Provisionen von dem saudischen Vertragspartner getragen wurden. Hätten die an die Angeklagten zurückgeflossenen Gelder schon hierbei keine Berücksichtigung gefunden, hätte sich dadurch nur der
Preis des „Logistikpakets“ reduziert; der Gewinn für den T -Konzern wäre hingegen unverändert geblieben.
(1) Zwar hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Regel einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB bei Provisions- oder Schmiergeldzahlungen angenommen (vgl. BGHSt 47, 295, 299; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49; vgl. zur identischen Problematik beim Ausschreibungsbetrug auch BGHSt 47, 83, 89). Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, daß jedenfalls mindestens der Betrag, den der Vertragspartner für Schmiergelder aufwendet, auch in Form eines Preisnachlasses – oder eines Preisaufschlages in der vorliegenden Fallkonstellation – dem Geschäftsherrn des Empfängers hätte gewährt werden können (vgl. Raum in Wabnitz /Janovski, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 2. Aufl. S. 304 m. w. N.). Der Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Nicht jede Schmiergeldzahlung muß sich zwangsläufig bei dem Geschäftsherrn des Empfängers als Schaden auswirken. Eine Ausnahme gilt insbesondere dann, wenn Umstände erkennbar sind, die es nicht unbedingt nahelegen, daß die Leistungen in die Kalkulation zu Lasten des Geschäftsherrn eingestellt wurden (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49; BGH NStZ 1995, 233, 234).
(2) Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Das „Logistikpaket“, das einen in sich abgeschlossenen Teil der Preisvereinbarung betraf, sollte nahezu ausschließlich die aufzuwendenden Provisionszahlungen abdecken. Trotz einer Vertragsgestaltung, durch die Provisionszahlungen nach außen hin verdeckt wurden, liegt hier tatsächlich nahe, daß an einer solchen Preisgestaltung insbesondere auch die für die Käuferseite handelnden Personen ein erhebliches Interesse hatten. Eine gewollte Aufspaltung bei der Preisfestlegung in einerseits den eigentlichen Verkauf und andererseits das sich aus Provisionen zusammensetzende „Logistikpaket“ legt nahe, daß eine Redu-
zierung des Aufwands für das „Logistikpaket“ nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung des Verkaufspreises der Panzer geführt hätte.
bb) Eine Untreuehandlung der Angeklagten liegt aber jedenfalls darin , daß mit ihrer Kenntnis und Billigung die an den T -Konzern gezahlten Gelder an die von S beherrschte Firma A. weitergereicht wurden, soweit die Angeklagten hieraus zeitnah Zahlungen erlangten. Insoweit hat eine Vermögenseinbuße auf Seiten des T -Konzerns stattgefunden, die einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB darstellt.
(1) Die Annahme eines Nachteils ist hier auch nicht deshalb ausgeschlossen , weil der T -Konzern mit der Zahlung eine entsprechende Verbindlichkeit gegenüber der A. zum Erlöschen bringt. Zwar ist anerkannt , daß ein Nachteil dann entfällt, wenn das zu betreuende Vermögen von einer Verbindlichkeit in gleicher Höhe befreit wird (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 55), weil in diesem Falle zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird (BGHSt 15, 342, 343 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 14). Selbst wenn im vorliegenden Fall aufgrund des Marketingvertrages eine vertragliche Verpflichtung des T -Konzerns gegenüber der von S beherrschten A. bestanden haben sollte, wäre eine entsprechende Vereinbarung jedenfalls teilweise nichtig (§ 139 BGB), soweit sie Gelder umfaßte, die an die Angeklagten weitergegeben werden sollten. Eine solche Vereinbarung würde nämlich nach ihrem wirtschaftlichen Sinngehalt bedeuten, daß die Angeklagten aus ihrer Tätigkeit für ihren Dienstherrn zu Lasten des Vermögens des T -Konzerns weitere Vergütungen erhielten. Dies widerspricht den Regelungen des Aktiengesetzes , das die Bestimmung der Vergütung der Vorstandsmitglieder dem Aufsichtsrat überträgt (§§ 84, 87, 112 AktG). Diese zwingenden gesetzlichen Regelungen, die eine ausschließliche Personalkompetenz des Aufsichtsrats festlegen (Hüffer, AktG 4. Aufl. § 84 Rdn. 1), dienen dem Schutz der Gesell-
schaft und sind insoweit auch Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB. Umgeht das einzelne Vorstandsmitglied diese zwingenden Regelungen zur Bestimmung seiner Vergütung durch eine – hier gegebene – „Kick-back“Abrede , dann verstößt die Vereinbarung, nach der die „Kick-back“-Zahlung geleistet werden soll, gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB.
Das Landgericht läßt in den Urteilsgründen letztlich offen, ob der Angeklagte M als Bereichsvorstand eine organschaftliche Stellung innehatte oder lediglich ein herausgehobener leitender Angestellter war. Für die hier zu entscheidende Frage kann dies ebenfalls offenbleiben, weil es auch dem Arbeitnehmer verwehrt ist, seinen Arbeitslohn durch den Abschluß entsprechender „Kick-back“-Vereinbarungen zu Lasten seines Arbeitgebers in zudem verdeckter Weise zu erhöhen.
(2) Entgegen der Auffassung der Revisionen sind die Provisionszahlungen , die vom T -Konzern aus dem „Logistikpaket“ geleistet wurden, nicht lediglich durchlaufende Posten. Vielmehr liegen ungeachtet des kalkulatorischen Zusammenhangs jeweils unterschiedliche Vertragsverhältnisse zugrunde, die auch rechtlich unterschiedlich zu beurteilen waren. Das „Logistikpaket“ war Bestandteil des Leistungs- und Lieferungsvertrages, aus dem T -H als Vertragspartner grundsätzlich der Gesamtkaufpreis zustand. Mit dem Zufluß des Gesamtkaufpreises ist deshalb bei T -H eine Vermögensmehrung eingetreten. Inwieweit der T -Konzern aus seinem Vermögen dann verpflichtet war, aufgrund der Marketingvereinbarung mit A. an diese zu leisten, ist davon unabhängig auf der Grundlage dieses Vertragsverhältnisses zu prüfen und aus den vorgenannten Gründen insoweit zu verneinen, als die Gelder „Kick-back“-Zahlungen zugunsten der Angeklagten sein sollten. Insoweit ist auch die Frage, ob die Provisionszahlungen direkt über die saudische Regierung als Käuferin oder über T -H als
Verkäuferin abgewickelt wurden, nicht lediglich eine Frage der technischen Ausgestaltung der Erfüllung der Provisionsversprechen. Vielmehr liegt der Unterschied in dem jeweils andersartigen vertraglichen Konstrukt, das auch den Bezugspunkt für die strafrechtliche Prüfung bilden muß.
(3) Das gefundene Ergebnis kollidiert nicht mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Nichtabführung von empfangenen Schmiergeldern oder Provisionen als solche nicht dem Untreuetatbestand des § 266 StGB unterfällt. In den von den Revisionen herangezogenen Entscheidungen führt der Bundesgerichtshof lediglich aus, daß die nach § 681 Satz 2, § 687 Abs. 2 i.V.m. § 667 BGB bestehende zivilrechtliche Pflicht des Schmiergeldempfängers zur Herausgabe der empfangenen Leistungen an seinen Geschäftsherrn keine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB begründet (BGHSt 47, 295, 298; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49; jeweils m. w. N.). Dies schließt aber nicht aus, daß eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht von dem Schmiergeldempfänger durch eine andere Handlung bewirkt wird. Daß die Angeklagten aufgrund ihrer herausgehobenen Positionen eine Vermögensbetreuungspflicht zugunsten des Vermögens des T -Konzerns hatten, unterliegt keinen Zweifeln. Diese Pflicht haben sie verletzt, indem sie mit S aus den versprochenen Provisionen „Kick-back“-Zahlungen vereinbarten und an dessen Firmen die Zahlung aus dem Vermögen des T -Konzerns veranlaßten. Diesen mehraktigen Geschehensablauf setzten die Angeklagten in Gang, um sich letztlich aus dem Vermögen des T -Konzerns in Form der „Kick-back“-Zahlungen zu bereichern.

b) Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist aus Rechtsgründen gleichfalls nicht zu beanstanden, jedenfalls soweit nur die Schuldsprüche wegen Untreue betroffen sind. Das Landgericht hat aus einer Vielzahl von Indizien rechtsfehlerfrei geschlossen, daß die Angeklagten mit
S übereingekommen waren, einen Teil der an A. gezahlten Provisionen an sie zurückfließen zu lassen. Hinsichtlich des Angeklagten M hat sich das Landgericht auf dessen maßgeblichen Einfluß bei der Aushandlung des Gesamtvertragspakets gestützt, was auch die Festlegung der im einzelnen zu zahlenden Provisionen umfaßte. Schon diese Einwirkungsmöglichkeit legt nahe, daß der Angeklagte M bereits bei der Bemessung der S zugestandenen Provision eine später an ihn zu leistende „Kick-back“-Zahlung mitberücksichtigt hat, zumal zwischen dem Angeklagten M und S ein – durch die persönliche Korrespondenz belegtes – freundschaftliches Verhältnis bestand. Soweit das Landgericht auf das Rubrikkonto „Jürglund“ eingezahlte Gelder dem Angeklagten M zurechnet, stützt es sich gleichfalls grundsätzlich auf eine ausreichende Tatsachengrundlage. Neben der offensichtlichen Anlehnung der Kontenbezeichnung an den Vornamen des Angeklagten M sind hier noch die teilweise synonyme Verwendung der Namen „Jü “ und „Jürglund“ im Kalender von S aussagekräftig sowie der Umstand, daß sich hiernach in vertretbarer, naheliegender Auslegung einzelner Kalendereintragungen in Telefonaten mit „J “ ausgehandelte Summen kurze Zeit später in Beziehung zur Bezeichnung „Jürglund“ wiederfinden. Hinzu kommt der nahe zeitliche Zusammenhang zwischen den Überweisungen des T -Konzerns anA. und den Einzahlungen auf den Rubrikkonten „Jürglund“ und „Winter“. Einen Barzufluß eines Teils der Gelder an den Angeklagten M folgert das Landgericht aus der auffallenden zeitlichen Koinzidenz von Barabhebungen und belegten Treffen zwischen S und dem Angeklagten M .
Hinsichtlich des Angeklagten H schließt das Landgericht rechtsfehlerfrei dessen Einbeziehung in die „Kick-back“-Vereinbarung aus seiner – wiederum auf die persönliche Korrespondenz gestützten – freund-
schaftlichen Beziehung zu S . Er war auch frühzeitig in die Provisionsverhandlungen eingeweiht. Dies hat das Landgericht – entgegen der Auffassung der Revision – rechtsfehlerfrei nicht allein aus der Zusendung des Projektleitblatts per Telefax geschlossen, sondern hat es auch aus weitergehenden Überlegungen und Beweiserhebungen, namentlich der Aussage des Zeugen Kl hergeleitet. Zumal da der Angeklagte H nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts schon einmal anläßlich eines anderen Geschäfts von S eine Provisionszahlung in Höhe von 500.000 Kanada-Dollar erhalten hatte, konnte das Landgericht rechtsfehlerfrei davon ausgehen, daß der Angeklagte H in die Vereinbarungen mit S über die Höhe der Provision an A. – und den an ihn hieraus zurückzuführenden Anteil – einbezogen war, obwohl das Panzergeschäft seinen unmittelbaren Geschäftsbereich nicht betraf. Ebenso wie bei dem Angeklagten M konnte sich das Landgericht bei seiner Überzeugungsbildung auch auf die Kalendereintragungen S s und auf die Duplizität der Rubrikkontenbezeichnungen stützen, die auch beim Angeklagten H mit der Benennung „Winter“ in Anlehnung an seinen Vornamen „W “ erfolgte. Gleiches gilt für die vom Landgericht angenommene Geldübergabe am 6. November 1991 in Zürich, die durch Bank- und Reiseunterlagen sowohl von S als auch vom Angeklagten H rechtsfehlerfrei belegt ist.
2. Die Verurteilungen wegen Steuerhinterziehung begegnen aufgrund des vom Landgericht gewählten Begründungsansatzes durchgreifenden Bedenken, weil das Landgericht den Zeitpunkt des Zuflusses im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG für die den Angeklagten zugewandten Vermögenswerte nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat.

a) Zutreffend ist zwar der Ansatz des Landgerichts, daß die den Angeklagten zugewendeten „Kick-Back“-Zahlungen als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG der Einkommensteuer unterliegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Bestechungsgelder, die einem Arbeitnehmer von Dritten gezahlt werden, sonstige Einkünfte im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG (BFH BStBl II 2000, 396 ff. m. w. N.; BFH/NV 2001, 25 f.); dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof für Schmiergeldzahlungen oder Bestechungsgelder angenommen, daß sie der Besteuerung unterliegen (vgl. zuletzt BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4 m. w. N.). Für solche Provisionszahlungen, die nachträglich als „Kick-back“-Zahlungen an die Empfänger geleistet werden, gilt nichts anderes.
Entgegen der Auffassung der Revisionen ist insoweit auch das erforderliche Gegenseitigkeitsverhältnis gegeben. Die Leistung des Empfängers besteht zum einen darin, daß er den Geschäftsabschluß – mithin also den Erhalt von 28 Mio. DM Provisionsleistungen für S – ermöglicht hat. Zum anderen erfolgten die „Kick-back“-Zahlungen ersichtlich in der begründeten Erwartung, den Empfänger der Gelder auch im Blick auf zukünftige Geschäftsabschlüsse für sich zu verpflichten.
Die Angeklagten waren auch verpflichtet, die ihnen als „Kick-back“Zahlungen zugeflossenen Vermögenswerte der Finanzbehörde zu erklären. Dies folgt aus der ihnen obliegenden Pflicht zur Offenlegung der für die Besteuerung erheblichen Tatsachen (§ 90 Abs. 1 Satz 2 AO). Dem steht nicht entgegen, daß die Angeklagten mit der wahrheitsgemäßen Angabe dieser Einkünfte zugleich die Begehung eigener Straftaten aufdecken müßten. Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob die Angeklagten durch das in § 30 AO niedergelegte Steuergeheimnis vor der Weitergabe entsprechender Informationen durch die Finanzbehörde an die Strafverfolgungsbehörden geschützt wären oder ob der Ausnahmetatbestand des § 30 Abs. 4 Nr. 5 lit. b
AO hier eine Weitergabe der Informationen ermöglichen würde. Selbst wenn nämlich ein entsprechender Schutz durch das Steuergeheimnis nicht bestünde , würde dem Steuerpflichtigen – freilich gegebenenfalls mit einem niedrigeren Konkretisierungsgrad – zugemutet, die Einkünfte zu offenbaren (BGHR aaO).

b) Nicht gefolgt werden kann allerdings dem Landgericht, soweit es die auf den Rubrikkonten „Jürglund“ und „Winter“ eingezahlten Gelder den Angeklagten als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG zurechnet. Allein durch die Umbuchungen auf die Rubrikkonten sind die dort ausgewiesenen Guthaben den Angeklagten noch nicht als Einnahmen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen.
aa) Eine Einnahme, die auch in einem geldwerten Vorteil bestehen kann, ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen, sobald der Empfänger wirtschaftlich über sie verfügen kann oder über sie verfügt hat (BFHE 195, 221, 223 f.; BFH/NV 2002, 643; jeweils m. w. N.). Die bloße Umbuchung auf ein Rubrikkonto, für welches die Angeklagten keinerlei Zeichnungsrechte hatten, genügt diesem Erfordernis nicht. Die Angeklagten waren nämlich wirtschaftlich nicht in der Lage, über die Gutschriften auf den Rubrikkonten zu verfügen.
bb) Nicht ausreichend belegt ist, wovon das Landgericht – ohne die entsprechenden Rechtsgrundlagen ausdrücklich zu nennen – allerdings auszugehen scheint, daß zwischen S und den Angeklagten eine treuhänderische Abrede im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO bestanden hat. In einem solchen Falle könnte in der Vereinbarung über das Treuhandverhältnis zugleich ein Zufluß im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zu sehen sein, weil das treuhänderisch gebundene Wirtschaftsgut (hier: die Guthaben auf den Rubrikkonten) dann mit dem Abschluß einer ent-
sprechenden Treuhandvereinbarung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO den Angeklagten auch zuzuordnen wäre.
Eine solche Vereinbarungstreuhand ist allerdings grundsätzlich möglich. Sie muß auf ernstgemeinten und klar nachweisbaren Vereinbarungen zwischen Treugeber und Treuhänder beruhen und tatsächlich durchgeführt werden. Das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muß wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein (BFH BStBl II 1998, 152, 156 und 2001, 468, 470). Wesentliches Kriterium für die Annahme eines Treuhandverhältnisses ist die Weisungsbefugnis des Treugebers gegenüber dem Treuhänder und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders gegenüber dem Treugeber sowie – im Grundsatz – dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treuguts. Der Treugeber muß demnach das Treuhandverhältnis beherrschen. Kann er dies aufgrund der getroffenen Absprachen nicht, so besteht kein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO (BFH BStBl II 1999, 514, 516). Schließlich muß das Treuhandverhältnis aber auch tatsächlich vollzogen worden sein (BFH BStBl II 1998, 152, 156 f.).
In dem hier in der Anlage eines Rubrikkontos liegenden Akt kann zwar eine entsprechende Absonderung der auf das Rubrikkonto transferierten Gelder gesehen werden. Eine klar nachweisbare Vereinbarung, wie der für diese Rubrikkonten weiterhin allein zeichnungsberechtigte S mit den Geldern hätte verfahren sollen, läßt sich jedoch nicht erkennen. Ebensowenig ist den Urteilsgründen zu entnehmen, wie der jeweilige Begünstigte auf der Grundlage entsprechender Absprachen das Treuhandverhältnis hätte beherrschen können. Eine solche Beherrschung ist schon deshalb zweifelhaft, weil bei derart kriminellen Absprachen eine rechtlich durchsetzbare Beherrschung ohnehin nicht in Betracht kommen wird.
Dennoch mag es in besonders gelagerten Ausnahmefällen Fallgestaltungen geben, die aufgrund der Gesamtumstände, namentlich im Hinblick auf wirtschaftliche Abhängigkeiten oder anderweitiges Druckpotential, dem „Treugeber“ ein solches Maß an Beherrschungsmöglichkeit vermitteln, daß faktisch von einem Weisungsrecht ausgegangen werden kann. Der Besteuerung eine solche rechtlich zwar unwirksame, aber praktisch durchgesetzte Treuhandbeziehung zugrunde zu legen, ist nach § 41 Abs.1 Satz 1 AO grundsätzlich möglich. An den tatsächlichen Vollzug einer solchen Abrede sind jedoch dann gesteigerte Anforderungen zu stellen.
cc) Das Landgericht geht wohl von einer Treuhandabrede zwischen und S den Angeklagten deshalb aus, weil die Rubrikkonten tatsächlich treuhänderisch geführt worden seien. Diese Wertung hält jedoch schon aufgrund von Beweiswürdigungsmängeln rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht belegt zwar rechtsfehlerfrei in einer erheblichen Anzahl von Fällen, in denen Gelder von den Rubrikkonten in bar abgehoben und an die Angeklagten weitergegeben oder aus dem Guthaben in sonstiger Weise in das Vermögen der Angeklagten überführt wurden, daß die auf dem Rubrikkonto vorhandenen Gelder zugunsten der Angeklagten verwandt wurden. Insbesondere hinsichtlich einer nach ihrer Größenordnung ganz bedeutenden Transaktion ist die Beweiswürdigung des Landgerichts aber – wie die Revisionen zutreffend aufzeigen – lückenhaft und widersprüchlich.
(1) Nach den landgerichtlichen Feststellungen erfolgte am 13. Januar 1994 ein Abfluß in Höhe von 9 Mio. DM vom Konto „Jürglund“ zugunsten eines anderen Kontos von S . Dieser Betrag diente zur Deckung eines auf jenem Konto belasteten Schecks, den S am 30. Juni 1992 ausgestellt und an den Zeugen Le zur Anschubfinanzierung eines Rußlandgeschäfts übergeben hatte.
Das Landgericht geht davon aus, daß dieser Betrag durch den Übertrag einer Festgeldanlage am 18. Januar 1994 alsbald wieder ausgeglichen worden sei. Woher die Festgeldanlage stammte, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Die naheliegende Möglichkeit, daß – weil Gelder auf dem Rubrikkonto „Jürglund“ durchgehend als Festgelder angelegt waren – es sich um genau solche Gelder gehandelt hatte, läßt das Landgericht unerörtert. Hierfür hätte aber insbesondere auch die vom Landgericht festgestellte Höhe des Schlußsaldos gesprochen, der sich auf nur noch 389.000 DM belief; dies ist jedenfalls der Betrag, den S auf das Konto seiner Ehefrau vom Rubrikkonto „Jürglund“ überwies. Daß der Betrag von 9 Mio. DM aus festgelegten Teilbeträgen des Guthabens des Rubrikkontos „Jürglund“ stammt, drängt sich im übrigen auch auf, wenn man die Gesamtbeträge vergleicht. Insgesamt sind auf dieses Konto 10,875 Mio. DM geflossen, die weitgehend zwischenzeitlich als Festgeldanlagen verzinst wurden. Abgeflossen sind nach den Feststellungen des Landgerichts zugunsten des Angeklagten M höchstens etwa 3 Mio. DM. Berücksichtigt man die angefallenen Zinsen, liegt nahe, daß die auf das Konto von S überführten 9 Mio. DM genau demjenigen Betrag entsprechen, dessen Verbleib nach den Urteilsfeststellungen ungeklärt ist.
Widersprüchlich sind zudem die weiteren Feststellungen des Landgerichts im Zusammenhang mit dem Abfluß der 9 Mio. DM. Das Landgericht stellt nämlich einerseits fest, daß die entsprechenden Investitionen S s ohne Risiko gewesen seien, da die Firma Li eine Bürgschaft gestellt habe. Andererseits seien für diesen Betrag keine Rückzahlungen geleistet worden, mithin müßte also das Darlehen für die Anschubfinanzierung weiter offen geblieben sein. Ob die Bürgschaft in Anspruch genommen wurde und vor allem an wen gegebenenfalls die Gelder hieraus geflossen sind, läßt das Landgericht unerörtert. Gerade dieser Gesichtspunkt hätte aber dar-
über Aufschluß geben können, wer wirtschaftlich hinter der Darlehensgewährung gestanden hat.
(2) Gleichfalls läßt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, inwieweit der Mittelabfluß etwa im Interesse des Angeklagten M gestanden haben könnte. Das Landgericht hat insoweit lediglich festgestellt, daß der Zeuge Bä , der seit 1990/1991 Geschäftsführer bei Li war, den Angeklagten M einige Male getroffen habe. Inwiefern gerade der Angeklagte M an diesem Geschäft eigene Interessen hatte, vermochte der Zeuge nicht anzugeben. Wäre dies der Fall gewesen, hätte es im übrigen nahe gelegen, daß der Scheck sogleich auf das Rubrikkonto „Jürglund“ gezogen worden wäre, wenn S insoweit im Interesse des Angeklagten M zu Lasten eines treuhänderisch geführten Kontos dieses Geschäft hätte durchführen wollen.
cc) Selbst wenn man hinsichtlich des ungeklärten Differenzbetrages von 9 Mio. DM keine Verfügung im alleinigen Interesse von S annähme, bliebe die Verwendung von ca. 70 % des auf dem Konto „Jürglund“ eingegangenen Geldes offen. Dann fehlt aber die zentrale Voraussetzung für die Annahme eines Treuhandverhältnisses. Allein die festgestellten Zuwendungen belegen kein Treuhandverhältnis. Dies gilt umso mehr, als diese Abflüsse in der Summe nicht einmal annähernd der Höhe des Betrages entsprechen, hinsichtlich dessen überhaupt keine Beziehung zu dem Angeklagten M aufgezeigt ist.
Das muß sich auch auf die Beurteilung der Rechtslage hinsichtlich des Kontos „Winter“ auswirken, zumal insoweit ein vollständiger Zufluß der auf dieses Konto gelangten Zahlungsbeträge an den Angeklagten H ebenfalls nicht mit umfassend rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung festgestellt
ist – ohne daß freilich hier ein derart krasses Mißverhältnis wie bei dem Angeklagten M vorläge.
Letztlich ist danach bei beiden Konten weder eine ausdrückliche Treuhandabrede belegt, noch läßt sich aus den Verfügungen über die Kontenguthaben auf eine solche Treuhandabrede rückschließen.

c) Dieser Begründungsmangel nötigt jedoch hinsichtlich der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nicht generell zu einer Aufhebung der Schuldsprüche. Maßgebend sind die vom Landgericht im übrigen rechtsfehlerfrei festgestellten Zuflüsse. Daraus ergibt sich folgendes:
aa) Hinsichtlich des Angeklagten M sind für die Jahre 1991, 1992 und 1993, die als Veranlagungszeiträume den Verurteilungen zugrunde liegen, jeweils Vermögenszuflüsse festgestellt. Diese rechtsfehlerfreien Feststellungen können aufrecht erhalten bleiben. Danach ergeben sich folgende als sicher zugrunde zu legende Vermögenszuflüsse hinsichtlich des Angeklagten M :
(1) Für das Jahr 1991 bleiben die Feststellungen über die Geldübergaben im Zusammenhang mit den Barabhebungen vom 11. Juni 1991 (50.000 DM – UA S. 177 ff.), vom 1. Juli 1991 (50.000 DM – UA S. 183), vom 24. Juli 1991 (100.000 DM – UA S. 186) und vom 6. November 1991 (100.000 DM – UA S. 189) bestehen, die Beträge in Höhe von insgesamt 300.000 DM umfassen.
(2) Hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 1992 sind die aufrecht erhaltenen Feststellungen über die als Darlehenshingabe getarnte Kaufpreiszahlung in Höhe von 1,225 Mio. SFr (UA S. 133 bis
146), über die Bezahlung der Internatskosten (35.594 DM – UA S. 171) sowie eine Geldübergabe nach der Barabhebung vom 17. Dezember 1992 (115.000 DM – UA S. 194 f.) als Grundlage für einen Mindestzufluß im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG heranzuziehen.
(3) In Bezug auf den Veranlagungszeitraum 1993 bilden die Überweisungen an die Firma R (9. Februar 1993 – 86.909,30 DM; 23. April 1993 – 55.617,35 DM; 18. Mai 1993 – 50.000 DM; 26. Oktober 1993 – 104.783,60 DM), an die Firma
I
S W I (19. April 1993 – 55.126,80 DM) sowie an die I I AG (26. Oktober 1993 – 193.621,85 DM), die jeweils vom Rubrikkonto „Jürglund“ zugunsten des Angeklagten M erfolgt sind (UA S. 147), als jedenfalls rechtsfehlerfrei festgestellter Mindestzufluß die Grundlage für den Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung.
Soweit das Landgericht weitere Bargeldabhebungen (10. Dezember 1991, 28. April 1992, 27. Juli 1993 und 4. Oktober 1994) keinen zeitnahen Geldübergaben zuordnen konnte, brauchten die Feststellungen hierzu nicht aufrechterhalten werden. Insoweit läßt sich nämlich nicht hinreichend sicher ein Zufluß im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG an den Angeklagten M erkennen. Gleiches gilt im übrigen auch für die Einkäufe in Kanada (UA S. 174 f.), weil auch hier die Urteilsgründe es letztlich offenlassen, ob es zu den Zahlungen zugunsten des Angeklagten M gekommen ist.
bb) Hinsichtlich des Angeklagten H ist für den Veranlagungszeitraum 1991 eine Überweisung auf das Konto „Winter“ festgestellt. Diese entspricht dem Betrag, der am 6. November 1991 in Zürich abgehoben und – wie das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat – an den Angeklagten
H übergeben wurde, so daß sich bezüglich der im Jahre 1991 begangenen Steuerhinterziehung auch im Schuldumfang nichts ändert. Insoweit ist die Revision – da andere Rechtsfehler im Rechtsfolgenausspruch (Einzelund Einsatzstrafe: ein Jahr sechs Monate Freiheitsstrafe) nicht ersichtlich sind – im vollen Umfang zu verwerfen.
Bezüglich der für das Jahr 1993 ausgeurteilten Steuerhinterziehung finden sich allerdings keine tragfähigen Feststellungen, die eine Aufrechterhaltung des Schuldspruchs erlauben. Das Landgericht stellt zwar fest, daß S am 3. Februar 1993 in Buchs 170.000 DM und am 28. Dezember 1993 in Zürich 120.000 DM (insoweit sind die Urteilsfeststellungen zudem nicht ganz widerspruchsfrei, vgl. UA S. 91, 93) vom Konto „Winter“ bar abgehoben hat. Hinsichtlich der ersten Abhebung hat sich kein Nachweis für ein zeitnahes Treffen mit dem Angeklagten H ergeben. Im Anschluß an die Abhebung vom Dezember 1993 leitet das Landgericht eine Geldübergabe daraus ab, daß der Angeklagte H sich in seinem Weihnachtsurlaub in Pontresina aufgehalten hat. Ob S allerdings selbst in Pontresina war, hat das Landgericht nicht mehr aufklären können. Allein die Abhebung in Zürich und der Urlaubsaufenthalt des Angeklagten H in Pontresina reichen als Tatsachengrundlage angesichts der erheblichen Entfernung der Orte nicht aus, um einen Geldzufluß beim Angeklagten H sicher belegen zu können. Insoweit beschränken sich die Urteilsgründe auf bloße Vermutungen, die letztlich nicht mehr als einen Verdacht zu begründen vermögen (vgl. BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26). Hinzu kommt, daß auch nicht erkennbar ist, ob die Übergabe noch im Jahre 1993 stattgefunden hat oder erst im Jahre 1994, weil der Urlaub des Angeklagten H bis 2. Januar 1994 angedauert hat. Der Veranlagungszeitraum 1994 lag aber der Verurteilung nicht zugrunde. Deshalb muß die Verurteilung hinsichtlich der Steuerhinterziehung 1993 beim Angeklagten
H auch im Schuldspruch aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer tatrichterlichen Aufklärung an das Landgericht zurückverwiesen werden.

d) Die Einzelstrafaussprüche wegen Steuerhinterziehung können dagegen keinen Bestand haben, soweit das Urteil den Angeklagten M betrifft. Der Fehler bei der Bestimmung des Zuflusses wirkt sich insoweit bei der Bestimmung des Schuldumfangs der jeweiligen Taten unmittelbar aus.
3. Gleichfalls aufzuheben waren die Einzelstrafen, die das Landgericht gegen die Angeklagten wegen Untreue verhängt hat. Zwar kommt es für die Verwirklichung des Tatbestands der Untreue nicht darauf an, in welchem Umfang sich die Angeklagten persönlich bereichert haben. Maßgeblich ist insoweit nur der dem Dienstherrn zugefügte Nachteil im Sinne des § 266 StGB. Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, daß die Vermögenseinbuße T s sich aus den vereinbarten „Kick-back“Zahlungen ergibt. Hier geht das Landgericht rechtlich bedenkenfrei davon aus, daß die später gezahlten Gelder den vorher vereinbarten Provisionsleistungen in der Höhe entsprachen. Insoweit bilden die tatsächlich an die Angeklagten geflossenen Zuwendungen auch den Mindestschuldumfang für die Untreue.
Das Landgericht lastet hinsichtlich der Untreue ebenfalls den Angeklagten alle auf die Rubrikkonten umgebuchten Gelder an. Dies begegnet den bereits oben dargestellten durchgreifenden Bedenken, weil das Landgericht nicht hinreichend belegt hat, daß die auf die Rubrikkonten eingezahlten Gelder tatsächlich im vollen Umfang den Angeklagten zugute kamen oder zumindest zugute kommen sollten. Da das Landgericht den Umfang der den Angeklagten zugewandten Vermögenswerte nicht rechtsfehlerfrei ermittelt
hat, setzt sich dieser Mangel auch in der Bestimmung des Schuldumfangs der Untreue fort.
Im Blick auf die Bestimmung des Schuldumfangs hinsichtlich der Untreue hält der Senat bezüglich des Angeklagten M zusätzlich die Feststellungen zu den Geldübergaben im Anschluß an die Barabhebungen vom 23. Juni 1994 (50.000 DM – UA S. 195 f.) und vom 18. August 1994 (39.300 SFr – UA S. 197 f.) aufrecht, ferner zur Zuwendung eines Schecks am 8./10. Januar 1994 über 50.000 SFr (UA S. 167). Gleiches gilt für die zugunsten des AngeklagtenM vorgenommenen Überweisungen vom Rubrikkonto „Jürglund“, die am 7. April 1994 (285.714,30 DM) und am 22. August 1994 (35.971,20 DM) an die Firma R erfolgten, sowie im Hinblick auf die beiden Überweisungen an die I I GmbH vom 7. April 1994 (35.547,60 DM) und vom 6. Juni 1994 (12.920,35 DM), mit denen nach der insoweit rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung des Landgerichts Leistungen des Angeklagten M an die Empfänger der Gelder erbracht werden sollten (UA S. 147 ff.).

III.


Der neue Tatrichter wird – sofern er das Verfahren nicht auch im Blick auf den Zeitablauf auf der Grundlage der aufrechterhaltenen Feststellungen nach §§ 154, 154a StPO beschränkt – zu prüfen haben, ob zwischen und S den Angeklagten eine entsprechende faktische Treuhandabrede bestanden hat. Dabei wird insbesondere zu klären sein, welche Einflußmöglichkeiten die Angeklagten hinsichtlich der Verwendung der auf den Rubrikkonten eingezahlten Gelder hatten und ob diese die Annahme eines jedenfalls tatsächlichen Beherrschungsverhältnisses rechtfertigen können. Dabei werden auch hinsichtlich des bislang unzulänglich erörterten Differenzbetrages von 9 Mio. DM auf dem Rubrikkonto „Jürglund“ nä-
here Feststellungen zu treffen sein. Sollte sich eine Treuhandabrede nicht nachweisen lassen, werden nur jeweils weitere konkret ermittelte Zuwendungen für die Bestimmung eines weitergehenden Schuldumfangs zugrundezulegen sein. Zur Strafzumessung weist der Senat auf die in seinem Urteil vom 5. Mai 2004 (BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4) genannten Grundsätze hin. Danach gebietet der enge zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen dem Vermögensdelikt und der Steuerhinterziehung wegen Nichterklärung der Einnahmen hieraus eine straffe Zusammenziehung der zu verhängenden Einzelstrafen.
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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 586/11
vom
23. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Februar 2012 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Tübingen vom 10. Mai 2011 im Strafausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen 567 Fällen der Untreue zu vier Jahren und drei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, von denen es sechs Monate (wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen) für vollstreckt erklärt hat. Dem Urteil lag eine Verständigung i.S.v. § 257c StPO zugrunde. Die gegen die Verurteilung gerichtete, auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der Angeklagte war im Tatzeitraum (2002 bis 2005) Geschäftsführer der G. GmbH, die - ohne selbst am Kommanditkapital beteiligt zu sein - Komplementärin der G. GmbH & Co. KG ist. Am Kommanditkapital der G. GmbH & Co. KG waren der Angeklagte zu 4 %, sein Vater und seine Kinder mit insgesamt 31 %, seine Schwestern mit zusammen 17 %, deren Kinder zu insgesamt 6 % sowie sein Onkel und dessen Kinder zu insgesamt 42 % beteiligt.
4
An insgesamt 567 Tagen übertrug der Angeklagte satzungswidrig Firmengelder von Konten der G. GmbH & Co. KG auf Privatkonten, um damit im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Wertpapiergeschäfte (insbesondere mit hochspekulativen Optionsscheinen) zu finanzieren, und setzte zur Zahlung seiner privaten Teilnahme an Glücksspielen im Internet Firmenkreditkarten ein, wodurch die Firmenkonten der G. GmbH & Co. KG ent- sprechend belastet wurden. Insgesamt „entnahm“ der Angeklagte so rund 5,4 Mio. €. Obwohl der Angeklagte erzielte Gewinne Firmenkonten wieder gutbrachte , entstand insgesamt ein „Fehlbetrag“ von mindestens 2 Mio. €. Eine Zahlungsunfähigkeit der G. GmbH & Co. KG drohte gleichwohl nicht.
5
Der Angeklagte offenbarte sich Weihnachten 2005 gegenüber den Familienangehörigen und gab am 24. März 2006 gegenüber den anderen Kommanditisten ein Schuldanerkenntnis ab. Dieses führte nicht zu der geplanten familieninternen Befriedung. Im Juni 2006 stellte der Onkel des Angeklagten, im Dezember 2006/Januar 2007 auch noch dessen Sohn, die Schwestern des Angeklagten und deren Kinder Strafantrag. Der Vater und die Kinder des Angeklagten haben keinen Strafantrag gestellt.
6
2. Die Strafkammer hat die Taten des Angeklagten als Untreue in 567 Fällen gewertet; taggleiche „Entnahmen“ seien tateinheitlich begangen. Ge- schädigt seien entgegen bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht die Kommanditisten, sondern jeweils das Vermögen der G. GmbH & Co. KG „in Höhe des Nominalwertes der durch jede Einzeltat abgeflossenen Liquidität“ (UA S. 31). Dies führe allerdings nicht zu einer Schlechter- stellung des Angeklagten, weil bei der Strafzumessung auch zu berücksichtigen sei, „ob und wie viele Gesellschafter, einschließlich dem Täter, mit der Schädigung einverstanden waren bzw. kein Interesse an der Strafverfolgung haben, sondern auch, in welchem Umfang sie am geschädigten Gesellschaftsvermö- gen rechnerisch beteiligt sind“ (UA S. 33).
7
Die Strafe entnimmt die Strafkammer dem erhöhten Strafrahmen des § 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB (Gewerbsmäßigkeit). Bei Untreuehandlungen, bei denen das Vermögen der KG durch eine Tat um mehr als 50.000 € geschädigt wurde, „hat die Strafkammer zudem die zusätzli- che Verwirklichung des Regelbeispiels gemäß §§ 266 Abs. 2, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB [Vermögensverlust großen Ausmaßes] strafschärfend gewer- tet“ (UA S. 35).
8
II. Die Revision wendet sich gegen den Schuldspruch mit dem Vorbringen , geschädigt sei nicht das Vermögen der KG, sondern der Gesellschafter, die indes keinen oder keinen fristgerechten Strafantrag gestellt hätten.
9
Der dadurch aufgezeigte Rechtsfehler (1.) begründet hier kein Verfahrenshindernis (2.). Er nötigt vorliegend auch nicht zur Aufhebung des Schuldspruchs (3.), jedoch kann der Strafausspruch keinen Bestand haben (4.).
10
1. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass im Rahmen des § 266 StGB eine Schädigung des Gesamthandsvermögens einer Kommanditgesellschaft nur insoweit bedeutsam sein kann, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter berührt. Der Senat sieht vorliegend keine Veranlassung, von dieser gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z.B. BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10; Urteil vom 18. Juni 2003 - 5 StR 489/02; Urteil vom 20. Januar 2000 - 4 StR 342/99; Beschluss vom 22. Februar 1991 - 3 StR 348/90; Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86; Urteil vom 29. November 1983 - 5 StR 616/83 jew. mwN; ebenso: BGH, Urteil vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 192), die auch vom Schrifttum geteilt wird (z.B. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21; Kühl in Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 266 Rn. 3; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 113; Wittig in BeckOK-StGB, § 266 Rn. 11; Saliger in Satzer /Schmitt/Widmaier, StGB, § 266 Rn. 19; Maurer/Odörfer, GmbHR 2008, 413, 414; Schulte, NJW 1984, 1671; a.A. Schäfer, NJW 1983, 2850; Richter, GmbHR 1984, 146), abzuweichen. Geschädigter i.S.d. § 266 StGB kann nur ein mit dem Täter nicht identischer Träger fremden Vermögens sein, sei es eine natürliche Person, sei es eine juristische Person, der eigene Rechtspersönlichkeit zukommt (BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 - 4 StR 342/99; BGH, Urteil vom 24. Juli 1991 - 4 StR 258/91; BGH, Urteil vom 29. November 1983 - 5 StR 616/83). Eine in diesem Sinn eigene Rechtspersönlichkeit wird der Kommanditgesellschaft - kommt sie als verselbständigtes Gesamthandsvermögen einer juristischen Person auch sehr nahe - nicht zuerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 - IV ZR 270/88, BGHZ 110, 127; BGH, Urteil vom 16. Februar 1961 - III ZR 71/60, BGHZ 34, 293, 296).
11
2. Ein Verfahrenshindernis besteht nicht.
12
Das Fehlen fristgerechter Strafanträge (§§ 77b, 247, 266 Abs. 3 StGB) führt nur dann zu einem Strafverfolgungshindernis, wenn der Angeklagte zu allen Gesellschaftern in einer privilegierten Beziehung im Sinne des § 247 StGB steht (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99; Eser/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 247 Rn. 10; Hohmann in MüKomm-StGB, 3. Aufl., § 247 Rn. 9). Dies ist hier nicht der Fall. Weder der Onkel des Angeklagten , noch dessen Kinder, noch die Kinder der Schwestern sind Angehörige i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB (BayObLG, Urteil vom 28. Oktober 1997 - 4 St RR 221/97, NJW 1998, 3580; Eser/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 5).
13
3. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue in 567 Fällen ist rechtlich nicht zu beanstanden.
14
a) Der Angeklagte hatte als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gegenüber dieser und - einzig hier relevant - gegenüber den Kommanditisten eine Vermögensbetreuungspflicht (vgl. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 25; Waßmer in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , § 266 StGB Rn. 49). Diese hat er durch den in der Verwendung der Firmengelder für eigene Spekulationsgeschäfte und für die Teilnahme an Glücksspielen liegenden Missbrauch seiner Verfügungsmacht („Griff in die Kasse“) jeweils verletzt.
15
b) Hierdurch entstand - wie die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen belegen - (jedenfalls) den nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stehenden Kommanditisten ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB in Höhe der jeweiligen „Entnahmen“. Die Strafkammer musste hierbei nicht in jedem Fall berücksichtigen, dass der Angeklagte aus den Spekulationsgeschäften erzielte Gewinne den Firmenkonten gutbrachte. Eine derart ungewisse Aussicht auf Rückzahlung ist wirtschaftlich ohne Wert (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 1 StR 336/11 mwN). Maßgeblich für den zur Bestimmung des tatbestandlichen Nachteils i.S.v. § 266 StGB erforderlichen Vermögensvergleich ist - gleichermaßen wie bei § 263 StGB - der Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung, hier also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den Verfügungen zu Lasten der Firmenkonten (Überweisung, Einsatz der Kreditkarten). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN).
16
c) Auch die Annahme von Tateinheit bei taggleich verwirklichten - zumal nach den Feststellungen zur Verschleierung bewusst „gestückelten“ Zahlun- gen - begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Soweit im Urteil, worauf der Generalbundesanwalt hinweist, einzelne in der Anklageschrift aufgeführte (und bislang nicht nach § 154 StPO eingestellte) Fälle nicht enthalten sind, stehen diese nicht zur Kognition des Revisionsgerichts. Soweit es sich rechtlich um Teile von Taten handelt, die durch das Landgericht abgeurteilt wurden, ist der Angeklagte durch den geringeren Schuldumfang nicht beschwert.
17
4. Der Strafausspruch - obgleich insgesamt milde - hat jedoch keinen Bestand.
18
Rechtsfehlerfrei legt die Strafkammer der Strafzumessung zwar den sich aus dem gewerbsmäßigen Handeln des Angeklagten ergebenden erhöhten Strafrahmen des § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB zugrunde (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2011 - 1 StR 343/11 mwN). Für die konkrete Strafzumessung hat das Landgericht jedoch - allerdings folgerichtig zu seiner Rechtsauffassung - nicht beachtet, dass die Untreue nur auf Antrag verfolgt werden kann, wenn und soweit durch sie ein Angehöriger verletzt wird (§ 266 Abs. 2, § 247 StGB; vgl. schon BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - 1 StR 5/87). Die Strafkammer geht daher rechtsfehlerhaft in Einzelfällen von einem besonders schweren Fall i.S.v. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB (Vermögensverlust großen Ausmaßes) aus, was auch im Übrigen besorgen lässt, sie habe der Strafzumessung insgesamt einen unzutreffenden Schuldumfang zugrunde gelegt.
19
a) Für die Frage des Nachteilseintritts ist bei einer Kommanditgesellschaft - wie aufgezeigt - nicht allein auf die Gesellschaft, sondern auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter abzustellen (BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10; BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 - 2 StR 613/90). Bei einer personalisiert strukturierten Gesellschaft - wie etwa OHG oder KG - sind daher als Verletzte deren Gesellschafter anzusehen (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99). Deren Einverständnis schließt die Annahme von Untreue aus, soweit sie selbst betroffen sind (BGH, Beschluss vom 22. Februar 1991 - 3 StR 348/90). In gleicher Weise kann bei einer Kommanditgesellschaft der Angeklagte selbst, soweit sein Gesellschaftsanteil betroffen ist, nicht Geschädigter einer von ihm begangenen Untreue sein (BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10). Auch hinsichtlich eines Kommanditisten, der in einer gemäß § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stand bzw. steht, scheidet eine Untreue zu dessen Nachteil bei Fehlen eines form- und fristgerechten Strafantrags aus (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 - 2 StR 613/90; BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - 1 StR 5/87). Die Anwendbarkeit des § 247 StGB entfällt nicht etwa dadurch, dass hinsichtlich eines oder mehrerer der gesamthänderisch verbundenen Kommanditisten die Voraussetzungen des § 247 StGB nicht gegeben sind (vgl. hierzu aber auch Vogel in LK-StGB, 12. Aufl., § 247 Rn. 6). Der Haus- und Familienfrieden, den zu schützen Normzweck des § 247 StGB ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1979 - 4 StR 204/79, BGHSt 29, 54, 56), besteht nur in dem Umfang nicht, in dem ein durch die Untreue verletzter Gesellschafter nicht in einer im Sinne des § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Täter steht (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99). Fallen Taten zu Lasten mehrerer Geschädigter wie hier tateinheitlich zusammen, ergibt sich der Umfang der Verfolgbarkeit - wie stets - nach Maßgabe des § 247 StGB. Demzufolge bestimmt sich auch die Höhe des dem Angeklagten anzulastenden Nachteils und damit des großen Ausmaßes i.S.v. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB - wenn wie hier eine Untreue zum Nachteil der Komplementär-GmbH nicht festgestellt ist (dazu vgl. auch BGH, Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86) - nach der Summe der zugefügten Nachteile hinsichtlich der Kommanditisten, die entweder form- und fristgerecht Strafantrag gestellt haben oder die nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten standen bzw. stehen.
20
b) Dies zugrunde gelegt ist die Erwägung der Strafkammer, bei einem in Höhe der „Entnahmen“ angenommenen „Schaden von 50.000 € und mehr“ könne die „zusätzliche Verwirklichung des Regelbeispiels gem. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB strafschärfend gewertet“ werden (UA S. 35), rechtsfehlerhaft. Vielmehr durfte die Strafkammer das Vorliegen eines „großen Ausmaßes“ im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGBallenfalls bei einem insgesamt 104.166,67 € übersteigenden Betrag annehmen, da nur 48 % des jeweils von der Strafkammer angenommenen Schadens dem Schuldumfang zugrunde gelegt werden konnten. Denn der Angeklagte selbst war nach den Urteilsfeststellungen mit 4 %, sein Vater und seine Kinder, die keinen Strafantrag gestellt haben, mit insgesamt 31 % und seine Schwestern (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB), die nach den Urteilsfeststellungen nicht innerhalb der Frist des § 77b StGB binnen drei Monaten ab Kenntniserlangung Strafantrag gestellt haben , mit 17 % am Kommanditkapital beteiligt (also zusammen mit 52 %).
21
c) Die Urteilsgründe lassen überdies besorgen, die Strafkammer habe auch sonst auf den Nominalbetrag der jeweiligen „Entnahmen“ abgestellt und daher der Verurteilung insgesamt einen unzutreffenden Schuldumfang zugrunde gelegt. Die insoweit unklare - und zur ausführlich begründeten Rechtsauffassung der Kammer im Widerspruch stehende - Anmerkung, bei der Strafzu- messung sei auch zu berücksichtigen, „ob und wie viele Gesellschafter, ein- schließlich dem Täter, mit der Schädigung einverstanden waren bzw. kein Interesse an der Strafverfolgung haben, sondern auch, in welchem Umfang sie am geschädigten Gesellschaftsvermögen rechnerisch beteiligt sind“ (UA S. 33), lässt nicht hinreichend erkennen, dass die Strafkammer in den Blick genommen hätte, dass dem Angeklagten die jeweiligen Abbuchungen und Belastun- gen des Firmenkontos nicht in voller Höhe als „Nachteil“ i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich angelastet werden können.
22
5. Die Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen wird vom aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt und kann daher bestehen bleiben.
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Graf Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 652/10
vom
30. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 30. August 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 25. Juni 2010 mit den Feststellungen aufgehoben ,
a) im Schuldspruch in den Fällen B.III.1 bis 40 der Urteilsgründe
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Insolvenzverschleppung in zwei Fällen, Bankrotts in sechs Fällen, Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 30 Fällen, Betrugs sowie Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt; im Übrigen hat es das Verfahren eingestellt und den Angeklagten freigesprochen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten ist im Umfang der Aufhebung begründet; hinsichtlich der noch verbleibenden Tat B.III.41 der Urteilsgründe (Untreue zum Nachteil der Wohnungseigentumsgemeinschaft N. H. – in K. ) ist sie hingegen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

A.

2
Hinsichtlich der Verurteilungen im Zusammenhang mit den Tätigkeiten, die der Angeklagte als Geschäftsführer der G. Grundstücks- und Wohnbau GmbH & Co KG (im Folgenden: G. GmbH & Co KG) und der A. Sportmarketing GmbH (im Folgenden: A. GmbH) ausgeübt hat (Fälle B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe), greift die Verfahrensrüge einer Verletzung der Vorschrift des § 261 StPO durch; auf die weiteren formellen und materiellen Beanstandungen der Revision kommt es insoweit nicht an.

I.

3
Nach den Urteilsfeststellungen hielt der Angeklagte über Familienangehörige , die ihm Generalvollmachten erteilt hatten, sowohl die Kommanditanteile an der G. GmbH & Co KG als auch sämtliche Anteile an deren Komplementär -GmbH, der G. Grundstücks- und Wohnbau GmbH. Zugleich war er Geschäftsführer beider Gesellschaften. Daneben war der Angeklagte alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der A. GmbH, deren Geschäftsgegenstand im Bereich der Vermarktung von Sportlern lag und deren Anteile vom Angeklagten und seinem Sohn gehalten wurden. Nachdem diese am 6. Januar 2006 die Auflösung der A. GmbH beschlossen hatten, wurde der Angeklagte zu deren Liquidator bestellt. Am 15. Juli 2008 wurde das Unternehmen auf Antrag des Finanzamts wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.
4
Sowohl die G. GmbH & Co KG als auch die A. GmbH hatten ab dem Jahr 2003 mit massiven finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Eine Zeitlang gelang es dem Angeklagten, kurzfristige Liquiditätsengpässe mittels Hin- und Herschiebens von Geldern zwischen den beiden Unternehmen, aber auch seinem Privatvermögen auszugleichen. Letztlich jedoch wurden beide Unternehmen zahlungsunfähig. Die Zahlungsunfähigkeit trat nach den Feststellungen bei der G. GmbH & Co KG spätestens Anfang des Jahres 2005, bei der A. GmbH bereits Ende 2004 ein.

II.

5
Die Strafkammer hat ihren Feststellungen zum finanziellen Niedergang der Unternehmen und zum Eintreten der Krisensituationen Auszüge der jeweiligen Geschäftskonten zugrunde gelegt, denen sie eine Vielzahl von Kontoständen und Einzelbuchungen entnommen hat. Diese Einzelbuchungen hat sie zum Teil datum- und zahlengenau auf mehreren Seiten der Urteilsgründe wiedergegeben.
6
Die von der Revision zulässig erhobene Rüge, das Landgericht habe die Auszüge der Geschäftskonten der G. GmbH & Co KG bei der Sparkasse K. (Konto ) und bei der Volksbank V. (Konto ) bzw. der A. GmbH bei der Sparkasse K. (Konto ) verwertet, ohne diese prozessordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt zu haben , ist begründet.
7
1. Wie die Revision zutreffend ausführt und durch den Inhalt der Protokollniederschrift bewiesen ist, sind die entsprechenden Kontoauszüge in der Hauptverhandlung weder förmlich als Urkunden gemäß § 249 Abs. 1 S. 1 StPO verlesen noch sind sie im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführt worden. Der an verschiedenen Stellen des Hauptverhandlungsprotokolls enthaltene Eintrag , Bankordner seien "zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht und in richterlichen Augenschein" genommen worden, ist nicht geeignet, eine förmliche Verlesung der Urkunden zu beweisen (BGHSt 11, 29, 30; Diemer in KK StPO 6. Aufl. § 249 Rn. 51; Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 273 Rn. 9). Die Inaugenscheinnahme einer Urkunde beinhaltet im Übrigen nur dann eine zureichende Beweiserhebung, wenn es nicht auf ihren Inhalt, sondern auf ihr Vorhandensein oder ihren Zustand ankommt (BGHR StPO § 249 Abs. 1 Kontoauszüge 1; Meyer-Goßner aaO § 249 Rn. 7).
8
Zwar kann der Inhalt einer Urkunde auch durch ihren Vorhalt an Zeugen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden (vgl. BGHR StPO § 249 Abs. 1 Verlesung, unterbliebene 1). So ist im Hauptverhandlungsprotokoll vermerkt, dass Bankordner mit Zeugen "erörtert" bzw. diesen vorgehalten wurden. Beweisgrundlage ist dann allerdings nicht der Vorhalt selbst, sondern die bestätigende Erklärung desjenigen, dem der Vorhalt gemacht wurde (BGHSt 11, 159, 160; BGHR StPO § 249 Abs. 1 Verlesung, unterbliebene 1; § 261 Inbegriff der Verhandlung 38). Der Einführung einer Urkunde mittels Vorhalt sind deshalb Grenzen gesetzt. Insbesondere wenn es sich um längere oder sehr komplexe Ausführungen handelt, besteht die Gefahr, dass die Auskunftsperson den Sinn der schriftlichen Erklärung auf den bloßen inhaltlichen Vorhalt hin nicht richtig oder nur unvollständig erfasst oder sich an den genauen Wortlaut eines Schriftstücks nicht zuverlässig erinnern kann (BGHSt 11, 159, 160; BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 39; BGH NStZ 1991, 500; Meyer-Goßner aaO § 249 Rn. 28). So liegt der Fall hier. Angesichts der hohen Anzahl der von der Kammer verwerteten Kontoauszüge und Einzelbuchungen ist auszuschließen , dass die als Zeugen gehörten Bankmitarbeiter und Polizeibeamten das entsprechende Zahlenwerk aus eigener Erinnerung heraus im Einzelnen bestätigen konnten (vgl. BGH NJW 2002, 2480, in BGHSt 47, 318 insoweit nicht abgedruckt

).

9
2. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil in den Fällen B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe auf diesem Mangel beruht.
10
Das Landgericht hat im Abschnitt B.II.1 bis 3 ausführliche Feststellungen zur finanziellen Entwicklung der beteiligten Unternehmen getroffen, die sie ihrer Darstellung der konkreten Tathandlungen vorangestellt hat. Darin nimmt die Entwicklung der jeweiligen Geschäftskonten breiten Raum ein, teilweise werden Kontostände sowie einzelne Buchungen, etwa eingehende Mietzahlungen, nach genauem Datum und Betrag wiedergegeben. Aus diesen Feststellungen, die das Landgericht ausdrücklich auf die "in die Hauptverhandlung eingeführten Kontoauszüge" gestützt hat (UA S. 45/46 und 50), hat es sodann die Überzeugung gewonnen, dass die G. GmbH & Co KG "spätestens Anfang 2005" und die A. GmbH "spätestens Ende 2004" zahlungsunfähig geworden waren (vgl. UA S. 18, dort unter B.II.3 "Fazit"). Das sich aus den Kontoauszügen ergebende konkrete Zahlenwerk hatte damit bestimmenden Einfluss auf die Bewertung der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen zu den jeweils relevanten Tatzeitpunkten. Dies kann sich auf die Schuldsprüche in den Fällen B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben.
11
Hierzu gilt im Einzelnen:
12
a) Das Landgericht hat den Angeklagten im Fall B.III.1 der Urteilsgründe wegen Insolvenzverschleppung gemäß § 130b Abs. 1 HGB (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung), § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt, weil er als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der G. GmbH & Co KG unter Missachtung der sich aus § 130a Abs. 1 S. 3 HGB (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung; jetzt § 15a Abs. 1 S. 1 InsO) ergebenden Verpflichtungen erst am 23. Januar 2006 einen Insolvenzantrag gestellt habe, obwohl das Unternehmen bereits seit Anfang 2005 zahlungsunfähig gewesen sei. Im Fall B.III.2 der Urteilsgründe hat es den Angeklagten eines Vergehens der Insolvenzverschleppung gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung) schuldig gesprochen, weil er es in seiner Eigenschaft als Liquidator der A. GmbH trotz zum Zeitpunkt seiner Bestellung bereits eingetretener und noch andauernder Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens unterlassen habe, einen Insolvenzantrag zu stellen.
13
Das Landgericht hat bei seiner Beweiswürdigung zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit jeweils explizit auf seine Ausführungen zur generellen finanziellen Entwicklung der Unternehmen Bezug genommen und auf die dort angeführten Kontostände verwiesen (UA S. 56/57). Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass sich der von der Revision aufgezeigte Verfahrensmangel auf die Verurteilungen ausgewirkt hat.
14
b) Aus denselben Gründen waren auch die Schuldsprüche wegen Bankrotts aufzuheben. Soweit die Strafkammer in den Fällen B.III.3 bis 5 der Urteilsgründe den Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB dadurch als erfüllt angesehen hat, dass es der Angeklagte in verantwortlicher Funktion unterließ, Bilanzen der beiden Unternehmen für das Geschäftsjahr 2004 und eine Liquidationsbilanz der A. GmbH zu erstellen, greift die Rüge noch unter einem weiteren Gesichtspunkt durch. Zwar hat das Landgericht unter zutreffender Heran- ziehung der Grundsätze der Rechtsfigur der omissio libera in causa (vgl. hierzu : OLG Frankfurt NStZ-RR 1999, 104, 105; Beckemper JZ 2003, 806, 807; Rönnau NStZ 2003, 525, 530; Hillenkamp in FS Tiedemann 2008, S. 949, 963; Fischer StGB 58. Aufl. § 283 Rn. 29; LK/Tiedemann 12. Aufl. § 283 Rn. 154 sowie zu § 266a StGB: BGHSt 47, 318, 320 ff.; BGHZ 134, 304, 308 ff.) ausgeführt , dass die finanzielle Unmöglichkeit, einen Steuerberater mit der Erstellung von Bilanzen zu beauftragen, den Angeklagten nicht entlasten könne, weil er trotz sich abzeichnender Liquiditätsprobleme eingehende Mietzahlungen und sonstige Vermögenswerte nicht zur Bildung von Rücklagen, sondern zur Begleichung eigener Schulden oder Schulden der A. GmbH verwandt habe.
15
Die dieser Wertung zugrunde gelegten Buchungsvorgänge, welche das Landgericht überwiegend tabellarisch in den Urteilsgründen aufgeführt hat (UA S. 21 bis 35), hat es jedoch ebenfalls den nicht prozessordnungsgemäß eingeführten Kontounterlagen entnommen, weshalb das Urteil auch insoweit auf dem Verfahrensmangel beruht. Dies gilt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts auch hinsichtlich der Feststellung, dass der Angeklagte rechtsgrundlos Gelder von den Geschäftskonten der G. GmbH & Co KG abgezogen hat. Zwar haben mehrere Zeugen solche Vermögensverschiebungen pauschal dem Grunde nach bestätigt. Die Bewertung der den Pflichtwidrigkeitsvorwurf begründenden, auf den jeweiligen Fälligkeitsstichtag zu beziehenden Liquiditätsprognose (vgl. BGHSt 47, 318, 322/323 zu § 266a StGB) setzt jedoch Kenntnis von den konkreten Zahlungsflüssen voraus, die sich dem Landgericht erst aus den verwerteten Kontoauszügen eröffnet hat.
16
Vor diesem Hintergrund kann auch die Verurteilung wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in den Fällen B.III.9 bis 38 der Urteilsgründe keinen Bestand haben, bei der das Landgericht ebenfalls von einem schuldhaften Zahlungsunvermögen ausgegangen ist.
17
c) Der Schuldspruch in den Fällen B.III.6 und 7 der Urteilsgründe nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB wegen unterlassener Buchführung sowie im Fall B.III.8 der Urteilsgründe nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB wegen Verheimlichens von Vermögenswerten hat ebenfalls keinen Bestand. Auch hier sind die Feststellungen zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit von dem Verfahrensmangel betroffen. Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht den Angeklagten eines Betruges schuldig gesprochen hat (Fall B.III.39 der Urteilsgründe), weil er trotz - von ihm auch erkannter - Zahlungsunfähigkeit einen Handwerker mit der Vornahme von Werkleistungen an Wohnobjekten der G. GmbH & Co KG beauftragt hatte.
18
3. Das Urteil war deshalb im vorbezeichneten Umfang aufzuheben. Für die neuerliche Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass es sich zur Feststellung einer tatsächlichen oder drohenden Zahlungsunfähigkeit empfiehlt, einen Liquiditätsstatus zu erstellen oder durch einen Sachverständigen erstellen zu lassen, in dem übersichtlich die Barmittel sowie die kurzfristig liquidierbaren Vermögenswerte aller bestehenden oder zu erwartenden Verbindlichkeiten entsprechend ihrer jeweiligen Fälligkeit gegenübergestellt werden (BGHR § 283 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 1; BGH NStZ 2003, 546; NJW 2010, 2894, 2898, insoweit in BGHSt 55, 107 nicht abgedruckt; vgl. auch Wegner in Achenbach /Ransiek Handbuch Wirtschaftsstrafrecht 2. Aufl. 2008 VII 1 Rn. 69 ff.; LK/Tiedemann aaO, vor § 283 Rn. 130 ff.). Sofern der neue Tatrichter die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit erneut anhand wirtschaftskriminalistischer Beweisanzeichen vornehmen sollte, wird er zu beachten haben, dass hierbei nur solche Verbindlichkeiten herangezogen werden können, die zu dem möglichst konkret zu bezeichnenden Bewertungszeitpunkt auch fällig waren (vgl. § 17 Abs. 2 S. 1 InsO; BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 2; Fischer aaO, vor § 283 Rn. 9).

B.

19
Die Verurteilung wegen Untreue im Fall B.III.40 der Urteilsgründe hält auf die Sachrüge der revisionsrechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand.

I.

20
Das Landgericht hat hierzu folgende Feststellungen getroffen:
21
Der Angeklagte war Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter mit einem Kapital von 99.900 € der K. I. GmbH & Co KG (nachfolgend : I. GmbH & Co KG). Der Geschäftsanteil des Angeklagten war an die Sparkasse K. verpfändet, bei der der Angeklagte erhebliche, aus der Finanzierung von Immobilienankäufen resultierende Schulden hatte. Weitere Gesellschafterin der I. GmbH & Co KG war die Firma K. - I. -V. -GmbH, eine Tochtergesellschaft der Sparkasse K. , mit einer Einlage von einem Euro. Ziel der Geschäftsgründung war der Abverkauf der finanzierten Immobilien, wobei die Erlöse überwiegend letztlich der Sparkasse zufließen und der Darlehensrückführung dienen sollten. Im Februar 2002 schloss der Angeklagte hierzu mit Verantwortlichen der I. GmbH & Co KG einen Geschäftsbesorgungsvertrag, wodurch ihm gegen Provision die Vermarktung und Verwaltung von Wohnobjekten übertragen wurde. Am 15. Dezember 2005 vereinnahmte der Angeklagte Mietzahlungen für die I. GmbH & Co KG in Höhe von 12.000 €, die er entgegen den Bestimmungen des Geschäftsbesorgungsvertrages nicht auf das Mietkonto verbuchte, sondern für sich behielt.

II.

22
1. Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1, 1. Alt. StGB verurteilt. Durch die Nichtabführung der Mietzahlungen habe er die ihm durch den Geschäftsbesorgungsvertrag eingeräumte Befugnis , über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht und dadurch dem Vermögen der I. GmbH & Co KG einen Nachteil zugefügt.
23
2. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass im Rahmen des § 266 StGB eine Schädigung des Gesamthandvermögens einer Kommanditgesellschaft nur insoweit bedeutsam sein kann, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter berührt. Für die Frage des Nachteilseintritts ist demnach nicht allein auf die Gesellschaft , sondern auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter abzustellen (vgl. BGHSt 34, 221, 223; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; E. Schramm, Untreue und Konsens, 2005, S. 85; Tiedemann GmbH-Strafrecht 5. Aufl. 2010 vor §§ 82 ff. Rn. 22).
24
a) Soweit der Gesellschaftsanteil des Angeklagten betroffen ist, schließt sein Einverständnis die Annahme eines Vermögensschadens aus (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; BGH NStZ 1987, 279; Fischer aaO § 266 Rn. 113). Dem steht die Verpfändung seiner Kommanditanteile an die SparkasseK. nicht entgegen. Denn mit einer solchen ist jedenfalls nicht ohne Weiteres auch eine Übertragung der Stimmrechte verbunden (Hueck/Fastrich in Baumbach/ Hueck GmbHG 19. Aufl. 2010 § 15 Rn. 50; Michalski GmbHG 2. Aufl. 2010 § 15 Rn. 227).
25
Feststellungen dazu, ob und in welcher Höhe auf Seiten der Komplementär -GmbH ein Vermögensschaden entstanden ist, hat das Landgericht nicht getroffen. Zwar kommt, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist, eine anteilige Schädigung der GmbH im Verhältnis ihrer Einlageleistung zur Gesamteinlage in Betracht (vgl. BGH NStZ 1987, 279; Soyka, Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften, S. 64, jew. auch zu weiteren möglichen Schadenspositionen). Angesichts der lediglich marginalen Höhe eines solchen Nachteils (12.000 € x 1/99001 = 0,12 €) liegt es aber auf der Hand, dass der Angeklagte jederzeit bereit und in der Lage gewesen war, diesen mit eigenen Mitteln auszugleichen (vgl. BGHSt 15, 342, 344; BGH NStZ 1995, 233, 234; Fischer aaO § 266 Rn. 168 mwN).
26
b) Ob der Angeklagte durch die Vereinnahmung der Mietzahlungen zugleich gegen die sich aus dem Verhältnis zur Sparkasse K. als Pfandnehmerin eines Gesellschaftsanteils ergebenden Pflichten verstoßen und dieser in Höhe des auf seinen Kommanditanteil entfallenden Anteils einen Vermögensnachteil zugefügt hat, kann dahin stehen. Mangels konkreter Feststellungen zum Inhalt der Sicherungsabrede ist bereits offen, ob die Ablieferung vereinnahmter Gelder an die I. GmbH & Co KG auch im Verhältnis zur Pfandnehmerin eine wesentliche Vertragspflicht darstellte (vgl. BGH wistra 1984, 143 mit Anm. Schomburg). Ein möglicher Pflichtenverstoß gegenüber der Sparkasse K. war jedenfalls weder von der Anklage bezeichnet, noch war der Angeklagte hierauf in sonstiger Weise, etwa in Form eines rechtlichen Hinweises entsprechend § 265 Abs. 1 StPO, hingewiesen worden.

C.

27
Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen B.III.1 bis 40 der Urteilsgründe erfordert die Aufhebung auch der Gesamtstrafe.

Fischer Appl Schmitt Eschelbach Ott

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
und
VERSÄ UMNISURTEIL
II ZR 331/00 Verkündet am:
29. Januar 2001
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts besitzt Rechtsfähigkeit, soweit
sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten
begründet.

b) In diesem Rahmen ist sie zugleich im Zivilprozeß aktiv- und passiv parteifähig.

c) Soweit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bürgerlichen
Rechts persönlich haftet, entspricht das Verhältnis zwischen der Verbindlichkeit
der Gesellschaft und der Haftung des Gesellschafters derjenigen
bei der OHG (Akzessorietät) - Fortführung von BGHZ 142, 315.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 – II ZR 331/00 – OLG Nürnberg
LG Ansbach
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht, die
Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 15. März 2000 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und hinsichtlich der Abweisung der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten zu 1 gegen das Vorbehaltsurteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ansbach vom 26. November 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte zu 1 neben den Beklagten zu 2 und 3 wie eine Gesamtschuldnerin verurteilt wird.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 4 trägt die Klägerin. Die Beklagten zu 1, 2 und 3 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Hinsichtlich des ersten Rechtszuges tragen die Beklagten zu 2 und 3 gesamtschuldnerisch und daneben die Beklagte zu 1 wie eine Gesamtschuldnerin 3/4 und die Klägerin 1/4 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in den Rechts- mittelinstanzen sowie die Gerichtskosten der Berufungsinstanz tragen die Klägerin und die Beklagte zu 1 je zur Hälfte. Die Gerichtskosten der Revisionsinstanz tragen die Klägerin zu 4/5 und die Beklagte zu 1 zu 1/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin klagt im Wechselprozeß auf Zahlung der Wechselsumme von 90.000,00 DM zuzüglich Nebenforderungen gegen die Beklagte zu 1, eine bauwirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft (ARGE) in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, als Wechselakzeptantin und die früheren Beklagten zu 2 und 3 als deren Gesellschafterinnen. Die Haftung des Beklagten zu 4 für die Wechselforderung leitet sie aus Rechtsscheinsgesichtspunkten her. Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß gesamtschuldnerisch zur Zahlung verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 1 und 4 auf deren Berufung hin abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehrt.

Entscheidungsgründe:


Da die Beklagte zu 1 im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die sie betreffende Revision der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 82).
Die Revision hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage wendet. Im übrigen ist sie unbegründet.

A.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage gegen die Beklagte zu 1 unzulässig, weil es sich bei dieser um eine nicht parteifähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts handele. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Der Senat hält es unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung für geboten, die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts in dem Umfang als im Zivilprozeß parteifähig anzusehen (§ 50 ZPO), in dem sie als Teilnehmer am Rechtsverkehr Träger von Rechten und Pflichten sein kann.
I. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter im Rechtsverkehr grundsätzlich, das heißt soweit nicht spezielle Gesichtspunkte entgegenstehen, jede Rechtsposition einnehmen (BGHZ 116, 86, 88; 136, 254, 257; im Ansatz auch bereits BGHZ 79, 374, 378 f.). Soweit sie in
diesem Rahmen eigene Rechte und Pflichten begründet, ist sie (ohne juristische Person zu sein) rechtsfähig (vgl. § 14 Abs. 2 BGB).
1. Über die Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts finden sich im Gesetz keine umfassenden und abschließenden Regeln. Im ersten Entwurf des BGB war die Gesellschaft nach römischrechtlichem Vorbild als ein ausschließlich schuldrechtliches Rechtsverhältnis unter den Gesellschaftern ohne eigenes, von dem ihrer Gesellschafter verschiedenen, Gesellschaftsvermögen gestaltet (vgl. Mot. II 591 = Mugdan II 330). Die zweite Kommission konstituierte hingegen ein Gesellschaftsvermögen als Gesamthandsvermögen (vgl. die heutigen §§ 718, 719 BGB), ohne jedoch die aus dem Gesamthandsprinzip folgenden Konsequenzen im einzelnen zu regeln. Es ist vielmehr im wesentlichen bei der Regelung des Gesellschaftsverhältnisses als Schuldverhältnis geblieben, dem in unvollständiger Weise das Gesamthandsprinzip "darüber gestülpt" wurde (Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts Bd. I/1 1977, S. 3 f.; vgl. auch Ulmer, FS Robert Fischer 1979, S. 785, 788 f.). Zum Inhalt des Gesamthandsprinzips heißt es in den Protokollen lediglich, die Meinungen "darüber, wie die Rechtsgemeinschaft der gesammten Hand theoretisch zu konstruiren sei und was man als das charakteristische Merkmal derselben anzusehen habe, (gingen) auseinander" (Prot. II 429 = Mugdan II 990). "Die Kom. glaubte, zu der wissenschaftlichen Streitfrage über das Wesen der gesammten Hand nicht Stellung nehmen zu sollen, vielmehr nur entscheiden zu müssen, welche Bestimmungen sachlich den Vorzug verdienen" (Prot. II 430 = Mugdan II 990).
2. Die Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung und das erkennbare Bestreben des historischen Gesetzgebers, eine konkrete Festlegung zu ver-
meiden, lassen Raum für eine an den praktischen Bedürfnissen der Verwirklichung des Gesamthandsprinzips orientierte Beurteilung der Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Danach verdient die Auffassung von der nach außen bestehenden beschränkten Rechtssubjektivität der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft den Vorzug. Diese Auffassung geht auf die deutschrechtliche Gesamthandslehre des 19. Jahrhunderts zurück (vgl. Otto Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. 1 1895, S. 663 ff., 682). Sie wurde maßgeblich von Flume (aaO S. 50 ff.; ZHR 136 [1972], 177 ff.) in die moderne Diskussion eingeführt und hat sich im neueren Schrifttum weitgehend durchgesetzt (vgl. vor allem MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl. § 705 Rdn. 130 ff. m.w.N. in Fn. 373; ders. AcP 198 [1998], 113 ff.; ebenso K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 3. Aufl. § 8 III, S. 203 ff.; Wiedemann, WM 1994 Sonderbeilage 4, S. 6 ff.; Huber, FS Lutter 2000, 107, 122 ff.; Hüffer, Gesellschaftsrecht 5. Aufl. S. 47 ff.; DaunerLieb , Die BGB-Gesellschaft im System der Personengesellschaften, in: Die Reform des Handelsstandes und der Personengesellschaften [Schriftenreihe der Bayer-Stiftung für deutsches und internationales Arbeits- und Wirtschaftsrecht ] 1999, S. 95, 99 ff.; Reiff, ZIP 1999, 517, 518; Mülbert, AcP 1999, 39, 43 ff.; Wertenbruch, Die Haftung von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der Zwangsvollstreckung 2000, S. 211 ff.).

a) Dieses Verständnis der Rechtsnatur der gesellschaftsrechtlichen Gesamthandsgemeinschaft bietet ein praktikables und weitgehend widerspruchsfreies Modell für die vom Gesetz (§§ 718-720 BGB) gewollte rechtliche Absonderung des Gesellschaftsvermögens vom Privatvermögen der Gesellschafter. Die sogenannte traditionelle Auffassung, die ausschließlich die einzelnen Gesellschafter als Zuordnungssubjekte der die Gesellschaft betreffenden Rechte und Pflichten ansieht (vgl. Zöllner, FS Gernhuber 1993, S. 563 ff.; ders. FS
Kraft 1998, S. 701 ff.; Hueck, FS Zöllner 1998, S. 275 ff.) weist demgegenüber konzeptionelle Schwächen auf. Betrachtet man die Gesellschaftsverbindlichkeiten lediglich als gemeinschaftliche Verbindlichkeiten der Gesellschafter gemäß § 427 BGB, widerspricht dies dem Gesamthandsprinzip. Der einzelne Gesellschafter kann, wenn sich der geschuldete Gegenstand im Gesellschaftsvermögen befindet, die Leistung wegen § 719 BGB nicht als Gesamtschuldner allein erbringen. Dies führt dazu, daß auch die Vertreter der traditionellen Auffassung zwischen der Gesellschaftsschuld und der Gesellschafterschuld differenzieren müssen. Bei der für die "Gesellschaft" abgeschlossenen Verbindlichkeit handele es sich um eine "einheitliche Verpflichtung mit doppelter Wirkung" in Bezug auf einerseits das Gesamthandsvermögen, andererseits das persönliche Vermögen der Gesellschafter (vgl. Hueck, FS Zöllner, S. 293; Zöllner, FS Gernhuber, S. 573). Dies verwischt aber die Grenzen zwischen Schuld und Haftung, denn eine Schuld kann immer nur Subjekte, nicht aber Vermögensmassen treffen (Aderhold, Das Schuldmodell der BGB-Gesellschaft 1981, S. 110 f.; Dauner-Lieb aaO, S. 100 ff.).

b) Ein für die Praxis bedeutsamer Vorzug der nach außen bestehenden Rechtssubjektivität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im oben beschriebenen Sinne besteht darin, daß danach ein Wechsel im Mitgliederbestand keinen Einfluß auf den Fortbestand der mit der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse hat (vgl. Senat, BGHZ 79, 374, 378 f.). Bei strikter Anwendung der traditionellen Auffassung müßten Dauerschuldverhältnisse mit der "Gesellschaft" bei jedem Wechsel im Mitgliederbestand von den Vertragsparteien neu geschlossen bzw. bestätigt werden. Wenn die Gesellschaft im Außenverhältnis nur ein Schuldverhältnis darstellt, können zwei aus verschiedenen Mitgliedern bestehende Schuldverhältnisse nicht identisch sein. Das Erfordernis von
Neuabschlüssen von Dauerschuldverhältnissen bei einem Gesellschafterwechsel ist aber ohne innere Rechtfertigung und würde die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft im Rechtsverkehr erheblich beeinträchtigen. Die traditionelle Auffassung vermag im übrigen keine befriedigende Erklärung dafür zu liefern, warum auch ein neu in die Gesellschaft eintretender Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen für Altschulden haften sollte. Die dafür angebotene Begründung, wonach der neue Gesellschafter in einer Art Gesamtrechtsnachfolge "in alle bestehenden Rechts- und Vertragspositionen hineinwachse" (Zöllner, FS Kraft, S. 715), läßt sich mit der Auffassung der Gesellschaft als reines Schuldverhältnis der Gesellschafter im Grunde nicht vereinbaren (dazu auch Ulmer, AcP 198 [1998], 113, 142).

c) Die hier vertretene Auffassung ist zudem eher in der Lage, identitätswahrende Umwandlungen von Gesellschaften bürgerlichen Rechts in andere Rechtsformen und aus anderen Rechtsformen zu erklären. Betreibt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Gewerbe, dann wird sie von Gesetzes wegen ohne jeden Publizitätsakt zu einer personen- und strukturgleichen OHG, sobald das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 105 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 HGB). Da der OHG jedenfalls Rechtssubjektivität im oben beschriebenen Sinne zukommt (vgl. § 124 Abs. 1 HGB), würden sich bei konsequenter Anwendung der traditionellen Auffassung die Eigentumsverhältnisse an den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen mit der Umwandlung zur OHG ändern. Dies würde für die Praxis insbesondere deshalb schwierige Probleme bereiten (vgl. Reiff, ZIP 1999, 517, 518 f.), weil für den Übergang von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur OHG infolge des wertungsabhängigen Kriteriums des Erfordernisses eines kaufmännischen Geschäftsbetriebs ein genauer
Zeitpunkt der Umwandlung kaum ausgemacht werden kann. Auch der Umstand , daß im neuen Umwandlungsrecht (§§ 190 ff., 226 ff. UmwG) Kapitalgesellschaften im Wege des identitätswahrenden Formwechsels in Personengesellschaften - auch in Gesellschaften bürgerlichen Rechts, vgl. § 191 Abs. 2 Nr. 1 UmwG - umgewandelt werden können, läßt sich auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung ohne weiteres, aus Sicht der traditionellen Auffassung aber - wenn überhaupt - nur mit Mühe erklären (vgl. dazu Wiedemann, ZGR 1996, 286, 289 f.; Mülbert, AcP 199 [1999], 38, 60 ff.; Timm, NJW 1995, 3209 ff.; Hueck, FS Zöllner, S. 280 ff.; Zöllner, FS Claussen 1997, 423, 429 ff.).

d) Schließlich unterstützt die Tatsache, daß der Gesetzgeber mittlerweile die Insolvenzfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts anerkannt hat (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO wie auch schon § 1 Abs. 1 GesO), die Gesellschaft mithin als Träger der Insolvenzmasse ansieht, ebenfalls die Annahme der Rechtssubjektivität.
3. Gegen diese Auffassung läßt sich nicht mit dem Gesetzeswortlaut insbesondere des § 714 BGB argumentieren. Zwar zeigt der Umstand, daß dort nur von einer Vertretungsmacht für die Gesellschafter, nicht aber für die "Gesellschaft" die Rede ist, daß bei der Formulierung der Norm an eine Verselbständigung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu einer verpflichtungsfähigen Organisation nicht gedacht worden ist (Senat, BGHZ 142, 315, 319 f.). Bedenkt man aber, daß die Vorschrift im Kern unverändert aus § 640 Abs. 1 des ersten Entwurfs (abgedruckt bei Mugdan II CVI) in das BGB übernommen wurde und dieser erste Entwurf das Gesamthandsprinzip noch nicht kannte, gibt der Wortlaut für eine Deutung der Rechtsnatur der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft nichts her. Der Senat braucht insoweit nicht der Frage nachzugehen,
ob bereits der historische Gesetzgeber in Ansehung der deutschrechtlichen Gesamthandslehre des 19. Jahrhunderts die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft als ungeschriebenes geltendes Recht angesehen hat (dazu Wertenbruch aaO, S. 34 ff.). Entscheidend ist, daß er jedenfalls eine solche Annahme nicht hat ausschließen wollen.
4. In der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft liegt kein Widerspruch zu den §§ 21, 22, 54 BGB, wo mit Rechtsfähigkeit offensichtlich die Fähigkeit der Gesellschaft gemeint ist, Träger von Rechten und Pflichten aufgrund eigener Rechtspersönlichkeit und damit "als solcher" und nicht als Gruppe ihrer gesamthänderisch verbundenen Mitglieder zu sein. Wie § 14 Abs. 2 BGB zeigt, geht aber das Gesetz davon aus, daß es auch Personengesellschaften gibt, die Rechtsfähigkeit besitzen. So ist es praktisch unbestritten, daß OHG und KG Träger von Rechten und Pflichten sein können und damit rechtsfähig sind, ohne als Gesamthandsgemeinschaften den Status einer juristischen Person zu besitzen. Entsprechendes gilt nach ständiger Rechtsprechung (BGHZ 80, 129, 132; 117, 323, 326) für die Vorgesellschaften von Kapitalgesellschaften.
II. Erkennt man die Fähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts an, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, kann ihr die Parteifähigkeit im Zivilprozeß , die gemäß § 50 ZPO mit der Rechtsfähigkeit korrespondiert, nicht abgesprochen werden.
1. Die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist die notwendige prozeßrechtliche Konsequenz der Anerkennung der Rechtssubjektivität der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten (bejahend auch Wiedemann
aaO, S. 9 f.; Hüffer, FS Stimpel 1985, S. 165, 168 ff.; Soergel/Hadding, BGB 11. Aufl. § 714 BGB Rdn. 52; Wertenbruch aaO, S. 213 ff.; MünchKomm ZPO/Lindacher, § 50 Rdn. 23 ff.; Musielak/Weth, ZPO 2. Aufl. § 50 Rdn. 22; für die Mitunternehmer-Gesellschaft auch K. Schmidt aaO, § 60 IV 1, S. 1805 ff.). Im Zivilprozeß ist aktivlegitimiert, das heißt "richtige" Partei, wer Inhaber des geltend gemachten Rechts ist; derjenige ist passivlegitimiert, also "richtiger" Beklagter, der Verpflichteter aus dem geltend gemachten Recht ist. Dieser Sachbefugnis entspricht - von den Fällen der Prozeßstandschaft abgesehen - grundsätzlich auch die Prozeßführungsbefugnis. Da nicht die einzelnen Gesellschafter , sondern die Gesellschaft materiell Rechtsinhaberin oder Verpflichtete ist, ist diese "richtige" Partei eines Rechtsstreits um eine Gesellschaftsforderung oder -verpflichtung und insoweit parteifähig und prozeßführungsbefugt.
2. Die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist dem bisher praktizierten Modell, wonach die aktive und passive Prozeßführungsbefugnis hinsichtlich das Gesellschaftsvermögen betreffender Forderungen und Verbindlichkeiten bei den eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne des § 62 Abs. 1 ZPO bildenden Gesellschaftern liegt (vgl. Senat, BGHZ 30, 195, 197; Urt. v. 12. März 1990 - II ZR 312/88, ZIP 1990, 715, 716; MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 42 f.; Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl. § 50 Rdn. 17; Heller, Der Zivilprozeß der Gesellschaft bürgerlichen Rechts 1989, S. 56 ff., 110 ff.), in mehrfacher Hinsicht vorzuziehen.

a) Die notwendige Streitgenossenschaft der Gesellschafter kann nicht als adäquater Ersatz für die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft angesehen werden, weil das Instrument der notwendigen Streitgenossenschaft
nicht die angemessenen prozessualen Konsequenzen aus den gesellschaftsrechtlichen Gesamthandsregeln zieht. Zwar stimmen notwendige Streitgenossenschaft und Gesamthandsprinzip insoweit überein, als die Klage nur gegen alle Gesamthänder erhoben werden kann und das Urteil einheitlich ergehen muß. Im übrigen gewährleistet aber die notwendige Streitgenossenschaft keine den Besonderheiten der gesellschaftsrechtlichen Gesamthand entsprechende Prozeßführung, denn bei der notwendigen Streitgenossenschaft betreibt jeder Streitgenosse seinen eigenen Prozeß (§ 63 ZPO). Die Verbindung mit den anderen Streitgenossen besteht lediglich in der erforderlichen Einheitlichkeit des Urteils und der Zurechnung des Verhandelns der anderen Streitgenossen im Falle der Säumnis eines Teils der Streitgenossen (§ 62 Abs. 1 ZPO). Es gibt bei der notwendigen Streitgenossenschaft aber keine Verpflichtung zur gemeinschaftlichen Vornahme von Prozeßhandlungen. Vielmehr kann jeder Streitgenosse unabhängig von den anderen Prozeßhandlungen mit Wirkung für sein Prozeßrechtsverhältnis vornehmen (BGHZ 131, 376, 379) und kann jeder Streitgenosse auch einen eigenen Prozeßbevollmächtigten bestellen. Sich widersprechenden Vortrag verschiedener Streitgenossen kann das Gericht gemäß § 286 ZPO frei würdigen (MünchKommZPO/Schilken, § 62 Rdn. 48; Heller aaO, S. 159). Jeder der Streitgenossen kann gesondert Rechtsmittel mit der Folge einlegen, daß das Urteil auch gegenüber den anderen Streitgenossen nicht rechtskräftig wird (BGHZ 131, 376, 382).
Es bestehen somit wesentliche Unterschiede zur materiellrechtlichen Vertretungs- und Verfügungsbefugnis bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Wenn beispielsweise nur ein Gesellschafter geschäftsführungsbefugt ist, können die anderen Gesellschafter materiellrechtlich für die Gesellschaft
keine wirksamen Erklärungen abgeben; wenn zwei nur gemeinschaftlich geschäftsführungsbefugte Gesellschafter sich widersprechende materiellrechtliche Erklärungen abgeben, kann keine davon wirksam sein. Das Modell der notwendigen Streitgenossenschaft ist also nicht in der Lage, eine den materiellrechtlichen Verhältnissen adäquate Prozeßführung zu gewährleisten, weil die Prozeßführung bei einer notwendigen Streitgenossenschaft anderen Regeln unterliegt als sie für die Vertretung der Gesellschaft gelten.
Dieses Ergebnis ließe sich allenfalls dadurch umgehen, daß man die materiellrechtliche Vertretungsbefugnis auf die Prozeßführungsbefugnis der Gesamthänder als Streitgenossen überträgt, die Gesellschafter prozessual als "Gruppe", vertreten durch ihren Geschäftsführer, behandelt und nur vom Geschäftsführer vorgenommene Prozeßhandlungen als wirksam anerkennt. Eine solche Lösung wäre jedoch mit den Grundprinzipien der notwendigen Streitgenossenschaft nicht vereinbar. Die Bevollmächtigung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag kann dem einzelnen als Streitgenossen verklagten Gesellschafter nicht die Prozeßführungsbefugnis in einem Prozeß nehmen, in dem er selbst Partei ist. Im Ergebnis liefe ein derartiger Korrekturversuch auf eine verschleierte Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft hinaus. Geht man hingegen offen von der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus, läßt sich die gewünschte Übereinstimmung von Prozeßführungsund gesellschaftsrechtlicher Vertretungsbefugnis zwanglos und ohne Verletzung prozessualer Grundsätze erreichen. Es sind dann von vornherein nur diejenigen Prozeßhandlungen wirksam, die in Übereinstimmung mit den gesellschaftsrechtlichen Vertretungsregeln erfolgen.

b) Gegen das Modell der notwendigen Streitgenossenschaft der Gesellschafter spricht des weiteren, daß unter seiner Geltung sowohl im Aktiv- als auch im Passivprozeß immer sämtliche gegenwärtigen Mitglieder der Gesellschaft verklagt werden und klagen müssen, um einen Titel gegen und für die Gesamthand zu erhalten. Das kann den Gesellschaftsgläubigern bei größeren Gesellschaften und bei solchen mit häufigem Mitgliederwechsel erfahrungsgemäß erhebliche Probleme bereiten. Als Beispiele hierfür sei auf die den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 12. März 1990 (Senat aaO, ZIP 1990, 715) und vom 15. Oktober 1999 (V ZR 141/98, ZIP 1999, 2009) zugrundeliegenden Sachverhalte verwiesen. Der Senat ist im erstgenannten Fall dem klagenden Gesellschaftsgläubiger, der aus eigener Kenntnis nicht über die Namen der inzwischen mehr als 70 Gesellschafter verfügte, dadurch entgegengekommen, daß er die korrekte Einbeziehung aller Gesellschafter in die Klage lediglich als einen Akt der Rubrumsberichtigung aufgefaßt hat (Senat aaO, ZIP 1990, 715, 716). Diese Lösung verläßt im Grunde bereits die Auffassung von den Gesellschaftern als notwendigen Streitgenossen, denn die unterbliebene Benennung aller aus materiellrechtlichen Gründen notwendigen Streitgenossen hätte zur Unzulässigkeit der Klage führen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 25. Oktober 1991 - V ZR 196/90, WM 1992, 313, 315; Stein/Jonas/Bork aaO, § 62 Rdn. 20 f., 25; Musielak/Weth aaO, § 62 Rdn. 11). Im Ergebnis ist dieser Fall bereits so behandelt worden, als sei die Gesellschaft selbst die beklagte Partei und mithin parteifähig. Vor ähnlichen Schwierigkeiten stehen die Beteiligten auf der Grundlage der Streitgenossenschaftslösung auch in den nicht seltenen Fällen, in denen die Mitgliedschaft eines Gesellschafters unklar und streitig ist. In diesen Fällen muß - sei es im Aktivverfahren oder im Passivverfahren - vor einer Entscheidung in der Sache zunächst die mit dem Kern des Rechtsstreits in keiner Weise zusammenhängende Frage geklärt werden, inwiefern die fragliche
Person wirksam Mitglied geworden ist, bzw. inwiefern sie wirksam ausgeschieden ist. Auch hier hat sich die Rechtsprechung damit zu behelfen versucht, daß bei irrtümlich unterbliebener Aufführung eines Gesellschafters lediglich das Rubrum unrichtig sei (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 1996 - IX ZR 135/95, NJW 1997, 1236; vgl. auch OLG Hamburg LZ 1917, 78). Diese Hilfskonstruktionen der bisherigen Rechtsprechung, die es im Interesse der Sachgerechtigkeit ermöglichen sollten, trotz formalen Festhaltens am Streitgenossenschaftsmodell die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als parteifähig zu behandeln, können aber letztlich nicht überzeugen. Insbesondere versagen sie im Stadium der Zwangsvollstreckung, denn der Gerichtsvollzieher hat in Zweifelsfällen nicht die Möglichkeit zu prüfen, ob es sich bei den in einem Titel aufgeführten Gesellschaftern um sämtliche Gesellschafter handelt. Die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist demgegenüber sowohl im Erkenntnis-, als auch im Vollstreckungsverfahren die einfachere und konsequentere Lösung.

c) Zu erheblichen Problemen, die praktisch nicht befriedigend gelöst werden können, kommt die Streitgenossenschaftslösung auch im Falle des Neueintritts und des Mitgliederwechsels während des Erkenntnis- und des Vollstreckungsverfahrens im Gesamthandsschuldprozeß. Die Vertreter der Streitgenossenschaftslösung gehen bei einem während des Erkenntnisverfahrens eingetretenen Parteiwechsel analog §§ 239, 241, 246 ZPO von einem gesetzlichen Parteiwechsel aus (MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 60 ff.; Heller aaO, S. 200 f.): Auf Antrag sei der Prozeß in diesem Fall analog § 246 ZPO bis zur Aufnahme des Verfahrens durch den neuen Gesellschafter zu unterbrechen; das Rubrum sei vom Gericht zu berichtigen; bleibe ein nach Rechtshängigkeit erfolgter Neueintritt oder Mitgliederwechsel bis zum Abschluß
des Erkenntnisverfahrens unbekannt, könne der Titel nachträglich analog § 727 ZPO auf den neueingetretenen Gesellschafter umgeschrieben werden; gleiches gelte für den nach Abschluß des Erkenntnisverfahrens und vor Beginn der Zwangsvollstreckung neu eingetretenen Gesellschafter.
Dieser Lösungsvorschlag ist in praktischer Hinsicht unzulänglich. So ist eine Titelumschreibung gemäß § 727 ZPO jedenfalls dann nicht mehr möglich, wenn der unerkannte Neueintritt oder Mitgliederwechsel vor Rechtshängigkeit der Klage erfolgt ist. Die Vorschrift ist nur auf nach Rechtshängigkeit eingetretene Rechtsänderungen anwendbar (BGHZ 120, 387, 392). Die Möglichkeit der Titelumschreibung versagt zudem, wenn der Gläubiger den Neueintritt nicht in der gemäß § 727 ZPO erforderlichen Art und Weise (Offenkundigkeit bei Gericht oder öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunden) nachweisen kann. Er müßte dann erst Klage auf Klauselerteilung gemäß § 731 ZPO erheben. Im übrigen ist zu bedenken, daß bei Bekanntwerden eines vom Titel abweichenden Bestandes der Gesellschafter zunächst in jedem Fall erst einmal das Zwangsvollstreckungsverfahren eingestellt werden müßte. Etwa bereits eingeleitete Forderungspfändungen und andere Zwangsmaßnahmen gingen ins Leere und die Gesellschaft könnte inzwischen anderweitig über die zur Zwangsvollstreckung ausersehenen Gegenstände verfügen. Im übrigen könnte die Gesellschaft - die Gefahr ist insbesondere bei Publikumsgesellschaften gegeben - die Vollstreckung durch sukzessive Bekanntgabe immer weiterer Veränderungen im Gesellschafterbestand nahezu gänzlich unmöglich machen (vgl. Wiedemann aaO, S. 5). Die Streitgenossenschaftslösung kann demnach die infolge des Auseinanderfallens von materieller Berechtigung (die der Gesellschaft zukommt) und Prozeßführungsbefugnis (die bei den Gesellschaftern liegen soll) unweigerlich auftretenden Probleme nicht befriedigend lösen, sondern
verlagert sie lediglich vom Erkenntnis- in das Vollstreckungsverfahren. Bei Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft hindert eine Veränderung im Gesellschafterbestand - sei sie vor, während oder nach dem Prozeß erfolgt - die Rechtsdurchsetzung hingegen in keiner Weise.
3. Die Regelung des § 736 ZPO, wonach zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein gegen alle Gesellschafter ergangenes Urteil erforderlich ist, steht der Anerkennung der Parteifähigkeit nicht entgegen. Ein gegen die Gesamtheit der gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter als Partei ergangenes Urteil ist ein Urteil "gegen alle Gesellschafter" im Sinne des § 736 ZPO. Die Vorschrift verlangt weder vom Wortlaut noch vom Zweck her ein Urteil gegen jeden einzelnen Gesellschafter.

a) Aus der Entstehungsgeschichte des § 736 ZPO folgt, daß Zweck dieser Regelung die Verhinderung der Vollstreckung von Privatgläubigern einzelner Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen, nicht aber der Ausschluß der Parteifähigkeit der Gesellschaft ist (ausführlich Wertenbruch aaO, S. 122 ff.; vgl. auch Wiedemann aaO, S. 10). Nach § 645 des ersten Entwurfs (E I) zum BGB (abgedruckt bei Mugdan II CVII), der die Gesellschaft als römischrechtliche Bruchteilsgemeinschaft gestaltete, war die Verfügung des Gesellschafters über seinen Anteil nicht dinglich, sondern nur schuldrechtlich ausgeschlossen. Privatgläubiger einzelner Gesellschafter hätten im Rahmen der Zwangsvollstreckung also direkt Zugriff auf deren Anteile am Gesellschaftsvermögen gehabt. Um eine solche Vollstreckung von Privatgläubigern einzelner Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen zu verhindern, beschloß die zweite Kommission zunächst "in eventueller Abstimmung, für den Fall der Beibehaltung des § 645 des Entwurfs" (Prot. II 428 = Mugdan II 989) folgenden § 645 a:

"Die Zwangsvollstreckung in die gemeinschaftlichen Gegenstände findet nur aufgrund eines gegen sämmtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt. Aufgrund eines nur gegen einen Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels findet die Zwangsvollstreckung nur in dasjenige statt, was dem Gesellschafter als Gewinnantheil oder bei der Auseinandersetzung zukommt. ..." (Prot. II 426 = Mugdan II 988). Im weiteren Verlauf der Beratungen entschied sich die zweite Kommission , an Stelle des § 645 E I das Prinzip der gesamten Hand zu setzen (Prot. II 428 ff. = Mugdan II 990 ff.), welches in § 658 des zweiten Entwurfs (abgedruckt bei Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs Bd. III 1983, S. 296) seinen Ausdruck fand. § 658 E II entspricht dem heutigen § 719 BGB und enthielt zunächst zusätzlich folgenden Absatz 3:
"Die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen findet nur aufgrund eines gegen sämmtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt." Später wurde dieser Abs. 3 aus dem zweiten Entwurf zum BGB gestrichen. "Als Ersatz" sollte "im Art. 11 des Einführungsgesetzes vor dem § 671 a folgender § 671 in die Civilprozeßordnung eingestellt werden" (Jakobs /Schubert aaO, S. 297 Fn. 20):
"Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer nach § 745 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft ist ein gegen alle Gesellschafter vollstreckbares Urtheil erforderlich." Hieraus wurde schließlich die Bestimmung des § 736 ZPO.
Diese Entwicklung zeigt, daß die Regelung eine Ausprägung des Prinzips der gesamthänderischen Bindung des Gesellschaftsvermögens darstellt, mit dessen Übernahme der historische Gesetzgeber erreichen wollte, daß der einzelne Gesellschafter nicht über seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen verfügen (§ 719 Abs. 1 BGB), daß er sich nicht durch Aufrechnung mit einer ihm nur gegen einen der anderen Gesellschafter zustehenden Forderung aus einer Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft befreien (§ 719 Abs. 2 BGB) und daß nicht ein Gläubiger nur eines Gesellschafters in das Gesamthandsvermögen vollstrecken können soll (§ 736 ZPO). Diese Zielsetzung ist in der dem Reichstag mit dem Gesetzentwurf des BGB vom Reichsjustizamt vorgelegten Denkschrift (Denkschrift zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs 1896, S. 87 f.) ausdrücklich in diesem Sinne formuliert worden. Die Regelung in § 736 ZPO stellt mithin als Ausdruck der gesamthänderischen Vermögensbindung das vollstreckungsrechtliche Pendant zu § 719 Abs. 1 BGB dar und wird treffend auch als "§ 719 Abs. 3 BGB" (Wertenbruch aaO, S. 124, 129) bezeichnet.
Das Ziel der Verhinderung einer Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen durch Gläubiger nur einzelner Gesellschafter wird bei Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft mindestens ebenso gut erreicht wie bei Zulassung von Klagen nur gegen die einzelnen Gesellschafter. Es kann deshalb nicht festgestellt werden, daß die Regelung des § 736 ZPO zum Ziel hat, die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Zivilprozeß auszuschließen. Die Parteifähigkeit der Gesellschaft ist vom Gesetzgeber ebensowenig abschließend geregelt worden wie das "Wesen der Gesamthand" allgemein. Dementsprechend hat Gottlieb Planck, Generalreferent der zweiten Kommission, bereits in der im Jahre 1900 erschienenen ersten Auflage seines
Kommentars zum BGB trotz Ablehnung der Parteifähigkeit ausgeführt, die §§ 736, 859 ZPO berührten die Parteifähigkeit der Gesellschaft nicht, sie seien lediglich mit Rücksicht auf das Gesamthandsprinzip in das Gesetz aufgenommen worden (vor § 705 Anm. II 2, S. 453).

b) Kein durchgreifendes Argument gegen die Anerkennung einer Parteifähigkeit kann auch der amtlichen Begründung der CPO-Novelle zu § 670 b CPO (später § 736 ZPO) aus dem Jahre 1897 (Hahn/Mugdan, Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, 8. Band, 1898, S. 138 f.) entnommen werden. Soweit es darin heißt, die Gesellschaft könne nicht "als solche" verklagt werden, muß das nicht im Sinne einer Ablehnung der Parteifähigkeit gemeint sein. Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert galt der Begriff "Gesellschaft als solche" - wie Wertenbruch (aaO S. 9 ff.; 46 ff.; 132) nachgewiesen hat - als Umschreibung für juristische Person. So hieß es in Art. 231 ADHGB zur Aktiengesellschaft, diese könne "als solche" klagen und verklagt werden (vgl. auch den heutigen § 41 Abs. 1 AktG). Bei der OHG hingegen wurde der Zusatz, die Gesellschaft habe "als solche" ihre Rechte und Pflichten und ihr besonderes Vermögen, wie er noch in Art. 87 des preußischen Entwurfs zum ADHGB aus dem Jahre 1857 enthalten war, nicht in den späteren Art. 111 ADHGB (heute § 124 HGB) übernommen, weil darin eine Definition der juristischen Person zu sehen sei (vgl. Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches 1858, S. 156). Daß die Formulierung "als solche" in bezug auf die Aktiengesellschaft die Gestaltung als juristische Person zum Ausdruck bringen soll, geht auch aus den Ausführungen von Makower (HGB Band I 13. Aufl. 1906, § 210 Anm. I a) und Flechtheim (in Düringer/Hachenburg, HGB 3. Aufl. 1934, § 210 Anm. 2) hervor.

c) Die Bestimmung des § 736 ZPO wird durch die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft nicht überflüssig. Versteht man die Bestimmung so, daß der Gläubiger nicht nur mit einem Titel gegen die Gesellschaft als Partei in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken kann, sondern auch mit einem Titel gegen alle einzelnen Gesellschafter aus ihrer persönlichen Mithaftung (vgl. auch MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 54), behält sie durchaus einen eigenständigen Regelungsgehalt. Die Rechtslage bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist insoweit anders als bei der OHG, wo gemäß § 124 Abs. 2 HGB eine Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ausschließlich mit einem gegen die Gesellschaft lautenden Titel möglich ist.
4. Auch der Umstand der fehlenden Registerpublizität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts hindert nicht die Anerkennung ihrer Parteifähigkeit. Der Senat verkennt zwar nicht, daß es wegen der fehlenden Publizität in einigen Fällen schwierig werden könnte, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Prozeß so klar zu bezeichnen, daß eine eindeutige Identifizierung - vor allem auch im Vollstreckungsverfahren - möglich ist. Auch ist von außen nicht immer leicht zu ermitteln, inwieweit ein Zusammenschluß mehrerer tatsächlich als (Außen -)Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert ist (vgl. K. Schmidt aaO, § 60 IV 1, S. 1806 f.). Diese Schwierigkeiten wiegen aber nicht so schwer, daß daran die Anerkennung der Parteifähigkeit scheitern müßte.
Im Aktivprozeß der Gesellschaft ist es den für die Gesellschaft auftretenden Personen ohne weiteres zumutbar, die Gesellschaft - beispielsweise durch die möglichst exakte Bezeichnung der Gesellschafter, der gesetzlichen Vertreter und der Bezeichnung, unter der die Gesellschaft im Verkehr auftritt - identifizierbar zu beschreiben. Sollte sich im Verlauf des Prozesses heraus-
stellen, daß tatsächlich keine Außengesellschaft existiert, müßte zumindest derjenige für die Prozeßkosten aufkommen, der im Namen der vermeintlichen Gesellschaft den Prozeß als deren Vertreter ausgelöst hat. Im Falle des Auftretens für eine nicht existierende Partei trägt der in deren Namen auftretende und die Existenz der Partei behauptende Vertreter als Veranlasser des unzulässigen Verfahrens die Prozeßkosten (Sen.Urt. v. 25. Januar 1999 - II ZR 383/96, ZIP 1999, 489, 491 m.w.N.). Es ist also immer zumindest eine natürliche Person als Kostenschuldner vorhanden.
Im Passivprozeß ist es wegen der persönlichen Gesellschafterhaftung für den Kläger - wie bei der OHG (vgl. Behr, NJW 2000, 1137, 1139) - praktisch immer ratsam, neben der Gesellschaft auch die Gesellschafter persönlich zu verklagen. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn nicht sicher ist, ob eine wirkliche Außengesellschaft mit Gesamthandsvermögen existiert. Stellt sich während des Prozesses heraus, daß die Gesellschafter nicht als Gesamthandsgemeinschaft verpflichtet sind, sondern nur einzeln als Gesamtschuldner aus einer gemeinschaftlichen Verpflichtung schulden (§ 427 BGB), wird nur die Klage gegen die Gesellschaft - nicht aber die gegen die Gesellschafter persönlich - abgewiesen. Stellt sich erst während der Zwangsvollstreckung heraus, daß überhaupt kein Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, bleiben dem Gläubiger noch die Titel gegen die einzelnen Gesellschafter. Es besteht also bei Annahme einer Parteifähigkeit der Gesellschaft kein Unterschied zur Situation, wie sie sich auf der Grundlage der Streitgenossenschaftslösung darstellt, denn auch hier wird zwischen der Klage gegen die Gesamthand (Gesamthandsschuldklage ) und gegen die Gesellschafter (Gesamtschuldklage) unterschieden (MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 47 ff.; Heller aaO, S. 73 ff.). Im übrigen bleibt es dem Gesellschaftsgläubiger auch bei Anerkennung der Par-
teifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unbenommen, ausschließlich die Gesellschafter persönlich in Anspruch zu nehmen. Dem Gesellschaftsgläubiger wird die Rechtsverfolgung demnach durch die Anerkennung der Parteifähigkeit in keiner Weise erschwert.

B.


Die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage ist auch begründet. Insbesondere ist die Beklagte zu 1 wechselfähig. Die Gründe, die vom Bundesgerichtshof zur Begründung der Scheckfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts herangezogen worden sind (BGHZ 136, 254, 257 f.), sprechen in gleichem Maße auch für deren Wechselfähigkeit (vgl. auch Flume, Allgemeiner Teil aaO, S. 108 f.; Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 21. Aufl. Einl. WG Rdn. 20 a).
Damit erweist sich das landgerichtliche Urteil, soweit es die Verurteilung der Beklagten zu 1, 2 und 3 betrifft, im Grunde als zutreffend. Im Urteilstenor war jedoch kenntlich zu machen, daß zwischen den Ansprüchen gegen die Beklagte zu 1 einerseits und denen gegen die Beklagten zu 2 und 3 andererseits kein echtes Gesamtschuldverhältnis besteht, jedoch die Beklagte zu 1 neben den ihrerseits untereinander gesamtschuldnerisch haftenden Gesellschafterinnen wie eine Gesamtschuldnerin verpflichtet ist. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 27. September 1999 (BGHZ 142, 315, 318 ff.) die Frage der rechtlichen Einordnung der Gesellschafterhaftung noch offengelassen. Sie ist nunmehr in Konsequenz der Anerkennung der beschränkten Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Sinne einer akzessorischen Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten zu entscheiden. So-
weit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch persönlich haftet (BGHZ 142, 315, 318), ist der jeweilige Bestand der Gesellschaftsschuld also auch für die persönliche Haftung maßgebend. Insoweit entspricht das Verhältnis zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterhaftung damit der Rechtslage in den Fällen der akzessorischen Gesellschafterhaftung gemäß §§ 128 f. HGB bei der OHG. Danach ist eine unmittelbare Anwendung der §§ 420 ff. BGB nicht möglich, weil kein echtes Gesamtschuldverhältnis besteht; es ist aber zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der jeweils verschiedenartigen Interessen der Beteiligten der Rechtsgedanke der §§ 420 ff. BGB im Einzelfall zur Anwendung kommt oder nicht (BGHZ 39, 319, 329; 44, 229, 233; 47, 376, 378 ff.; 104, 76, 78). Für die Gesellschaft als originär Verpflichtete ist die entsprechende Anwendung der Gesamtschuldregeln im Verhältnis zur Gesellschafterhaftung grundsätzlich angebracht. Stehen den Gesellschaftern beispielsweise individuelle Einreden im Sinne des § 425 BGB gegen ihre persönliche Inanspruchnahme zu, wäre es nicht gerechtfertigt, daß sich auch die Gesellschaft darauf berufen könnte.

C.


Hinsichtlich der Abweisung der gegen den Beklagten zu 4 gerichteten Klage auf Haftung kraft Rechtsscheins hält das Berufungsurteil den Angriffen der Revision stand. Eine Rechtsscheinhaftung des Beklagten zu 4 für die Wechselverbindlichkeit der Beklagten zu 1 käme in Betracht, wenn er gegenüber der Klägerin in zurechenbarer Weise den Eindruck erweckt hätte, er sei selbst Mitglied der ARGE und folglich persönlich haftender Gesellschafter (vgl. BGHZ 17, 13, 15). Das Berufungsgericht ist aber zu Recht davon ausgegangen , daß die von der Klägerin dargelegten Umstände nicht den Schluß darauf zulassen, der als Architekt tätige Beklagte zu 4 sei ihr gegenüber als Gesellschafter der ARGE aufgetreten.
Insbesondere reicht es für eine solche Schlußfolgerung nicht aus, daß der Beklagte zu 4 in dem von der ARGE gegenüber der Klägerin - die als Nachunternehmerin der ARGE beauftragt war - verwendeten Briefkopf aufgeführt ist. Dieser Briefkopf ist in der Form gestaltet, daß dort unter der hervorgehobenen Überschrift "Arbeitsgemeinschaft W. " die Beklagten zu 2 und 3 - beides Gesellschaften mit beschränkter Haftung - als "Technische Geschäftsführung" (Beklagte zu 2) und als "Kaufm. Geschäftsführung" (Beklagte zu 3) sowie der Beklagte zu 4 als "Bauleitung" bezeichnet werden. Läßt sich ein Architekt in dieser Weise im Briefkopf einer bauwirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft aufführen, muß er nicht damit rechnen, daß bei deren Nachunternehmern , denen gegenüber der Briefkopf verwendet wird, der Eindruck entsteht , er sei selbst Gesellschafter der Arbeitsgemeinschaft. Bei "technischer Geschäftsführung", "kaufmännischer Geschäftsführung" und "Bauleitung" handelt es sich gemäß § 5 des Mustervertrages des Hauptverbandes der Deut-
schen Bauindustrie für Arbeitsgemeinschaften (ARGE-Vertrag, abgedruckt bei Burchardt/Pfülb, ARGE-Kommentar, 3. Aufl.), der seit vielen Jahren verwendet wird, im Baugewerbe weit verbreitet ist (vgl. Langen in Kapellmann/Vygen, Jahrbuch Baurecht 1999, S. 64, 69) und auch im vorliegenden Fall zur Anwendung kam, um die nach außen in Erscheinung tretenden "Organe" der in Teilen körperschaftlich strukturierten Arbeitsgemeinschaften. Es ist deshalb anzunehmen , daß der baugewerbliche Rechtsverkehr bei einer Auflistung dieser Bezeichnungen im allgemeinen an eine Benennung der Gesellschaftsorgane, nicht aber an eine Benennung der Gesellschafter denkt. Zwar trifft es zu, daß nach dem personengesellschaftsrechtlichen Grundsatz der Selbstorganschaft als technische und kaufmännische Geschäftsführer nur Personen in Frage kommen, die auch Gesellschafter sind. Es würde aber zu weit gehen, würde man dem Rechtsverkehr ein Verständnis dahingehend unterstellen, daß die Nennung von Geschäftsführung und Bauleitung in einem Briefkopf darauf schließen ließe, auch der Bauleiter müsse Gesellschafter sein. Üblicherweise wird nämlich die Bauleitung auf solche Personen übertragen, die zwar Mitarbeiter eines Gesellschafters, nicht aber selbst Gesellschafter sind (Burchardt/Pfülb aaO, § 9 Rdn. 7, 12 ff.). In diese Richtung weist im vorliegenden Fall zudem der Umstand, daß im Vertragsformular des der Hingabe des Wechsels zugrunde liegenden Nachunternehmervertrages zwischen Klägerin und Beklagter zu 1 ausdrücklich zwischen der ARGE als "Auftraggeber und Bauherr i.S. dieses Vertrages" und dem Beklagten zu 4, der unter der Rubrik "Planung und Bauleitung" aufgeführt ist, differenziert wird.
Der Umstand, daß der Beklagte zu 4 nach dem Vortrag der Klägerin sämtliche Vertragsverhandlungen mit ihr geführt und auch das streitgegenständliche Wechselakzept im Namen der Beklagten zu 1 unterschrieben hat,
reicht für die Begründung einer Rechtsscheinhaftung ebenfalls nicht aus. Der Beklagte zu 4 war Geschäftsführer der ihrerseits als technische Geschäftsführerin der ARGE eingesetzten Beklagten zu 2 und in dieser Funktion allgemein zum Abschluß von Nachunternehmerverträgen für die ARGE befugt (§ 7.45 ARGE-Vertrag). Selbst wenn die Klägerin keine Kenntnis von dieser Funktion des Beklagten zu 4 gehabt hätte, hätte dessen Handeln nicht zwangsläufig darauf schließen lassen müssen, daß er in eigener Person Gesellschafter der ARGE ist. Es wäre vielmehr auch denkbar - wenn nicht sogar naheliegender - gewesen, daß Abschluß und Abwicklung des Nachunternehmervertrages von der Geschäftsführung der ARGE auf den Bauleiter als Unterbevollmächtigten weiterdelegiert worden ist, was durchaus zulässig gewesen wäre (vgl. Burchardt/Pfülb aaO, § 9 Rdn. 9) und ebenfalls nicht zu einer persönlichen Haftung des Beklagten zu 4 geführt hätte. Der von der Revision zur Begründung der Rechtsscheinhaftung schließlich noch herangezogene Vortrag der Klägerin, wonach der Beklagte zu 4 sämtliche Bankgeschäfte der ARGE erledigt habe, vermag eine Rechtsscheinhaftung gegenüber der Klägerin schon
deshalb nicht zu begründen, weil nicht ersichtlich ist, inwiefern es sich bei einem solchen Handeln des Beklagten zu 4 gegenüber Dritten um einen im Verhältnis zur Klägerin gesetzten Rechtsschein gehandelt haben könnte.

Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter).

(2) Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.

(1) Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist.

(2) Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann klagen und verklagt werden; in dem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 586/11
vom
23. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Februar 2012 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Tübingen vom 10. Mai 2011 im Strafausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen 567 Fällen der Untreue zu vier Jahren und drei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, von denen es sechs Monate (wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen) für vollstreckt erklärt hat. Dem Urteil lag eine Verständigung i.S.v. § 257c StPO zugrunde. Die gegen die Verurteilung gerichtete, auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der Angeklagte war im Tatzeitraum (2002 bis 2005) Geschäftsführer der G. GmbH, die - ohne selbst am Kommanditkapital beteiligt zu sein - Komplementärin der G. GmbH & Co. KG ist. Am Kommanditkapital der G. GmbH & Co. KG waren der Angeklagte zu 4 %, sein Vater und seine Kinder mit insgesamt 31 %, seine Schwestern mit zusammen 17 %, deren Kinder zu insgesamt 6 % sowie sein Onkel und dessen Kinder zu insgesamt 42 % beteiligt.
4
An insgesamt 567 Tagen übertrug der Angeklagte satzungswidrig Firmengelder von Konten der G. GmbH & Co. KG auf Privatkonten, um damit im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Wertpapiergeschäfte (insbesondere mit hochspekulativen Optionsscheinen) zu finanzieren, und setzte zur Zahlung seiner privaten Teilnahme an Glücksspielen im Internet Firmenkreditkarten ein, wodurch die Firmenkonten der G. GmbH & Co. KG ent- sprechend belastet wurden. Insgesamt „entnahm“ der Angeklagte so rund 5,4 Mio. €. Obwohl der Angeklagte erzielte Gewinne Firmenkonten wieder gutbrachte , entstand insgesamt ein „Fehlbetrag“ von mindestens 2 Mio. €. Eine Zahlungsunfähigkeit der G. GmbH & Co. KG drohte gleichwohl nicht.
5
Der Angeklagte offenbarte sich Weihnachten 2005 gegenüber den Familienangehörigen und gab am 24. März 2006 gegenüber den anderen Kommanditisten ein Schuldanerkenntnis ab. Dieses führte nicht zu der geplanten familieninternen Befriedung. Im Juni 2006 stellte der Onkel des Angeklagten, im Dezember 2006/Januar 2007 auch noch dessen Sohn, die Schwestern des Angeklagten und deren Kinder Strafantrag. Der Vater und die Kinder des Angeklagten haben keinen Strafantrag gestellt.
6
2. Die Strafkammer hat die Taten des Angeklagten als Untreue in 567 Fällen gewertet; taggleiche „Entnahmen“ seien tateinheitlich begangen. Ge- schädigt seien entgegen bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht die Kommanditisten, sondern jeweils das Vermögen der G. GmbH & Co. KG „in Höhe des Nominalwertes der durch jede Einzeltat abgeflossenen Liquidität“ (UA S. 31). Dies führe allerdings nicht zu einer Schlechter- stellung des Angeklagten, weil bei der Strafzumessung auch zu berücksichtigen sei, „ob und wie viele Gesellschafter, einschließlich dem Täter, mit der Schädigung einverstanden waren bzw. kein Interesse an der Strafverfolgung haben, sondern auch, in welchem Umfang sie am geschädigten Gesellschaftsvermö- gen rechnerisch beteiligt sind“ (UA S. 33).
7
Die Strafe entnimmt die Strafkammer dem erhöhten Strafrahmen des § 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB (Gewerbsmäßigkeit). Bei Untreuehandlungen, bei denen das Vermögen der KG durch eine Tat um mehr als 50.000 € geschädigt wurde, „hat die Strafkammer zudem die zusätzli- che Verwirklichung des Regelbeispiels gemäß §§ 266 Abs. 2, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB [Vermögensverlust großen Ausmaßes] strafschärfend gewer- tet“ (UA S. 35).
8
II. Die Revision wendet sich gegen den Schuldspruch mit dem Vorbringen , geschädigt sei nicht das Vermögen der KG, sondern der Gesellschafter, die indes keinen oder keinen fristgerechten Strafantrag gestellt hätten.
9
Der dadurch aufgezeigte Rechtsfehler (1.) begründet hier kein Verfahrenshindernis (2.). Er nötigt vorliegend auch nicht zur Aufhebung des Schuldspruchs (3.), jedoch kann der Strafausspruch keinen Bestand haben (4.).
10
1. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass im Rahmen des § 266 StGB eine Schädigung des Gesamthandsvermögens einer Kommanditgesellschaft nur insoweit bedeutsam sein kann, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter berührt. Der Senat sieht vorliegend keine Veranlassung, von dieser gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z.B. BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10; Urteil vom 18. Juni 2003 - 5 StR 489/02; Urteil vom 20. Januar 2000 - 4 StR 342/99; Beschluss vom 22. Februar 1991 - 3 StR 348/90; Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86; Urteil vom 29. November 1983 - 5 StR 616/83 jew. mwN; ebenso: BGH, Urteil vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 192), die auch vom Schrifttum geteilt wird (z.B. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21; Kühl in Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 266 Rn. 3; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 113; Wittig in BeckOK-StGB, § 266 Rn. 11; Saliger in Satzer /Schmitt/Widmaier, StGB, § 266 Rn. 19; Maurer/Odörfer, GmbHR 2008, 413, 414; Schulte, NJW 1984, 1671; a.A. Schäfer, NJW 1983, 2850; Richter, GmbHR 1984, 146), abzuweichen. Geschädigter i.S.d. § 266 StGB kann nur ein mit dem Täter nicht identischer Träger fremden Vermögens sein, sei es eine natürliche Person, sei es eine juristische Person, der eigene Rechtspersönlichkeit zukommt (BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 - 4 StR 342/99; BGH, Urteil vom 24. Juli 1991 - 4 StR 258/91; BGH, Urteil vom 29. November 1983 - 5 StR 616/83). Eine in diesem Sinn eigene Rechtspersönlichkeit wird der Kommanditgesellschaft - kommt sie als verselbständigtes Gesamthandsvermögen einer juristischen Person auch sehr nahe - nicht zuerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 - IV ZR 270/88, BGHZ 110, 127; BGH, Urteil vom 16. Februar 1961 - III ZR 71/60, BGHZ 34, 293, 296).
11
2. Ein Verfahrenshindernis besteht nicht.
12
Das Fehlen fristgerechter Strafanträge (§§ 77b, 247, 266 Abs. 3 StGB) führt nur dann zu einem Strafverfolgungshindernis, wenn der Angeklagte zu allen Gesellschaftern in einer privilegierten Beziehung im Sinne des § 247 StGB steht (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99; Eser/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 247 Rn. 10; Hohmann in MüKomm-StGB, 3. Aufl., § 247 Rn. 9). Dies ist hier nicht der Fall. Weder der Onkel des Angeklagten , noch dessen Kinder, noch die Kinder der Schwestern sind Angehörige i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB (BayObLG, Urteil vom 28. Oktober 1997 - 4 St RR 221/97, NJW 1998, 3580; Eser/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 5).
13
3. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue in 567 Fällen ist rechtlich nicht zu beanstanden.
14
a) Der Angeklagte hatte als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gegenüber dieser und - einzig hier relevant - gegenüber den Kommanditisten eine Vermögensbetreuungspflicht (vgl. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 25; Waßmer in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , § 266 StGB Rn. 49). Diese hat er durch den in der Verwendung der Firmengelder für eigene Spekulationsgeschäfte und für die Teilnahme an Glücksspielen liegenden Missbrauch seiner Verfügungsmacht („Griff in die Kasse“) jeweils verletzt.
15
b) Hierdurch entstand - wie die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen belegen - (jedenfalls) den nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stehenden Kommanditisten ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB in Höhe der jeweiligen „Entnahmen“. Die Strafkammer musste hierbei nicht in jedem Fall berücksichtigen, dass der Angeklagte aus den Spekulationsgeschäften erzielte Gewinne den Firmenkonten gutbrachte. Eine derart ungewisse Aussicht auf Rückzahlung ist wirtschaftlich ohne Wert (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 1 StR 336/11 mwN). Maßgeblich für den zur Bestimmung des tatbestandlichen Nachteils i.S.v. § 266 StGB erforderlichen Vermögensvergleich ist - gleichermaßen wie bei § 263 StGB - der Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung, hier also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den Verfügungen zu Lasten der Firmenkonten (Überweisung, Einsatz der Kreditkarten). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN).
16
c) Auch die Annahme von Tateinheit bei taggleich verwirklichten - zumal nach den Feststellungen zur Verschleierung bewusst „gestückelten“ Zahlun- gen - begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Soweit im Urteil, worauf der Generalbundesanwalt hinweist, einzelne in der Anklageschrift aufgeführte (und bislang nicht nach § 154 StPO eingestellte) Fälle nicht enthalten sind, stehen diese nicht zur Kognition des Revisionsgerichts. Soweit es sich rechtlich um Teile von Taten handelt, die durch das Landgericht abgeurteilt wurden, ist der Angeklagte durch den geringeren Schuldumfang nicht beschwert.
17
4. Der Strafausspruch - obgleich insgesamt milde - hat jedoch keinen Bestand.
18
Rechtsfehlerfrei legt die Strafkammer der Strafzumessung zwar den sich aus dem gewerbsmäßigen Handeln des Angeklagten ergebenden erhöhten Strafrahmen des § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB zugrunde (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2011 - 1 StR 343/11 mwN). Für die konkrete Strafzumessung hat das Landgericht jedoch - allerdings folgerichtig zu seiner Rechtsauffassung - nicht beachtet, dass die Untreue nur auf Antrag verfolgt werden kann, wenn und soweit durch sie ein Angehöriger verletzt wird (§ 266 Abs. 2, § 247 StGB; vgl. schon BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - 1 StR 5/87). Die Strafkammer geht daher rechtsfehlerhaft in Einzelfällen von einem besonders schweren Fall i.S.v. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB (Vermögensverlust großen Ausmaßes) aus, was auch im Übrigen besorgen lässt, sie habe der Strafzumessung insgesamt einen unzutreffenden Schuldumfang zugrunde gelegt.
19
a) Für die Frage des Nachteilseintritts ist bei einer Kommanditgesellschaft - wie aufgezeigt - nicht allein auf die Gesellschaft, sondern auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter abzustellen (BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10; BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 - 2 StR 613/90). Bei einer personalisiert strukturierten Gesellschaft - wie etwa OHG oder KG - sind daher als Verletzte deren Gesellschafter anzusehen (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99). Deren Einverständnis schließt die Annahme von Untreue aus, soweit sie selbst betroffen sind (BGH, Beschluss vom 22. Februar 1991 - 3 StR 348/90). In gleicher Weise kann bei einer Kommanditgesellschaft der Angeklagte selbst, soweit sein Gesellschaftsanteil betroffen ist, nicht Geschädigter einer von ihm begangenen Untreue sein (BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10). Auch hinsichtlich eines Kommanditisten, der in einer gemäß § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stand bzw. steht, scheidet eine Untreue zu dessen Nachteil bei Fehlen eines form- und fristgerechten Strafantrags aus (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 - 2 StR 613/90; BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - 1 StR 5/87). Die Anwendbarkeit des § 247 StGB entfällt nicht etwa dadurch, dass hinsichtlich eines oder mehrerer der gesamthänderisch verbundenen Kommanditisten die Voraussetzungen des § 247 StGB nicht gegeben sind (vgl. hierzu aber auch Vogel in LK-StGB, 12. Aufl., § 247 Rn. 6). Der Haus- und Familienfrieden, den zu schützen Normzweck des § 247 StGB ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1979 - 4 StR 204/79, BGHSt 29, 54, 56), besteht nur in dem Umfang nicht, in dem ein durch die Untreue verletzter Gesellschafter nicht in einer im Sinne des § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Täter steht (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99). Fallen Taten zu Lasten mehrerer Geschädigter wie hier tateinheitlich zusammen, ergibt sich der Umfang der Verfolgbarkeit - wie stets - nach Maßgabe des § 247 StGB. Demzufolge bestimmt sich auch die Höhe des dem Angeklagten anzulastenden Nachteils und damit des großen Ausmaßes i.S.v. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB - wenn wie hier eine Untreue zum Nachteil der Komplementär-GmbH nicht festgestellt ist (dazu vgl. auch BGH, Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86) - nach der Summe der zugefügten Nachteile hinsichtlich der Kommanditisten, die entweder form- und fristgerecht Strafantrag gestellt haben oder die nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten standen bzw. stehen.
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b) Dies zugrunde gelegt ist die Erwägung der Strafkammer, bei einem in Höhe der „Entnahmen“ angenommenen „Schaden von 50.000 € und mehr“ könne die „zusätzliche Verwirklichung des Regelbeispiels gem. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB strafschärfend gewertet“ werden (UA S. 35), rechtsfehlerhaft. Vielmehr durfte die Strafkammer das Vorliegen eines „großen Ausmaßes“ im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGBallenfalls bei einem insgesamt 104.166,67 € übersteigenden Betrag annehmen, da nur 48 % des jeweils von der Strafkammer angenommenen Schadens dem Schuldumfang zugrunde gelegt werden konnten. Denn der Angeklagte selbst war nach den Urteilsfeststellungen mit 4 %, sein Vater und seine Kinder, die keinen Strafantrag gestellt haben, mit insgesamt 31 % und seine Schwestern (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB), die nach den Urteilsfeststellungen nicht innerhalb der Frist des § 77b StGB binnen drei Monaten ab Kenntniserlangung Strafantrag gestellt haben , mit 17 % am Kommanditkapital beteiligt (also zusammen mit 52 %).
21
c) Die Urteilsgründe lassen überdies besorgen, die Strafkammer habe auch sonst auf den Nominalbetrag der jeweiligen „Entnahmen“ abgestellt und daher der Verurteilung insgesamt einen unzutreffenden Schuldumfang zugrunde gelegt. Die insoweit unklare - und zur ausführlich begründeten Rechtsauffassung der Kammer im Widerspruch stehende - Anmerkung, bei der Strafzu- messung sei auch zu berücksichtigen, „ob und wie viele Gesellschafter, ein- schließlich dem Täter, mit der Schädigung einverstanden waren bzw. kein Interesse an der Strafverfolgung haben, sondern auch, in welchem Umfang sie am geschädigten Gesellschaftsvermögen rechnerisch beteiligt sind“ (UA S. 33), lässt nicht hinreichend erkennen, dass die Strafkammer in den Blick genommen hätte, dass dem Angeklagten die jeweiligen Abbuchungen und Belastun- gen des Firmenkontos nicht in voller Höhe als „Nachteil“ i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich angelastet werden können.
22
5. Die Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen wird vom aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt und kann daher bestehen bleiben.
Nack Rothfuß Elf
Graf Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 652/10
vom
30. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 30. August 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 25. Juni 2010 mit den Feststellungen aufgehoben ,
a) im Schuldspruch in den Fällen B.III.1 bis 40 der Urteilsgründe
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Insolvenzverschleppung in zwei Fällen, Bankrotts in sechs Fällen, Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 30 Fällen, Betrugs sowie Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt; im Übrigen hat es das Verfahren eingestellt und den Angeklagten freigesprochen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten ist im Umfang der Aufhebung begründet; hinsichtlich der noch verbleibenden Tat B.III.41 der Urteilsgründe (Untreue zum Nachteil der Wohnungseigentumsgemeinschaft N. H. – in K. ) ist sie hingegen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

A.

2
Hinsichtlich der Verurteilungen im Zusammenhang mit den Tätigkeiten, die der Angeklagte als Geschäftsführer der G. Grundstücks- und Wohnbau GmbH & Co KG (im Folgenden: G. GmbH & Co KG) und der A. Sportmarketing GmbH (im Folgenden: A. GmbH) ausgeübt hat (Fälle B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe), greift die Verfahrensrüge einer Verletzung der Vorschrift des § 261 StPO durch; auf die weiteren formellen und materiellen Beanstandungen der Revision kommt es insoweit nicht an.

I.

3
Nach den Urteilsfeststellungen hielt der Angeklagte über Familienangehörige , die ihm Generalvollmachten erteilt hatten, sowohl die Kommanditanteile an der G. GmbH & Co KG als auch sämtliche Anteile an deren Komplementär -GmbH, der G. Grundstücks- und Wohnbau GmbH. Zugleich war er Geschäftsführer beider Gesellschaften. Daneben war der Angeklagte alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der A. GmbH, deren Geschäftsgegenstand im Bereich der Vermarktung von Sportlern lag und deren Anteile vom Angeklagten und seinem Sohn gehalten wurden. Nachdem diese am 6. Januar 2006 die Auflösung der A. GmbH beschlossen hatten, wurde der Angeklagte zu deren Liquidator bestellt. Am 15. Juli 2008 wurde das Unternehmen auf Antrag des Finanzamts wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.
4
Sowohl die G. GmbH & Co KG als auch die A. GmbH hatten ab dem Jahr 2003 mit massiven finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Eine Zeitlang gelang es dem Angeklagten, kurzfristige Liquiditätsengpässe mittels Hin- und Herschiebens von Geldern zwischen den beiden Unternehmen, aber auch seinem Privatvermögen auszugleichen. Letztlich jedoch wurden beide Unternehmen zahlungsunfähig. Die Zahlungsunfähigkeit trat nach den Feststellungen bei der G. GmbH & Co KG spätestens Anfang des Jahres 2005, bei der A. GmbH bereits Ende 2004 ein.

II.

5
Die Strafkammer hat ihren Feststellungen zum finanziellen Niedergang der Unternehmen und zum Eintreten der Krisensituationen Auszüge der jeweiligen Geschäftskonten zugrunde gelegt, denen sie eine Vielzahl von Kontoständen und Einzelbuchungen entnommen hat. Diese Einzelbuchungen hat sie zum Teil datum- und zahlengenau auf mehreren Seiten der Urteilsgründe wiedergegeben.
6
Die von der Revision zulässig erhobene Rüge, das Landgericht habe die Auszüge der Geschäftskonten der G. GmbH & Co KG bei der Sparkasse K. (Konto ) und bei der Volksbank V. (Konto ) bzw. der A. GmbH bei der Sparkasse K. (Konto ) verwertet, ohne diese prozessordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt zu haben , ist begründet.
7
1. Wie die Revision zutreffend ausführt und durch den Inhalt der Protokollniederschrift bewiesen ist, sind die entsprechenden Kontoauszüge in der Hauptverhandlung weder förmlich als Urkunden gemäß § 249 Abs. 1 S. 1 StPO verlesen noch sind sie im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführt worden. Der an verschiedenen Stellen des Hauptverhandlungsprotokolls enthaltene Eintrag , Bankordner seien "zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht und in richterlichen Augenschein" genommen worden, ist nicht geeignet, eine förmliche Verlesung der Urkunden zu beweisen (BGHSt 11, 29, 30; Diemer in KK StPO 6. Aufl. § 249 Rn. 51; Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 273 Rn. 9). Die Inaugenscheinnahme einer Urkunde beinhaltet im Übrigen nur dann eine zureichende Beweiserhebung, wenn es nicht auf ihren Inhalt, sondern auf ihr Vorhandensein oder ihren Zustand ankommt (BGHR StPO § 249 Abs. 1 Kontoauszüge 1; Meyer-Goßner aaO § 249 Rn. 7).
8
Zwar kann der Inhalt einer Urkunde auch durch ihren Vorhalt an Zeugen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden (vgl. BGHR StPO § 249 Abs. 1 Verlesung, unterbliebene 1). So ist im Hauptverhandlungsprotokoll vermerkt, dass Bankordner mit Zeugen "erörtert" bzw. diesen vorgehalten wurden. Beweisgrundlage ist dann allerdings nicht der Vorhalt selbst, sondern die bestätigende Erklärung desjenigen, dem der Vorhalt gemacht wurde (BGHSt 11, 159, 160; BGHR StPO § 249 Abs. 1 Verlesung, unterbliebene 1; § 261 Inbegriff der Verhandlung 38). Der Einführung einer Urkunde mittels Vorhalt sind deshalb Grenzen gesetzt. Insbesondere wenn es sich um längere oder sehr komplexe Ausführungen handelt, besteht die Gefahr, dass die Auskunftsperson den Sinn der schriftlichen Erklärung auf den bloßen inhaltlichen Vorhalt hin nicht richtig oder nur unvollständig erfasst oder sich an den genauen Wortlaut eines Schriftstücks nicht zuverlässig erinnern kann (BGHSt 11, 159, 160; BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 39; BGH NStZ 1991, 500; Meyer-Goßner aaO § 249 Rn. 28). So liegt der Fall hier. Angesichts der hohen Anzahl der von der Kammer verwerteten Kontoauszüge und Einzelbuchungen ist auszuschließen , dass die als Zeugen gehörten Bankmitarbeiter und Polizeibeamten das entsprechende Zahlenwerk aus eigener Erinnerung heraus im Einzelnen bestätigen konnten (vgl. BGH NJW 2002, 2480, in BGHSt 47, 318 insoweit nicht abgedruckt

).

9
2. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil in den Fällen B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe auf diesem Mangel beruht.
10
Das Landgericht hat im Abschnitt B.II.1 bis 3 ausführliche Feststellungen zur finanziellen Entwicklung der beteiligten Unternehmen getroffen, die sie ihrer Darstellung der konkreten Tathandlungen vorangestellt hat. Darin nimmt die Entwicklung der jeweiligen Geschäftskonten breiten Raum ein, teilweise werden Kontostände sowie einzelne Buchungen, etwa eingehende Mietzahlungen, nach genauem Datum und Betrag wiedergegeben. Aus diesen Feststellungen, die das Landgericht ausdrücklich auf die "in die Hauptverhandlung eingeführten Kontoauszüge" gestützt hat (UA S. 45/46 und 50), hat es sodann die Überzeugung gewonnen, dass die G. GmbH & Co KG "spätestens Anfang 2005" und die A. GmbH "spätestens Ende 2004" zahlungsunfähig geworden waren (vgl. UA S. 18, dort unter B.II.3 "Fazit"). Das sich aus den Kontoauszügen ergebende konkrete Zahlenwerk hatte damit bestimmenden Einfluss auf die Bewertung der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen zu den jeweils relevanten Tatzeitpunkten. Dies kann sich auf die Schuldsprüche in den Fällen B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben.
11
Hierzu gilt im Einzelnen:
12
a) Das Landgericht hat den Angeklagten im Fall B.III.1 der Urteilsgründe wegen Insolvenzverschleppung gemäß § 130b Abs. 1 HGB (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung), § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt, weil er als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der G. GmbH & Co KG unter Missachtung der sich aus § 130a Abs. 1 S. 3 HGB (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung; jetzt § 15a Abs. 1 S. 1 InsO) ergebenden Verpflichtungen erst am 23. Januar 2006 einen Insolvenzantrag gestellt habe, obwohl das Unternehmen bereits seit Anfang 2005 zahlungsunfähig gewesen sei. Im Fall B.III.2 der Urteilsgründe hat es den Angeklagten eines Vergehens der Insolvenzverschleppung gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung) schuldig gesprochen, weil er es in seiner Eigenschaft als Liquidator der A. GmbH trotz zum Zeitpunkt seiner Bestellung bereits eingetretener und noch andauernder Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens unterlassen habe, einen Insolvenzantrag zu stellen.
13
Das Landgericht hat bei seiner Beweiswürdigung zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit jeweils explizit auf seine Ausführungen zur generellen finanziellen Entwicklung der Unternehmen Bezug genommen und auf die dort angeführten Kontostände verwiesen (UA S. 56/57). Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass sich der von der Revision aufgezeigte Verfahrensmangel auf die Verurteilungen ausgewirkt hat.
14
b) Aus denselben Gründen waren auch die Schuldsprüche wegen Bankrotts aufzuheben. Soweit die Strafkammer in den Fällen B.III.3 bis 5 der Urteilsgründe den Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB dadurch als erfüllt angesehen hat, dass es der Angeklagte in verantwortlicher Funktion unterließ, Bilanzen der beiden Unternehmen für das Geschäftsjahr 2004 und eine Liquidationsbilanz der A. GmbH zu erstellen, greift die Rüge noch unter einem weiteren Gesichtspunkt durch. Zwar hat das Landgericht unter zutreffender Heran- ziehung der Grundsätze der Rechtsfigur der omissio libera in causa (vgl. hierzu : OLG Frankfurt NStZ-RR 1999, 104, 105; Beckemper JZ 2003, 806, 807; Rönnau NStZ 2003, 525, 530; Hillenkamp in FS Tiedemann 2008, S. 949, 963; Fischer StGB 58. Aufl. § 283 Rn. 29; LK/Tiedemann 12. Aufl. § 283 Rn. 154 sowie zu § 266a StGB: BGHSt 47, 318, 320 ff.; BGHZ 134, 304, 308 ff.) ausgeführt , dass die finanzielle Unmöglichkeit, einen Steuerberater mit der Erstellung von Bilanzen zu beauftragen, den Angeklagten nicht entlasten könne, weil er trotz sich abzeichnender Liquiditätsprobleme eingehende Mietzahlungen und sonstige Vermögenswerte nicht zur Bildung von Rücklagen, sondern zur Begleichung eigener Schulden oder Schulden der A. GmbH verwandt habe.
15
Die dieser Wertung zugrunde gelegten Buchungsvorgänge, welche das Landgericht überwiegend tabellarisch in den Urteilsgründen aufgeführt hat (UA S. 21 bis 35), hat es jedoch ebenfalls den nicht prozessordnungsgemäß eingeführten Kontounterlagen entnommen, weshalb das Urteil auch insoweit auf dem Verfahrensmangel beruht. Dies gilt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts auch hinsichtlich der Feststellung, dass der Angeklagte rechtsgrundlos Gelder von den Geschäftskonten der G. GmbH & Co KG abgezogen hat. Zwar haben mehrere Zeugen solche Vermögensverschiebungen pauschal dem Grunde nach bestätigt. Die Bewertung der den Pflichtwidrigkeitsvorwurf begründenden, auf den jeweiligen Fälligkeitsstichtag zu beziehenden Liquiditätsprognose (vgl. BGHSt 47, 318, 322/323 zu § 266a StGB) setzt jedoch Kenntnis von den konkreten Zahlungsflüssen voraus, die sich dem Landgericht erst aus den verwerteten Kontoauszügen eröffnet hat.
16
Vor diesem Hintergrund kann auch die Verurteilung wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in den Fällen B.III.9 bis 38 der Urteilsgründe keinen Bestand haben, bei der das Landgericht ebenfalls von einem schuldhaften Zahlungsunvermögen ausgegangen ist.
17
c) Der Schuldspruch in den Fällen B.III.6 und 7 der Urteilsgründe nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB wegen unterlassener Buchführung sowie im Fall B.III.8 der Urteilsgründe nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB wegen Verheimlichens von Vermögenswerten hat ebenfalls keinen Bestand. Auch hier sind die Feststellungen zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit von dem Verfahrensmangel betroffen. Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht den Angeklagten eines Betruges schuldig gesprochen hat (Fall B.III.39 der Urteilsgründe), weil er trotz - von ihm auch erkannter - Zahlungsunfähigkeit einen Handwerker mit der Vornahme von Werkleistungen an Wohnobjekten der G. GmbH & Co KG beauftragt hatte.
18
3. Das Urteil war deshalb im vorbezeichneten Umfang aufzuheben. Für die neuerliche Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass es sich zur Feststellung einer tatsächlichen oder drohenden Zahlungsunfähigkeit empfiehlt, einen Liquiditätsstatus zu erstellen oder durch einen Sachverständigen erstellen zu lassen, in dem übersichtlich die Barmittel sowie die kurzfristig liquidierbaren Vermögenswerte aller bestehenden oder zu erwartenden Verbindlichkeiten entsprechend ihrer jeweiligen Fälligkeit gegenübergestellt werden (BGHR § 283 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 1; BGH NStZ 2003, 546; NJW 2010, 2894, 2898, insoweit in BGHSt 55, 107 nicht abgedruckt; vgl. auch Wegner in Achenbach /Ransiek Handbuch Wirtschaftsstrafrecht 2. Aufl. 2008 VII 1 Rn. 69 ff.; LK/Tiedemann aaO, vor § 283 Rn. 130 ff.). Sofern der neue Tatrichter die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit erneut anhand wirtschaftskriminalistischer Beweisanzeichen vornehmen sollte, wird er zu beachten haben, dass hierbei nur solche Verbindlichkeiten herangezogen werden können, die zu dem möglichst konkret zu bezeichnenden Bewertungszeitpunkt auch fällig waren (vgl. § 17 Abs. 2 S. 1 InsO; BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 2; Fischer aaO, vor § 283 Rn. 9).

B.

19
Die Verurteilung wegen Untreue im Fall B.III.40 der Urteilsgründe hält auf die Sachrüge der revisionsrechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand.

I.

20
Das Landgericht hat hierzu folgende Feststellungen getroffen:
21
Der Angeklagte war Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter mit einem Kapital von 99.900 € der K. I. GmbH & Co KG (nachfolgend : I. GmbH & Co KG). Der Geschäftsanteil des Angeklagten war an die Sparkasse K. verpfändet, bei der der Angeklagte erhebliche, aus der Finanzierung von Immobilienankäufen resultierende Schulden hatte. Weitere Gesellschafterin der I. GmbH & Co KG war die Firma K. - I. -V. -GmbH, eine Tochtergesellschaft der Sparkasse K. , mit einer Einlage von einem Euro. Ziel der Geschäftsgründung war der Abverkauf der finanzierten Immobilien, wobei die Erlöse überwiegend letztlich der Sparkasse zufließen und der Darlehensrückführung dienen sollten. Im Februar 2002 schloss der Angeklagte hierzu mit Verantwortlichen der I. GmbH & Co KG einen Geschäftsbesorgungsvertrag, wodurch ihm gegen Provision die Vermarktung und Verwaltung von Wohnobjekten übertragen wurde. Am 15. Dezember 2005 vereinnahmte der Angeklagte Mietzahlungen für die I. GmbH & Co KG in Höhe von 12.000 €, die er entgegen den Bestimmungen des Geschäftsbesorgungsvertrages nicht auf das Mietkonto verbuchte, sondern für sich behielt.

II.

22
1. Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1, 1. Alt. StGB verurteilt. Durch die Nichtabführung der Mietzahlungen habe er die ihm durch den Geschäftsbesorgungsvertrag eingeräumte Befugnis , über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht und dadurch dem Vermögen der I. GmbH & Co KG einen Nachteil zugefügt.
23
2. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass im Rahmen des § 266 StGB eine Schädigung des Gesamthandvermögens einer Kommanditgesellschaft nur insoweit bedeutsam sein kann, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter berührt. Für die Frage des Nachteilseintritts ist demnach nicht allein auf die Gesellschaft , sondern auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter abzustellen (vgl. BGHSt 34, 221, 223; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; E. Schramm, Untreue und Konsens, 2005, S. 85; Tiedemann GmbH-Strafrecht 5. Aufl. 2010 vor §§ 82 ff. Rn. 22).
24
a) Soweit der Gesellschaftsanteil des Angeklagten betroffen ist, schließt sein Einverständnis die Annahme eines Vermögensschadens aus (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; BGH NStZ 1987, 279; Fischer aaO § 266 Rn. 113). Dem steht die Verpfändung seiner Kommanditanteile an die SparkasseK. nicht entgegen. Denn mit einer solchen ist jedenfalls nicht ohne Weiteres auch eine Übertragung der Stimmrechte verbunden (Hueck/Fastrich in Baumbach/ Hueck GmbHG 19. Aufl. 2010 § 15 Rn. 50; Michalski GmbHG 2. Aufl. 2010 § 15 Rn. 227).
25
Feststellungen dazu, ob und in welcher Höhe auf Seiten der Komplementär -GmbH ein Vermögensschaden entstanden ist, hat das Landgericht nicht getroffen. Zwar kommt, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist, eine anteilige Schädigung der GmbH im Verhältnis ihrer Einlageleistung zur Gesamteinlage in Betracht (vgl. BGH NStZ 1987, 279; Soyka, Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften, S. 64, jew. auch zu weiteren möglichen Schadenspositionen). Angesichts der lediglich marginalen Höhe eines solchen Nachteils (12.000 € x 1/99001 = 0,12 €) liegt es aber auf der Hand, dass der Angeklagte jederzeit bereit und in der Lage gewesen war, diesen mit eigenen Mitteln auszugleichen (vgl. BGHSt 15, 342, 344; BGH NStZ 1995, 233, 234; Fischer aaO § 266 Rn. 168 mwN).
26
b) Ob der Angeklagte durch die Vereinnahmung der Mietzahlungen zugleich gegen die sich aus dem Verhältnis zur Sparkasse K. als Pfandnehmerin eines Gesellschaftsanteils ergebenden Pflichten verstoßen und dieser in Höhe des auf seinen Kommanditanteil entfallenden Anteils einen Vermögensnachteil zugefügt hat, kann dahin stehen. Mangels konkreter Feststellungen zum Inhalt der Sicherungsabrede ist bereits offen, ob die Ablieferung vereinnahmter Gelder an die I. GmbH & Co KG auch im Verhältnis zur Pfandnehmerin eine wesentliche Vertragspflicht darstellte (vgl. BGH wistra 1984, 143 mit Anm. Schomburg). Ein möglicher Pflichtenverstoß gegenüber der Sparkasse K. war jedenfalls weder von der Anklage bezeichnet, noch war der Angeklagte hierauf in sonstiger Weise, etwa in Form eines rechtlichen Hinweises entsprechend § 265 Abs. 1 StPO, hingewiesen worden.

C.

27
Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen B.III.1 bis 40 der Urteilsgründe erfordert die Aufhebung auch der Gesamtstrafe.

Fischer Appl Schmitt Eschelbach Ott

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 586/11
vom
23. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Februar 2012 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Tübingen vom 10. Mai 2011 im Strafausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen 567 Fällen der Untreue zu vier Jahren und drei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, von denen es sechs Monate (wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen) für vollstreckt erklärt hat. Dem Urteil lag eine Verständigung i.S.v. § 257c StPO zugrunde. Die gegen die Verurteilung gerichtete, auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der Angeklagte war im Tatzeitraum (2002 bis 2005) Geschäftsführer der G. GmbH, die - ohne selbst am Kommanditkapital beteiligt zu sein - Komplementärin der G. GmbH & Co. KG ist. Am Kommanditkapital der G. GmbH & Co. KG waren der Angeklagte zu 4 %, sein Vater und seine Kinder mit insgesamt 31 %, seine Schwestern mit zusammen 17 %, deren Kinder zu insgesamt 6 % sowie sein Onkel und dessen Kinder zu insgesamt 42 % beteiligt.
4
An insgesamt 567 Tagen übertrug der Angeklagte satzungswidrig Firmengelder von Konten der G. GmbH & Co. KG auf Privatkonten, um damit im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Wertpapiergeschäfte (insbesondere mit hochspekulativen Optionsscheinen) zu finanzieren, und setzte zur Zahlung seiner privaten Teilnahme an Glücksspielen im Internet Firmenkreditkarten ein, wodurch die Firmenkonten der G. GmbH & Co. KG ent- sprechend belastet wurden. Insgesamt „entnahm“ der Angeklagte so rund 5,4 Mio. €. Obwohl der Angeklagte erzielte Gewinne Firmenkonten wieder gutbrachte , entstand insgesamt ein „Fehlbetrag“ von mindestens 2 Mio. €. Eine Zahlungsunfähigkeit der G. GmbH & Co. KG drohte gleichwohl nicht.
5
Der Angeklagte offenbarte sich Weihnachten 2005 gegenüber den Familienangehörigen und gab am 24. März 2006 gegenüber den anderen Kommanditisten ein Schuldanerkenntnis ab. Dieses führte nicht zu der geplanten familieninternen Befriedung. Im Juni 2006 stellte der Onkel des Angeklagten, im Dezember 2006/Januar 2007 auch noch dessen Sohn, die Schwestern des Angeklagten und deren Kinder Strafantrag. Der Vater und die Kinder des Angeklagten haben keinen Strafantrag gestellt.
6
2. Die Strafkammer hat die Taten des Angeklagten als Untreue in 567 Fällen gewertet; taggleiche „Entnahmen“ seien tateinheitlich begangen. Ge- schädigt seien entgegen bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht die Kommanditisten, sondern jeweils das Vermögen der G. GmbH & Co. KG „in Höhe des Nominalwertes der durch jede Einzeltat abgeflossenen Liquidität“ (UA S. 31). Dies führe allerdings nicht zu einer Schlechter- stellung des Angeklagten, weil bei der Strafzumessung auch zu berücksichtigen sei, „ob und wie viele Gesellschafter, einschließlich dem Täter, mit der Schädigung einverstanden waren bzw. kein Interesse an der Strafverfolgung haben, sondern auch, in welchem Umfang sie am geschädigten Gesellschaftsvermö- gen rechnerisch beteiligt sind“ (UA S. 33).
7
Die Strafe entnimmt die Strafkammer dem erhöhten Strafrahmen des § 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB (Gewerbsmäßigkeit). Bei Untreuehandlungen, bei denen das Vermögen der KG durch eine Tat um mehr als 50.000 € geschädigt wurde, „hat die Strafkammer zudem die zusätzli- che Verwirklichung des Regelbeispiels gemäß §§ 266 Abs. 2, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB [Vermögensverlust großen Ausmaßes] strafschärfend gewer- tet“ (UA S. 35).
8
II. Die Revision wendet sich gegen den Schuldspruch mit dem Vorbringen , geschädigt sei nicht das Vermögen der KG, sondern der Gesellschafter, die indes keinen oder keinen fristgerechten Strafantrag gestellt hätten.
9
Der dadurch aufgezeigte Rechtsfehler (1.) begründet hier kein Verfahrenshindernis (2.). Er nötigt vorliegend auch nicht zur Aufhebung des Schuldspruchs (3.), jedoch kann der Strafausspruch keinen Bestand haben (4.).
10
1. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass im Rahmen des § 266 StGB eine Schädigung des Gesamthandsvermögens einer Kommanditgesellschaft nur insoweit bedeutsam sein kann, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter berührt. Der Senat sieht vorliegend keine Veranlassung, von dieser gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z.B. BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10; Urteil vom 18. Juni 2003 - 5 StR 489/02; Urteil vom 20. Januar 2000 - 4 StR 342/99; Beschluss vom 22. Februar 1991 - 3 StR 348/90; Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86; Urteil vom 29. November 1983 - 5 StR 616/83 jew. mwN; ebenso: BGH, Urteil vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 192), die auch vom Schrifttum geteilt wird (z.B. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21; Kühl in Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 266 Rn. 3; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 113; Wittig in BeckOK-StGB, § 266 Rn. 11; Saliger in Satzer /Schmitt/Widmaier, StGB, § 266 Rn. 19; Maurer/Odörfer, GmbHR 2008, 413, 414; Schulte, NJW 1984, 1671; a.A. Schäfer, NJW 1983, 2850; Richter, GmbHR 1984, 146), abzuweichen. Geschädigter i.S.d. § 266 StGB kann nur ein mit dem Täter nicht identischer Träger fremden Vermögens sein, sei es eine natürliche Person, sei es eine juristische Person, der eigene Rechtspersönlichkeit zukommt (BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 - 4 StR 342/99; BGH, Urteil vom 24. Juli 1991 - 4 StR 258/91; BGH, Urteil vom 29. November 1983 - 5 StR 616/83). Eine in diesem Sinn eigene Rechtspersönlichkeit wird der Kommanditgesellschaft - kommt sie als verselbständigtes Gesamthandsvermögen einer juristischen Person auch sehr nahe - nicht zuerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 - IV ZR 270/88, BGHZ 110, 127; BGH, Urteil vom 16. Februar 1961 - III ZR 71/60, BGHZ 34, 293, 296).
11
2. Ein Verfahrenshindernis besteht nicht.
12
Das Fehlen fristgerechter Strafanträge (§§ 77b, 247, 266 Abs. 3 StGB) führt nur dann zu einem Strafverfolgungshindernis, wenn der Angeklagte zu allen Gesellschaftern in einer privilegierten Beziehung im Sinne des § 247 StGB steht (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99; Eser/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 247 Rn. 10; Hohmann in MüKomm-StGB, 3. Aufl., § 247 Rn. 9). Dies ist hier nicht der Fall. Weder der Onkel des Angeklagten , noch dessen Kinder, noch die Kinder der Schwestern sind Angehörige i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB (BayObLG, Urteil vom 28. Oktober 1997 - 4 St RR 221/97, NJW 1998, 3580; Eser/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 5).
13
3. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue in 567 Fällen ist rechtlich nicht zu beanstanden.
14
a) Der Angeklagte hatte als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gegenüber dieser und - einzig hier relevant - gegenüber den Kommanditisten eine Vermögensbetreuungspflicht (vgl. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 25; Waßmer in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , § 266 StGB Rn. 49). Diese hat er durch den in der Verwendung der Firmengelder für eigene Spekulationsgeschäfte und für die Teilnahme an Glücksspielen liegenden Missbrauch seiner Verfügungsmacht („Griff in die Kasse“) jeweils verletzt.
15
b) Hierdurch entstand - wie die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen belegen - (jedenfalls) den nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stehenden Kommanditisten ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB in Höhe der jeweiligen „Entnahmen“. Die Strafkammer musste hierbei nicht in jedem Fall berücksichtigen, dass der Angeklagte aus den Spekulationsgeschäften erzielte Gewinne den Firmenkonten gutbrachte. Eine derart ungewisse Aussicht auf Rückzahlung ist wirtschaftlich ohne Wert (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 1 StR 336/11 mwN). Maßgeblich für den zur Bestimmung des tatbestandlichen Nachteils i.S.v. § 266 StGB erforderlichen Vermögensvergleich ist - gleichermaßen wie bei § 263 StGB - der Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung, hier also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den Verfügungen zu Lasten der Firmenkonten (Überweisung, Einsatz der Kreditkarten). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN).
16
c) Auch die Annahme von Tateinheit bei taggleich verwirklichten - zumal nach den Feststellungen zur Verschleierung bewusst „gestückelten“ Zahlun- gen - begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Soweit im Urteil, worauf der Generalbundesanwalt hinweist, einzelne in der Anklageschrift aufgeführte (und bislang nicht nach § 154 StPO eingestellte) Fälle nicht enthalten sind, stehen diese nicht zur Kognition des Revisionsgerichts. Soweit es sich rechtlich um Teile von Taten handelt, die durch das Landgericht abgeurteilt wurden, ist der Angeklagte durch den geringeren Schuldumfang nicht beschwert.
17
4. Der Strafausspruch - obgleich insgesamt milde - hat jedoch keinen Bestand.
18
Rechtsfehlerfrei legt die Strafkammer der Strafzumessung zwar den sich aus dem gewerbsmäßigen Handeln des Angeklagten ergebenden erhöhten Strafrahmen des § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB zugrunde (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2011 - 1 StR 343/11 mwN). Für die konkrete Strafzumessung hat das Landgericht jedoch - allerdings folgerichtig zu seiner Rechtsauffassung - nicht beachtet, dass die Untreue nur auf Antrag verfolgt werden kann, wenn und soweit durch sie ein Angehöriger verletzt wird (§ 266 Abs. 2, § 247 StGB; vgl. schon BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - 1 StR 5/87). Die Strafkammer geht daher rechtsfehlerhaft in Einzelfällen von einem besonders schweren Fall i.S.v. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB (Vermögensverlust großen Ausmaßes) aus, was auch im Übrigen besorgen lässt, sie habe der Strafzumessung insgesamt einen unzutreffenden Schuldumfang zugrunde gelegt.
19
a) Für die Frage des Nachteilseintritts ist bei einer Kommanditgesellschaft - wie aufgezeigt - nicht allein auf die Gesellschaft, sondern auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter abzustellen (BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10; BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 - 2 StR 613/90). Bei einer personalisiert strukturierten Gesellschaft - wie etwa OHG oder KG - sind daher als Verletzte deren Gesellschafter anzusehen (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99). Deren Einverständnis schließt die Annahme von Untreue aus, soweit sie selbst betroffen sind (BGH, Beschluss vom 22. Februar 1991 - 3 StR 348/90). In gleicher Weise kann bei einer Kommanditgesellschaft der Angeklagte selbst, soweit sein Gesellschaftsanteil betroffen ist, nicht Geschädigter einer von ihm begangenen Untreue sein (BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10). Auch hinsichtlich eines Kommanditisten, der in einer gemäß § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stand bzw. steht, scheidet eine Untreue zu dessen Nachteil bei Fehlen eines form- und fristgerechten Strafantrags aus (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 - 2 StR 613/90; BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - 1 StR 5/87). Die Anwendbarkeit des § 247 StGB entfällt nicht etwa dadurch, dass hinsichtlich eines oder mehrerer der gesamthänderisch verbundenen Kommanditisten die Voraussetzungen des § 247 StGB nicht gegeben sind (vgl. hierzu aber auch Vogel in LK-StGB, 12. Aufl., § 247 Rn. 6). Der Haus- und Familienfrieden, den zu schützen Normzweck des § 247 StGB ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1979 - 4 StR 204/79, BGHSt 29, 54, 56), besteht nur in dem Umfang nicht, in dem ein durch die Untreue verletzter Gesellschafter nicht in einer im Sinne des § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Täter steht (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99). Fallen Taten zu Lasten mehrerer Geschädigter wie hier tateinheitlich zusammen, ergibt sich der Umfang der Verfolgbarkeit - wie stets - nach Maßgabe des § 247 StGB. Demzufolge bestimmt sich auch die Höhe des dem Angeklagten anzulastenden Nachteils und damit des großen Ausmaßes i.S.v. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB - wenn wie hier eine Untreue zum Nachteil der Komplementär-GmbH nicht festgestellt ist (dazu vgl. auch BGH, Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86) - nach der Summe der zugefügten Nachteile hinsichtlich der Kommanditisten, die entweder form- und fristgerecht Strafantrag gestellt haben oder die nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten standen bzw. stehen.
20
b) Dies zugrunde gelegt ist die Erwägung der Strafkammer, bei einem in Höhe der „Entnahmen“ angenommenen „Schaden von 50.000 € und mehr“ könne die „zusätzliche Verwirklichung des Regelbeispiels gem. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB strafschärfend gewertet“ werden (UA S. 35), rechtsfehlerhaft. Vielmehr durfte die Strafkammer das Vorliegen eines „großen Ausmaßes“ im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGBallenfalls bei einem insgesamt 104.166,67 € übersteigenden Betrag annehmen, da nur 48 % des jeweils von der Strafkammer angenommenen Schadens dem Schuldumfang zugrunde gelegt werden konnten. Denn der Angeklagte selbst war nach den Urteilsfeststellungen mit 4 %, sein Vater und seine Kinder, die keinen Strafantrag gestellt haben, mit insgesamt 31 % und seine Schwestern (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB), die nach den Urteilsfeststellungen nicht innerhalb der Frist des § 77b StGB binnen drei Monaten ab Kenntniserlangung Strafantrag gestellt haben , mit 17 % am Kommanditkapital beteiligt (also zusammen mit 52 %).
21
c) Die Urteilsgründe lassen überdies besorgen, die Strafkammer habe auch sonst auf den Nominalbetrag der jeweiligen „Entnahmen“ abgestellt und daher der Verurteilung insgesamt einen unzutreffenden Schuldumfang zugrunde gelegt. Die insoweit unklare - und zur ausführlich begründeten Rechtsauffassung der Kammer im Widerspruch stehende - Anmerkung, bei der Strafzu- messung sei auch zu berücksichtigen, „ob und wie viele Gesellschafter, ein- schließlich dem Täter, mit der Schädigung einverstanden waren bzw. kein Interesse an der Strafverfolgung haben, sondern auch, in welchem Umfang sie am geschädigten Gesellschaftsvermögen rechnerisch beteiligt sind“ (UA S. 33), lässt nicht hinreichend erkennen, dass die Strafkammer in den Blick genommen hätte, dass dem Angeklagten die jeweiligen Abbuchungen und Belastun- gen des Firmenkontos nicht in voller Höhe als „Nachteil“ i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich angelastet werden können.
22
5. Die Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen wird vom aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt und kann daher bestehen bleiben.
Nack Rothfuß Elf
Graf Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 652/10
vom
30. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 30. August 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 25. Juni 2010 mit den Feststellungen aufgehoben ,
a) im Schuldspruch in den Fällen B.III.1 bis 40 der Urteilsgründe
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Insolvenzverschleppung in zwei Fällen, Bankrotts in sechs Fällen, Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 30 Fällen, Betrugs sowie Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt; im Übrigen hat es das Verfahren eingestellt und den Angeklagten freigesprochen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten ist im Umfang der Aufhebung begründet; hinsichtlich der noch verbleibenden Tat B.III.41 der Urteilsgründe (Untreue zum Nachteil der Wohnungseigentumsgemeinschaft N. H. – in K. ) ist sie hingegen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

A.

2
Hinsichtlich der Verurteilungen im Zusammenhang mit den Tätigkeiten, die der Angeklagte als Geschäftsführer der G. Grundstücks- und Wohnbau GmbH & Co KG (im Folgenden: G. GmbH & Co KG) und der A. Sportmarketing GmbH (im Folgenden: A. GmbH) ausgeübt hat (Fälle B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe), greift die Verfahrensrüge einer Verletzung der Vorschrift des § 261 StPO durch; auf die weiteren formellen und materiellen Beanstandungen der Revision kommt es insoweit nicht an.

I.

3
Nach den Urteilsfeststellungen hielt der Angeklagte über Familienangehörige , die ihm Generalvollmachten erteilt hatten, sowohl die Kommanditanteile an der G. GmbH & Co KG als auch sämtliche Anteile an deren Komplementär -GmbH, der G. Grundstücks- und Wohnbau GmbH. Zugleich war er Geschäftsführer beider Gesellschaften. Daneben war der Angeklagte alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der A. GmbH, deren Geschäftsgegenstand im Bereich der Vermarktung von Sportlern lag und deren Anteile vom Angeklagten und seinem Sohn gehalten wurden. Nachdem diese am 6. Januar 2006 die Auflösung der A. GmbH beschlossen hatten, wurde der Angeklagte zu deren Liquidator bestellt. Am 15. Juli 2008 wurde das Unternehmen auf Antrag des Finanzamts wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.
4
Sowohl die G. GmbH & Co KG als auch die A. GmbH hatten ab dem Jahr 2003 mit massiven finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Eine Zeitlang gelang es dem Angeklagten, kurzfristige Liquiditätsengpässe mittels Hin- und Herschiebens von Geldern zwischen den beiden Unternehmen, aber auch seinem Privatvermögen auszugleichen. Letztlich jedoch wurden beide Unternehmen zahlungsunfähig. Die Zahlungsunfähigkeit trat nach den Feststellungen bei der G. GmbH & Co KG spätestens Anfang des Jahres 2005, bei der A. GmbH bereits Ende 2004 ein.

II.

5
Die Strafkammer hat ihren Feststellungen zum finanziellen Niedergang der Unternehmen und zum Eintreten der Krisensituationen Auszüge der jeweiligen Geschäftskonten zugrunde gelegt, denen sie eine Vielzahl von Kontoständen und Einzelbuchungen entnommen hat. Diese Einzelbuchungen hat sie zum Teil datum- und zahlengenau auf mehreren Seiten der Urteilsgründe wiedergegeben.
6
Die von der Revision zulässig erhobene Rüge, das Landgericht habe die Auszüge der Geschäftskonten der G. GmbH & Co KG bei der Sparkasse K. (Konto ) und bei der Volksbank V. (Konto ) bzw. der A. GmbH bei der Sparkasse K. (Konto ) verwertet, ohne diese prozessordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt zu haben , ist begründet.
7
1. Wie die Revision zutreffend ausführt und durch den Inhalt der Protokollniederschrift bewiesen ist, sind die entsprechenden Kontoauszüge in der Hauptverhandlung weder förmlich als Urkunden gemäß § 249 Abs. 1 S. 1 StPO verlesen noch sind sie im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführt worden. Der an verschiedenen Stellen des Hauptverhandlungsprotokolls enthaltene Eintrag , Bankordner seien "zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht und in richterlichen Augenschein" genommen worden, ist nicht geeignet, eine förmliche Verlesung der Urkunden zu beweisen (BGHSt 11, 29, 30; Diemer in KK StPO 6. Aufl. § 249 Rn. 51; Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 273 Rn. 9). Die Inaugenscheinnahme einer Urkunde beinhaltet im Übrigen nur dann eine zureichende Beweiserhebung, wenn es nicht auf ihren Inhalt, sondern auf ihr Vorhandensein oder ihren Zustand ankommt (BGHR StPO § 249 Abs. 1 Kontoauszüge 1; Meyer-Goßner aaO § 249 Rn. 7).
8
Zwar kann der Inhalt einer Urkunde auch durch ihren Vorhalt an Zeugen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden (vgl. BGHR StPO § 249 Abs. 1 Verlesung, unterbliebene 1). So ist im Hauptverhandlungsprotokoll vermerkt, dass Bankordner mit Zeugen "erörtert" bzw. diesen vorgehalten wurden. Beweisgrundlage ist dann allerdings nicht der Vorhalt selbst, sondern die bestätigende Erklärung desjenigen, dem der Vorhalt gemacht wurde (BGHSt 11, 159, 160; BGHR StPO § 249 Abs. 1 Verlesung, unterbliebene 1; § 261 Inbegriff der Verhandlung 38). Der Einführung einer Urkunde mittels Vorhalt sind deshalb Grenzen gesetzt. Insbesondere wenn es sich um längere oder sehr komplexe Ausführungen handelt, besteht die Gefahr, dass die Auskunftsperson den Sinn der schriftlichen Erklärung auf den bloßen inhaltlichen Vorhalt hin nicht richtig oder nur unvollständig erfasst oder sich an den genauen Wortlaut eines Schriftstücks nicht zuverlässig erinnern kann (BGHSt 11, 159, 160; BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 39; BGH NStZ 1991, 500; Meyer-Goßner aaO § 249 Rn. 28). So liegt der Fall hier. Angesichts der hohen Anzahl der von der Kammer verwerteten Kontoauszüge und Einzelbuchungen ist auszuschließen , dass die als Zeugen gehörten Bankmitarbeiter und Polizeibeamten das entsprechende Zahlenwerk aus eigener Erinnerung heraus im Einzelnen bestätigen konnten (vgl. BGH NJW 2002, 2480, in BGHSt 47, 318 insoweit nicht abgedruckt

).

9
2. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil in den Fällen B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe auf diesem Mangel beruht.
10
Das Landgericht hat im Abschnitt B.II.1 bis 3 ausführliche Feststellungen zur finanziellen Entwicklung der beteiligten Unternehmen getroffen, die sie ihrer Darstellung der konkreten Tathandlungen vorangestellt hat. Darin nimmt die Entwicklung der jeweiligen Geschäftskonten breiten Raum ein, teilweise werden Kontostände sowie einzelne Buchungen, etwa eingehende Mietzahlungen, nach genauem Datum und Betrag wiedergegeben. Aus diesen Feststellungen, die das Landgericht ausdrücklich auf die "in die Hauptverhandlung eingeführten Kontoauszüge" gestützt hat (UA S. 45/46 und 50), hat es sodann die Überzeugung gewonnen, dass die G. GmbH & Co KG "spätestens Anfang 2005" und die A. GmbH "spätestens Ende 2004" zahlungsunfähig geworden waren (vgl. UA S. 18, dort unter B.II.3 "Fazit"). Das sich aus den Kontoauszügen ergebende konkrete Zahlenwerk hatte damit bestimmenden Einfluss auf die Bewertung der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen zu den jeweils relevanten Tatzeitpunkten. Dies kann sich auf die Schuldsprüche in den Fällen B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben.
11
Hierzu gilt im Einzelnen:
12
a) Das Landgericht hat den Angeklagten im Fall B.III.1 der Urteilsgründe wegen Insolvenzverschleppung gemäß § 130b Abs. 1 HGB (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung), § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt, weil er als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der G. GmbH & Co KG unter Missachtung der sich aus § 130a Abs. 1 S. 3 HGB (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung; jetzt § 15a Abs. 1 S. 1 InsO) ergebenden Verpflichtungen erst am 23. Januar 2006 einen Insolvenzantrag gestellt habe, obwohl das Unternehmen bereits seit Anfang 2005 zahlungsunfähig gewesen sei. Im Fall B.III.2 der Urteilsgründe hat es den Angeklagten eines Vergehens der Insolvenzverschleppung gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung) schuldig gesprochen, weil er es in seiner Eigenschaft als Liquidator der A. GmbH trotz zum Zeitpunkt seiner Bestellung bereits eingetretener und noch andauernder Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens unterlassen habe, einen Insolvenzantrag zu stellen.
13
Das Landgericht hat bei seiner Beweiswürdigung zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit jeweils explizit auf seine Ausführungen zur generellen finanziellen Entwicklung der Unternehmen Bezug genommen und auf die dort angeführten Kontostände verwiesen (UA S. 56/57). Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass sich der von der Revision aufgezeigte Verfahrensmangel auf die Verurteilungen ausgewirkt hat.
14
b) Aus denselben Gründen waren auch die Schuldsprüche wegen Bankrotts aufzuheben. Soweit die Strafkammer in den Fällen B.III.3 bis 5 der Urteilsgründe den Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB dadurch als erfüllt angesehen hat, dass es der Angeklagte in verantwortlicher Funktion unterließ, Bilanzen der beiden Unternehmen für das Geschäftsjahr 2004 und eine Liquidationsbilanz der A. GmbH zu erstellen, greift die Rüge noch unter einem weiteren Gesichtspunkt durch. Zwar hat das Landgericht unter zutreffender Heran- ziehung der Grundsätze der Rechtsfigur der omissio libera in causa (vgl. hierzu : OLG Frankfurt NStZ-RR 1999, 104, 105; Beckemper JZ 2003, 806, 807; Rönnau NStZ 2003, 525, 530; Hillenkamp in FS Tiedemann 2008, S. 949, 963; Fischer StGB 58. Aufl. § 283 Rn. 29; LK/Tiedemann 12. Aufl. § 283 Rn. 154 sowie zu § 266a StGB: BGHSt 47, 318, 320 ff.; BGHZ 134, 304, 308 ff.) ausgeführt , dass die finanzielle Unmöglichkeit, einen Steuerberater mit der Erstellung von Bilanzen zu beauftragen, den Angeklagten nicht entlasten könne, weil er trotz sich abzeichnender Liquiditätsprobleme eingehende Mietzahlungen und sonstige Vermögenswerte nicht zur Bildung von Rücklagen, sondern zur Begleichung eigener Schulden oder Schulden der A. GmbH verwandt habe.
15
Die dieser Wertung zugrunde gelegten Buchungsvorgänge, welche das Landgericht überwiegend tabellarisch in den Urteilsgründen aufgeführt hat (UA S. 21 bis 35), hat es jedoch ebenfalls den nicht prozessordnungsgemäß eingeführten Kontounterlagen entnommen, weshalb das Urteil auch insoweit auf dem Verfahrensmangel beruht. Dies gilt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts auch hinsichtlich der Feststellung, dass der Angeklagte rechtsgrundlos Gelder von den Geschäftskonten der G. GmbH & Co KG abgezogen hat. Zwar haben mehrere Zeugen solche Vermögensverschiebungen pauschal dem Grunde nach bestätigt. Die Bewertung der den Pflichtwidrigkeitsvorwurf begründenden, auf den jeweiligen Fälligkeitsstichtag zu beziehenden Liquiditätsprognose (vgl. BGHSt 47, 318, 322/323 zu § 266a StGB) setzt jedoch Kenntnis von den konkreten Zahlungsflüssen voraus, die sich dem Landgericht erst aus den verwerteten Kontoauszügen eröffnet hat.
16
Vor diesem Hintergrund kann auch die Verurteilung wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in den Fällen B.III.9 bis 38 der Urteilsgründe keinen Bestand haben, bei der das Landgericht ebenfalls von einem schuldhaften Zahlungsunvermögen ausgegangen ist.
17
c) Der Schuldspruch in den Fällen B.III.6 und 7 der Urteilsgründe nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB wegen unterlassener Buchführung sowie im Fall B.III.8 der Urteilsgründe nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB wegen Verheimlichens von Vermögenswerten hat ebenfalls keinen Bestand. Auch hier sind die Feststellungen zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit von dem Verfahrensmangel betroffen. Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht den Angeklagten eines Betruges schuldig gesprochen hat (Fall B.III.39 der Urteilsgründe), weil er trotz - von ihm auch erkannter - Zahlungsunfähigkeit einen Handwerker mit der Vornahme von Werkleistungen an Wohnobjekten der G. GmbH & Co KG beauftragt hatte.
18
3. Das Urteil war deshalb im vorbezeichneten Umfang aufzuheben. Für die neuerliche Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass es sich zur Feststellung einer tatsächlichen oder drohenden Zahlungsunfähigkeit empfiehlt, einen Liquiditätsstatus zu erstellen oder durch einen Sachverständigen erstellen zu lassen, in dem übersichtlich die Barmittel sowie die kurzfristig liquidierbaren Vermögenswerte aller bestehenden oder zu erwartenden Verbindlichkeiten entsprechend ihrer jeweiligen Fälligkeit gegenübergestellt werden (BGHR § 283 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 1; BGH NStZ 2003, 546; NJW 2010, 2894, 2898, insoweit in BGHSt 55, 107 nicht abgedruckt; vgl. auch Wegner in Achenbach /Ransiek Handbuch Wirtschaftsstrafrecht 2. Aufl. 2008 VII 1 Rn. 69 ff.; LK/Tiedemann aaO, vor § 283 Rn. 130 ff.). Sofern der neue Tatrichter die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit erneut anhand wirtschaftskriminalistischer Beweisanzeichen vornehmen sollte, wird er zu beachten haben, dass hierbei nur solche Verbindlichkeiten herangezogen werden können, die zu dem möglichst konkret zu bezeichnenden Bewertungszeitpunkt auch fällig waren (vgl. § 17 Abs. 2 S. 1 InsO; BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 2; Fischer aaO, vor § 283 Rn. 9).

B.

19
Die Verurteilung wegen Untreue im Fall B.III.40 der Urteilsgründe hält auf die Sachrüge der revisionsrechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand.

I.

20
Das Landgericht hat hierzu folgende Feststellungen getroffen:
21
Der Angeklagte war Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter mit einem Kapital von 99.900 € der K. I. GmbH & Co KG (nachfolgend : I. GmbH & Co KG). Der Geschäftsanteil des Angeklagten war an die Sparkasse K. verpfändet, bei der der Angeklagte erhebliche, aus der Finanzierung von Immobilienankäufen resultierende Schulden hatte. Weitere Gesellschafterin der I. GmbH & Co KG war die Firma K. - I. -V. -GmbH, eine Tochtergesellschaft der Sparkasse K. , mit einer Einlage von einem Euro. Ziel der Geschäftsgründung war der Abverkauf der finanzierten Immobilien, wobei die Erlöse überwiegend letztlich der Sparkasse zufließen und der Darlehensrückführung dienen sollten. Im Februar 2002 schloss der Angeklagte hierzu mit Verantwortlichen der I. GmbH & Co KG einen Geschäftsbesorgungsvertrag, wodurch ihm gegen Provision die Vermarktung und Verwaltung von Wohnobjekten übertragen wurde. Am 15. Dezember 2005 vereinnahmte der Angeklagte Mietzahlungen für die I. GmbH & Co KG in Höhe von 12.000 €, die er entgegen den Bestimmungen des Geschäftsbesorgungsvertrages nicht auf das Mietkonto verbuchte, sondern für sich behielt.

II.

22
1. Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1, 1. Alt. StGB verurteilt. Durch die Nichtabführung der Mietzahlungen habe er die ihm durch den Geschäftsbesorgungsvertrag eingeräumte Befugnis , über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht und dadurch dem Vermögen der I. GmbH & Co KG einen Nachteil zugefügt.
23
2. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass im Rahmen des § 266 StGB eine Schädigung des Gesamthandvermögens einer Kommanditgesellschaft nur insoweit bedeutsam sein kann, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter berührt. Für die Frage des Nachteilseintritts ist demnach nicht allein auf die Gesellschaft , sondern auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter abzustellen (vgl. BGHSt 34, 221, 223; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; E. Schramm, Untreue und Konsens, 2005, S. 85; Tiedemann GmbH-Strafrecht 5. Aufl. 2010 vor §§ 82 ff. Rn. 22).
24
a) Soweit der Gesellschaftsanteil des Angeklagten betroffen ist, schließt sein Einverständnis die Annahme eines Vermögensschadens aus (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; BGH NStZ 1987, 279; Fischer aaO § 266 Rn. 113). Dem steht die Verpfändung seiner Kommanditanteile an die SparkasseK. nicht entgegen. Denn mit einer solchen ist jedenfalls nicht ohne Weiteres auch eine Übertragung der Stimmrechte verbunden (Hueck/Fastrich in Baumbach/ Hueck GmbHG 19. Aufl. 2010 § 15 Rn. 50; Michalski GmbHG 2. Aufl. 2010 § 15 Rn. 227).
25
Feststellungen dazu, ob und in welcher Höhe auf Seiten der Komplementär -GmbH ein Vermögensschaden entstanden ist, hat das Landgericht nicht getroffen. Zwar kommt, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist, eine anteilige Schädigung der GmbH im Verhältnis ihrer Einlageleistung zur Gesamteinlage in Betracht (vgl. BGH NStZ 1987, 279; Soyka, Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften, S. 64, jew. auch zu weiteren möglichen Schadenspositionen). Angesichts der lediglich marginalen Höhe eines solchen Nachteils (12.000 € x 1/99001 = 0,12 €) liegt es aber auf der Hand, dass der Angeklagte jederzeit bereit und in der Lage gewesen war, diesen mit eigenen Mitteln auszugleichen (vgl. BGHSt 15, 342, 344; BGH NStZ 1995, 233, 234; Fischer aaO § 266 Rn. 168 mwN).
26
b) Ob der Angeklagte durch die Vereinnahmung der Mietzahlungen zugleich gegen die sich aus dem Verhältnis zur Sparkasse K. als Pfandnehmerin eines Gesellschaftsanteils ergebenden Pflichten verstoßen und dieser in Höhe des auf seinen Kommanditanteil entfallenden Anteils einen Vermögensnachteil zugefügt hat, kann dahin stehen. Mangels konkreter Feststellungen zum Inhalt der Sicherungsabrede ist bereits offen, ob die Ablieferung vereinnahmter Gelder an die I. GmbH & Co KG auch im Verhältnis zur Pfandnehmerin eine wesentliche Vertragspflicht darstellte (vgl. BGH wistra 1984, 143 mit Anm. Schomburg). Ein möglicher Pflichtenverstoß gegenüber der Sparkasse K. war jedenfalls weder von der Anklage bezeichnet, noch war der Angeklagte hierauf in sonstiger Weise, etwa in Form eines rechtlichen Hinweises entsprechend § 265 Abs. 1 StPO, hingewiesen worden.

C.

27
Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen B.III.1 bis 40 der Urteilsgründe erfordert die Aufhebung auch der Gesamtstrafe.

Fischer Appl Schmitt Eschelbach Ott

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 586/11
vom
23. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Februar 2012 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Tübingen vom 10. Mai 2011 im Strafausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen 567 Fällen der Untreue zu vier Jahren und drei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, von denen es sechs Monate (wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen) für vollstreckt erklärt hat. Dem Urteil lag eine Verständigung i.S.v. § 257c StPO zugrunde. Die gegen die Verurteilung gerichtete, auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der Angeklagte war im Tatzeitraum (2002 bis 2005) Geschäftsführer der G. GmbH, die - ohne selbst am Kommanditkapital beteiligt zu sein - Komplementärin der G. GmbH & Co. KG ist. Am Kommanditkapital der G. GmbH & Co. KG waren der Angeklagte zu 4 %, sein Vater und seine Kinder mit insgesamt 31 %, seine Schwestern mit zusammen 17 %, deren Kinder zu insgesamt 6 % sowie sein Onkel und dessen Kinder zu insgesamt 42 % beteiligt.
4
An insgesamt 567 Tagen übertrug der Angeklagte satzungswidrig Firmengelder von Konten der G. GmbH & Co. KG auf Privatkonten, um damit im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Wertpapiergeschäfte (insbesondere mit hochspekulativen Optionsscheinen) zu finanzieren, und setzte zur Zahlung seiner privaten Teilnahme an Glücksspielen im Internet Firmenkreditkarten ein, wodurch die Firmenkonten der G. GmbH & Co. KG ent- sprechend belastet wurden. Insgesamt „entnahm“ der Angeklagte so rund 5,4 Mio. €. Obwohl der Angeklagte erzielte Gewinne Firmenkonten wieder gutbrachte , entstand insgesamt ein „Fehlbetrag“ von mindestens 2 Mio. €. Eine Zahlungsunfähigkeit der G. GmbH & Co. KG drohte gleichwohl nicht.
5
Der Angeklagte offenbarte sich Weihnachten 2005 gegenüber den Familienangehörigen und gab am 24. März 2006 gegenüber den anderen Kommanditisten ein Schuldanerkenntnis ab. Dieses führte nicht zu der geplanten familieninternen Befriedung. Im Juni 2006 stellte der Onkel des Angeklagten, im Dezember 2006/Januar 2007 auch noch dessen Sohn, die Schwestern des Angeklagten und deren Kinder Strafantrag. Der Vater und die Kinder des Angeklagten haben keinen Strafantrag gestellt.
6
2. Die Strafkammer hat die Taten des Angeklagten als Untreue in 567 Fällen gewertet; taggleiche „Entnahmen“ seien tateinheitlich begangen. Ge- schädigt seien entgegen bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht die Kommanditisten, sondern jeweils das Vermögen der G. GmbH & Co. KG „in Höhe des Nominalwertes der durch jede Einzeltat abgeflossenen Liquidität“ (UA S. 31). Dies führe allerdings nicht zu einer Schlechter- stellung des Angeklagten, weil bei der Strafzumessung auch zu berücksichtigen sei, „ob und wie viele Gesellschafter, einschließlich dem Täter, mit der Schädigung einverstanden waren bzw. kein Interesse an der Strafverfolgung haben, sondern auch, in welchem Umfang sie am geschädigten Gesellschaftsvermö- gen rechnerisch beteiligt sind“ (UA S. 33).
7
Die Strafe entnimmt die Strafkammer dem erhöhten Strafrahmen des § 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB (Gewerbsmäßigkeit). Bei Untreuehandlungen, bei denen das Vermögen der KG durch eine Tat um mehr als 50.000 € geschädigt wurde, „hat die Strafkammer zudem die zusätzli- che Verwirklichung des Regelbeispiels gemäß §§ 266 Abs. 2, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB [Vermögensverlust großen Ausmaßes] strafschärfend gewer- tet“ (UA S. 35).
8
II. Die Revision wendet sich gegen den Schuldspruch mit dem Vorbringen , geschädigt sei nicht das Vermögen der KG, sondern der Gesellschafter, die indes keinen oder keinen fristgerechten Strafantrag gestellt hätten.
9
Der dadurch aufgezeigte Rechtsfehler (1.) begründet hier kein Verfahrenshindernis (2.). Er nötigt vorliegend auch nicht zur Aufhebung des Schuldspruchs (3.), jedoch kann der Strafausspruch keinen Bestand haben (4.).
10
1. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass im Rahmen des § 266 StGB eine Schädigung des Gesamthandsvermögens einer Kommanditgesellschaft nur insoweit bedeutsam sein kann, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter berührt. Der Senat sieht vorliegend keine Veranlassung, von dieser gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z.B. BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10; Urteil vom 18. Juni 2003 - 5 StR 489/02; Urteil vom 20. Januar 2000 - 4 StR 342/99; Beschluss vom 22. Februar 1991 - 3 StR 348/90; Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86; Urteil vom 29. November 1983 - 5 StR 616/83 jew. mwN; ebenso: BGH, Urteil vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 192), die auch vom Schrifttum geteilt wird (z.B. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21; Kühl in Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 266 Rn. 3; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 113; Wittig in BeckOK-StGB, § 266 Rn. 11; Saliger in Satzer /Schmitt/Widmaier, StGB, § 266 Rn. 19; Maurer/Odörfer, GmbHR 2008, 413, 414; Schulte, NJW 1984, 1671; a.A. Schäfer, NJW 1983, 2850; Richter, GmbHR 1984, 146), abzuweichen. Geschädigter i.S.d. § 266 StGB kann nur ein mit dem Täter nicht identischer Träger fremden Vermögens sein, sei es eine natürliche Person, sei es eine juristische Person, der eigene Rechtspersönlichkeit zukommt (BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 - 4 StR 342/99; BGH, Urteil vom 24. Juli 1991 - 4 StR 258/91; BGH, Urteil vom 29. November 1983 - 5 StR 616/83). Eine in diesem Sinn eigene Rechtspersönlichkeit wird der Kommanditgesellschaft - kommt sie als verselbständigtes Gesamthandsvermögen einer juristischen Person auch sehr nahe - nicht zuerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 - IV ZR 270/88, BGHZ 110, 127; BGH, Urteil vom 16. Februar 1961 - III ZR 71/60, BGHZ 34, 293, 296).
11
2. Ein Verfahrenshindernis besteht nicht.
12
Das Fehlen fristgerechter Strafanträge (§§ 77b, 247, 266 Abs. 3 StGB) führt nur dann zu einem Strafverfolgungshindernis, wenn der Angeklagte zu allen Gesellschaftern in einer privilegierten Beziehung im Sinne des § 247 StGB steht (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99; Eser/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 247 Rn. 10; Hohmann in MüKomm-StGB, 3. Aufl., § 247 Rn. 9). Dies ist hier nicht der Fall. Weder der Onkel des Angeklagten , noch dessen Kinder, noch die Kinder der Schwestern sind Angehörige i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB (BayObLG, Urteil vom 28. Oktober 1997 - 4 St RR 221/97, NJW 1998, 3580; Eser/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 5).
13
3. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue in 567 Fällen ist rechtlich nicht zu beanstanden.
14
a) Der Angeklagte hatte als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gegenüber dieser und - einzig hier relevant - gegenüber den Kommanditisten eine Vermögensbetreuungspflicht (vgl. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 25; Waßmer in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , § 266 StGB Rn. 49). Diese hat er durch den in der Verwendung der Firmengelder für eigene Spekulationsgeschäfte und für die Teilnahme an Glücksspielen liegenden Missbrauch seiner Verfügungsmacht („Griff in die Kasse“) jeweils verletzt.
15
b) Hierdurch entstand - wie die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen belegen - (jedenfalls) den nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stehenden Kommanditisten ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB in Höhe der jeweiligen „Entnahmen“. Die Strafkammer musste hierbei nicht in jedem Fall berücksichtigen, dass der Angeklagte aus den Spekulationsgeschäften erzielte Gewinne den Firmenkonten gutbrachte. Eine derart ungewisse Aussicht auf Rückzahlung ist wirtschaftlich ohne Wert (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 1 StR 336/11 mwN). Maßgeblich für den zur Bestimmung des tatbestandlichen Nachteils i.S.v. § 266 StGB erforderlichen Vermögensvergleich ist - gleichermaßen wie bei § 263 StGB - der Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung, hier also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den Verfügungen zu Lasten der Firmenkonten (Überweisung, Einsatz der Kreditkarten). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN).
16
c) Auch die Annahme von Tateinheit bei taggleich verwirklichten - zumal nach den Feststellungen zur Verschleierung bewusst „gestückelten“ Zahlun- gen - begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Soweit im Urteil, worauf der Generalbundesanwalt hinweist, einzelne in der Anklageschrift aufgeführte (und bislang nicht nach § 154 StPO eingestellte) Fälle nicht enthalten sind, stehen diese nicht zur Kognition des Revisionsgerichts. Soweit es sich rechtlich um Teile von Taten handelt, die durch das Landgericht abgeurteilt wurden, ist der Angeklagte durch den geringeren Schuldumfang nicht beschwert.
17
4. Der Strafausspruch - obgleich insgesamt milde - hat jedoch keinen Bestand.
18
Rechtsfehlerfrei legt die Strafkammer der Strafzumessung zwar den sich aus dem gewerbsmäßigen Handeln des Angeklagten ergebenden erhöhten Strafrahmen des § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB zugrunde (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2011 - 1 StR 343/11 mwN). Für die konkrete Strafzumessung hat das Landgericht jedoch - allerdings folgerichtig zu seiner Rechtsauffassung - nicht beachtet, dass die Untreue nur auf Antrag verfolgt werden kann, wenn und soweit durch sie ein Angehöriger verletzt wird (§ 266 Abs. 2, § 247 StGB; vgl. schon BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - 1 StR 5/87). Die Strafkammer geht daher rechtsfehlerhaft in Einzelfällen von einem besonders schweren Fall i.S.v. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB (Vermögensverlust großen Ausmaßes) aus, was auch im Übrigen besorgen lässt, sie habe der Strafzumessung insgesamt einen unzutreffenden Schuldumfang zugrunde gelegt.
19
a) Für die Frage des Nachteilseintritts ist bei einer Kommanditgesellschaft - wie aufgezeigt - nicht allein auf die Gesellschaft, sondern auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter abzustellen (BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10; BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 - 2 StR 613/90). Bei einer personalisiert strukturierten Gesellschaft - wie etwa OHG oder KG - sind daher als Verletzte deren Gesellschafter anzusehen (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99). Deren Einverständnis schließt die Annahme von Untreue aus, soweit sie selbst betroffen sind (BGH, Beschluss vom 22. Februar 1991 - 3 StR 348/90). In gleicher Weise kann bei einer Kommanditgesellschaft der Angeklagte selbst, soweit sein Gesellschaftsanteil betroffen ist, nicht Geschädigter einer von ihm begangenen Untreue sein (BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10). Auch hinsichtlich eines Kommanditisten, der in einer gemäß § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stand bzw. steht, scheidet eine Untreue zu dessen Nachteil bei Fehlen eines form- und fristgerechten Strafantrags aus (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 - 2 StR 613/90; BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - 1 StR 5/87). Die Anwendbarkeit des § 247 StGB entfällt nicht etwa dadurch, dass hinsichtlich eines oder mehrerer der gesamthänderisch verbundenen Kommanditisten die Voraussetzungen des § 247 StGB nicht gegeben sind (vgl. hierzu aber auch Vogel in LK-StGB, 12. Aufl., § 247 Rn. 6). Der Haus- und Familienfrieden, den zu schützen Normzweck des § 247 StGB ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1979 - 4 StR 204/79, BGHSt 29, 54, 56), besteht nur in dem Umfang nicht, in dem ein durch die Untreue verletzter Gesellschafter nicht in einer im Sinne des § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Täter steht (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99). Fallen Taten zu Lasten mehrerer Geschädigter wie hier tateinheitlich zusammen, ergibt sich der Umfang der Verfolgbarkeit - wie stets - nach Maßgabe des § 247 StGB. Demzufolge bestimmt sich auch die Höhe des dem Angeklagten anzulastenden Nachteils und damit des großen Ausmaßes i.S.v. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB - wenn wie hier eine Untreue zum Nachteil der Komplementär-GmbH nicht festgestellt ist (dazu vgl. auch BGH, Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86) - nach der Summe der zugefügten Nachteile hinsichtlich der Kommanditisten, die entweder form- und fristgerecht Strafantrag gestellt haben oder die nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten standen bzw. stehen.
20
b) Dies zugrunde gelegt ist die Erwägung der Strafkammer, bei einem in Höhe der „Entnahmen“ angenommenen „Schaden von 50.000 € und mehr“ könne die „zusätzliche Verwirklichung des Regelbeispiels gem. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB strafschärfend gewertet“ werden (UA S. 35), rechtsfehlerhaft. Vielmehr durfte die Strafkammer das Vorliegen eines „großen Ausmaßes“ im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGBallenfalls bei einem insgesamt 104.166,67 € übersteigenden Betrag annehmen, da nur 48 % des jeweils von der Strafkammer angenommenen Schadens dem Schuldumfang zugrunde gelegt werden konnten. Denn der Angeklagte selbst war nach den Urteilsfeststellungen mit 4 %, sein Vater und seine Kinder, die keinen Strafantrag gestellt haben, mit insgesamt 31 % und seine Schwestern (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB), die nach den Urteilsfeststellungen nicht innerhalb der Frist des § 77b StGB binnen drei Monaten ab Kenntniserlangung Strafantrag gestellt haben , mit 17 % am Kommanditkapital beteiligt (also zusammen mit 52 %).
21
c) Die Urteilsgründe lassen überdies besorgen, die Strafkammer habe auch sonst auf den Nominalbetrag der jeweiligen „Entnahmen“ abgestellt und daher der Verurteilung insgesamt einen unzutreffenden Schuldumfang zugrunde gelegt. Die insoweit unklare - und zur ausführlich begründeten Rechtsauffassung der Kammer im Widerspruch stehende - Anmerkung, bei der Strafzu- messung sei auch zu berücksichtigen, „ob und wie viele Gesellschafter, ein- schließlich dem Täter, mit der Schädigung einverstanden waren bzw. kein Interesse an der Strafverfolgung haben, sondern auch, in welchem Umfang sie am geschädigten Gesellschaftsvermögen rechnerisch beteiligt sind“ (UA S. 33), lässt nicht hinreichend erkennen, dass die Strafkammer in den Blick genommen hätte, dass dem Angeklagten die jeweiligen Abbuchungen und Belastun- gen des Firmenkontos nicht in voller Höhe als „Nachteil“ i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich angelastet werden können.
22
5. Die Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen wird vom aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt und kann daher bestehen bleiben.
Nack Rothfuß Elf
Graf Sander

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Die Vorschriften des § 120 über die Berechnung des Gewinns oder Verlustes gelten auch für den Kommanditisten.

(2) Jedoch wird der einem Kommanditisten zukommende Gewinn seinem Kapitalanteil nur so lange zugeschrieben, als dieser den Betrag der bedungenen Einlage nicht erreicht.

(3) An dem Verluste nimmt der Kommanditist nur bis zum Betrage seines Kapitalanteils und seiner noch rückständigen Einlage teil.

(1) § 122 findet auf den Kommanditisten keine Anwendung. Dieser hat nur Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Gewinns; er kann auch die Auszahlung des Gewinns nicht fordern, solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert werden würde.

(2) Der Kommanditist ist nicht verpflichtet, den bezogenen Gewinn wegen späterer Verluste zurückzuzahlen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 586/11
vom
23. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Februar 2012 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Tübingen vom 10. Mai 2011 im Strafausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen 567 Fällen der Untreue zu vier Jahren und drei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, von denen es sechs Monate (wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen) für vollstreckt erklärt hat. Dem Urteil lag eine Verständigung i.S.v. § 257c StPO zugrunde. Die gegen die Verurteilung gerichtete, auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der Angeklagte war im Tatzeitraum (2002 bis 2005) Geschäftsführer der G. GmbH, die - ohne selbst am Kommanditkapital beteiligt zu sein - Komplementärin der G. GmbH & Co. KG ist. Am Kommanditkapital der G. GmbH & Co. KG waren der Angeklagte zu 4 %, sein Vater und seine Kinder mit insgesamt 31 %, seine Schwestern mit zusammen 17 %, deren Kinder zu insgesamt 6 % sowie sein Onkel und dessen Kinder zu insgesamt 42 % beteiligt.
4
An insgesamt 567 Tagen übertrug der Angeklagte satzungswidrig Firmengelder von Konten der G. GmbH & Co. KG auf Privatkonten, um damit im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Wertpapiergeschäfte (insbesondere mit hochspekulativen Optionsscheinen) zu finanzieren, und setzte zur Zahlung seiner privaten Teilnahme an Glücksspielen im Internet Firmenkreditkarten ein, wodurch die Firmenkonten der G. GmbH & Co. KG ent- sprechend belastet wurden. Insgesamt „entnahm“ der Angeklagte so rund 5,4 Mio. €. Obwohl der Angeklagte erzielte Gewinne Firmenkonten wieder gutbrachte , entstand insgesamt ein „Fehlbetrag“ von mindestens 2 Mio. €. Eine Zahlungsunfähigkeit der G. GmbH & Co. KG drohte gleichwohl nicht.
5
Der Angeklagte offenbarte sich Weihnachten 2005 gegenüber den Familienangehörigen und gab am 24. März 2006 gegenüber den anderen Kommanditisten ein Schuldanerkenntnis ab. Dieses führte nicht zu der geplanten familieninternen Befriedung. Im Juni 2006 stellte der Onkel des Angeklagten, im Dezember 2006/Januar 2007 auch noch dessen Sohn, die Schwestern des Angeklagten und deren Kinder Strafantrag. Der Vater und die Kinder des Angeklagten haben keinen Strafantrag gestellt.
6
2. Die Strafkammer hat die Taten des Angeklagten als Untreue in 567 Fällen gewertet; taggleiche „Entnahmen“ seien tateinheitlich begangen. Ge- schädigt seien entgegen bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht die Kommanditisten, sondern jeweils das Vermögen der G. GmbH & Co. KG „in Höhe des Nominalwertes der durch jede Einzeltat abgeflossenen Liquidität“ (UA S. 31). Dies führe allerdings nicht zu einer Schlechter- stellung des Angeklagten, weil bei der Strafzumessung auch zu berücksichtigen sei, „ob und wie viele Gesellschafter, einschließlich dem Täter, mit der Schädigung einverstanden waren bzw. kein Interesse an der Strafverfolgung haben, sondern auch, in welchem Umfang sie am geschädigten Gesellschaftsvermö- gen rechnerisch beteiligt sind“ (UA S. 33).
7
Die Strafe entnimmt die Strafkammer dem erhöhten Strafrahmen des § 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB (Gewerbsmäßigkeit). Bei Untreuehandlungen, bei denen das Vermögen der KG durch eine Tat um mehr als 50.000 € geschädigt wurde, „hat die Strafkammer zudem die zusätzli- che Verwirklichung des Regelbeispiels gemäß §§ 266 Abs. 2, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB [Vermögensverlust großen Ausmaßes] strafschärfend gewer- tet“ (UA S. 35).
8
II. Die Revision wendet sich gegen den Schuldspruch mit dem Vorbringen , geschädigt sei nicht das Vermögen der KG, sondern der Gesellschafter, die indes keinen oder keinen fristgerechten Strafantrag gestellt hätten.
9
Der dadurch aufgezeigte Rechtsfehler (1.) begründet hier kein Verfahrenshindernis (2.). Er nötigt vorliegend auch nicht zur Aufhebung des Schuldspruchs (3.), jedoch kann der Strafausspruch keinen Bestand haben (4.).
10
1. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass im Rahmen des § 266 StGB eine Schädigung des Gesamthandsvermögens einer Kommanditgesellschaft nur insoweit bedeutsam sein kann, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter berührt. Der Senat sieht vorliegend keine Veranlassung, von dieser gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z.B. BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10; Urteil vom 18. Juni 2003 - 5 StR 489/02; Urteil vom 20. Januar 2000 - 4 StR 342/99; Beschluss vom 22. Februar 1991 - 3 StR 348/90; Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86; Urteil vom 29. November 1983 - 5 StR 616/83 jew. mwN; ebenso: BGH, Urteil vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 192), die auch vom Schrifttum geteilt wird (z.B. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21; Kühl in Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 266 Rn. 3; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 113; Wittig in BeckOK-StGB, § 266 Rn. 11; Saliger in Satzer /Schmitt/Widmaier, StGB, § 266 Rn. 19; Maurer/Odörfer, GmbHR 2008, 413, 414; Schulte, NJW 1984, 1671; a.A. Schäfer, NJW 1983, 2850; Richter, GmbHR 1984, 146), abzuweichen. Geschädigter i.S.d. § 266 StGB kann nur ein mit dem Täter nicht identischer Träger fremden Vermögens sein, sei es eine natürliche Person, sei es eine juristische Person, der eigene Rechtspersönlichkeit zukommt (BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 - 4 StR 342/99; BGH, Urteil vom 24. Juli 1991 - 4 StR 258/91; BGH, Urteil vom 29. November 1983 - 5 StR 616/83). Eine in diesem Sinn eigene Rechtspersönlichkeit wird der Kommanditgesellschaft - kommt sie als verselbständigtes Gesamthandsvermögen einer juristischen Person auch sehr nahe - nicht zuerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 - IV ZR 270/88, BGHZ 110, 127; BGH, Urteil vom 16. Februar 1961 - III ZR 71/60, BGHZ 34, 293, 296).
11
2. Ein Verfahrenshindernis besteht nicht.
12
Das Fehlen fristgerechter Strafanträge (§§ 77b, 247, 266 Abs. 3 StGB) führt nur dann zu einem Strafverfolgungshindernis, wenn der Angeklagte zu allen Gesellschaftern in einer privilegierten Beziehung im Sinne des § 247 StGB steht (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99; Eser/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 247 Rn. 10; Hohmann in MüKomm-StGB, 3. Aufl., § 247 Rn. 9). Dies ist hier nicht der Fall. Weder der Onkel des Angeklagten , noch dessen Kinder, noch die Kinder der Schwestern sind Angehörige i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB (BayObLG, Urteil vom 28. Oktober 1997 - 4 St RR 221/97, NJW 1998, 3580; Eser/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 5).
13
3. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue in 567 Fällen ist rechtlich nicht zu beanstanden.
14
a) Der Angeklagte hatte als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gegenüber dieser und - einzig hier relevant - gegenüber den Kommanditisten eine Vermögensbetreuungspflicht (vgl. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 25; Waßmer in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , § 266 StGB Rn. 49). Diese hat er durch den in der Verwendung der Firmengelder für eigene Spekulationsgeschäfte und für die Teilnahme an Glücksspielen liegenden Missbrauch seiner Verfügungsmacht („Griff in die Kasse“) jeweils verletzt.
15
b) Hierdurch entstand - wie die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen belegen - (jedenfalls) den nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stehenden Kommanditisten ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB in Höhe der jeweiligen „Entnahmen“. Die Strafkammer musste hierbei nicht in jedem Fall berücksichtigen, dass der Angeklagte aus den Spekulationsgeschäften erzielte Gewinne den Firmenkonten gutbrachte. Eine derart ungewisse Aussicht auf Rückzahlung ist wirtschaftlich ohne Wert (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 1 StR 336/11 mwN). Maßgeblich für den zur Bestimmung des tatbestandlichen Nachteils i.S.v. § 266 StGB erforderlichen Vermögensvergleich ist - gleichermaßen wie bei § 263 StGB - der Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung, hier also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den Verfügungen zu Lasten der Firmenkonten (Überweisung, Einsatz der Kreditkarten). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN).
16
c) Auch die Annahme von Tateinheit bei taggleich verwirklichten - zumal nach den Feststellungen zur Verschleierung bewusst „gestückelten“ Zahlun- gen - begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Soweit im Urteil, worauf der Generalbundesanwalt hinweist, einzelne in der Anklageschrift aufgeführte (und bislang nicht nach § 154 StPO eingestellte) Fälle nicht enthalten sind, stehen diese nicht zur Kognition des Revisionsgerichts. Soweit es sich rechtlich um Teile von Taten handelt, die durch das Landgericht abgeurteilt wurden, ist der Angeklagte durch den geringeren Schuldumfang nicht beschwert.
17
4. Der Strafausspruch - obgleich insgesamt milde - hat jedoch keinen Bestand.
18
Rechtsfehlerfrei legt die Strafkammer der Strafzumessung zwar den sich aus dem gewerbsmäßigen Handeln des Angeklagten ergebenden erhöhten Strafrahmen des § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB zugrunde (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2011 - 1 StR 343/11 mwN). Für die konkrete Strafzumessung hat das Landgericht jedoch - allerdings folgerichtig zu seiner Rechtsauffassung - nicht beachtet, dass die Untreue nur auf Antrag verfolgt werden kann, wenn und soweit durch sie ein Angehöriger verletzt wird (§ 266 Abs. 2, § 247 StGB; vgl. schon BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - 1 StR 5/87). Die Strafkammer geht daher rechtsfehlerhaft in Einzelfällen von einem besonders schweren Fall i.S.v. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB (Vermögensverlust großen Ausmaßes) aus, was auch im Übrigen besorgen lässt, sie habe der Strafzumessung insgesamt einen unzutreffenden Schuldumfang zugrunde gelegt.
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a) Für die Frage des Nachteilseintritts ist bei einer Kommanditgesellschaft - wie aufgezeigt - nicht allein auf die Gesellschaft, sondern auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter abzustellen (BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10; BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 - 2 StR 613/90). Bei einer personalisiert strukturierten Gesellschaft - wie etwa OHG oder KG - sind daher als Verletzte deren Gesellschafter anzusehen (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99). Deren Einverständnis schließt die Annahme von Untreue aus, soweit sie selbst betroffen sind (BGH, Beschluss vom 22. Februar 1991 - 3 StR 348/90). In gleicher Weise kann bei einer Kommanditgesellschaft der Angeklagte selbst, soweit sein Gesellschaftsanteil betroffen ist, nicht Geschädigter einer von ihm begangenen Untreue sein (BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10). Auch hinsichtlich eines Kommanditisten, der in einer gemäß § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stand bzw. steht, scheidet eine Untreue zu dessen Nachteil bei Fehlen eines form- und fristgerechten Strafantrags aus (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 - 2 StR 613/90; BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - 1 StR 5/87). Die Anwendbarkeit des § 247 StGB entfällt nicht etwa dadurch, dass hinsichtlich eines oder mehrerer der gesamthänderisch verbundenen Kommanditisten die Voraussetzungen des § 247 StGB nicht gegeben sind (vgl. hierzu aber auch Vogel in LK-StGB, 12. Aufl., § 247 Rn. 6). Der Haus- und Familienfrieden, den zu schützen Normzweck des § 247 StGB ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1979 - 4 StR 204/79, BGHSt 29, 54, 56), besteht nur in dem Umfang nicht, in dem ein durch die Untreue verletzter Gesellschafter nicht in einer im Sinne des § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Täter steht (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 - 4 StR 57/99). Fallen Taten zu Lasten mehrerer Geschädigter wie hier tateinheitlich zusammen, ergibt sich der Umfang der Verfolgbarkeit - wie stets - nach Maßgabe des § 247 StGB. Demzufolge bestimmt sich auch die Höhe des dem Angeklagten anzulastenden Nachteils und damit des großen Ausmaßes i.S.v. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB - wenn wie hier eine Untreue zum Nachteil der Komplementär-GmbH nicht festgestellt ist (dazu vgl. auch BGH, Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86) - nach der Summe der zugefügten Nachteile hinsichtlich der Kommanditisten, die entweder form- und fristgerecht Strafantrag gestellt haben oder die nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten standen bzw. stehen.
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b) Dies zugrunde gelegt ist die Erwägung der Strafkammer, bei einem in Höhe der „Entnahmen“ angenommenen „Schaden von 50.000 € und mehr“ könne die „zusätzliche Verwirklichung des Regelbeispiels gem. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB strafschärfend gewertet“ werden (UA S. 35), rechtsfehlerhaft. Vielmehr durfte die Strafkammer das Vorliegen eines „großen Ausmaßes“ im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGBallenfalls bei einem insgesamt 104.166,67 € übersteigenden Betrag annehmen, da nur 48 % des jeweils von der Strafkammer angenommenen Schadens dem Schuldumfang zugrunde gelegt werden konnten. Denn der Angeklagte selbst war nach den Urteilsfeststellungen mit 4 %, sein Vater und seine Kinder, die keinen Strafantrag gestellt haben, mit insgesamt 31 % und seine Schwestern (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB), die nach den Urteilsfeststellungen nicht innerhalb der Frist des § 77b StGB binnen drei Monaten ab Kenntniserlangung Strafantrag gestellt haben , mit 17 % am Kommanditkapital beteiligt (also zusammen mit 52 %).
21
c) Die Urteilsgründe lassen überdies besorgen, die Strafkammer habe auch sonst auf den Nominalbetrag der jeweiligen „Entnahmen“ abgestellt und daher der Verurteilung insgesamt einen unzutreffenden Schuldumfang zugrunde gelegt. Die insoweit unklare - und zur ausführlich begründeten Rechtsauffassung der Kammer im Widerspruch stehende - Anmerkung, bei der Strafzu- messung sei auch zu berücksichtigen, „ob und wie viele Gesellschafter, ein- schließlich dem Täter, mit der Schädigung einverstanden waren bzw. kein Interesse an der Strafverfolgung haben, sondern auch, in welchem Umfang sie am geschädigten Gesellschaftsvermögen rechnerisch beteiligt sind“ (UA S. 33), lässt nicht hinreichend erkennen, dass die Strafkammer in den Blick genommen hätte, dass dem Angeklagten die jeweiligen Abbuchungen und Belastun- gen des Firmenkontos nicht in voller Höhe als „Nachteil“ i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich angelastet werden können.
22
5. Die Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen wird vom aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt und kann daher bestehen bleiben.
Nack Rothfuß Elf
Graf Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 652/10
vom
30. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 30. August 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 25. Juni 2010 mit den Feststellungen aufgehoben ,
a) im Schuldspruch in den Fällen B.III.1 bis 40 der Urteilsgründe
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Insolvenzverschleppung in zwei Fällen, Bankrotts in sechs Fällen, Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 30 Fällen, Betrugs sowie Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt; im Übrigen hat es das Verfahren eingestellt und den Angeklagten freigesprochen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten ist im Umfang der Aufhebung begründet; hinsichtlich der noch verbleibenden Tat B.III.41 der Urteilsgründe (Untreue zum Nachteil der Wohnungseigentumsgemeinschaft N. H. – in K. ) ist sie hingegen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

A.

2
Hinsichtlich der Verurteilungen im Zusammenhang mit den Tätigkeiten, die der Angeklagte als Geschäftsführer der G. Grundstücks- und Wohnbau GmbH & Co KG (im Folgenden: G. GmbH & Co KG) und der A. Sportmarketing GmbH (im Folgenden: A. GmbH) ausgeübt hat (Fälle B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe), greift die Verfahrensrüge einer Verletzung der Vorschrift des § 261 StPO durch; auf die weiteren formellen und materiellen Beanstandungen der Revision kommt es insoweit nicht an.

I.

3
Nach den Urteilsfeststellungen hielt der Angeklagte über Familienangehörige , die ihm Generalvollmachten erteilt hatten, sowohl die Kommanditanteile an der G. GmbH & Co KG als auch sämtliche Anteile an deren Komplementär -GmbH, der G. Grundstücks- und Wohnbau GmbH. Zugleich war er Geschäftsführer beider Gesellschaften. Daneben war der Angeklagte alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der A. GmbH, deren Geschäftsgegenstand im Bereich der Vermarktung von Sportlern lag und deren Anteile vom Angeklagten und seinem Sohn gehalten wurden. Nachdem diese am 6. Januar 2006 die Auflösung der A. GmbH beschlossen hatten, wurde der Angeklagte zu deren Liquidator bestellt. Am 15. Juli 2008 wurde das Unternehmen auf Antrag des Finanzamts wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.
4
Sowohl die G. GmbH & Co KG als auch die A. GmbH hatten ab dem Jahr 2003 mit massiven finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Eine Zeitlang gelang es dem Angeklagten, kurzfristige Liquiditätsengpässe mittels Hin- und Herschiebens von Geldern zwischen den beiden Unternehmen, aber auch seinem Privatvermögen auszugleichen. Letztlich jedoch wurden beide Unternehmen zahlungsunfähig. Die Zahlungsunfähigkeit trat nach den Feststellungen bei der G. GmbH & Co KG spätestens Anfang des Jahres 2005, bei der A. GmbH bereits Ende 2004 ein.

II.

5
Die Strafkammer hat ihren Feststellungen zum finanziellen Niedergang der Unternehmen und zum Eintreten der Krisensituationen Auszüge der jeweiligen Geschäftskonten zugrunde gelegt, denen sie eine Vielzahl von Kontoständen und Einzelbuchungen entnommen hat. Diese Einzelbuchungen hat sie zum Teil datum- und zahlengenau auf mehreren Seiten der Urteilsgründe wiedergegeben.
6
Die von der Revision zulässig erhobene Rüge, das Landgericht habe die Auszüge der Geschäftskonten der G. GmbH & Co KG bei der Sparkasse K. (Konto ) und bei der Volksbank V. (Konto ) bzw. der A. GmbH bei der Sparkasse K. (Konto ) verwertet, ohne diese prozessordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt zu haben , ist begründet.
7
1. Wie die Revision zutreffend ausführt und durch den Inhalt der Protokollniederschrift bewiesen ist, sind die entsprechenden Kontoauszüge in der Hauptverhandlung weder förmlich als Urkunden gemäß § 249 Abs. 1 S. 1 StPO verlesen noch sind sie im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführt worden. Der an verschiedenen Stellen des Hauptverhandlungsprotokolls enthaltene Eintrag , Bankordner seien "zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht und in richterlichen Augenschein" genommen worden, ist nicht geeignet, eine förmliche Verlesung der Urkunden zu beweisen (BGHSt 11, 29, 30; Diemer in KK StPO 6. Aufl. § 249 Rn. 51; Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 273 Rn. 9). Die Inaugenscheinnahme einer Urkunde beinhaltet im Übrigen nur dann eine zureichende Beweiserhebung, wenn es nicht auf ihren Inhalt, sondern auf ihr Vorhandensein oder ihren Zustand ankommt (BGHR StPO § 249 Abs. 1 Kontoauszüge 1; Meyer-Goßner aaO § 249 Rn. 7).
8
Zwar kann der Inhalt einer Urkunde auch durch ihren Vorhalt an Zeugen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden (vgl. BGHR StPO § 249 Abs. 1 Verlesung, unterbliebene 1). So ist im Hauptverhandlungsprotokoll vermerkt, dass Bankordner mit Zeugen "erörtert" bzw. diesen vorgehalten wurden. Beweisgrundlage ist dann allerdings nicht der Vorhalt selbst, sondern die bestätigende Erklärung desjenigen, dem der Vorhalt gemacht wurde (BGHSt 11, 159, 160; BGHR StPO § 249 Abs. 1 Verlesung, unterbliebene 1; § 261 Inbegriff der Verhandlung 38). Der Einführung einer Urkunde mittels Vorhalt sind deshalb Grenzen gesetzt. Insbesondere wenn es sich um längere oder sehr komplexe Ausführungen handelt, besteht die Gefahr, dass die Auskunftsperson den Sinn der schriftlichen Erklärung auf den bloßen inhaltlichen Vorhalt hin nicht richtig oder nur unvollständig erfasst oder sich an den genauen Wortlaut eines Schriftstücks nicht zuverlässig erinnern kann (BGHSt 11, 159, 160; BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 39; BGH NStZ 1991, 500; Meyer-Goßner aaO § 249 Rn. 28). So liegt der Fall hier. Angesichts der hohen Anzahl der von der Kammer verwerteten Kontoauszüge und Einzelbuchungen ist auszuschließen , dass die als Zeugen gehörten Bankmitarbeiter und Polizeibeamten das entsprechende Zahlenwerk aus eigener Erinnerung heraus im Einzelnen bestätigen konnten (vgl. BGH NJW 2002, 2480, in BGHSt 47, 318 insoweit nicht abgedruckt

).

9
2. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil in den Fällen B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe auf diesem Mangel beruht.
10
Das Landgericht hat im Abschnitt B.II.1 bis 3 ausführliche Feststellungen zur finanziellen Entwicklung der beteiligten Unternehmen getroffen, die sie ihrer Darstellung der konkreten Tathandlungen vorangestellt hat. Darin nimmt die Entwicklung der jeweiligen Geschäftskonten breiten Raum ein, teilweise werden Kontostände sowie einzelne Buchungen, etwa eingehende Mietzahlungen, nach genauem Datum und Betrag wiedergegeben. Aus diesen Feststellungen, die das Landgericht ausdrücklich auf die "in die Hauptverhandlung eingeführten Kontoauszüge" gestützt hat (UA S. 45/46 und 50), hat es sodann die Überzeugung gewonnen, dass die G. GmbH & Co KG "spätestens Anfang 2005" und die A. GmbH "spätestens Ende 2004" zahlungsunfähig geworden waren (vgl. UA S. 18, dort unter B.II.3 "Fazit"). Das sich aus den Kontoauszügen ergebende konkrete Zahlenwerk hatte damit bestimmenden Einfluss auf die Bewertung der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen zu den jeweils relevanten Tatzeitpunkten. Dies kann sich auf die Schuldsprüche in den Fällen B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben.
11
Hierzu gilt im Einzelnen:
12
a) Das Landgericht hat den Angeklagten im Fall B.III.1 der Urteilsgründe wegen Insolvenzverschleppung gemäß § 130b Abs. 1 HGB (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung), § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt, weil er als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der G. GmbH & Co KG unter Missachtung der sich aus § 130a Abs. 1 S. 3 HGB (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung; jetzt § 15a Abs. 1 S. 1 InsO) ergebenden Verpflichtungen erst am 23. Januar 2006 einen Insolvenzantrag gestellt habe, obwohl das Unternehmen bereits seit Anfang 2005 zahlungsunfähig gewesen sei. Im Fall B.III.2 der Urteilsgründe hat es den Angeklagten eines Vergehens der Insolvenzverschleppung gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung) schuldig gesprochen, weil er es in seiner Eigenschaft als Liquidator der A. GmbH trotz zum Zeitpunkt seiner Bestellung bereits eingetretener und noch andauernder Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens unterlassen habe, einen Insolvenzantrag zu stellen.
13
Das Landgericht hat bei seiner Beweiswürdigung zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit jeweils explizit auf seine Ausführungen zur generellen finanziellen Entwicklung der Unternehmen Bezug genommen und auf die dort angeführten Kontostände verwiesen (UA S. 56/57). Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass sich der von der Revision aufgezeigte Verfahrensmangel auf die Verurteilungen ausgewirkt hat.
14
b) Aus denselben Gründen waren auch die Schuldsprüche wegen Bankrotts aufzuheben. Soweit die Strafkammer in den Fällen B.III.3 bis 5 der Urteilsgründe den Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB dadurch als erfüllt angesehen hat, dass es der Angeklagte in verantwortlicher Funktion unterließ, Bilanzen der beiden Unternehmen für das Geschäftsjahr 2004 und eine Liquidationsbilanz der A. GmbH zu erstellen, greift die Rüge noch unter einem weiteren Gesichtspunkt durch. Zwar hat das Landgericht unter zutreffender Heran- ziehung der Grundsätze der Rechtsfigur der omissio libera in causa (vgl. hierzu : OLG Frankfurt NStZ-RR 1999, 104, 105; Beckemper JZ 2003, 806, 807; Rönnau NStZ 2003, 525, 530; Hillenkamp in FS Tiedemann 2008, S. 949, 963; Fischer StGB 58. Aufl. § 283 Rn. 29; LK/Tiedemann 12. Aufl. § 283 Rn. 154 sowie zu § 266a StGB: BGHSt 47, 318, 320 ff.; BGHZ 134, 304, 308 ff.) ausgeführt , dass die finanzielle Unmöglichkeit, einen Steuerberater mit der Erstellung von Bilanzen zu beauftragen, den Angeklagten nicht entlasten könne, weil er trotz sich abzeichnender Liquiditätsprobleme eingehende Mietzahlungen und sonstige Vermögenswerte nicht zur Bildung von Rücklagen, sondern zur Begleichung eigener Schulden oder Schulden der A. GmbH verwandt habe.
15
Die dieser Wertung zugrunde gelegten Buchungsvorgänge, welche das Landgericht überwiegend tabellarisch in den Urteilsgründen aufgeführt hat (UA S. 21 bis 35), hat es jedoch ebenfalls den nicht prozessordnungsgemäß eingeführten Kontounterlagen entnommen, weshalb das Urteil auch insoweit auf dem Verfahrensmangel beruht. Dies gilt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts auch hinsichtlich der Feststellung, dass der Angeklagte rechtsgrundlos Gelder von den Geschäftskonten der G. GmbH & Co KG abgezogen hat. Zwar haben mehrere Zeugen solche Vermögensverschiebungen pauschal dem Grunde nach bestätigt. Die Bewertung der den Pflichtwidrigkeitsvorwurf begründenden, auf den jeweiligen Fälligkeitsstichtag zu beziehenden Liquiditätsprognose (vgl. BGHSt 47, 318, 322/323 zu § 266a StGB) setzt jedoch Kenntnis von den konkreten Zahlungsflüssen voraus, die sich dem Landgericht erst aus den verwerteten Kontoauszügen eröffnet hat.
16
Vor diesem Hintergrund kann auch die Verurteilung wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in den Fällen B.III.9 bis 38 der Urteilsgründe keinen Bestand haben, bei der das Landgericht ebenfalls von einem schuldhaften Zahlungsunvermögen ausgegangen ist.
17
c) Der Schuldspruch in den Fällen B.III.6 und 7 der Urteilsgründe nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB wegen unterlassener Buchführung sowie im Fall B.III.8 der Urteilsgründe nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB wegen Verheimlichens von Vermögenswerten hat ebenfalls keinen Bestand. Auch hier sind die Feststellungen zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit von dem Verfahrensmangel betroffen. Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht den Angeklagten eines Betruges schuldig gesprochen hat (Fall B.III.39 der Urteilsgründe), weil er trotz - von ihm auch erkannter - Zahlungsunfähigkeit einen Handwerker mit der Vornahme von Werkleistungen an Wohnobjekten der G. GmbH & Co KG beauftragt hatte.
18
3. Das Urteil war deshalb im vorbezeichneten Umfang aufzuheben. Für die neuerliche Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass es sich zur Feststellung einer tatsächlichen oder drohenden Zahlungsunfähigkeit empfiehlt, einen Liquiditätsstatus zu erstellen oder durch einen Sachverständigen erstellen zu lassen, in dem übersichtlich die Barmittel sowie die kurzfristig liquidierbaren Vermögenswerte aller bestehenden oder zu erwartenden Verbindlichkeiten entsprechend ihrer jeweiligen Fälligkeit gegenübergestellt werden (BGHR § 283 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 1; BGH NStZ 2003, 546; NJW 2010, 2894, 2898, insoweit in BGHSt 55, 107 nicht abgedruckt; vgl. auch Wegner in Achenbach /Ransiek Handbuch Wirtschaftsstrafrecht 2. Aufl. 2008 VII 1 Rn. 69 ff.; LK/Tiedemann aaO, vor § 283 Rn. 130 ff.). Sofern der neue Tatrichter die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit erneut anhand wirtschaftskriminalistischer Beweisanzeichen vornehmen sollte, wird er zu beachten haben, dass hierbei nur solche Verbindlichkeiten herangezogen werden können, die zu dem möglichst konkret zu bezeichnenden Bewertungszeitpunkt auch fällig waren (vgl. § 17 Abs. 2 S. 1 InsO; BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 2; Fischer aaO, vor § 283 Rn. 9).

B.

19
Die Verurteilung wegen Untreue im Fall B.III.40 der Urteilsgründe hält auf die Sachrüge der revisionsrechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand.

I.

20
Das Landgericht hat hierzu folgende Feststellungen getroffen:
21
Der Angeklagte war Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter mit einem Kapital von 99.900 € der K. I. GmbH & Co KG (nachfolgend : I. GmbH & Co KG). Der Geschäftsanteil des Angeklagten war an die Sparkasse K. verpfändet, bei der der Angeklagte erhebliche, aus der Finanzierung von Immobilienankäufen resultierende Schulden hatte. Weitere Gesellschafterin der I. GmbH & Co KG war die Firma K. - I. -V. -GmbH, eine Tochtergesellschaft der Sparkasse K. , mit einer Einlage von einem Euro. Ziel der Geschäftsgründung war der Abverkauf der finanzierten Immobilien, wobei die Erlöse überwiegend letztlich der Sparkasse zufließen und der Darlehensrückführung dienen sollten. Im Februar 2002 schloss der Angeklagte hierzu mit Verantwortlichen der I. GmbH & Co KG einen Geschäftsbesorgungsvertrag, wodurch ihm gegen Provision die Vermarktung und Verwaltung von Wohnobjekten übertragen wurde. Am 15. Dezember 2005 vereinnahmte der Angeklagte Mietzahlungen für die I. GmbH & Co KG in Höhe von 12.000 €, die er entgegen den Bestimmungen des Geschäftsbesorgungsvertrages nicht auf das Mietkonto verbuchte, sondern für sich behielt.

II.

22
1. Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1, 1. Alt. StGB verurteilt. Durch die Nichtabführung der Mietzahlungen habe er die ihm durch den Geschäftsbesorgungsvertrag eingeräumte Befugnis , über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht und dadurch dem Vermögen der I. GmbH & Co KG einen Nachteil zugefügt.
23
2. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass im Rahmen des § 266 StGB eine Schädigung des Gesamthandvermögens einer Kommanditgesellschaft nur insoweit bedeutsam sein kann, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter berührt. Für die Frage des Nachteilseintritts ist demnach nicht allein auf die Gesellschaft , sondern auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter abzustellen (vgl. BGHSt 34, 221, 223; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; E. Schramm, Untreue und Konsens, 2005, S. 85; Tiedemann GmbH-Strafrecht 5. Aufl. 2010 vor §§ 82 ff. Rn. 22).
24
a) Soweit der Gesellschaftsanteil des Angeklagten betroffen ist, schließt sein Einverständnis die Annahme eines Vermögensschadens aus (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; BGH NStZ 1987, 279; Fischer aaO § 266 Rn. 113). Dem steht die Verpfändung seiner Kommanditanteile an die SparkasseK. nicht entgegen. Denn mit einer solchen ist jedenfalls nicht ohne Weiteres auch eine Übertragung der Stimmrechte verbunden (Hueck/Fastrich in Baumbach/ Hueck GmbHG 19. Aufl. 2010 § 15 Rn. 50; Michalski GmbHG 2. Aufl. 2010 § 15 Rn. 227).
25
Feststellungen dazu, ob und in welcher Höhe auf Seiten der Komplementär -GmbH ein Vermögensschaden entstanden ist, hat das Landgericht nicht getroffen. Zwar kommt, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist, eine anteilige Schädigung der GmbH im Verhältnis ihrer Einlageleistung zur Gesamteinlage in Betracht (vgl. BGH NStZ 1987, 279; Soyka, Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften, S. 64, jew. auch zu weiteren möglichen Schadenspositionen). Angesichts der lediglich marginalen Höhe eines solchen Nachteils (12.000 € x 1/99001 = 0,12 €) liegt es aber auf der Hand, dass der Angeklagte jederzeit bereit und in der Lage gewesen war, diesen mit eigenen Mitteln auszugleichen (vgl. BGHSt 15, 342, 344; BGH NStZ 1995, 233, 234; Fischer aaO § 266 Rn. 168 mwN).
26
b) Ob der Angeklagte durch die Vereinnahmung der Mietzahlungen zugleich gegen die sich aus dem Verhältnis zur Sparkasse K. als Pfandnehmerin eines Gesellschaftsanteils ergebenden Pflichten verstoßen und dieser in Höhe des auf seinen Kommanditanteil entfallenden Anteils einen Vermögensnachteil zugefügt hat, kann dahin stehen. Mangels konkreter Feststellungen zum Inhalt der Sicherungsabrede ist bereits offen, ob die Ablieferung vereinnahmter Gelder an die I. GmbH & Co KG auch im Verhältnis zur Pfandnehmerin eine wesentliche Vertragspflicht darstellte (vgl. BGH wistra 1984, 143 mit Anm. Schomburg). Ein möglicher Pflichtenverstoß gegenüber der Sparkasse K. war jedenfalls weder von der Anklage bezeichnet, noch war der Angeklagte hierauf in sonstiger Weise, etwa in Form eines rechtlichen Hinweises entsprechend § 265 Abs. 1 StPO, hingewiesen worden.

C.

27
Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen B.III.1 bis 40 der Urteilsgründe erfordert die Aufhebung auch der Gesamtstrafe.

Fischer Appl Schmitt Eschelbach Ott

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Am Schlusse jedes Geschäftsjahrs wird auf Grund der Bilanz der Gewinn oder der Verlust des Jahres ermittelt und für jeden Gesellschafter sein Anteil daran berechnet.

(2) Der einem Gesellschafter zukommende Gewinn wird dem Kapitalanteile des Gesellschafters zugeschrieben; der auf einen Gesellschafter entfallende Verlust sowie das während des Geschäftsjahrs auf den Kapitalanteil entnommene Geld wird davon abgeschrieben.

(1) Die Vorschriften des § 120 über die Berechnung des Gewinns oder Verlustes gelten auch für den Kommanditisten.

(2) Jedoch wird der einem Kommanditisten zukommende Gewinn seinem Kapitalanteil nur so lange zugeschrieben, als dieser den Betrag der bedungenen Einlage nicht erreicht.

(3) An dem Verluste nimmt der Kommanditist nur bis zum Betrage seines Kapitalanteils und seiner noch rückständigen Einlage teil.