Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2006 - 1 StR 293/06

published on 22/08/2006 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2006 - 1 StR 293/06
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 293/06
vom
22. August 2006
in der Strafsache
gegen
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
Zur Anwendbarkeit von § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO bei einer Urteilsabsprache,
die eine "Punktstrafe" zum Gegenstand hatte.
BGH, Beschl. vom 22. August 2006 - 1 StR 293/06 - LG Stuttgart
wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. August 2006 beschlossen
:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag gegen die Versäumung
der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil
des Landgerichts Stuttgart vom 31. Januar 2006 Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand gewährt.
Damit ist der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom
12. April 2006, mit dem die Revision des Angeklagten gegen
das vorbezeichnete Urteil als unzulässig verworfen worden ist,
gegenstandslos.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil
wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels
und der Wiedereinsetzung.
Gründe (zu 2.):
1 Der Angeklagte gehörte einer Bande an, die in erheblichem Umfang mit
großen, aus den Niederlanden eingeschmuggelten Rauschgiftmengen Handel
getrieben hat. Die abgeurteilten Taten beziehen sich auf insgesamt mehr als
25 kg Marihuana sowie in geringerem Umfang auch auf Kokain. Deshalb wurde
er zu acht Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, wobei das Strafmaß auf einer
verfahrensbeendenden Absprache beruht.
I.
2 Dem liegt, so die Revision, folgender Verfahrensgang zu Grunde: Nach
mehrtägiger Beweisaufnahme hatte das Gericht erstmals im Verfahren die Möglichkeit
einer verfahrensbeendenden Absprache angesprochen. Bei einem danach
außerhalb der Hauptverhandlung geführten Gespräch lagen „die Vorstellungen
über das mögliche Strafmaß … zunächst erheblich auseinander“. Der
„Vorschlag“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren kam seitens des
Gerichts. In der Hauptverhandlung wurde der Inhalt dieses Gesprächs bekannt
gegeben; ausweislich der Niederschrift der Hauptverhandlung bezeichnete das
Gericht die genannte Strafe als „angemessen“, was unter Abwägung für und
gegen den Angeklagten sprechender Umstände näher begründet wurde. Anschließend
fand nur noch in sehr geringem Umfang Beweisaufnahme statt.
Letztlich waren alle Verfahrensbeteiligten mit dem Vorschlag des Gerichts einverstanden.
In seinen Schlussausführungen stellte der Verteidiger des Angeklagten
keinen konkreten Antrag zur Strafhöhe.
3 Mit seiner auf den Strafausspruch beschränkten Revision macht der Angeklagte
geltend, das Gericht habe sich bereits vor der Urteilsberatung auf eine
exakte Strafhöhe („Punktstrafe“) festgelegt.
II.
4 1. Ob der geschilderte Protokollinhalt den Revisionsvortrag, das Gericht
habe sich schon vor der Urteilsberatung letztlich unwiderruflich auf eine bestimmte
Strafe festgelegt, zwingend belegt, mag dahinstehen. Immerhin könnte
der Umstand, dass der Verteidiger in seinen Schlussausführungen keinen kon-
kreten Antrag zur Strafhöhe gestellt hat, dahin deuten, dass er die Strafe in das
seiner Ansicht nach noch bestehende Ermessen des Gerichts stellen wollte.
Der Senat sieht jedoch von an sich möglichen freibeweislichen Ermittlungen
(vgl. BGH NStZ 1999, 571, 572) ab. Er geht, ebenso wie die Generalbundesanwältin
, vom Vorbringen der Revision aus: Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer
Revisionsgegenerklärung (§ 347 Abs. 1 Satz 2 StPO) dem Vorbringen der Revision
nicht widersprochen, und auch das Gericht hat sich zu keiner dienstlichen
Erklärung veranlasst gesehen (vgl. BGH StV 2000, 652, 653; StraFo 2003, 379,
380).
5 2. Revision und Generalbundesanwältin legen zutreffend dar, dass nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hier § 261 StPO ebenso verletzt
ist wie § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 StGB. Das Gericht kann zwar bei verfahrensbeendenden
Absprachen eine Strafobergrenze nennen, es darf sich
aber nicht auf eine exakte Strafhöhe („Punktstrafe“) festlegen (BGHSt 50, 40,
51 ; 43, 195, 206 f.; NStZ 1999, 571, 572; ebenso KG NStZ-RR
2004, 175, 178); in der Regel wird auch nicht völlig auszuschließen sein, dass
der Strafausspruch auf einer solchen schon vor den Schlussvorträgen der Verfahrensbeteiligten
(§ 258 StPO) und der nachfolgenden Urteilsberatung (§ 260
Abs. 1 StPO) vorgenommenen Selbstbindung des Gerichts beruht (vgl. BGHSt
43, 195, 211). Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn, wie hier, der Absprache
eine längere Beweisaufnahme voranging und, wie hier ebenfalls, ihr Ergebnis
mit abwägenden Erwägungen näher begründet wurde. Schließlich ändert
sich auch nicht dadurch etwas, dass hier die Strafzumessungserwägungen des
Urteils, die im Kern der Begründung des gerichtlichen Vorschlags entsprechen,
so auch die Revision „für sich allein gesehen … wohl nicht beanstandet werden“
können (vgl. BGHSt 43, 195, 211; KG aaO).
6 3. Gleichwohl hat der Strafausspruch Bestand (§ 349 Abs. 2 StPO), da
der Senat, entsprechend dem Antrag der Generalbundesanwältin, die Strafe
trotz des aufgezeigten Mangels für angemessen hält, § 354 Abs. 1a Satz 1
7 a) Die Revision macht demgegenüber geltend, hier stünden schon
grundsätzliche Erwägungen einer Anwendbarkeit von § 354 Abs. 1a Satz 1
StPO entgegen.
8 (1) So meint sie, wenn der Tatrichter „das ihm obliegende abschließende
Beurteilungsermessen nicht ausgeübt“ habe, sei „es grundsätzlich erforderlich,
die Sache an ihn zur Nachholung der rechtlich gebotenen Entscheidung zurückzugeben“.
9 Einen derartigen Rechtsgrundsatz gibt es nicht. Der Anwendung von
§ 354 Abs. 1a Satz 1 StPO steht nicht entgegen, dass nicht festgestellt werden
kann, dass der Tatrichter ohne den Fehler auf dieselbe Strafe erkannt hätte
(vgl. BTDrucks. 15/3482 S. 21 f.; BGH NJW 2005, 913, 914; BGH, Beschluss
vom 17. März 2006 - 1 StR 577/05 m.w.N.). Dementsprechend kommt es nicht
darauf an, ob hier die Strafkammer, hätte sie ihr „abschließendes Beurteilungsermessen“
ausgeübt, zu demselben oder zu einem anderen Ergebnis gekommen
wäre. Deshalb ist es auch nicht erforderlich, die Sache zur Nachholung
dieses Ermessens an den Tatrichter zurückzuverweisen.
10 (2) In ihrer Erwiderung auf den Antrag der Generalbundesanwältin (§ 349
Abs. 3 Satz 2 StPO) führt die Revision aus, obwohl die Entscheidung des Großen
Senats für Strafsachen (BGHSt 50, 40) „Gegenstand intensivster rechtlicher
Diskussion (war,) … verhält sich die … Strafkammer …, als habe es den
Beschluss des Großen Senats (und die vorangegangene Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs …) überhaupt nicht gegeben. Unter solchen Umständen
verbietet sich die ‚alles verzeihende’ Anwendung von § 354 Abs. 1a Satz 1
StPO.“
11 Der Senat kann dem nicht folgen.
12 Einen Rechtssatz, dass § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO nicht anwendbar wäre
, wenn der Tatrichter revisionsgerichtliche Rechtsprechung außer Betracht
gelassen hat, gibt es nicht. Daran ändert sich auch nicht dadurch etwas, dass
diese Rechtsprechung (ebenso wie ihre zu erwartende Übernahme in eine künftige
gesetzliche Regelung, wie die Revision im Einzelnen dargelegt hat) in der
Fachöffentlichkeit breit diskutiert wird.
13 Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof wiederholt und in unterschiedlichen
Zusammenhängen ausgesprochen, dass das Revisionsgericht den Tatrichter
nicht zu „sanktionieren“ (BGH StV 2004, 196) oder zu „maßregeln“ (BGH
NStZ-RR 2006, 112, 114 f.) hat. Dies gilt auch hier. Dementsprechend kann es
für die Anwendbarkeit von § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO auch nicht darauf ankommen
, ob der dem Tatrichter bei der Rechtsfolgenbestimmung unterlaufene
Rechtsfehler „verzeihlich“ erscheint oder nicht.
14 b) Auch sonst steht einer Entscheidung gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1
StPO nichts entgegen. Die im Urteil mitgeteilten Strafzumessungsumstände
sind nicht lückenhaft oder unklar und ermöglichen dem Revisionsgericht die
Prüfung und Beantwortung der Frage, ob die Rechtsfolge angemessen ist (vgl.
Senge in FS für Hans Dahs 2005, 475, 486). Ebenso wenig ist erkennbar, dass
es hier im Einzelfall besonders auf den persönlichen Eindruck vom Angeklagten
ankäme (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2006 - 1 StR 577/05; BGH NJW
2005, 1813, 1814). Schließlich gibt es auch keine Anhaltspunkte für erst nach
der Hauptverhandlung eingetretene und dementsprechend bisher nicht berücksichtigte
Entwicklungen oder Ereignisse, die ein neuer Tatrichter nahe liegend
feststellen und zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigen würde (vgl. BGH
StV 2005, 426).
15 c) Unter Abwägung aller für die Strafzumessung bedeutender Urteilsfeststellungen
und unter Berücksichtigung des gesamten hierauf bezogenen Vorbringens
der Verfahrensbeteiligten hält der Senat aus den von der Generalbundesanwältin
zutreffend im Einzelnen dargelegten Gründen sowohl die von der
Strafkammer verhängten Einzelstrafen als auch die daraus von ihr gebildete
Gesamtstrafe für angemessen.
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11/04/2015 12:06

Betriebsinhaber macht sich nicht strafbar, wenn er im Zeitpunkt der Tathandlung nicht Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes ist.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört
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published on 17/03/2006 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 577/05 vom 17. März 2006 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. März 2006 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgericht
published on 22/08/2006 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 293/06 vom 22. August 2006 in der Strafsache gegen BGHSt: ja BGHR: ja Veröffentlichung: ja _____________________________ StGB § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1; StPO § 261, § 354 Abs. 1a Satz 1 Zur Anwendbarkeit vo
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published on 15/01/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 379/13 vom 15. Januar 2014 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Januar 2014 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Ange
published on 03/11/2010 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 449/10 vom 3. November 2010 in der Strafsache gegen wegen schweren Raubes u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. November 2010 beschlossen : Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landg
published on 23/08/2016 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 119/16 vom 23. August 2016 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern ECLI:DE:BGH:2016:230816B3STR119.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts u
published on 10/07/2013 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 532/12 vom 10. Juli 2013 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Untreue Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 27. Juni 2013, in der Sitzung am 10. Juli 2013, an
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Annotations

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Ist die Revision rechtzeitig eingelegt und sind die Revisionsanträge rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form angebracht, so ist die Revisionsschrift dem Gegner des Beschwerdeführers zuzustellen. Diesem steht frei, binnen einer Woche eine schriftliche Gegenerklärung einzureichen. Wird das Urteil wegen eines Verfahrensmangels angefochten, so gibt der Staatsanwalt in dieser Frist eine Gegenerklärung ab, wenn anzunehmen ist, dass dadurch die Prüfung der Revisionsbeschwerde erleichtert wird. Der Angeklagte kann die Gegenerklärung auch zu Protokoll der Geschäftsstelle abgeben.

(2) Nach Eingang der Gegenerklärung oder nach Ablauf der Frist sendet die Staatsanwaltschaft die Akten an das Revisionsgericht.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Nach dem Schluß der Beweisaufnahme erhalten der Staatsanwalt und sodann der Angeklagte zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort.

(2) Dem Staatsanwalt steht das Recht der Erwiderung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort.

(3) Der Angeklagte ist, auch wenn ein Verteidiger für ihn gesprochen hat, zu befragen, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.