Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller zu 6 und 7 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. August 2013 - 13 K 2046/13 - teilweise geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 6 und 7 gegen die der Beigeladenen für das Grundstück ..., Flst. Nr. 5528 in Stuttgart - Bad Cannstatt erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 13. Mai 2013 wird angeordnet.

Im Übrigen werden die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. August 2013 - 13 K 2046/13 -zurückgewiesen.

Die Antragsteller zu 1 und zu 2 als Gesamtschuldner, die Antragstellerin zu 3 und die Antragsteller zu 4 und 5 als Gesamtschuldner tragen jeweils ein Viertel der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen in beiden Rechtszügen. Die Antragsteller zu 6 und 7 tragen als Gesamtschuldner ein Achtel der Gerichtskosten sowie ein Sechzehntel der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen in beiden Rechtszügen. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen je ein Sechzehntel der Gerichtskosten sowie je ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 6 und 7 in beiden Rechtszügen. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen selbst.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässigen Beschwerden sind teilweise begründet.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht es abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragsteller anzuordnen gegen die der Beigeladenen durch die Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 13.05.2013 - Umbau, Anbau und Modernisierung, Nutzungsänderung; Kindertagesstätte und Wohnung für eine Wohngruppe, ... ... - sowie gegen die der Beigeladenen durch die Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 22.10.2012 - Aufstockung, Umbau und Änderung der Nutzung - Einrichtung einer Kindertagesstätte und einer Wohnung, ...-..., soweit diese die Errichtung und Nutzung der Außenbereichsfläche des Flurstücks 5528 (ca. 500 m2) betrifft sowie die Nutzung des Gebäudes ...
Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Antragsteller zu 6 und 7 bezogen auf die Vollziehbarkeit der Baugenehmigung für das Vorhaben in der... Anlass. Im Übrigen haben die Beschwerden jedoch keinen Erfolg.
I.
Entgegen der Auffassung der Beigeladenen bezieht sich das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und auch das Beschwerdeverfahren nicht allein auf die Vollziehbarkeit der Baugenehmigung für das Baugrundstück ...-... Sowohl die Sachanträge im verfahrenseinleitenden Schriftsatz vom 18.06.2013 als auch die Anträge im Beschwerdeverfahren - Schriftsatz vom 26.08.2013 - beziehen sich auch auf die Baugenehmigung vom 22.10.2012 und die Nutzung des Gebäudes ...; lediglich die Umbaumaßnahmen haben die Antragsteller mit dem Eilrechtsschutzgesuch nicht angegriffen, was sich aus Seite 12 ihrer Antragsbegründung im erstinstanzlichen Verfahren ergibt. Das Verwaltungsgericht hat auch beide Anträge beschieden und sich zu den Bauvorhaben und ihrer Nutzung als Kindertagesstätten verhalten (Beschlussumdruck S. 4), so dass auch kein „Prozessrest“ in der ersten Instanz verblieben ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.01.2009 - 13 S 19/09 - NVwZ-RR 2009, 584).
II.
Die Beschwerde der Antragsteller zu 6 und 7 hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für das Bauvorhaben ... richtet. Das Vorbringen erschüttert die tragende - abstandsflächenrechtliche - Begründung des angegriffenen Beschlusses (II. 1. c) aa)). Die daher gebotene umfassende Prüfung des Eilrechtsschutzantrags führt zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs dieser Antragsteller durch den Senat (II. 1. c) bb)).
1. a) Das Verwaltungsgericht hat hinsichtlich der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit des Bauvorhabens ... u.a. entschieden, dass die Abstände gegenüber dem Gebäude der Antragsteller zu 6 und 7 mit dem in der Traufhöhe erhöhten Teil des Altbaus und insoweit, als der Altbau mit einer Wärmedämmung in einer Breite von 19 cm versehen werden solle, nicht eingehalten seien. Die Erhöhung des Altbaus sei zwar abstandsflächenrelevant, weil dieser nicht auf der Grenze errichtet worden sei und deshalb mit dem erhöhten Teil eigentlich den gesamten Grenzabstand einhalten müsste. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LBO seien jedoch geringere Abstandsflächen zuzulassen, wenn es sich um nachträgliche Maßnahmen zur Verbesserung der Wärmedämmung handele. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO gelte dies auch, wenn die Beleuchtung mit Tageslicht und die Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleibe, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstünden und nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt würden. Zwar sei davon auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig vorliege, wenn der nachbarschützende Teil der Abstandsfläche unterschritten werde. Nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtliche Besonderheiten gekennzeichnet sei, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung der Abstandstiefe deutlich minderten, gelte anderes. Solche Besonderheiten lägen hier vor. Was die Erhöhung der Traufhöhe des Altbaus anbelange, liege die Besonderheit darin begründet, dass das nördlich des Grundstücks der Antragsteller zu 6 und 7 liegende Altgebäude mit seinem lediglich 30 cm betragenden Abstand Bestandsschutz genieße und die Erhöhung der Traufhöhe nicht zu einer Erhöhung des Gebäudes insgesamt führe. Die ursprüngliche Firsthöhe werde beibehalten. Dadurch, dass lediglich die Giebelfläche des nördlich liegenden Gebäudes geringfügig erweitert werde, dürfte keine erhebliche Beeinträchtigung der Belichtung des Nachbargebäudes erfolgen.
Weiter liege eine Besonderheit darin, dass weder das Altgebäude der Beigeladenen noch dasjenige der Antragsteller zu 6 und 7 grenzständig errichtet worden seien noch die von der Landesbauordnung vorgesehenen Grenzabstände einhielten. Dies sei zwar keinem der Beteiligten vorwerfbar, weil die Gebäude noch unter Geltung des Ortsbaustatuts der Stadt Cannstatt errichtet worden seien und dieses ein Heranrücken bis auf 0,3 m an eine der Nachbargrenzen gestatte, wenn zwischen den Häusern ein Gebäudeabstand von mindestens 3 m entstanden sei. Die historisch bedingte besondere Situation müsse grundsätzlich bei der Beurteilung der Frage der Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange mit berücksichtigt werden.
b) Insoweit macht die Beschwerde geltend, dass es sich bei dem Bauvorhaben in der Qualität um ein neues Vorhaben handele, das keinen Bestandsschutz genieße. Es sei nicht allein auf den eingeschossigen Anbau und die Erhöhung der Traufhöhe beim Altbau abzustellen. Von den Umbaumaßnahmen sei die Statik des Gebäudes insgesamt berührt. Es würden zahlreiche Wände und Zwischendecken abgebrochen und neu errichtet sowie ein Erweiterungsbau angebaut. Daher fordere die Antragsgegnerin als Nebenbestimmung den Nachweis der Standsicherheit für die Gesamtkonstruktion. Für das Neubauvorhaben seien die Grenzabstände eindeutig nicht eingehalten. Es seien hier auch alle in § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO genannten Belange beeinträchtigt. Auch lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LBO nicht vor, da es hier um eine Neubebauung gehe.
c) aa) Mit diesem Vorbringen erschüttert die Beschwerde die Gründe des angegriffenen Beschlusses, die die Ablehnung des Antrags der Antragsteller zu 6 und 7 bezogen auf die Baugenehmigung für das Grundstück N... Str. 43 tragen.
10 
(1) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO müssen vor den Außenwänden von baulichen Anlagen Abstandsflächen liegen, die von oberirdischen baulichen Anlagen freizuhalten sind. Diese Abstandsflächen müssen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO - vorbehaltlich der hier ersichtlich nicht einschlägigen Ausnahmebestimmung in Satz 2 dieser Vorschrift - auf dem Grundstück selbst liegen. Eine Abstandsfläche ist hingegen nicht erforderlich von Außenwänden an Grundstücksgrenzen, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an der Grenze gebaut werden muss, es sei denn, die vorhandene Bebauung erfordert eine Abstandsfläche (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBO). Die Tiefe der einzuhaltenden Abstandsfläche bemisst sich nach § 5 Abs. 7 LBO.
11 
(a) Der Senat folgt dem Ansatz des Verwaltungsgerichts nicht, wonach hinsichtlich des Altbaus allein die Wärmedämmung und die Erhöhung in der Traufhöhe abstandsflächenrelevant seien.
12 
Die - der Errichtung gleichstehende (§ 2 Abs. 12 LBO) - bauliche Änderung eines Gebäudes ist abstandsflächenrechtlich relevant, wenn sich ein für die Abstandsflächentiefe maßgebendes Merkmal verändert. In diesem Fall ist eine abstandsflächenrechtliche Gesamtbetrachtung des Gebäudes in seiner geänderten Gestalt erforderlich, auch wenn das Altgebäude Bestandsschutz genießt (vgl. Senatsbeschluss vom 14.01.2010 - 8 S 1977/09 - NVwZ-RR 2010, 387 (388); vgl. auch zum jeweiligen Landesrecht: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.01.2012 - OVG 2 S 50.10 - juris Rn. 10 (zum Recht des Landes Berlin); Sächsisches OVG, Beschluss vom 25.03.2009 - 1 B 250/08 - BRS 74 (2009) Nr. 134; Bayerischer VGH, Beschluss vom 25.03.2003 - 25 ZB 02.75 - juris Rn. 2; siehe auch Dhom/Franz/Rauscher, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Januar 2009, Art. 6 Rn. 14 ff.). Eine Unterscheidung in einen abstandsflächenrelevanten geänderten Gebäudeteil und einen insoweit nicht abstandsflächenrelevanten unveränderten Altbestand ist im Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO nicht angelegt. Sie ist auch sachlich nicht angezeigt (a.A. Sauter, Landesbauordnung, Stand: März 2010, § 5 Rn. 24). Hinsichtlich der erforderlichen Gesamtbetrachtung gilt insoweit nichts anderes als beim bundesrechtlichen Begriff des Vorhabens im Sinne des § 29 Satz 1 BauGB, aus dem folgt, dass im Fall der Änderung einer baulichen Anlage nicht allein diese Änderung isoliert auf ihre bauplanungsrechtliche Zulässigkeit hin zu prüfen ist, sondern die gesamte, geänderte bauliche Anlage hinsichtlich des Bauplanungsrechts zur Überprüfung steht (BVerwG, Urteile vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 13 und vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294 (295)). Denn die baden-württembergische Landesbauordnung kennt im Unterschied etwa zur Brandenburgischen Bauordnung in deren § 6 Abs. 12 (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.03.2006 - 10 S 7.05 - LKV 2006, 469 (470)) oder zur Rechtslage in Niedersachsen (§ 85 Abs. 3 der Niedersächsischen Bauordnung vom 03.04.2012 (Nds GVBl. S. 46)), siehe zur Vorgängervorschrift des § 99 Abs. 3 der Niedersächsischen Bauordnung und seiner Auswirkung auf das Grenzabstandsregime insbesondere: OVG Niedersachsen, Beschluss vom 05.09.2002 - 1 ME 183/02 - BauR 2003, 77) keine Privilegierung von Änderungen baulicher Anlagen im Abstandsflächenrecht.
13 
(b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich zunächst, dass nicht allein die baulichen Änderungen des so genannten Altbaus ..., sondern das gesamte Gebäude ... in seiner geänderten Gestalt an den §§ 5 f. LBO zu messen ist. Da sich die Außenwand des Altbaus nicht an der Grundstücksgrenze im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 LBO befindet - insbesondere handelt es sich bei der historischen Bebauungssituation im Plangebiet nicht um eine geschlossene Bauweise im Sinne des § 22 Abs. 3 BauNVO (vgl. Sauter, Landesbauordnung, Stand: März 2010, § 5 Rn. 38 ff.) -ist vor der dem Grundstück der Antragsteller zu 6 und 7 zugewandten Außenwand dieses Gebäudes eine Abstandsfläche erforderlich.
14 
Weiter ausgehend von den oben dargestellten, vom Ansatz des Verwaltungsgerichts abweichenden Grundsätzen ergibt sich für den so genannten Altbau unstreitig, dass aufgrund der Änderung der Traufhöhe eine abstandsflächenrechtliche Neubetrachtung der gesamten baulichen Anlagen notwendig wird. Die Änderung der Traufhöhe allein wirkt sich bereits auf abstandsflächenrelevante Merkmale, nämlich die nach § 5 Abs. 4 und 5 LBO zu berechnende Wandhöhe, aus. Ebenso unstreitig und offensichtlich liegen die sich ergebenden Abstandsflächen entgegen der gesetzlichen Anordnung des § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO weit überwiegend nicht auf dem Baugrundstück selbst. Dies ergibt sich aus dem Abstandsflächenplan als Teil der Bauvorlagen.
15 
(2) Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, weshalb bezogen auf den Altbau geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen seien, sind mit dem Beschwerdevorbringen ebenfalls erschüttert.
16 
(a) Eine geringe Tiefe der Abstandsfläche ist nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs ist dabei von der normativen Wertung auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig vorliegt, wenn der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe unterschritten wird, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig ist. Nachbarliche Belange sind in einem solchen Fall nur dann nicht erheblich beeinträchtigt, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtlich relevante Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. Senatsurteil vom 06.06.2008 - 8 S 18/07 - VBlBW 2008, 483; Urteil des 5. Senats vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 - BauR 2003, 1201; Urteil des 3. Senats vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 - VBlBW 2008, 190). Solche Besonderheiten können sich - und werden sich zumeist - aus den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Nachbargrundstück ergeben. Daneben können aber auch rechtliche Besonderheiten, die beim Nachbargrundstück im Verhältnis zum Bauvorhaben vorliegen und dessen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit abstandsflächenrechtlich deutlich mindern, eine „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen ausschließen, etwa bei einer rechtlichen Vorbelastung des Nachbargrundstücks, wenn das Abwehrrecht des Nachbarn in Bezug auf Auswirkungen einer für den Wiederaufbau eines Gebäudes verwendeten, auf dem Baugrundstück bereits existierenden Außenmauer ausgeschlossen (Senatsurteil vom 27.10.2000 - 8 S 445/00 -VBlBW 2001, 144) oder in Bezug auf ein nachträglich genehmigtes Vorhaben verwirkt ist (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 - VBlBW 2008, 190), oder bei einer Bebauung von Baugrundstück und Nachbargrundstück mit einem Doppelhaus (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2009 - 3 S 569/09 -) oder wenn sich dem Regelungsregime der Abstandsflächenvorschriften eindeutig entnehmen lässt, dass der Gesetzgeber die konkrete Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks für zumutbar hält (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 -VBlBW 2009, 65).
17 
(b) Ausgehend von diesen Maßstäben kann den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, dass die eine geringere Abstandsflächentiefe rechtfertigende Besonderheit hinsichtlich des Altbaus darin begründet liege, dass das bestehende Gebäude der Beigeladenen mit seinem lediglich 30 cm betragenden Grenzabstand Bestandsschutz genieße und die Erhöhung der Traufhöhe nicht zu einer Erhöhung des Gebäudes insgesamt führe, ebenso wenig gefolgt werden wie der Überlegung, dass aufgrund der historisch bedingten Bausituation, die auf das Ortsbaustatut der Stadt Cannstatt aus dem Jahr 1888 zurückzuführen ist, eine solche, eine geringere Abstandsflächentiefe rechtfertigende Sondersituation gegeben sei.
18 
Denn ein Abstellen allein auf die Gesamthöhe des bestandsgeschützten Gebäudes der Beigeladenen im Rahmen des Tatbestands des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO wird bereits der gesetzlichen Wertung, wonach die Wand- und nicht die Firsthöhe zentraler Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der erforderlichen Abstandsflächentiefe ist, nicht gerecht. Diese Wertung aus § 5 Abs. 4 und Abs. 5 LBO kann bei der Anwendung des § 6 Abs. 3 LBO nicht außer Betracht bleiben. Im Übrigen vermag die gleichbleibende Firsthöhe für sich keine Sondersituation auf dem Grundstück der Antragsteller zu 6 und 7 - nur darauf kommt es an - zu begründen. Damit unterscheidet sich die hier zur Prüfung stehende Konstellation von dem durch den Senat im Urteil vom 27.11.2000 (a.a.O.) entschiedenen Fall. Dort war eine alte Außenmauer im Rahmen eines Wiederaufbaus eines zerstörten Gebäudes verwendet worden, die hinzutretende Aufstockung hielt einen deutlichen Abstand zur Grundstücksgrenze ein.
19 
Ebenso wenig besagt der bisher bereits geringe Grenzabstand des Gebäudes der Beigeladenen etwas über eine abstandsflächenrechtliche Sondersituation auf dem Nachbargrundstück für den Fall einer Änderung dieser baulichen Anlage. Schließlich lässt sich auch aus der historischen Bausituation nicht per se schließen, dass eine geringere Abstandsflächentiefe nachbarlichen Belange nicht beeinträchtigte. Vielmehr hat der Landesgesetzgeber dadurch, dass er Änderungen an baulichen Anlagen, die sich auf abstandsflächenrelevante Merkmale auswirken können, nicht privilegiert, diese den im Zeitpunkt der Änderung jeweils gültigen Abstandsflächenregelungen unterworfen. Daher ist es grundsätzlich nicht möglich, aus einer historisch begründeten Bausituation allein eine Sondersituation im Sinne der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs zu § 6 Abs. 3 LBO herzuleiten.
20 
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin liegt bezogen auf den Altbau auch keine Sondersituation im Sinne der Rechtsprechung des Senats aufgrund eines grenznahen Gebäudes auf dem Nachbargrundstück vor (vgl. Senatsbeschluss vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - BauR 1997, 92). Grenznahe im Sinne dieser Rechtsprechung sind nur solche Gebäude, die in unmittelbarer Nähe zur Grundstücksgrenze errichtet worden sind. Denn nur in diesen Fällen lässt sich ohne nähere Prüfung sonstiger Umstände des Einzelfalls eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange verneinen. Die erforderliche unmittelbare Nähe zur Grenze ist bei einem Abstand von 2,3 m zur Grundstücksgrenze, wie er vom Gebäude der Antragsteller zu 6 und 7 eingehalten wird, eindeutig zu verneinen. Dies schließt allerdings das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO noch nicht aus (siehe II. 1. c) bb) (2)).
21 
bb) Ergibt die auf dargelegte Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) - wie hier -, dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes - hier bezogen auf den Antrag der Antragsteller zu 6 und 7 hinsichtlich der Vollziehbarkeit für die Baugenehmigung für das Bauvorhaben... - nicht rechtfertigt, hat es umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 m.w.N.)
22 
(1) Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragsteller zu 6 und 7 fällt zu Lasten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen aus. Anders als das Verwaltungsgericht misst der Senat dem privaten Interesse der Beigeladenen, von der Baugenehmigung - dem gesetzlichen Regelfall entsprechend (§ 212a Abs. 1 BauGB) -sofort Gebrauch machen zu dürfen, keinen Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung bei. Vielmehr überwiegt das Suspensivinteresse der Antragsteller zu 6 und 7. Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragsteller zu 6 und 7 gegen die der Beigeladenen für das Bauvorhaben ...-... erteilte Baugenehmigung erweisen sich als offen. Sie hängen von tatsächlichen Feststellungen ab, die im Beschwerdeverfahren nicht getroffen werden können. Eine von den Erfolgsaussichten gelöste Interessenabwägung gebietet es hier, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen.
23 
(2) Allein deshalb, weil die Abstandsfläche vor der südlichen Außenwand des geänderten Gebäudes ... entgegen § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO nicht auf dem Baugrundstück selbst liegt, folgt noch nicht, dass die erteilte Baugenehmigung sich als rechtswidrig erweisen muss und die Antragsteller zu 6 und 7 dadurch in eigenen Rechten verletzt sind. Die Antragsgegnerin hat ausweislich der Zurückweisung der Nachbareinwendungen in der Baugenehmigung vom 13.05.2013 hinsichtlich des Altbaus bezogen auf das Grundstück der Antragsteller zu 6 und 7 allein in den Blick genommen, dass „durch das Anbringen einer Wärmedämmung [die Abstandsfläche des Altbaus] um weitere 19 cm reduziert“ wird. Sie hat bislang jedoch weder das gesamte Gebäude in seiner geänderten Gestalt entsprechend den oben aufgezeigten Maßstäben in den Blick genommen noch ermittelt, ob die nachbarlichen Belange der Antragsteller aus anderen, tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erheblich beeinträchtigt sein könnten (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO). Ebenso wenig liegen Feststellungen vor, die eine Beurteilung eines Abweichungs- oder Befreiungsanspruchs der Beigeladenen nach § 56 Abs. 2 oder Abs. 5 Satz 1 LBO ermöglichten. Bei der Prüfung sowohl der Zulassung geringer Tiefen der Abstandsflächen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO als auch im Rahmen des § 56 Abs. 2 oder Abs. 5 Satz 1 LBO ist die Vorbelastung des Grundstücks der Antragsteller zu 6 und 7 durch das bestandsgeschützte Gebäude... ... mit in Betracht zu ziehen und ungeachtet der erforderlichen abstandsflächenrechtlichen Gesamtbetrachtung ein Vergleich zwischen den derzeitigen und den zu erwartenden künftigen Beeinträchtigungen hinsichtlich Belichtung, Besonnung und Belüftung vorzunehmen. Bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung ist hinsichtlich der Erheblichkeit der Beeinträchtigung nachbarlicher Belange bezogen auf die durch die baulichen Veränderungen weiter hervorgerufenen Beeinträchtigungen allerdings ein strenger Maßstab anzulegen. Die erforderlichen Tatsachenermittlungen werden im Widerspruchsverfahren nachzuholen sein.
24 
(3) Da zulasten der Antragsteller zu 6 und 7 im Falle der Realisierung des genehmigten Bauvorhabens die Schaffung vollendeter Tatsachen durch eine abstandsflächenrelevante Änderung eines Gebäudes droht, die nur mit sehr hohem Aufwand rückgängig zu machen sein dürfte, wiegt ihr Suspensivinteresse schwer. Ähnlich schwer wiegende öffentliche oder private - insbesondere wirtschaftliche - Interessen am Vollzug der Baugenehmigung vor der Entscheidung über den Widerspruch und gegebenenfalls über eine sich anschließende Klage sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Daher überwiegt das Suspensivinteresse der Antragsteller zu 6 und 7 hinsichtlich ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung vom 13.05.2013. Sollte sich die Interessenlage auf Seiten der Antragsgegnerin oder der Beigeladenen ändern oder sollte sich aufgrund der weiterer Ermittlungen im Widerspruchsverfahren ergeben, dass geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen sind, steht den insoweit hier unterlegenen Beteiligten die Möglichkeit eines Abänderungsantrags nach den §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO offen.
25 
(4) Da die Beschwerde der Antragsteller zu 6 und 7 insoweit Erfolg hat, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts zutrifft, hinsichtlich des mitgenehmigten eingeschossigen, nicht auf der Grenze stehenden Anbaus seien aufgrund von § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen.
26 
2. Mit ihrem Beschwerdevorbringen vermögen die Antragsteller zu 1 bis 5 hingegen nicht aufzuzeigen, dass das Bauvorhaben ... gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften verstößt und sie dadurch in eigenen Rechten verletzt.
27 
Das Verwaltungsgericht hat insoweit entschieden, dass die nach der Landesbauordnung einzuhaltenden Abstandsflächen gegenüber dem Grundstück ... eingehalten würden. Das ergebe sich aus dem Abstandsflächenplan des Vermessungsbüros H. vom 04.03.2013 und der diesem zugrunde liegenden Abstandsflächenberechnung vom 18.02.2013. Die Beschwerden bringen hiergegen allein vor, die erforderlichen "Grenzabstände" seien auch gegenüber dem Gebäude ... nicht eingehalten. Das Gebäude der Beigeladenen rücke ausweislich der Bauvorlagen sehr viel näher an das Gebäude ... heran. Damit genügen diese Beschwerden insoweit dem Darlegungsgebot (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) nicht. Es hätte den Antragstellern zu 1 bis 5 oblegen, sich mit der vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Berechnung zur Tiefe der Abstandsfläche auseinanderzusetzen und aufzuzeigen, weshalb diese oder die auf ihr beruhenden Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichts fehlerhaft sein könnten.
28 
Offen bleiben kann daher, unter welchen Umständen sich Sondereigentümer auf eine Verletzung der §§ 5 f. LBO berufen können (vgl. dazu Bayerischer VGH, Urteil vom 12.07.2012 - 2 B 12.1211 - BayVBl 2013, 51).
III.
29 
Soweit sich die Antragsteller zu 1 bis 5 mit ihren Beschwerden gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts wenden, die Bauvorhaben ... ... verstießen nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts, führt dies ebenso wenig zum Erfolg wie das diesbezügliche Vorbringen der Antragsteller zu 6 und 7 bezogen auf das Bauvorhaben ... Hinsichtlich des Bauvorhabens ... kommt es für die Antragsteller zu 6 und 7 nach den Ausführungen unter II. auf einen möglichen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts nicht mehr an.
30 
1. a) Das Verwaltungsgericht hat zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der beiden Vorhaben entschieden, dass ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts nicht vorliege. Selbst wenn man die Kindertagesstätten als einheitlichen Betrieb ansähe, verstießen die Bauvorhaben weder gegen das Gebot der Gebietsverträglichkeit noch gegen das Gebot der Rücksichtnahme aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Ein im allgemeinen Wohngebiet regelhaft zulässiges Vorhaben gefährde den Gebietscharakter und sei gebietsunverträglich, wenn es bezogen auf den Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets aufgrund seiner typischen Nutzung störend wirke. Angesichts der Größe und der Dichte der Wohnbebauung des Plangebiets könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Nutzung der beiden an zwei verschiedenen Straßen liegenden und lediglich mit ihren Außenspielflächen aneinanderstoßenden Kindertagesstätten für 80 Kinder im Alter von null bis sechs Jahren und acht Jugendlichen gebietsunverträglich sei. Die Beigeladene habe glaubhaft gemacht, dass aufgrund von häufigeren Krankheiten und Teilzeitbeschäftigungen der Eltern nie alle Kinder da seien und die Kinder im Übrigen auch zeitversetzt kämen.
31 
Auch im Hinblick auf den durch die Nutzung des Außenspielbereichs entstehenden Kinderlärm könne nicht von einer Gebietsunverträglichkeit ausgegangen werden. Die Außenspielfläche betrage insgesamt 860 m2. Die Betriebszeiten seien Montag bis Freitag 07.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Von einem großen Teil der Kinder werde die Außenspielfläche schon aufgrund des Alters in äußerst geringem Umfang in Anspruch genommen werden. Daher liege kein Verstoß gegen das Gebot der Gebietsverträglichkeit vor. Diese Umstände begründeten sogleich die Verneinung des Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot. Hinsichtlich des Lärms sei dem Begrünungsplan zu entnehmen, dass die Hauptspielorte überwiegend in dem Bereich hinter den sich auf dem Grundstück der Antragsteller zu 1 bis zu 5 befindlichen Garagen sowie im Bereich um bzw. hinter einem sich auf der Höhe des Grundstücks der Antragsteller zu 6 und 7 befindenden Schuppens angelegt würden, so dass dadurch eine Abschottung des Lärms gegenüber den Antragsteller herbeigeführt werde. Außerdem sei eine großwüchsige Bepflanzung vorgesehen, was eine lärmmindernde Wirkung haben dürfte. Überdies sei zu berücksichtigen, dass mit der Novellierung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in § 22 Abs. 1a BImSchG der in der Rechtsprechung geltende Grundsatz festgeschrieben worden sei, dass der unvermeidbare Lärm spielender Kinder regelmäßig keine immissionsschutzrechtlich relevante Störung darstelle, weshalb gerade ein in einem Wohngebiet angelegter Kinderspielplatz im Rahmen seiner bestimmungsgemäßen Nutzung unter Anwendung eines großzügigen Maßstabs von den Nachbarn grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen sei.
32 
b) Hiergegen bringen die Antragsteller vor, der geplante Außenbereich und Kinderspielplatz auf dem Flurstück Nr. 5527 umfasse eine Fläche von grob geschätzt 1.400 m2 und nicht nur 860 m2. Diese Fläche könne nach der Baugenehmigung von bis zu 88 Kindern durchgehend in Anspruch genommen werden. Die Baugenehmigungen enthielten insofern keine Nutzungsbeschränkung. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts müsse die maximale Auslastung zugrunde gelegt werden. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Abschottung des Lärms durch Gebäude seien ausweislich des Lageplans unzutreffend. Die Freifläche habe einen direkten Sichtbezug zu den Wohnhäusern der Antragsteller. Im Übrigen reflektierten die Garagen den Lärm eher. Von der Bepflanzung gehe eine lärmmindernde Wirkung tatsächlich nicht aus. Das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung lediglich auf den allgemeinen Gebietscharakter abgehoben, ohne die Besonderheiten in dem Gebiet zu berücksichtigen. Das Bauvorhaben verstoße gegen den Bebauungsplan Martin-Luther-Straße von 1967 insoweit, als in der überbaubaren Grundstücksfläche lediglich eine gärtnerische Nutzung sowie als Ausnahme eine Tiefgarage zulässig sei. Ziel des Bebauungsplanes sei es ausweislich seiner Begründung, eine weitere Verdichtung der Bebauung in den Hinterhof hinein auszuschließen und den inneren Bereich zu begründen. Dieser Zielsetzung widerspreche es, im inneren Bereich eine so große Außenfläche für eine Kindertagesstätte anzulegen. Dieser Verstoß sei vom Gebietserhaltungsanspruch mit umfasst. Nach den Grundzügen der Planung solle der hintere Bereich von einer anderen Nutzung freigehalten werden, so dass auch keine Befreiung in Betracht komme. Die Antragsteller verkennten nicht, dass grundsätzlich Kinderlärm als sozialadäquat hinzunehmen sei. Vorliegend bestehe jedoch die Besonderheit, dass der Plangeber dem hinteren Bereich eine über die normale Funktion einer unüberbaubaren Grundstücksfläche hinausgehende eingeschränkte Nutzungsfunktion zugewiesen habe, um gerade typische Störungen in dem inneren Areal zu verhindern. Die beabsichtige Nutzung sei in der konkreten Situation nicht mehr sozialadäquat und nicht mehr zulässig.
33 
c) Mit diesem Vorbringen vermögen die Antragsteller die Richtigkeit der Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts nicht mit Erfolg in Zweifel zu ziehen. Eine Verletzung des so genannten Gebietserhaltungsanspruchs (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24) wird mit der Beschwerde ebenso wenig dargetan wie eine Verletzung sonstigen Bauplanungsrechts.
34 
aa) Hinsichtlich der Gebietsverträglichkeit und der grundsätzlichen Zulässigkeit einer bestimmten Art von Bauvorhaben in einem Baugebiet der Baunutzungsverordnung ist ein abstrakt-typisierender Maßstab und nicht, wie die Beschwerde meint, ein konkreter, die Besonderheiten des konkreten Plangebiets in den Blick nehmender Maßstab anzulegen.
35 
Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart im Sinne der Baunutzungsverordnung, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (BVerwG, Urteile vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 16 und vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 19; Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384).
36 
Gemessen hieran erweist sich eine Kindertagesstätte in einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung vom 26.06.1962 (BGBl. I. S. 429) - BauNVO 1962 -, deren §§ 2 bis 10 und 12 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans „Martin-Luther-Straße, Gemeinschaftsgarage“ vom 25.03.1965 / 06.07.1967 geworden sind (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO 1962), als gebietsverträglich und zulässig. Bei einer Kindertagesstätte handelt es sich um eine nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO 1962 allgemein zulässige Anlage für soziale oder gegebenenfalls auch kirchliche Zwecke (vgl. zur Abhängigkeit der Einordnung nach der Trägerschaft und Ausrichtung der Kindertagesstätte Stock, in: König, Roeser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. 2003, § 4 Rn. 47). Sie widerspricht auch nicht dem Gebietszweck. Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen, § 4 Abs. 1 BauNVO 1962. Da sie nicht „ausschließlich“ dem Wohnen dienen, widersprechen Kindergärten und Kindertagesstätten - die nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO 1962 nicht der Versorgung des Gebiets dienen müssen - dem Gebietszweck nicht. Für sie besteht in allgemeinen Wohngebieten vielmehr ein unmittelbares Bedürfnis (Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Januar 2010, § 4 BauNVO Rn. 96). Die mit der Benutzung solcher Einrichtungen für die nähere Umgebung verbundenen Auswirkungen - vorwiegend Geräusche - sind ortsüblich und sozialadäquat; sie können eine allgemeine Akzeptanz in der Bevölkerung für sich in Anspruch nehmen (Thüringer OVG, Beschluss vom 13.04.2011 - 1 EO 560/10 - LKV 2011, 427 (428 f.)).
37 
bb) Das Beschwerdevorbringen führt auch nicht auf eine Unzulässigkeit der Bauvorhaben im Einzelfall aufgrund der Bestimmungen aus § 15 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 BauNVO.
38 
(1) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1962 sind die in den §§ 2 bis 14 Bau-NVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen.
39 
Die Eigenart eines in einem konkreten Bebauungsplan festgesetzten einzelnen Baugebiets im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ergibt sich nicht allein aus den typisierenden Regelungen der Baunutzungsverordnung; sie lässt sich vielmehr abschließend erst bestimmen, wenn zusätzlich auch die jeweilige örtliche Situation in die ein Gebiet „hineingeplant“ worden ist, und der jeweilige Planungswille der Gemeinde, soweit dieser in den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans unter Berücksichtigung der hierfür gegebenen Begründung zum Ausdruck gekommen ist, berücksichtigt werden (BVerwG, Beschluss vom 16.08.1989 - 4 B 242.88 -Buchholz 406.12 § 15 BauNVO Nr. 14). Entgegen der Auffassung der Beschwerden dürfte sich der Festsetzung einer unüberbaubaren Grundstücksfläche im inneren Areal des Plangebiets wohl nicht entnehmen lassen, dass damit Störungen durch immissionsträchtige, gleichwohl nach § 4 BauNVO 1962 im allgemeinen Wohngebiet zulässige Anlagen weitgehend vermieden werden sollten. Wäre den Beschwerden insoweit zu folgen, könnte jedenfalls der Umfang der beabsichtigten Nutzung unzulässig sein. Jedoch lässt sich der Begründung zum Bebauungsplan entnehmen, dass er einer Hinterhausbebauung und der damit einhergehenden Verdichtung der Bebauung vorbeugen sollte. Ein Planungswille zu einer besonderen Beruhigung des allgemeinen Wohngebiets lässt sich anhand der Begründung des Bebauungsplans nicht nachweisen und wird durch die Beschwerden auch nicht anderweitig belegt.
40 
(2) Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1962 (vgl. zu dessen Anwendbarkeit OVG Bremen, Urteil vom 19.11.1985 - 1 BA 110/83 - UPR 1986, 233) sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO 1962 aufgeführten baulichen und sonstigen Analgen insbesondere unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die für die Umgebung nach der Eigenart des Gebietes unzumutbar sind.
41 
Das Beschwerdevorbringen vermag nicht aufzuzeigen, dass eine Verletzung von § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1962 nahe liegt. Geräuscheinwirkungen, die von einer Kindertagesstätte in einem allgemeinen Wohngebiet durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1962. Denn nach § 22 Abs. 1a Satz 1 BImSchG sind Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift dürfen bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen Immissionsgrenz und -richtwerte nicht herangezogen werden. Die Vorschrift ist auch im Rahmen des baunachbarrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, wie es in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1962 verankert ist, von Bedeutung (vgl. Jarass, BImSchG, 10. Aufl. 2013, § 22 Rn. 45). Denn jedenfalls die Geräusche von Kindern, die in Anwendung der Bestimmung des § 22 Abs. 1a BImSchG keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Immissionsschutzrechts sind, können keine für die Umgebung unzumutbare Belästigung sein. Die Antragsteller haben mit den Beschwerden nichts dafür dargetan, dass die angegriffenen Baugenehmigungen Geräuscheinwirkungen durch Kinder zuließen, die abweichend vom gesetzlichen Regelfall doch als schädliche Umwelteinwirkungen angesehen werden könnten. Eine solche Ausnahme von der Regel, die eine Sonderprüfung gebieten würde, liegt beispielsweise vor, wenn sich in unmittelbarer Nachbarschaft sensible Nutzungen wie Krankenhäuser oder Pflegeanstalten befinden. Die Frage, ob ein Ausnahmefall anzunehmen ist, bedarf dabei einer wertenden Gesamtschau (BVerwG, Beschluss vom 05.06.2013 - 7 B 1.13 - juris Rn. 8 f.) unter Zugrundelegung eines - zugunsten der Geräuscheinwirkungen durch Kinder - weiten Maßstabs (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.10.2013 - 1 S 347/13 - juris Rn. 43). Aus der Größe der beiden Vorhaben mit insgesamt 80 Kindern, die voraussichtlich nicht mit § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1962 in Konflikt gerät, lässt sich ein solcher Ausnahmefall jedenfalls nicht ableiten, aus der Lage der Vorhaben in einem allgemeinen Wohngebiet auch nicht.
42 
cc) Unabhängig davon, ob die angegriffenen Genehmigungen hinsichtlich der Spielflächen den Festsetzungen des Bebauungsplans zur nicht überbaubaren Grundstücksfläche widersprechen, können die Antragsteller daraus wohl keine Erfolgsaussichten für ihre Widersprüche ableiten, weil sie dadurch wohl jedenfalls nicht in eigenen Rechten verletzt sein können. Denn den möglicherweise überschrittenen Baugrenzen kommt keine nachbarschützende Wirkung zu.
43 
Die Festsetzung einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 b) des Bundesbaugesetzes vom 23.06.1960 (BGBl. I S. 341) - BBauG 1960 - erfolgte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des § 23 Abs. 1 und 3 BauNVO 1962 mittels Baugrenzen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs entfalten zwar seitliche und hintere Baugrenzen und Baulinien regelmäßig eine drittschützende Wirkung zugunsten der ihnen gegenüber liegenden Nachbargrundstücke (Senatsbeschlüsse vom 22.08.2011 - 8 S 2156/11 -; vom 17.12.2009 - 8 S 1669/09 - VBlBW 2010, 160 und vom 02.06.2003 - 8 S 1098/03 - VBlBW 2003, 470; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2012 - 5 S 2233/11 - NVwZ-RR 2012, 500 (502)). Der von einer solchen Baugrenze vermittelte Drittschutz ist allerdings auf die Fläche begrenzt, die dieser Baugrenze unmittelbar rechtwinklig vorgelagert ist (Senatsbeschlüsse vom 22.08.2011 - 8 S 2156/11 - und vom 06.03.2001 - 8 S 425/01, 8 S 575/01 - juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.10.1997 - 5 S 1596/97 - BauR 1998, 521 m.w.N.). Davon ausgehend können selbst dann, wenn aufgrund der Spielfläche für Kinder ein Gebäude oder Gebäudeteil im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO 1962 eine der beiden relevanten Baugrenzen auf den Baugrundstücken überschritte (vgl. zur weiten Auslegung des Begriffs des Gebäudes in dieser Vorschrift BVerwG, Urteil vom 07.06.2001 - 4 C 1.01 - NVwZ 2002, 90), Rechte der Antragsteller nicht verletzt sein.
44 
dd) Entgegen dem Vorbringen der Beschwerden berührt ein Verstoß gegen die Festsetzungen zur unüberbaubaren Grundstücksfläche und zur dort lediglich zulässigen gärtnerischen Nutzung sowie zur ausnahmsweisen Nutzung als Tiefgarage in Form einer Gemeinschaftsanlage keinen Gebietserhaltungsanspruch der Antragsteller. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Festsetzungen zur unüberbaubaren Grundstücksfläche keine Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung sind; nur auf solche bezieht sich der geltend gemachte Gebietserhaltungsanspruch. Die Festsetzung zur gärtnerischen Nutzung kann allenfalls eine Einschränkung hinsichtlich der Zulässigkeit von Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1962 sein, die zwar Relevanz im Rahmen des § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO 1962 hinsichtlich der auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen zulässigen Nebenanlagen haben kann. Die Beschwerden machen aber nicht geltend, dass planungsrechtlich unzulässige Nebenanlagen genehmigt worden seien. Daher kann auch der Vortrag, die Außenfläche der Kindertagesstätte erforderte eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB, dessen Tatbestandsvoraussetzungen lägen aber nicht vor, keinen Erfolg haben.
45 
ee) Offen bleiben kann daher, ob die Antragsteller zu 1 bis 5 sich als Sondereigentümer überhaupt auf den Gebietserhaltungsanspruch berufen können oder ob dieser allein von der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemacht werden kann (vgl. dazu etwa: Bayerischer VGH, Beschluss vom 08.07.2013 - 2 CS 13.873 - juris Rn. 7 ff.).
46 
2. Selbst wenn die Bestimmung des Bebauungsplans „nicht überbaubare Grundstücksfläche mit gärtnerischer Nutzung“ - anders als oben unter III. 1. c) dd) verstanden - vom Satzungsgeber als eine eigenständige Festsetzung der Nutzungsart gemeint gewesen sein sollte, führte dies nicht zum Erfolg der Beschwerden. Denn für eine Festsetzung der Grundstücksnutzung abweichend vom Katalog der Baunutzungsverordnung 1962 gab es für den Satzungsgeber allenfalls in § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG 1960 eine Ermächtigungsgrundlage, von der indes offenkundig kein Gebrauch gemacht werden sollte. Unabhängig davon, ob aufgrund dieser Bestimmung eine Regelung für den Innenbereich des Plangebiets hätte getroffen werden können (siehe zum Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG 1960 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Juni 2012 , § 9 Rn. 101), liegt es fern, dass eine solche Regelung gemeint gewesen ist. Denn im zeichnerischen Teil des Bebauungsplanes ist die ursprünglich mit zitierte Ermächtigungsgrundlage ausdrücklich gestrichen worden. Auch wurde „Von der Bebauung freizuhaltende Fläche“ durch „Nicht überbaubare Grundstücksfläche“ ersetzt. Daher wäre eine Festsetzung der Nutzungsart „gärtnerische Nutzung“ mangels einer Festsetzung eines von der Bebauung freizuhaltenden Grundstücks im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG 1960 ohne Ermächtigungsgrundlage erfolgt und demzufolge unwirksam.
IV.
47 
1. Die - zur Klarstellung für beide Rechtszüge insgesamt neu zu fassende - Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 und 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene mit ihrem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerden ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, den Antragstellern anteilsmäßig die außergerichtlichen Kosten der teilweise obsiegenden Beigeladenen aufzuerlegen. Darüber hinaus tragen die Beigeladene und die Antragsgegnerin anteilig die Kosten des Verfahrens, soweit sie - nämlich bezogen auf die Antragsteller zu 6 und 7 - teilweise unterlegen sind.
48 
2. Die Streitwertfestsetzung und -abänderung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG und lehnt sich entsprechend der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. etwa Beschluss vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - juris Rn. 44) an die Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) an. Angesichts der Bedeutung der Sache für die Antragsteller ist von einer Reduzierung des Streitwerts für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes abzusehen. Hier handelt es sich um je vier Angriffe auf die Vollziehbarkeit von zwei Baugenehmigungen. Die Antragsteller zu 1 und 2 sowie zu 4 und 5 befinden sich als Sondereigentümer jeweils einer Wohnung in Rechtsgemeinschaft, ebenso die Antragsteller zu 6 und 7 als Miteigentümer des Grundstücks N... Str. 45. Daher ergibt sich ein Streitwert von 60.000,-- EUR (4*2*7.500,-- EUR).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Öffentliches Baurecht: Kindertagesstätte im allgemeinen Wohngebiet zulässig

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Der Umbau eines Gebäudes zu einer Kindertagesstätte ist in einem allgemeinen Wohngebiet generell zulässig. - BSP Rechtsanwälte - Anwalt für öffentliches Baurecht Berlin
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. August 2009 - 6 K 2312/09 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die zulässige (§§ 146, 147 VwGO) Beschwerde ist nicht begründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gebieten es nicht, den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 13.05.2009 anzuordnen, abgelehnt, weil die angefochtene Baugenehmigung nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich keine Rechte der Antragstellerin verletzt. Der Senat kann deshalb offen lassen, ob der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach wie vor zulässig ist. Mögliche Bedenken in Bezug auf das Vorliegen des Rechtsschutzinteresses nach Fertigstellung des Rohbaus des genehmigten Vorhabens (vgl. Senatsbeschluss vom 12.01.2005 - 8 S 2720/04 - BauR 2005, 1762 m.w.N.) sind für die Entscheidung über die Beschwerde nicht erheblich.
Gegenstand der angefochtenen Baugenehmigung ist das Vorhaben der Beigeladenen, ein am 02.06.1950 vom Landratsamt Göppingen als Kfz-Werkstatt mit einer nördlichen Außenwand im Abstand von 2,3 m zur Grenze des Nachbargrundstücks der Antragstellerin genehmigtes Gebäude auf dem - im unbeplanten Innenbereich gelegenen - Grundstück Flst.Nr. ... in ein Wohnhaus umzubauen. Nach den genehmigten Bauvorlagen sollen das im Lageplan mit 2,32 m bis 2,34 m tatsächlichem Abstand zum Nachbargrundstück der Antragstellerin eingezeichnete Altgebäude im Inneren umgebaut, Fenster verkleinert oder zugemauert, an die Westseite ein Abstellraum und an die Ostseite ein Treppenhaus mit jeweils mehr als 2,5 m Abstand zum Nachbargrundstück angebaut, an die Südseite ein Raum für Gartengeräte angebaut sowie im Südwesten ein Carport errichtet werden. Ferner soll auf die Außenfassade eine Wärmedämmung von 16 cm, an der dem Nachbargrundstück der Antragstellerin zugewandten Nordseite jedoch von nur 6 cm aufgebracht werden. In der Baugenehmigung wird für die integrierte nördliche Außenwand des Altgebäudes eine geringere Tiefe der Abstandsfläche nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO und für die Aufbringung der Wärmedämmung eine Abweichung nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 LBO mit der Auflage zugelassen, dass sie an der Nordseite des Wohnhauses aus nicht brennbaren Stoffen bestehen muss.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung abgelehnt, das Vorhaben verletze voraussichtlich keine das Nachbargrundstück der Antragstellerin schützenden Vorschriften. Weder das Rücksichtnahmegebot nach § 34 Abs. 1 BauGB noch bauordnungsrechtliche Vorschriften mit drittschützender Wirkung seien verletzt. Zwar unterschreite die Nordseite des Altgebäudes die nachbarschützende Mindestabstandsflächentiefe von 2,5 m nach § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO. Insoweit sei aber eine Abweichung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zuzulassen. Nachbarliche Belange würden nicht erheblich beeinträchtigt, weil hinsichtlich des Nachbargrundstücks ein Sondersituation vorliege, welche seine Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit abstandsflächenrechtlich deutlich mindere. Denn der Nachbar habe das die Mindestabstandsflächentiefe unterschreitende genehmigte Altgebäude längere Zeit unbeanstandet hingenommen, so dass auch die Aufbringung der Wärmedämmung nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO zuzulassen sei. Bei der Abwägung sei auch zu berücksichtigen, dass das Wohnhaus auf dem Grundstück der Antragstellerin etwa 14 m vom Bauvorhaben der Beigeladenen entfernt liege. Die durch § 5 LBO geschützten Belange seien insoweit wohl schon tatsächlich nicht betroffen. Die durch die 6 cm starke Wärmedämmung eintretende Abstandsflächenverringerung werde vom Grundstück der Antragstellerin optisch kaum wahrnehmbar sein. Die dagegen mit der Beschwerdebegründung dargelegten Einwendungen greifen nicht durch.
1. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin verstößt das Vorhaben nicht gegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, soweit diese Vorschrift über das im Begriff des Einfügens aufgehende Gebot der Rücksichtnahme Drittschutz vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354). Das hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss eingehend und überzeugend begründet. Dem schließt sich der Senat an und weist die Beschwerde insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Insoweit ist zur Beschwerdebegründung ergänzend auszuführen:
Die Antragstellerin rügt, das Bauvorhaben wirke erdrückend und einmauernd, weil die in Richtung der etwa 22 m langen gemeinsamen Grundstücksgrenze vorhandene Länge des Gebäudes auf dem Baugrundstück durch die genehmigten Anbauten von ca. 9,66 m auf 16,98 m mit der Folge erweitert werde, dass sich das Bild einer “geschlossenen Mauer“ ergebe. Das trifft nicht zu. Wie auch die Antragstellerin selbst einräumt, werden auf dem Baugrundstück nahe der gemeinsamen Grundstücksgrenze insgesamt ca. 5 m frei von Bebauung sein. Von einer durch das Bauvorhaben bewirkten “geschlossenen Mauer“ kann damit keine Rede sein. Zudem ist zu berücksichtigen, dass nur das im Osten anzubauende Treppenhaus die gleiche Höhe wie das ohnehin nur eingeschossige Altgebäude von ca. 6,75 m erreicht, während der im Westen vorgesehene Abstellraum lediglich 3 m hoch sein wird, so dass das umgebaute Gebäude - wie die Nordansicht in den genehmigten Bauvorlagen verdeutlicht - entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze nicht als einheitlicher massiver Baukörper in Erscheinung tritt. Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang meint, die erdrückende Wirkung schlage sich auch in der von ihr im einzelnen dargelegten Überschreitung des nach § 17 Abs. 1, § 19 Abs. 4, § 21 a Abs. 3 Satz 1 BauNVO zulässigen Maßes der baulichen Nutzung nieder, ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Vorschriften für das im unbeplanten Innenbereich i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB gelegene Baugrundstück nicht unmittelbar gelten. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung richtet sich vielmehr allein danach, ob es sich nach den konkreten Verhältnissen der umgebenden Bebauung in deren Eigenart einfügt. Zwar kann zur Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung im unbeplanten Innenbereich auf die in der Baunutzungsverordnung verwendeten Begriffsmerkmale zurückgegriffen werden. Das bedeutet aber nicht, dass die Maßbestimmungsfaktoren des § 16 Abs. 2 BauNVO - unterschiedslos und möglicherweise gar mit allen Berechnungsregeln der Baunutzungsverordnung - wie Festsetzungen eines Bebauungsplans rechtssatzartig heranzuziehen wären. Für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung und eine das Gebot der Rücksichtnahme verletzende er-drückende Wirkung kommt es daher entgegen der Beschwerdebegründung nicht auf die an die Art der baulichen Nutzung anknüpfenden Berechnungsregeln in § 17 BauNVO für die zulässige Grund- oder Geschossfläche (GRZ, GFZ) an. Entscheidend ist allein, ob sich das Gebäude als solches, insbesondere nach seiner Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, wobei der daraus zu gewinnende Maßstab notwendigerweise grob und ungenau ist (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277; Beschluss vom 21.06.2007 - 4 B 8.07 - BauR 2007, 1691). Insoweit legt die Beschwerdebegründung jedoch nichts für eine Rücksichtslosigkeit i. S. einer erdrückenden bzw. einmauernden Wirkung zu Lasten des Nachbargrundstücks dar. Auch ist nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht ersichtlich, in welcher Hinsicht das genehmigte Vorhaben gerade wegen seines Maßes der baulichen Nutzung die Nutzung ihres Nachbargrundstücks konkret und unzumutbar beeinträchtigt.
2. Die Antragstellerin rügt des Weiteren sinngemäß, das genehmigte Vorhaben verstoße gegen die auch dem Schutz ihres Nachbargrundstücks dienende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 7 Satz 3 LBO, weil die Außenwand des Altgebäudes und die darauf aufgebrachte Wärmedämmung den nachbarschützenden Teil der Abstandstiefe unterschritten. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO als erfüllt angesehen. Die danach erforderliche Sondersituation auf dem Nachbargrundstück liege nicht vor. Die Kfz.-Werkstatt sei weder von der Antragstellerin noch von ihren Eltern als Voreigentümer des Nachbargrundstücks längere Zeit unbeanstandet hingenommen worden. Vielmehr seien schon im Baugenehmigungsverfahren im Jahr 1950 als auch im Zuge einer 1979 erfolgten Aufstockung der Kfz.-Werkstatt Einwendungen in Bezug auf den Grenzabstand vorgebracht worden. § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO entbinde nicht von einer Abwägung der nachbarlichen Belange. Die Abstandsflächenunterschreitung werde auch nicht durch den Bestandsschutz des Altgebäudes gerechtfertigt, weil dessen bauliche Änderung die Genehmigungsfrage neu aufwerfe. Auch diese Einwände führen nicht zum Erfolg der Beschwerde.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 LBO müssen vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen liegen, die von oberirdischen baulichen Anlagen freizuhalten sind und die auf dem Baugrundstück selbst liegen müssen. Deren Tiefe beträgt allgemein 0,6, deren nachbarschützender Teil 0,4 der Wandhöhe, mindestens jedoch 2,5 m, bei Wänden bis 5 m Breite mindestens 2 m (§ 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 LBO). Bei Wänden mit einer Länge bis zu 16 m genügt der nachbarschützende Teil der Abstandstiefen nach § 5 Abs. 7 LBO, mindestens jedoch 2,5 m, bei Wänden bis 5 m Breite mindestens 2 m (§ 5 Abs. 8 LBO). Diese Abstandsflächenregelung gilt nicht nur für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes, sondern auch für Vorhaben, welche die - der Errichtung gleichstehende (§ 2 Abs. 12 Nr. 1 LBO) - bauliche Änderung oder die Nutzungsänderung eines Gebäudes zum Gegenstand haben, wenn sich solche Änderungen auf abstandsflächenrelevante Tatbestandsmerkmale wie die Wandhöhe oder -länge oder nachteilig auf die Nachbargrundstücke in einem der durch § 5 LBO geschützten Belange auswirken können (Sauter, LBO, Kommentar, § 5 Rn. 23 ff.; Senatsbeschluss vom 10.09.1998 - 8 S 2137/98 - VBlBW 1999, 26).
Zwar spricht einiges dafür, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen insgesamt abstandsflächenrechtlich relevant ist, weil es nicht lediglich eine Nutzungsänderung und einen Innenumbau des bestandsgeschützten Altgebäudes, sondern mit den neuen Anbauten im Westen und Osten sowie der Aufbringung einer Wärmedämmung auch bauliche Änderungen zum Gegenstand hat, die sich auf abstandsflächenrelevante Merkmale auswirken können. Denn durch diese baulichen Änderungen entsteht bei natürlicher Betrachtungsweise - trotz der durch die mit größerem Grenzabstand vorgesehenen neuen Anbauten bedingten zwei Rücksprünge in der Fassade - eine dem Nachbargrundstück der Antragstellerin zugewandte längere nördliche Außenwand. Das dürfte abstandsflächenrechtlich grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung des neuen Wohngebäudes erfordern, auch wenn das Altgebäude aufgrund der Baugenehmigung vom 02.06.1950 Bestandsschutz genießt (vgl. auch SächsOVG, Beschluss vom 25.03.2009 - 1 B 250/08 - NVwZ-RR 2009, 633 m.w.N.). Die neue nördliche Außenwand des Wohngebäudes hält den das Nachbargrundstück der Antragstellerin schützenden Teil der vorgeschriebenen Abstandstiefe von 2,5 m nur mit den neuen Anbauten, nicht aber insoweit ein, als sie die Außenwand des Altgebäudes integriert und dort mit der Wärmedämmung versehen wird. Gleichwohl dürfte die Antragstellerin dadurch nicht in ihren Rechten als Nachbarin verletzt sein, weil für die integrierte Außenwand des Altgebäudes eine geringere Tiefe der Abstandsfläche nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO, zumindest aber nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO eine Abweichung von der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO zuzulassen ist (a)), und weil für die Aufbringung einer Wärmedämmung von 6 cm Stärke nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO eine Abweichung von der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO zuzulassen ist (b)).
a) Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und, soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs ist dabei von der normativen Wertung auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig vorliegt, wenn der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe unterschritten wird, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig ist. Nachbarliche Belange sind in einem solchen Fall nur dann nicht erheblich beeinträchtigt, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtlich relevante Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. Senatsurteil vom 06.06.2008 - 8 S 18/07 - VBlBW 2008, 483; Urteil des 5. Senats vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 - BauR 2003, 1201; Urteil des 3. Senats vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 - VBlBW 2008, 190). Solche Besonderheiten können sich - und werden sich zumeist - aus den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Nachbargrundstück ergeben. Daneben können aber auch rechtliche Besonderheiten, die beim Nachbargrundstück im Verhältnis zum Bauvorhaben vorliegen und dessen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit abstandsflächenrechtlich deutlich mindern, eine “erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen ausschließen, etwa bei einer rechtlichen Vorbelastung des Nachbargrundstücks, wenn z.B. das Abwehrrecht des Nachbarn in Bezug auf Auswirkungen einer für den Wiederaufbau eines Gebäudes verwendeten, auf dem Baugrundstück bereits existierenden Außenmauer ausgeschlossen (Urteil vom 27.10.2000 - 8 S 445/00 - VBlBW 2001, 144) oder in Bezug auf ein nachträglich genehmigtes Vorhaben verwirkt ist (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 - VBlBW 2008, 190), oder bei einer Bebauung von Baugrundstück und Nachbargrundstück mit einem Doppelhaus (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.04.2009 - 3 S 569/09 -) oder wenn sich dem Regelungsregime der Abstandsflächenvorschriften eindeutig entnehmen lässt, dass der Gesetzgeber die konkrete Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks für zumutbar hält (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - VBlBW 2009, 65).
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Solche rechtliche Besonderheiten liegen hier in Bezug auf die integrierte Außenwand des Altgebäudes vor, weil das Nachbargrundstück der Antragstellerin insoweit abstandsflächenrechtlich vorbelastet ist. Denn ein Abwehrrecht der Antragstellerin in Bezug auf die Auswirkungen der Außenwand des Altgebäudes ist aufgrund der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 02.06.1950 ausgeschlossen. Ob die Antragstellerin oder ihre Rechtsvorgänger im Eigentum vor Erteilung dieser Genehmigung - oder auch späterer Änderungsgenehmigungen - Einwendungen in Bezug auf den Grenzabstand erhoben haben, ist insoweit nicht erheblich. Auch werden die durch § 5 LBO geschützten nachbarlichen Belange einer ausreichenden Besonnung, Belichtung und Belüftung sowie eines ausreichenden Brandschutzes des Nachbargrundstücks der Antragstellerin allein durch die Integration der Außenwand des Altgebäudes nicht zusätzlich beeinträchtigt. Insoweit ändert sich die Situation auf dem Teil des Nachbargrundstücks, welcher der integrierten Außenwand des Altgebäudes gegenüberliegt und derzeit als Hausgarten genutzt wird, faktisch nicht. Das gilt auch für den Belang des störungsfreien Wohnens, sofern dieser überhaupt zu den Schutzgütern der gesetzlichen Abstandsflächenregelung gehören sollte (bejahend im Urteil des 3. Senats vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 - VBlBW 1997, 266), was der erkennende Senat allerdings seit seinem Beschluss vom 10.09.1998 - 8 S 2137/98 - (VBlBW 1999, 26) in ständiger Rechtsprechung verneint. Insoweit verbessert sich die Situation eher tendenziell, weil durch die Schließung eines Fensters und die Verkleinerung anderer Fenster in der integrierten nördlichen Außenwand des Altgebäudes Einsichtsmöglichkeiten auf das Nachbargrundstück der Antragstellerin verringert werden. Mit der Nutzungsänderung in ein Wohnhaus entfallen zudem die bislang von der Antragstellerin beklagten und bekämpften Immissionen durch den Kfz-Werkstattbetrieb.
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Aber selbst für den Fall, dass eine Sondersituation in Bezug auf das Nachbargrundstück der Antragstellerin zu verneinen und deshalb nachbarliche Belange i. S. des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO als erheblich beeinträchtigt anzusehen wären, schiede eine Rechtsverletzung der Antragstellerin nach § 5 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 7 Satz 3 LBO voraussichtlich jedenfalls deshalb aus, weil nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO eine Abweichung von § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO zuzulassen sein dürfte. Die für alle Vorschriften in den §§ 4 bis 37 LBO sowie für Vorschriften aufgrund der Landesbauordnung geltende generelle Abweichungsregelung in § 56 Abs. 2 LBO wird durch § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO nicht verdrängt, sondern gilt ergänzend. Sie privilegiert bestimmte Sonderbauvorhaben und begründet einen Rechtsanspruch auf Abweichung („sind zuzulassen“), wenn die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO erfasst insoweit Vorhaben zur Modernisierung von Wohnungen und Wohngebäuden, zur Teilung von Wohnungen sowie zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung, Aufstockung oder Änderung des Daches, wenn die Baugenehmigung mindestens fünf Jahre zurückliegt und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Mit dieser Regelung sollen “Wohnbauvorhaben im Bestand“ privilegiert werden (LT-Drucksache 11/5337). Aufgrund dieser Zielsetzung dürfte der Begriff „zusätzlicher Wohnraum“ den Anwendungsbereich der Norm nicht allein auf (Nutzungs-)Änderungen an bereits bestehenden Wohngebäuden beschränken, sondern auch (Nutzungs-)Änderungen an bislang nicht wohnlich genutzten Bestandsgebäuden begünstigen, wenn damit erstmals neuer Wohnraum geschaffen wird. Das ist hier der Fall. Die für die Integration der Außenwand des Altgebäudes der Beigeladenen erforderliche Abweichung von § 5 LBO dürfte im Hinblick darauf, dass die durch die Abstandsflächenregelung geschützten Belange faktisch nicht zusätzlich beeinträchtigt werden (s.o.), auch i. S. der Vorschrift mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein. Das schließt zwar auch den Schutz von Rechten Dritter nach der betreffenden Norm ein (vgl. Sauter a.a.O. § 56 Rn. 13), hier also den Nachbarschutz nach § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO. Insoweit ermöglicht § 56 Abs. 2 LBO jedoch anders als § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO auch bei einer erheblichen Beeinträchtigung nachbarlicher Belange eine Abwägung der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.01.1999 - 5 S 2971/98 - VBlBW 1999, 347). Diese Interessenabwägung dürfte aus den zu § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO im angefochtenen Beschluss sowie oben dargelegten Gründen mit hoher Wahrscheinlichkeit zugunsten der Beigeladenen ausfallen. Da § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO einen Rechtsanspruch des Bauherrn begründet, ist es auch unschädlich, dass die angefochtene Baugenehmigung insoweit keine ausdrückliche Abweichungsentscheidung enthält.
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b) Hinsichtlich der mit einer Brandschutzauflage genehmigten Aufbringung einer Wärmedämmung sind die Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Zulassung einer Abweichung von der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO erfüllt. Die Abweichung ist insbesondere mit den öffentlichen Belangen einschließlich des Nachbarrechts der Antragstellerin nach § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO vereinbar. Das wird in der Begründung der angefochtenen Baugenehmigung unter Nr. 2 d) sowie im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zutreffend begründet. Darauf nimmt der Senat Bezug, zumal die Beschwerdebegründung sich insoweit nur in der allgemeinen Rüge erschöpft, nachbarliche Belange der Antragstellerin seien bei der Anwendung des § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO nicht hinreichend abgewogen worden, ohne zu konkretisieren, inwiefern die Aufbringung der Wärmedämmung im nachbarschützenden Teil der Abstandsfläche (auf der Nordseite des Altgebäudes) zu einer nennenswerten zusätzlichen Beeinträchtigung der von § 5 LBO geschützten nachbarliche Belange führt.
II.
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Mit der Zurückweisung der Beschwerde erledigt sich zugleich der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs einstweilen bis zur Entscheidung über die Beschwerde anzuordnen. Dieses wohl als Antrag i. S. des § 173 VwGO i.V.m. § 570 Abs. 3 ZPO zu qualifizierende Begehren hätte ungeachtet dessen, inwieweit eine vorläufige Anordnung des Beschwerdegerichts auf dieser Rechtsgrundlage bei der Ablehnung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO möglich ist (vgl. zum Streitstand Kopp, VwGO, 16. Auflage, § 149 Rn. 3), aus den unter I. genannten Gründen zudem keinen Erfolg haben können.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus den § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tenor

Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 04. Juli 2006 - 13 K 1988/05 – insoweit geändert, als es von der Beigeladenen angefochten wurde. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen eine von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 24.09.2003, mit der auf Antrag der Beigeladenen der Neubau eines Geschäftshauses (Gebäude Vaihinger Straße ...) und dreier 3-Familien-Wohnhäuser mit Tiefgarage in Stuttgart-Möhringen genehmigt worden ist. Die Berufung der Beigeladenen richtet sich gegen das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 04.07.2006.
Das Baugrundstück besteht aus mehreren zusammenhängenden Parzellen unterschiedlicher Größe und umfasst ca. 17 a: Flst. Nr. 230/3 (10 qm), 230/6 (527 qm), 230/7 (213 qm), 230/8 (71 qm), 230/9 (317 qm), 231/3 (50 qm) und 231/4 (476 qm) sowie eine Teilfläche des Grundstücks Flst. Nr. 230/1 (42 qm). Grundstückseigentümer waren zunächst Herr Helmut B. (Flst. Nr. 230/1 - Miteigentum -, 230/3, 230/8, 230/9 und 231/3), die Erbengemeinschaft nach Maria B. (Flst. Nr. 231/4 und 230/6) und die Christliche Gemeinschaft innerhalb der Ev. Landeskirche (Flst. Nr. 230/7), die gemeinsam die Bauherrengemeinschaft Vaihinger Str. .../Maierstr. ... bildeten. Mit Übertragung des Eigentums an dem Grundstück Flst. Nr. 230/7 an Herrn B. schied die Christliche Gemeinschaft innerhalb der Ev. Landeskirche während des gerichtlichen Verfahrens aus der Bauherrengemeinschaft aus.
Der Kläger ist Miteigentümer des mit einer Teilfläche zum Baugrundstück zählenden Grundstücks Flst. Nr. 230/1. Das Grundstück ist insgesamt 82 qm groß und vollständig mit einem Doppelhaus überbaut, dessen südlicher Teil (Maierstraße ...) dem Kläger aufgrund württembergischen Stockwerkseigentums zusteht, während der nördliche Teil (Maierstraße ...) nach der Stockwerksaufteilung dem Beigeladenen Helmut B. gehört. Der Gebäudeteil Maierstraße ... soll im Zuge des Bauvorhabens abgerissen und – in das Gesamt-Bauvorhaben integriert - neu errichtet werden. Der Kläger ist außerdem Eigentümer des 76 qm großen, teilweise als Garten genutzten Grundstücks Flst. Nr. 230/2. Dieses Grundstück bildet südlich und östlich nahezu die gesamte „Außenfläche“ der beiden Gebäude; es ist mit Anbauten an das Gebäude Maierstraße ... (u. a. Maierstraße ...x) bebaut. Das Gebäude Maierstraße ... ist außerdem von einem schmalen, ebenfalls zum Baugrundstück gehörenden Grundstücksstreifen (Flst. Nr. 230/3) umgeben, der das Grundstück Flst. Nr. 230/1 im rückwärtigen östlichen Bereich vom Grundstück Flst. Nr. 230/2 des Klägers trennt. Das Flst. Nr. 230/2 ist an dieser Stelle ungefähr 3,50 m breit und 7 m lang und an drei Seiten von dem Baugrundstück (Flst. Nrn. 230/3, 230/7 und 230/8) umgeben.
Die Situation stellt sich im Überblick wie folgt dar:
Das Baugrundstück und die Grundstücke des Klägers liegen im Innenbereich von Stuttgart-Möhringen; mit Ausnahme alter Baulinienfestsetzungen aus den Jahren 1845 und 1901 gibt es keine gültigen planerischen Festsetzungen. Die Vaihingerstraße ist eine belebte Durchgangsstraße, in die die Maierstraße als Seitenstraße einmündet.
Am 20.12.2002 beantragte die Bauherrengemeinschaft Vaihinger Str. .../Maierstr. ... die Baugenehmigung für den Neubau von einem Geschäftshaus und von drei 3-Familien-Wohnhäusern mit Tiefgarage. Das dreigeschossige Geschäftshaus, das sich mit ca. 32,5 m entlang der Vaihinger Straße erstrecken soll, ist u. a. ohne Abstand zu der ca. 3,50 m langen nördlichen Grenze des dem Kläger gehörenden Grundstücks Flst. Nr. 230/2 vorgesehen. Die geplanten Mehrfamilienhäuser sollen als jeweils selbständige Gebäude in den rückwärtigen Bereichen des Baugrundstücks errichtet werden.
Die geplante Situation stellt sich im Überblick wie folgt dar:
Die Angrenzerbenachrichtigung wurde dem Kläger am 31.01.2003 durch Niederlegung zugestellt. Am 14.02.2003 meldete er sich bei der Beklagten und wies darauf hin, dass er eine Benachrichtigung nicht erhalten habe. Mit Schreiben vom selben Tag brachte er außerdem Einwendungen vor: Das seit Generationen bestehende einheitliche Gesamtbild werde durch das geplante Vorhaben zerstört. Unmittelbar an sein zweistockiges, im alten Stil gebautes Häuschen solle nunmehr ein um ein Stockwerk erhöhtes Geschäftshaus angebaut werden. Durch die Nutzung als Geschäftshaus sei ein deutlich höherer Lärm zu erwarten. Die auf der östlichen Seite des Neubaus Maierstraße ... vorgesehene Tür und die Fenster beeinträchtigten sein Gartengrundstück Flst. Nr. 230/2 erheblich durch Lärm und Einblick. Auch würden seine dort oft nackt spielenden Kinder potentiell gefährdet. Der 16 m hohe Betonklotz entlang seiner nördlichen Grundstücksgrenze nehme den Lichtdurchfluss. Das überdimensionierte Bauvorhaben beeinträchtige durch weniger Lichteinfall, durch Lärm- und Abgasemissionen seine Lebens- und Wohnqualität. Durch die gewerbliche Nutzung entstünden gegebenenfalls Geruchsbelästigungen. Negative Auswirkungen durch die „Einbetonierung“ seines Gartens seien nicht absehbar. Auch sei die Firsthöhe des Geschäftshauses zur Maierstraße hin um ca. 4,5 m zu hoch. Der direkt vor seiner Haustür vorgesehene zentrale Müllsammelplatz führe ebenfalls zu Belästigungen. Die geplante Absenkung des Höhenniveaus des angrenzenden Baugrundstücks gefährde seine Kinder, und Stützmauern bzw. Umzäunungen beeinträchtigten sein dort bestehendes Geh- und Fahrrecht. Die TG-Entlüftungen seien zu dicht an seinem Grundstück vorgesehen und gefährdeten die Gesundheit seiner Kinder. Schließlich sei auch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen für die Maierstraße zu erwarten mit erhöhten Lärm- und Abgasemissionen und weiteren Parkplatzproblemen. Mit Anwaltsschreiben vom 28.02.2003 ließ der Kläger noch vortragen, dass auch der Neubau Maierstraße ... nicht den erforderlichen Abstand zu seinem Gebäude einhalte. Das Vorhaben überschreite zudem das zulässige Maß der baulichen Nutzung. Vorsorglich werde der Einwand einer zu hohen Umweltbelastung durch die Feuerungsanlage erhoben. Dem Abriss des Gebäudes Maierstraße ... werde im Hinblick auf das bestehende Stockwerkseigentum und eine dabei mögliche Beschädigung seines eigenen Gebäudes widersprochen.
Daraufhin wurden die Bauvorlagen teilweise geändert und dabei u. a. auch der zentrale Müllsammelplatz aufgelöst. In der erneut durchgeführten Angrenzeranhörung hielt der Kläger seine bisher vorgebrachten Einwendungen aufrecht und brachte außerdem noch vor, dass die erforderlichen Abstandsflächen nach wie vor nicht eingehalten seien; dies gelte auch für die östliche Seite des Gebäudes Maierstraße ... im Verhältnis zu seinem Grundstück Flst. Nr. 230/2. Die geplante Absenkung des Höhenniveaus seines Grundstücks stelle einen unzulässigen Eingriff in sein Eigentum dar. Das in den Planunterlagen eingezeichnete Geh- und Fahrrecht zu Lasten seines Grundstücks bestehe dagegen nicht. Auch im Kellerbereich seines Gebäudes sei die Plandarstellung falsch.
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Am 24.09.2003 erteilte die Beklagte unter der aufschiebenden Bedingung der Übernahme einer Flächenbaulast durch die Landeshauptstadt Stuttgart die beantragte Baugenehmigung und wies zugleich die Einwendungen des Klägers zurück. Zur Begründung hieß es u. a., dass das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig sei. Die Entlüftung der Tiefgarage erfolge über zahlreiche verschiedene Öffnungen, so dass die Abgaskonzentration nicht beeinträchtigend in Erscheinung trete. Die Einwendungen aus dem Stockwerkseigentum seien privatrechtlicher Natur. Die nicht eingehaltenen Abstandsflächen zum Grundstück Flst. Nr. 230/2 seien nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 LBO zuzulassen. Das Umfeld des Gebäudes des Klägers verbessere sich, da eine Entkernung stattfinde. Konkrete Beeinträchtigungen, die das Vorhaben rücksichtslos machten, könnten nicht festgestellt werden.
11 
Dagegen erhob der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 07.11.2003 Widerspruch und verwies zur Begründung auf sein bisheriges Vorbringen. Außerdem führte er ergänzend aus, dass sich die geplanten Geschäftsbauten und Wohnhäuser aufgrund ihrer Größe und der vorgesehenen Baumaterialien nicht in das Ortsbild und daher nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügten. Das Vorhaben sei zur Umsetzung der Bausanierung des Ortskerns unverhältnismäßig. Die Beeinträchtigung durch die Müllplätze bleibe auch nach der Dezentralisierung des Standorts bestehen. Die Gesamtheit der Geruchs- und Lärmbelästigungen durch das Vorhaben und die erhebliche Zunahme der Beschattung verstießen gegen das Gebot der Rücksichtnahme und träfen ihn als Nachbarn schwer und unerträglich in seinem Eigentum. Das erhöhte Verkehrsaufkommen in der dafür nicht ausgelegten Maierstraße könne zu einer Absenkung und damit zu Senkungsschäden an seinem Gebäude führen. Für den Anbau des Gebäudes Maierstraße ... müsse ein ausreichender Brandschutz vorgesehen werden. Die Voraussetzungen für die Zulassung geringerer Tiefen der Abstandsflächen lägen nicht vor; die dahingehende Entscheidung sei daher ermessensfehlerhaft. Sie verhindere die vorher gegebene Luftzirkulation und verschlechtere den Lichteinfall.
12 
Die Beklagte erteilte mit Bescheid vom 01.03.2004 die Genehmigung nach § 1 der Erhaltungssatzung für städtebauliche Gesamtanlagen vom 16.06.1986 und ergänzte die Nebenbestimmung Nr. 30 der Baugenehmigung vom 24.09.2003 wie folgt:
13 
„Folgende Außenwand ist in der Bauart der tragenden Wände, ohne Öffnungen und von außen nach innen mit einem Feuerwiderstand wie feuerbeständige Wände herzustellen (§ 6 Abs. 1 LBOAVO):
14 
c) die südliche Außenwand des Gebäudeteils des Geschäftshauses, das nördlich an das Gebäude Maierstraße ... angrenzt (Nachfolgegebäude Maierstraße ...).“
15 
Auch dagegen legte der Kläger Widerspruch ein.
16 
Am 30.08.2004 erteilte die Beklagte außerdem die Baugenehmigung zur veränderten Ausführung des geplanten Geländes im östlichen Grundstücksbereich der Gebäude Maierstraße ... und x (Flst. Nrn. 230/1, 230/2, 230/3). Nach der mit dem entsprechenden Bauantrag und den eingereichten Planunterlagen geäußerten Absicht der Bauherrengemeinschaft sollte dadurch klargestellt werden, dass eine Änderung der Höhenlage des Grundstücks des Klägers Flst. Nr. 230/2 nicht beabsichtigt sei. Diese Ergänzung der Baugenehmigung blieb unangefochten.
17 
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2005 wies das Regierungspräsidium Stuttgart die beiden Widersprüche zurück. Zur Begründung führte es u. a. aus, dass das Vorhaben zu keinen bauplanungsrechtlich erheblichen, das Maß des Zumutbaren übersteigenden Nachteilen führe. Insbesondere wirke es sich nicht optisch erdrückend aus. Auch gehe von dem Geschäftshaus keine Verschattungswirkung für die südlich gelegenen Grundstücksbereiche aus. Was die Geräuschentwicklung betreffe, werde der Hauptzugang zum Ladenbereich in der Vaihingerstraße angeordnet, der geringste Abstand zur TG-Zufahrt betrage 20 m. Mit Einwänden gegen die abstandsflächen- und brandschutzrechtliche Zulässigkeit der Ostseite des Geschäftshauses im Bereich Maierstraße ... sei der Kläger präkludiert. Durch die Errichtung des Geschäftshauses im nördlichen Teil des Grundstücks Flst. Nr. 230/1 (Maierstraße ...), werde der Kläger als Miteigentümer in keiner öffentlich-rechtlichen Rechtsposition verletzt. Brandschutzrechtlich werde vorsorglich eine Befreiung nach § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 LBO von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBOAVO erteilt. Hinsichtlich der Grenzbebauung an der Nordseite des Grundstücks Flst. Nr. 230/2 komme eine Zulassung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO in Betracht, jedenfalls aber verstoße die Geltendmachung des Abstandsflächenverstoßes durch den Kläger gegen Treu und Glauben. Der Anbau Maierstraße ...x befinde sich selbst nur zwischen 0,7 m und 1,2 m von der Grenze zum Grundstück Flst. Nr. 230/7 entfernt. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Himmelsrichtungen seien beide Beeinträchtigungen vergleichbar. Gefahrenrechtlich entstehe keine untragbare Situation. Die Bestimmungen der Erhaltungssatzung seien nicht drittschützend.
18 
Am 20.06.2005 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage gegen die Baugenehmigung der Beklagten vom 24.09.2003, gegen den Bescheid der Beklagten vom 01.03.2004 (Genehmigung nach § 1 der Erhaltungssatzung und Nebenbestimmung Nr. 30) und gegen den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.05.2005 erhoben und zunächst schriftsätzlich beantragt, die genannten Bescheide aufzuheben. Zur Begründung hat der Kläger u. a. vorgebracht, dass die Umgebung zu Unrecht als Mischgebiet eingeordnet worden sei. Die erdrückende Wirkung des Vorhabens ergebe sich aus dem gesamten Baukörper. Nicht berücksichtigt worden seien auch die Abgasemissionen aus der TG-Lüftung. Präklusion könne ihm nicht entgegengehalten werden, da er rechtzeitig gerügt habe, dass die Abstandsflächen allgemein nicht eingehalten seien. Der Grundsatz von Treu und Glauben könne seinem Einwand bezüglich der Abstandsflächen schon deshalb nicht entgegenstehen, weil die betroffenen Grundstücke unterschiedlichen Eigentümern gehörten. Gegen die Nichteinhaltung der Abstandsflächen auch im Verhältnis der Gebäude Maierstraße ... und ... könne er sich wehren, da nicht Miteigentumsrecht, sondern Gemeinschaftsrecht gelte. Auch seien die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO nicht dargelegt worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht schließlich hat der Kläger nur noch beantragt, die Baugenehmigung vom 24.09.2003 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.05.2005 aufzuheben.
19 
Mit Urteil vom 04.07.2006 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Baugenehmigung der Beklagten vom 24.09.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.05.2005 insoweit aufgehoben, als die Errichtung des Geschäftshauses Vaihinger Straße ... genehmigt worden ist, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht u. a. ausgeführt, dass die Baugenehmigung für das Geschäftshaus (Vaihinger Straße ...) gegen die nachbarschützenden Abstandsflächenvorschriften verstoße. Dagegen sei hinsichtlich der davon rechtlich und tatsächlich teilbaren drei Wohnhäuser sowie der Tiefgarage eine Verletzung nachbarschützender Rechte des Klägers nicht ersichtlich. Das Geschäftshaus grenze mit seiner Südseite unmittelbar an die Nordseite des als Garten genutzten klägerischen Grundstücks Flst. Nr. 230/2, obwohl nach § 5 Abs. 7 LBO eine Abstandsfläche einzuhalten sei. Auf diesen Verstoß könne sich der Kläger auch berufen, weil er – wie zwischen den Beteiligten unstreitig sei - die Nichteinhaltung der Abstandsflächen der Sache nach mit seinem Einwendungsschreiben vom 14.02.2003 rechtzeitig gerügt habe. Ein Anspruch auf Zulassung des Vorhabens ohne Einhaltung einer Abstandsfläche nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO bestehe nicht, da nachbarliche Belange erheblich beeinträchtigt seien. Eine der von der Rechtsprechung anerkannten besonderen Grundstückssituationen auf dem Grundstück des Klägers bestehe nicht. Für eine solche Sondersituation reiche es nicht aus, dass das Grundstück aufgrund des schmalen Zuschnitts nicht bebaut werden könne. Denn die erhebliche Beeinträchtigung des nachteilig betroffenen Grundstücks hinsichtlich der Besonnung und Belüftung hänge nicht davon ab, ob Wohngebäude vorhanden oder möglich seien. Ein nicht privilegierter Grenzbau betreffe ohnehin mehr die Besonnung und Belüftung der (Haus-)Gartenfläche. Dabei komme es nicht entscheidend darauf an, ob die betroffene Gartenfläche zu Erholungszwecken (Terrasse, Pergola oder ähnliches) oder gärtnerisch genutzt werde. In beiden Fällen beeinträchtige der Grenzbau die Belange des Nachbarn hinsichtlich der Besonnung, Belüftung und sein Interesse an der Verhinderung einer Einmauerung erheblich. Die gegenteilige Rechtsmeinung führe im Ergebnis dazu, dass eine Grenzbebauung beliebigen Ausmaßes an Grundstücksgrenzen mangels erheblicher Beeinträchtigung des Nachbarn im Wege der Ausnahme nach § 6 Abs. 4 LBO generell dann zuzulassen wäre, wenn das Nachbargrundstück nicht bebaubar sei. Dies hätte zur Folge, dass die Abstandsflächenregelungen in solchen Grundstücksbereichen faktisch keine Geltung hätten. Für einen dahingehenden Willen des Gesetzgebers enthalte die genannte Regelung jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Dass der Verstoß nur für den Teil des genehmigten Geschäftshauses vorliege, der unmittelbar an die gemeinsame Grundstücksgrenze mit einer Breite von ca. 3,40 m angrenze, sei unerheblich, weil es sich bei dem Geschäftshaus um ein einheitliches, nicht weiter aufteilbares Vorhaben handle. Es verstoße auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sich der Kläger auf die Verletzung dieser Abstandsflächenvorschriften berufe. Zwar halte der Kläger mit dem Anbau an sein Wohngebäude (Gebäude ...x) gegenüber dem östlich angrenzenden Flst. Nr. 230/7 selbst nicht die erforderliche Abstandsfläche ein, weil der Abstand zu dieser gemeinsamen Grundstücksgrenze lediglich zwischen 0,7 m und 1,2 m betrage. Abgesehen davon, dass die Nichteinhaltung der Abstandsfläche mit dem Anbau Maierstraße ...x durch den Kläger gegenüber dem Flst. Nr. 230/7 und nicht gegenüber dem nördlich gelegenen Baugrundstück für das genehmigte Geschäftshaus bestehe, wiege die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben schwerer als die Inanspruchnahme der Abstandsfläche durch den Kläger. Denn der Kläger halte mit seinem Anbau (Gebäude ...x) immerhin eine - wenn auch nicht ausreichende - Abstandsfläche ein, während das genehmigte und deutlich höhere Geschäftshaus der Beigeladenen überhaupt keine Abstandsfläche zur gemeinsamen Grundstücksgrenze mit dem klägerischen Grundstück Flst. Nr. 230/2 aufweise. Dahingestellt bleiben könne, ob daneben auch der westlich an das Flst. Nr. 230/2 angrenzende Teil des Geschäftshauses (Maierstraße ...) eine Abstandsfläche einhalten müsse. Dagegen verstoße die Baugenehmigung für die insoweit rechtlich und tatsächlich abtrennbaren drei Wohnhäuser sowie die Tiefgarage nicht gegen nachbarschützende Vorschriften. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob der Kläger insoweit mit seinen Einwendungen nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO ausgeschlossen sei.
20 
Gegen den stattgebenden Teil des Urteils richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 29.12.2006 - 8 S 2140/06 - zugelassene Berufung der Beigeladenen, mit der beantragt wird,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 04. Juli 2006 - 13 K 1988/05 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
22 
Sie macht zur Begründung geltend: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Abstandsverstoß des Bauvorhabens schwerer wiege als der des Klägers. Es habe die insoweit maßgeblichen Tatsachen nicht richtig ermittelt. Der Grenzbau sei typisch für das Gebiet. Er entspreche einer alten Gemengelage, die sich historisch entwickelt habe. Auch das Haus Maierstraße ... und x stehe insgesamt an der Grenze. Außerdem seien die notwendigen Abstände dieses Hauses zu den weiteren Grundstücken Maierstraße ... und Flst. Nr. 230/2 nicht eingehalten. Hinzu komme, dass der Kläger selbst sein Grundstück auch bezogen auf die in der Umgebung vorhandene GRZ sehr intensiv nutze. Statt des früher vorhandenen, sehr nahen und großen Gebäudes auf Flst. Nr. 231/4 und 230/7 entstehe eine große Grünfläche, die für den Kläger Vorteile mit sich bringe.
23 
Die Beklagte stellt keinen eigenen Antrag, schließt sich aber dem Vortrag der Beigeladenen an. Sie weist noch darauf hin, dass die wechselseitigen Grenzverstöße zu einer vergleichbaren Beeinträchtigung führten. Bei der Gesamtschau des Vorhabens seien die durchaus vorteilhaften Auswirkungen für das Grundstück des Klägers und die Vorbelastung durch den Bestand zu berücksichtigen.
24 
Der Kläger beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Zur Begründung trägt er vor: Es bestünden Zweifel an der Rechtzeitigkeit der Berufungsbegründung, denn die Christliche Gemeinschaft habe für das vorliegende Verfahren keine Prozessvollmacht erteilt. Das Ausscheiden der Christlichen Gemeinschaft aus der beigeladenen Bauherrengemeinschaft werde mit Nichtwissen bestritten. Bei der Abwägung, ob die Berufung auf die Nichteinhaltung von Abstandsflächen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße, sei über die Ausführungen des Verwaltungsgerichts hinaus zu Lasten der Beigeladenen zu berücksichtigen, dass das genehmigte Geschäftshaus Vaihinger Straße ... nicht nur zu seinem Grundstück Flst. Nr. 230/2, sondern im Bereich des Stockwerkseigentums Maierstraße ... auch zum Grundstück Flst. Nr. 230/3 keinen und im Verhältnis zum Grundstück Flst. Nr. 230/2 einen nicht ausreichenden Abstand einhalte. Seinem Rechtsvorgänger sei der Abriss des Gebäudes Maierstraße ... von der Beklagten unter Hinweis auf die von der Stadt beschlossenen Sanierungsziele verwehrt worden. Er sei daher - im Gegensatz zur Beigeladenen - gezwungen gewesen, den Umriss des Gebäudes Maierstraße ... mit den Abstandsflächenverletzungen nach der heute gültigen Landesbauordnung beizubehalten, während die Beigeladene aufgrund des genehmigten Abrisses die Möglichkeit habe, ihr Bauvorhaben unter Beachtung der Abstandsflächen zu planen und zu erstellen. Bei dem Vergleich der beiderseitigen Verstöße gegen die Abstandsvorschriften seien nur solche Nachteile aufzunehmen, die durch Abstandsverletzungen der nachbarlichen Grundstücke im Verhältnis zueinander verursacht würden. Dann wirke die Unterschreitung der Mindestabstandsflächen auf den Grundstücken der Beigeladenen aber wesentlich schwerer.
27 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die dem Gericht vorliegenden Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beigeladenen ist begründet. Die angefochtene Baugenehmigung verletzt den Kläger auch im streitgegenständlichen Umfang nicht in seinen Rechten, so dass das Verwaltungsgericht der Klage auch nicht teilweise hätte stattgeben dürfen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
29 
Die vom Kläger noch vor der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich geltend gemachten Zweifel an der Rechtzeitigkeit der Berufungsbegründung hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr aufrechterhalten, nachdem die anwesenden Vertreter der Bauherrengemeinschaft nochmals versichert hatten, dass die Christliche Gemeinschaft das ihr zustehende Grundstück Flst. Nr. 230/7 an Herrn B. veräußert habe und aus der Bauherrengemeinschaft ausgeschieden sei. Ein weiteres Eingehen auf die Stichhaltigkeit der vom Kläger gehegten Zweifel erübrigt sich daher.
II.
30 
Streitgegenstand ist die Baugenehmigung vom 24.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.05.2005 nur insoweit, als das Gebäude Vaihinger Straße ... und der Nachfolgebau für das Gebäude Maierstraße ... betroffen sind. Die Zulassung der Berufung wurde nur von der beigeladenen Bauherrengemeinschaft beantragt und auf den stattgebenden Teil des Urteils beschränkt; antragsgemäß hat der Senat die Berufung auch nur in diesem Umfang zugelassen. Der Kläger seinerseits ist gegen den abweisenden Teil des Urteils nicht vorgegangen. Zum Streitgegenstand gehört daher nicht mehr die Genehmigung der drei selbständigen Wohnhäuser und der Tiefgarage. Auch die Genehmigung nach der Erhaltungssatzung vom 01.03.2004 ist nicht im Streit, insoweit hat der Kläger seine Klage schon beim Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten. Rechtskräftig entschieden ist auch über die Genehmigung der dezentralisierten Müllplätze.
III.
31 
Der somit noch im Streit befindliche Teil der Baugenehmigung vom 24.09.2003/01.03.2004/30.08.2004 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
32 
1. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen nachbarschützendes Abstandsflächenrecht vor. Zwar müssen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen liegen, die von oberirdischen baulichen Anlagen freizuhalten sind und die nach § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO auf dem Grundstück selbst liegen müssen. Die Außenwände des Gebäudes Vaihinger Straße ... und des Gebäudes Maierstraße ... sollen an bzw. in der Nähe der Grenzen des dem Kläger gehörenden Grundstücks Flst. Nr. 230/2 errichtet werden, so dass die vorgeschriebenen Abstandsflächen entgegen § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO nicht bzw. nicht in vollem Umfang auf dem Baugrundstück selbst liegt. In beiden Fällen ist dies jedoch durch bauordnungsrechtliche Vorschriften gerechtfertigt bzw. verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten als Nachbar.
33 
a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO ist eine Abstandsfläche dann nicht erforderlich, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften das Gebäude an die Grenze gebaut werden darf und öffentlich-rechtlich gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Hinsichtlich des mit dem Gebäude Vaihinger Straße ... auf dem Grundstück Flst. Nr. 230/8 geplanten Grenzbaus ist ein solcher Fall gegeben.
34 
(1) Im unbeplanten Bereich darf planungsrechtlich an die Grundstücksgrenze gebaut werden, wenn die insoweit maßgebliche Umgebungsbebauung nach § 34 Abs. 1 BauGB sowohl einen Grenzbau als auch eine Bebauung mit Grenzabstand zulässt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.11.1984 - 3 S 2571/84 -, NVwZ 1986, 142). Wie den vorliegenden Planunterlagen entnommen werden kann, gibt es in der näheren Umgebung des Baugrundstücks sowohl eine erhebliche Anzahl von Grenzbauten als auch von solchen Gebäuden, die einen Grenzabstand einhalten. Ohne bzw. mit nur geringem seitlichem bzw. rückwärtigem Grenzabstand wurden beispielsweise das Gebäude des Klägers, aber auch die Gebäude Maierstraße …, …, …, …, …, …, …, …, … und andere ausgeführt; mit - teilweise nur einseitigem - Grenzabstand wurden die Gebäude Maierstraße …, …, …, … und weitere Gebäude in der Vaihinger Straße errichtet. Es bestehen daher keine Bedenken, wenn das Bauvorhaben über die Grenze des Grundstücks Flst. Nr. 230/8 hinausgreifend an das Gebäude des Klägers anschließt und dadurch die - von der Maierstraße als Erschließungsanlage aus betrachtet (vgl. Senatsbeschluss vom 04.10.2007 - 8 S 1447/07 -, VBlBW 2008, 272) - vorhandene geschlossene Bauweise aufnimmt.
35 
(2) Des weiteren ist auch öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Die öffentlich-rechtliche Sicherung erfolgt zwar in der Regel durch die Übernahme einer entsprechenden Baulast. Sie ist aber auch dann gewährleistet, wenn auf dem Nachbargrundstück bereits ein Gebäude, von dessen Fortbestand ausgegangen werden kann, an der Grenze vorhanden ist, an die angebaut werden soll (vgl. schon VGH Bad.-Württ. Urteile vom 02.07.1985 - 5 S 243/85 - und vom 30.08.1989 - 3 S 1289/89 - zur LBO 1983; zur LBO 1996: Urteil vom 25.01.1996 - 5 S 2766/95 -, VGHBW-Ls 1996, Beil. 5, B 5-6 und Beschluss vom 12.09.1996 - 5 S 2232/96 -, VBlBW 1997, 221; Beschluss vom 10.03.1999 – 3 S 332/99 -, VGHBW-Ls 1999, Beilage 5, B 4). So verhält es sich hier: Auf dem benachbarten Grundstück steht bereits das Doppelhaus Maierstraße ... und ... an der Grenze. Der durch das Grundstück Flst. Nr. 230/3 gebildete geringe Abstand zwischen dem Doppelhaus und der Grenze zum Grundstück Flst. Nr. 230/8 spielt dabei keine entscheidende Rolle. Maßgeblich ist lediglich, dass als Ergebnis der beiderseitigen Grenzbebauung geschlossene Bauweise entsteht. Die geschlossene Bauweise wird aber weder durch Traufgassen noch durch Durchgänge von geringer Breite unterbrochen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.02.1998 – 5 S 3202/96 -, VGHBW-Ls 1998, Beil. 5, B 6; Sauter, LBO, § 5 Rn. 38 mwN.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO, § 22 Rn. 31; anders wohl VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.05.2002 – 3 S 2259/01 -, BauR 2002, 1749). Vom Fortbestand des Gebäudes Maierstraße ... und ... i. S. einer fortdauernden Bebauung an dieser Stelle des Grundstücks kann ausgegangen werden. Denn entweder bleibt das Gebäude insgesamt stehen, weil der im Hinblick auf das Stockwerkseigentum notwendige Konsens für einen Abbruch zwischen Kläger und Beigeladener nicht hergestellt werden kann, oder es wird teilweise (Gebäudeteil Maierstraße ...) abgerissen und über die Grenze und das Grundstück Flst. Nr. 230/3 hinweg durch den genehmigten Neubau ersetzt.
36 
(3) Damit steht fest, dass das Vorhaben ohne Abstandsfläche an der insoweit maßgeblichen seitlichen Grenze des Grundstücks Flst. Nr. 230/8 errichtet werden darf (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO). Dies hat Auswirkungen auch für das Grundstück des Klägers: Die Möglichkeit zur Grenzbebauung besteht nämlich nicht nur hinsichtlich der Grenze zum Grundstück Flurstück Nr. 230/3, sondern auch hinsichtlich diejenigen zum Grundstück des Klägers, Flurstück Nr. 230/2. Denn auf Grund der ungewöhnlichen Gestalt und Anordnung der genannten Parzellen erscheint es sowohl geboten wie auch gerechtfertigt, unter dem Nachbargrundstück i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO nicht nur die einzelne unmittelbar angrenzende Parzelle, sondern die Gesamtheit der das (Bau-)Grundstück bildenden Buchgrundstücke zu verstehen. Das Besondere sieht der Senat dabei in der Tatsache, dass Gestalt und Anordnung der Parzellen Flurstück Nr. 230/2 und Nr. 230/3 erkennbar auf eine dem Hausgrundstück Flurstück Nr. 230/1 zugeordnete Funktion hindeuten. Eine sinnvolle eigenständige Nutzungsmöglichkeit ist nicht bzw. kaum gegeben. Dem vollständig mit dem Doppelhaus überbauten Hausgrundstück Flurstück Nr. 230/1 fehlt auch nur die geringste unüberbaute Außenfläche. Betrachtet man dagegen die drei Parzellen insgesamt, ergibt sich ein regelgerecht geschnittenes, mit einem Doppelhaus bebautes und mit hinreichender Außenfläche ausgestattetes Baugrundstück. Welche historischen Umstände zur Bildung der Einzelparzellen geführt haben, konnte nicht ermittelt werden. Denkbar ist, dass - korrespondierend zur Trennung des Gebäudes in Stockwerkseigentum - eine eindeutige Nutzungszuweisung des Außenbereichs herbeigeführt werden sollte. Dem Gebäudeteil Maierstraße ... wäre somit lediglich eine schmale Lauffläche in Gestalt des Flurstücks Nr. 230/3 zugewiesen worden. Der größere Teil in Form der Parzelle Flurstück Nr. 230/2 wäre dem Gebäudeteil Maierstraße ... zugeordnet worden, wofür auch die spätere Überbauung durch den Anbau Maierstraße ...x spräche.
37 
Ohne dass es auf die genauen Gründe für die Aufteilung entscheidend ankäme, nimmt der Senat die geschilderten Besonderheiten zum Anlass, das aus allen drei Parzellen bestehende Baugrundstück als Nachbargrundstück i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO zu behandeln. Denn zwar verwendet die Landesbauordnung den Begriff des Grundstücks regelmäßig i. S. v. Buchgrundstück (vgl. § 4 Abs. 1 LBO). Jedoch gilt dies nicht ausnahmslos: Aus § 4 Abs. 2 LBO folgt, dass bauordnungsrechtlich das Baugrundstück auch durch mehrere Buchgrundstücke gebildet werden kann. Hinzu kommt, dass § 5 Abs. 1 Satz 2 LBO auf die Bauweise und damit einen bauplanungsrechtlich zu beurteilenden Sachverhalt Bezug nimmt. Im Bauplanungsrecht aber kommt es auf die Grundstücksgrenzen grundsätzlich nicht an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.1988 - 4 B 175.88 -, NVwZ 1989, 354 mwN.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.02.1997 - 5 S 3442/95 -, VBlBW 1997, 268). Dies zeigt sich im vorliegenden Fall bspw. bei der Bestimmung der Bauweise entlang der Maierstraße: Eine sachgerechte Beurteilung wird nicht auf die Bebauung der einzelnen Buchgrundstücke abstellen, da in diesem Falle neben dem bebauten Grundstück Flst. Nr. 230/8 das nur wenige Zentimeter breite nicht bebaute Grundstück Flurstück Nr. 230/3 berücksichtigt werden müsste. Auch für die Feststellung dessen, was im unbeplanten Gebiet zur überbaubaren Grundstücksfläche gehört, kommt es auf die Grundstücksgrenzen nicht an (vgl. BVerwG, a.a.O.). Demgemäß bezieht sich die Möglichkeit, ein Gebäude in der geschlossenen Bauweise zu errichten, auf die gesamte Tiefe der seitlichen überbaubaren Grundstücksfläche (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO, § 22 Rdnr. 31). Das Bauordnungsrecht trägt diesem Umstand dadurch Rechnung, dass nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO nicht an ein vorhandenes Gebäude angebaut werden, sondern nur der Anbau an die Grenze sichergestellt sein muss. Entscheidend ist danach, dass das Bauvorhaben und das vorhandene Grenzgebäude auf dem Nachbargrundstück im Hinblick auf die Bauweise noch zueinander in Beziehung stehen (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 10.03.1999 a.a.O.). Die Gebäude dürfen nicht so angeordnet sein, dass durch das Bauvorhaben eine halboffene Bauweise entsteht. Durch § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO soll eine nur einseitige Grenzbebauung verhindert werden, die sich aber ergeben könnte, wenn das Planungsrecht ein Bauvorhaben auf der Grenze gestattete, ohne zugleich zwingend für das Nachbargrundstück eine entsprechende Bebauung vorzuschreiben (vgl. VGH Bad.-Württ., a.a.O.). Aus all dem folgt für den vorliegenden Fall, dass im Hinblick auf das vorhandene Gebäude Maierstraße ... und x geschlossene Bauweise auch dann vorläge, wenn auf dem Grundstück Flst. Nr. 230/8 ein Gebäude lediglich in dem rückwärtigen Bereich, wo das Grundstück des Klägers Flst. Nr. 230/2 liegt, an die Grenze gebaut werden würde.
38 
Der Kläger wird dadurch nicht benachteiligt. Gegenwärtig ist sein Grundstück wegen der geringen Breite und der erforderlichen Abstandsflächen nicht oder allenfalls mit einem nach § 6 Abs. 1 LBO privilegierten Nebengebäude bebaubar. Und selbst wenn man den nach Sachlage wenig naheliegenden, aber theoretisch immerhin denkbaren Fall in Betracht zieht, dass der Kläger die gesamte Parzelle Flst. Nr. 230/1 und auch das Grundstück Flst. Nr. 230/3 erwirbt und danach das vorhandene Gebäude Maierstraße ... und x rückwärtig erweitern wollte, wäre dies ohne weiteres möglich, da er mit der Erweiterung sowohl planungsrechtlich - Stichwort: überbaubare Grundstücksfläche - als auch bauordnungsrechtlich - nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO - seinerseits an das vorhandene Geschäftshaus anbauen könnte.
39 
Ist somit eine Abstandsfläche vor der an das Grundstück des Klägers angrenzenden Außenwand des Gebäudes Vaihinger Straße ... bereits nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO nicht erforderlich, muss auf die vom Verwaltungsgericht in den Vordergrund gestellte Frage, ob eine Zulassung der Grenzbebauung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO in Betracht kommt, nicht mehr eingegangen werden. Es kann insoweit ebenfalls offen bleiben, ob der Kläger nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert wäre, einen Abstandsflächenverstoß des Bauvorhabens geltend zu machen, denn ein solcher Verstoß ist - jedenfalls im Verhältnis zum Grundstück des Klägers und an dieser Stelle - nicht gegeben.
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b) Zwar liegen - wie bereits erwähnt - die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO vor der östlichen Außenwand des Nachfolgebaus für das Gebäude Maierstraße... erforderlichen Abstandsflächen teilweise auf dem Grundstück des Klägers Flst. Nr. 230/2. Da jedoch insoweit die Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO gegeben sind, ist eine geringere Tiefe der Abstandsfläche zuzulassen. Zumindest aber ist der Kläger hier auf Grund der gegebenen besonderen Umstände nach den auch im Baurecht geltenden Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert, einen etwaigen Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften geltend zu machen.
41 
(1) Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und, soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs ist dabei von der normativen Wertung auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig dann vorliegt, wenn der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe unterschritten wird, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig ist (vgl. u. a. Senatsbeschlüsse vom 04.07.2003 - 8 S 1251/03 - und vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 -, BRS 58 Nr. 109; Beschluss vom 13.06.2003 – 3 S 938/03 -, BauR 2003, 1549 = BRS 66 Nr. 129; Urteil vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201 = BRS 65 Nr. 121; Beschluss vom 26.04.2002 – 5 S 629/02 -, VBlBW 2002, 445). Nachbarliche Belange sind in einem solchen Fall nur dann nicht erheblich beeinträchtigt, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtlich relevante Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. Senatsurteil vom 08.11.1999 - 8 S 1668/99 -, BRS 62 Nr. 94); auf eine Interessenabwägung kommt es dagegen nicht an (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.01.1999 - 5 S 2971/98 -, VBlBW 1999, 347 = NVwZ-RR 1999, 491 = BRS 62 Nr. 132; Beschluss vom 10.03.1999 a.a.O.). Als eine Besonderheit in diesem Sinn ist der ungewöhnliche Zuschnitt des Nachbargrundstücks anzusehen, der dessen Bebauung in dem dem geplanten Gebäude gegenüberliegenden Bereich praktisch ausschließt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, VBlBW 1997, 266; Beschluss vom 12.09.1996 - 5 S 2232/96 -, VBlBW 1997, 221). So verhält es sich hier: Auch wenn - wie oben ausgeführt - das Grundstück des Klägers innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche liegt und dieser planungsrechtliche Gesichtspunkt seiner Bebauung daher nicht entgegensteht, bleibt es dennoch dabei, dass es - wie bereits an anderer Stelle erwähnt - wegen der geringen Breite und der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften nicht bzw. allenfalls mit einem nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO privilegierten Nebengebäude bebaut werden kann.
42 
Davon ist auch das Verwaltungsgericht ausgegangen; es hat jedoch zur Begründung seines im Ergebnis gegenteiligen Standpunkts unter Berufung auf eine Entscheidung des 3. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 13.06.2003 (- 3 S 938/03 -, BauR 2003, 1549) darauf abgestellt, dass die betroffene Gartenfläche zu Erholungszwecken oder gärtnerisch genutzt werden könne und der Grenzbau in beiden Fällen die Belange des Klägers hinsichtlich der Besonnung und Belüftung und sein Interesse an der Verhinderung einer Einmauerung erheblich beeinträchtige. Der Senat kann offen lassen, ob diesem Ansatz in dieser Allgemeinheit zugestimmt werden kann. Denn darauf muss schon deshalb nicht näher eingegangen werden, weil im vorliegenden Fall auch bei Berücksichtigung der möglichen gärtnerischen oder sonstigen Freizeitnutzung eine erhebliche Beeinträchtigung der Belange des Klägers hinsichtlich der Besonnung und Belüftung seines Grundstücks nicht gegeben ist. Dabei ist von maßgeblicher Bedeutung, dass das Bauvorhaben das an dieser Stelle bereits vorhandene Gebäude ersetzen soll. Das neue Gebäude soll zwar höher werden als das abzubrechende Gebäude Maierstraße ..., es überschreitet damit aber nicht die maßstabbildende Umgebungsbebauung. Es orientiert sich in der Firstlinie vielmehr ersichtlich an dem Gebäude des Klägers und wird insgesamt nur maßvoll erhöht. Die dadurch verursachten Beeinträchtigungen sind jedenfalls nicht erheblich. Der Neubau steht westlich vom Grundstück des Klägers, so dass die Sonneneinstrahlung allenfalls in der zweiten Tageshälfte beeinträchtigt wird. Dies ist jedoch auch gegenwärtig schon so und im Verhältnis zum jetzigen Zustand wird sich die Belichtung und Besonnung nur unwesentlich verändern. Auch die Belüftung leidet nicht, weil gleichzeitig das Gebäude Maierstraße ... abgebrochen wird. Durch diesen Abbruch verbessert sich die Sonneneinstrahlung aus östlicher bis südlicher Richtung. Eine Veränderung tritt allenfalls insoweit ein, als die Gebäudelücke zwischen Maierstraße ... und Maierstraße ... geschlossen wird. Das bedeutet jedoch keine Verschlechterung, weil es sich bei diesem gegenwärtig noch vorhandenen schmalen Durchgang um ein städtebaulich und hygienisch eher unerwünschtes Traufgässchen handelt. Es ist auch fernliegend, in diesem Zusammenhang von einer Situation des Einmauerns zu sprechen. Insoweit erscheint bereits fraglich, ob die bauordnungs-rechtlichen Abstandsvorschriften diesen nachbarlichen Belang überhaupt schützen oder ob es sich nicht vielmehr um eine planungsrechtliche Frage des im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB zu berücksichtigenden Gebots der Rücksichtnahme (Maß der baulichen Nutzung) handelt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 - im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 23.05.1986 - 4 C 34.85 -, NVwZ 1987, 128). Auf jeden Fall kann auch hier nicht außer Betracht bleiben, dass schon die bisherige Situation von enger Bebauung geprägt ist. Die Winkelsituation, in der das Grundstück gelegen ist, wird sich darüber hinaus durch den Wegfall der Bebauung auf Flst. Nr. 230/7 insgesamt sogar eher verbessern. Gleiches gilt für den Wegfall des Gebäudevorsprungs auf der östlichen Seite des neuen Gebäudes, wodurch sich für den Kläger ebenfalls eine - wenn auch geringfügige - Verbesserung ergeben wird.
43 
Die Beigeladene hat daher einen auch im gerichtlichen Verfahren noch zu berücksichtigenden Anspruch auf Zulassung einer geringeren Tiefe der Abstandsfläche. Soweit sich die verbleibende Abstandsfläche vor der östlichen Außenwand des Gebäudes Maierstraße ... und die Abstandsfläche vor dem Anbau des Klägers Maierstraße ...x überdecken, bestehen im Hinblick auf § 5 Abs. 3 Satz 2 LBO keine Bedenken.
44 
(2) Auf Grund der bereits beschriebenen besonderen Grundstückssituation und im Hinblick auf das mit dem Stockwerkseigentum verbundene besonders ausgeprägte nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis wäre der Kläger aber auch darüber hinaus und unabhängig davon unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gehindert, einen möglichen Abstandsflächenverstoß geltend zu machen. Zwar besteht in der Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass sich ein Nachbar grundsätzlich gegen jede Unterschreitung der Mindestabstandsfläche zur Wehr setzen kann, ohne den Nachweis einer gerade dadurch hervorgerufenen tatsächlichen Beeinträchtigung führen zu müssen. Dieses Recht unterliegt mit Rücksicht auf den das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben jedoch Grenzen. Der baurechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken der gegenseitigen Rücksichtnahme; seine Grundlage ist das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis, in dessen Rahmen jeder Eigentümer zugunsten seines Nachbarn bestimmten Beschränkungen unterworfen ist und zum Ausgleich dafür verlangen kann, dass der Nachbar diese Beschränkungen gleichfalls beachtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, DVBl. 1994, 284 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 28). Aus diesem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt nicht nur, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, aus dem Gesichtspunkt unzulässiger Rechtsausübung billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsfläche freihält (vgl. VGH Bad.-Würt., Urteil vom 13.11.2002 - 3 S 882/02 -, VBlBW 2003, 235 mwN.). Gleiches muss vielmehr auch dann gelten, wenn auf Grund sonstiger besonderer Umstände die Geltendmachung und Durchsetzung des Rechts des Nachbarn dem Bauherrn gegenüber unbillig wäre. Solche besonderen Umstände ergeben sich vorliegend aus der bereits beschriebenen atypischen Grundstückssituation. So wie die betroffenen Parzellen von den Rechtsvorgängern des Klägers und des Herrn B. absichtsvoll gestaltet wurden, wurde in dem durch das beidseitige Stockwerkseigentum geprägten Gemeinschaftsverhältnis ersichtlich gegenseitig auf die Einhaltung der Abstandsvorschriften verzichtet. Das lässt sich bereits aus dem Umstand schließen, dass für das gemeinschaftliche Gebäude eine eigene, vollständig überbaute Parzelle gebildet wurde. Abstände wurden dabei nicht eingehalten, weder zu der gesonderten Parzelle Flst. Nr. 230/3 noch zum Grundstück des Klägers. Der Kläger konnte auch nicht ernsthaft davon ausgehen, dass der Gebäudeteil Maierstraße ... trotz Baufälligkeit nicht erneuert werden würde bzw. dass ein Nachfolgebau trotz der gegebenen kleinteiligen Grundstückssituation auf die Ausnutzung der bisher in Anspruch genommenen Grundstücksfläche verzichten und - so weit dies überhaupt möglich wäre - die reguläre Abstandsflächentiefe einhalten würde. Dies umso mehr, als auch er selbst - wenn auch in geringerem Umfang - abstandsrechtlich von dieser Situation profitiert. Bei dieser - seit vielen Jahrzehnten bestehenden - Sachlage widerspricht es der Billigkeit, wenn sich der Kläger auf die Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften beruft. Durch eine möglicherweise objektiv rechtswidrige Baugenehmigung wird er nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
45 
c) Auf die abstandsrechtlichen Einwände, die der Kläger gegenüber dem Anbau der südlichen Wand des Nachfolgebaus des Gebäudes Maierstraße ... an sein Gebäude Maierstraße ... geltend macht, braucht nicht weiter eingegangen zu werden, da insoweit allenfalls private, nicht aber Rechte des Klägers i. S. von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt sind. Entsprechend der Situation bei der Wohnungseigentümergemeinschaft schließt das Stockwerkseigentum öffentlich-rechtliche Nachbarschutzansprüche innerhalb der Gemeinschaft der Miteigentümer desselben Grundstücks aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.1998 - 4 C 3.97 -, NVwZ 1998, 954).
46 
2. Planungsrechtliche Bedenken gegen das Vorhaben bestehen ebenfalls nicht und wurden vom Kläger im gerichtlichen Verfahren auch nicht mehr substantiiert geltend gemacht. Soweit er pauschal behauptet, dass die Umgebung zu Unrecht als Mischgebiet eingeordnet worden sei, bleibt er weitere Darlegungen zum in seinen Augen zutreffenden Gebietscharakter schuldig. Die Planunterlagen und die Erörterung in der mündlichen Verhandlung ergaben auch unabhängig davon keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der von den Baubehörden der Baugenehmigung zugrunde gelegte Mischgebietscharakter in Frage gestellt werden müsste. Auf die anderen noch im Widerspruchsverfahren geltend gemachten Einwände mit planungsrechtlichem Hintergrund ist der Kläger im gerichtlichen Verfahren - zu Recht - nicht mehr eingegangen.
47 
3. Nach allem kann auch offen bleiben, ob der Kläger mit einem Teil seiner Einwendungen nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO ausgeschlossen ist.
IV.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
49 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
50 
Beschluss vom 6. Juni 2008
51 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 7.500 EUR festgesetzt.
52 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beigeladenen ist begründet. Die angefochtene Baugenehmigung verletzt den Kläger auch im streitgegenständlichen Umfang nicht in seinen Rechten, so dass das Verwaltungsgericht der Klage auch nicht teilweise hätte stattgeben dürfen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
29 
Die vom Kläger noch vor der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich geltend gemachten Zweifel an der Rechtzeitigkeit der Berufungsbegründung hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr aufrechterhalten, nachdem die anwesenden Vertreter der Bauherrengemeinschaft nochmals versichert hatten, dass die Christliche Gemeinschaft das ihr zustehende Grundstück Flst. Nr. 230/7 an Herrn B. veräußert habe und aus der Bauherrengemeinschaft ausgeschieden sei. Ein weiteres Eingehen auf die Stichhaltigkeit der vom Kläger gehegten Zweifel erübrigt sich daher.
II.
30 
Streitgegenstand ist die Baugenehmigung vom 24.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.05.2005 nur insoweit, als das Gebäude Vaihinger Straße ... und der Nachfolgebau für das Gebäude Maierstraße ... betroffen sind. Die Zulassung der Berufung wurde nur von der beigeladenen Bauherrengemeinschaft beantragt und auf den stattgebenden Teil des Urteils beschränkt; antragsgemäß hat der Senat die Berufung auch nur in diesem Umfang zugelassen. Der Kläger seinerseits ist gegen den abweisenden Teil des Urteils nicht vorgegangen. Zum Streitgegenstand gehört daher nicht mehr die Genehmigung der drei selbständigen Wohnhäuser und der Tiefgarage. Auch die Genehmigung nach der Erhaltungssatzung vom 01.03.2004 ist nicht im Streit, insoweit hat der Kläger seine Klage schon beim Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten. Rechtskräftig entschieden ist auch über die Genehmigung der dezentralisierten Müllplätze.
III.
31 
Der somit noch im Streit befindliche Teil der Baugenehmigung vom 24.09.2003/01.03.2004/30.08.2004 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
32 
1. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen nachbarschützendes Abstandsflächenrecht vor. Zwar müssen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen liegen, die von oberirdischen baulichen Anlagen freizuhalten sind und die nach § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO auf dem Grundstück selbst liegen müssen. Die Außenwände des Gebäudes Vaihinger Straße ... und des Gebäudes Maierstraße ... sollen an bzw. in der Nähe der Grenzen des dem Kläger gehörenden Grundstücks Flst. Nr. 230/2 errichtet werden, so dass die vorgeschriebenen Abstandsflächen entgegen § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO nicht bzw. nicht in vollem Umfang auf dem Baugrundstück selbst liegt. In beiden Fällen ist dies jedoch durch bauordnungsrechtliche Vorschriften gerechtfertigt bzw. verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten als Nachbar.
33 
a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO ist eine Abstandsfläche dann nicht erforderlich, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften das Gebäude an die Grenze gebaut werden darf und öffentlich-rechtlich gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Hinsichtlich des mit dem Gebäude Vaihinger Straße ... auf dem Grundstück Flst. Nr. 230/8 geplanten Grenzbaus ist ein solcher Fall gegeben.
34 
(1) Im unbeplanten Bereich darf planungsrechtlich an die Grundstücksgrenze gebaut werden, wenn die insoweit maßgebliche Umgebungsbebauung nach § 34 Abs. 1 BauGB sowohl einen Grenzbau als auch eine Bebauung mit Grenzabstand zulässt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.11.1984 - 3 S 2571/84 -, NVwZ 1986, 142). Wie den vorliegenden Planunterlagen entnommen werden kann, gibt es in der näheren Umgebung des Baugrundstücks sowohl eine erhebliche Anzahl von Grenzbauten als auch von solchen Gebäuden, die einen Grenzabstand einhalten. Ohne bzw. mit nur geringem seitlichem bzw. rückwärtigem Grenzabstand wurden beispielsweise das Gebäude des Klägers, aber auch die Gebäude Maierstraße …, …, …, …, …, …, …, …, … und andere ausgeführt; mit - teilweise nur einseitigem - Grenzabstand wurden die Gebäude Maierstraße …, …, …, … und weitere Gebäude in der Vaihinger Straße errichtet. Es bestehen daher keine Bedenken, wenn das Bauvorhaben über die Grenze des Grundstücks Flst. Nr. 230/8 hinausgreifend an das Gebäude des Klägers anschließt und dadurch die - von der Maierstraße als Erschließungsanlage aus betrachtet (vgl. Senatsbeschluss vom 04.10.2007 - 8 S 1447/07 -, VBlBW 2008, 272) - vorhandene geschlossene Bauweise aufnimmt.
35 
(2) Des weiteren ist auch öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Die öffentlich-rechtliche Sicherung erfolgt zwar in der Regel durch die Übernahme einer entsprechenden Baulast. Sie ist aber auch dann gewährleistet, wenn auf dem Nachbargrundstück bereits ein Gebäude, von dessen Fortbestand ausgegangen werden kann, an der Grenze vorhanden ist, an die angebaut werden soll (vgl. schon VGH Bad.-Württ. Urteile vom 02.07.1985 - 5 S 243/85 - und vom 30.08.1989 - 3 S 1289/89 - zur LBO 1983; zur LBO 1996: Urteil vom 25.01.1996 - 5 S 2766/95 -, VGHBW-Ls 1996, Beil. 5, B 5-6 und Beschluss vom 12.09.1996 - 5 S 2232/96 -, VBlBW 1997, 221; Beschluss vom 10.03.1999 – 3 S 332/99 -, VGHBW-Ls 1999, Beilage 5, B 4). So verhält es sich hier: Auf dem benachbarten Grundstück steht bereits das Doppelhaus Maierstraße ... und ... an der Grenze. Der durch das Grundstück Flst. Nr. 230/3 gebildete geringe Abstand zwischen dem Doppelhaus und der Grenze zum Grundstück Flst. Nr. 230/8 spielt dabei keine entscheidende Rolle. Maßgeblich ist lediglich, dass als Ergebnis der beiderseitigen Grenzbebauung geschlossene Bauweise entsteht. Die geschlossene Bauweise wird aber weder durch Traufgassen noch durch Durchgänge von geringer Breite unterbrochen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.02.1998 – 5 S 3202/96 -, VGHBW-Ls 1998, Beil. 5, B 6; Sauter, LBO, § 5 Rn. 38 mwN.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO, § 22 Rn. 31; anders wohl VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.05.2002 – 3 S 2259/01 -, BauR 2002, 1749). Vom Fortbestand des Gebäudes Maierstraße ... und ... i. S. einer fortdauernden Bebauung an dieser Stelle des Grundstücks kann ausgegangen werden. Denn entweder bleibt das Gebäude insgesamt stehen, weil der im Hinblick auf das Stockwerkseigentum notwendige Konsens für einen Abbruch zwischen Kläger und Beigeladener nicht hergestellt werden kann, oder es wird teilweise (Gebäudeteil Maierstraße ...) abgerissen und über die Grenze und das Grundstück Flst. Nr. 230/3 hinweg durch den genehmigten Neubau ersetzt.
36 
(3) Damit steht fest, dass das Vorhaben ohne Abstandsfläche an der insoweit maßgeblichen seitlichen Grenze des Grundstücks Flst. Nr. 230/8 errichtet werden darf (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO). Dies hat Auswirkungen auch für das Grundstück des Klägers: Die Möglichkeit zur Grenzbebauung besteht nämlich nicht nur hinsichtlich der Grenze zum Grundstück Flurstück Nr. 230/3, sondern auch hinsichtlich diejenigen zum Grundstück des Klägers, Flurstück Nr. 230/2. Denn auf Grund der ungewöhnlichen Gestalt und Anordnung der genannten Parzellen erscheint es sowohl geboten wie auch gerechtfertigt, unter dem Nachbargrundstück i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO nicht nur die einzelne unmittelbar angrenzende Parzelle, sondern die Gesamtheit der das (Bau-)Grundstück bildenden Buchgrundstücke zu verstehen. Das Besondere sieht der Senat dabei in der Tatsache, dass Gestalt und Anordnung der Parzellen Flurstück Nr. 230/2 und Nr. 230/3 erkennbar auf eine dem Hausgrundstück Flurstück Nr. 230/1 zugeordnete Funktion hindeuten. Eine sinnvolle eigenständige Nutzungsmöglichkeit ist nicht bzw. kaum gegeben. Dem vollständig mit dem Doppelhaus überbauten Hausgrundstück Flurstück Nr. 230/1 fehlt auch nur die geringste unüberbaute Außenfläche. Betrachtet man dagegen die drei Parzellen insgesamt, ergibt sich ein regelgerecht geschnittenes, mit einem Doppelhaus bebautes und mit hinreichender Außenfläche ausgestattetes Baugrundstück. Welche historischen Umstände zur Bildung der Einzelparzellen geführt haben, konnte nicht ermittelt werden. Denkbar ist, dass - korrespondierend zur Trennung des Gebäudes in Stockwerkseigentum - eine eindeutige Nutzungszuweisung des Außenbereichs herbeigeführt werden sollte. Dem Gebäudeteil Maierstraße ... wäre somit lediglich eine schmale Lauffläche in Gestalt des Flurstücks Nr. 230/3 zugewiesen worden. Der größere Teil in Form der Parzelle Flurstück Nr. 230/2 wäre dem Gebäudeteil Maierstraße ... zugeordnet worden, wofür auch die spätere Überbauung durch den Anbau Maierstraße ...x spräche.
37 
Ohne dass es auf die genauen Gründe für die Aufteilung entscheidend ankäme, nimmt der Senat die geschilderten Besonderheiten zum Anlass, das aus allen drei Parzellen bestehende Baugrundstück als Nachbargrundstück i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO zu behandeln. Denn zwar verwendet die Landesbauordnung den Begriff des Grundstücks regelmäßig i. S. v. Buchgrundstück (vgl. § 4 Abs. 1 LBO). Jedoch gilt dies nicht ausnahmslos: Aus § 4 Abs. 2 LBO folgt, dass bauordnungsrechtlich das Baugrundstück auch durch mehrere Buchgrundstücke gebildet werden kann. Hinzu kommt, dass § 5 Abs. 1 Satz 2 LBO auf die Bauweise und damit einen bauplanungsrechtlich zu beurteilenden Sachverhalt Bezug nimmt. Im Bauplanungsrecht aber kommt es auf die Grundstücksgrenzen grundsätzlich nicht an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.1988 - 4 B 175.88 -, NVwZ 1989, 354 mwN.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.02.1997 - 5 S 3442/95 -, VBlBW 1997, 268). Dies zeigt sich im vorliegenden Fall bspw. bei der Bestimmung der Bauweise entlang der Maierstraße: Eine sachgerechte Beurteilung wird nicht auf die Bebauung der einzelnen Buchgrundstücke abstellen, da in diesem Falle neben dem bebauten Grundstück Flst. Nr. 230/8 das nur wenige Zentimeter breite nicht bebaute Grundstück Flurstück Nr. 230/3 berücksichtigt werden müsste. Auch für die Feststellung dessen, was im unbeplanten Gebiet zur überbaubaren Grundstücksfläche gehört, kommt es auf die Grundstücksgrenzen nicht an (vgl. BVerwG, a.a.O.). Demgemäß bezieht sich die Möglichkeit, ein Gebäude in der geschlossenen Bauweise zu errichten, auf die gesamte Tiefe der seitlichen überbaubaren Grundstücksfläche (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO, § 22 Rdnr. 31). Das Bauordnungsrecht trägt diesem Umstand dadurch Rechnung, dass nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO nicht an ein vorhandenes Gebäude angebaut werden, sondern nur der Anbau an die Grenze sichergestellt sein muss. Entscheidend ist danach, dass das Bauvorhaben und das vorhandene Grenzgebäude auf dem Nachbargrundstück im Hinblick auf die Bauweise noch zueinander in Beziehung stehen (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 10.03.1999 a.a.O.). Die Gebäude dürfen nicht so angeordnet sein, dass durch das Bauvorhaben eine halboffene Bauweise entsteht. Durch § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO soll eine nur einseitige Grenzbebauung verhindert werden, die sich aber ergeben könnte, wenn das Planungsrecht ein Bauvorhaben auf der Grenze gestattete, ohne zugleich zwingend für das Nachbargrundstück eine entsprechende Bebauung vorzuschreiben (vgl. VGH Bad.-Württ., a.a.O.). Aus all dem folgt für den vorliegenden Fall, dass im Hinblick auf das vorhandene Gebäude Maierstraße ... und x geschlossene Bauweise auch dann vorläge, wenn auf dem Grundstück Flst. Nr. 230/8 ein Gebäude lediglich in dem rückwärtigen Bereich, wo das Grundstück des Klägers Flst. Nr. 230/2 liegt, an die Grenze gebaut werden würde.
38 
Der Kläger wird dadurch nicht benachteiligt. Gegenwärtig ist sein Grundstück wegen der geringen Breite und der erforderlichen Abstandsflächen nicht oder allenfalls mit einem nach § 6 Abs. 1 LBO privilegierten Nebengebäude bebaubar. Und selbst wenn man den nach Sachlage wenig naheliegenden, aber theoretisch immerhin denkbaren Fall in Betracht zieht, dass der Kläger die gesamte Parzelle Flst. Nr. 230/1 und auch das Grundstück Flst. Nr. 230/3 erwirbt und danach das vorhandene Gebäude Maierstraße ... und x rückwärtig erweitern wollte, wäre dies ohne weiteres möglich, da er mit der Erweiterung sowohl planungsrechtlich - Stichwort: überbaubare Grundstücksfläche - als auch bauordnungsrechtlich - nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO - seinerseits an das vorhandene Geschäftshaus anbauen könnte.
39 
Ist somit eine Abstandsfläche vor der an das Grundstück des Klägers angrenzenden Außenwand des Gebäudes Vaihinger Straße ... bereits nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO nicht erforderlich, muss auf die vom Verwaltungsgericht in den Vordergrund gestellte Frage, ob eine Zulassung der Grenzbebauung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO in Betracht kommt, nicht mehr eingegangen werden. Es kann insoweit ebenfalls offen bleiben, ob der Kläger nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert wäre, einen Abstandsflächenverstoß des Bauvorhabens geltend zu machen, denn ein solcher Verstoß ist - jedenfalls im Verhältnis zum Grundstück des Klägers und an dieser Stelle - nicht gegeben.
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b) Zwar liegen - wie bereits erwähnt - die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO vor der östlichen Außenwand des Nachfolgebaus für das Gebäude Maierstraße... erforderlichen Abstandsflächen teilweise auf dem Grundstück des Klägers Flst. Nr. 230/2. Da jedoch insoweit die Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO gegeben sind, ist eine geringere Tiefe der Abstandsfläche zuzulassen. Zumindest aber ist der Kläger hier auf Grund der gegebenen besonderen Umstände nach den auch im Baurecht geltenden Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert, einen etwaigen Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften geltend zu machen.
41 
(1) Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und, soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs ist dabei von der normativen Wertung auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig dann vorliegt, wenn der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe unterschritten wird, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig ist (vgl. u. a. Senatsbeschlüsse vom 04.07.2003 - 8 S 1251/03 - und vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 -, BRS 58 Nr. 109; Beschluss vom 13.06.2003 – 3 S 938/03 -, BauR 2003, 1549 = BRS 66 Nr. 129; Urteil vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201 = BRS 65 Nr. 121; Beschluss vom 26.04.2002 – 5 S 629/02 -, VBlBW 2002, 445). Nachbarliche Belange sind in einem solchen Fall nur dann nicht erheblich beeinträchtigt, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtlich relevante Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. Senatsurteil vom 08.11.1999 - 8 S 1668/99 -, BRS 62 Nr. 94); auf eine Interessenabwägung kommt es dagegen nicht an (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.01.1999 - 5 S 2971/98 -, VBlBW 1999, 347 = NVwZ-RR 1999, 491 = BRS 62 Nr. 132; Beschluss vom 10.03.1999 a.a.O.). Als eine Besonderheit in diesem Sinn ist der ungewöhnliche Zuschnitt des Nachbargrundstücks anzusehen, der dessen Bebauung in dem dem geplanten Gebäude gegenüberliegenden Bereich praktisch ausschließt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, VBlBW 1997, 266; Beschluss vom 12.09.1996 - 5 S 2232/96 -, VBlBW 1997, 221). So verhält es sich hier: Auch wenn - wie oben ausgeführt - das Grundstück des Klägers innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche liegt und dieser planungsrechtliche Gesichtspunkt seiner Bebauung daher nicht entgegensteht, bleibt es dennoch dabei, dass es - wie bereits an anderer Stelle erwähnt - wegen der geringen Breite und der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften nicht bzw. allenfalls mit einem nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO privilegierten Nebengebäude bebaut werden kann.
42 
Davon ist auch das Verwaltungsgericht ausgegangen; es hat jedoch zur Begründung seines im Ergebnis gegenteiligen Standpunkts unter Berufung auf eine Entscheidung des 3. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 13.06.2003 (- 3 S 938/03 -, BauR 2003, 1549) darauf abgestellt, dass die betroffene Gartenfläche zu Erholungszwecken oder gärtnerisch genutzt werden könne und der Grenzbau in beiden Fällen die Belange des Klägers hinsichtlich der Besonnung und Belüftung und sein Interesse an der Verhinderung einer Einmauerung erheblich beeinträchtige. Der Senat kann offen lassen, ob diesem Ansatz in dieser Allgemeinheit zugestimmt werden kann. Denn darauf muss schon deshalb nicht näher eingegangen werden, weil im vorliegenden Fall auch bei Berücksichtigung der möglichen gärtnerischen oder sonstigen Freizeitnutzung eine erhebliche Beeinträchtigung der Belange des Klägers hinsichtlich der Besonnung und Belüftung seines Grundstücks nicht gegeben ist. Dabei ist von maßgeblicher Bedeutung, dass das Bauvorhaben das an dieser Stelle bereits vorhandene Gebäude ersetzen soll. Das neue Gebäude soll zwar höher werden als das abzubrechende Gebäude Maierstraße ..., es überschreitet damit aber nicht die maßstabbildende Umgebungsbebauung. Es orientiert sich in der Firstlinie vielmehr ersichtlich an dem Gebäude des Klägers und wird insgesamt nur maßvoll erhöht. Die dadurch verursachten Beeinträchtigungen sind jedenfalls nicht erheblich. Der Neubau steht westlich vom Grundstück des Klägers, so dass die Sonneneinstrahlung allenfalls in der zweiten Tageshälfte beeinträchtigt wird. Dies ist jedoch auch gegenwärtig schon so und im Verhältnis zum jetzigen Zustand wird sich die Belichtung und Besonnung nur unwesentlich verändern. Auch die Belüftung leidet nicht, weil gleichzeitig das Gebäude Maierstraße ... abgebrochen wird. Durch diesen Abbruch verbessert sich die Sonneneinstrahlung aus östlicher bis südlicher Richtung. Eine Veränderung tritt allenfalls insoweit ein, als die Gebäudelücke zwischen Maierstraße ... und Maierstraße ... geschlossen wird. Das bedeutet jedoch keine Verschlechterung, weil es sich bei diesem gegenwärtig noch vorhandenen schmalen Durchgang um ein städtebaulich und hygienisch eher unerwünschtes Traufgässchen handelt. Es ist auch fernliegend, in diesem Zusammenhang von einer Situation des Einmauerns zu sprechen. Insoweit erscheint bereits fraglich, ob die bauordnungs-rechtlichen Abstandsvorschriften diesen nachbarlichen Belang überhaupt schützen oder ob es sich nicht vielmehr um eine planungsrechtliche Frage des im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB zu berücksichtigenden Gebots der Rücksichtnahme (Maß der baulichen Nutzung) handelt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 - im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 23.05.1986 - 4 C 34.85 -, NVwZ 1987, 128). Auf jeden Fall kann auch hier nicht außer Betracht bleiben, dass schon die bisherige Situation von enger Bebauung geprägt ist. Die Winkelsituation, in der das Grundstück gelegen ist, wird sich darüber hinaus durch den Wegfall der Bebauung auf Flst. Nr. 230/7 insgesamt sogar eher verbessern. Gleiches gilt für den Wegfall des Gebäudevorsprungs auf der östlichen Seite des neuen Gebäudes, wodurch sich für den Kläger ebenfalls eine - wenn auch geringfügige - Verbesserung ergeben wird.
43 
Die Beigeladene hat daher einen auch im gerichtlichen Verfahren noch zu berücksichtigenden Anspruch auf Zulassung einer geringeren Tiefe der Abstandsfläche. Soweit sich die verbleibende Abstandsfläche vor der östlichen Außenwand des Gebäudes Maierstraße ... und die Abstandsfläche vor dem Anbau des Klägers Maierstraße ...x überdecken, bestehen im Hinblick auf § 5 Abs. 3 Satz 2 LBO keine Bedenken.
44 
(2) Auf Grund der bereits beschriebenen besonderen Grundstückssituation und im Hinblick auf das mit dem Stockwerkseigentum verbundene besonders ausgeprägte nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis wäre der Kläger aber auch darüber hinaus und unabhängig davon unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gehindert, einen möglichen Abstandsflächenverstoß geltend zu machen. Zwar besteht in der Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass sich ein Nachbar grundsätzlich gegen jede Unterschreitung der Mindestabstandsfläche zur Wehr setzen kann, ohne den Nachweis einer gerade dadurch hervorgerufenen tatsächlichen Beeinträchtigung führen zu müssen. Dieses Recht unterliegt mit Rücksicht auf den das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben jedoch Grenzen. Der baurechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken der gegenseitigen Rücksichtnahme; seine Grundlage ist das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis, in dessen Rahmen jeder Eigentümer zugunsten seines Nachbarn bestimmten Beschränkungen unterworfen ist und zum Ausgleich dafür verlangen kann, dass der Nachbar diese Beschränkungen gleichfalls beachtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, DVBl. 1994, 284 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 28). Aus diesem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt nicht nur, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, aus dem Gesichtspunkt unzulässiger Rechtsausübung billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsfläche freihält (vgl. VGH Bad.-Würt., Urteil vom 13.11.2002 - 3 S 882/02 -, VBlBW 2003, 235 mwN.). Gleiches muss vielmehr auch dann gelten, wenn auf Grund sonstiger besonderer Umstände die Geltendmachung und Durchsetzung des Rechts des Nachbarn dem Bauherrn gegenüber unbillig wäre. Solche besonderen Umstände ergeben sich vorliegend aus der bereits beschriebenen atypischen Grundstückssituation. So wie die betroffenen Parzellen von den Rechtsvorgängern des Klägers und des Herrn B. absichtsvoll gestaltet wurden, wurde in dem durch das beidseitige Stockwerkseigentum geprägten Gemeinschaftsverhältnis ersichtlich gegenseitig auf die Einhaltung der Abstandsvorschriften verzichtet. Das lässt sich bereits aus dem Umstand schließen, dass für das gemeinschaftliche Gebäude eine eigene, vollständig überbaute Parzelle gebildet wurde. Abstände wurden dabei nicht eingehalten, weder zu der gesonderten Parzelle Flst. Nr. 230/3 noch zum Grundstück des Klägers. Der Kläger konnte auch nicht ernsthaft davon ausgehen, dass der Gebäudeteil Maierstraße ... trotz Baufälligkeit nicht erneuert werden würde bzw. dass ein Nachfolgebau trotz der gegebenen kleinteiligen Grundstückssituation auf die Ausnutzung der bisher in Anspruch genommenen Grundstücksfläche verzichten und - so weit dies überhaupt möglich wäre - die reguläre Abstandsflächentiefe einhalten würde. Dies umso mehr, als auch er selbst - wenn auch in geringerem Umfang - abstandsrechtlich von dieser Situation profitiert. Bei dieser - seit vielen Jahrzehnten bestehenden - Sachlage widerspricht es der Billigkeit, wenn sich der Kläger auf die Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften beruft. Durch eine möglicherweise objektiv rechtswidrige Baugenehmigung wird er nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
45 
c) Auf die abstandsrechtlichen Einwände, die der Kläger gegenüber dem Anbau der südlichen Wand des Nachfolgebaus des Gebäudes Maierstraße ... an sein Gebäude Maierstraße ... geltend macht, braucht nicht weiter eingegangen zu werden, da insoweit allenfalls private, nicht aber Rechte des Klägers i. S. von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt sind. Entsprechend der Situation bei der Wohnungseigentümergemeinschaft schließt das Stockwerkseigentum öffentlich-rechtliche Nachbarschutzansprüche innerhalb der Gemeinschaft der Miteigentümer desselben Grundstücks aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.1998 - 4 C 3.97 -, NVwZ 1998, 954).
46 
2. Planungsrechtliche Bedenken gegen das Vorhaben bestehen ebenfalls nicht und wurden vom Kläger im gerichtlichen Verfahren auch nicht mehr substantiiert geltend gemacht. Soweit er pauschal behauptet, dass die Umgebung zu Unrecht als Mischgebiet eingeordnet worden sei, bleibt er weitere Darlegungen zum in seinen Augen zutreffenden Gebietscharakter schuldig. Die Planunterlagen und die Erörterung in der mündlichen Verhandlung ergaben auch unabhängig davon keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der von den Baubehörden der Baugenehmigung zugrunde gelegte Mischgebietscharakter in Frage gestellt werden müsste. Auf die anderen noch im Widerspruchsverfahren geltend gemachten Einwände mit planungsrechtlichem Hintergrund ist der Kläger im gerichtlichen Verfahren - zu Recht - nicht mehr eingegangen.
47 
3. Nach allem kann auch offen bleiben, ob der Kläger mit einem Teil seiner Einwendungen nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO ausgeschlossen ist.
IV.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
49 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
50 
Beschluss vom 6. Juni 2008
51 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 7.500 EUR festgesetzt.
52 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. Juli 2007 - 6 K 2270/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nrn. 3 - 5 VwGO gestützte Antrag der Kläger gegen das Urteil vom 11.07.2007 ist statthaft. Der Antrag ist auch fristgerecht eingelegt und begründet worden (vgl. § 124 Abs. 4 Satz 1, 2 und 4 VwGO). Der Antrag hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 5 (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Verfahrensfehler durch Versagung rechtlichen Gehörs) sind schon nicht ausreichend dargelegt (§ 124 a Abs. 4 Satz 3 VwGO, dazu I. und II.), und die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 4 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, Divergenz) liegen nicht vor (§ 124 Abs. 5 Satz 2 VwGO, dazu III. und IV.).
I.
Grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der Tatsachenfragen nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höher gerichtlicher Klärung bedürfen. Die Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt vom Kläger, dass er unter Durchdringung des Streitstoffs eine diesen Vorgaben entsprechende konkrete, verallgemeinerungsfähige Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die sowohl für das Ausgangsgericht erheblich war als auch im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund gibt, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 05.06.1997 - 4 S 1050/97 -, VBlBW 1997, 420 m.w.N.).
Diesen Anforderungen entspricht die Antragsbegründung der Kläger nicht. Die von ihnen darin aufgeworfene Frage,
„ob eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange i.S.d. § 6 IV 1 Nr. 2 LBO dann verneint werden kann, wenn auf dem Grundstück der Kläger besondere topographische Verhältnisse nicht gegeben sind, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg die Annahme einer nicht erheblichen Beeinträchtigung nachbarlicher Belange rechtfertigen würden, der erforderliche Grenzabstand zwar um 1,1 m² überschritten wird, andererseits aber die Besonderheit besteht, dass eine Überlappung der Abstandsflächen des nicht den Grenzabstand einhaltenden Gebäudes und einer angenommenen maximalen Bebauung auf dem Grundstück der Kläger nahezu nicht vorhanden ist“,
ist ersichtlich und gezielt auf den individuellen Sachverhalt im vorliegenden Verfahren zugeschnitten und schon deswegen einer verallgemeinernden Klärung nicht zugänglich. Zudem war diese Frage für das Verwaltungsgericht auch nicht entscheidungserheblich, denn dieses hat die Frage, ob eine geringere Abstandsfläche in der nordwestlichen Ecke der Lagerhalle nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zuzulassen ist, gerade offen gelassen.
II.
Die geltend gemachte Verfahrensrüge nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO und Art. 103 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht ausreichen dargelegt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist verletzt, wenn die seiner Gewährleistung dienenden Verfahrensvorschriften nicht beachtet oder Ausführungen oder Anträge der Prozessbeteiligten vom Gericht nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen worden sind. Die Darlegung erfordert die Darstellung des Sachverhalts, aus dem sich die Verletzung des Gehörsgewährgebots ergibt und die substantiierte Darstellung der Ausführungen und Anträge, die das Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat bzw. der Tatsachen- und Beweisergebnisse, zu denen das Gericht die Möglichkeit zur Äußerung verwehrt hat. Die Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt, erfordert darüber hinaus die substantiierte Darstellung dessen, was die Prozesspartei bei Ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.08.1997 - 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328 ff. m.w.N.).
1. Das Vorbringen der Kläger genügt diesen Darlegungserfordernissen nicht. Die Kläger haben den Sachverhalt, auf den sie ihren Gehörsverstoß stützen, schon nicht hinreichend bezeichnet. Sie tragen vor, das Verwaltungsgericht habe „den anderen Prozessbeteiligten“ die von der Beklagten-Vertreterin übergebenen Darstellungen und Zeichnungen (betreffend das Verhältnis der Abstandsflächen der Lagerhalle und denen eines maximal zulässigen Gebäudes auf dem Grundstück der Kläger) nicht „ausführlich zur Überprüfung“ zur Verfügung gestellt, sondern sich diese Unterlagen „einfach übergeben lassen“. Dieses Vorbringen ist zu vage und unbestimmt. Zudem fehlt es an der erforderlichen substantiierten Darlegung dessen, was die Kläger nach der - vermissten - vertieften Überprüfung der Unterlagen gegen deren Richtigkeit vorgetragen hätten und inwiefern dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung des Verwaltungsgerichts hätte führen können, nachdem dieses eine Entscheidung über die Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO, für dessen Anwendung die Unterlagen bedeutsam sind, gerade offen gelassen hat.
2. Abgesehen davon könnten die Kläger den gerügten Gehörsverstoß auch nicht mehr erfolgreich geltend machen. Auf einen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs kann sich nämlich nur berufen, wer zuvor alle prozessualen und faktisch zumutbaren Möglichkeiten wahrgenommen hat, um sich Gehör zu verschaffen (BVerwG, Beschluss vom 08.12.1988 - 9 B 388.88 -, NWZ 1989, 233 ff. und Urteil vom 11.04.1989 - 9 C 55.88 -, NVwZ 1989, 857 ff.). Das Mittel zur Verwirklichung des rechtlichen Gehörs stellt dabei die mündliche Verhandlung dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1989, a.a.O.). Gemessen daran hätten die Kläger ihr Rügerecht gegen den erhobenen Gehörsverstoß in jedem Fall verloren. Denn sie haben es ausweislich des Sitzungsprotokolls (Bl. 247 der VG-Akten) in der mündlichen Verhandlung versäumt, ihr Begehren, die von der Beklagten ins Verfahren eingeführten Unterlagen in der mündlichen Verhandlung näher zu überprüfen, geltend zu machen, etwa durch den Antrag, ihnen ein Schriftsatzrecht für eine vertiefte Stellungnahme einzuräumen.
III.
Die von den Klägern - insofern ordnungsgemäß nach § 124 a Abs. 4 Satz 3 VwGO gerügten - ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils vom 11.07.2007 liegen nicht vor. Die Kläger haben keine erheblichen Gründe vorgebracht, die dafür sprechen, dass das ihre Nachbarklage abweisende Urteil sich jedenfalls, was erforderlich ist, im Ergebnis als fehlerhaft erweist (zu dieser ergebnisbezogenen Betrachtung des der Einzelfallgerechtigkeit dienenden Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 - sowie VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 21.04.1997 - 8 S 667/97 -, DVBl. 1997, 1327 und vom 15.05.2000 - 14 S 353/00 -; weitere Nachweise bei Bader, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 124 Rn. 23).
10 
Gegenstand des Rechtsstreits sind zwei getrennte, funktional aber zusammenhängende Baugenehmigungen der Beklagten vom 11.05.2005 und vom 07.04.2006 (jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 09.08.2006). Die Baugenehmigung vom 11.05.2005 gestattet den Umbau (Erhöhung, Einbau zweiter Dachgaupen) sowie die Umnutzung (Einbau zweier Büros, einer Toilette und eines „Archivs“) der zum Schlossereibetrieb des Beigeladenen gehörenden Lagerhalle auf dem Grundstück Flst.-Nr. 1477. Die Baugenehmigung vom 07.04.2006 legitimiert den derzeitigen, von den Ursprungsplänen aus dem Jahre 1950 abweichenden Standort der Lagerhalle; im Dachgeschoss entfällt das bisherige „Archiv“, in dem die bisher dorthin führende Türöffnung geschlossen wird. Dabei sieht die Beklagte die von der westlichen Außenwand auf deren Nordseite teilweise nicht eingehaltene Abstandsfläche (1,66 m statt 2,50 m an der schmalsten Stelle, dadurch Abstandsflächenüberlappung auf das Nachbargrundstück von ca. 1,1 m²) als nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zulässig an. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen gegen beide Genehmigungen im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Genehmigung vom 11.05.2005 verletze weder bauplanungsrechtlich noch bauordnungsrechtlich nachbarliche Rechte der Kläger. Die wegen ihrer Größe abstandsflächenrechtlich nach § 5 Abs. 6 Satz 2 LBO erheblichen Dachgaupen hielten die Abstandsflächen ein, da sie auf der Nordseite um 2,50 m verkürzt seien. Es würden ferner keine unzumutbaren Einblicksmöglichkeiten auf das klägerische Grundstück geschaffen. Schließlich habe auch die Umnutzung des Dachgeschosses in Büros keine erhebliche Betriebserweiterung zur Folge und verstoße hinsichtlich der Auswirkungen dieser Umnutzung nicht zu Lasten der Kläger gegen das in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot. Ob die Überschreitung der Abstandsflächentiefe in der Nordwestecke der Lagerhalle durch § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO gerechtfertigt sei, wofür vieles spreche, könne dahinstehen. Denn jedenfalls hätten die Kläger, die sich bisher ebenso wie ihre Rechtsvorgänger weder gegen den Standort noch gegen die Nutzung der seit 1950 bestehenden Halle gewendet hätten, ihr materielles Abwehrrecht gegen dieses Vorhaben verwirkt. Die materielle Verwirkung des Abwehrrechts führe zugleich zur Unbegründetheit ihrer Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung.
11 
Dem halten die Kläger im Zulassungsverfahren zusammengefasst entgegen: Selbst für den Fall, dass ihr Anspruch auf materielles Einschreiten gegen die Halle verwirkt gewesen sein sollte, sei jedenfalls nach Erteilung der Baugenehmigung, die den bisherigen Zustand legalisiere und verschärfe, eine Zäsur entstanden. Sie könnten daher, wie das Bundesverwaltungsgericht 1991 entschieden habe, ihre materiellen Abwehrrechte gegen die Baugenehmigung vom 07.04.2006 in Stellung bringen. Diese Baugenehmigung sei aufzuheben, da die Halle die nachbarschützenden Abstandsflächen nicht einhalte und sie - die Kläger - dadurch „erheblich“ im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO in nachbarlichen Rechten verletzt würden. Die Baugenehmigung verstoße gegen das Rücksichtnahmegebot, da die entstehenden Büros zu einer Ausweitung des schon jetzt gerade noch hinnehmbaren Gewerbelärms des Schlossereibetriebs führe. Wegen weiterer Einzelheiten verweist der Senat auf die Schriftsätze der Kläger vom 01.10. und vom 11.12.2007.
12 
Das Vorbringen der Kläger ist nicht geeignet, das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zutreffend entschieden, dass beide Baugenehmigungen die Kläger nicht in ihren Rechten als Miteigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flst.-Nr. 1476 verletzen, weil beide Baugenehmigungen ersichtlich nicht gegen bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Vorschriften verstoßen, die (auch) dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt sind.
13 
1.a) Hinsichtlich der den Standort wie die Nutzung der Lagerhalle auf dem Flst.-Nr. 1477 legalisierenden Baugenehmigung vom 07.04.2006 ist dem Verwaltungsgericht zunächst darin zu folgen, dass die Kläger ihr materielles Abwehrrecht gegen dieses Vorhaben insofern verwirkt haben, als es um etwaige Ansprüche auf baupolizeiliches Einschreiten wegen der Lage und/oder der Nutzung dieses Gebäudes geht. Die Lagerhalle wurde bereits 1950 abweichend von den damaligen Plänen im Nordwesten nahe an die Grenze zum Grundstück Flst.-Nr. 1476 herangebaut. Der engste Abstand beträgt seither 1,66 m, womit das Gebäude die heute erforderliche Abstandsfläche von 2,50 m im nördlichsten Teil der westlichen Außenwand auf eine Länge von ca. 2 m nicht einhält mit der Folge, dass die Abstandsfläche zu ca. 1,1 m² auf dem Grundstück der Kläger liegt (vgl. dazu den Abstandsflächenplan sowie die Abstandsflächenberechnung, Bl. 27, 28 der Bauakte, Teil II). Es gibt jedoch, wie das Verwaltungsgericht ausführt und auch die Kläger nicht substantiiert bestreiten, keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger jemals und trotz anzunehmender Kenntnis vom Grenzverlauf bisher die Abstandsflächenüberschreitung gerügt haben. Entsprechende Einwendungen sind ersichtlich auch von den Rechtsvorgängen der Kläger nicht erhoben worden, deren Verhalten die Kläger sich zurechnen lassen müssen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.09.1991 - 3 S 2000/91 -). Die Kläger wie ihre Rechtsvorgänger haben darüber hinaus auch gegen die in der Vergangenheit mehrfach erfolgten Umnutzungen der Halle (vgl. dazu die Liste, Bl. 47 der Bauakte, Teil I) keine Einwendungen erhoben. Solche Einwendungen sind insbesondere auch nicht gegen die Nutzung der Halle als Lagerraum für Geräte der auf dem rückwärtigen Grundstück Flst.-Nr. 1477 und dem angrenzenden Flst.-Nr. 1475 liegenden Schlossereiwerkstatt des Beigeladenen vorgebracht worden. Diese Nutzung als Lagerhalle für die Schlosserei besteht nach dem nicht bestrittenen Vortrag des Beigeladenen aber mindestens schon seit 1997; in diesem Jahr erwarb der Beigeladene die Halle, nachdem er sie auch zuvor schon zu Lagerzwecken angemietet hatte.
14 
b) Vor diesem Hintergrund geht auch der Senat davon aus, dass die Kläger einen materiell-rechtlichen Abwehranspruch gegen die Lage und die Nutzung der Halle, sofern ein solcher - zudem gebundener - Anspruch überhaupt bestand, zwischenzeitlich verwirkt haben. Aufgrund des langjährigen passiven Verhaltens der Kläger und ihrer Rechtsvorgänger (Zeitmoment) durfte der Beigeladene darauf vertrauen, dass die Kläger dieses Recht - wegen der aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis erwachsenden Pflicht, Abwehrrechte zügig geltend zu machen - nach so langer Zeit nicht mehr ausüben würden, sondern dass sie die Halle hingenommen hätten (Vertrauenstatbestand); der Beigeladene hat dieses Vertrauen auch durch erhebliche wirtschaftliche Aufwendungen ins Werk gesetzt (Vertrauensbetätigung; zu diesen Verwirkungsvoraussetzungen vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.1991 - 4 C 4.89 -, NVwZ 1991, 727; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.09.1991 - a.a.O.; OVG NRW, Urteil vom 21.03.1995 - 11 A 1089/91 -).
15 
An der Verwirkung des (unterstellten) materiellen Abwehrrechts und der damit verbundenen öffentlich-rechtlichen Hinnahme der bestehenden Halle hat auch die Erteilung der Baugenehmigung vom 07.04.2006 nichts geändert, mit der der bisherige teilweise ungenehmigte Zustand legalisiert worden ist. Denn das materielle Abwehrrecht eines Nachbarn kann unabhängig von einer Baugenehmigung verwirkt sein (BVerwG, Beschluss vom 18.03.1988 - 4 B 50.88 -, NVwZ 1988, 730). Allerdings führt die fortbestehende Verwirkung des materiellen Abwehrrechts entgegen dem Verwaltungsgericht nicht automatisch auch zur Unbegründetheit der Anfechtungsklage der Kläger. Vielmehr ist mit der neueren Rechtsprechung davon auszugehen, dass gegen eine ein bisher ungenehmigtes Vorhaben nachträglich legalisierende Baugenehmigung ein materielles Abwehrrecht auch dann besteht, wenn der eigentliche Abwehranspruch gegen das genehmigte Vorhaben selbst verwirkt ist. Begründet wird dies damit, dass die Baugenehmigung rechtlich eine Zäsur bilde (BVerwG, Urteil vom 16.05.1991, a.a.O.); ihre Wirkungen für den Rechtskreis der Nachbarn gingen über die Wirkungen einer vorherigen bloßen behördlichen Duldung hinaus, weil die Baugenehmigung die Zulässigkeit des Vorhabens auf Dauer und unabhängig von der Umgebungsbebauung und ihrer Entwicklung festschreibe (vgl. OVG NRW, Urteil vom 21.03.1995, a.a.O.; ebenso im Ergebnis OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.09.2004 - 8 A 10664/04 -). Das materielle Abwehrrecht gegenüber der Baugenehmigung reicht aber nur so weit, als diese die Kläger zusätzlich beschwert. Bezüglich der Halle selbst bleibt ihr Abwehrrecht weiterhin kraft Verwirkung ausgeschlossen. Die Kläger könnten mit a.W. auch im Falle einer Aufhebung der Baugenehmigung vom 07.04.2006 bei ansonsten unveränderten Verhältnissen nach wie vor weder ein Einschreiten wegen des Abstandsflächenverstoßes noch etwa eine Untersagung der langjährigen Nutzung als Materiallager verlangen (so zutreffend auch OVG NRW, Urteil vom 21.03.1995, a.a.O.). Nur insoweit, als die Baugenehmigung den bisherigen Zustand ändert und weitergehende Maßnahmen zulässt, kann ein Nachbar - trotz Verwirkung im Übrigen - die Beseitigung dieses „überschießenden“ Teils verlangen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.09.2004 - 8 A 10664/04 -). Dies betrifft im vorliegenden Fall jedoch nur den Umbau und die Umnutzung des Dachgeschosses, die im Wesentlichen aber Gegenstand der Baugenehmigung vom 11.05.2005 ist (dazu unten 2.).
16 
c) Nach all dem lässt sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Klage gegen die Baugenehmigung vom 07.04.2006 sei bereits wegen Verwirkung der materiell-rechtlichen Abwehransprüche abzuweisen, nicht aufrecht erhalten. Dessen ungeachtet erweist sich das Urteil aber gleichwohl im Ergebnis als richtig. Der Senat folgt insofern den - wenn auch nicht tragenden - Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass die Baugenehmigung vom 07.04.2006 hinsichtlich der Lage der Halle nicht gegen nachbarschützendes Abstandsflächenrecht verstößt.
17 
Wie dargelegt, hält die Halle auf einem Teilstück der nördlichen Außenwand auf eine Länge von ca. 2 m die (bei einem Berechnungsfaktor von 0,4 wie von 0,6) objektiv-rechtlich erforderliche und im gleichen Umfang nachbarschützende Abstandsflächentiefe von 2,50 m nicht ein (vgl. § 5 Abs. 7 LBO). Das Abstandsflächendefizit fällt dabei schon bei einer isoliert-quantitativen Betrachtung nicht allzu gewichtig aus. Der Verstoß beschränkt sich auf eine Grundstückslänge von ca. 2 m, die fehlende Abstandsfläche verringert sich - innerhalb dieses Wandabschnitts wegen des nach Süden hin breiter werdenden Grundstücks - sukzessive von maximal (2,50 m - 1,66 m =) 0,84 m an der Nordwestecke bis auf Null. Insgesamt liegt dadurch auf ein ca. 1,1 m² großes Dreieck als Abstandsfläche auf dem Nachbargrundstück Flst.-Nr. 1476 der Kläger.
18 
d) Der Senat folgt der Beklagten und dem Verwaltungsgericht darin, dass diese Abstandsflächenunterschreitung durch § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO gerechtfertigt ist. Gründe des Brandschutzes stehen der geringen Abstandsflächentiefe nicht entgegen. Die genehmigte Unterschreitung der Abstandsfläche beeinträchtigt auch nachbarliche Belange der Kläger nicht „erheblich“ i.S.d. § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO. Zwar ist, worauf die Kläger zutreffend hinweisen, nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs von der gesetzgeberischen Wertung auszugehen, dass eine den nachbarschützenden Teil unterschreitende Abstandsflächentiefe regelmäßig eine erhebliche, vom betroffenen Nachbarn nicht hinzunehmende Beeinträchtigung darstellt, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder - wie hier - nur geringfügig ist. Nachbarliche Belange sind mithin nur dann nicht „erheblich“ beeinträchtigt, wenn auf dem Nachbargrundstück besondere Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen, weil die vorhandene Situation durch bestimmte Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbar an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, VBlBW 1997, 266 und vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, VGHBW-LS, Beil. 12, B 4 sowie Beschluss vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 -; kritisch hierzu Sauter, LBO § 6 Rn. 48b). Solche Besonderheiten können sich (und werden sich zumeist) aus den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Nachbargrundstück ergeben. Hierzu können nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs etwa unterschiedliche Höhenlagen oder sonstige signifikanten topografischen Unterschiede gehören. Ferner kann ein ungewöhnlicher Zuschnitt des Nachbargrundstücks oder die Tatsache ausschlaggebend sein, dass die vorhandene oder die planungsrechtlich zulässige Bebauung auf dem Nachbargrundstück durch das in Rede stehende grenznahe Vorhaben nur unerheblich tangiert wird (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Sauter, LBO, Rn. 48c zu § 6 LBO). .Neben diesen besonderen tatsächlichen Gegebenheiten können auch rechtlich außergewöhnliche Umstände, die dem Nachbargrundstück im Verhältnis zu dem bekämpften Vorhaben anhaften, eine „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen ausschließen. Eine solche Konstellation kann vorliegen, wenn der Nachbar das Vorhaben in seiner grenznahen Lage schon seit langer Zeit in einer für den Bauherrn Vertrauen begründenden Weise hingenommen und sein materielles Abwehrrecht verwirkt hat. Bei der zu treffenden Abwägung der Interessen von Nachbar und Bauherr (vgl. Sauter, a.a.O, § 6 Rn. 47a) ist sowohl die rechtliche Schutzwürdigkeit als auch die Schutzbedürftigkeit des Nachbarn dann deutlich geringer zu gewichten als im gesetzlichen Regelfall.
19 
Gemessen daran hat der Senat keinen Zweifel, dass auf Seiten der Kläger Besonderheiten in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht vorliegen, die ihre Schutzwürdigkeit gegenüber der Lagerhalle in abstandsflächenrechtlicher Hinsicht deutlich mindern. Zunächst zeichnet sich das klägerische Grundstück in seinem Zuschnitt und der Gebäudeanordnung durch atypische Besonderheiten aus (zu diesem Gesichtspunkt vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999, a.a.O.). Die vorgeschobene Ostgrenze des Grundstücks Flst. Nr. 1476 ist nur in der untersten Ecke (innerhalb des 1,1 m² großen „überlappenden“ Dreiecks) abstandsflächenerheblich betroffen, danach springt die Grenze fast rechtwinklig weit nach Westen zurück. Das Wohnhaus der Kläger befindet sich zudem grenznah auf der gegenüber liegenden Westseite des Grundstücks; es liegt dadurch nahezu 20 m von der Ostgrenze und der Halle entfernt, so dass die durch die §§ 5 ff. LBO geschützten Belange (Belichtung, Besonnung, Belüftung und ggf. auch der Wohnfriede) wohl schon tatsächlich nicht nachteilig betroffen werden (zu den Dachgaupen, vgl. nachfolgend zu 2.). Zusätzlich ist dabei zu berücksichtigen, dass die Kläger entlang der Ostgrenze gegenüber der Halle eine dichte, den Blick auf die Hallenwand weitgehend verdeckende Hecke gepflanzt haben (vgl. dazu die Fotos Bl. 211 ff. der VG-Akte und Bl. 69 ff. der Bauakte Teil II). Wegen des außergewöhnlichen Zuschnitts wäre aber auch eine künftige Bebaubarkeit des klägerischen Grundstücks auf der Ostseite im (abstandsflächenbezogen) höchstzulässigen Ausmaß durch die bestehende Halle nur unerheblich eingeschränkt. Dies lässt sich aus den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Zeichnungen und Berechnung der Beklagten entnehmen, gegen deren Richtigkeit Bedenken weder substantiiert geltend gemacht noch ersichtlich sind. Danach würden sich selbst dann, wenn die Kläger im Osten ihres Grundstücks ein Gebäude mit dem geforderten Mindestabstand von 2,50 m errichteten, dessen Abstandsflächen mit denen der Hall nur auf einer Fläche von maximal 0,15 m² überschneiden. Schließlich ist die Schutzwürdigkeit der Kläger nochmals (in rechtlicher Hinsicht) dadurch in einer von der Regel abweichenden Weise gemindert, dass sie die Halle an ihrem jetzigen Standort seit langem unbeanstandet hingenommen, beim Beigeladenen Vertrauen auf diese Hinnahme begründet haben und einen Rückbau wegen Verwirkung ihrer lagespezifischen Abwehrrechte von der Beklagten daher nicht verlangen können.
20 
2. Auch durch den in der Baugenehmigung vom 11.05.2005 (modifiziert durch die Baugenehmigung vom 07.04.2006) genehmigten Dachgeschossumbau (Dacherhöhung mit je einer ca. 10,5 m langen Gaupe auf der West- und Ostseite) und durch die genehmigte Dachgeschossumnutzung (Einrichtung von zwei Büros mit WC) werden die Kläger nicht in nachbarlichen Rechten verletzt. Da die Baugenehmigung gegenüber dem bisherigen Bestand der Halle zusätzliche Maßnahmen legalisiert, haben die Kläger insofern ihre Abwehransprüche materiell nicht verwirkt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.09.2004 - 8 A 10664/04 -, BauR 2005, 77 ff.). Die Baugenehmigung verstößt diesbezüglich nicht gegen das (im Begriff des „Sich Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene) Gebot der Rücksichtnahme in seiner nachbarschützenden Ausprägung, da durch die Verlagerung der Büros der eigentliche Schlossereibetrieb nicht erweitert wird und eine Erhöhung des eigentlichen Betriebslärms daher nicht eintritt. Auch von einem nennenswerten oder gar unzumutbaren Störpotenzial der Bürobesucher kann nicht ausgegangen werden. Die erforderlichen (drei) Stellplätze sind nach der Baugenehmigung auf der den Klägern abgewandten Ostseite der Halle angeordnet und dürfen zudem nur von der L 38 aus angefahren werden (vgl. Auflage Nr. 1.38). Die Aufgangstreppe zu den genehmigten Büroräumen ist auf der Hallensüdseite angelegt; sie liegt damit ca. 35 m vom Wohnhaus der Kläger entfernt und wird diesem gegenüber zusätzlich noch durch das sich unmittelbar südlich anschließende Werkstattgebäude abgeschirmt. Auch von der Eröffnung unzumutbarer Einblicke von den Bürofenstern aus auf das Grundstück der Kläger kann nicht ausgegangen werden. Das Wohnhaus der Kläger liegt, wie dargelegt, ca. 20 m von der Grenze entfernt. Dass von den Bürofenstern aus zu „nicht in direkter Richtung“ (Feststellung des Verwaltungsgerichts) auf die Freifläche des Grundstücks geblickt werden kann, können die Kläger unter Berufung auf das Rücksichtnahmegebot nicht verhindern. Die Kläger werden durch die Dachgaupen auch abstandsflächenrechtlich nicht in ihren Rechten verletzt. Die Gaupe auf der ihrem Grundstück zugewandten Hallenwestseite ist aufgrund ihrer Länge zwar abstandsflächenrechtlich erheblich (§ 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO). Da die Gaupe aber 2,50 m von der Gebäudenordwand zurück bleibt, werden die erforderlichen Abstandsflächentiefen eingehalten (vgl. den Abstandsflächenplan und die Abstandsflächenberechnung in den Bauakten). Der abknickende Grundstücksverlauf zwischen dem Baugrundstück und dem Grundstück der Kläger führt dazu, dass die Abstandsfläche der Dachgaupe vollständig auf dem Baugrundstück liegt. Damit werden, wie im Widerspruchsbescheid zutreffend dargelegt, die Belange Belichtung, Belüftung und Besonnung durch den Dachausbau nicht in nachbarrechtlich relevanter Weise beeinträchtigt. Gleiches gilt für den Belang des Wohnfriedens, sofern dieser überhaupt zu den Schutzgütern der §§ 5 ff. LBO gehört (bejahend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, VBlBW 1997, 266 und Beschluss vom 16.01.1992 - 3 S 2376/91 -; verneinend: Beschluss vom 10.09.1998 - 8 S 2137/98 -). Auch von der Nutzungsänderung des Dachgeschosses in zwei Büros mit Fenstern - die Abstandsflächenrelevanz dieser Nutzungsänderung einmal unterstellt (zu dieser Frage vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.05.1991 - 3 S 1200/91 - und vom 12.06.1991 - 3 S 1499/91 -, BWVPr. 1991, 259) - geht keine Verletzung der §§ 5 ff. LBO zu Lasten der Kläger aus. Denn die Gaupen halten sowohl die objektiv-rechtliche wie die nachbarschützende Abstandsflächentiefe ein, so dass auch insoweit die Kläger sich nicht auf eine Verletzung des nachbarlichen Wohnfriedens berufen könnten.
IV.
21 
Auch bezüglich des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) hat der Antrag der Kläger keinen Erfolg. Zwar haben die Kläger einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtssatz benannt und einem dieselbe Rechtsvorschrift betreffenden seinerseits entscheidungserheblichen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 16.05.1991 - 4 C 4.89 - gegenübergestellt. Die Kläger haben auch ausreichend dargetan, worin nach ihrer Auffassung die - den Rechtssatz in Frage stellenden und nicht nur dessen fehlerhafte Anwendung betreffende - Abweichung durch das Verwaltungsgericht liegt und dass das Urteil des Verwaltungsgerichts auf dieser Abweichung zumindest beruhen kann (zu diesen Anforderungen vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.08.1997, NJW 1997, 3328; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.03.1997 - 8 S 664/97 -, DVBl. 1997, 1326 m.w.N.). Voraussetzung der Rüge nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist es - ebenso wie bei der Grundsatzrüge nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, als deren Unterfall sie insoweit begriffen werden kann - jedoch weiterhin, dass die geltend gemachte Divergenz auch im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich zum Tragen kommen kann (vgl. Hopp in: Eyermann u.a., VwGO, 12. Aufl., § 124 Rn. 44). Denn Aufgabe des Berufungsverfahrens ist es nicht, rechtsgutachterlich die - im Ergebnis folgenlose - Abweichung der Ausgangsentscheidung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung festzustellen. An der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit fehlt es hier, da sich das angefochtene klagabweisende Urteil wie vorstehend im Einzelnen dargelegt, unabhängig von der Reichweite des verwirkten materiellen Abwehrrechts aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend darstellt.
22 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 3 und Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG.
23 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15.01.2009 - 5 K 2450/08 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15.01.2009 ist fristgerecht erhoben und begründet; sie genügt auch inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.
Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren grundsätzlich zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hat es das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die der Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 23.07.2008 zum Anbau einer 11,08 m hohen, 3,16 m tiefen und 3,98 m breiten Balkonanlage an der Gartenseite ihrer im unbeplanten Innenbereich gelegenen Doppelhaushälfte anzuordnen.
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das private Interesse der Beigeladenen an der Ausnutzung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Baugenehmigung (vgl. § 212a Abs. 1 BauGB) das gegenläufige private Interesse der Antragsteller überwiegt, vorläufig vom Vollzug der Baugenehmigung verschont zu bleiben. Denn nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird der Widerspruch der Antragsteller voraussichtlich keinen Erfolg haben, weil - worauf es allein ankommt - die von ihnen angegriffene Baugenehmigung nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die zumindest auch dem Schutz der Antragsteller zu dienen bestimmt sind.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, die Verwirklichung des Vorhabens verletze nicht zu Lasten der Antragsteller das in § 34 Abs. 1 BauGB im Begriff des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme. Die Balkone entfalteten weder eine erdrückende Wirkung, noch würden Belichtung, Belüftung und Besonnung ihres Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt. Die Schaffung von Einsichtsmöglichkeiten sei Folge der funktionsgerechten Ausgestaltung eines als solches planungsrechtlich zulässigen Wohnbauvorhabens und namentlich in städtischen Baugebieten grundsätzlich hinzunehmen. Ein Ausnahmefall liege insoweit nicht vor. Nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts seien ebenfalls nicht verletzt. Das Vorhaben dürfe nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO an der Grenze errichtet werden. Dass das Vorhaben mit einem Abstand von 0,665 m im Erdgeschoss bzw. 2,35 m im 1. und 2. Obergeschoss errichtet werden solle, stehe der Anwendung der Vorschrift nicht entgegen.
Dagegen wenden die Antragsteller ein, das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme sei zu ihren Lasten verletzt, weil unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten in ihre Räumlichkeiten geschaffen würden und die Balkonanlage aufgrund ihrer Größe und der Nähe zu ihrem Wohngebäude erdrückende Wirkung entfalte. Die Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO sei ausgeschlossen, weil der Umgebung keine eindeutige planungsrechtliche Vorgabe für eine Grenzbebauung zu entnehmen sei und die Vorschrift nur eine grenzständige Errichtung eines Vorhabens oder eine Errichtung unter Einhaltung der vollen Tiefe der Abstandsflächen zulasse. Das Vorhaben könne auch nicht nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zugelassen werden, weil nach ständiger Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg jede Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächen eine erhebliche Beeinträchtigung des Nachbarn darstelle. Die in der Baugenehmigung erteilte Befreiung nach § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 LBO sei rechtswidrig, denn es fehle die erforderliche grundstücksbezogene Härte. Sie seien auch in ihren Rechten verletzt, weil durch die Balkone Einsichtsmöglichkeiten in ihre sensiblen Lebensbereiche eröffnet würden.
Dieser Vortrag vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Den Antragstellern steht weder ein bauplanungsrechtliches noch ein bauordnungsrechtliches Abwehrrecht gegen das geplante Vorhaben zu.
1. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht zu Lasten der Antragsteller verletzt ist. Nach Aktenlage ist das Verwaltungsgericht zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass sich das Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung vorhandenen Bebauung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB einfügt. Insbesondere hält es sich im Rahmen der in der Umgebung vorhandenen offenen Bauweise nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO, bei der die Gebäude als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen mit seitlichem Grenzabstand errichtet werden. Bei den Gebäuden der Antragsteller und der Beigeladenen handelt es sich um ein Doppelhaus im Sinne dieser Vorschrift. Daran wird auch der geplante Anbau nichts ändern. Ein Doppelhaus ist dadurch gekennzeichnet, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken zu einer Einheit derart zusammengefügt werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Eine solche Einheit kann jedoch nur entstehen, wenn die beiden Gebäude in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Insoweit enthält das Erfordernis der baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element. Nicht erforderlich ist jedoch, dass die beiden Haushälften vollständig deckungsgleich aneinandergebaut sind. Sie können auch zueinander versetzt oder gestaffelt an der Grenze errichtet werden (vgl. zu all dem BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 12.98 -, NVwZ 2000, 1055, 1056). Darüber hinaus erfordert ein Doppelhaus nicht, dass sämtliche parallel zur gemeinsamen Grundstücksgrenze verlaufenden Gebäudeaußenwände an der dem Doppelhausnachbarn zugewandten Seite eines Hauses an der Grenze errichtet werden. Namentlich verliert eine bauliche Anlage nicht den Charakter eines Doppelhauses, wenn Gebäudeteile mit einem Rücksprung zur gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtet werden, solange die beiden Gebäude noch im Sinne der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu einem wesentlichen Teil aneinandergebaut sind.
Die Errichtung der Balkonanlage mit einem Abstand zur Grenze der Antragsteller zerstört somit nicht von vornherein die Doppelhauseigenschaft der beiden Gebäude. Die Balkonanlage verstößt aber auch nicht gegen das Erfordernis der verträglichen und abgestimmten Errichtung der beiden Haushälften, denn sie beeinträchtigt die Antragsteller nicht unzumutbar. Durch die vorgesehenen Balkone werden insbesondere keine Einsichtsmöglichkeiten geschaffen, die die Antragsteller nicht mehr hinzunehmen hätten (vgl. dazu Bayer. VGH, Beschluss vom 10.11.2000 - 26 Cs 99.2102 -, BauR 2001, 372). Denn die erhöhte Nutzbarkeit der Grundstücke der Antragsteller und der Beigeladenen wurde durch den Verzicht auf seitliche Grenzabstände und damit auf Freiflächen, die dem Wohnfrieden dienen „erkauft“ (BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 12.98 -, NVwZ 2000, 1055, 1056). Dieser Verzicht umfasst auch den seitlichen Grenzabstand von Balkonen an der rückwärtigen Gebäudewand, von denen naturgemäß von der Seite in die Räume des Nachbarn eingesehen werden kann. Da im vorliegenden Fall die Balkonanlage nicht direkt an der Grenze sondern mit Grenzabstand errichtet werden soll, verringern sich die Einsichtsmöglichkeiten, so dass erst recht nicht von einer unzumutbaren Beeinträchtigung auszugehen ist. Die von den Antragstellern zum Beleg ihrer gegenteiligen Auffassung zitierten Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 22.08.2005 - 10 A 3611/03 -, BauR 2006, 342) und des Thüringer OVG (Urteil vom 26.02.2002 - 1 KO 305/99 -, BRS 65 Nr. 130) gebieten keine andere Beurteilung, denn der diesen Entscheidungen zugrundeliegende Sachverhalt stimmt mit dem vorliegenden nicht überein. Im Fall des OVG Nordrhein-Westfalen überschritt der geplante Balkon die im Bebauungsplan festgesetzte Baugrenze, im Fall des Thüringer OVG fügte sich die vorgesehene Dachterrasse nach der überbauten Grundstücksfläche ebenfalls bereits objektiv-rechtlich nicht in die nähere Umgebung ein. Dies trifft hier nicht zu. Vielmehr reicht die Bebauung der Grundstücke ... ... und ... deutlich tiefer in das jeweilige Grundstück hinein, als es bei der hier vorgesehenen Bebauung der Fall sein wird. Das Bauvorhaben hält sich somit auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, innerhalb des in der näheren Umgebung vorhandenen Rahmens. Unerheblich ist, ob die übrigen Häuser mit rückwärtigen Balkonen versehen sind. Denn das Vorhandensein von Balkonen lässt sich keinem der nach § 34 Abs. 1 BauGB relevanten Kriterien des Einfügens zuordnen. Balkone sind vielmehr Teil des Gebäudes, das sich in seiner Gesamtheit nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss. Dies ist hier der Fall, so dass eine Verletzung des in § 34 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebots ausgeschlossen ist. Denn das Rücksichtnahmegebot ist keine allgemeine Härteklausel, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht (BVerwG, Beschluss vom 11.01.1999 - 4 B 128/98 -, NVwZ 1999, 879, 880).
2. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis auch zu Recht entschieden, dass zu Lasten der Antragsteller wohl keine nachbarschützenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften verletzt sind. Das Vorhaben dürfte nach Aktenlage nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zuzulassen sein. Dafür sind folgende Überlegungen maßgebend:
10 
a) Die geplante Balkonanlage könnte nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO direkt an der Grenze errichtet werden, denn nach planungsrechtlichen Vorschriften darf an die Grenze gebaut werden und es ist öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Nach Aktenlage wurden zwar nur die Gebäude der Antragsteller und der Beigeladenen als Doppelhaus - und damit grenzständig - errichtet, während die übrigen Häuser in der näheren Umgebung seitlichen Grenzabstand zueinander aufweisen. Die beiden bereits vor mehr als hundert Jahren errichteten Gebäude prägen jedoch die nähere Umgebung mit. Die Errichtung von Gebäuden mit Grenzabstand ist demnach planungsrechtlich ebenso wenig zwingend wie eine Grenzbebauung; vielmehr ist beides möglich. Würde die Balkonanlage grenzständig errichtet, hielte sie sich somit im vorhandenen Rahmen der Bebauung und wäre bauplanungsrechtlich zulässig. Darüber hinaus wäre öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Nach der Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs ist diese Voraussetzung auch ohne Übernahme einer Baulast erfüllt, wenn das Nachbargrundstück - wie hier - bereits an der Grenze bebaut ist. Unerheblich ist insoweit, dass die Häuser der Antragsteller und der Beigeladenen nach dem Anbau nicht mehr deckungsgleich wären (vgl. VGH Baden-Württ., Beschluss vom 12.02.2007 - 5 S 2826/06 -, VBlBW 2007, 383, 385).
11 
Ohne Erfolg berufen sich die Antragsteller zum Beleg ihrer gegenteiligen Ansicht auf das Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2002 (- 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201). Denn der dort entschiedene Fall ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Nach Auffassung des 5. Senats durfte der in jenem Verfahren geplante Dachbalkon nicht nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO an der Grenze errichtet werden, weil die besonderen Regelungen über die Deckungsgleichheit von Gruppenbauten der dort anzuwendenden Bauordnung für die Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe aus dem Jahr 1898 dies nicht zuließen. Vergleichbare Regelungen enthält die zum Zeitpunkt der Errichtung der Gebäude der Antragsteller und der Beigeladenen geltende Bauordnung der Antragsgegnerin aus dem Jahr 1889 jedoch nicht.
12 
b) Hätten aber die Antragsteller nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO selbst die Errichtung einer Balkonanlage an der Grenze hinzunehmen, können sie nicht aus Gründen des Nachbarschutzes verlangen, dass die Balkonanlage unter Einhaltung des vollen nachbarschützenden Teils der Abstandstiefen errichtet wird. Denn der vorgesehene Grenzabstand vermindert die Beeinträchtigungen der Antragsteller im Hinblick auf Belichtung, Belüftung und Besonnung gegenüber einer Grenzbebauung und auch die Einsichtsmöglichkeiten - so sie überhaupt als Schutzgut der Abstandsflächenvorschriften zu betrachten sind (vgl. dazu einerseits Beschlüsse des Senats vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlVW 2008, 147, 149 und vom 26.11.1993 - 3 S 2606/93 -, juris und andererseits Beschluss des 8. Senats vom 03.03.2008 - 8 S 2165/07 -, VBlBW 2008, 345, 346 m.w.N. der Rspr.) - werden verringert. Der vorgesehene Standort schafft zudem keinen Zustand, der die Antragsteller in der baulichen Ausnutzung ihres eigenen Grundstücks behindern würde.
13 
Allerdings folgt dies nicht bereits aus § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO, denn nach dieser Vorschrift dürfen bauliche Anlagen grundsätzlich nur entweder grenzständig oder unter Einhaltung des vollen nach § 5 Abs. 7 LBO erforderlichen Grenzabstandes errichtet werden (vgl. aber zur Zulässigkeit einer Bebauung mit einem Grenzabstand von 0,50 m nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO - allerdings ohne nähere Begründung - VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.02.2007 - 5 S 2826/06 -, a.a.O.). Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor den Außenwänden an den Grundstücksgrenzen, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften das Gebäudean die Grenze gebaut werden darf und öffentlich rechtlich gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird. Bereits nach dem Wortsinn kann ein Gebäude nur dann „an der Grenze“ errichtet sein, wenn es direkt an der Grenze, ohne jeglichen Abstand zu dieser steht. Ein Gebäude mit geringem Grenzabstand steht nicht mehr „an“ der Grenze, sondern allenfalls „nahe“ der Grenze. Der Begriff „an der Grenze“ ist jedoch auch zu unterscheiden von dem Begriff „auf der Grenze“. Denn ein Bau auf der Grenze überbaut diese. Da die Grenze lediglich eine Linie und keine Fläche darstellt, kann „auf“ ihr nur einmal gebaut werden. Abgesehen davon, dass ein Bauherr zu einem solchen Grenzüberbau nicht ohne weiters berechtigt ist, kann die in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO beschriebene Situation bei einem Bau „auf“ der Grenze nicht eintreten, da die bereits überbaute Grenze kein weiteres Mal durch den Nachbarn überbaut werden kann.
14 
Das vom Verwaltungsgericht zum Beleg seiner im Ergebnis gegenteiligen Ansicht zitierte Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13.05.2002 (- 3 S 2259/01 -, BauR 2003, 1860) steht dieser Auslegung nicht entgegen, denn es betraf eine andere Fallkonstellation. Aufgrund der dort in der näheren Umgebung vorherrschenden abweichenden Bauweise mit Traufgassen musste wegen des insofern geltenden Vorrangs der bauplanungsrechtlichen Bestimmungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2Nr. 1 LBO mit verringertem Grenzabstand gebaut werden. Ließe man aber auch in den Fällen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO die Errichtung von baulichen Anlagen mit verringertem Grenzabstand zu, fehlte den Baurechtsbehörden ein Steuerungselement, um beispielsweise die Entstehung sogenannter Schmutzwinkel zu verhindern, weil der Bauherr sein Gebäude auch mit sehr geringem Abstand zu einem bereits vorhandenen grenzständigen Gebäuden errichten dürfte. Denn der Tatbestand der Vorschrift enthält kein Merkmal, der es den Baurechtsbehörden erlaubte, bestimmte Grenzabstände zu fordern. Die Entscheidung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO steht auch nicht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, sondern ist zwingendes Recht; eine Abwägung zwischen öffentlichen und privaten Interessen findet daher nicht statt. Schließlich lässt sich auch aus dem Zweck der Vorschrift eine in diesem Sinne einschränkende Auslegung nicht herleiten. Denn die Vorschrift verfolgt keine spezifisch bauordnungsrechtlichen Ziele, wie z.B. die Verhinderung von „Schmutzwinkeln“, sondern dient dazu, den Vorrang des Bauplanungsrechts vor dem Bauordnungsrecht zu sichern (vgl. Sauter, LBO, § 5 Rn. 35).
15 
bb) Die geplante Balkonanlage ist aber nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zulässig. Nach dieser Vorschrift sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 LBO unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs (vgl. z.B. Beschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 -, VBlBW 2008, 190, 191 f.) stellt allerdings eine Abstandsflächentiefe, die - wie hier - den nachbarschützenden Teil unterschreitet, regelmäßig eine erhebliche, vom betroffenen Nachbarn nicht hinzunehmende Beeinträchtigung dar, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder nur geringfügig ist. Nachbarliche Belange sind mithin nur dann nicht „erheblich“ beeinträchtigt, wenn auf dem Nachbargrundstück besondere Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen, weil die vorhandene Situation durch bestimmte Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbar an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, VBlBW 1997, 266, 267 und vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, juris sowie Beschluss vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 -, BauR 1997, 92, 95; kritisch hierzu Sauter, LBO § 6 Rn. 48b). Solche Besonderheiten können sich (und werden sich zumeist) aus den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Nachbargrundstück ergeben. Hierzu können nach der Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs etwa unterschiedliche Höhenlagen oder sonstige signifikanten topografischen Unterschiede gehören. Ferner kann ein ungewöhnlicher Zuschnitt des Nachbargrundstücks oder die Tatsache ausschlaggebend sein, dass die vorhandene oder die planungsrechtlich zulässige Bebauung auf dem Nachbargrundstück durch das in Rede stehende grenznahe Vorhaben nur unerheblich tangiert wird (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Sauter, LBO, Rn. 48c zu § 6 LBO). Neben diesen besonderen tatsächlichen Gegebenheiten können aber auch rechtliche Besonderheiten vorliegen, welche die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Nachbarn in abstandsflächenrechtlicher Hinsicht deutlich mindern und deshalb eine „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO ausschließen (vgl. zum Fall der Verwirkung des materiellen Abwehrrechts gegen den Standort eines Gebäudes Senatsbeschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 -, a.a.O.).
16 
Eine solche rechtliche Sondersituation kann auch vorliegen, wenn das Baugrundstück und das Nachbargrundstück - wie hier - mit einem Doppelhaus bebaut sind. Bei dieser Art der Bebauung verzichten die Bauherrn zugunsten der erhöhten Nutzbarkeit ihrer Grundstücke grundsätzlich auf seitliche Grenzabstände und damit auf Freiflächen, die dem Wohnfrieden dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 12.98 -, a.a.O.). Dieser Verzicht mindert auch das Maß ihrer Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO. Der Umfang des bauordnungsrechtlichen nachbarlichen Schutzanspruchs kann insoweit nicht anders zu beurteilen sein, als der des bauplanungsrechtlichen, zumal das Bauplanungsrecht dem Bauordnungsrecht vorgeht, soweit es - wie hier - Grenzbebauung ohne Abstandsflächen zulässt. Denn in beiderlei Hinsicht geht es um die Frage, wie viel Abstand ein Nachbar zum Schutz seiner nachbarlichen Belange verlangen kann bzw. wie viel Nähe er hinzunehmen hat. Allerdings wären wohl auch bei einer Doppelhausbebauung nachbarliche Interessen jedenfalls dann erheblich beeinträchtigt, wenn durch ein grenznahes Vorhaben die Bebaubarkeit des Nachbargrundstücks beeinträchtigt würde. Grundsätzlich bleibt zwar dem Nachbarn trotz eines solchen Vorhabens die Möglichkeit erhalten, auf dem eigenen Grundstück einen grenzständigen Anbau zu errichten. Die damit möglicherweise einhergehende Verschattung der zuvor mit geringem Grenzabstand errichteten baulichen Anlage hätte jener Bauherr dann hinzunehmen. Anders stellte sich die Situation jedoch wohl dar, wenn ein Anbau mit sehr geringem Grenzabstand errichtet würde, der es dem Nachbarn verwehrte, am eigenen Haus einen grenzständigen Anbau zu errichten, weil sonst z.B. ein „Schmutzwinkel“ entstünde. Diese Konstellation liegt hier allerdings nicht vor. Denn der vorgesehene Abstand der Balkonanlage zur gemeinsamen Grundstücksgrenze (65 cm für den 1 m tiefen Austritt im Erdgeschoss, 2,35 m für die Balkonanlage in den Obergeschossen) lässt bauordnungsrechtlich weiterhin die Errichtung eines grenzständigen Anbaus an das Gebäude der Antragsteller zu.
17 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO.
18 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
19 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Oktober 2006 - 5 K 4204/04 - wird geändert. Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung einer terrassiert angelegten Stützmauer.
Die Kläger sind Eigentümer des in Heilbronn gelegenen, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flst.-Nr. … (…straße …). Das östlich angrenzende Baugrundstück Flst.-Nr. … (…-Straße …) steht im Eigentum der Beigeladenen und ist mit einem Einfamilienhaus und einer Garage bebaut. Das Gelände steigt in seinem natürlichen Verlauf nach Osten hin stark an. Im Rahmen des das Einfamilienhaus auf dem Grundstück der Beigeladenen betreffenden Baugenehmigungsverfahrens erhoben die Kläger Einwendungen wegen der in den Bauvorlagen nicht dargestellten Geländeabsicherung zu ihrem Grundstück. Nachdem die Beklagte festgestellt hatte, dass eine terrassiert angelegte Stützmauer genehmigungsabweichend ausgeführt worden war, gab sie der Beigeladenen mit Verfügung vom 23.07.2003 auf, für die Stützmauer auf der Westseite ihres Grundstücks einen Antrag auf Baugenehmigung einzureichen.
Am 29.08.2003 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung zur „Errichtung einer Stützmauer aus Felsblöcken“ entlang der ca. 14,50 m langen Grundstücksgrenze zum Grundstück der Kläger. Die eingereichten Pläne sehen eine Geländeaufschüttung (natürliche Geländehöhe 216,28 m) auf dem Baugrundstück von ca. einem Meter vor (EFH 217,25); die Erdgeschossfußbodenhöhe des Einfamilienhauses liegt nochmals etwa ½ Meter höher (EFH 217,60 m). Nach dem Bauantrag wird die Stützmauer nach Steinreihen versetzt bei einem Neigungswinkel von ca. 50 Grad gestuft ausgeführt. Die Stufenmauer besteht aus drei Natursteinreihen mit jeweils zwei Steinblöcken übereinander. Die untere Steinreihe wird auf einem Betonstreifenfundament entlang der Grundstücksgrenze zu den Klägern errichtet; die weiteren beiden Steinreihen sind jeweils um eine Steinbreite nach Osten zurückversetzt und ohne Fundament in den Hang eingesetzt. Mit den Steinreihen wird ein Höhenunterschied von insgesamt 3,62 m zwischen der Grundstücksgrenze und dem Baugrundstück der Beigeladenen überbrückt. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem nachfolgenden Schnitt:
Gegen das Vorhaben erhoben die Kläger im Rahmen der Angrenzerbenachrichtigung Einwendungen. Sie machten geltend, es fehle der Nachweis der Standsicherheit der Stützmauer, zumal die beiden oberen Mauerreihen ohne Fundament errichtet worden seien. Die Entwässerung auf dem Grundstück der Beigeladenen sei nicht sichergestellt, die vorgesehene Sickergrube sei nicht angelegt worden. Ferner seien die Abstandsflächen nicht eingehalten und dem Verunstaltungsverbot (§ 11 LBO) nicht Rechnung getragen worden.
Nachdem in der Folgezeit die Pläne nochmals - vor allem im Blick auf die Entwässerung - geändert worden waren, erteilte die Beklagte am 24.11.2003 die beantragte Baugenehmigung und wies die Einwendungen der Kläger zurück. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2004, den Klägern zugestellt am 23.09.2004, zurück.
Am 25.10.2004 - einem Montag - haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, die Beigeladene habe den erforderlichen Nachweis der Standsicherheit nach wie vor nicht geführt. Auch die einwandfreie Beseitigung des Niederschlagwassers sei nicht gesichert. Dies ergebe sich zweifelfrei aus der Stellungnahme eines von ihnen beauftragten Sachverständigen. Die Abstandsflächen seien nicht eingehalten und die genehmigungsabweichende Ausführung der Stützmauer müsse der Genehmigung selbst entgegen gehalten werden können.
Die Beklagte und die Beigeladene sind der Klage mit der Begründung entgegen getreten, die Abstandsflächen seien eingehalten. Die mittlere Doppelsteinreihe überschreite die Höhe von 2,50 m nicht und sei somit ohne Einhaltung einer Abstandsfläche zulässig. Für die obere Doppelsteinreihe sei eine Abstandsfläche von mindestens 2,50 m erforderlich, die eingehalten sei. Die errichtete und die genehmigte Stützmauer seien nicht identisch; die Beigeladene müsse bauliche Änderungen vornehmen, insbesondere die beiden oberen Steinreihen versetzen und die in den genehmigten Plänen dargestellten Höhen und Abstände einhalten. Der Bausachverständige Dipl-Ing. xxxxx (Ingenieur für Geotechnik) habe die Standsicherheit der Mauer bestätigt.
Mit Urteil vom 24.10.2006 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Baugenehmigung der Beklagten vom 24.11.2003 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21.09.2004 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die angefochtene Baugenehmigung verletze die zugunsten der Klägerin nachbarschützenden Abstandsflächenvorschriften der §§ 5 und 6 LBO. Die terrassiert angelegte Stützmauer erfülle die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 9 LBO, so dass Abstandsflächen einzuhalten seien. Die Mauer stelle bei natürlicher Betrachtungsweise „eine“ bauliche Anlage dar, deren Höhe von der ersten Steinlage bis zur oberen Steinlage knapp vier Meter erreiche. Das Gericht teile nicht die Einschätzung der Beklagten, dass die Stützmauer abstandsflächenrechtlich je nach Steinreihe horizontal unterteilt werden könne. Die Stützmauer sei auch nicht nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO innerhalb der Abstandsflächen anderer Gebäude zulässig. Ebenso scheide eine Zulassung der Stützmauer nach § 6 Abs. 4 LBO aus.
Auf den Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 18.07.2007 die Berufung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen.
10 
Am 09.08.2007 hat die Beklagte die Berufung im Einzelnen begründet und geltend gemacht: Zwar stimme sie dem Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit zu, als die terrassiert angelegte Stützmauer eine einheitliche bauliche Anlage im Sinne des § 5 Abs. 9 LBO darstelle und somit Abstandsflächen einhalten müsse. Vorliegend seien jedoch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO gegeben. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Kläger eine Mauer in Höhe von 2,50 m direkt auf der Grenze und darüber eine Böschung mit einer Neigung von 45 Grad akzeptieren müssten, ohne dass Abstandsflächen einzuhalten seien. Die genehmigte Situation sei für die Kläger hingegen wesentlich günstiger. Daher würden ihre nachbarlichen Belange geringer beeinträchtigt als bei der gesetzlich (ohne Abweichung) zulässigen Ausführung.
11 
Zu Veranschaulichung hat die Beklagte folgende (vergleichende) Skizze gefertigt:
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Oktober 2006 - 5 K 4204/04 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie verteidigen das angegriffene Urteil und führen weiter aus, die steile Anböschung durch die Natursteinmauer diene allein der besseren Ausnutzung des Grundstücks der Beigeladenen. Die von der Beklagten hypothetisch angenommene Anböschung von 45 Grad über einer 2,50 m hohen Mauer ließe sich gar nicht umsetzen. Ihrem Grundstück nehme die steile und massive Grenzmauer Sonne und Licht, so dass auch das Gebot der Rücksichtnahme verletzt sei.
17 
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Oktober 2006 - 5 K 4204/04 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.
19 
Sie führt aus, die erforderlichen Maße des § 5 Abs. 9 LBO seien durch die terrassenförmig angelegte Stützmauer nicht überschritten. Für die Berechnung der Höhe der baulichen Anlage seien die Wertungen des Gesetzgebers in § 5 Abs. 5 LBO zu berücksichtigen. Ein auf einem Haus befindliches Dach sei bei der Abstandsflächenberechnung des Gebäudes bei einer Neigung von mehr als 45 Grad nur zu einem Viertel zu berücksichtigen. Entsprechendes müsse für die Berechnung der Höhe der „Stufenmauer“ gelten. Zu Unrecht setze das Verwaltungsgericht die terrassenförmig angelegte Mauer mit einer senkrechten Mauer, die den Nachbar wesentlich stärker beeinträchtige, gleich. Jedenfalls sei die Mauer aber nach § 6 Abs. 4 LBO zuzulassen.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und Urkunden sowie auf die dem Gericht vorliegenden Behördenakten und die Akten des Verwaltungsgerichts verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig; insbesondere wurde sie innerhalb der Monatsfrist den Anforderungen des § 124 a Abs. 6 VwGO entsprechend begründet.
22 
Die Berufung ist begründet, denn die im Streit stehende Baugenehmigung zur Errichtung einer Stützmauer aus Felsblöcken vom 24.11.2003 verletzt die Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Namentlich steht die angefochtene Baugenehmigung mit den Normen des öffentlich-rechtlichen Abstandsflächenrechts (§§ 5 und 6 LBO) und den weiteren von den Klägern thematisierten bauordnungsrechtlichen Vorschriften sowie dem Gebot der Rücksichtnahme im Einklang.
23 
1. a) Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat - anders als die Beigeladene - zunächst davon aus, dass die Vorschriften des Abstandsflächenrechts auf die in Rede stehende, terrassiert angelegte Stützmauer Anwendung finden. Nach § 5 Abs. 9 LBO gelten die - für Gebäude anwendbaren - Absätze 1 bis 8 des § 5 LBO entsprechend für bauliche Anlagen, die keine Gebäude sind, wenn die baulichen Anlagen höher als 2,5 m sind und ihre Wandfläche mehr als 25 m 2 beträgt. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift finden die Abstandsvorschriften somit auf bauliche Anlagen, die keine Gebäude sind, nur Anwendung, wenn beide der in der Regelung genannten Maße überschritten sind (st. Rspr., vgl. etwa Urteile des Senats vom 08.05.1985 - 3 S 63/85 -, VBlBW 1986, 23, und vom 01.06.1994 - 3 S 2617/92 - juris). Die im Streit stehende Stützmauer ist ohne weiteres eine bauliche Anlage im Sinne des § 5 Abs. 9 LBO (vgl. auch Sauter, LBO, Band 1, § 5 RdNr. 111; zu einem Lärmschutzwall vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.1995 - 5 S 5/95 -, VBlBW 1997, 178). Bei der Frage, ob sie höher ist als 2,5 m, ist - wie das Verwaltungsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung entschieden hat - auf die Höhe der gesamten baulichen Anlage abzustellen. Zu dieser Annahme zwingt zunächst eine rein formelle Betrachtungsweise, denn die Beigeladene hat die Stützmauer als einheitliche bauliche Anlage zur Genehmigung gestellt und - trotz deren terrassiert geplanter Errichtung - nicht etwa mehrere Bauanträge für mehrere Mauern eingereicht. Nur diese Betrachtungsweise wird aber auch materiell-rechtlich dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 9 LBO gerecht, der bauliche Anlagen, von denen eine Wirkung wie von Gebäuden ausgeht, dem Regime des Abstandsflächenrechts unterwerfen will (vgl. Urteil des Senats vom 18.07.1984 - 3 S 976/84 -; siehe auch § 6 Abs. 1 Satz 2 der Musterbauordnung). Dass insoweit auf eine natürliche Betrachtungsweise abzustellen ist, liegt auf der Hand und entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu der Vorgängervorschrift des § 6 Abs. 8 LBO 1983 (vgl. Urteil des Senats vom 18.07.1984, a.a.O., UA S. 4 zu zwei nebeneinander errichteten Werbeanlagen, die insgesamt, nicht aber jede für sich, die zulässige Wandfläche von 25 m 2 überschritten haben). Bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise ist die Stützmauer gerade im Blick auf die mit den Abstandsvorschriften geschützten Belange (z.B. Besonnung, Belichtung, Belüftung) als einheitliche bauliche Anlage anzusehen, zumal die einzelnen Abschnitte der Stützmauer auch funktional - gerade hinsichtlich der Standsicherheit und Entwässerung - miteinander verknüpft und „aufeinander angewiesen“ sind. Hierfür spricht letztlich auch das Wortlautargument im systematischen Kontext des § 5 Abs. 9 LBO. Denn anders als die sonstigen Regelungen des § 5 LBO (vgl. etwa Absätze 4 und 5) knüpft dessen Absatz 9 nicht an das Tatbestandsmerkmal der Wandhöhe an, sondern spricht von der „Höhe der baulichen Anlage“. Daher ist für die Frage nach dem „Ob“ der Anwendbarkeit der Abstandsvorschriften auf eine einheitliche Betrachtungsweise abzustellen, während bei der Frage nach dem „Wie“ der Anwendung, insbesondere der Bemessung der Abstandsflächentiefen bezogen auf einzelne Mauerabschnitte, der Wandhöhe eine eigenständige Bedeutung zukommt. Dass auch die für § 5 Abs. 9 LBO maßgebliche Wandfläche von 25 m 2 deutlich überschritten ist, ist offensichtlich und steht zwischen den Beteiligten außer Streit.
24 
b) Finden somit auf die im Streit stehende Stützmauer die Abstandsflächenvorschriften Anwendung, bedarf der Klärung, welche Tiefe die Abstandsflächen zur gemeinsamen Grundstücksgrenze einhalten müssen und ob sie - wie es § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO bestimmt - auf dem Baugrundstück selbst zu liegen kommen. Nach § 5 Abs. 4 Sätze 1 und 2 LBO bemisst sich die Tiefe der Abstandsfläche nach der Wandhöhe; sie wird senkrecht zur jeweiligen Wand gemessen. Als Wandhöhe gilt das Maß vom Schnittpunkt der Wand mit der Geländeoberfläche (unterer Bezugspunkt) bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut oder - wie hier - bis zum oberen Abschluss der Wand (oberer Bezugspunkt). Das Verwaltungsgericht hat eine einheitliche Wandhöhe für die gesamte Stützmauer errechnet und damit fingiert, dass die terrassiert angelegte Stützmauer als einheitliche Wand mit einer Wandhöhe von 3,62 m (die auf UA S. 5 angegebene Differenz von 3,97 m dürfte rechnerisch unrichtig sein) an der Grundstücksgrenze genehmigt worden ist. Diese Betrachtungsweise wird indes § 5 Abs. 4 LBO nicht gerecht. Denn die nach hinten versetzte Bauweise ist für die Kläger in Bezug auf die mit den Abstandsvorschriften geschützten Belange (z.B. Besonnung, Belichtung, Belüftung) vorteilhaft. Darüber hinaus negiert die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts die nach Osten hin stark ansteigende natürliche Geländeoberfläche. Beiden Umständen wird somit nur eine Berechnung der Abstandsflächenvorschriften gerecht, welche die - die Nachbarn „schonendere“ - Terrassenbauweise berücksichtigt (vgl. zu Terrassenhäusern ebenso Sauter, a.a.O., § 5 RdNr. 65 und Abbildungen zu § 5 Nrn. 7 und 8; v. Arnim, in: Schlotterbeck/v. Arnim/Hager, LBO, § 5 RdNr. 45). Hierbei ist die Wandhöhe der zurückliegenden Wände durch eine gedachte Verlängerung dieser Wände bis zum Schnitt mit der natürlichen Geländeoberfläche zu ermitteln (Sauter, a.a.O., § 5 RdNr. 65). Bezogen auf die genehmigte Stützmauer ergeben sich demnach Wandhöhen von 100 cm (unterste Terrasse), 170 cm (mittlere Terrasse) und 230 cm (oberste Terrasse). Aus den auf diese Weise errechneten Wandhöhen ist sodann - wie auch sonst bei der Bemessung von Abstandsflächen - nach Maßgabe des § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO der nachbarschützende Teil der Abstandstiefe zu errechnen. Er beträgt 40 cm für die unterste Terrasse, 68 cm (mittlere Terrasse) und 92 cm (oberste Terrasse). Da die Grenzmauer - anders als etwa kleinere Grenzgaragen im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO oder niedrige Gebäudeteile mit einer Grenzbebauung von höchstens 9 m Länge (§ 6 Abs. 1 Sätze 1 und 4 LBO) - nicht gesetzlich privilegiert ist, muss sie den Mindestabstand des § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO wahren und demnach eine Abstandsfläche von 2,5 m einhalten. Dies ist hier nicht der Fall, weshalb die genehmigte Stützmauer - dies räumt mittlerweile auch die Beklagte ein - ohne die Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nicht genehmigungsfähig wäre.
25 
2. Die abstandsflächenrechtliche Zulässigkeit der im Streit stehenden Stützmauer ergibt sich indes aus § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO. Nach dieser Vorschrift sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegen stehen und, soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Bei der Prüfung der Frage, ob nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden, ist von der normativen Wertung auszugehen, dass eine den nach § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO nachbarschützenden Teil unterschreitende Tiefe der Abstandsfläche regelmäßig zu einer erheblichen und damit nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigung des betreffenden Nachbarn führt. Denn mit der Beschränkung des Nachbarschutzes auf ein bestimmtes Maß der Abstandsflächentiefe bestimmt der Gesetzgeber zugleich die Grenzen dessen, was einem Grundstückseigentümer durch die Bebauung eines Nachbargrundstücks in Bezug auf die damit verbundene Beeinträchtigung der Besonnung, Belichtung und Belüftung seines eigenen Grundstücks (noch) zugemutet werden kann. Eine Unterschreitung dieses Maßes stellt damit grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit im Sinn des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß dieser Unterschreitung ankommt (kritisch hierzu allerdings Sauter, a.a.O., § 6 RdNr. 48 b). Wegen der Anknüpfung dieser Rechtsprechung an die normative Wertung der Abstandsflächenvorschriften bedarf diese Auslegung des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO indes - jenseits der durch Besonderheiten auf dem Nachbargrundstück gekennzeichneten Fälle (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -; Urteil vom 04.08.1997 - 5 S 663/96 -; Beschluss vom 29.01.1999 - 5 S 2971/98 -; Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -; Urteil vom 08.11.1999 - 8 S 1668/999 -; Beschluss vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 - juris), um die es hier nicht geht - dann der Korrektur, wenn sich den Abstandsflächenvorschriften selbst eine andere Wertung des Gesetzgebers entnehmen lässt. Dies ist hier der Fall.
26 
Denn der Gesetzgeber hat für die identische Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen wie die hier in Rede stehende deren abstandsflächenrechtliche Zulässigkeit nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO angeordnet. Nach dieser Vorschrift sind in den Abstandsflächen zulässig bauliche Anlagen, die keine Gebäude sind, wenn sie in den Abstandsflächen nicht höher als 2,5 m sind und ihre Wandfläche nicht mehr als 25 m² beträgt. Nach der Rechtsprechung der Baurechtssenate des erkennenden Verwaltungsgerichtshofs sind die in § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO bezeichneten baulichen Anlagen nicht bereits dann in den Abstandsflächen unzulässig, wenn eines der beiden genannten Maße überschritten wird, sondern erst dann, wenn beide Maße überschritten werden (vgl. dazu jüngst ausführlich - auch zur Historie der Norm - VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.03.2008 - 8 S 15/07 -, juris m.w.N.; Sauter, a.a.O. § 6 RdNr. 56). Zwar findet § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO auf die genehmigte und hier im Streit stehende abgetreppte Grenzmauer keine Anwendung, weil diese sich nicht in den Abstandsflächen einer anderen baulichen Anlage befindet. Indes lässt sich der Wertung des § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO entnehmen, dass die untere und die mittlere Terrasse in den Abstandsflächen der obersten Terrasse zulässig wären, hätte die Beigeladene diese als selbstständige Mauer errichtet. Denn die oberste Terrasse hält nach der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung die Abstandsfläche zum Grundstück der Kläger mit einem Abstand von 2,5 m ein. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten zu Recht kein Streit. Im Blick auf die mit den Abstandsflächenvorschriften geschützten Belange der Besonnung, Belichtung und Belüftung ist gänzlich unerheblich, ob diese letzte Stufe der abgetreppten Stützmauer als (unselbstständige) Terrasse oder als (selbstständige) Mauer errichtet wird. Hätte sich die Beigeladene für die zweite Variante entschieden, wären die beiden unteren Stufen der terrassiert angelegten Mauer - da sie in den Abstandsflächen der fiktiv als Mauer ausgeführten obersten Stufe nicht höher als 2,5 m wären - nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO zulässig. Der Gesetzgeber hält somit die Beeinträchtigung der Kläger nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO für zumutbar, auch wenn die in Rede stehende bauliche Anlage - die genehmigte Stützmauer - durch diese Vorschrift abstandsflächenrechtlich nicht gedeckt wird.
27 
In solchen besonderen Fällen muss von dem Grundsatz, dass jede Unterschreitung der nachbarschützenden Abstandsflächentiefe eine nicht mehr zumutbare und somit im Sinn des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange darstellt, ohne dass es auf das Ausmaß und die Wirkung dieser Unterschreitung ankommt (vgl. statt vieler: Urteil des Senats vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, juris), eine Ausnahme auch dann zugelassen werden, wenn die Situation nicht durch Besonderheiten auf dem Nachbargrundstück gekennzeichnet ist. Denn es wäre mit dem abstandsflächenrechtlichen Regelungsregime nicht vereinbar, die Genehmigung einer baulichen Anlage abzulehnen, wenn von dieser nur solche Beeinträchtigungen ausgehen, die der Gesetzgeber selbst für abstandsflächenrechtlich zulässig hält. Dies ist hier - wie gezeigt - im Blick auf die Wertung des § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO der Fall.
28 
Obwohl es nach dem Vorstehenden hierauf nicht mehr ankommt, hält der Senat den von der Beklagten aufgezeigten Vergleich (vgl. hierzu die Skizze oben Seite 6) mit einer unmittelbar an der Grenze errichteten 2,5 m hohen Mauer und einer hierauf ansetzenden Böschung von 45 Grad dem gegenüber für wenig überzeugend. Zwar trifft zu, dass eine Grenzmauer mit einer Höhe von 2,5 m abstandsflächenrechtlich ohne weiteres zulässig wäre (arg. e. § 5 Abs. 9 LBO). Soweit hierauf allerdings zusätzlich eine Anböschung im Neigungswinkel von 45 Grad aufsetzen soll, dürfte diese aber - anders als die Beklagte unter missverständlicher Berufung auf Sauter (a.a.O., § 6 RdNr. 48 d und Abbildung 7 zu § 6 LBO) meint - kaum ohne weiteres anrechnungsfrei bleiben. Zwar hat der Gesetzgebers Entsprechendes für Dächer angeordnet (vgl. § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO), und auch § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO ist zu entnehmen, dass die Anböschung von unter der Geländeroberfläche liegenden Aufenthaltsräumen nicht größer als 45 Grad sein darf. Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass Aufbauten mit Neigungen bis zu 45 Grad grundsätzlich abstandsflächenrechtlich anrechnungsfrei bleiben, hat der Gesetzgeber jedoch gerade nicht konstatiert. Vielmehr handelt es sich in den Fällen des § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO regelmäßig nicht um Grenzbauten, sondern um abstandsflächenpflichtige Gebäude und damit um gänzlich andere Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks. Soweit Dächer mit einer Dachneigung bis 45 Grad auf Grenzgaragen anrechnungsfrei bleiben (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO), handelt es sich zum einen wiederum um eine Ausnahmevorschrift. Zum anderen wirkt insoweit § 6 Abs. 1 Satz 4 LBO als Korrektiv, der die Grenzbebauung - und damit die Beeinträchtigung des Nachbarn - auf 9 m je Grundstücksgrenze beschränkt. Bei § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO wiederum steht nicht das nachbarliche Austauschverhältnis in Rede, sondern die Mindestanforderungen an die Eignung eines Aufenthaltsraums. Insoweit erscheint dem Senat der von der Beklagten angestellte Vergleich für dem vorliegenden Fall unbehelflich.
29 
3. Die angefochtene Baugenehmigung verletzt die Kläger ferner nicht aus anderen - bauordnungsrechtlichen - Gründen in eigenen Rechten.
30 
a) Nach § 33 Abs. 3 LBO dürfen bauliche Anlagen nur errichtet werden, wenn die einwandfreie Beseitigung des Abwassers und des Niederschlagswassers dauernd gesichert ist. Ob diese Vorschrift nachbarschützend ist, bedarf aus Anlass des vorliegenden Verfahrens keiner Klärung (vgl. dazu Hessischer VGH, Urteil vom 31.01.2002 - 4 UE 2231/95 -, BauR 2003, 866; Beschluss vom 25.03.2004 - 9 UZ 2458/03 - BauR 2005, 762; Sauter, LBO, Band 1, § 33 RdNr. 20 m.w.N.). Denn die genehmigten Bauvorlagen sehen neben Drainagen und einem Streifenfundament auch zwei Sickergruben zur Aufnahme und Ableitung des Niederschlagswassers vor. Damit ist - was auch die Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr in Frage gestellt haben - den Anforderungen des § 33 Abs. 3 LBO hinreichend Rechnung getragen. Im Übrigen findet sich in der Nebenbestimmung Nr. 13 zur Baugenehmigung eine entsprechende Auflage, von deren Einhaltbarkeit nach dem Vorstehenden ohne weiteres ausgegangen werden kann; Gegenteiliges machen die Kläger auch nicht geltend. Ob der derzeitige Zustand der Stützmauer diesen Vorgaben bereits entspricht, ist für die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung ohne Belang.
31 
b) Soweit die Kläger im Verwaltungsverfahren geltend gemacht haben, die Stützmauer verunstalte die Umgebung, namentlich ihr eigenes Grundstück, da sie wie „das Bollwerk eines Steinbruchs“ auf ihr Grundstück wirke, verhilft auch dieses Vorbringen ihrer Klage nicht zum Erfolg. Denn die damit in Bezug genommene Vorschrift ist bereits nicht nachbarschützend und kann daher eine Verletzung in eigenen Rechten nicht begründen (vgl. Sauter, a.a.O, § 11 RdNr. 9 m.w.N.).
32 
c) Soweit die Kläger schließlich die Standsicherheit der errichteten Mauer im Blick auf den auf sie wirkenden seitlichen Schub und die fehlerhafte Gründung bezweifeln, bleibt ihr Begehren ebenfalls ohne Erfolg. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 LBO, dem nachbarschützende Wirkung zukommt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.02.1987 - 8 S 2582/86 -, ESVGH 38, 75; Sauter, a.a.O., § 13 RdNr. 2), müssen bauliche Anlagen sowohl im ganzen als auch in ihren einzelnen Teilen sowie für sich allein standsicher sein. Diese Vorschrift ist durch die angefochtene Baugenehmigung erkennbar nicht verletzt. Das Vorbringen der Kläger zielte vielmehr allein auf die ursprünglich errichtete Mauer ab, die mit der genehmigten - hier in Rede stehenden - Stützmauer gerade wegen der weitergehenden Anforderungen an die Standsicherheit (Drainage, Gründung, Entwässerung) nicht identisch ist. Anhaltspunkte, dass die genehmigte Stützmauer nicht standsicher errichtet werden kann, bestehen nicht. Auch die Kläger haben Entsprechendes nicht behauptet.
33 
4. Schließlich liegt auch ein Verstoß gegen das - bauplanungsrechtliche - Gebot der Rücksichtnahme nicht vor (vgl. zu dessen Inhalt: Beschluss des Senats vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147). Denn bei Berücksichtigung der natürlichen Geländeoberfläche, der Lage der Mauer im Osten des Grundstücks der Kläger und ihrer - absolut gesehen - geringen Höhe über der Geländeroberfläche sowie der Vereinbarkeit der durch sie ausgehenden Beeinträchtigungen mit den abstandsflächenrechtlichen Vorgaben, ist für die Annahme einer rücksichtslosen Betroffenheit der Kläger durch die Mauer kein Raum.
34 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
35 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
36 
B e s c h l u s s vom 13. August 2008
37 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts für beide Instanzen auf jeweils 7.500,-- EUR festgesetzt (vgl. Ziff. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 2004).
38 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
21 
Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig; insbesondere wurde sie innerhalb der Monatsfrist den Anforderungen des § 124 a Abs. 6 VwGO entsprechend begründet.
22 
Die Berufung ist begründet, denn die im Streit stehende Baugenehmigung zur Errichtung einer Stützmauer aus Felsblöcken vom 24.11.2003 verletzt die Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Namentlich steht die angefochtene Baugenehmigung mit den Normen des öffentlich-rechtlichen Abstandsflächenrechts (§§ 5 und 6 LBO) und den weiteren von den Klägern thematisierten bauordnungsrechtlichen Vorschriften sowie dem Gebot der Rücksichtnahme im Einklang.
23 
1. a) Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat - anders als die Beigeladene - zunächst davon aus, dass die Vorschriften des Abstandsflächenrechts auf die in Rede stehende, terrassiert angelegte Stützmauer Anwendung finden. Nach § 5 Abs. 9 LBO gelten die - für Gebäude anwendbaren - Absätze 1 bis 8 des § 5 LBO entsprechend für bauliche Anlagen, die keine Gebäude sind, wenn die baulichen Anlagen höher als 2,5 m sind und ihre Wandfläche mehr als 25 m 2 beträgt. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift finden die Abstandsvorschriften somit auf bauliche Anlagen, die keine Gebäude sind, nur Anwendung, wenn beide der in der Regelung genannten Maße überschritten sind (st. Rspr., vgl. etwa Urteile des Senats vom 08.05.1985 - 3 S 63/85 -, VBlBW 1986, 23, und vom 01.06.1994 - 3 S 2617/92 - juris). Die im Streit stehende Stützmauer ist ohne weiteres eine bauliche Anlage im Sinne des § 5 Abs. 9 LBO (vgl. auch Sauter, LBO, Band 1, § 5 RdNr. 111; zu einem Lärmschutzwall vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.1995 - 5 S 5/95 -, VBlBW 1997, 178). Bei der Frage, ob sie höher ist als 2,5 m, ist - wie das Verwaltungsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung entschieden hat - auf die Höhe der gesamten baulichen Anlage abzustellen. Zu dieser Annahme zwingt zunächst eine rein formelle Betrachtungsweise, denn die Beigeladene hat die Stützmauer als einheitliche bauliche Anlage zur Genehmigung gestellt und - trotz deren terrassiert geplanter Errichtung - nicht etwa mehrere Bauanträge für mehrere Mauern eingereicht. Nur diese Betrachtungsweise wird aber auch materiell-rechtlich dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 9 LBO gerecht, der bauliche Anlagen, von denen eine Wirkung wie von Gebäuden ausgeht, dem Regime des Abstandsflächenrechts unterwerfen will (vgl. Urteil des Senats vom 18.07.1984 - 3 S 976/84 -; siehe auch § 6 Abs. 1 Satz 2 der Musterbauordnung). Dass insoweit auf eine natürliche Betrachtungsweise abzustellen ist, liegt auf der Hand und entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu der Vorgängervorschrift des § 6 Abs. 8 LBO 1983 (vgl. Urteil des Senats vom 18.07.1984, a.a.O., UA S. 4 zu zwei nebeneinander errichteten Werbeanlagen, die insgesamt, nicht aber jede für sich, die zulässige Wandfläche von 25 m 2 überschritten haben). Bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise ist die Stützmauer gerade im Blick auf die mit den Abstandsvorschriften geschützten Belange (z.B. Besonnung, Belichtung, Belüftung) als einheitliche bauliche Anlage anzusehen, zumal die einzelnen Abschnitte der Stützmauer auch funktional - gerade hinsichtlich der Standsicherheit und Entwässerung - miteinander verknüpft und „aufeinander angewiesen“ sind. Hierfür spricht letztlich auch das Wortlautargument im systematischen Kontext des § 5 Abs. 9 LBO. Denn anders als die sonstigen Regelungen des § 5 LBO (vgl. etwa Absätze 4 und 5) knüpft dessen Absatz 9 nicht an das Tatbestandsmerkmal der Wandhöhe an, sondern spricht von der „Höhe der baulichen Anlage“. Daher ist für die Frage nach dem „Ob“ der Anwendbarkeit der Abstandsvorschriften auf eine einheitliche Betrachtungsweise abzustellen, während bei der Frage nach dem „Wie“ der Anwendung, insbesondere der Bemessung der Abstandsflächentiefen bezogen auf einzelne Mauerabschnitte, der Wandhöhe eine eigenständige Bedeutung zukommt. Dass auch die für § 5 Abs. 9 LBO maßgebliche Wandfläche von 25 m 2 deutlich überschritten ist, ist offensichtlich und steht zwischen den Beteiligten außer Streit.
24 
b) Finden somit auf die im Streit stehende Stützmauer die Abstandsflächenvorschriften Anwendung, bedarf der Klärung, welche Tiefe die Abstandsflächen zur gemeinsamen Grundstücksgrenze einhalten müssen und ob sie - wie es § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO bestimmt - auf dem Baugrundstück selbst zu liegen kommen. Nach § 5 Abs. 4 Sätze 1 und 2 LBO bemisst sich die Tiefe der Abstandsfläche nach der Wandhöhe; sie wird senkrecht zur jeweiligen Wand gemessen. Als Wandhöhe gilt das Maß vom Schnittpunkt der Wand mit der Geländeoberfläche (unterer Bezugspunkt) bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut oder - wie hier - bis zum oberen Abschluss der Wand (oberer Bezugspunkt). Das Verwaltungsgericht hat eine einheitliche Wandhöhe für die gesamte Stützmauer errechnet und damit fingiert, dass die terrassiert angelegte Stützmauer als einheitliche Wand mit einer Wandhöhe von 3,62 m (die auf UA S. 5 angegebene Differenz von 3,97 m dürfte rechnerisch unrichtig sein) an der Grundstücksgrenze genehmigt worden ist. Diese Betrachtungsweise wird indes § 5 Abs. 4 LBO nicht gerecht. Denn die nach hinten versetzte Bauweise ist für die Kläger in Bezug auf die mit den Abstandsvorschriften geschützten Belange (z.B. Besonnung, Belichtung, Belüftung) vorteilhaft. Darüber hinaus negiert die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts die nach Osten hin stark ansteigende natürliche Geländeoberfläche. Beiden Umständen wird somit nur eine Berechnung der Abstandsflächenvorschriften gerecht, welche die - die Nachbarn „schonendere“ - Terrassenbauweise berücksichtigt (vgl. zu Terrassenhäusern ebenso Sauter, a.a.O., § 5 RdNr. 65 und Abbildungen zu § 5 Nrn. 7 und 8; v. Arnim, in: Schlotterbeck/v. Arnim/Hager, LBO, § 5 RdNr. 45). Hierbei ist die Wandhöhe der zurückliegenden Wände durch eine gedachte Verlängerung dieser Wände bis zum Schnitt mit der natürlichen Geländeoberfläche zu ermitteln (Sauter, a.a.O., § 5 RdNr. 65). Bezogen auf die genehmigte Stützmauer ergeben sich demnach Wandhöhen von 100 cm (unterste Terrasse), 170 cm (mittlere Terrasse) und 230 cm (oberste Terrasse). Aus den auf diese Weise errechneten Wandhöhen ist sodann - wie auch sonst bei der Bemessung von Abstandsflächen - nach Maßgabe des § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO der nachbarschützende Teil der Abstandstiefe zu errechnen. Er beträgt 40 cm für die unterste Terrasse, 68 cm (mittlere Terrasse) und 92 cm (oberste Terrasse). Da die Grenzmauer - anders als etwa kleinere Grenzgaragen im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO oder niedrige Gebäudeteile mit einer Grenzbebauung von höchstens 9 m Länge (§ 6 Abs. 1 Sätze 1 und 4 LBO) - nicht gesetzlich privilegiert ist, muss sie den Mindestabstand des § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO wahren und demnach eine Abstandsfläche von 2,5 m einhalten. Dies ist hier nicht der Fall, weshalb die genehmigte Stützmauer - dies räumt mittlerweile auch die Beklagte ein - ohne die Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nicht genehmigungsfähig wäre.
25 
2. Die abstandsflächenrechtliche Zulässigkeit der im Streit stehenden Stützmauer ergibt sich indes aus § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO. Nach dieser Vorschrift sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegen stehen und, soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Bei der Prüfung der Frage, ob nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden, ist von der normativen Wertung auszugehen, dass eine den nach § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO nachbarschützenden Teil unterschreitende Tiefe der Abstandsfläche regelmäßig zu einer erheblichen und damit nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigung des betreffenden Nachbarn führt. Denn mit der Beschränkung des Nachbarschutzes auf ein bestimmtes Maß der Abstandsflächentiefe bestimmt der Gesetzgeber zugleich die Grenzen dessen, was einem Grundstückseigentümer durch die Bebauung eines Nachbargrundstücks in Bezug auf die damit verbundene Beeinträchtigung der Besonnung, Belichtung und Belüftung seines eigenen Grundstücks (noch) zugemutet werden kann. Eine Unterschreitung dieses Maßes stellt damit grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit im Sinn des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß dieser Unterschreitung ankommt (kritisch hierzu allerdings Sauter, a.a.O., § 6 RdNr. 48 b). Wegen der Anknüpfung dieser Rechtsprechung an die normative Wertung der Abstandsflächenvorschriften bedarf diese Auslegung des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO indes - jenseits der durch Besonderheiten auf dem Nachbargrundstück gekennzeichneten Fälle (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -; Urteil vom 04.08.1997 - 5 S 663/96 -; Beschluss vom 29.01.1999 - 5 S 2971/98 -; Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -; Urteil vom 08.11.1999 - 8 S 1668/999 -; Beschluss vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 - juris), um die es hier nicht geht - dann der Korrektur, wenn sich den Abstandsflächenvorschriften selbst eine andere Wertung des Gesetzgebers entnehmen lässt. Dies ist hier der Fall.
26 
Denn der Gesetzgeber hat für die identische Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen wie die hier in Rede stehende deren abstandsflächenrechtliche Zulässigkeit nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO angeordnet. Nach dieser Vorschrift sind in den Abstandsflächen zulässig bauliche Anlagen, die keine Gebäude sind, wenn sie in den Abstandsflächen nicht höher als 2,5 m sind und ihre Wandfläche nicht mehr als 25 m² beträgt. Nach der Rechtsprechung der Baurechtssenate des erkennenden Verwaltungsgerichtshofs sind die in § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO bezeichneten baulichen Anlagen nicht bereits dann in den Abstandsflächen unzulässig, wenn eines der beiden genannten Maße überschritten wird, sondern erst dann, wenn beide Maße überschritten werden (vgl. dazu jüngst ausführlich - auch zur Historie der Norm - VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.03.2008 - 8 S 15/07 -, juris m.w.N.; Sauter, a.a.O. § 6 RdNr. 56). Zwar findet § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO auf die genehmigte und hier im Streit stehende abgetreppte Grenzmauer keine Anwendung, weil diese sich nicht in den Abstandsflächen einer anderen baulichen Anlage befindet. Indes lässt sich der Wertung des § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO entnehmen, dass die untere und die mittlere Terrasse in den Abstandsflächen der obersten Terrasse zulässig wären, hätte die Beigeladene diese als selbstständige Mauer errichtet. Denn die oberste Terrasse hält nach der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung die Abstandsfläche zum Grundstück der Kläger mit einem Abstand von 2,5 m ein. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten zu Recht kein Streit. Im Blick auf die mit den Abstandsflächenvorschriften geschützten Belange der Besonnung, Belichtung und Belüftung ist gänzlich unerheblich, ob diese letzte Stufe der abgetreppten Stützmauer als (unselbstständige) Terrasse oder als (selbstständige) Mauer errichtet wird. Hätte sich die Beigeladene für die zweite Variante entschieden, wären die beiden unteren Stufen der terrassiert angelegten Mauer - da sie in den Abstandsflächen der fiktiv als Mauer ausgeführten obersten Stufe nicht höher als 2,5 m wären - nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO zulässig. Der Gesetzgeber hält somit die Beeinträchtigung der Kläger nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO für zumutbar, auch wenn die in Rede stehende bauliche Anlage - die genehmigte Stützmauer - durch diese Vorschrift abstandsflächenrechtlich nicht gedeckt wird.
27 
In solchen besonderen Fällen muss von dem Grundsatz, dass jede Unterschreitung der nachbarschützenden Abstandsflächentiefe eine nicht mehr zumutbare und somit im Sinn des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange darstellt, ohne dass es auf das Ausmaß und die Wirkung dieser Unterschreitung ankommt (vgl. statt vieler: Urteil des Senats vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, juris), eine Ausnahme auch dann zugelassen werden, wenn die Situation nicht durch Besonderheiten auf dem Nachbargrundstück gekennzeichnet ist. Denn es wäre mit dem abstandsflächenrechtlichen Regelungsregime nicht vereinbar, die Genehmigung einer baulichen Anlage abzulehnen, wenn von dieser nur solche Beeinträchtigungen ausgehen, die der Gesetzgeber selbst für abstandsflächenrechtlich zulässig hält. Dies ist hier - wie gezeigt - im Blick auf die Wertung des § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO der Fall.
28 
Obwohl es nach dem Vorstehenden hierauf nicht mehr ankommt, hält der Senat den von der Beklagten aufgezeigten Vergleich (vgl. hierzu die Skizze oben Seite 6) mit einer unmittelbar an der Grenze errichteten 2,5 m hohen Mauer und einer hierauf ansetzenden Böschung von 45 Grad dem gegenüber für wenig überzeugend. Zwar trifft zu, dass eine Grenzmauer mit einer Höhe von 2,5 m abstandsflächenrechtlich ohne weiteres zulässig wäre (arg. e. § 5 Abs. 9 LBO). Soweit hierauf allerdings zusätzlich eine Anböschung im Neigungswinkel von 45 Grad aufsetzen soll, dürfte diese aber - anders als die Beklagte unter missverständlicher Berufung auf Sauter (a.a.O., § 6 RdNr. 48 d und Abbildung 7 zu § 6 LBO) meint - kaum ohne weiteres anrechnungsfrei bleiben. Zwar hat der Gesetzgebers Entsprechendes für Dächer angeordnet (vgl. § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO), und auch § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO ist zu entnehmen, dass die Anböschung von unter der Geländeroberfläche liegenden Aufenthaltsräumen nicht größer als 45 Grad sein darf. Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass Aufbauten mit Neigungen bis zu 45 Grad grundsätzlich abstandsflächenrechtlich anrechnungsfrei bleiben, hat der Gesetzgeber jedoch gerade nicht konstatiert. Vielmehr handelt es sich in den Fällen des § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO regelmäßig nicht um Grenzbauten, sondern um abstandsflächenpflichtige Gebäude und damit um gänzlich andere Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks. Soweit Dächer mit einer Dachneigung bis 45 Grad auf Grenzgaragen anrechnungsfrei bleiben (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO), handelt es sich zum einen wiederum um eine Ausnahmevorschrift. Zum anderen wirkt insoweit § 6 Abs. 1 Satz 4 LBO als Korrektiv, der die Grenzbebauung - und damit die Beeinträchtigung des Nachbarn - auf 9 m je Grundstücksgrenze beschränkt. Bei § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO wiederum steht nicht das nachbarliche Austauschverhältnis in Rede, sondern die Mindestanforderungen an die Eignung eines Aufenthaltsraums. Insoweit erscheint dem Senat der von der Beklagten angestellte Vergleich für dem vorliegenden Fall unbehelflich.
29 
3. Die angefochtene Baugenehmigung verletzt die Kläger ferner nicht aus anderen - bauordnungsrechtlichen - Gründen in eigenen Rechten.
30 
a) Nach § 33 Abs. 3 LBO dürfen bauliche Anlagen nur errichtet werden, wenn die einwandfreie Beseitigung des Abwassers und des Niederschlagswassers dauernd gesichert ist. Ob diese Vorschrift nachbarschützend ist, bedarf aus Anlass des vorliegenden Verfahrens keiner Klärung (vgl. dazu Hessischer VGH, Urteil vom 31.01.2002 - 4 UE 2231/95 -, BauR 2003, 866; Beschluss vom 25.03.2004 - 9 UZ 2458/03 - BauR 2005, 762; Sauter, LBO, Band 1, § 33 RdNr. 20 m.w.N.). Denn die genehmigten Bauvorlagen sehen neben Drainagen und einem Streifenfundament auch zwei Sickergruben zur Aufnahme und Ableitung des Niederschlagswassers vor. Damit ist - was auch die Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr in Frage gestellt haben - den Anforderungen des § 33 Abs. 3 LBO hinreichend Rechnung getragen. Im Übrigen findet sich in der Nebenbestimmung Nr. 13 zur Baugenehmigung eine entsprechende Auflage, von deren Einhaltbarkeit nach dem Vorstehenden ohne weiteres ausgegangen werden kann; Gegenteiliges machen die Kläger auch nicht geltend. Ob der derzeitige Zustand der Stützmauer diesen Vorgaben bereits entspricht, ist für die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung ohne Belang.
31 
b) Soweit die Kläger im Verwaltungsverfahren geltend gemacht haben, die Stützmauer verunstalte die Umgebung, namentlich ihr eigenes Grundstück, da sie wie „das Bollwerk eines Steinbruchs“ auf ihr Grundstück wirke, verhilft auch dieses Vorbringen ihrer Klage nicht zum Erfolg. Denn die damit in Bezug genommene Vorschrift ist bereits nicht nachbarschützend und kann daher eine Verletzung in eigenen Rechten nicht begründen (vgl. Sauter, a.a.O, § 11 RdNr. 9 m.w.N.).
32 
c) Soweit die Kläger schließlich die Standsicherheit der errichteten Mauer im Blick auf den auf sie wirkenden seitlichen Schub und die fehlerhafte Gründung bezweifeln, bleibt ihr Begehren ebenfalls ohne Erfolg. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 LBO, dem nachbarschützende Wirkung zukommt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.02.1987 - 8 S 2582/86 -, ESVGH 38, 75; Sauter, a.a.O., § 13 RdNr. 2), müssen bauliche Anlagen sowohl im ganzen als auch in ihren einzelnen Teilen sowie für sich allein standsicher sein. Diese Vorschrift ist durch die angefochtene Baugenehmigung erkennbar nicht verletzt. Das Vorbringen der Kläger zielte vielmehr allein auf die ursprünglich errichtete Mauer ab, die mit der genehmigten - hier in Rede stehenden - Stützmauer gerade wegen der weitergehenden Anforderungen an die Standsicherheit (Drainage, Gründung, Entwässerung) nicht identisch ist. Anhaltspunkte, dass die genehmigte Stützmauer nicht standsicher errichtet werden kann, bestehen nicht. Auch die Kläger haben Entsprechendes nicht behauptet.
33 
4. Schließlich liegt auch ein Verstoß gegen das - bauplanungsrechtliche - Gebot der Rücksichtnahme nicht vor (vgl. zu dessen Inhalt: Beschluss des Senats vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147). Denn bei Berücksichtigung der natürlichen Geländeoberfläche, der Lage der Mauer im Osten des Grundstücks der Kläger und ihrer - absolut gesehen - geringen Höhe über der Geländeroberfläche sowie der Vereinbarkeit der durch sie ausgehenden Beeinträchtigungen mit den abstandsflächenrechtlichen Vorgaben, ist für die Annahme einer rücksichtslosen Betroffenheit der Kläger durch die Mauer kein Raum.
34 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
35 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
36 
B e s c h l u s s vom 13. August 2008
37 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts für beide Instanzen auf jeweils 7.500,-- EUR festgesetzt (vgl. Ziff. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 2004).
38 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - geändert, soweit er deren Antrag ablehnt. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird angeordnet.

Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller zu 3 bis zu 5 tragen jeweils ein Viertel der Gerichtskosten, ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Achtel der Gerichtskosten, jeweils die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1 und zu 2 sowie je ein Viertel ihrer außergerichtlichen Kosten.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen Nutzungsänderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück (Flst. Nr. ...) befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Grundstück (Flst. Nr. ...) im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“. Die Grundstücke der Antragsteller zu 4 und zu 5 grenzen südlich bzw. südöstlich an das Grundstück des Beigeladenen an und befinden sich innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Industriegebiets. Das Grundstück der Antragstellerin zu 3 befindet sich südwestlich des Grundstücks des Beigeladenen auf der anderen Seite der „... Straße“ im Geltungsbereich eines weiteren Bebauungsplans, der dort ein Gewerbegebiet festsetzt.
Die Antragsteller haben gegen die genehmigte Nutzungsänderung Widerspruch erhoben. Ihre Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt: Die Widersprüche der Antragsteller zu 3 bis 5 seien ersichtlich aussichtslos. Da sich deren Grundstücke außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ befänden, könnten sie sich nicht auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Das in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt, da nicht ersichtlich sei, aus welchen Gründen die Antragsteller zu 3 bis 5 durch das Bauvorhaben unzumutbar beeinträchtigt sein könnten. Hingegen erwiesen sich die Erfolgsaussichten der Widersprüche der Antragsteller zu 1 und 2 als offen. Sie könnten sich auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Die genehmigte Gemeinschaftsunterkunft sei zwar nach § 8 Abs. 2 BauNVO im Gewerbegebiet nicht zulässig. Sie sei indes nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO durch die Antragsgegnerin ausnahmsweise zugelassen worden. Asylbewerberunterkünfte seien Einrichtungen für soziale Zwecke im Sinne dieser Vorschrift. Die Zulassung auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO setze aber voraus, dass die Gemeinschaftsunterkunft mit der Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vereinbar sei. Entscheidend sei, ob ein Vorhaben generell geeignet sei, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotential zu entfalten, das sich mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht vertrage. Ob sich nach diesen Grundsätzen eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vertrage, das geprägt sei von werktätiger Geschäftigkeit, sei offen. Ob es sich bei der genehmigten Gemeinschaftsunterkunft um eine wohnähnliche Nutzung handele, könne nach den vorgelegten Bauunterlagen nicht festgestellt werden. Die Klärung müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die notwendige Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragsteller aus. Da es sich im Wesentlichen um eine Nutzungsänderung eines vorhandenen Gebäudes handele, wäre die Nutzung nach einer etwaigen rechtskräftigen Aufhebung der Baugenehmigung einzustellen, ohne dass die Antragsteller durch die geringfügigen baulichen Änderungen in ihren Rechten verletzt würden.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden der Antragsteller, die weiterhin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche begehren. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene sind der Beschwerde entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die zulässigen (§§ 146, 147 VwGO) Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 sind begründet. Die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs ist anzuordnen (1.). Hingegen haben die zulässigen Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 keinen Erfolg (2.).
1. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Antragsteller zu 1 und 2 Anlass. Mit ihrem Beschwerdevorbringen rügen die Antragsteller zu Recht die Richtigkeit der den angefochtenen Beschluss tragenden Rechtsauffassung, die Erfolgsaussichten ihrer Widersprüche seien offen (a)). Die deshalb erforderliche Prüfung ihres Rechtsschutzbegehrens durch den Senat an den allgemeinen Maßstäben des § 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO führt zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche (b)).
a) Die Rüge der Antragsteller zu 1 und 2, wonach sich das Verwaltungsgericht fragen lassen müsse, weshalb es sich bei der Nutzung des Gebäudes als Gemeinschaftsunterkunft nicht um eine wohnähnliche Nutzung handele, obwohl es selbst „Bezüge zu einer Wohnnutzung“ festgestellt habe und es nicht bezweifelt werden könne, dass es sich bei Gemeinschaftsunterkünften jedenfalls um wohnähnliche Nutzungen handele, greift zunächst hinsichtlich der Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts durch, dass diese Frage offen sei.
10 
Der Ansatz des Verwaltungsgericht, dass es der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse, ob es sich bei der genehmigten Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber um eine wohnähnliche Nutzung handele, weil dies nach den genehmigten Bauvorlagen nicht festgestellt werden könne, ist nämlich nicht zutreffend. Denn wäre der Baugenehmigung die mit ihr zugelassene Art der baulichen Nutzung nicht zu entnehmen, handelte es sich um einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot aus § 37 Abs. 1 LVwVfG; die Baugenehmigung erwiese sich bereits als rechtswidrig. Insoweit kann es bei der Drittanfechtung der Baugenehmigung auch nicht auf die tatsächliche sondern allein auf die genehmigte Art der Nutzung ankommen (vgl. Sauter, LBO, 3. Aufl., Stand: Juni 2010, § 58 LBO Rn. 33). Die Kategorisierung der genehmigten Nutzungsart hat nämlich anhand der Vorgaben der einschlägigen Baunutzungsverordnung - hier die Fassung der Bekanntmachung vom 26.11.1968 (BGBl. I, S. 1237, ber. BGBl. 1969 I, S. 11) BauNVO 1968 - und der Bauvorlagen zu erfolgen. Die Frage der Bestimmtheit der Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr genehmigten Art der baulichen Nutzung kann im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch beantwortet werden, so sie denn entscheidungserheblich ist. Abgesehen davon ist den genehmigten Bauvorlagen hinreichend bestimmt jedenfalls zu entnehmen, dass eine wohnähnliche Nutzung genehmigt ist (siehe nachfolgend b) aa) (b) (aa)).
11 
b) Ergibt die auf dargelegte Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, hat es umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.01.2009 - 9 S 70.08 - juris Rn. 3 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 21.12.2006 - 7 B 2193/06 - BauR 2007, 861 und vom 08.05.2002 - 1 B 241/02 - NVwZ-RR 2003, 50; vgl. auch Senatsbeschluss vom 25.11.2004 - 8 S 1870/04 - VBlBW 205, 282; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 146 Rn. 115).
12 
Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 fällt zu Lasten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen aus. Anders als das Verwaltungsgericht misst der Senat dem privaten Interesse des Beigeladenen, von der Baugenehmigung - dem gesetzlichen Regelfall entsprechend (§ 212a Abs. 1 BauGB) - sofort Gebrauch machen zu dürfen, keinen Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung bei. Vielmehr überwiegt das Suspensivinteresse der Antragsteller zu 1 und 2. Maßgeblich hierfür ist, dass sich die angegriffene Baugenehmigung in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen wird und sie die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen dürfte, so dass sie wohl aufzuheben sein wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
13 
aa) Auf die von den Antragstellern aufgeworfene Frage, ob die streitbefangene Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1) in bauplanungsrechtlicher Hinsicht eine Anlage für soziale Zwecke sein kann, kommt es für die Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache allerdings nicht an. Unabhängig von der Beantwortung dieser Frage erweist sich die erteilte Baugenehmigung voraussichtlich als rechtswidrig.
14 
(a) Sollte es sich bei der Gemeinschaftsunterkunft um keine Anlage für soziale Zwecke handeln, wäre sie in dem (beschränkten) Gewerbegebiet ersichtlich unzulässig, da sie dann weder unter den hier eingeschränkten Katalog von Nutzungsarten nach § 8 Abs. 2 BauNVO 1968 noch unter eine andere in § 8 Abs. 3 BauNVO 1968 für ausnahmsweise zulässig erklärte Nutzungsart fallen könnte. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass er nach seiner bisherigen Rechtsprechung bei einer „heimmäßigen Unterbringung“ von Asylbewerbern das Vorliegen einer Anlage für soziale Zwecke angenommen hat (Senatsurteil vom 11.05.1990 - 8 S 220/90 - juris Rn. 23 = NVwZ 1990, 1202) und eine Zulassung einer Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet bislang allein in Fällen einer Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) als rechtmäßig angesehen hat (Senatsbeschlüsse vom 17.07.1992 - 8 S 1621/92 - DÖV 993, 257 und vom 29.09.1993 - 8 S 2160/93 - NVwZ 1994, 800 (801)). Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Gemeinschaftsunterkunft ,„zumindest“ als Einrichtung für soziale Zwecke angesehen und offen gelassen, ob die Unterbringung von Asylbewerbern generell als Wohnnutzung einzustufen sei (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1997 - 4 C 2.96 - NVwZ 1998, 173).
15 
(b) Ebenfalls bauplanungsrechtlich unzulässig wäre die Gemeinschaftsunterkunft, wenn es sich bei ihr um eine Anlage für soziale Zwecke im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968 handeln sollte. Denn eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber ist in einem Gewerbegebiet deshalb auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als Anlage für soziale Zwecke zulässig, weil sie nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung für eine mehr als nur unbeachtlich kurze Dauer Lebensmittelpunkt des einzelnen Asylbewerbers ist, ihr damit ein wohnähnlicher Charakter zukommt und sie sich daher in einem Gewerbegebiet als gebietsunverträglich erweist.
16 
(aa) Die Wohnähnlichkeit der Nutzung ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Baurechtlich genehmigt ist die Nutzung des Gebäudes des Beigeladenen für den dauernden Aufenthalt von 68 Personen. Diese können sich in den ihnen zugewiesenen Räumen und den Gemeinschaftsräumen uneingeschränkt zu jeder Zeit aufhalten. Für den einzelnen Asylbewerber stellt sich die Gemeinschaftsunterkunft daher regelmäßig für die Dauer seines Asylverfahrens als sein räumlicher Lebensmittelpunkt dar; erst mit dem Abschluss des Asylverfahrens (oder mit einem erstinstanzlich obsiegenden Urteil, § 53 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) endet in aller Regel die vorläufige Unterbringung (vgl. § 7 Abs. 4 und 5 des Gesetzes über die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen - Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG - vom 11.03.2004, GBl. S. 99, zuletzt geändert durch Art. 71 der Achten Verordnung des Innenministeriums zur Anpassung des Landesrechts an die geänderten Geschäftsbereiche und Bezeichnungen der Ministerien vom 25.01.2012 (GBl. S. 65)), die grundsätzlich in der Gemeinschaftsunterkunft erfolgt, § 6 Abs. 1 Satz 1 FlüAG. Der gesetzliche Begriff der vorläufigen Unterbringung aus § 6 FlüAG grenzt dabei lediglich die Unterbringungsform von derjenigen der Anschlussunterbringung (vgl. §§ 11 ff. FlüAG) ab. Aus ihm kann gerade nicht auf eine nur unbeachtlich kurze Dauer der Unterbringung des einzelnen Asylbewerbers geschlossen werden. Hinsichtlich der Verweildauer ist zu berücksichtigen, dass ein Asylverfahren auch bei günstigem Verlauf die Dauer von einigen Monaten kaum unterschreiten kann, häufig tatsächlich diese Zeit aber deutlich überschreiten wird. So gibt etwa das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für das Jahr 2011 eine durchschnittliche Gesamtverfahrensdauer für das Verwaltungs- und Gerichtsverfahren von 12,2 Monaten an, die sich im ersten Halbjahr 2012 auf 13,1 Monate erhöht hat (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das deutsche Asylverfahren - ausführlich erklärt, Nürnberg 2012, S. 40). Im Jahr 2011 lag der Median-Wert der Verfahrensdauer bei acht Monaten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das Bundesamt in Zahlen 2011, Nürnberg 2011, S. 54). Die sich daraus ergebende nicht nur kurze Verweildauer des Einzelnen in der Unterkunft als seinem Lebensmittelpunkt - die dessen Schutzwürdigkeit bauplanungsrechtlich grundsätzlich erhöht - ist letztlich ausschlaggebend für die Einstufung der Nutzung als „wohnähnlich“ (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.04.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90, 140 zu einem Arbeitnehmerwohnheim als „Beherbergungsbetrieb“).
17 
(bb) Aus der Wohnähnlichkeit ihrer Nutzung folgt, dass eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber trotz der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) in einem Gewerbegebiet mangels ihrer Gebietsverträglichkeit nicht ausnahmsweise zulässig ist.
18 
Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 16; vgl. auch Urteile vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 19 und vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155 (158)). Hinsichtlich des Gebietstypus des Gewerbegebiets gilt, dass Bauvorhaben, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohn- oder wohnähnlichen Nutzung zu dienen bestimmt sind, mit dem Charakter eines Gewerbegebietes - abgesehen von gebietsakzessorischen Wohnnutzungen sonstiger Art - unvereinbar sind. Denn in Gewerbegebieten soll nicht gewohnt werden. Neben der Wohnnutzung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO kann allein ein sehr kurzfristiger, vorübergehender Aufenthaltszweck in Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig sein (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002, 1384 (1385)). Wohnähnliche Nutzungsformen sind daher regelmäßig abstrakt gebietsunverträglich.
19 
In Anwendung der vorstehenden Grundsätze erweist sich damit eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in einem Gewerbegebiet als nicht ausnahmsweise zulässig nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Nichts anderes gilt hier aufgrund der Festsetzung eines beschränkten Gewerbegebiets nach § 8 Abs. 4 BauNVO 1968. Denn auch ein derartiges Gebiet entspricht seiner allgemeinen Zweckbestimmung nach dem Typus eines Gewerbegebiets (BVerwG, Beschluss vom 15.04.1987 - 4 B 71.87 - NVwZ 1987, 970; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.03.1997 - 10 S 2815/96 - NVwZ 1999, 439 (440)). Aus dem Vorstehenden ergibt sich auch, dass die Rechtsauffassung des Beigeladenen nicht zutrifft, dass das Verwaltungsgericht es dem Hauptsacheverfahren überlassen müsse, die Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets zu klären. Denn bezogen auf die Zweckbestimmung des Gebiets nach § 8 BauNVO 1968 stellen sich keine nicht höchstrichterlich abschließend geklärten Fragen. Die Eigenart des konkreten Gewerbegebiets des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ ist für die typisierende Gebietsverträglichkeit der zugelassenen Nutzung nicht relevant, sondern erst bei der Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO.
20 
bb) Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet eine nachbarschützende Funktion (BVerwG, Urteile vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 und vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24; Senatsurteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - VBlBW 2008, 377), mit der Folge, dass eine rechtswidrige baurechtliche Zulassung einer Nutzungsart - so wie sehr wahrscheinlich hier - die anderen Grundstückseigentümer im Baugebiet auch in eigenen Rechten verletzt.
21 
c)Gegebenenfalls wird die Widerspruchsbehörde die im bisherigen Verfahren von keinem der Beteiligten erörterte Frage zu klären haben, ob die Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber nicht (teilweise) von der möglicherweise ursprünglich erteilten Baugenehmigung für ein Wohnheim mit umfasst und abgedeckt wird, sofern diese Baugenehmigung noch wirksam sein sollte. Dann käme es gegebenenfalls jedenfalls für einen Teil der Nutzung auf die Rechtmäßigkeit der hier gegenständlichen Baugenehmigung nicht an. Überdies ist zu berücksichtigen, dass für den Fall, dass bereits ursprünglich eine wohnähnliche Nutzung genehmigt worden sein sollte, sich dies möglicherweise auch auf die Schutzbedürftigkeit der Antragsteller zu 1 und 2 auswirken kann.
22 
d) Angesichts der nach dem Vorstehenden sehr wahrscheinlich rechtswidrigen und die Antragsteller in eigenen Rechten verletzenden Baugenehmigung kommen den privaten Interessen des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung nur geringe Gewichte zu. Die Interessen der Antragsteller an der Abwehr einer rechtswidrigen Nutzung des Grundstücks überwiegen deutlich. Soweit der Beigeladene ein überwiegendes öffentliches Interesse aus Art. 16a GG und der staatlichen Schutz- und Unterbringungspflicht für Asylbewerber einerseits und aus dem akuten Mangel an Unterbringungsmöglichkeiten andererseits herleiten will, vermag dies hier zu keiner anderen Würdigung zu führen. Der Vortrag bleibt pauschal und unsubstantiiert. Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigung müsste dem für die Unterbringung zuständigen Land Baden-Württemberg eine anderweitige Unterbringung der in der genehmigten Unterkunft wohnenden Flüchtlinge nicht möglich oder zumutbar sein, um dem Vollzugsinteresse dennoch den Vorrang einräumen zu können. Dafür ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass für den Fall eines tatsächlichen und erheblichen Mangels an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber gegebenenfalls an eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB gedacht werden könnte. Eine solche ist bislang aber nicht erteilt.
23 
2. Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 haben hingegen aus den dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, keinen Erfolg.
24 
a) Das Verwaltungsgericht hat sich zur Begründung seiner Auffassung zutreffend darauf gestützt, dass die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan nur zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet eine nachbarschützende Funktion zukommt (BVerwG, Urteile vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 (155) und vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24; Senatsurteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - VBlBW 2008, 377). Hiergegen wenden sich die Antragsteller zu 3 bis 5 mit dem Vortrag, dass es zwar stimme, dass ihnen ein Gebietserhaltungsanspruch nicht zukomme, mit der planungsrechtlichen Festsetzung „Industriegebiet“ die auf dem benachbarten Baugrundstück geplante wohnähnliche Nutzung unter dem Aspekt des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO aber nicht vereinbar sei. Nutzungen nach § 9 BauNVO seien außerhalb der in § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO geregelten Ausnahmen prinzipiell mit wohnähnlichen Nutzungen unvereinbar. Die Zulassung der wohnähnlichen Nutzung gefährde die bisherige Nutzung der Grundstücke der Antragsteller zu 4 und 5. Mit diesem Vortrag sind mögliche Erfolgsaussichten der Widersprüche dieser Antragsteller nicht dargetan. Denn allein der Umstand, dass die in einem festgesetzten Industriegebiet liegenden Grundstücke der Antragsteller zu 4 und 5 unmittelbar an das Grundstück des Beigeladenen angrenzen, sagt noch nichts über die behauptete Rücksichtslosigkeit der Nutzungsänderung aus. Die beiden Antragsteller behaupten zwar, die bisherige Grundstücksnutzung sei durch „die Zulassung der wohnähnlichen Nutzung gefährdet“. Dieser Vortrag ist jedoch unsubstantiiert. Weder im bisherigen behördlichen Verfahren bis zur Erteilung der Baugenehmigung noch im gerichtlichen Verfahren nach § 80a Abs. 3 und § 80 Abs. 5 VwGO haben die Antragsteller nämlich zu den auf ihren Grundstücken genehmigten Nutzungen konkret vorgetragen. Allein der Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren dazu verhalten, was mit Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hier aber nicht zugunsten der Antragsteller relevant sein kann. Damit verfehlt die Beschwerde die einzelfallbezogene Sichtweise, die das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot verlangt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314).
25 
Soweit die Beschwerde zutreffend darauf hinweist, das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise davon aus, dass das Grundstück der Antragstellerin zu 3 in einem festgesetzten Industriegebiet liege, führt dies ebenfalls zu keiner ihr günstigeren Entscheidung. Mit der Beschwerde wird nicht dargetan, was aus dem Umstand, dass das Grundstück in einem festgesetzten Gewerbegebiet - das nicht dasjenige ist, in dem sich das Grundstück des Beigeladenen befindet - folgen soll. Ein Gebietserhaltungsanspruch kommt der Antragstellerin zu 3 jedenfalls ebenso wie den Antragstellern zu 4 und 5 nicht zu.
26 
b) Im Übrigen weist der Senat jedoch für das Widerspruchsverfahren hinsichtlich der Antragsteller zu 4 und 5 auf folgende zwei Gesichtspunkte hin. Ausweislich der dem Senat vorliegenden Behördenakten hat der Antragsteller zu 4 als Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. ... (... Straße ...) zwar Widerspruch eingelegt. Jedoch finden sich von ihm keine innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der Angrenzerbenachrichtigung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 LBO erhobenen Einwendungen, so dass er aufgrund von § 55 Abs.2 Satz 2 LBO mit allen Einwendungen ausgeschlossen sein könnte. Insbesondere wird weder der Antragsteller zu 4 noch das Grundstück „... Straße ...“ im Einwendungsschreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2012 erwähnt. Auch die Antragstellerin zu 5 hat innerhalb der Vierwochenfrist keine in den Bauakten dokumentierten Einwendungen erhoben. Jedoch finden sich im Einwendungsschreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2012 Einwendungen einer „... GmbH“ bezogen auf das Grundstück ... Straße ... Hier könnte es sich um eine rechtlich unbeachtliche Falschbezeichnung der Antragstellerin zu 5 handeln, was gegebenenfalls aufzuklären wäre.
27 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 und 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.
28 
Da der Beigeladene mit seinem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, den Antragstellern zu 3 bis 5 anteilsmäßig die außergerichtlichen Kosten des insoweit obsiegenden Beigeladenen aufzuerlegen. Darüber hinaus tragen er und die Antragsgegnerin anteilig die Kosten des Verfahrens, soweit sie - nämlich bezogen auf die Antragsteller zu 1 und 2 - unterlegen sind.
29 
4. Die Streitwertfestsetzung und -abänderung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG und lehnt sich entsprechend der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. etwa Beschluss vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - juris Rn. 44) an die Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) an. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist bei der Drittanfechtung einer Baugenehmigung kein Raum für die Anwendung des § 52 Abs. 2 GKG. Da mit dem Vollzug der Nutzungsänderung keine vollendeten, unumkehrbaren Tatsachen geschaffen werden können, ist der Streitwert von 7.500 EUR - je betroffenem Grundstück - zu halbieren, so dass insgesamt ein Streitwert von 15.000,- EUR (4*3.750,- EUR) festzusetzen ist.
30 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - geändert, soweit er deren Antrag ablehnt. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird angeordnet.

Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller zu 3 bis zu 5 tragen jeweils ein Viertel der Gerichtskosten, ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Achtel der Gerichtskosten, jeweils die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1 und zu 2 sowie je ein Viertel ihrer außergerichtlichen Kosten.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen Nutzungsänderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück (Flst. Nr. ...) befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Grundstück (Flst. Nr. ...) im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“. Die Grundstücke der Antragsteller zu 4 und zu 5 grenzen südlich bzw. südöstlich an das Grundstück des Beigeladenen an und befinden sich innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Industriegebiets. Das Grundstück der Antragstellerin zu 3 befindet sich südwestlich des Grundstücks des Beigeladenen auf der anderen Seite der „... Straße“ im Geltungsbereich eines weiteren Bebauungsplans, der dort ein Gewerbegebiet festsetzt.
Die Antragsteller haben gegen die genehmigte Nutzungsänderung Widerspruch erhoben. Ihre Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt: Die Widersprüche der Antragsteller zu 3 bis 5 seien ersichtlich aussichtslos. Da sich deren Grundstücke außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ befänden, könnten sie sich nicht auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Das in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt, da nicht ersichtlich sei, aus welchen Gründen die Antragsteller zu 3 bis 5 durch das Bauvorhaben unzumutbar beeinträchtigt sein könnten. Hingegen erwiesen sich die Erfolgsaussichten der Widersprüche der Antragsteller zu 1 und 2 als offen. Sie könnten sich auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Die genehmigte Gemeinschaftsunterkunft sei zwar nach § 8 Abs. 2 BauNVO im Gewerbegebiet nicht zulässig. Sie sei indes nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO durch die Antragsgegnerin ausnahmsweise zugelassen worden. Asylbewerberunterkünfte seien Einrichtungen für soziale Zwecke im Sinne dieser Vorschrift. Die Zulassung auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO setze aber voraus, dass die Gemeinschaftsunterkunft mit der Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vereinbar sei. Entscheidend sei, ob ein Vorhaben generell geeignet sei, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotential zu entfalten, das sich mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht vertrage. Ob sich nach diesen Grundsätzen eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vertrage, das geprägt sei von werktätiger Geschäftigkeit, sei offen. Ob es sich bei der genehmigten Gemeinschaftsunterkunft um eine wohnähnliche Nutzung handele, könne nach den vorgelegten Bauunterlagen nicht festgestellt werden. Die Klärung müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die notwendige Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragsteller aus. Da es sich im Wesentlichen um eine Nutzungsänderung eines vorhandenen Gebäudes handele, wäre die Nutzung nach einer etwaigen rechtskräftigen Aufhebung der Baugenehmigung einzustellen, ohne dass die Antragsteller durch die geringfügigen baulichen Änderungen in ihren Rechten verletzt würden.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden der Antragsteller, die weiterhin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche begehren. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene sind der Beschwerde entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die zulässigen (§§ 146, 147 VwGO) Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 sind begründet. Die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs ist anzuordnen (1.). Hingegen haben die zulässigen Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 keinen Erfolg (2.).
1. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Antragsteller zu 1 und 2 Anlass. Mit ihrem Beschwerdevorbringen rügen die Antragsteller zu Recht die Richtigkeit der den angefochtenen Beschluss tragenden Rechtsauffassung, die Erfolgsaussichten ihrer Widersprüche seien offen (a)). Die deshalb erforderliche Prüfung ihres Rechtsschutzbegehrens durch den Senat an den allgemeinen Maßstäben des § 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO führt zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche (b)).
a) Die Rüge der Antragsteller zu 1 und 2, wonach sich das Verwaltungsgericht fragen lassen müsse, weshalb es sich bei der Nutzung des Gebäudes als Gemeinschaftsunterkunft nicht um eine wohnähnliche Nutzung handele, obwohl es selbst „Bezüge zu einer Wohnnutzung“ festgestellt habe und es nicht bezweifelt werden könne, dass es sich bei Gemeinschaftsunterkünften jedenfalls um wohnähnliche Nutzungen handele, greift zunächst hinsichtlich der Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts durch, dass diese Frage offen sei.
10 
Der Ansatz des Verwaltungsgericht, dass es der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse, ob es sich bei der genehmigten Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber um eine wohnähnliche Nutzung handele, weil dies nach den genehmigten Bauvorlagen nicht festgestellt werden könne, ist nämlich nicht zutreffend. Denn wäre der Baugenehmigung die mit ihr zugelassene Art der baulichen Nutzung nicht zu entnehmen, handelte es sich um einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot aus § 37 Abs. 1 LVwVfG; die Baugenehmigung erwiese sich bereits als rechtswidrig. Insoweit kann es bei der Drittanfechtung der Baugenehmigung auch nicht auf die tatsächliche sondern allein auf die genehmigte Art der Nutzung ankommen (vgl. Sauter, LBO, 3. Aufl., Stand: Juni 2010, § 58 LBO Rn. 33). Die Kategorisierung der genehmigten Nutzungsart hat nämlich anhand der Vorgaben der einschlägigen Baunutzungsverordnung - hier die Fassung der Bekanntmachung vom 26.11.1968 (BGBl. I, S. 1237, ber. BGBl. 1969 I, S. 11) BauNVO 1968 - und der Bauvorlagen zu erfolgen. Die Frage der Bestimmtheit der Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr genehmigten Art der baulichen Nutzung kann im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch beantwortet werden, so sie denn entscheidungserheblich ist. Abgesehen davon ist den genehmigten Bauvorlagen hinreichend bestimmt jedenfalls zu entnehmen, dass eine wohnähnliche Nutzung genehmigt ist (siehe nachfolgend b) aa) (b) (aa)).
11 
b) Ergibt die auf dargelegte Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, hat es umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.01.2009 - 9 S 70.08 - juris Rn. 3 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 21.12.2006 - 7 B 2193/06 - BauR 2007, 861 und vom 08.05.2002 - 1 B 241/02 - NVwZ-RR 2003, 50; vgl. auch Senatsbeschluss vom 25.11.2004 - 8 S 1870/04 - VBlBW 205, 282; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 146 Rn. 115).
12 
Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 fällt zu Lasten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen aus. Anders als das Verwaltungsgericht misst der Senat dem privaten Interesse des Beigeladenen, von der Baugenehmigung - dem gesetzlichen Regelfall entsprechend (§ 212a Abs. 1 BauGB) - sofort Gebrauch machen zu dürfen, keinen Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung bei. Vielmehr überwiegt das Suspensivinteresse der Antragsteller zu 1 und 2. Maßgeblich hierfür ist, dass sich die angegriffene Baugenehmigung in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen wird und sie die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen dürfte, so dass sie wohl aufzuheben sein wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
13 
aa) Auf die von den Antragstellern aufgeworfene Frage, ob die streitbefangene Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1) in bauplanungsrechtlicher Hinsicht eine Anlage für soziale Zwecke sein kann, kommt es für die Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache allerdings nicht an. Unabhängig von der Beantwortung dieser Frage erweist sich die erteilte Baugenehmigung voraussichtlich als rechtswidrig.
14 
(a) Sollte es sich bei der Gemeinschaftsunterkunft um keine Anlage für soziale Zwecke handeln, wäre sie in dem (beschränkten) Gewerbegebiet ersichtlich unzulässig, da sie dann weder unter den hier eingeschränkten Katalog von Nutzungsarten nach § 8 Abs. 2 BauNVO 1968 noch unter eine andere in § 8 Abs. 3 BauNVO 1968 für ausnahmsweise zulässig erklärte Nutzungsart fallen könnte. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass er nach seiner bisherigen Rechtsprechung bei einer „heimmäßigen Unterbringung“ von Asylbewerbern das Vorliegen einer Anlage für soziale Zwecke angenommen hat (Senatsurteil vom 11.05.1990 - 8 S 220/90 - juris Rn. 23 = NVwZ 1990, 1202) und eine Zulassung einer Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet bislang allein in Fällen einer Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) als rechtmäßig angesehen hat (Senatsbeschlüsse vom 17.07.1992 - 8 S 1621/92 - DÖV 993, 257 und vom 29.09.1993 - 8 S 2160/93 - NVwZ 1994, 800 (801)). Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Gemeinschaftsunterkunft ,„zumindest“ als Einrichtung für soziale Zwecke angesehen und offen gelassen, ob die Unterbringung von Asylbewerbern generell als Wohnnutzung einzustufen sei (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1997 - 4 C 2.96 - NVwZ 1998, 173).
15 
(b) Ebenfalls bauplanungsrechtlich unzulässig wäre die Gemeinschaftsunterkunft, wenn es sich bei ihr um eine Anlage für soziale Zwecke im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968 handeln sollte. Denn eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber ist in einem Gewerbegebiet deshalb auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als Anlage für soziale Zwecke zulässig, weil sie nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung für eine mehr als nur unbeachtlich kurze Dauer Lebensmittelpunkt des einzelnen Asylbewerbers ist, ihr damit ein wohnähnlicher Charakter zukommt und sie sich daher in einem Gewerbegebiet als gebietsunverträglich erweist.
16 
(aa) Die Wohnähnlichkeit der Nutzung ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Baurechtlich genehmigt ist die Nutzung des Gebäudes des Beigeladenen für den dauernden Aufenthalt von 68 Personen. Diese können sich in den ihnen zugewiesenen Räumen und den Gemeinschaftsräumen uneingeschränkt zu jeder Zeit aufhalten. Für den einzelnen Asylbewerber stellt sich die Gemeinschaftsunterkunft daher regelmäßig für die Dauer seines Asylverfahrens als sein räumlicher Lebensmittelpunkt dar; erst mit dem Abschluss des Asylverfahrens (oder mit einem erstinstanzlich obsiegenden Urteil, § 53 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) endet in aller Regel die vorläufige Unterbringung (vgl. § 7 Abs. 4 und 5 des Gesetzes über die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen - Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG - vom 11.03.2004, GBl. S. 99, zuletzt geändert durch Art. 71 der Achten Verordnung des Innenministeriums zur Anpassung des Landesrechts an die geänderten Geschäftsbereiche und Bezeichnungen der Ministerien vom 25.01.2012 (GBl. S. 65)), die grundsätzlich in der Gemeinschaftsunterkunft erfolgt, § 6 Abs. 1 Satz 1 FlüAG. Der gesetzliche Begriff der vorläufigen Unterbringung aus § 6 FlüAG grenzt dabei lediglich die Unterbringungsform von derjenigen der Anschlussunterbringung (vgl. §§ 11 ff. FlüAG) ab. Aus ihm kann gerade nicht auf eine nur unbeachtlich kurze Dauer der Unterbringung des einzelnen Asylbewerbers geschlossen werden. Hinsichtlich der Verweildauer ist zu berücksichtigen, dass ein Asylverfahren auch bei günstigem Verlauf die Dauer von einigen Monaten kaum unterschreiten kann, häufig tatsächlich diese Zeit aber deutlich überschreiten wird. So gibt etwa das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für das Jahr 2011 eine durchschnittliche Gesamtverfahrensdauer für das Verwaltungs- und Gerichtsverfahren von 12,2 Monaten an, die sich im ersten Halbjahr 2012 auf 13,1 Monate erhöht hat (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das deutsche Asylverfahren - ausführlich erklärt, Nürnberg 2012, S. 40). Im Jahr 2011 lag der Median-Wert der Verfahrensdauer bei acht Monaten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das Bundesamt in Zahlen 2011, Nürnberg 2011, S. 54). Die sich daraus ergebende nicht nur kurze Verweildauer des Einzelnen in der Unterkunft als seinem Lebensmittelpunkt - die dessen Schutzwürdigkeit bauplanungsrechtlich grundsätzlich erhöht - ist letztlich ausschlaggebend für die Einstufung der Nutzung als „wohnähnlich“ (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.04.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90, 140 zu einem Arbeitnehmerwohnheim als „Beherbergungsbetrieb“).
17 
(bb) Aus der Wohnähnlichkeit ihrer Nutzung folgt, dass eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber trotz der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) in einem Gewerbegebiet mangels ihrer Gebietsverträglichkeit nicht ausnahmsweise zulässig ist.
18 
Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 16; vgl. auch Urteile vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 19 und vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155 (158)). Hinsichtlich des Gebietstypus des Gewerbegebiets gilt, dass Bauvorhaben, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohn- oder wohnähnlichen Nutzung zu dienen bestimmt sind, mit dem Charakter eines Gewerbegebietes - abgesehen von gebietsakzessorischen Wohnnutzungen sonstiger Art - unvereinbar sind. Denn in Gewerbegebieten soll nicht gewohnt werden. Neben der Wohnnutzung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO kann allein ein sehr kurzfristiger, vorübergehender Aufenthaltszweck in Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig sein (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002, 1384 (1385)). Wohnähnliche Nutzungsformen sind daher regelmäßig abstrakt gebietsunverträglich.
19 
In Anwendung der vorstehenden Grundsätze erweist sich damit eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in einem Gewerbegebiet als nicht ausnahmsweise zulässig nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Nichts anderes gilt hier aufgrund der Festsetzung eines beschränkten Gewerbegebiets nach § 8 Abs. 4 BauNVO 1968. Denn auch ein derartiges Gebiet entspricht seiner allgemeinen Zweckbestimmung nach dem Typus eines Gewerbegebiets (BVerwG, Beschluss vom 15.04.1987 - 4 B 71.87 - NVwZ 1987, 970; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.03.1997 - 10 S 2815/96 - NVwZ 1999, 439 (440)). Aus dem Vorstehenden ergibt sich auch, dass die Rechtsauffassung des Beigeladenen nicht zutrifft, dass das Verwaltungsgericht es dem Hauptsacheverfahren überlassen müsse, die Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets zu klären. Denn bezogen auf die Zweckbestimmung des Gebiets nach § 8 BauNVO 1968 stellen sich keine nicht höchstrichterlich abschließend geklärten Fragen. Die Eigenart des konkreten Gewerbegebiets des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ ist für die typisierende Gebietsverträglichkeit der zugelassenen Nutzung nicht relevant, sondern erst bei der Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO.
20 
bb) Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet eine nachbarschützende Funktion (BVerwG, Urteile vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 und vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24; Senatsurteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - VBlBW 2008, 377), mit der Folge, dass eine rechtswidrige baurechtliche Zulassung einer Nutzungsart - so wie sehr wahrscheinlich hier - die anderen Grundstückseigentümer im Baugebiet auch in eigenen Rechten verletzt.
21 
c)Gegebenenfalls wird die Widerspruchsbehörde die im bisherigen Verfahren von keinem der Beteiligten erörterte Frage zu klären haben, ob die Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber nicht (teilweise) von der möglicherweise ursprünglich erteilten Baugenehmigung für ein Wohnheim mit umfasst und abgedeckt wird, sofern diese Baugenehmigung noch wirksam sein sollte. Dann käme es gegebenenfalls jedenfalls für einen Teil der Nutzung auf die Rechtmäßigkeit der hier gegenständlichen Baugenehmigung nicht an. Überdies ist zu berücksichtigen, dass für den Fall, dass bereits ursprünglich eine wohnähnliche Nutzung genehmigt worden sein sollte, sich dies möglicherweise auch auf die Schutzbedürftigkeit der Antragsteller zu 1 und 2 auswirken kann.
22 
d) Angesichts der nach dem Vorstehenden sehr wahrscheinlich rechtswidrigen und die Antragsteller in eigenen Rechten verletzenden Baugenehmigung kommen den privaten Interessen des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung nur geringe Gewichte zu. Die Interessen der Antragsteller an der Abwehr einer rechtswidrigen Nutzung des Grundstücks überwiegen deutlich. Soweit der Beigeladene ein überwiegendes öffentliches Interesse aus Art. 16a GG und der staatlichen Schutz- und Unterbringungspflicht für Asylbewerber einerseits und aus dem akuten Mangel an Unterbringungsmöglichkeiten andererseits herleiten will, vermag dies hier zu keiner anderen Würdigung zu führen. Der Vortrag bleibt pauschal und unsubstantiiert. Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigung müsste dem für die Unterbringung zuständigen Land Baden-Württemberg eine anderweitige Unterbringung der in der genehmigten Unterkunft wohnenden Flüchtlinge nicht möglich oder zumutbar sein, um dem Vollzugsinteresse dennoch den Vorrang einräumen zu können. Dafür ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass für den Fall eines tatsächlichen und erheblichen Mangels an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber gegebenenfalls an eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB gedacht werden könnte. Eine solche ist bislang aber nicht erteilt.
23 
2. Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 haben hingegen aus den dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, keinen Erfolg.
24 
a) Das Verwaltungsgericht hat sich zur Begründung seiner Auffassung zutreffend darauf gestützt, dass die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan nur zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet eine nachbarschützende Funktion zukommt (BVerwG, Urteile vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 (155) und vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24; Senatsurteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - VBlBW 2008, 377). Hiergegen wenden sich die Antragsteller zu 3 bis 5 mit dem Vortrag, dass es zwar stimme, dass ihnen ein Gebietserhaltungsanspruch nicht zukomme, mit der planungsrechtlichen Festsetzung „Industriegebiet“ die auf dem benachbarten Baugrundstück geplante wohnähnliche Nutzung unter dem Aspekt des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO aber nicht vereinbar sei. Nutzungen nach § 9 BauNVO seien außerhalb der in § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO geregelten Ausnahmen prinzipiell mit wohnähnlichen Nutzungen unvereinbar. Die Zulassung der wohnähnlichen Nutzung gefährde die bisherige Nutzung der Grundstücke der Antragsteller zu 4 und 5. Mit diesem Vortrag sind mögliche Erfolgsaussichten der Widersprüche dieser Antragsteller nicht dargetan. Denn allein der Umstand, dass die in einem festgesetzten Industriegebiet liegenden Grundstücke der Antragsteller zu 4 und 5 unmittelbar an das Grundstück des Beigeladenen angrenzen, sagt noch nichts über die behauptete Rücksichtslosigkeit der Nutzungsänderung aus. Die beiden Antragsteller behaupten zwar, die bisherige Grundstücksnutzung sei durch „die Zulassung der wohnähnlichen Nutzung gefährdet“. Dieser Vortrag ist jedoch unsubstantiiert. Weder im bisherigen behördlichen Verfahren bis zur Erteilung der Baugenehmigung noch im gerichtlichen Verfahren nach § 80a Abs. 3 und § 80 Abs. 5 VwGO haben die Antragsteller nämlich zu den auf ihren Grundstücken genehmigten Nutzungen konkret vorgetragen. Allein der Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren dazu verhalten, was mit Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hier aber nicht zugunsten der Antragsteller relevant sein kann. Damit verfehlt die Beschwerde die einzelfallbezogene Sichtweise, die das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot verlangt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314).
25 
Soweit die Beschwerde zutreffend darauf hinweist, das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise davon aus, dass das Grundstück der Antragstellerin zu 3 in einem festgesetzten Industriegebiet liege, führt dies ebenfalls zu keiner ihr günstigeren Entscheidung. Mit der Beschwerde wird nicht dargetan, was aus dem Umstand, dass das Grundstück in einem festgesetzten Gewerbegebiet - das nicht dasjenige ist, in dem sich das Grundstück des Beigeladenen befindet - folgen soll. Ein Gebietserhaltungsanspruch kommt der Antragstellerin zu 3 jedenfalls ebenso wie den Antragstellern zu 4 und 5 nicht zu.
26 
b) Im Übrigen weist der Senat jedoch für das Widerspruchsverfahren hinsichtlich der Antragsteller zu 4 und 5 auf folgende zwei Gesichtspunkte hin. Ausweislich der dem Senat vorliegenden Behördenakten hat der Antragsteller zu 4 als Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. ... (... Straße ...) zwar Widerspruch eingelegt. Jedoch finden sich von ihm keine innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der Angrenzerbenachrichtigung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 LBO erhobenen Einwendungen, so dass er aufgrund von § 55 Abs.2 Satz 2 LBO mit allen Einwendungen ausgeschlossen sein könnte. Insbesondere wird weder der Antragsteller zu 4 noch das Grundstück „... Straße ...“ im Einwendungsschreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2012 erwähnt. Auch die Antragstellerin zu 5 hat innerhalb der Vierwochenfrist keine in den Bauakten dokumentierten Einwendungen erhoben. Jedoch finden sich im Einwendungsschreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2012 Einwendungen einer „... GmbH“ bezogen auf das Grundstück ... Straße ... Hier könnte es sich um eine rechtlich unbeachtliche Falschbezeichnung der Antragstellerin zu 5 handeln, was gegebenenfalls aufzuklären wäre.
27 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 und 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.
28 
Da der Beigeladene mit seinem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, den Antragstellern zu 3 bis 5 anteilsmäßig die außergerichtlichen Kosten des insoweit obsiegenden Beigeladenen aufzuerlegen. Darüber hinaus tragen er und die Antragsgegnerin anteilig die Kosten des Verfahrens, soweit sie - nämlich bezogen auf die Antragsteller zu 1 und 2 - unterlegen sind.
29 
4. Die Streitwertfestsetzung und -abänderung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG und lehnt sich entsprechend der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. etwa Beschluss vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - juris Rn. 44) an die Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) an. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist bei der Drittanfechtung einer Baugenehmigung kein Raum für die Anwendung des § 52 Abs. 2 GKG. Da mit dem Vollzug der Nutzungsänderung keine vollendeten, unumkehrbaren Tatsachen geschaffen werden können, ist der Streitwert von 7.500 EUR - je betroffenem Grundstück - zu halbieren, so dass insgesamt ein Streitwert von 15.000,- EUR (4*3.750,- EUR) festzusetzen ist.
30 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

Tenor

Die Polizeiverordnung gegen umweltschädliches Verhalten, Belästigung der Allgemeinheit, zum Schutz der Grün- und Erholungsanlagen und über das Anbringen von Hausnummern (Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung) der Stadt ... vom 17.07.2012 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung der Antragsgegnerin vom 17.07.2012.
Er ist Eigentümer des Grundstücks in der ... in ... ... mit der Flurstücksnummer ... Es grenzt unmittelbar an den Kinderspielplatz Maisenbacher Straße und den Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße. Im Anschluss an das Flurstück ... befindet sich zunächst der Kinderspielplatz. Dahinter liegt, vom Kinderspielplatz durch einen etwa 50 cm hohen Erdwall getrennt, der Bolzplatz. Nach dem folgenden, von der Antragsgegnerin vorgelegten Vermessungsplan beträgt der Abstand des Bolzplatzes von der Grundstücksgrenze an der westlichen Grenze genau 50 m und an der nördlichen Grenze 57 m:
In der Polizeiverordnung vom 11.12.2001 bestimmte die Antragsgegnerin unter anderem:
㤠4
Lärm von Sport- und Spielplätzen
(1) Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, dürfen in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 7:00 Uhr und zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr nicht benutzt werden.
(2) Bei Sportplätzen bleiben die Vorschriften nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung, unberührt.“
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beriet - nach einer Vorberatung am 22.05.2012 - in öffentlicher Sitzung am 17.07.2012 eine Änderung dieser Polizeiverordnung. Grundlage war die Beratungsvorlage 24/2012-GR. In dieser ist ausgeführt, aufgrund von § 22 Abs. 1a BImSchG stellten Geräuscheinwirkungen durch Kinder bis unter 14 Jahren, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen ausgingen, in der Regel keine schädlichen Umwelteinwirkungen dar. Spiel- und Bolzplätze, die auch für Jugendliche ab 14 Jahren zur Benutzung freigegeben seien, würden von der Privilegierung nicht umfasst. Die Beratungsvorlage schlug eine Änderung der Polizeiverordnung vom 11.12.2001 dergestalt vor, dass im neuen § 4 auf ein Verzeichnis der öffentlichen Bolz- und Spielplätze Bezug genommen werde, das Bestandteil der Polizeiverordnung sei. Die Vorlage sah folgendes Verzeichnis der Kinderspielplätze und Bolzplätze vor:
In dem Protokoll über die Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012 ist zur Beratung unter anderem ausgeführt:
„Stadtrat ... äußert, dass die einheitlichen Regelungen der Kinderspielplätze auch für die Bolzplätze übernommen werden sollten. Eine einheitliche Regelung im ganzen Stadtgebiet sei zu befürworten. Auch solle die Durchgängigkeit der Zeiten der Kinderspielplätze für die Bolzplätze eingeführt werden.
10 
Hauptamtsleiter ... entgegnet auf die Anregung von Stadtrat ... bezüglich der einheitlichen Regelungen, dass diese im Falle des Bolzplatzes ‚Am Hährenwald‘ (ehemalige Tennisplätze) nicht möglich sei. Hier liegt bezüglich der festgelegten Zeiten ein gerichtlicher Vergleich vor.
11 
Nach weiterer kurzer Aussprache werden auf Antrag von Stadtrat ... die Zeiten für die Bolzplätze einheitlich von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr festgelegt.
12 
Bei 1 Enthaltung wird mit 21 Ja-Stimmen folgende Polizeiverordnung beschlossen:
13 
Aufgrund von § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und 18 Abs. 1 PolG (PolG) § 19 hat der Gemeinderat der Stadt... in öffentlicher Sitzung vom 17.07.2012 folgende
14 
POLIZEIVERORDNUNG
gegen umweltschädliches Verhalten, Belästigung der Allgemeinheit, zum Schutz der Grün- und Erholungsanlagen und über das Anbringen von Hausnummern (Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung)
15 
beschlossen:
16 
17 
§ 4
Lärm von Sport- und Spielstätten
18 
(1) Spielplätze sind die mit Spielgeräten ausgestatteten Kinderspielplätze, Bolzplätze und Ballspielfelder. Die Stadtverwaltung führt ein Verzeichnis der öffentlichen Bolz- und Spielplätze, das Bestandteil dieser Polizeiverordnung ist.
19 
(2) Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, sind während der im Verzeichnis festgelegten Öffnungszeiten zur Benutzung freigegeben. Diese Beschränkungen gelten nicht für Kinderspielplätze, d. h. Spielplätze deren Benutzung nur für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres zugelassen ist.
20 
(3) Bei Sportplätzen bleiben die Vorschriften nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung, unberührt.
21 
22 
§ 21
Inkrafttreten
23 
(1) Diese Polizeiverordnung tritt am Tage nach der öffentlichen Bekanntmachung in Kraft.
24 
(2) Gleichzeitig tritt die Polizeiverordnung vom 11. Dezember 2001 außer Kraft.
25 
Anlage 1: Verzeichnis der Kinderspiel- und Bolzplätze“
26 
In der Kopie der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012, die in dem von der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgang enthalten ist, ist der beschlossene Text der Anlage 1 zur Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung nicht aufgeführt. Nach dem von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Original der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012 hat die Anlage 1 zur Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung folgenden Wortlaut:
27 
Die Anlage in dieser Form hat dem Gemeinderat nach der Erklärung der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung bei der Beschlussfassung am 17.07.2012 nicht vorgelegen, sondern ist im Anschluss an diese nachträglich gefertigt worden.
28 
Der Bürgermeister der Antragsgegnerin hat am 18.07.2012 die am 17.07.2012 vom Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossene Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung unterschrieben. Die Antragsgegnerin hat diese mit Schriftsatz vom 05.09.2013 als Ausfertigung im Original vorgelegt. Als Anlage ist dort das Verzeichnis der Kinderspielplätze und Bolzplätze aufgeführt, wie es Gegenstand der Beratungsvorlage 24/2012-GR war. Auf den gerichtlichen Hinweis vom 08.10.2013, dass Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausfertigung und der ordnungsgemäßen Bekanntmachung der Verordnung bestünden, hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 16.10.2013 vorgetragen, bei der mit Schriftsatz vom 05.09.2013 vorgelegten Verordnung sei versehentlich als Anlage 1 das Verzeichnis der Kinderspiel- und Bolzplätze der Beratungsvorlage 24/2012-GR angefügt worden. In der mündlichen Verhandlung hat die Antragsgegnerin erklärt, die mit Schriftsatz vom 05.09.2013 vorgelegte Anlage B 2 sei die Ausfertigung der Verordnung im Original.
29 
Im Stadtboten der Antragsgegnerin, der ihr Amtsblatt ist, wurde in der Ausgabe vom 27.07.2012 die am 17.07.2012 beschlossene Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung bekannt gemacht. Die Bekanntmachung enthält einen nicht näher ausgeführten "Hinweis auf § 4 Abs. 4 GemO“. Das „Verzeichnis der Öffnungszeiten Kinderspielplätze und Bolzplätze“ lautet in dieser Bekanntmachung wie folgt:
30 
Nach Fotos, die der Antragsteller vorgelegt hat, ist der Kinderspielplatz Maisenbacher Straße jedenfalls durch drei grüngrundige Schilder ausgewiesen. Eines enthält den Text: „Spielplatz für Kinder unter 14 Jahren. Geöffnet von 8 - 20 Uhr", ein weiteres zusätzlich zu diesem Text darunter einen roten Streifen mit den Worten: „Geöffnet von 8.00 bis 13.00 Uhr und 15.00 bis 20.00 Uhr.“ Ein drittes Schild lautet: „Spielplatz für Kinder unter 14 Jahren. Mittagsruhe 13 - 15 Uhr. Abendruhe ab 20 Uhr.“ Der Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße ist ausweislich der vom Antragsteller vorgelegten Fotos jedenfalls durch ein grüngrundiges Schild mit dem Text: „Bolzplatz für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre" und darunter einem roten Streifen mit den Worten: „Geöffnet von 8.00 bis 13.00 Uhr und 15.00 bis 20.00 Uhr“ beschildert.
31 
Der Antragsteller wendet sich gegen die Regelungen der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung zum Kinderspielplatz Maisenbacher Straße und zum Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße. Nach den Festsetzungen des Bebauungsplans liege das Flurstück ... in einem allgemeinen Wohngebiet. Die Flächen des Kinderspiel- und Bolzplatzes seien nicht überplant. Der Kinderspiel- und Bolzplatz sei planungsrechtlich nicht genehmigt. Die Grenzwerte der TA Lärm von 55 dB (A) tagsüber würden durch den Bolzplatz überschritten. Er wende sich gegen die Regelung der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung zum Bolzplatz, weil die Benutzungsregelung für den Kinderspielplatz auf den Bolzplatz erstreckt worden sei, obwohl dieser von Jugendlichen genutzt werde und daher an der Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG nicht teilnehme. Zudem wende er sich gegen die Regelung der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung zum Kinderspielplatz. Es sei eine gleichheitswidrige Differenzierung der Öffnungszeiten und Altersbeschränkungen für die verschiedenen Kinderspielplätze getroffen worden. Die Spielplätze Stadtsee (Nr. 4 des Verzeichnisses) und Am Dorfzentrum (Nr. 18 des Verzeichnisses) seien für Kinder über zwölf Jahre gesperrt. Eine sachliche Rechtfertigung für die Differenzierung fehle. Für seinen Antrag bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis. Wenn bei einer Nichtigkeit der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung die Polizeiverordnung vom 11.12.2001 wieder auflebe, würden die dort vorgesehenen zeitlichen Beschränkungen gelten. Sei dies nicht der Fall, würden jedenfalls die Regelungen durch die aufgestellten Schilder, die Verwaltungsakte seien, wieder aufleben.
32 
Der Antragsteller beantragt:
33 
Die Polizeiverordnung der Stadt ... gegen umweltschädliches Verhalten, Belästigung der Allgemeinheit, zum Schutz der Grün- und Erholungsanlagen und über das Anbringen von Hausnummern (Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung) vom 17.07.2012, bekanntgemacht am 27.07.2012, in Kraft getreten am 01.08.2012, ist unwirksam.
34 
Die Antragsgegnerin beantragt,
35 
den Antrag abzulehnen.
36 
Der Antrag sei bereits unzulässig, da das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der Antragsteller könne durch den Antrag keinen Vorteil erzielen, da bei der Nichtigkeit der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung grundsätzlich eine Benutzung der Anlagen rund um die Uhr erlaubt wäre. Eine Verbesserung seiner rechtlichen Situation ergebe sich auch nicht bei einem Wiederaufleben der Satzung vom 11.12.2001. Diese regele in § 4 Abs. 1, dass Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt seien, zu bestimmten Zeiten nicht benutzt werden dürften. Der Bolzplatz falle hierunter jedoch nicht, da er nicht weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt liege. Für die Regelung zu den Kinderspielplätzen fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis, da - wie der Antragsteller selbst einräume - diese im Hinblick auf § 22 Abs. 1 a BImSchG sachlich nicht angreifbar sei. Eine Antragsbefugnis des Antragstellers nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO könne im Übrigen nur hinsichtlich der Regelung in § 4 Abs. 2 der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung in Verbindung mit Nr. 23 des Verzeichnisses der Öffnungszeiten Sport- und Spielplätze bestehen. Der Antrag sei auch unbegründet. Der Bolzplatz sei mit Datum vom 30.06.1986 genehmigt worden. Im Vergleich zu Kinderspielplätzen liege bei dem streitigen Bolzplatz kein gleicher Sachverhalt vor. Die Öffnungszeiten bezüglich der Bolzplätze seien einheitlich von 8:00 bis 22:00 Uhr geregelt, mit Ausnahme des Bolzplatzes in Monakam. Dafür bestehe ein sachlich gerechtfertigter Grund. Es handele sich ursprünglich um Tennishartplätze des früheren Ferienparks Monakam. Der Bolzplatz sei mit einem etwa 3 m hohen Gitterzaun umgrenzt. Beim Spielen des Platzes träfen Bälle auf den Gitterzaun auf. Aufgrund des Untergrunds und des Gitterzauns aus Metall sei es naheliegend gewesen, die Nutzungszeiten weitergehend einzuschränken. Beim streitigen Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße handele es sich lediglich um eine grüne Wiese, auf der zwei Tore aufgestellt seien. Ballfanggitter oder ein lärmintensiver Untergrund seien nicht vorhanden.
37 
Der Landkreis ... hat mit Schreiben an die Antragsgegnerin vom 18.06.2013 diese darauf hingewiesen, dass die in § 4 der Umweltschutz-Verordnung festgelegten Regelungen für die Benutzung von Spielplätzen positiv festgesetzt worden und daher von der Ermächtigungsgrundlage des § 10 PolG nicht gedeckt seien.
38 
Hinsichtlich des Bolzplatzes Monakam Am Hährenwald ist ein Verfahren wegen Untersagung der Nutzung als Bolzplatz unter 10 S 68/11 am Verwaltungsgerichtshof anhängig, an dem der Antragsteller nicht beteiligt ist. Das Verfahren ruht seit dem 13.06.2013.
39 
Dem Senat liegt die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin (1 Heft) vor.

Entscheidungsgründe

 
40 
1. Der Antrag ist zulässig.
41 
a) Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
42 
b) Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (vgl. Senatsurteile vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - ESVGH 60, 65 = VBlBW 2010, 29, und - 1 S 2340/08 - ESVGH 60, 125 = VBlBW 2010, 33). Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden können. Beim Erlass der angegriffenen untergesetzlichen Rechtsnorm muss demnach die Heranziehung von Rechtssätzen in Betracht kommen, die zumindest auch dem Schutz der Interessen von Personen in der rechtlichen Situation des Antragstellers zu dienen bestimmt sind. Maßgeblich ist, ob nach der gesetzlichen Ermächtigung oder nach den das Ermessen des Normgebers steuernden Abwägungsdirektiven Belange der von dem Antragsteller geltend gemachten Art bei der Normsetzung zu berücksichtigen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2012 - 10 S 406/10 - ESVGH 63, 70 = VBlBW 2013, 27, m.w.N.).
43 
Dies ist hier der Fall. Immissionen, die der Anwendung der angegriffenen Rechtsnorm zuzuordnen sind und den Antragsteller mehr als nur unerheblich beeinträchtigen, sind zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung geeignet (vgl. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 47 Rn. 254). Im Hinblick auf die Regelungen zum Bolzplatz für Jugendliche, für die die Privilegierung des § 22 Abs. 1 a BImSchG nicht gilt (vgl. BT-Drucks. 17/4836, S. 6), ist eine Verletzung der Rechte des Antragstellers, durch Lärm nicht unzumutbar beeinträchtigt zu werden, möglich. Zudem hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin, wie sich insbesondere den Protokollen zu den Gemeinderatssitzungen vom 22.05.2012 und 17.07.2012 entnehmen lässt, bei der Regelung auch die Belange der Anlieger, den Schutz der Mittagsruhe und die Immissionsrichtwerte der TA Lärm diskutiert und damit zumindest hinsichtlich der Bolzplätze eine Regelung auch zum Schutz der betroffenen Nachbarn, deren Interessen die Grenzwerte der TA Lärm auch dienen, getroffen. Hinsichtlich des Kinderspielplatzes ist eine Rechtsverletzung des Antragstellers ebenfalls nicht ausgeschlossen. Aufgrund der unterschiedlichen Altersregelungen für Spielplätze erscheint die Verletzung des Antragstellers in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG möglich. § 22 Abs. 1a BImSchG, wonach von Kinderspielplätzen hervorgerufene Geräuscheinwirkungen im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung sind, steht der Antragsbefugnis des Antragstellers nicht entgegen. Die Norm ist nach dem Willen des Gesetzgebers eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung (vgl. BT-Drucks. 17/4836, S. 7). Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen durch Kinder ist nach § 22 Abs. 1a BImSchG nicht auf Immissionsgrenz- und -richtwerte technischer Regelwerke abzustellen. Der Gesetzgeber fordert bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen eine strikte Einzelfallbetrachtung. So wird ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen von Kinderspielplätzen ausgehende Geräuschimmissionen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht schlechterdings ausgeschlossen. Als eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung ermöglicht die Vorschrift für besondere Ausnahmesituationen eine einzelfallbezogene Prüfung, ob selbst bei Zugrundelegung eines weiten Maßstabs noch erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen angenommen werden können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.06.2013 - 7 B 1.13 - juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.03.2012 - 10 S 2428/11 - NVwZ 2012, 837; a.A. wohl OVG NRW, Beschl. v. 13.03.2013 - 7 A 1404/12 - juris Rn. 3).
44 
c) Für den Antrag besteht auch ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse.
45 
Ein Normenkontrollantrag, der darauf gerichtet ist, die durch Polizeiverordnung festgesetzte Nutzungsbeschränkung für nichtig zu erklären, und das Ziel hat, eine weitergehende Beschränkung zu erreichen, ist wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig, wenn der Antragsteller durch die Nichtigerklärung keine Verbesserung seiner Rechtsposition erreichen kann. Denn die Frage, ob, wann und in welchem Umfang der Spielbetrieb auf Spiel- und Bolzplätzen zulässig ist, bestimmt sich in erster Linie aus dem Zweck der öffentlichen Einrichtung, wie er durch Widmung zum Ausdruck gebracht wurde, und im Weiteren durch die allgemeinen Gesetze. Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auf die Ermächtigung des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG gestützt. Eine Polizeiverordnung darf danach nur erlassen werden, um von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und um Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Auf dieser Grundlage kann folglich keine Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung in der Weise erfolgen, dass abschließende positive Nutzungszeiten der Einrichtung festgesetzt werden. Vielmehr können nur Nutzungen zu bestimmten Zeiten verboten werden (vgl. Senatsbeschluss vom 27.09.1999 - 1 S 1226/99 - NVwZ 2000, 457; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2012, a.a.O.). Mit der durch einen Normenkontrollantrag erstrebten Beseitigung einer solchen Beschränkung dürften die genannten Anlagen also grundsätzlich „rund um die Uhr“ benutzt werden, es sei denn andere gesetzliche Regelungen schränkten dies ein. Ein Antragsteller kann mit einer solchen Normenkontrolle keine Verbesserung seiner Rechtsposition erreichen, so dass es an dem Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Anders liegt es jedoch, wenn bei einer Ungültigkeit der angegriffenen Polizeiverordnung die Vorgängerregelung wieder auflebt (vgl. dazu nur VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.1992 - 5 S 173/91 - NuR 1993, 323) und diese für den Antragsteller zumindest teilweise günstiger ist (vgl. Senatsbeschluss vom 27.09.1999, a.a.O.). Dann ist nicht auszuschließen, dass die gerichtliche Entscheidung für den Rechtsschutzsuchenden ggfs. von Nutzen sein kann, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.09.1997 - 4 BN 17.97 - NVwZ 1998, 613; Beschl. v. 07.03.2002 - 4 BN 60.01 - NVwZ 2002, 869).
46 
Dies ist hier zu bejahen. Im Falle der Nichtigkeit der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung vom 17.07.2012 gilt wieder die mit dieser Verordnung aufgehobene Polizeiverordnung der Antragsgegnerin vom 11.12.2001. Diese lebt dann wieder auf. Dem steht § 17 PolG, wonach Polizeiverordnungen spätestens 20 Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft treten, nicht entgegen, da seit Inkrafttreten der Polizeiverordnung vom 11.12.2001 20 Jahre noch nicht vergangen sind. Nach § 4 Abs. 1 dieser Vorgängerregelung durften Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 7:00 Uhr und zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr nicht benutzt werden. Die Regelung ist für den Antragsteller bereits deswegen günstiger, da die Benutzung des Spielplatzes Maisenbacher Straße und des Bolzplatzes Beinberg Maisenbacher Straße - anders als nach der neuen Regelung, die zumindest in der Zeit zwischen dem 1. April und dem 31. Oktober keine Mittagsruhe vorsieht - zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr verboten war. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Wohnbebauung des Antragstellers 50 m und mehr vom Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße entfernt ist. Denn zum Kinderspielplatz Maisenbacher Straße besteht eine deutlich geringere Entfernung als 50 m.
47 
2. Der Antrag ist auch begründet.
48 
Gegenstand der Prüfung ist die Verordnung insgesamt. Der Verwaltungsgerichtshof muss die Gültigkeit einer Norm, die zulässig nach § 47 Abs. 2 VwGO angegriffen wurde, grundsätzlich umfassend prüfen und ggfs. für unwirksam erklären. Denn das Verfahren der Normenkontrolle dient nicht nur dem subjektiven Rechtsschutz, sondern stellt zugleich ein Verfahren der objektiven Rechtskontrolle dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695, 696). Die Vorschrift des § 88 VwGO gilt zwar auch im Normenkontrollverfahren; danach ist das Normenkontrollgericht an die Anträge gebunden. Ein Ausgreifen über die beanstandete Vorschrift hinaus auf weitere Bestimmungen derselben Rechtsnorm aus denselben Gründen ist grundsätzlich nicht zulässig. Das setzt aber voraus, dass eine beschränkte Antragstellung sachdienlich ist. Sachdienlich ist eine Beschränkung auf einen Teil einer Norm nur dann, wenn die Norm teilbar ist. Eine Ausnahme gilt jedoch hinsichtlich der Bestimmungen, die unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 139 BGB abtrennbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.2005, a.a.O.; Urt. v. 02.08.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
49 
Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist nicht wirksam erlassen. Sie ist zudem weder ordnungsgemäß ausgefertigt noch ordnungsgemäß bekannt gemacht. Die Verordnung ist daher bereits nicht formell wirksam geworden (a). Sie ist zudem auch materiell nicht wirksam (b). Die Unwirksamkeit erfasst die gesamte Verordnung (c).
50 
a) aa) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist bereits nicht wirksam erlassen, weil innerhalb der Gemeinde nicht das zuständige Organ gehandelt hat. Für den Erlass von Polizeiverordnungen ist bei der Ortspolizeibehörde nach § 13 Satz 2 PolG i.V.m. § 44 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 GemO der Bürgermeister zuständig. Polizeiverordnungen der Ortspolizeibehörde, die länger als einen Monat gelten sollen, bedürfen der Zustimmung des Gemeinderats (§ 15 Abs. 2 PolG). Diese Vorschriften sind hier nicht eingehalten worden. Ein Erlass der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung durch den Bürgermeister und eine nachfolgende Zustimmung zur Polizeiverordnung durch den Gemeinderat ist nicht erfolgt. Vielmehr hat auf eine Beratungsvorlage der Gemeindeverwaltung hin der Gemeinderat die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung in der Sitzung vom 17.07.2012 beschlossen.
51 
bb) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auch nicht wirksam ausgefertigt worden. Nach Art. 63 Abs. 2 LV werden Rechtsverordnungen von der Stelle, die sie erlässt, ausgefertigt und, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, im Gesetzblatt verkündet. Für die ordnungsgemäße Ausfertigung ist erforderlich, dass die erlassende Behörde das Original der Polizeiverordnung mit vollem Text mit der Unterschrift des Behördenleiters oder seines ständigen Vertreters und mit Amtsbezeichnung und Datum versieht und bei den Akten aufbewahrt. Die Ausfertigung schafft die Originalurkunde, die zugleich Grundlage und Voraussetzung der Verkündung ist. Sie bestätigt die Authentizität des Norminhalts und die Legalität des Verfahrens (vgl. nur Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 12 Rn. 10, m.w.N.)
52 
Es ist bereits zweifelhaft, was der Gemeinderat am 17.07.2012 beschlossen hat. Die Formulierung des Protokolls („Nach weiterer kurzer Aussprache…“) legt nahe, dass der Gemeinderat für alle Bolzplätze, auch für den Bolzplatz Monakam Am Hährenwald, eine Öffnungszeit von 8.00 bis 22.00 beschlossen hat. Dies kann jedoch offen bleiben. Auch wenn der Gemeinderat - wovon die Antragsgegnerin offenbar ausgeht - beschlossen haben sollte, für den Bolzplatz Monakam Am Hährenwald Öffnungszeiten von 8:00 bis 20:00 Uhr für die Tage Montag bis Samstag und von 9:00 bis 13:00 Uhr sowie 15:00 bis 20:00 an Sonn- und Feiertagen festzulegen, fehlt es an einer ordnungsgemäßen Ausfertigung der beschlossenen Verordnung. Denn in jedem Fall weist die Ausfertigung der Satzung vom 18.07.2012 nicht aus, was der Gemeinderat beschlossen hat. Die Ausfertigung führt für die Bolzplätze die Benutzungszeiten aus der Anlage 3 zur Beratungsvorlage 24/2012-GR an, die der Gemeinderat nach dem Protokoll sicher nicht beschlossen hat. Die Ausfertigung gibt daher nicht den Willen des Gemeinderatsbeschlusses wieder. Sie ist damit unwirksam.
53 
Der Ausfertigungsmangel führt zur Nichtigkeit der Verordnung. Da die Ausfertigung einer Verordnung Voraussetzung für deren ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung ist, haben ihr Fehlen oder wesentliche Mängel der Ausfertigung ihre Ungültigkeit zur Folge (vgl. Belz/Mußmann, PolG BW, 7. Aufl., § 12 Rn. 17; für kommunale Satzungen: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.11.1988 - 2 S 1140/87 - NVwZ-RR 1989, 267, 269; Beschl. v. 27.08.1992 - 2 S 909/90 - juris Rn. 24; Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl., Rn. 144).
54 
cc) Die Verordnung ist auch nicht wirksam bekannt gemacht worden. Nach § 5 VerkG werden Rechtsverordnungen der Gemeinden in der für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen bestimmten Form verkündet. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 GemO sind Satzungen öffentlich bekannt zu machen. Öffentliche Bekanntmachungen können nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DVOGemO, soweit keine sondergesetzlichen Bestimmungen bestehen, durch Einrückung in das eigene Amtsblatt der Gemeinde durchgeführt werden. Satzungen sind nach § 1 Abs. 2 Satz 1 DVOGemO mit ihrem vollen Wortlaut bekanntzumachen.
55 
Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist danach nicht wirksam verkündet. Die Beratungsvorlage enthielt im Verzeichnis der Kinderspielplätze und Bolzplätze eine Anmerkung (1) zur Altersbeschränkung für Kinderspielplätze, wonach die angegebenen Altersbegrenzungen nicht für Aufsichtspersonen von Kindern gelten. Nach dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012 hat der Gemeinderat insoweit an der Verwaltungsvorlage nichts geändert, mithin diese Anmerkung beschlossen. Diese Anmerkung ist in der Bekanntmachung im Amtsblatt vom 27.07.2012 in der Spaltenüberschrift enthalten, der Text der Anmerkung ist in der Bekanntmachung jedoch nicht enthalten. Die Verkündung verstößt daher gegen Art. 63 Abs. 2 LV, § 5 VerKG, § 4 Abs. 3 Satz 1 GemO, § 1 Abs. 2 Satz 1 DVOGemO, wonach Rechtsverordnungen der Gemeinden in ihrem vollen Wortlaut bekannt zu machen sind.
56 
Der Verkündungsmangel führt ebenfalls zur Nichtigkeit der Verordnung. Der wirksame Erlass einer Rechtsverordnung setzt deren ordnungsgemäße öffentliche Verkündung voraus. Diese ist eine zwingende Voraussetzung für die Gültigkeit der Polizeiverordnung (vgl. Belz/Mußmann, a.a.O., § 12 Rn. 19). Fehlt die Verkündung oder leidet sie an wesentlichen Mängeln, so führt dies zur Ungültigkeit der Rechtsverordnung (vgl. Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134; für Satzungen: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.11.1988, a.a.O.; Beschl. v. 27.08.1992, a.a.O.; Gern, a.a.O., Rn. 144)
57 
b) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auch materiell unwirksam. Es fehlt an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Auf der Grundlage der Ermächtigung des § 10 Abs. 1 Satz 1 PolG i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG kann - wie ausgeführt - keine Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung in der Weise erfolgen, dass abschließende positive Nutzungszeiten der Einrichtung festgesetzt werden. Zulässig sind auf dieser Grundlage nur Regelungen zur Beschränkung der Benutzung einer öffentlichen Einrichtung. Solche liegen hier nicht vor. § 4 Abs. 2 Satz 1 der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung regelt ausdrücklich, dass Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, während der im Verzeichnis festgelegten Öffnungszeiten zur Benutzung freigegeben sind. Das Verzeichnis Öffnungszeiten Kinderspielplätze und Bolzplätze bestimmt, wie die Spaltenüberschriften eindeutig zeigen, Öffnungszeiten. Diese Regelungen können daher nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Benutzung der öffentlichen Einrichtungen in den Zeiten, in denen diese nicht zur Benutzung freigegeben sind, verboten sein sollen. Vielmehr handelt es sich um Benutzungsregelungen, die auf dieser Rechtsgrundlage nicht erlassen werden können.
58 
c) Der Verstoß gegen § 13 Satz 2 PolG sowie der Ausfertigungsmangel und der Bekanntmachungsmangel erfassen die Verordnung insgesamt. Insofern scheidet eine Teilbarkeit der Verordnung aus. Die Verordnung ist daher insgesamt unwirksam.
59 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe, die Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
60 
Beschluss vom 24. Oktober 2013
61 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
40 
1. Der Antrag ist zulässig.
41 
a) Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
42 
b) Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (vgl. Senatsurteile vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - ESVGH 60, 65 = VBlBW 2010, 29, und - 1 S 2340/08 - ESVGH 60, 125 = VBlBW 2010, 33). Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden können. Beim Erlass der angegriffenen untergesetzlichen Rechtsnorm muss demnach die Heranziehung von Rechtssätzen in Betracht kommen, die zumindest auch dem Schutz der Interessen von Personen in der rechtlichen Situation des Antragstellers zu dienen bestimmt sind. Maßgeblich ist, ob nach der gesetzlichen Ermächtigung oder nach den das Ermessen des Normgebers steuernden Abwägungsdirektiven Belange der von dem Antragsteller geltend gemachten Art bei der Normsetzung zu berücksichtigen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2012 - 10 S 406/10 - ESVGH 63, 70 = VBlBW 2013, 27, m.w.N.).
43 
Dies ist hier der Fall. Immissionen, die der Anwendung der angegriffenen Rechtsnorm zuzuordnen sind und den Antragsteller mehr als nur unerheblich beeinträchtigen, sind zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung geeignet (vgl. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 47 Rn. 254). Im Hinblick auf die Regelungen zum Bolzplatz für Jugendliche, für die die Privilegierung des § 22 Abs. 1 a BImSchG nicht gilt (vgl. BT-Drucks. 17/4836, S. 6), ist eine Verletzung der Rechte des Antragstellers, durch Lärm nicht unzumutbar beeinträchtigt zu werden, möglich. Zudem hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin, wie sich insbesondere den Protokollen zu den Gemeinderatssitzungen vom 22.05.2012 und 17.07.2012 entnehmen lässt, bei der Regelung auch die Belange der Anlieger, den Schutz der Mittagsruhe und die Immissionsrichtwerte der TA Lärm diskutiert und damit zumindest hinsichtlich der Bolzplätze eine Regelung auch zum Schutz der betroffenen Nachbarn, deren Interessen die Grenzwerte der TA Lärm auch dienen, getroffen. Hinsichtlich des Kinderspielplatzes ist eine Rechtsverletzung des Antragstellers ebenfalls nicht ausgeschlossen. Aufgrund der unterschiedlichen Altersregelungen für Spielplätze erscheint die Verletzung des Antragstellers in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG möglich. § 22 Abs. 1a BImSchG, wonach von Kinderspielplätzen hervorgerufene Geräuscheinwirkungen im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung sind, steht der Antragsbefugnis des Antragstellers nicht entgegen. Die Norm ist nach dem Willen des Gesetzgebers eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung (vgl. BT-Drucks. 17/4836, S. 7). Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen durch Kinder ist nach § 22 Abs. 1a BImSchG nicht auf Immissionsgrenz- und -richtwerte technischer Regelwerke abzustellen. Der Gesetzgeber fordert bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen eine strikte Einzelfallbetrachtung. So wird ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen von Kinderspielplätzen ausgehende Geräuschimmissionen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht schlechterdings ausgeschlossen. Als eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung ermöglicht die Vorschrift für besondere Ausnahmesituationen eine einzelfallbezogene Prüfung, ob selbst bei Zugrundelegung eines weiten Maßstabs noch erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen angenommen werden können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.06.2013 - 7 B 1.13 - juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.03.2012 - 10 S 2428/11 - NVwZ 2012, 837; a.A. wohl OVG NRW, Beschl. v. 13.03.2013 - 7 A 1404/12 - juris Rn. 3).
44 
c) Für den Antrag besteht auch ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse.
45 
Ein Normenkontrollantrag, der darauf gerichtet ist, die durch Polizeiverordnung festgesetzte Nutzungsbeschränkung für nichtig zu erklären, und das Ziel hat, eine weitergehende Beschränkung zu erreichen, ist wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig, wenn der Antragsteller durch die Nichtigerklärung keine Verbesserung seiner Rechtsposition erreichen kann. Denn die Frage, ob, wann und in welchem Umfang der Spielbetrieb auf Spiel- und Bolzplätzen zulässig ist, bestimmt sich in erster Linie aus dem Zweck der öffentlichen Einrichtung, wie er durch Widmung zum Ausdruck gebracht wurde, und im Weiteren durch die allgemeinen Gesetze. Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auf die Ermächtigung des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG gestützt. Eine Polizeiverordnung darf danach nur erlassen werden, um von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und um Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Auf dieser Grundlage kann folglich keine Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung in der Weise erfolgen, dass abschließende positive Nutzungszeiten der Einrichtung festgesetzt werden. Vielmehr können nur Nutzungen zu bestimmten Zeiten verboten werden (vgl. Senatsbeschluss vom 27.09.1999 - 1 S 1226/99 - NVwZ 2000, 457; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2012, a.a.O.). Mit der durch einen Normenkontrollantrag erstrebten Beseitigung einer solchen Beschränkung dürften die genannten Anlagen also grundsätzlich „rund um die Uhr“ benutzt werden, es sei denn andere gesetzliche Regelungen schränkten dies ein. Ein Antragsteller kann mit einer solchen Normenkontrolle keine Verbesserung seiner Rechtsposition erreichen, so dass es an dem Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Anders liegt es jedoch, wenn bei einer Ungültigkeit der angegriffenen Polizeiverordnung die Vorgängerregelung wieder auflebt (vgl. dazu nur VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.1992 - 5 S 173/91 - NuR 1993, 323) und diese für den Antragsteller zumindest teilweise günstiger ist (vgl. Senatsbeschluss vom 27.09.1999, a.a.O.). Dann ist nicht auszuschließen, dass die gerichtliche Entscheidung für den Rechtsschutzsuchenden ggfs. von Nutzen sein kann, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.09.1997 - 4 BN 17.97 - NVwZ 1998, 613; Beschl. v. 07.03.2002 - 4 BN 60.01 - NVwZ 2002, 869).
46 
Dies ist hier zu bejahen. Im Falle der Nichtigkeit der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung vom 17.07.2012 gilt wieder die mit dieser Verordnung aufgehobene Polizeiverordnung der Antragsgegnerin vom 11.12.2001. Diese lebt dann wieder auf. Dem steht § 17 PolG, wonach Polizeiverordnungen spätestens 20 Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft treten, nicht entgegen, da seit Inkrafttreten der Polizeiverordnung vom 11.12.2001 20 Jahre noch nicht vergangen sind. Nach § 4 Abs. 1 dieser Vorgängerregelung durften Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 7:00 Uhr und zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr nicht benutzt werden. Die Regelung ist für den Antragsteller bereits deswegen günstiger, da die Benutzung des Spielplatzes Maisenbacher Straße und des Bolzplatzes Beinberg Maisenbacher Straße - anders als nach der neuen Regelung, die zumindest in der Zeit zwischen dem 1. April und dem 31. Oktober keine Mittagsruhe vorsieht - zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr verboten war. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Wohnbebauung des Antragstellers 50 m und mehr vom Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße entfernt ist. Denn zum Kinderspielplatz Maisenbacher Straße besteht eine deutlich geringere Entfernung als 50 m.
47 
2. Der Antrag ist auch begründet.
48 
Gegenstand der Prüfung ist die Verordnung insgesamt. Der Verwaltungsgerichtshof muss die Gültigkeit einer Norm, die zulässig nach § 47 Abs. 2 VwGO angegriffen wurde, grundsätzlich umfassend prüfen und ggfs. für unwirksam erklären. Denn das Verfahren der Normenkontrolle dient nicht nur dem subjektiven Rechtsschutz, sondern stellt zugleich ein Verfahren der objektiven Rechtskontrolle dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695, 696). Die Vorschrift des § 88 VwGO gilt zwar auch im Normenkontrollverfahren; danach ist das Normenkontrollgericht an die Anträge gebunden. Ein Ausgreifen über die beanstandete Vorschrift hinaus auf weitere Bestimmungen derselben Rechtsnorm aus denselben Gründen ist grundsätzlich nicht zulässig. Das setzt aber voraus, dass eine beschränkte Antragstellung sachdienlich ist. Sachdienlich ist eine Beschränkung auf einen Teil einer Norm nur dann, wenn die Norm teilbar ist. Eine Ausnahme gilt jedoch hinsichtlich der Bestimmungen, die unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 139 BGB abtrennbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.2005, a.a.O.; Urt. v. 02.08.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
49 
Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist nicht wirksam erlassen. Sie ist zudem weder ordnungsgemäß ausgefertigt noch ordnungsgemäß bekannt gemacht. Die Verordnung ist daher bereits nicht formell wirksam geworden (a). Sie ist zudem auch materiell nicht wirksam (b). Die Unwirksamkeit erfasst die gesamte Verordnung (c).
50 
a) aa) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist bereits nicht wirksam erlassen, weil innerhalb der Gemeinde nicht das zuständige Organ gehandelt hat. Für den Erlass von Polizeiverordnungen ist bei der Ortspolizeibehörde nach § 13 Satz 2 PolG i.V.m. § 44 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 GemO der Bürgermeister zuständig. Polizeiverordnungen der Ortspolizeibehörde, die länger als einen Monat gelten sollen, bedürfen der Zustimmung des Gemeinderats (§ 15 Abs. 2 PolG). Diese Vorschriften sind hier nicht eingehalten worden. Ein Erlass der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung durch den Bürgermeister und eine nachfolgende Zustimmung zur Polizeiverordnung durch den Gemeinderat ist nicht erfolgt. Vielmehr hat auf eine Beratungsvorlage der Gemeindeverwaltung hin der Gemeinderat die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung in der Sitzung vom 17.07.2012 beschlossen.
51 
bb) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auch nicht wirksam ausgefertigt worden. Nach Art. 63 Abs. 2 LV werden Rechtsverordnungen von der Stelle, die sie erlässt, ausgefertigt und, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, im Gesetzblatt verkündet. Für die ordnungsgemäße Ausfertigung ist erforderlich, dass die erlassende Behörde das Original der Polizeiverordnung mit vollem Text mit der Unterschrift des Behördenleiters oder seines ständigen Vertreters und mit Amtsbezeichnung und Datum versieht und bei den Akten aufbewahrt. Die Ausfertigung schafft die Originalurkunde, die zugleich Grundlage und Voraussetzung der Verkündung ist. Sie bestätigt die Authentizität des Norminhalts und die Legalität des Verfahrens (vgl. nur Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 12 Rn. 10, m.w.N.)
52 
Es ist bereits zweifelhaft, was der Gemeinderat am 17.07.2012 beschlossen hat. Die Formulierung des Protokolls („Nach weiterer kurzer Aussprache…“) legt nahe, dass der Gemeinderat für alle Bolzplätze, auch für den Bolzplatz Monakam Am Hährenwald, eine Öffnungszeit von 8.00 bis 22.00 beschlossen hat. Dies kann jedoch offen bleiben. Auch wenn der Gemeinderat - wovon die Antragsgegnerin offenbar ausgeht - beschlossen haben sollte, für den Bolzplatz Monakam Am Hährenwald Öffnungszeiten von 8:00 bis 20:00 Uhr für die Tage Montag bis Samstag und von 9:00 bis 13:00 Uhr sowie 15:00 bis 20:00 an Sonn- und Feiertagen festzulegen, fehlt es an einer ordnungsgemäßen Ausfertigung der beschlossenen Verordnung. Denn in jedem Fall weist die Ausfertigung der Satzung vom 18.07.2012 nicht aus, was der Gemeinderat beschlossen hat. Die Ausfertigung führt für die Bolzplätze die Benutzungszeiten aus der Anlage 3 zur Beratungsvorlage 24/2012-GR an, die der Gemeinderat nach dem Protokoll sicher nicht beschlossen hat. Die Ausfertigung gibt daher nicht den Willen des Gemeinderatsbeschlusses wieder. Sie ist damit unwirksam.
53 
Der Ausfertigungsmangel führt zur Nichtigkeit der Verordnung. Da die Ausfertigung einer Verordnung Voraussetzung für deren ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung ist, haben ihr Fehlen oder wesentliche Mängel der Ausfertigung ihre Ungültigkeit zur Folge (vgl. Belz/Mußmann, PolG BW, 7. Aufl., § 12 Rn. 17; für kommunale Satzungen: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.11.1988 - 2 S 1140/87 - NVwZ-RR 1989, 267, 269; Beschl. v. 27.08.1992 - 2 S 909/90 - juris Rn. 24; Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl., Rn. 144).
54 
cc) Die Verordnung ist auch nicht wirksam bekannt gemacht worden. Nach § 5 VerkG werden Rechtsverordnungen der Gemeinden in der für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen bestimmten Form verkündet. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 GemO sind Satzungen öffentlich bekannt zu machen. Öffentliche Bekanntmachungen können nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DVOGemO, soweit keine sondergesetzlichen Bestimmungen bestehen, durch Einrückung in das eigene Amtsblatt der Gemeinde durchgeführt werden. Satzungen sind nach § 1 Abs. 2 Satz 1 DVOGemO mit ihrem vollen Wortlaut bekanntzumachen.
55 
Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist danach nicht wirksam verkündet. Die Beratungsvorlage enthielt im Verzeichnis der Kinderspielplätze und Bolzplätze eine Anmerkung (1) zur Altersbeschränkung für Kinderspielplätze, wonach die angegebenen Altersbegrenzungen nicht für Aufsichtspersonen von Kindern gelten. Nach dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012 hat der Gemeinderat insoweit an der Verwaltungsvorlage nichts geändert, mithin diese Anmerkung beschlossen. Diese Anmerkung ist in der Bekanntmachung im Amtsblatt vom 27.07.2012 in der Spaltenüberschrift enthalten, der Text der Anmerkung ist in der Bekanntmachung jedoch nicht enthalten. Die Verkündung verstößt daher gegen Art. 63 Abs. 2 LV, § 5 VerKG, § 4 Abs. 3 Satz 1 GemO, § 1 Abs. 2 Satz 1 DVOGemO, wonach Rechtsverordnungen der Gemeinden in ihrem vollen Wortlaut bekannt zu machen sind.
56 
Der Verkündungsmangel führt ebenfalls zur Nichtigkeit der Verordnung. Der wirksame Erlass einer Rechtsverordnung setzt deren ordnungsgemäße öffentliche Verkündung voraus. Diese ist eine zwingende Voraussetzung für die Gültigkeit der Polizeiverordnung (vgl. Belz/Mußmann, a.a.O., § 12 Rn. 19). Fehlt die Verkündung oder leidet sie an wesentlichen Mängeln, so führt dies zur Ungültigkeit der Rechtsverordnung (vgl. Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134; für Satzungen: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.11.1988, a.a.O.; Beschl. v. 27.08.1992, a.a.O.; Gern, a.a.O., Rn. 144)
57 
b) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auch materiell unwirksam. Es fehlt an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Auf der Grundlage der Ermächtigung des § 10 Abs. 1 Satz 1 PolG i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG kann - wie ausgeführt - keine Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung in der Weise erfolgen, dass abschließende positive Nutzungszeiten der Einrichtung festgesetzt werden. Zulässig sind auf dieser Grundlage nur Regelungen zur Beschränkung der Benutzung einer öffentlichen Einrichtung. Solche liegen hier nicht vor. § 4 Abs. 2 Satz 1 der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung regelt ausdrücklich, dass Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, während der im Verzeichnis festgelegten Öffnungszeiten zur Benutzung freigegeben sind. Das Verzeichnis Öffnungszeiten Kinderspielplätze und Bolzplätze bestimmt, wie die Spaltenüberschriften eindeutig zeigen, Öffnungszeiten. Diese Regelungen können daher nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Benutzung der öffentlichen Einrichtungen in den Zeiten, in denen diese nicht zur Benutzung freigegeben sind, verboten sein sollen. Vielmehr handelt es sich um Benutzungsregelungen, die auf dieser Rechtsgrundlage nicht erlassen werden können.
58 
c) Der Verstoß gegen § 13 Satz 2 PolG sowie der Ausfertigungsmangel und der Bekanntmachungsmangel erfassen die Verordnung insgesamt. Insofern scheidet eine Teilbarkeit der Verordnung aus. Die Verordnung ist daher insgesamt unwirksam.
59 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe, die Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
60 
Beschluss vom 24. Oktober 2013
61 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. Juli 2009 - 5 K 628/09 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,-- Euro festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 07.10.2008 in Gestalt der Baugenehmigung vom 09.04.2009 zum Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit vier Wohneinheiten, einer Büroeinheit sowie einer Tiefgarage anzuordnen, abgelehnt, weil nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung die angefochtene Baugenehmigung keine Rechte der Antragsteller verletzt. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts keinen Anlass.
1. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass das Vorhaben der Beigeladenen nicht zu Lasten der Antragsteller § 5 Abs. 2 Satz 2 LBO verletzt. Nach dieser Vorschrift dürfen Abstandsflächen auch auf öffentlichen Verkehrsflächen liegen, bei beidseitig anbaubaren Flächen jedoch nur bis zu deren Mitte. Die Antragsteller machen in diesem Zusammenhang geltend, dass die vor dem Vorhaben teilweise auf der ... - einer beidseitig anbaubaren öffentlichen Verkehrsfläche im Sinne der genannten Vorschrift - liegenden Abstandsflächen mit den Bezeichnungen AF 3 bis 5 die Mittellinie der ... überschritten und damit gegen § 5 Abs. 2 Satz 2 LBO verstießen.
Dieses Vorbringen führt nicht zu einem Erfolg der Beschwerde. Dabei bedarf es keiner abschließenden Klärung der Frage, ob und in welchem Umfang die genannten Abstandsflächen die ... über die Mittellinie hinaus in Anspruch nehmen. Denn nach § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO ist nicht die gesamte Tiefe der Abstandsfläche nachbarschützend, sondern lediglich ein bestimmter Teil hiervon. Im Falle des Vorhabens der Beigeladenen beträgt der nachbarschützende Teil 0,4 der Wandhöhe (§ 5 Abs. 7 Satz 3 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 LBO). Der danach nachbarschützende Teil der Abstandsflächen vor dem Vorhaben der Beigeladenen erreicht die Mittellinie der ... nicht; anderes macht auch die Beschwerde selbst nicht geltend.
Entgegen der Auffassung der Beschwerde wird das Ausmaß der Ansprüche des Nachbarn hinsichtlich der Tiefe der einzuhaltenden Abstandsflächen auch nicht durch § 5 Abs. 2 Satz 2 LBO erweitert. Die Antragsteller meinen, sie könnten als Nachbarn eine Überschreitung der Mittellinie einer öffentlichen Verkehrsfläche auch insoweit geltend machen, als diese Mittellinie nicht vom nachbarschützenden Teil der Abstandsfläche, sondern nur von deren in objektiv-rechtlicher Hinsicht einzuhaltenden Tiefe (§ 5 Abs. 7 Satz 1 LBO) erreicht wird. Darin ist den Antragstellern nicht zu folgen (im Ergebnis ebenso VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 24.02.1992 - 3 S 3026/91 - VBlBW 1992, 295). Ihre Auffassung findet im Gesetz keine Stütze, denn § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO legt den nachbarschützenden Teil der Abstandsflächen fest, ohne dabei zwischen bestimmten Typen von Abstandsflächen zu unterscheiden. Namentlich eine Differenzierung des Umfangs des Nachbarschutzes von Abstandsflächen auf privaten Grundstücken einerseits und auf öffentlichen Verkehrsflächen andererseits, wie sie die Antragsteller wohl für richtig halten, lässt sich dem Gesetzeswortlaut ebenso wenig entnehmen wie den Materialien zu den Vorschriften der Landesbauordnung über die nachbarschützende Tiefe der Abstandsflächen (vgl. LT-Drucks. 9/1067). Angesichts dieser Sonderregelungen der Landesbauordnung führt die von der Beschwerde erwähnte Auslegung der Abstandsflächenvorschriften anderer Länder in der Rechtsprechung der für das jeweilige Landesrecht zuständigen Oberverwaltungsgerichte nicht zu einem anderen Ergebnis. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, weshalb der aus den Abstandsflächenvorschriften folgende Nachbarschutz zugunsten der Eigentümer von Grundstücken, die an eine öffentliche Verkehrsfläche angrenzen, weiter reichen sollte als die Rechtsposition der Eigentümer anderer Grundstücke.
2. Eine Verletzung von Rechten der Antragsteller folgt auch nicht daraus, dass die Baugenehmigung unter Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) von den Baulinien, die in den Bebauungsplänen Nr. 2 und 15 der Antragsgegnerin aus den Jahren 1901 und 1906 festgesetzt wurden, erteilt worden ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass die in diesen Plänen festgesetzten Baulinien keine nachbarschützende Wirkung zugunsten der Antragsteller entfalten (a) und die von der Antragsgegnerin erteilte Befreiung das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt (b).
a) Die genannten Baulinien entfalten keine Schutzwirkung zugunsten der Antragsteller. Grundsätzlich dienen Baulinien oder Baugrenzen öffentlichen Belangen, und es bedarf besonderer Anhaltspunkte dafür, dass sie über die städtebaulichen Gesichtspunkte hinaus Rechte des Nachbarn schützen sollen. Derartige Anhaltspunkte für eine nachbarschützende Wirkung von Baugrenzen oder Baulinien können sich regelmäßig hinsichtlich der seitlichen oder hinteren Baugrenze zugunsten des an derselben Grundstücksseite liegenden Nachbarn ergeben. Denn zu dem an derselben Grundstücksseite liegenden Nachbarn wird ein nachbarrechtliches Austauschverhältnis begründet, das zur gegenseitigen Rücksichtnahme und zur wechselseitigen Beachtung der festgesetzten Baulinien oder Baugrenzen verpflichtet. Das gilt aber nicht für eine vordere, straßenseitige Baulinie oder Baugrenze. Dieser kommt lediglich die Funktion zu, die Anordnung der Gebäude zur Straße aus städtebaulichen Gründen zu gestalten. Einer vorderen, straßenseitigen Baugrenze oder Baulinie kommt daher regelmäßig keine nachbarschützende Wirkung zu. Nur dann, wenn aus dem Bebauungsplan im Einzelfall zu entnehmen ist, dass mit der Baulinien- oder Baugrenzenfestsetzung - auch - ein nachbarschaftliches Austauschverhältnis begründet und nach dem Willen des Ortsgesetzgebers ein gegenseitiges Verhältnis der Rücksichtnahme geschaffen werden sollte, kann einer vorderen, straßenseitigen Baugrenze oder Baulinie nachbarschützende Wirkung beizumessen sein (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.10.1999 - 5 S 2014/99 - VBlBW 2000, 112). Anhaltspunkte für eine derartige Zielsetzung der hier maßgeblichen Baulinien sind nicht erkennbar. Für die von den Antragstellern angenommene Schutzwirkung der Baulinien zugunsten ihres Grundstücks fehlen nachvollziehbare Anhaltspunkte in den Bebauungsplänen Nr. 2 und 15. Soweit die Antragsteller die Auffassung vertreten, diese Baulinien sollten jedenfalls zum Teil eine freie Sichtbeziehung von Gebäuden auf ihrem Grundstück ermöglichen, handelt es sich um Vermutungen ohne gesicherte tatsächliche Grundlage, zumal die Bebauungspläne Nr. 2 und 15 keine baulichen Anlagen auf dem Grundstück der Antragsteller erkennen lassen. Vielmehr ist - wie die Antragsgegnerin unwidersprochen vorgetragen hat - das erste Gebäude auf dem Grundstück der Antragsteller im Jahre 1909 genehmigt worden, so dass die Annahme einer Schutzwirkung der Baulinien zugunsten von Gebäuden auf dem Grundstück der Antragsteller fern liegt.
b) Soweit die Antragsgegnerin von den in Rede stehenden, nicht nachbarschützenden Festsetzungen eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt hat, erfolgte dies nicht unter Verstoß gegen eine gerade dem Schutz der Antragsteller dienende Rechtsvorschrift. Anhaltspunkte hierfür lassen sich der Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), nicht entnehmen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat der Nachbar bei der Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans über den Anspruch auf Würdigung nachbarlicher Interessen hinaus keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.07.1998 - 4 B 64.98 - NVwZ-RR 1999, 8 m.w.N.). Das damit den rechtlichen Maßstab bildende Rücksichtnahmegebot ist durch die Erteilung der Befreiung nicht verletzt worden. Dass diese zu einer Gefährdung des Grundstücks der Antragsteller durch einen Einsturz der Platane auf dem Grundstück der Beigeladenen führen könnte, stellt lediglich eine Vermutung der Antragsteller dar; abgesehen davon könnte eine derartige Verletzung des Eigentums der Antragsteller - worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist - allenfalls zivilrechtliche Ansprüche gegen die Beigeladene begründen.
Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot folgt auch nicht daraus, dass den Antragstellern durch die Realisierung des Vorhabens eine Fläche entzogen würde, die - wie sie meinen - abstandsflächenrechtlich als Teil ihres Grundstücks anzusehen ist. Dies leiten sie daraus ab, dass ihrer Auffassung nach durch die Befreiung im Bereich der ... eine beidseitig anbaubare Verkehrsfläche im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 LBO entstehe und sie deswegen bei einem Vorhaben auf ihrem Grundstück mit der Abstandsfläche die Straßenmitte nicht überschreiten dürften. Abgesehen von der Frage, ob es sich bei der derzeit in keiner Weise konkretisierten Möglichkeit, mit einer Anbaufläche die gesamte öffentliche Verkehrsfläche in Anspruch nehmen zu können, überhaupt um eine schutzwürdige und im Rahmen des Rücksichtnahmegebots berücksichtigungsfähige bodenordnungsrechtliche Rechtsposition handelt, stellt die Verschlechterung der Möglichkeit, eine öffentliche Verkehrsfläche mit Abstandsflächen in Anspruch zu nehmen, deswegen keine unzumutbare Belastung dar, weil etwaige Härten im Hinblick auf die notwendige Tiefe der Abstandsflächen vor einem zukünftigen Vorhaben der Antragsteller im Wege einer Entscheidung nach § 6 Abs. 4 oder § 56 LBO ausgeglichen werden könnten.
3. Die angefochtene Baugenehmigung verletzt ferner keine subjektiven Rechte der Antragsteller aus § 34 Abs. 1 BauGB. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Baugenehmigung gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstieße. Doch pflichtet der Senat dem Verwaltungsgericht darin bei, dass das Vorhaben der Beigeladenen mit den rechtlichen Anforderungen des Rücksichtnahmegebots auch über die bereits unter 2. erörterten Aspekte hinaus im Einklang steht. Dabei verkennt der Senat nicht, dass das Vorhaben im Hinblick auf die Maßzahlen der baulichen Nutzung die entsprechenden Werte der vorhandenen Bebauung überschreiten mag. Allein dies führt jedoch noch nicht zu einer Rücksichtslosigkeit des Vorhabens gegenüber den Antragstellern. Eine solche liegt auch aus Sicht des Senats deswegen nicht vor, weil zwischen dem Vorhaben und dem Gebäude auf dem Grundstück der Antragsteller auch nach deren Angaben ein Abstand von mindestens zehn Metern liegt. Hinzu kommt, dass sich das Vorhaben nicht direkt gegenüber dem Gebäude auf dem Grundstück der Antragsteller befindet und dass das Gebäude der Antragsteller etwas höher liegt als das Vorhaben der Beigeladenen. Die Gesamtbetrachtung dieser Umstände führt dazu, dass eine erdrückende Wirkung oder eine sonstige Unzumutbarkeit des Vorhabens zu Lasten der Antragsteller nicht feststellbar ist.
10 
4. Eine Verletzung eigener Rechte der Antragsteller folgt auch nicht - über das Rücksichtnahmegebot hinaus - daraus, dass die Baugenehmigung gegen eine Verpflichtung zum Erhalt der Platane auf dem Grundstück der Beigeladenen verstieße.
11 
a) Insoweit teilt der Senat zunächst die erheblichen Zweifel des Verwaltungsgerichts an der Existenz eines subjektiven öffentlichen Rechts der Antragsteller, das auf den Erhalt der Platane bezogen wäre. So lässt sich zunächst nicht feststellen, dass mit der Verpflichtungserklärung der Antragsgegnerin vom 06.05.1981, die gegenüber dem Regierungspräsidium Tübingen abgegeben wurde, oder dem im Jahre 1982 abgeschlossenen Vergleich zwischen der Antragsgegnerin und verschiedenen Anwohnern der ... und ... Rechte gerade der Antragsteller begründet werden sollten, die als von der Antragsgegnerin nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften der Erteilung der Baugenehmigung entgegenstehen könnten. Dazu bedarf es keiner Entscheidung der vom Senat (Urteil vom 22.05.2000 - 8 S 314/00 - NuR 2001, 583) schon bisher offen gelassenen Frage, ob zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO auch Pflichten aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag oder einer Verpflichtungserklärung, wie sie die Antragsgegnerin gegenüber dem Regierungspräsidium Tübingen abgegeben hat, gehören. Denn jedenfalls ist den genannten Vereinbarungen ein auf die Begründung eines Anspruchs gerade der Antragsteller auf Erhalt der Platane, der gegebenenfalls die Versagung einer Baugenehmigung für ein Vorhaben auf dem Grundstück der Beigeladenen einschlösse, nicht zu entnehmen. Der Wortlaut dieser Vereinbarungen gibt hierfür - wie das Verwaltungsgericht ausführlich und zutreffend dargelegt hat - ebenso wenig einen Anhaltspunkt wie sonstige Umstände. Soweit die Antragsteller auf die Umstände bei der Errichtung des Bürgerzentrums „Graf-Zeppelin-Haus“ hinweisen, mag es sich dabei um Motive der seinerzeit Betroffenen handeln; eine rechtliche Bindung der Antragsgegnerin zu Lasten der Beigeladenen folgt daraus nicht.
12 
b) Nichts anderes folgt aus den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. ... „Uferstraße West und Uferzentrum“ der Beigeladenen vom 24. März 1980. Nach Nr. 7 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen dieses Plans sind zwar die in den Plan eingetragenen Einzelbäume, zu denen auch die Platane gehört, zu erhalten oder bei Abgang durch gleichartige Bäume zu ersetzen. Nicht ersichtlich ist jedoch, dass diese, auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 25b BBauG ergangene Festsetzung Nachbarschutz zugunsten der Antragsteller entfalten würde. Anhaltspunkte hierfür, die sich aus dem Plan selbst oder seiner Begründung ergeben könnten, zeigt auch die Beschwerdebegründung nicht auf.
13 
Unabhängig davon ist die Antragsgegnerin auch ihren aus der erwähnten Festsetzung jedenfalls in objektiv-rechtlicher Hinsicht folgenden Pflichten nachgekommen. Denn die Beigeladene ist von der Antragsgegnerin mit der Baugenehmigung verpflichtet worden, die im gutachtlichen Erläuterungsbericht vom 27.09.2008 geforderten Maßnahmen zum Schutz und zur nachhaltigen Sicherung des Baumes „zwingend umzusetzen“. Damit ist der sich aus dem Bebauungsplan ergebenden Erhaltungspflicht Genüge getan. Dass die Antragsteller die danach gebotenen Maßnahmen für nicht ausreichend erachten, steht der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nicht entgegen. Es ist weder dargelegt noch erkennbar, woraus sich eine Pflicht der Antragsgegnerin zur Anordnung gerade der von den Antragstellern für richtig gehaltenen Maßnahmen ergeben könnte, zumal das Bauplanungsrecht nur ausnahmsweise einen Planvollziehungsanspruch gewährt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.01.2009 - 5 S 149/08, ESVGH 59, 181).
14 
5. Soweit die Antragsteller ein fehlendes Sachbescheidungsinteresse der Beigeladenen geltend machen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass daraus eine Verletzung eigener Rechte der Antragsteller folgen könnte.
15 
6. Einer Entscheidung über den Hilfsantrag der Antragsteller bedarf es nicht. Dieser ist nur für den Fall einer „isolierten Weitergeltung“ der unter dem 07.10.2008 erteilten Baugenehmigung gestellt. Hiervon ist indessen aus den von den Antragstellern selbst dargelegten Gründen nicht auszugehen; vielmehr wird diese früher erteilte Baugenehmigung durch die Genehmigung vom 09.04.2009 ergänzt und modifiziert. Die Baugenehmigung soll ersichtlich nur in dieser Gestalt, die sie durch den Bescheid vom 09.04.2009 gefunden hat, rechtlich wirksam sein.
16 
Die Kostenentscheidung folgt aus den § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
17 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für eine bereits errichtete Werbetafel.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flst. Nr. 12359 (... Straße 11) der Gemarkung Karlsruhe, auf dem eine Tankstelle betrieben wird. Die Tankstelle wird von der ... Straße aus angefahren; auf dem Tankstellengrundstück befinden sich - in unmittelbarem Anschluss an die Straßenfläche - u.a der Einfahrtspfeil zur Tankstelle und das Preisschild.
Am 30.07.2008 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer beleuchteten Werbeanlage auf dem benachbarten - nördlich an das Tankstellengrundstück angrenzenden - Grundstück Flst. Nr. 981/1 (...ring 12), das sowohl vom ...ring her als auch - auf seiner Südostseite - von der ... Straße her erschlossen ist und an diese angrenzt. Bei der Werbeanlage handelt sich um eine sog. Mega-Light-Wechsleranlage mit den Abmessungen 3806 X 2846 mm, die in einer Höhe von ca. 2,5 m auf einem Monofuß errichtet werden soll. Sie bietet Raum für großflächige, hinterleuchtete Plakate im Format 18/1 (9 qm). Als Standort der Anlage ist in den Genehmigungsunterlagen die äußerste südöstlichste Ecke des Grundstücks Flst. Nr. 981/1, unmittelbar an der Grundstücksgrenze zum Tankstellengrundstück der Klägerin und zur ... Straße hin, vorgesehen.
Sowohl das Baugrundstück als auch das Grundstück der Klägerin liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 476 „Kirchfeld“ der ehemals selbständigen Gemeinde ... in der Fassung vom 19.03.1963, der im betreffenden Bereich ein Gewerbegebiet festsetzt. Nach § 2 des Satzungstextes zum Gewerbegebiet gilt für die „Einhaltung der Baulinien und der hinteren Baugrenze der am 07.03.1961 gefertigte Fluchtlinienplan“, welcher in Bezug auf das Baugrundstück Flst. Nr. 981/1 eine „hintere Bauflucht (Baugrenze für Wohn- und Nebengebäude)“ festsetzt. Nach § 5 des Satzungstextes zum Gewerbegebiet darf „der Bauwich 3,00 m nicht unterschreiten“.
Mit Bescheid vom 29.10.2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung zunächst mit der Begründung ab, dem Vorhaben stünden Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 476 „Kirchfeld“ entgegen, weil die Werbeanlage deutlich vor der Baugrenze errichtet werden solle und dort auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden könne. Außerdem führe sie zu einer bauordnungsrechtlichen Verunstaltung. Gegen diesen Bescheid erhob die Beigeladene am 06.11.2008 Widerspruch und errichtete die Werbeanlage an dem beantragten Standort. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 15.07.2009 half die Beklagte dem Widerspruch ab und erteilte die begehrte Baugenehmigung. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Werbeanlage nach § 6 Abs. 6 Ziffer 2 LBO in der Abstandsfläche zulässig sei, da sie zwar eine Höhe von 2,5 m überschreite, die fiktive Wandfläche jedoch unterschreite, mithin nicht beide Maße kumulativ überschritten seien. Infolgedessen könne die Anlage gem. § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO auch auf nichtüberbaubaren Grundstücksflächen zugelassen werden. Der der Behörde in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensspielraum sei hier aufgrund der in der näheren Umgebung anzutreffenden Nutzungen außerhalb des festgesetzten Baubereichs deutlich reduziert.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.08.2009 Widerspruch. Zur Begründung bezog sie sich zunächst auf die ihrer Ansicht nach richtigen Ausführungen der Beklagten in dem Ablehnungsbescheid vom 29.10.2008. Zu der im Bescheid vom 15.07.2009 gegebenen Begründung führte sie ergänzend aus, die Werbeanlage sei schon bauordnungsrechtlich nicht zulässig, weil sie als einzige kommerzielle Werbeanlage dieser Größe am konkreten Standort verunstaltend wirke. Mit in der Umgebung vorhandenen Werbeanlagen sei sie nicht vergleichbar. Aus diesem Grunde sei auch die bauplanungsrechtliche Argumentation der Beklagten nicht überzeugend. Mit Bescheid vom 25.03.2010 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück. Zwar überschreite die Werbeanlage die im Bebauungsplan festgelegte (vordere) Baugrenze; diese Baugrenze vermittle der Klägerin aber keinen Nachbarschutz. Im Übrigen sei der Verstoß durch die erteilte Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB geheilt. Die Befreiungsvoraussetzungen lägen vor; nachbarliche Interessen der Klägerin würden nicht beeinträchtigt, insbesondere sei nicht davon auszugehen, dass die Werbeanlage zu einer übermäßigen Behinderung der Sicht auf die Tankstelle führe. Die Vorschriften des Baugestaltungsrechts hätten ebenfalls keine nachbarschützende Wirkung; bauordnungsrechtliche Abstandsvorschriften seien nicht verletzt.
Am 26.04.2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, die Werbeanlage sei bauplanungsrechtlich unzulässig, da sie sich außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenze befinde. Eine Genehmigung habe nicht ausnahmsweise gem. § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO erteilt werden dürfen. Die Beklagte sei zu Unrecht von einer Ermessensreduzierung auf null ausgegangen. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang angeführten Vergleichsfälle seien mit der in Rede stehenden Werbetafel nicht vergleichbar. Da die Vorschrift des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO eine nachbarschützende Komponente enthalte, könne eine fehlerhafte Ermessensentscheidung vom Nachbarn auch dann gerügt werden, wenn die jeweilige Festsetzung der Baugrenze im Bebauungsplan selbst nicht nachbarschützend sei. Vorliegend habe auch die vordere Baugrenze drittschützenden Charakter, da mit ihrer Festsetzung eine aufgelockerte Bauweise gewährleistet werden solle, die auch den Nachbarn zugutekomme. Ferner verstoße die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot nach § 15 Abs. 1 BauNVO. Die Klägerin sei als unmittelbare Angrenzerin besonders von der Anlage betroffen. Die großen Werbeplakate wirkten vom Grundstück der Klägerin aus wie eine Wand und versperrten die Sicht auf die Vorgärten. Diese störende und aufdringliche Wirkung werde dadurch verstärkt, dass die Werbeplakate rollierten und nachts beleuchtet seien. Die Werbeanlage sei bauordnungsrechtlich unzulässig. Sie verunstalte die Umgebung und verstoße gegen §11 Abs. 1 LBO. Die bunten Werbeschilder zerstörten den ansonsten ruhigen Eindruck der Umgebung, die einem Wohngebiet entspreche. Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide verwiesen.
Mit Urteil vom 12.04.2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat sein Urteil wie folgt begründet: Die in Streit stehende Werbetafel verletze keine nachbarschützenden Bestimmungen des Bauordnungsrechts. § 5 Abs. 1 LBO finde aufgrund der in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO normierten Privilegierung keine Anwendung. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien erfüllt. Bei der Werbetafel handele es sich auch landesrechtlich um eine bauliche Anlage (§ 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 LBO), die kein Gebäude sei (§ 2 Abs. 2 LBO). Zwar solle sie höher als 2,5 m ausgeführt werden, ihre Wandfläche betrage aber - selbst bei Berücksichtigung des Monofußes - nicht mehr als 25 qm. Für die Berechnung sei lediglich die tatsächlich vorhandene Wandfläche maßgeblich. Eine fiktive Fläche, die sich unter Berücksichtigung des Luftraumes unter der eigentlichen Fläche des Monofußes ergebe, sei nicht zu berechnen. Dahinstehen könne, ob dem Vorhaben das Verunstaltungsverbot des § 11 LBO entgegen stehe, da es sich insoweit nicht um eine drittschützende Vorschrift handele. Die Werbeanlage verstoße auch nicht gegen drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts. Maßgeblich für die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit seien die Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplans Nr. 476 „Kirchfeld“. Aufgrund der dort ausgewiesenen Baugrenze sei die Werbeanlage an der Stelle, an der sich errichtet worden sei, grundsätzlich unzulässig; nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO könnten bauliche Anlagen jedoch auf nichtüberbaubaren Grundstücksflächen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig seien oder zugelassen werden könnten. Mit ihrer Ermessensentscheidung nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO habe die Beklagte hier eine Überschreitung der hinteren Baugrenze zugelassen, welche jedoch keine nachbarschützende Wirkung zugunsten der Klägerin entfalte. Aus den Festsetzungen des Bebauungsplans selbst ergäben sich keine Anhaltspunkte dahingehend, dass die Baugrenze den Interessen der Nachbarn zu dienen bestimmt sei; insbesondere die in § 15 der Satzung statuierte Genehmigungspflicht für Werbe-einrichtungen lasse diesen Schluss nicht zu. Baugrenzen oder Baulinien würden in der Regel nur aus städtebaulichen Gründen festgesetzt. Besondere Anhaltspunkte für eine nachbarschützende Wirkung ergäben sich regelmäßig nur hinsichtlich seitlicher Baugrenzen zugunsten des an derselben Grundstücksseite liegenden Nachbarn, weil durch die Festsetzung solcher Baugrenzen bei unmittelbar aneinander liegenden Grundstücken ein nachbarrechtliches Austauschverhältnis begründet werde, das zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichte. Diese Erwägungen gälten aber nicht für die hier in Rede stehende vordere, straßenseitige Baugrenze und zwar unabhängig davon, ob sie in dem Bebauungsplan zu Recht als „hintere“ Baugrenze deklariert werde. Es sei schließlich auch kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu erkennen. Nach den Feststellungen der Kammer vor Ort beeinträchtige die Werbetafel das Grundstück der Klägerin nicht unzumutbar.
Mit Beschluss vom 04.08.2011 (5 S 1561/11) hat der Senat auf Antrag der Klägerin die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen, weil das Verwaltungsgericht die Vorschrift des § 5 des Bebauungsplans Nr. 46 „Kirchfeld“ (Gewerbegebiet), wonach der Bauwich 3,00 m nicht unterschreiten darf, ungeprüft gelassen habe und insofern ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung bestünden.
10 
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin vor: Zu Unrecht sei das Verwaltungsgericht zu der Auffassung gelangt, dass die Werbeanlage als bauliche Anlage nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO in der Abstandsfläche zulässig sei. Die Werbeanlage weise eine Gesamthöhe von 5,541 m auf und überschreite damit das in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO vorausgesetzte Höhenmaß von maximal 2,5 m. Zu Unrecht berufe sich das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Auffassung, nur eines der in der Vorschrift genannten Maße müsse erfüllt sein um die Werbeanlage zulassen zu können, auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 13.03.2008 - 8 S 15/07 -. Es habe übersehen, dass diese Entscheidung zu § 5 Abs. 9 LBO a.F. und damit zu einer völlig anderen Fassung der Vorschrift ergangen sei. Nach § 5 Abs. 9 LBO a.F. seien bauliche Anlagen, die keine Gebäude seien, in der Abstandsfläche zulässig, wenn sie höher als 2,5 m seien und ihre Wandfläche mehr als 25 qm betrage. Die im vorliegenden Fall anzuwendende Vorschrift - § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO in der aktuellen Fassung - sei aber anders formuliert. Nach ihr seien bauliche Anlagen, die keine Gebäude seien, in den Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen sowie ohne eigene Abstandsflächen nur zulässig, soweit sie nicht höher als 2,5 m seien oder ihre Wandfläche nicht mehr als 25 qm betrage. Durch die Einfügung des Wörtchens „soweit“ sei nunmehr eindeutig klargestellt, dass eine Genehmigung dann nicht in Betracht komme, wenn die bauliche Anlage - hier die streitgegenständliche Werbeanlage - entweder höher als 2,5 m sei oder eine größere Wandfläche als 25 qm aufweise. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verletze das Vorhaben hier auch drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts. Der Bebauungsplan setze in § 6 (Gewerbegebiet) i.V.m. der Planzeichnung eine vordere Bauflucht (rot), eine hintere Bauflucht (blau) und eine Straßenflucht (schwarz) fest und treffe - in § 5 (Gewerbegebiet) - eine Regelung zum Bauwich. Lege man diese Regelungen nach dem Willen des Satzungsgebers im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung über den Plan aus, so komme man zu dem Ergebnis, dass er zwischen der roten vorderen Bauflucht und der Straßenflucht keine Bebauung habe zulassen wollen mit Ausnahme der Zapfsäulen der damals bereits vorhandenen Tankstelle. Gleichzeitig sollten im Bauwich überhaupt keine baulichen Anlagen errichtet werden dürfen. Genau aus diesem Grund sei auch festgesetzt (§ 6 Abs. 2 des Bebauungsplans - Gewerbegebiet -), dass Nebengebäude außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen nicht errichtet werden dürften. Der Satzungsgeber habe damit in der konkreten Situation gerade auch zum Schutze der Grundstücke Flst. Nrn. 981/1 und 991 eine Regelung zur Freihaltung von jeglicher Bebauung treffen wollen, zumal die Festlegung einer seitlichen Baugrenze mit Blick auf die vorhandene Bestandsbebauung auf den genannten Grundstücken nicht in Betracht gekommen sei. Das Verwaltungsgericht habe ferner nicht beachtet, dass die Klägerin richtigerweise eine Prüfung verlangen könne, ob die Regelungen des Bebauungsplans objektivrechtlich eingehalten seien. Die Beschränkung des Überprüfungsrechts auf sog. nachbarschützende Normen führe dazu, dass der rechtssuchende Bürger keinerlei Möglichkeit habe, dafür Sorge zu tragen, dass gesetzliche Bestimmungen auch tatsächlich eingehalten würden. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 12.05.2011 - C-115/09 - hätte dem Verwaltungsgericht Veranlassung geben müssen, seine gegenteilige Rechtsauffassung zu überdenken. Dort habe der EuGH dargelegt, die Mitgliedstaaten müssten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicherstellen, dass auch objektive Rechtsverletzungen im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens geltend gemacht werden könnten. Schließlich habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots gesehen. Die Werbetafel sei deutlich höher als das Tankstellendach und nehme - besonders von der Straße aus - den Blick auf die Tankstelle. Zu berücksichtigen sei, dass es nicht um ein legitimes Interesse des Eigentümers des Grundstücks 981/1 gehe, wenn dort eine Werbetafel aufgestellt werde. Denn sie diene nicht dem Zweck, auf ein dort betriebenes Gewerbeunternehmen aufmerksam zu machen, sondern ausschließlich der Fremdwerbung. Fremdwerbung stehe aber in keinerlei Bezug zum Gewerbegebiet, wohingegen die Tankstelle diesen Bezug aufweise. Die Errichtung einer Hinweistafel auf die Tankstelle und die entsprechende werbliche Herausstellung des Tankstellendachs dienten folglich - anders als die streitgegenständliche Werbeanlage - ebenfalls der Zielsetzung des Gewerbegebiets. Aus diesem Grund sei die Werbeanlage nach der BauNVO 1962 zudem als solche überhaupt nicht zulässig. Denn weder handele es sich bei der Werbeanlage selbst um einen Gewerbebetrieb noch stehe sie - vergleichbar einem Nebengebäude - in funktionalem Zusammenhang mit einem Gewerbebetrieb, der auf einem Grundstück des Plangebiets vorhanden sei.
11 
Die Klägerin beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12.04.2011 abzuändern und die Baugenehmigung der Stadt Karlsruhe vom 15.07.2009 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.03.2010 aufzuheben.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Zur Begründung trägt sie vor: Anders als es der Wortlaut der alten Fassung der LBO noch nahegelegt habe, seien bauliche Anlagen, die keine Gebäude seien, in den Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen bzw. ohne eigene Abstandsflächen nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO bereits dann zulässig, wenn eines der beiden in der Vorschrift genannten Maße erfüllt sei. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt habe, sei die im Bebauungsplan festgesetzte hintere Bauflucht nicht geeignet, der Klägerin Drittschutz zu vermitteln. Zudem gelte diese Regelung nur für Wohngebäude und Nebengebäude. Die Werbeanlage falle hierunter nicht. Das Rücksichtnahmegebot sei zulasten der Klägerin nicht verletzt, weil in dem vom Verwaltungsgericht durchgeführten Ortstermin keine erhebliche Beeinträchtigung auf dem Grundstück der Klägerin habe festgestellt werden können. Schließlich stehe die Regelung des § 5 des Bebauungsplans (Gewerbegebiet) zum Bauwich der Erteilung der Genehmigung nicht entgegen. In dem zur Zeit des Satzungsbeschlusses üblichen Sprachgebrauch sei mit „Bauwich“ lediglich der Grenzabstand von Gebäuden - und nicht von sonstigen baulichen Anlagen - gemeint gewesen. Schon rein begrifflich werde die Werbeanlage daher nicht von dieser Regelung erfasst. Dies ergebe sich auch aus § 22 Abs. 2 BauNVO 1962, der vorliegend Anwendung finde. Danach seien in der offenen Bauweise Gebäude mit „seitlichem Grenzabstand (Bauwich)“ zu errichten. Die gesetzliche Definition des Bauwichs, wie er im Bebauungsplan Nr. 476 festgesetzt sei, beziehe sich daher nur auf Gebäude. Aber auch dann, wenn man § 5 des Bebauungsplans auf die streitgegenständliche Werbeanlage anwende, stehe er der Genehmigung nicht entgegen. Denn an der Festsetzung eines Bauwichs von 3,00 m bestünden durchgreifende Bedenken. Vom Bauordnungsrecht abweichende planungsrechtliche Festsetzungen des Bauwichs i.S.v. § 22 BauNVO 1962 hätten im Bebauungsplan nicht wirksam getroffen werden können. § 5 des Bebauungsplans i.V.m. § 22 Abs. 1 BauNVO 1962 regele daher lediglich, dass Gebäude in der offenen Bauweise mit einem seitlichen Grenzabstand errichtet werden sollten. Die seitlichen Abstandsflächen ergäben sich aber zwingend aus dem Abstandsflächenrecht. Auch die bauordnungsrechtlichen Regelungen zur Zulässigkeit baulicher Anlagen in Abstandsflächen blieben unberührt.
16 
Die Beigeladene beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen
18 
Sie hat sich im Berufungsverfahren schriftlich nicht geäußert.
19 
Dem Senat haben die Behördenakten der Beklagten, die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe und die Bebauungsplanakten Nr. 621.41.11 der Stadt Karlsruhe zum Bebauungsplan ... „Gewann Kirchfeld/Nördlich der Waldhornstraße“ vorgelegen. Auf diese Akten und die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands Bezug genommen.
20 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme des Baugrundstücks und dessen nähere Umgebung. Hinsichtlich der dort getroffenen Feststellungen wird auf die Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26.01.2012 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig; insbesondere ist sie innerhalb der Berufungsbegründungsfrist in der notwendigen Weise begründet worden (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO, § 124a Abs. 3 Sätze 4 und 5 VwGO). Sie hat aber keinen Erfolg.
22 
1. Die auf Aufhebung der angefochtenen Baugenehmigung gerichtete Nachbarklage ist zulässig, insbesondere steht der Klägern als unmittelbarer Grundstücksnachbarin die erforderliche Klagebefugnis zur Seite. Denn sie macht u.a. geltend, die unmittelbar an der Grenze zu ihrem Grundstück verwirklichte Werbeanlage verstoße, da dieses Vorhaben abstandsflächenrechtlich nicht privilegiert sei, gegen nachbarschützende Vorschriften zur Abstandsflächentiefe. Aber auch der weitere Vortrag der Klägerin, die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 467 „Kirchfeld“ zu Baugrenzen und zum Bauwich seien nach der Vorstellung des seinerzeitigen Satzungsgebers zum Schutz der Grundstücksnachbarn und damit auch zu ihrem Schutz ergangen, ist nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Auch insoweit ist es daher möglich, dass die angefochtene Baugenehmigung subjektive Rechtspositionen der Klägerin verletzt. Ihr kann auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage nicht abgesprochen werden.
23 
2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die der Beigeladenen mit Bescheiden vom 15.07.2008 und 25.03.2010 erteilte Baugenehmigung verstößt nicht gegen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften, die jedenfalls auch dem Schutz der Klägerin dienen.
24 
a) Die Zulassung der Werbeanlage an dem konkreten Standort verletzt keine nachbarschützenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist hier - da es sich um eine Anfechtungsklage des Nachbarn gegen eine dem Bauherrn bereits erteilte Baugenehmigung handelt - der Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Baugenehmigung. Spätere Änderungen zu Lasten des Bauherrn haben außer Betracht zu bleiben, denn bereits die erteilte Baugenehmigung vermittelt dem Bauherrn eine Rechtsposition, die sich, wenn ein Nachbar die Genehmigung anficht, gegenüber während des Rechtsmittelverfahrens eintretenden Änderungen der Sach- und Rechtslage durchsetzen kann (BVerwG, Beschl. v. 08.11.2010 - 4 B 43.10 -, ZfBR 2011, 53). Spätere Änderungen zu seinen Gunsten sind dagegen zu berücksichtigen, wirken sich aber regelmäßig nicht aus, wenn ihm eine Baugenehmigung bereits rechtmäßig erteilt wurde.
25 
Unter Zugrundelegung dessen ist die Rechtmäßigkeit des Vorhabens hier nach den Vorschriften der Landesbauordnung vom 08.08.1995 in der bis zum 28.02.2010 geltenden alten Fassung (im Folgenden LBO a.F.) zu beurteilen. Denn diese Fassung fand im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung - - im Juli 2009 - noch Anwendung.
26 
aa) Es kann offen bleiben, ob die Werbeanlage gegen das Verunstaltungsverbot des § 11 LBO a.F. verstößt. Denn Gestaltungsvorschriften sind ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit erlassen. Sie sind nicht dazu bestimmt, auch den Individualinteressen des Einzelnen zu dienen. § 11 LBO ist daher nicht nachbarschützend (Sauter, LBO, § 11 Rdnr. 9; Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 6. Aufl. § 11 Rdnr 28; zu den Vorgängervorschriften schon VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.12.1999 - 3 S 2737/97 -, juris Rdnr. 31 mw.N.). Mit Blick darauf könnte die Klägerin jedenfalls nicht verlangen, dass die Baugenehmigung wegen eines Verstoßes gegen § 11 LBO - unterstellt, er läge vor - aufgehoben wird.
27 
bb) Der Zulassung der Werbeanlage an ihrem konkreten Standort stehen auch keine Vorschriften des Abstandsflächenrechts nach der LBO a.F. entgegen. Zwar handelt es sich bei der Werbeanlage zweifellos um eine bauliche Anlage i.S.v. § 2 Abs. 1 LBO a.F., sie braucht jedoch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 LBO a.F. selbst keine Abstandsfläche zum Nachbargrundstück hin einzuhalten.
28 
Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen vor: Bei der Werbeanlage handelt es sich um eine bauliche Anlage, die kein Gebäude ist (vgl. § 2 Abs. 2 LBO a.F.). Die bauliche Anlage ist zwar unstreitig höher als 2,5 m, ihre Wandfläche beträgt aber nicht mehr als 25 qm. Nach der von der Beigeladenen vorgelegten Produktbeschreibung ist die Werbefläche selbst höchstens 3806 X 2846 mm, also 10,83 qm groß. Hinzu kommt der Monofuß mit den (Höchst-)Maßen 586 X 2698 mm (1,58 qm). Eine Wandfläche von 25 qm wird damit bei weitem nicht erreicht. Dieses Wandmaß bliebe selbst dann unterschritten, wenn man – entsprechend dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung – noch den „Luftraum“ unter der Werbefläche bis zum Erdboden hinzurechnete. Dies hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt und wurde von der Klägerin danach auch nicht mehr bestritten.
29 
Die Regelung des § 5 Abs. 9 LBO a.F. findet aber nur Anwendung, wenn beide Maße überschritten sind, m.a.W. braucht eine bauliche Anlage, welche - wie hier - nur eines dieser Maße überschreitet, keine eigene Abstandsfläche einzuhalten (vgl. Urt. v. 18.07.1984 - 3 S 976/84 -, BWVPr. 1984, 257; Urt. v. 08.05.1985 - 3 S 63/85 -, VBlBW 1986, 23; Urt. v. 01.06.1994 - 3 S 2617/92 -, VGHBW-Ls 1994, Beilage 8, B8, juris, Urt. v. 13.03.2008 - 8 S 15/07 -, BauR 2008, 1585)
30 
An dieser Rechtslage hat sich im Übrigen – entgegen der dezidiert geäußerten Rechtsauffassung der Klägerin – durch die seit dem 01.03.2010 geltende abstandsflächenrechtliche Sonderregelung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO neuer Fassung (im folgenden: LBO) nichts geändert. Vielmehr ist die Werbeanlage auch nach dieser Vorschrift abstandsflächenrechtlich privilegiert. Die Klägerin meint, die Voraussetzungen für eine Zulassung der Werbeanlage ohne eigene Abstandsflächen lägen nicht mehr vor, weil seit der Neufassung der Vorschrift durch Gesetz vom 10.11.2009 „eine Genehmigung nicht mehr in Betracht komme, wenn die Anlage entweder höher als 2,5 m ist oder die Anlage eine größere Wandfläche als 25 qm hat“. Damit gibt sie den Wortlaut der Vorschrift sinnverdreht wieder. Denn § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO ist entgegen ihrem Vortrag gerade nicht in der Weise negativ formuliert, dass bauliche Anlagenunzulässig sind, wenn eines der in der Vorschrift genannten Maße überschritten wird, sondern umgekehrt in der Weise positiv, dass bauliche Anlagen (in den Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen sowie ohne eigene Abstandsflächen) zulässig sind, soweit eines der in der Vorschrift genannten Maße nicht überschritten wird. Bereits der Gesetzeswortlaut („oder“) legt bei dieser Formulierung nahe, dass die Erfüllung schon eines der beiden Maße ausreicht, um die abstandsflächenrechtliche Privilegierung einer baulichen Anlage auszulösen. Umgekehrt bedeutet dies, dass nur die kumulative Überschreitung beider Gebäudemaße zur Unzulässigkeit einer baulichen Anlage i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO führt. So wird die neugefasste Vorschrift auch in der Kommentarliteratur verstanden (Sauter, LBO, 3. Aufl. § 6 Rdnr. 26; Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 6.Aufl. 2011 § 6 Rdnr. 32).
31 
Dieses schon nach dem Wortlaut naheliegende Verständnis der Vorschrift wird durch einen Blick auf die im Gesetzgebungsverfahren eindeutig zum Ausdruck gekommene Regelungsabsicht des Gesetzgebers bestätigt.
32 
Mit § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO wurden die bis zum 28.02.2010 geltenden Vorschriften des § 5 Abs. 9 LBO a.F. und des § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. in einer Regelung zusammengefasst (vgl. die Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO im Gesetzentwurf der Landesregierung vom 19.08.2009, LT-Drs. 14/5013, S. 39). § 5 Abs. 9 LBO a.F. bestimmte, dass die - für Gebäude geltenden - Abstandsflächenvorschriften des § 5 Abs. 1 bis 8 LBO a.F. entsprechend für bauliche Anlagen gelten, die keine Gebäude sind, wenn die baulichen Anlagen höher als 2,5 m sind und ihre Wandfläche mehr als 25 qm beträgt. Nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. waren „in den Abstandsflächen bauliche Anlagen zulässig, die keine Gebäude sind, wenn sie in den Abstandsflächen nicht höher als 2,5 m sind und ihre Wandfläche nicht mehr als 25 qm beträgt. Hinsichtlich beider Vorgängervorschriften - bzw. deren Vorgängervorschriften in noch früheren Fassungen der Landesbauordnung - war in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg aber anerkannt, dass bereits die Erfüllung eines der beiden genannten Maße die abstandsflächenrechtliche Privilegierung auslöst, m.a.W. erst deren kumulative Überschreitung zu einer Unzulässigkeit der betreffenden baulichen Anlage führt (zu § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. Beschl. v. 21.06.1993 - 5 S 874/93 -, BRS 55 Nr. 162, juris; Urt. v. 14.08.1997 - 5 S 1252/96 -, BauR 1998, 517; Urt. v. 13.03.2008 - 8 S 15/07 -, BauR 2008, 1585, ebenso zu § 5 Abs. 9 LBO a.F. Urt. v. 18.07.1984 - BWVPr. 1984, 257; Urt. v. 08.05.1985 - 3 S 63/85 - , VBlBW 1986, 23; Urt. v. 01.06.1994 - 3 S 2617/92 -, VGHBW-Ls 1994, Beilage 8, B8, juris). Diese Interpretation war mit dem Wortlaut der Vorgängervorschriften nicht auf den ersten Blick in Einklang zu bringen, denn die „und“-Verknüpfung konnte auch dahin verstanden werden, dass erst eine kumulative Einhaltung beider Maße die abstandsflächenrechtliche Privilegierung auslöst, m.a.W zur Zulässigkeit der betreffenden baulichen Anlage führt. Der Verwaltungsgerichtshof hatte in seinem Urteil vom 13.03.2008 - 8 S 15/07 - aber herausgestellt, dass es sich bei dem Bindewort „und“ um eine relativ schwache und sprachlich mehrdeutige konjunktive Verbindung handele. Der Wortlaut lasse die vom Gesetzgeber intendierte und von der Rechtsprechung vorgenommene Auslegung - Zulässigkeit des Vorhabens bereits bei Einhaltung eines der genannten Maße, umgekehrt gesprochen: Unzulässigkeit des Vorhabens erst bei kumulativer Überschreitung beider Maße - daher durchaus zu.
33 
Dem Landesgesetzgeber waren die aufgezeigten Verständnis- und Auslegungsschwierigkeiten bei der Neuformulierung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO bekannt. Ausweislich der Gesetzesbegründung der Landesregierung zu dieser Vorschrift (LT-Drs. 14/5013, S. 39) soll sich an dem von der Rechtsprechung konkretisierten Verständnis der Vorgängervorschriften durch die Neufassung nichts ändern. Vielmehr wollte der Gesetzgeber die von ihm als „unklar“ bezeichnete bisherige Regelung deutlicher fassen. Zur Auslegung der in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO genannten Voraussetzungen und zur Regelungsabsicht heißt es in der Gesetzesbegründung unzweideutig:
34 
„Zukünftig gilt hier, dass alle sonstigen baulichen Anlagen dann eigene Abstandsvorschriften besitzen und in Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen unzulässig sind, wenn sie beide in Nummer 3 aufgeführten Grenzwerte überschreiten“.
35 
Dies lässt nur den Schluss zu, dass der Gesetzgeber die Umformulierungen im Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO („soweit“ anstatt bisher „wenn“, „oder“ anstatt bisher „und“) bewusst gewählt hat, um das in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs schon bisher entwickelte Verständnis der Vorgängervorschriften im Wortlaut des neugefassten § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO klar zu verankern. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist dies auch gelungen.
36 
Dementsprechend ist die hier in Rede stehende Werbeanlage sowohl nach § 5 Abs. 9 LBO a.F. als auch nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO abstandsflächenrechtlich privilegiert und ohne eigene Abstandsfläche zum Grundstück der Klägerin hin zulässig.
37 
cc) Anhaltspunkte dafür, dass die Werbeanlage trotz ihrer abstandsflächenrechtlichen Privilegierung in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegenüber der Klägerin rücksichtslos - oder gar schikanös - sein könnte, bestehen nicht. Bei der Errichtung einer privilegierten baulichen Anlage muss der Bauherr nicht den Standort wählen, der für den Nachbarn die geringsten Beeinträchtigungen mit sich bringt. Es genügt, wenn er die bauordnungsrechtlichen Vorschriften einhält (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.03.1989 - 5 S 46/89 -, NVwZ-RR 1989, 530, juris).
38 
b) Die an ihrem konkreten Standort unmittelbar an der Grenze zum Grundstück der Klägerin zugelassene Werbeanlage verstößt auch nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.
39 
aa) Der Standort der Werbeanlage liegt in einem durch Bebauungsplan Nr. 467 „Kirchfeld“ der Beklagten ausgewiesenen Gewerbegebiet. Gem. § 8 Abs. 1 BauNVO in der für den beschlossenen Bebauungsplan maßgeblichen Fassung 1962 (auf die in § 3 des Bebauungsplans auch verwiesen wird, vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2008, a.a.O.) dienen Gewerbegebiete vorwiegend der Unterbringung nicht erheblich belästigender Gewerbebetriebe (Abs. 1) und sind „Gewerbebetriebe aller Art“ zulässig (Abs. 2 Nr. 1). Zwar verwendet die BauNVO 1962 (nur) den Begriff des Gewerbebetriebs und ist eine Anlage der Außenwerbung - worauf die Klägerin im Berufungsverfahren hinweist - im engeren Begriffsverständnis kein „Betrieb“. Mit dem Begriff des „Betriebs“ beschreibt die BauNVO jedoch nur in typisierender Weise eine Zusammenfassung gewerblicher Nutzungsweisen, um diese Nutzung von anderen Nutzungsarten sinnvoll abgrenzen zu können (Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. § 4 Rdnr. 9.31). Eine Außenwerbeanlage, die der Fremdwerbung dient, stellt daher bauplanerisch eine eigenständige gewerbliche Hauptnutzung dar (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2008 - 8 S 15/07 - , BauR 2008, 1585, juris Rdnr. 18 m.w.N.), welche im Gewerbegebiet typischerweise zulässig ist. Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehende Werbeanlage sich nicht im Rahmen dieser Typisierung bewegte - insbesondere weil sie als „erheblich belästigender Gewerbebetrieb“ i.S.v. § 8 Abs. 1 BauNVO 1962 anzusehen sein könnte - bestehen nicht. Die Werbeanlage ist an dem konkreten Standort daher ihrer Art nach zulässig.
40 
bb) Der Bebauungsplan Nr.467 „Kirchfeld“ (vgl. dessen § 2 - Gewerbegebiet - i.V.m. dem Fluchtlinienplan vom 07.03.1961) setzt bezüglich des Baugrundstücks eine - gesehen vom ...ring aus - „hintere Bauflucht“ fest.
41 
(1) Diese Bauflucht ist, wie sich aus dem Klammerzusatz („Baugrenze“) ergibt, als Baugrenze und damit als Festsetzung zur überbaubaren Grundstücksfläche i.S.v. § 23 Abs. 1, 3 BauNVO 1962 zu verstehen. Nach dieser Vorschrift dürfen „Gebäude und Gebäudeteile“ die Baugrenze nicht überschreiten. Auch wenn eine Werbeanlage weder als „Gebäude“ noch als „Gebäudeteil“ i.S.v. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO 1962 angesehen werden kann, wird sie doch von der Vorschrift erfasst. Denn diese zielt darauf ab, die von der Gemeinde gewünschte offene Bauweise dadurch zu unterstreichen, dass nichtüberbaubare Grundstücksflächen ausgewiesen werden. Dieses Ziel würde unterlaufen, wenn andere bauliche Anlagen - insbesondere Werbeanlagen - als Hauptnutzung „vor der Baugrenze“ ohne weiteres zulässig wären (BVerwG, Urt. v. 07.06.2001 - 4 C 1.01 -, BauR 2001, 1698, juris Rdnr. 13ff). Hinzu kommt, dass der Verordnungsgeber der BauNVO im Jahre 1962 aufgrund der damaligen Fassung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) BauGB keine Veranlassung hatte, zwischen Gebäuden und anderen baulichen Anlagen zu differenzieren. Er hat sich vielmehr auf den „typischen“ Fall einer Bebauung mit „Gebäuden“ beschränkt, ohne diesem Tatbestandsmerkmal konstitutive Bedeutung zuzumessen (BVerwG, Urt. v. 07.06.2001, a.a.O., Rdnr. 14/15). Der konkrete Standort der genehmigten Werbeanlage befindet sich mithin auf einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche des Flst. Nr. 981/1 und verstößt damit grundsätzlich gegen Festsetzungen des Bebauungsplans.
42 
Die Klägerin kann indes aus diesem Grund die Aufhebung der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung nicht verlangen. Denn die Festsetzung der hinteren Baugrenze auf dem Flst. Nr. 981/1 ist nicht zu ihren Gunsten nachbarschützend. Regelmäßig kommt hinteren Baugrenzen Nachbarschutz nur zugunsten solcher Nachbargrundstücke zu, die der Baugrenze gegenüberliegen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.02.1999 - 5 S 2507/96-, BRS 62, 445; Beschl. v. 14.06.2007 - 8 S 967/97 -, VBlBW 2007, 387). Das Grundstück der Klägerin liegt dem Baugrundstück nicht in diesem Sinne gegenüber. Entgegen ihrer Auffassung ergibt sich weder aus der Zusammenschau der Festsetzungen des Bebauungsplans noch aus dessen Begründung noch aus den Planakten irgendein greifbarer Anhaltspunkt dafür, dass und inwiefern die Festsetzung der „hinteren Baugrenze“ gerade die Interessen des Eigentümers des Tankstellengrundstücks schützen sollte.
43 
(2) Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die Genehmigung der Werbeanlage auch objektiv rechtmäßig ist. Sie konnte hier nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1962 zugelassen werden. Die angefochtene Baugenehmigung stützt sich hierauf ausdrücklich. Die erste Tatbestandsvoraussetzung für eine Zulassung nach dieser Vorschrift liegt ohne weiteres vor: Bei der Werbeanlage handelt es sich um eine bauliche Anlage, die nach Landesrecht in den Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen zulässig ist (§ 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. und § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO; die Verweisung des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1962 auf das jeweilige Landesrecht ist als dynamische Verweisung zu verstehen, VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2008, a.a.O.).
44 
Der Bebauungsplan enthält auch keine „andere Festsetzung“, welche die Zulassung einer Werbeanlage außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen hier ausschlösse. Nach § 6 Abs. 2 des Bebauungsplans - Gewerbegebiet - dürfen außerhalb der durch Baulinie und Baugrenze festgesetzten überbau-baren Grundstücksflächen weder Garagen noch Nebengebäude errichtet werden. Man könnte aus dieser Festsetzung zwar auf den ersten Blick schließen, dass damit - entsprechend der unter (1) aufgezeigten Argumentation zu § 23 Abs. 3 BauNVO - sämtliche baulichen Anlagen einschließlich Werbeanlagen ausgeschlossen sein sollten. Diese Auslegung würde dem Sinn der Regelung aber nicht gerecht. Der Plangeber hat für das Baugebiet offene Bauweise (§ 4) festgesetzt und verfolgt mit der Festsetzung einer „hinteren Baugrenze“ auf dem Baugrundstück offensichtlich das Ziel, straßennahe Flächen zur... Straße von einer Bebauung freizuhalten. Dabei hat er in § 6 Abs. 2 der Festsetzungen zum Gewerbegebiet aber eine differenzierende Regelung dazu getroffen, welche baulichen Anlagen den Planungszielen von vornherein widersprechen und deshalb außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche gänzlich unterbleiben müssen. Dementsprechend dürfen Garagen und Nebengebäude dort nicht errichtet werden; die in § 6 ebenfalls erwähnten Einstellplätze hat er aber nicht in gleicher Weise ausgeschlossen. Auch Werbeanlagen - sogar gewerbliche Werbeanlagen - hat er, wie aus § 15 des Bebauungsplans - Wohngebiet - zu ersehen ist, für das Wohngebiet „Kirchfeld“ durchaus in den Blick genommen, hinsichtlich des Gewerbegebiets „Kirchfeld“ aber nicht für regelungsbedürftig gehalten. Hieraus ist der Schluss zu ziehen, dass jedenfalls in Bezug auf Werbeanlagen der hier vorliegenden Art keine „andere Festsetzung“ i.S.v. § 23 Abs. 5 BauNVO vorliegt, zumal eine solche Einschränkung der Zulassungsmöglichkeit eine ausdrückliche Bezeichnung der unzulässigen Anlage erforderte (Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. § 23 Rdnr. 22), an der es in Bezug auf Werbeanlagen fehlt.
45 
Fällt die Werbeanlage damit in den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1962, so hatte die Beklagte über dessen Zulassung auf der nichtüberbaubaren Grundstücksfläche nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Das Ermessen ist insbesondere unter Berücksichtigung der in § 15 BauNVO genannten Kriterien zu prüfen (Fickert/Fieseler, BauNVO, § 23 Rdnr. 19). Ermessensfehler liegen nicht vor.
46 
Die Beklagte hat ihre Entscheidung maßgeblich damit begründet, dass in der näheren Umgebung des Plangebiets noch weitere bauliche Anlagen auf nichtüberbaubaren Flächen vorhanden seien, weshalb das Ermessen „deutlich reduziert“ sei. Die Klägerin hat das Vorhandensein der genannten baulichen Anlagen im nichtüberbaubaren Bereich nicht bestritten, hält diese aber nicht für vergleichbar. Soweit sie darauf abhebt, dass es bei der Werbeanlage der Beigeladenen um eine Anlage der gewerblichen Fremdwerbung gehe, welche im Vergleich zu gewerblichen Werbeanlagen an der Stätte der Leistung weniger schutzwürdig sei, ist ihr schon entgegen zu halten, dass im Plangebiet ausweislich der vom Senat vor Ort getroffenen Feststellungen bereits weitere Anlagen der Fremdwerbung vorhanden sind. Hierauf kommt es aber gar nicht entscheidend an. Denn selbst wenn keine solchen Anlagen vorhanden wären, begegnete die im Rahmen des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO getroffene Entscheidung der Beklagten, erstmals auch Fremdwerbungsanlagen zuzulassen, keinen Bedenken. Auch diese sind im Gewerbegebiet typischerweise zulässig und beeinträchtigen das Planungsziel der offenen Bauweise, das mit der Festsetzung einer Baugrenze gesichert werden soll (s.o.), zumindest nicht stärker als Eigenwerbeanlagen. Soweit die Klägerin vorträgt, die auf dem Tankstellengrundstück vorhandenen Anlagen seien bereits vor der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 467 „Kirchfeld“ an dieser Stelle vorhanden und genehmigt gewesen, mag dies so sein. Zugleich wird hieraus aber deutlich, dass das mit der Festsetzung nichtüberbaubarer Flächen an sich verfolgte „Freihalteziel“ im Gewerbegebiet von Anfang an als nicht berührt angesehen wurde durch das Vorhandensein oder die Zulassung solcher baulichen Anlagen, die nicht Garagen und Gebäude sind.
47 
In die Ermessenüberlegungen der Beklagten ist auch eingeflossen, dass die in Rede stehende Werbeanlage Belange der Klägerin nicht unzumutbar (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) beeinträchtigt. Bereits die Beklagte hat die konkrete Situation vor Ort einschließlich der Situation auf dem Tankstellengrundstück in den Blick genommen, wie die Ausführungen in der Baugenehmigung zeigen. Gleiches gilt für die Widerspruchsbehörde, die auf S. 4 ihres Bescheides zu dem Ergebnis gekommen ist, eine „übermäßige Sichtbehinderung der Tankstelle“ liege nicht vor. Diese Einschätzung teilt auch der Senat aufgrund der Ergebnisse des Augenscheinstermins vom 26.01.2012. Nach dem Eindruck vor Ort kann keine Rede davon sein, dass die Werbeanlage Autofahrern den Blick auf die Tankstelle nehmen würde. Von Süden her ist dies schon deshalb nicht der Fall, weil die Werbeanlage „hinter“ der Tankstelle liegt und Autofahrer sowohl die Tankstellenüberdachung als auch entsprechende Werbe- und Preisschilder in vollem Umfang erkennen können. Der Blick wird auch durch den relativ schnellen Wechselrhythmus auf der Werbefläche nicht abgelenkt. Von Norden her, also in Richtung Ortsmitte ... fahrende Autofahrer können schon früh – etwa 50 m vor der Tankstelle - das tankstellentypische Preisschild mit den Benzin- bzw. Dieselpreisen erkennen, welches ganz nach links an den Straßenrand gerückt ist und durch die Werbeanlage nicht verdeckt wird. Diese Feststellung hat der Senat von der (rechten) Fahrbahn aus getroffen. Noch nicht erkennbar ist in dieser Entfernung zwar die Tankstellenüberdachung – mit dem kennzeichnenden Schriftzug als freie Tankstelle -, mit jeder weiteren Annäherung wird der Blick auf diese Überdachung aber umso besser eröffnet. In einer Entfernung von etwa 20 Metern ist – im Luftraum „unter“ der streitgegenständlichen Werbefläche – der tankstellentypische Hinweis auf „Luft - Wasser“ zu erkennen, auch ist etwa die Hälfte der Tankstellenüberdachung zu sehen. Da das tankstellentypische Preisschild, auf welches nicht ortskundige Autofahrer auf der Suche nach einer Tankstelle regelmäßig fixiert sein werden, aber auch in dieser Entfernung uneingeschränkt zu sehen ist, erscheint ausgeschlossen, dass Autofahrer infolge des Standorts der Werbeanlage bzw. infolge der ablenkenden Wirkung der Wechselwerbung an der Tankstelle vorbeifahren.
48 
cc) Die an ihrem konkreten Standort genehmigte Werbeanlage verstößt ferner nicht gegen § 5 des Bebauungsplans Nr. 467 „Kirchfeld“ - Gewerbegebiet -, wonach „der Bauwich 3,00 m nicht unterschreiten“ darf. Mit dieser Regelung nimmt der Bebauungsplan erkennbar Bezug auf § 22 Abs. 2 BauNVO 1962, wonach in der offenen Bauweise - welche durch § 4 des Bebauungsplans für das Gewerbegebiet angeordnet ist - die „Gebäude mit seitlichem Grenzabstand (Bauwich) als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder als Hausgruppen mit einer Länge von höchstens 50 m errichtet werden“. Da § 22 Abs. 2 BauNVO 1962 schon nach seinem Wortlaut nur Gebäude(typen), nicht aber sonstige bauliche Anlagen erfasst (Fickert/Fieseler, BauNVO, § 22 Rdnr. 2; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.06.1996 - 5 S 2572/95 -; BauR 1997, 274, juris Rdnr. 21; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12.07.1982 - 7 A 2798/80 -, BRS 39 Nr. 111 jeweils zu vergleichbaren späteren Fassungen von § 22 Abs. 2 BauNVO 1962), findet die Vorschrift auf die hier in Rede stehende Werbeanlage keine Anwendung. Unabhängig davon könnte § 5 des Bebauungsplans jedenfalls keine verbindliche, von den landesrechtlichen Vorschriften der LBO abweichende Abstandsflächenregelung entnommen werden. Denn § 22 Abs. 1 BauNVO 1962 ermächtigte die Gemeinden lediglich dazu, im Bebauungsplan offene oder geschlossene Bauweise festzusetzen, wobei § 22 Abs. 2 BauNVO 1962 klarstellt, dass für die offene Bauweise der seitliche Grenzabstand das wesentliche Merkmal darstellt. Wurde die offene Bauweise - wie hier - durch Bebauungsplan festgesetzt, so ergaben sich die seitlichen Grenzabstände aus dem Bauordnungsrecht (BVerwG, Beschl. v. 12.05.1995 - 4 NB 5.95 -, BRS 57 Nr. 7, juris Rdnr. 6; VGH Bad.-Württ, Urt. v. 25.06.1996 a.a.O.; auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.08.1993 - 3 S 1779/93 -, juris Rdnr. 7). Dass die hier in Rede stehende Werbeanlage nach den Vorschriften der LBO einen seitlichen Grenzabstand nicht einhalten muss, wurde bereits ausgeführt.
49 
dd) Schließlich ist nach den Ausführungen unter bb) auch das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO.
51 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
52 
Beschluss
53 
Der Streitwert wird gem. §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (2004) auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
54 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
21 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig; insbesondere ist sie innerhalb der Berufungsbegründungsfrist in der notwendigen Weise begründet worden (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO, § 124a Abs. 3 Sätze 4 und 5 VwGO). Sie hat aber keinen Erfolg.
22 
1. Die auf Aufhebung der angefochtenen Baugenehmigung gerichtete Nachbarklage ist zulässig, insbesondere steht der Klägern als unmittelbarer Grundstücksnachbarin die erforderliche Klagebefugnis zur Seite. Denn sie macht u.a. geltend, die unmittelbar an der Grenze zu ihrem Grundstück verwirklichte Werbeanlage verstoße, da dieses Vorhaben abstandsflächenrechtlich nicht privilegiert sei, gegen nachbarschützende Vorschriften zur Abstandsflächentiefe. Aber auch der weitere Vortrag der Klägerin, die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 467 „Kirchfeld“ zu Baugrenzen und zum Bauwich seien nach der Vorstellung des seinerzeitigen Satzungsgebers zum Schutz der Grundstücksnachbarn und damit auch zu ihrem Schutz ergangen, ist nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Auch insoweit ist es daher möglich, dass die angefochtene Baugenehmigung subjektive Rechtspositionen der Klägerin verletzt. Ihr kann auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage nicht abgesprochen werden.
23 
2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die der Beigeladenen mit Bescheiden vom 15.07.2008 und 25.03.2010 erteilte Baugenehmigung verstößt nicht gegen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften, die jedenfalls auch dem Schutz der Klägerin dienen.
24 
a) Die Zulassung der Werbeanlage an dem konkreten Standort verletzt keine nachbarschützenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist hier - da es sich um eine Anfechtungsklage des Nachbarn gegen eine dem Bauherrn bereits erteilte Baugenehmigung handelt - der Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Baugenehmigung. Spätere Änderungen zu Lasten des Bauherrn haben außer Betracht zu bleiben, denn bereits die erteilte Baugenehmigung vermittelt dem Bauherrn eine Rechtsposition, die sich, wenn ein Nachbar die Genehmigung anficht, gegenüber während des Rechtsmittelverfahrens eintretenden Änderungen der Sach- und Rechtslage durchsetzen kann (BVerwG, Beschl. v. 08.11.2010 - 4 B 43.10 -, ZfBR 2011, 53). Spätere Änderungen zu seinen Gunsten sind dagegen zu berücksichtigen, wirken sich aber regelmäßig nicht aus, wenn ihm eine Baugenehmigung bereits rechtmäßig erteilt wurde.
25 
Unter Zugrundelegung dessen ist die Rechtmäßigkeit des Vorhabens hier nach den Vorschriften der Landesbauordnung vom 08.08.1995 in der bis zum 28.02.2010 geltenden alten Fassung (im Folgenden LBO a.F.) zu beurteilen. Denn diese Fassung fand im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung - - im Juli 2009 - noch Anwendung.
26 
aa) Es kann offen bleiben, ob die Werbeanlage gegen das Verunstaltungsverbot des § 11 LBO a.F. verstößt. Denn Gestaltungsvorschriften sind ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit erlassen. Sie sind nicht dazu bestimmt, auch den Individualinteressen des Einzelnen zu dienen. § 11 LBO ist daher nicht nachbarschützend (Sauter, LBO, § 11 Rdnr. 9; Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 6. Aufl. § 11 Rdnr 28; zu den Vorgängervorschriften schon VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.12.1999 - 3 S 2737/97 -, juris Rdnr. 31 mw.N.). Mit Blick darauf könnte die Klägerin jedenfalls nicht verlangen, dass die Baugenehmigung wegen eines Verstoßes gegen § 11 LBO - unterstellt, er läge vor - aufgehoben wird.
27 
bb) Der Zulassung der Werbeanlage an ihrem konkreten Standort stehen auch keine Vorschriften des Abstandsflächenrechts nach der LBO a.F. entgegen. Zwar handelt es sich bei der Werbeanlage zweifellos um eine bauliche Anlage i.S.v. § 2 Abs. 1 LBO a.F., sie braucht jedoch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 LBO a.F. selbst keine Abstandsfläche zum Nachbargrundstück hin einzuhalten.
28 
Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen vor: Bei der Werbeanlage handelt es sich um eine bauliche Anlage, die kein Gebäude ist (vgl. § 2 Abs. 2 LBO a.F.). Die bauliche Anlage ist zwar unstreitig höher als 2,5 m, ihre Wandfläche beträgt aber nicht mehr als 25 qm. Nach der von der Beigeladenen vorgelegten Produktbeschreibung ist die Werbefläche selbst höchstens 3806 X 2846 mm, also 10,83 qm groß. Hinzu kommt der Monofuß mit den (Höchst-)Maßen 586 X 2698 mm (1,58 qm). Eine Wandfläche von 25 qm wird damit bei weitem nicht erreicht. Dieses Wandmaß bliebe selbst dann unterschritten, wenn man – entsprechend dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung – noch den „Luftraum“ unter der Werbefläche bis zum Erdboden hinzurechnete. Dies hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt und wurde von der Klägerin danach auch nicht mehr bestritten.
29 
Die Regelung des § 5 Abs. 9 LBO a.F. findet aber nur Anwendung, wenn beide Maße überschritten sind, m.a.W. braucht eine bauliche Anlage, welche - wie hier - nur eines dieser Maße überschreitet, keine eigene Abstandsfläche einzuhalten (vgl. Urt. v. 18.07.1984 - 3 S 976/84 -, BWVPr. 1984, 257; Urt. v. 08.05.1985 - 3 S 63/85 -, VBlBW 1986, 23; Urt. v. 01.06.1994 - 3 S 2617/92 -, VGHBW-Ls 1994, Beilage 8, B8, juris, Urt. v. 13.03.2008 - 8 S 15/07 -, BauR 2008, 1585)
30 
An dieser Rechtslage hat sich im Übrigen – entgegen der dezidiert geäußerten Rechtsauffassung der Klägerin – durch die seit dem 01.03.2010 geltende abstandsflächenrechtliche Sonderregelung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO neuer Fassung (im folgenden: LBO) nichts geändert. Vielmehr ist die Werbeanlage auch nach dieser Vorschrift abstandsflächenrechtlich privilegiert. Die Klägerin meint, die Voraussetzungen für eine Zulassung der Werbeanlage ohne eigene Abstandsflächen lägen nicht mehr vor, weil seit der Neufassung der Vorschrift durch Gesetz vom 10.11.2009 „eine Genehmigung nicht mehr in Betracht komme, wenn die Anlage entweder höher als 2,5 m ist oder die Anlage eine größere Wandfläche als 25 qm hat“. Damit gibt sie den Wortlaut der Vorschrift sinnverdreht wieder. Denn § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO ist entgegen ihrem Vortrag gerade nicht in der Weise negativ formuliert, dass bauliche Anlagenunzulässig sind, wenn eines der in der Vorschrift genannten Maße überschritten wird, sondern umgekehrt in der Weise positiv, dass bauliche Anlagen (in den Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen sowie ohne eigene Abstandsflächen) zulässig sind, soweit eines der in der Vorschrift genannten Maße nicht überschritten wird. Bereits der Gesetzeswortlaut („oder“) legt bei dieser Formulierung nahe, dass die Erfüllung schon eines der beiden Maße ausreicht, um die abstandsflächenrechtliche Privilegierung einer baulichen Anlage auszulösen. Umgekehrt bedeutet dies, dass nur die kumulative Überschreitung beider Gebäudemaße zur Unzulässigkeit einer baulichen Anlage i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO führt. So wird die neugefasste Vorschrift auch in der Kommentarliteratur verstanden (Sauter, LBO, 3. Aufl. § 6 Rdnr. 26; Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 6.Aufl. 2011 § 6 Rdnr. 32).
31 
Dieses schon nach dem Wortlaut naheliegende Verständnis der Vorschrift wird durch einen Blick auf die im Gesetzgebungsverfahren eindeutig zum Ausdruck gekommene Regelungsabsicht des Gesetzgebers bestätigt.
32 
Mit § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO wurden die bis zum 28.02.2010 geltenden Vorschriften des § 5 Abs. 9 LBO a.F. und des § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. in einer Regelung zusammengefasst (vgl. die Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO im Gesetzentwurf der Landesregierung vom 19.08.2009, LT-Drs. 14/5013, S. 39). § 5 Abs. 9 LBO a.F. bestimmte, dass die - für Gebäude geltenden - Abstandsflächenvorschriften des § 5 Abs. 1 bis 8 LBO a.F. entsprechend für bauliche Anlagen gelten, die keine Gebäude sind, wenn die baulichen Anlagen höher als 2,5 m sind und ihre Wandfläche mehr als 25 qm beträgt. Nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. waren „in den Abstandsflächen bauliche Anlagen zulässig, die keine Gebäude sind, wenn sie in den Abstandsflächen nicht höher als 2,5 m sind und ihre Wandfläche nicht mehr als 25 qm beträgt. Hinsichtlich beider Vorgängervorschriften - bzw. deren Vorgängervorschriften in noch früheren Fassungen der Landesbauordnung - war in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg aber anerkannt, dass bereits die Erfüllung eines der beiden genannten Maße die abstandsflächenrechtliche Privilegierung auslöst, m.a.W. erst deren kumulative Überschreitung zu einer Unzulässigkeit der betreffenden baulichen Anlage führt (zu § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. Beschl. v. 21.06.1993 - 5 S 874/93 -, BRS 55 Nr. 162, juris; Urt. v. 14.08.1997 - 5 S 1252/96 -, BauR 1998, 517; Urt. v. 13.03.2008 - 8 S 15/07 -, BauR 2008, 1585, ebenso zu § 5 Abs. 9 LBO a.F. Urt. v. 18.07.1984 - BWVPr. 1984, 257; Urt. v. 08.05.1985 - 3 S 63/85 - , VBlBW 1986, 23; Urt. v. 01.06.1994 - 3 S 2617/92 -, VGHBW-Ls 1994, Beilage 8, B8, juris). Diese Interpretation war mit dem Wortlaut der Vorgängervorschriften nicht auf den ersten Blick in Einklang zu bringen, denn die „und“-Verknüpfung konnte auch dahin verstanden werden, dass erst eine kumulative Einhaltung beider Maße die abstandsflächenrechtliche Privilegierung auslöst, m.a.W zur Zulässigkeit der betreffenden baulichen Anlage führt. Der Verwaltungsgerichtshof hatte in seinem Urteil vom 13.03.2008 - 8 S 15/07 - aber herausgestellt, dass es sich bei dem Bindewort „und“ um eine relativ schwache und sprachlich mehrdeutige konjunktive Verbindung handele. Der Wortlaut lasse die vom Gesetzgeber intendierte und von der Rechtsprechung vorgenommene Auslegung - Zulässigkeit des Vorhabens bereits bei Einhaltung eines der genannten Maße, umgekehrt gesprochen: Unzulässigkeit des Vorhabens erst bei kumulativer Überschreitung beider Maße - daher durchaus zu.
33 
Dem Landesgesetzgeber waren die aufgezeigten Verständnis- und Auslegungsschwierigkeiten bei der Neuformulierung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO bekannt. Ausweislich der Gesetzesbegründung der Landesregierung zu dieser Vorschrift (LT-Drs. 14/5013, S. 39) soll sich an dem von der Rechtsprechung konkretisierten Verständnis der Vorgängervorschriften durch die Neufassung nichts ändern. Vielmehr wollte der Gesetzgeber die von ihm als „unklar“ bezeichnete bisherige Regelung deutlicher fassen. Zur Auslegung der in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO genannten Voraussetzungen und zur Regelungsabsicht heißt es in der Gesetzesbegründung unzweideutig:
34 
„Zukünftig gilt hier, dass alle sonstigen baulichen Anlagen dann eigene Abstandsvorschriften besitzen und in Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen unzulässig sind, wenn sie beide in Nummer 3 aufgeführten Grenzwerte überschreiten“.
35 
Dies lässt nur den Schluss zu, dass der Gesetzgeber die Umformulierungen im Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO („soweit“ anstatt bisher „wenn“, „oder“ anstatt bisher „und“) bewusst gewählt hat, um das in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs schon bisher entwickelte Verständnis der Vorgängervorschriften im Wortlaut des neugefassten § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO klar zu verankern. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist dies auch gelungen.
36 
Dementsprechend ist die hier in Rede stehende Werbeanlage sowohl nach § 5 Abs. 9 LBO a.F. als auch nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO abstandsflächenrechtlich privilegiert und ohne eigene Abstandsfläche zum Grundstück der Klägerin hin zulässig.
37 
cc) Anhaltspunkte dafür, dass die Werbeanlage trotz ihrer abstandsflächenrechtlichen Privilegierung in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegenüber der Klägerin rücksichtslos - oder gar schikanös - sein könnte, bestehen nicht. Bei der Errichtung einer privilegierten baulichen Anlage muss der Bauherr nicht den Standort wählen, der für den Nachbarn die geringsten Beeinträchtigungen mit sich bringt. Es genügt, wenn er die bauordnungsrechtlichen Vorschriften einhält (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.03.1989 - 5 S 46/89 -, NVwZ-RR 1989, 530, juris).
38 
b) Die an ihrem konkreten Standort unmittelbar an der Grenze zum Grundstück der Klägerin zugelassene Werbeanlage verstößt auch nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.
39 
aa) Der Standort der Werbeanlage liegt in einem durch Bebauungsplan Nr. 467 „Kirchfeld“ der Beklagten ausgewiesenen Gewerbegebiet. Gem. § 8 Abs. 1 BauNVO in der für den beschlossenen Bebauungsplan maßgeblichen Fassung 1962 (auf die in § 3 des Bebauungsplans auch verwiesen wird, vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2008, a.a.O.) dienen Gewerbegebiete vorwiegend der Unterbringung nicht erheblich belästigender Gewerbebetriebe (Abs. 1) und sind „Gewerbebetriebe aller Art“ zulässig (Abs. 2 Nr. 1). Zwar verwendet die BauNVO 1962 (nur) den Begriff des Gewerbebetriebs und ist eine Anlage der Außenwerbung - worauf die Klägerin im Berufungsverfahren hinweist - im engeren Begriffsverständnis kein „Betrieb“. Mit dem Begriff des „Betriebs“ beschreibt die BauNVO jedoch nur in typisierender Weise eine Zusammenfassung gewerblicher Nutzungsweisen, um diese Nutzung von anderen Nutzungsarten sinnvoll abgrenzen zu können (Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. § 4 Rdnr. 9.31). Eine Außenwerbeanlage, die der Fremdwerbung dient, stellt daher bauplanerisch eine eigenständige gewerbliche Hauptnutzung dar (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2008 - 8 S 15/07 - , BauR 2008, 1585, juris Rdnr. 18 m.w.N.), welche im Gewerbegebiet typischerweise zulässig ist. Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehende Werbeanlage sich nicht im Rahmen dieser Typisierung bewegte - insbesondere weil sie als „erheblich belästigender Gewerbebetrieb“ i.S.v. § 8 Abs. 1 BauNVO 1962 anzusehen sein könnte - bestehen nicht. Die Werbeanlage ist an dem konkreten Standort daher ihrer Art nach zulässig.
40 
bb) Der Bebauungsplan Nr.467 „Kirchfeld“ (vgl. dessen § 2 - Gewerbegebiet - i.V.m. dem Fluchtlinienplan vom 07.03.1961) setzt bezüglich des Baugrundstücks eine - gesehen vom ...ring aus - „hintere Bauflucht“ fest.
41 
(1) Diese Bauflucht ist, wie sich aus dem Klammerzusatz („Baugrenze“) ergibt, als Baugrenze und damit als Festsetzung zur überbaubaren Grundstücksfläche i.S.v. § 23 Abs. 1, 3 BauNVO 1962 zu verstehen. Nach dieser Vorschrift dürfen „Gebäude und Gebäudeteile“ die Baugrenze nicht überschreiten. Auch wenn eine Werbeanlage weder als „Gebäude“ noch als „Gebäudeteil“ i.S.v. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO 1962 angesehen werden kann, wird sie doch von der Vorschrift erfasst. Denn diese zielt darauf ab, die von der Gemeinde gewünschte offene Bauweise dadurch zu unterstreichen, dass nichtüberbaubare Grundstücksflächen ausgewiesen werden. Dieses Ziel würde unterlaufen, wenn andere bauliche Anlagen - insbesondere Werbeanlagen - als Hauptnutzung „vor der Baugrenze“ ohne weiteres zulässig wären (BVerwG, Urt. v. 07.06.2001 - 4 C 1.01 -, BauR 2001, 1698, juris Rdnr. 13ff). Hinzu kommt, dass der Verordnungsgeber der BauNVO im Jahre 1962 aufgrund der damaligen Fassung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) BauGB keine Veranlassung hatte, zwischen Gebäuden und anderen baulichen Anlagen zu differenzieren. Er hat sich vielmehr auf den „typischen“ Fall einer Bebauung mit „Gebäuden“ beschränkt, ohne diesem Tatbestandsmerkmal konstitutive Bedeutung zuzumessen (BVerwG, Urt. v. 07.06.2001, a.a.O., Rdnr. 14/15). Der konkrete Standort der genehmigten Werbeanlage befindet sich mithin auf einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche des Flst. Nr. 981/1 und verstößt damit grundsätzlich gegen Festsetzungen des Bebauungsplans.
42 
Die Klägerin kann indes aus diesem Grund die Aufhebung der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung nicht verlangen. Denn die Festsetzung der hinteren Baugrenze auf dem Flst. Nr. 981/1 ist nicht zu ihren Gunsten nachbarschützend. Regelmäßig kommt hinteren Baugrenzen Nachbarschutz nur zugunsten solcher Nachbargrundstücke zu, die der Baugrenze gegenüberliegen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.02.1999 - 5 S 2507/96-, BRS 62, 445; Beschl. v. 14.06.2007 - 8 S 967/97 -, VBlBW 2007, 387). Das Grundstück der Klägerin liegt dem Baugrundstück nicht in diesem Sinne gegenüber. Entgegen ihrer Auffassung ergibt sich weder aus der Zusammenschau der Festsetzungen des Bebauungsplans noch aus dessen Begründung noch aus den Planakten irgendein greifbarer Anhaltspunkt dafür, dass und inwiefern die Festsetzung der „hinteren Baugrenze“ gerade die Interessen des Eigentümers des Tankstellengrundstücks schützen sollte.
43 
(2) Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die Genehmigung der Werbeanlage auch objektiv rechtmäßig ist. Sie konnte hier nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1962 zugelassen werden. Die angefochtene Baugenehmigung stützt sich hierauf ausdrücklich. Die erste Tatbestandsvoraussetzung für eine Zulassung nach dieser Vorschrift liegt ohne weiteres vor: Bei der Werbeanlage handelt es sich um eine bauliche Anlage, die nach Landesrecht in den Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen zulässig ist (§ 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. und § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO; die Verweisung des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1962 auf das jeweilige Landesrecht ist als dynamische Verweisung zu verstehen, VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2008, a.a.O.).
44 
Der Bebauungsplan enthält auch keine „andere Festsetzung“, welche die Zulassung einer Werbeanlage außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen hier ausschlösse. Nach § 6 Abs. 2 des Bebauungsplans - Gewerbegebiet - dürfen außerhalb der durch Baulinie und Baugrenze festgesetzten überbau-baren Grundstücksflächen weder Garagen noch Nebengebäude errichtet werden. Man könnte aus dieser Festsetzung zwar auf den ersten Blick schließen, dass damit - entsprechend der unter (1) aufgezeigten Argumentation zu § 23 Abs. 3 BauNVO - sämtliche baulichen Anlagen einschließlich Werbeanlagen ausgeschlossen sein sollten. Diese Auslegung würde dem Sinn der Regelung aber nicht gerecht. Der Plangeber hat für das Baugebiet offene Bauweise (§ 4) festgesetzt und verfolgt mit der Festsetzung einer „hinteren Baugrenze“ auf dem Baugrundstück offensichtlich das Ziel, straßennahe Flächen zur... Straße von einer Bebauung freizuhalten. Dabei hat er in § 6 Abs. 2 der Festsetzungen zum Gewerbegebiet aber eine differenzierende Regelung dazu getroffen, welche baulichen Anlagen den Planungszielen von vornherein widersprechen und deshalb außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche gänzlich unterbleiben müssen. Dementsprechend dürfen Garagen und Nebengebäude dort nicht errichtet werden; die in § 6 ebenfalls erwähnten Einstellplätze hat er aber nicht in gleicher Weise ausgeschlossen. Auch Werbeanlagen - sogar gewerbliche Werbeanlagen - hat er, wie aus § 15 des Bebauungsplans - Wohngebiet - zu ersehen ist, für das Wohngebiet „Kirchfeld“ durchaus in den Blick genommen, hinsichtlich des Gewerbegebiets „Kirchfeld“ aber nicht für regelungsbedürftig gehalten. Hieraus ist der Schluss zu ziehen, dass jedenfalls in Bezug auf Werbeanlagen der hier vorliegenden Art keine „andere Festsetzung“ i.S.v. § 23 Abs. 5 BauNVO vorliegt, zumal eine solche Einschränkung der Zulassungsmöglichkeit eine ausdrückliche Bezeichnung der unzulässigen Anlage erforderte (Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. § 23 Rdnr. 22), an der es in Bezug auf Werbeanlagen fehlt.
45 
Fällt die Werbeanlage damit in den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1962, so hatte die Beklagte über dessen Zulassung auf der nichtüberbaubaren Grundstücksfläche nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Das Ermessen ist insbesondere unter Berücksichtigung der in § 15 BauNVO genannten Kriterien zu prüfen (Fickert/Fieseler, BauNVO, § 23 Rdnr. 19). Ermessensfehler liegen nicht vor.
46 
Die Beklagte hat ihre Entscheidung maßgeblich damit begründet, dass in der näheren Umgebung des Plangebiets noch weitere bauliche Anlagen auf nichtüberbaubaren Flächen vorhanden seien, weshalb das Ermessen „deutlich reduziert“ sei. Die Klägerin hat das Vorhandensein der genannten baulichen Anlagen im nichtüberbaubaren Bereich nicht bestritten, hält diese aber nicht für vergleichbar. Soweit sie darauf abhebt, dass es bei der Werbeanlage der Beigeladenen um eine Anlage der gewerblichen Fremdwerbung gehe, welche im Vergleich zu gewerblichen Werbeanlagen an der Stätte der Leistung weniger schutzwürdig sei, ist ihr schon entgegen zu halten, dass im Plangebiet ausweislich der vom Senat vor Ort getroffenen Feststellungen bereits weitere Anlagen der Fremdwerbung vorhanden sind. Hierauf kommt es aber gar nicht entscheidend an. Denn selbst wenn keine solchen Anlagen vorhanden wären, begegnete die im Rahmen des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO getroffene Entscheidung der Beklagten, erstmals auch Fremdwerbungsanlagen zuzulassen, keinen Bedenken. Auch diese sind im Gewerbegebiet typischerweise zulässig und beeinträchtigen das Planungsziel der offenen Bauweise, das mit der Festsetzung einer Baugrenze gesichert werden soll (s.o.), zumindest nicht stärker als Eigenwerbeanlagen. Soweit die Klägerin vorträgt, die auf dem Tankstellengrundstück vorhandenen Anlagen seien bereits vor der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 467 „Kirchfeld“ an dieser Stelle vorhanden und genehmigt gewesen, mag dies so sein. Zugleich wird hieraus aber deutlich, dass das mit der Festsetzung nichtüberbaubarer Flächen an sich verfolgte „Freihalteziel“ im Gewerbegebiet von Anfang an als nicht berührt angesehen wurde durch das Vorhandensein oder die Zulassung solcher baulichen Anlagen, die nicht Garagen und Gebäude sind.
47 
In die Ermessenüberlegungen der Beklagten ist auch eingeflossen, dass die in Rede stehende Werbeanlage Belange der Klägerin nicht unzumutbar (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) beeinträchtigt. Bereits die Beklagte hat die konkrete Situation vor Ort einschließlich der Situation auf dem Tankstellengrundstück in den Blick genommen, wie die Ausführungen in der Baugenehmigung zeigen. Gleiches gilt für die Widerspruchsbehörde, die auf S. 4 ihres Bescheides zu dem Ergebnis gekommen ist, eine „übermäßige Sichtbehinderung der Tankstelle“ liege nicht vor. Diese Einschätzung teilt auch der Senat aufgrund der Ergebnisse des Augenscheinstermins vom 26.01.2012. Nach dem Eindruck vor Ort kann keine Rede davon sein, dass die Werbeanlage Autofahrern den Blick auf die Tankstelle nehmen würde. Von Süden her ist dies schon deshalb nicht der Fall, weil die Werbeanlage „hinter“ der Tankstelle liegt und Autofahrer sowohl die Tankstellenüberdachung als auch entsprechende Werbe- und Preisschilder in vollem Umfang erkennen können. Der Blick wird auch durch den relativ schnellen Wechselrhythmus auf der Werbefläche nicht abgelenkt. Von Norden her, also in Richtung Ortsmitte ... fahrende Autofahrer können schon früh – etwa 50 m vor der Tankstelle - das tankstellentypische Preisschild mit den Benzin- bzw. Dieselpreisen erkennen, welches ganz nach links an den Straßenrand gerückt ist und durch die Werbeanlage nicht verdeckt wird. Diese Feststellung hat der Senat von der (rechten) Fahrbahn aus getroffen. Noch nicht erkennbar ist in dieser Entfernung zwar die Tankstellenüberdachung – mit dem kennzeichnenden Schriftzug als freie Tankstelle -, mit jeder weiteren Annäherung wird der Blick auf diese Überdachung aber umso besser eröffnet. In einer Entfernung von etwa 20 Metern ist – im Luftraum „unter“ der streitgegenständlichen Werbefläche – der tankstellentypische Hinweis auf „Luft - Wasser“ zu erkennen, auch ist etwa die Hälfte der Tankstellenüberdachung zu sehen. Da das tankstellentypische Preisschild, auf welches nicht ortskundige Autofahrer auf der Suche nach einer Tankstelle regelmäßig fixiert sein werden, aber auch in dieser Entfernung uneingeschränkt zu sehen ist, erscheint ausgeschlossen, dass Autofahrer infolge des Standorts der Werbeanlage bzw. infolge der ablenkenden Wirkung der Wechselwerbung an der Tankstelle vorbeifahren.
48 
cc) Die an ihrem konkreten Standort genehmigte Werbeanlage verstößt ferner nicht gegen § 5 des Bebauungsplans Nr. 467 „Kirchfeld“ - Gewerbegebiet -, wonach „der Bauwich 3,00 m nicht unterschreiten“ darf. Mit dieser Regelung nimmt der Bebauungsplan erkennbar Bezug auf § 22 Abs. 2 BauNVO 1962, wonach in der offenen Bauweise - welche durch § 4 des Bebauungsplans für das Gewerbegebiet angeordnet ist - die „Gebäude mit seitlichem Grenzabstand (Bauwich) als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder als Hausgruppen mit einer Länge von höchstens 50 m errichtet werden“. Da § 22 Abs. 2 BauNVO 1962 schon nach seinem Wortlaut nur Gebäude(typen), nicht aber sonstige bauliche Anlagen erfasst (Fickert/Fieseler, BauNVO, § 22 Rdnr. 2; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.06.1996 - 5 S 2572/95 -; BauR 1997, 274, juris Rdnr. 21; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12.07.1982 - 7 A 2798/80 -, BRS 39 Nr. 111 jeweils zu vergleichbaren späteren Fassungen von § 22 Abs. 2 BauNVO 1962), findet die Vorschrift auf die hier in Rede stehende Werbeanlage keine Anwendung. Unabhängig davon könnte § 5 des Bebauungsplans jedenfalls keine verbindliche, von den landesrechtlichen Vorschriften der LBO abweichende Abstandsflächenregelung entnommen werden. Denn § 22 Abs. 1 BauNVO 1962 ermächtigte die Gemeinden lediglich dazu, im Bebauungsplan offene oder geschlossene Bauweise festzusetzen, wobei § 22 Abs. 2 BauNVO 1962 klarstellt, dass für die offene Bauweise der seitliche Grenzabstand das wesentliche Merkmal darstellt. Wurde die offene Bauweise - wie hier - durch Bebauungsplan festgesetzt, so ergaben sich die seitlichen Grenzabstände aus dem Bauordnungsrecht (BVerwG, Beschl. v. 12.05.1995 - 4 NB 5.95 -, BRS 57 Nr. 7, juris Rdnr. 6; VGH Bad.-Württ, Urt. v. 25.06.1996 a.a.O.; auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.08.1993 - 3 S 1779/93 -, juris Rdnr. 7). Dass die hier in Rede stehende Werbeanlage nach den Vorschriften der LBO einen seitlichen Grenzabstand nicht einhalten muss, wurde bereits ausgeführt.
49 
dd) Schließlich ist nach den Ausführungen unter bb) auch das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO.
51 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
52 
Beschluss
53 
Der Streitwert wird gem. §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (2004) auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
54 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.